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WanderarbeiterInnen in der europäischen Landwirtschaft und erste gewerkschaftliche Erfolge
„Das Problem besteht seit langem: Ein Großteil der körperlich schweren und eintönigen Arbeit in der Landwirtschaft in der EU wird von Wanderarbeitern verrichtet. In fast allen Ländern Europas sind diese eine tragende Säule der Obst- und Gemüseproduktion, und ein ausgeklügeltes System des Lohndumpings und der Ausbeutung sorgen für eine kostengünstige Bereitstellung von Orangen, Tomaten und Co. in den Supermärkten. Zugleich sind die Saisonkräfte rassistischen Anfeindungen und Übergriffen ausgesetzt. Aber die Betroffenen wehren sich immer häufiger. So berichtete die Zeit bereits 2010 über eine Demonstration von mehr als 2.000 migrantischen Tagelöhnern im süditalienischen Rosarno. Sie protestierten sowohl gegen die unwürdigen Bedingungen in der kalabresischen Landwirtschaft als auch gegen fremdenfeindliche Attacken. Rund vier Millionen Menschen sind in der Landwirtschaft der EU als Wanderarbeiter mit gültigen Papieren registriert. Wie viele Personen darüber hinaus illegalisiert und ohne Dokumente in diesem Sektor tätig sind, ist nicht genau bekannt. Der europäische Zusammenschluss der Agrargewerkschaften, EFFAT (European Federation of Food, Agriculture and Tourism Trade Unions), geht laut einer eigenen Studie von rund 25 Prozent informeller Arbeit im landwirtschaftlichen Sektor aus. Vor allem viele Migranten arbeiten häufig rechtlos in stark ausbeuterischen Verhältnissen. Erschreckende Beispiele dafür wurden in der am 9. Juli in der ARD ausgestrahlten Dokumentation »Europas dreckige Ernte« gezeigt…“ Artikel von Katharina Varelmann und Thomas Hentschel vom 08.08.2018 in der jungen Welt (im Abo)
Weiterhin im Text: „… Gegenmacht aufzubauen ist in diesem Bereich besonders schwierig, schon wegen der kurzen Beschäftigungszeiten für nur wenige Wochen im Jahr. Zudem sind Wanderarbeiter selten Gewerkschaftsmitglieder. Landarbeitergewerkschaften versuchen trotzdem, hier etwas zu erreichen und neue Wege in der Organisierung zu gehen. Ob in den Niederlanden, Deutschland, Spanien und Italien: Gewerkschafter gehen auf Felder und in Gewächshäuser, sprechen die Beschäftigten an, informieren sie über ihre Rechte und machen regelwidrige Verhältnisse öffentlich. Dabei sind die Strategien unterschiedlich. In den Niederlanden betreuen polnisch und arabisch sprechende Gewerkschaftssekretäre die Kollegen am Arbeitsort, klären sie über ihre Rechte auf. In Deutschland und Österreich gibt es sowohl umfassende Beratungs- und Informationsangebote als auch aufsuchende Arbeit. Italienische Gewerkschaften setzen insbesondere auf das »Campaining«, also darauf, Verängstigte zu ermutigen, gemeinsam für ihre Rechte zu kämpfen – mit Streiks und Demonstrationen. (…) Wanderarbeiter wehren sich häufiger gegen unzumutbare Verhältnisse. So gab es in Italien und Spanien in den letzten Jahren wiederholt Streiks, und immer mehr Betroffene organisieren sich in Gewerkschaften. In diesem Jahr legten auch in Deutschland vermehrt Unzufriedene gemeinsam ihre Arbeit nieder. Die europäischen Landarbeitergewerkschaften kämpfen kontinuierlich und wirksam für die Rechte und eine Verbesserung der Situation der Wanderarbeiter. Punktuell kooperieren sie mit Nichtregierungsorganisationen oder Kirchen. Während die einzelnen Gewerkschaften auf nationaler Ebene Information und Hilfen anbieten sowie auf die Regierungen Druck ausüben, um mehr Schutz durch Gesetze zu erreichen, setzt sich der Europäische Dachverband EFFAT bei den europäischen Institutionen für bessere Regelungen ein. Die EFFAT koordiniert transnationale Projekte, sorgt für den Informationsaustausch auf europäischer Ebene und entwickelt gemeinsame Lösungsstrategien. Ihr Ziel ist es, allen Wanderarbeiter eine Stimme zu geben und ihre Lage sichtbar zu machen. Gewerkschaften entwickeln Konzepte, um Arbeiter bereits im Entsendeland über ihre Rechte zu informieren. Entsprechende Kooperationen zwischen italienischen, spanischen, deutschen und bulgarischen Gewerkschaften gibt es bereits. Darüber hinaus wird die Vernetzung der häufig sehr mobilen Wanderarbeiter untereinander gefördert, zum Beispiel durch Nutzung von Onlinemedien und -netzwerken. Europaweit setzen sich die Agrargewerkschaften für folgende Ziele ein: Jeder Beschäftigte soll am ersten Tag einen Arbeitsvertrag ausgehändigt bekommen und umgehend bei der Sozialversicherung angemeldet werden. Gerade Tagelöhner haben ohne Nachweise über das Arbeitsverhältnis kaum eine Chance ihre Rechte wirksam einzufordern. Weiter wird der freie Zugang von Gewerkschaftsvertretern zu den Wanderarbeitern und eine Abschaffung von arbeitsrechtlichen Sonderregelungen gefordert, die einen angemessenen sozialen Schutz erschweren. Außerdem treten die Gewerkschaften für eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Länder und der EU zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und extremer Ausbeutung ein. (…) Das gewerkschaftliche Agieren über Ländergrenzen hinweg hat zu vielen Erfolgen geführt. Gab es noch vor zehn Jahren nur vereinzelte Initiativen vor allem auf nationaler Ebene, so sind die Gewerkschaften heute nicht zuletzt über die EFFAT gut vernetzt. Doch es bleibt noch viel zu tun.“