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Mitten in der Wohnraumkrise setzen marktradikale Ideologen noch einmal auf das falsche Pferd
Dossier
„Jetzt wollen die ideologisch getriebenen Marktradikalen im Bundes-WiMi – mitten in der Wohnraumkrise! – die Wohnungen noch viel stärker dem Markt überlassen, um die Probleme „marktkonform“ für die Mieter zu lösen – durch Abschaffung des sozialen Wohnungbaus und Aufhebung der Mietpreisbremse...“ Kleiner Überblick von Volker Bahl vom 24.8.2018 und weitere Beiträge zum Thema:
- Wie man in einem Gutachten über „soziale Wohnungspolitik“ das Soziale wegdefiniert und ein existenzielles Gut auf einen „Markt“ zu werfen versucht
„… Angesichts der teilweise nur als dramatisch zu bezeichnenden Wohnungsnot (vgl. dazu beispielsweise bereits (Nicht-)Wohnen: Die alte neue soziale Frage. Von einem Sprengsatz in unserer Gesellschaft mit erheblicher Splitterwirkung vom 27. Oktober 2015) und der für Millionen Menschen immer belastender werdenden Mieten (vgl. dazu Wohnverhältnisse in den deutschen Großstädten: Hohe Mieten bringen kleine Einkommen an den Rand der Armut und darüber hinaus vom 27. September 2017) ist man auf alle Beiträge gespannt und voller Erwartung, vor allem, wenn sie mit „Soziale Wohnungspolitik“ überschrieben sind. Aber was der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium nun vorgelegt hat, ist gelinde gesagt eine echte Zumutung: Zum einen, weil es massive inhaltliche Defizite gibt, die man nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen kann, zum anderen aber auch, weil mit einer unglaublichen Naivität bzw. Dreistigkeit gerade das „Soziale“ aus dem Themenfeld herausgeschrieben wird. Schauen wir genauer hin. (…) Also das muss man erst einmal auf sich wirken lassen: Da fordert man ernsthaft eine radikale Abkehr vom sozialen Wohnungsbau. Das vor dem Hintergrund einer massiven Klage über die seit Jahren rückläufige Zahl an Sozialwohnungen – und gerade die werden immer öfter gebraucht. Seit Jahren wird das Gegenteil der Empfehlung gefordert, also eine deutliche Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus. (…) Und neben dem Angriff auf die kläglichen Reste des sozialen Wohnungsbaus wird in dem Gutachten ein zweites wohnungspolitisches Instrumentarium ins Visier und unter Beschuss genommen: die Mietpreisbremse. (…) Wie praktisch. Man kann die Mieten nach oben treiben, denn bei einem Wohngeld nach den Vorstellungen der Immobilienwirtschaft und des Beirats würde diese aus Steuermitteln aufzubringende Leistung schön mitwachsen. Was werden wohl Vermieter machen, wenn es eine solche „Stütze“ gibt? (…) Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats kann in diesem Kontext dahin, wo es hingehört. In die Mottenkiste.“ Kommentar von Stefan Sell vom 29. August 2018 bei aktuelle Sozialpolitik
- Wohnungsnot: Mehr Markt ist nicht die Lösung
„Durch die Entfesselung der Marktkräfte will der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums die Wohnungsnot in den Städten lindern. (…) Doch die Empfehlung der Ökonomen beruht auf einer fehlerhaften Analyse, die zwei theoretisch fundierte und empirisch belegte Eigenschaften des Wohnungsmarkts nicht berücksichtigt. Erstens kann in vielen Städten das Angebot an Bauland nur begrenzt ausgeweitet werden, so dass Mietzuschüsse hauptsächlich die Mieten hochtreiben ohne die Anzahl der verfügbaren Wohnungen zu steigern. Zweitens ist Wohnraum nicht nur ein Konsumgut, sondern auch ein Produktionsfaktor, der den Zugang zum Arbeitsmarkt und damit die Produktivität der Erwerbspersonen beeinflusst. Dieser Zusammenhang zwischen Wohnort und Produktivität hat zur Folge, dass rein marktwirtschaftliche Lösungen zu Fehlallokationen führen und sich negativ auf die gesamtwirtschaftliche Produktion auswirken. Der Wissenschaftliche Beirat hat mit seiner Analyse des deutschen Wohnungsmarkts, die wichtige ökonomische Zusammenhänge vernachlässigt, ein Eigentor geschossen. Die Entfesselung der Marktkräfte ist ein Vorschlag, der insbesondere in den USA intensiv verfolgt wurde und dort zu teilweise desaströsen Ergebnissen geführt hat – und zu einem Umdenken (…) Im Gegensatz zur reinen Marktlösung kann kluger öffentlicher Wohnungsbau, der sozial ausgewogene Wohnquartiere in städtischen Ballungsräumen fördert, die Ungleichheit reduzieren und gleichzeitig das wirtschaftliche Wachstum steigern. Die aktuelle Forschung zeigt, dass die positiven Auswirkungen gelungener Wohnraumförderung auf die betroffenen Personen erheblich sind. (…) Eine erfolgversprechende Option ist die Schaffung eines öffentlichen Investitionsfonds, der in enger Zusammenarbeit mit Kommunen und Bauwirtschaft den Ausbau sozial ausgewogener Wohnquartiere.. „ Kommentar von Tom Krebs vom 27. August 2018 bei Makronom
- Wohnraum statt Rendite!
