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Nach dem Überfall der chinesischen Polizei auf eine Unterstützungsgruppe der Jasic-Gewerkschafter in Shenzhen: Protestkundgebung auch in Berlin vor der chinesischen Botschaft am 28. August 2018

Protest gegen Repression gegen die Basis-Gewerkschafter von Jasic in ShenzhenDie überfallartige Aktion der chinesischen Anti-Aufruhr-Einheiten, die in der Nacht des 24. August (siehe den Verweis am Ende dieses Beitrags) etwa 50 UnterstützerInnen der Jasic-Arbeiter, die für eine eigene Gewerkschaft kämpfen, festnahm, hat die Aufmerksamkeit für dieses repressive Vorgehen weiter erhöht, auch in der BRD – und neben den Protestbriefen (siehe ebenfalls einen Verweis am Ende dieses Betrags) gibt es nun auch einen „Aufruf zum Protest vor der Botschaft der VR China in Berlinexterner Link bei labournet.tv am Dienstag, 28. August um 17 Uhr (Am Märkischen Ufer 54). Darin heißt es unter anderem: „Liebe Freund_innen, in China ist einen Solidaritätsbewegung entstanden, um die verhafteten Arbeiter der Jasic Fabrik in Shenzen zu unterstützen. Dies führte zur Entführung und gewaltsamen Festsetzung von Aktivist_innen. Es ist an uns, internationale Solidarität zu zeigen mit den Arbeiter_innen und ihrem Recht eine repräsentative Gewerkschaft zu gründen. Die Jasic Arbeiter_innen haben um Unterstützung gebeten: bitte kommt zur chinesischen Botschaft in Berlin, um gegen die staatliche Repression gegen Arbeiter_innen zu protestieren und die Freilassung der 14 Inhaftierten zu fordern“. Siehe zum Kampf um Gewerkschaftsfreiheit bei Jasic, der Solidaritätsbewegung und den Repressionsmaßnahmen weitere aktuelle Beiträge – auch über den Reiseverbots-Erlass des Erziehungsministeriums für Studierende und über das Anwachsen der Solidarität weltweit – nun inklusive einer Solidaritäts-Erklärung der Automobilarbeiter-Koordination und weiterer Ergänzungen vom 27. August 2018 (sowie zwei Verweise auf die letzten der bisherigen Beiträge seit dem 31. Juli 2018):

„Verbrechen: Gewerkschaftsgründung“ von Peter Nowak am 24. August 2018 auf seinem Blog externer Link (zuerst am selben Tag in neues deutschland, für Abonnements only) ist ein zusammenfassender aktueller Überblick, worin es unter anderem heißt: „Der Vizepräsident des Gewerkschaftsdachverbandes in Shenzhen war mit der Gewerkschaftsgründung zunächst einverstanden. Doch die Jasic-Manager*innen wollten das keinesfalls zulassen. Einige haben auch in der Provinzregierung Posten und nutzten ihren Einfluss. Im Juli wurden mehrere der Gewerkschaftsgründer*innen entlassen. Aber sie ließen sich davon nicht einschüchtern und kamen weiterhin zur Arbeit. Der Sicherheitsdienst verwehrte ihnen jedoch den Zutritt zur Fabrik, sodass es täglich Kundgebungen vor den Toren gab. Ende Juli wurden schließlich 29 Menschen, neben Arbeiter*innen auch Familienangehörige und Unterstützer*innen, wegen Unruhestiftung verhaftet. 14 von ihnen befinden sich noch immer im Gefängnis. Die Repression mobilisierte Tausende Studierende in ganz China. Kommiliton*innen von 16 Universitäten setzten ihren Namen unter einen Solidaritätsappell. Hunderte Studierende kamen nach Shenzhen, um die Beschäftigten vor Ort zu unterstützen. Auf öffentlichen Plätzen informierten sie über die Auseinandersetzung, kritisierten die Repression und riefen zur Solidarität auf. Am Ende ihrer Kundgebungen singen sie die Internationale. Die Unterstützung wuchs. Auch einige ältere Mitglieder der Kommunistischen Partei beteiligten sich an den Protesten. Für sie steht der aktuelle Turbokapitalismus Chinas im Widerspruch zu den maoistischen Idealen. Doch zum Gesicht der Proteste wurde Shen Mengyu. Sie hat Mathematik und Ingenieurwissenschaften studiert und entschied sich danach, als Fabrikarbeiterin bei einem Autozulieferer anzufangen. Dort war sie wegen Gründung eines Arbeiter*innenkomitees entlassen worden. Ihre Entführung hat den Protest bislang nicht abschwächen können. Noch immer harren Hunderte Studierende in Shenzhen aus. Sie wollen die Stadt nicht verlassen, bevor nicht Arbeiter*innen und Unterstützer*innen freigelassen sind…

