Lieferando kündigt 2 Aktivisten in Köln: Schlechte Performance gegen Mitbestimmung

organize!“… Seit März arbeiteten die beiden Kölner für Lieferando und setzten sich für die Belange ihrer Kollegen ein. Böhme ist auch bei der Initiative »Liefern am Limit« aktiv, die sich für die Rechte von Kurierfahrern engagiert, Manuel bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), was Lieferando jeweils bekannt war. Das Verhältnis zwischen Lieferando und der Initiative sowie der NGG war bislang betont kooperativ. Anders als Deliveroo hat sich Lieferando bisher als besserer Kooperationspartner für Beschwerden von Kurieren erwiesen. Das Unternehmen stellt schon länger Arbeitskleidung für jede Jahreszeit zur Verfügung und ist auch mit den E-Bikes die Ausnahme. Bei Foodora und Deliveroo fahren die Kuriere mit ihren eigenen Fahrrädern. Das Verhältnis zwischen der Gewerkschaft und Lieferando ist trotzdem nicht sozialpartnerschaftlich. Betriebsräte würden »grundsätzlich nicht zu unserer Kultur als junges, sowie modernes und offenes Unternehmen« passen, erklärte Lieferando Anfang März der »Süddeutschen Zeitung«. (…) Doch das Verhältnis bröckelt. »Meiner Meinung nach hat die Kündigung mit meinem gewerkschaftlichen Engagement zu tun«, sagt Böhme. Er hatte in den vergangenen Monaten die Beschwerden mehrerer Kuriere an Lieferando herangetragen, die Probleme mit den E-Bikes beklagten. Mindestens neun kleinere und größere Unfälle gab es von Mitte Juni bis Ende August, fast alle bei Nässe. (…) Zwei Wochen vor seiner Kündigung erhielt Böhme auf seine Beschwerden wegen der E-Bikes eine E-Mail und einen Anruf von Mark Deumer, Global Director Operations, also einem der Betriebsleiter von Takeaway.com. Dabei soll ein Thema neben den Problemen mit den E-Bikes auch die Kooperation von »Liefern am Limit« und Lieferando gewesen sein. Seine spätere Kündigung sieht Böhme durchaus als Attacke auf die Mitbestimmung. Offiziell wurde Böhme nach einer Nachfrage an Deumer wegen seiner »Performance« gekündigt, wie auch Takeaway-Pressesprecher Wilton erklärt. Das bisherige Verhältnis zu der Initiative sei davon nicht beeinträchtigt. (…) Doch die Begründung ist fadenscheinig. Zweimal innerhalb von sechs Monaten ist Böhme fünf bzw. zehn Minuten zu spät gekommen, weshalb er vom City-Koordinator in Köln auch eine E-Mail und Ermahnung erhielt. Eine Abmahnung soll es nicht gegeben haben…“ Artikel von Dennis Pesch in neues Deutschland vom 13.09.2018 externer Link und nun ein Interview dazu:

  • Aktivist über „Lieferando“: „Sechs Unfälle, drei Zwischenfälle“ New
    “… Sind solche Fälle wie Ihrer schon öfter vorgekommen und gab es Klagen gegen derartige Entlassungen – und planen Sie eine eigene Anklage? In meinem Fall ist keine Klage geplant. Die NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) hat dies in Betracht gezogen. Aber aufgrund der Tatsache, dass ich zum 1. Oktober, spätestens jedoch zum 1. November, als Projektsekretär eingestellt werde und „Liefern am Limit“ damit offizielles NGG-Projekt wird, wurde das wieder verworfen. Ich hätte also ohnehin demnächst gekündigt. „Lieferando“ hätte sich die Hände gar nicht schmutzig machen müssen, und das war auch ein offenes Geheimnis. (…) Sie kritisieren unbrauchbare E-Bikes. Welche Zustände sind es konkret, die „Liefern am Limit“ kritisiert und verändert sehen will? In 90 Tagen – Dürreperiode mit eingeschlossen – sind uns neun Ereignisse bekannt. Sechs Unfälle, drei „Zwischenfälle“. Unfälle sind in diesem Fall Stürze, Zwischenfälle sind ausgebrochene Räder, Rutschen oder Ähnliches, ohne, dass es zu Stürzen kam. Außerdem machen sich die E-Bikes aus bisher unvorhersehbaren Gründen gerne selbstständig. Mir persönlich ist ein E-Bike in diesem Zustand beinahe in eine Passantin gefahren. Wir stehen dafür ein, dass „Lieferando“ von seinem unausgesprochenen Standpunkt abrückt, wir Fahrer wären zu blöd zum Fahren. Das Unternehmen muss ernsthaft über ein Fahrsicherheitstraining für unsere Kolleg*innen nachdenken oder auf nicht mehr motorisierte Fahrräder setzen…“ Interview von Sahra Kohler mit Keno Böhme in der taz online vom 14.09.2018 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=137471
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