„In Großstädten fehlen immer mehr bezahlbare Wohnungen. Auch der Beirat des Wirtschaftsministeriums hat sich jüngst dazu geäußert. Wieder einmal soll es „der Markt“ richten. Den sozialen Wohnungsbau wollen diese Wissenschaftler ebenso abschaffen wie die Mietpreisbremse. Das soll den Neubau ankurbeln und so die Mieten senken. Tatsächlich nutzen würde das aber nur den kapitalistischen Wohnungsunternehmen und Spekulanten. Denn wer so argumentiert, hat nicht verstanden, dass der Wohnungsmarkt kein Markt wie jeder andere ist: Steigende Mieten führen zu steigenden Immobilienpreisen – und steigende Preise wiederum zu steigenden Mieten. Das ist ein Teufelskreis, der es lukrativer macht, in den Bestand zu „investieren“ als in den Neubau. Solche Spekulationen heizen den Teufelskreis dann weiter an. Zugleich wird so das Bauen zu bezahlbaren Mieten unmöglich. (…) Seit Jahrzehnten hat man Wohnungsmärkte liberalisiert und privatisiert – Motto: „mehr Markt“. Das Ergebnis war nicht mehr, sondern weniger neue Wohnungen – bei steigenden Mieten. Daher kann es nur einen Ausweg aus der Wohnungskrise geben: das Durchbrechen des Teufelskreises. Dafür brauchen wir eine schärfere Mietpreisbremse sowie mehr sozialen, öffentlichen, genossenschaftlichen und gemeinnützigen Wohnungsbau. Was wir hingegen nicht brauchen, sind wirklichkeitsfremde und unsoziale Regierungsberater…“ Wirtschaftspolitik 15 / 2018 des ver.di-Bundesvorstandes vom August 2018- ver.di lädt zu einer wohnungspolitischen Diskussionsveranstaltung mit Lukas Siebenkotten , Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, am 19. September, 18:00 bis 20:00 Uhr, bei der ver.di-Bundesverwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Raum Nabucco, ein.
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Kleiner Überblick von Volker Bahl vom 24.8.2018
Jetzt wollen die ideologisch getriebenen Marktradikalen im Bundes-WiMi – mitten in der Wohnraumkrise! – die Wohnungen noch viel stärker dem Markt überlassen, um die Probleme „marktkonform“ für die Mieter zu lösen – durch Abschaffung des sozialen Wohnungbaus und Aufhebung der Mietpreisbremse. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/immobilien-regierungsberater-faellen-vernichtendes-urteil-ueber-wohnungspolitik-1.4102319 )
Wahrscheinlich sitzen in diesem Ökonomengremium nur Leute, die ihr Geld auf dem Wohnungsmarkt vermehren wollen durch weitere Mietpreissteigerungen.
Um die Realität des Wohnungsmarktes – mit wirklich ausgeprägtem sozialen Wohnungsbau – einmal kennenzulernen, sollte man sie nach Wien schicken, wo der soziale Wohnungsbau eben nicht privatisiert wurde (http://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/wohnen-von-wien-lernen-a-1562986 ), das Wien, das gerade zur „lebenswertesten Stadt der Welt“ erkoren wurde. (https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/economist-ranking-wien-entthront-melbourne-als-lebenswerteste-stadt-der-welt/22910048.html )
Und so ist Wien – ganz im Gegensatz zu diesen Marktideologen, die sich um die Realität einen Sch…dreck kümmern, – die Haupstadt des bezahlbaren Wohnen! (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-03/wohnen-wien-preise-gentrifizierung-probleme )
Diese verdrehte Welt des weiteren Mietwahnsinns, gefällt nun dem DGB gar nicht, denn werden von Pensionsfonds bei Wohnungen in Berlin Gewinnsteigerungen von 18 Prozent erwartet. (http://www.dgb.de/themen/++co++92d2127a-a76d-11e8-aa27-52540088cada )
Und ganz im Gegensatz zu den Herren Ideologen im Wirtschaftsbeirat des WiMi in Berlin sah der Mieterbund schon die Schwächen in der Koalitionsvereinbarung selbst angelegt. (https://www.mieterbund.de/startseite/news/article/44352-gipfelgespraeche-zur-wohnungspolitik-mit-mageren-ergebnissen.html )
So ist diese Große Koalition wohl doch zum „Laufenlassen“ der Mietpreissteigerung verdonnert, um das ganze Elend der Mieter in Großstädten wie Berlin eskalieren zu lassen.