„China: Harsches Vorgehen gegen Arbeiterproteste in Shenzhen“ von Wolfgang Pomrehn am 25. August 2018 bei telepolis externer Link unterstreicht: „Am 27. Juli seien 29 Arbeiter und Angehörige bei Protesten festgenommen worden und befänden sich seitdem in Haft. Außerdem sei am 11. August Shen Mengyu, eine führende Aktivistin, die bereits aus anderen Arbeitskämnpfen bei einem Honda-Zulieferer bekannt ist, quasi entführt worden. Drei Personen in Zivil hätten sie in ein Auto gezerrt, seitdem sei über ihren Aufenthalt nichts bekannt. Die Polizei habe eine Anzeige von Augenzeugen der Entführung nur sehr unvollständig, also offenbar unwillig, entgegen genommen. Dieses Vorgehen ist für Arbeitsplatzauseinandersetzungen in China, wo Streiks keine Seltenheit sind, ungewöhnlich repressiv. Laut Labournet.tv führen die Aktivisten vor Ort dies auf den Charakter der Forderungen zurück. Der Kampf der Arbeiter geht nicht nur um Lohnfragen, sondern ihre Forderung nach einer unabhängigen Vertretungen trifft einen Nerv der regierenden KP.  Mit sozialen Protesten hat diese gewöhnlich kein allzu großes Problem. Auch kritische Diskussionen sind im Int

ernet und in akademischen Kreisen durchaus üblich. Forderungen nach unabhängigen Organisationen, die sich womöglich sogar landesweit vernetzen, sind jedoch tabu. Dies ist eine der roten Linien, die im heutigen China nicht überschritten werden darf…

“No One Can Resist the Tides of History”: Detained Activist Yue Xin on the Jasic Workers“ am 24. August 2018 in der China Digital Times externer Link ist ein Beitrag über die studentische Aktivistin Yue Xin, die zu jenen gehörte, die in der Nacht zum Freitag überfallen wurden, und die vorher einen offenen Brief an die KP Chinas unterzeichnet und verbreitet hatte. Die Studentin der Universität Beijing hatte sich früher schon „unbeliebt“ gemacht, weil sie „seltsamen Umständen“ beim Selbstmord einer vergewaltigten Kommilitonin nachgegangen war.

„Student activists disappear in southern China after police raid“ von Sue Lin Wong und Christian Shepherd am 24. August 2018 bei Reuters (UK) externer Link war die ausführliche Meldung über den morgendlichen Polizeiüberfall auf die AktivistInnen der Solidaritätsbewegung, die in zahlreichen Medien rund um die Welt wiedergegeben wurde. In dem Beitrag wird zum einen unterstrichen, dass die Polizisten, die den Überfall durchführten, eben im Anti-Aufruf Stil ausgerüstet waren – und dass das Ministerium für Erziehung in einem Rundschreiben an die Universitätsleitungen diese aufforderte, dafür zu sorgen, dass keine Studierenden mehr ins „Krisengebiet“ reisen. Aber dieses kommt selbst: In Beijing fanden in der letzten Woche die ersten Proteste statt…

„China’s Government Censors Shut Down References to Mao-Inspired Labor Movement“ am 21. August 2018 bei Radio Free Asia externer Link ist ein Bericht über die wachsende Zensur gegen soziale Medien und Webseiten – anhand von Stichworten wie „Jasic, Shen Mengyu und Pingshan“ wird abgeschaltet. Darin wird auch thematisiert, dass viele der Unterstützungsgruppen für die Basis-Gewerkschafter bei Jasic – aus ganz verschiedenen sozialen Bereichen – sich direkt und öffentlich auf den früheren Parteivorsitzenden der KP Chinas berufen, was offiziell bisher nicht verboten ist…

„Rede eines Jasic Arbeiters“ bei labournet.tv externer Link ist ein kurzes Video mit englischen Untertiteln  (auf das wir bereits in unserem Newsletter hingewiesen haben) der Protestkundgebung vom 27. Juli 2018 gegen die Polizeirepression – der Kollege Yu, der hier spricht wurde am folgenden Tag, wie rund 30 weitere Kollegen und UntersützerInnen, festgenommen.

„Arrestation de syndicalistes à Shenzhen en Chine“ am 22. August 2018 beim französischen Gewerkschaftsbund SUD Solidaires externer Link ist ein kurzer Bericht über die Entwicklungen in Shenzhen, inklusive eines Protestbriefes der Föderation an die chinesische Botschaft, und steht hier als eines von mehreren möglichen Beispielen für die wachsende Solidarität in der globalen Gewerkschaftsbewegung.

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„Für Euer Recht zur Gründung einer unabhängigen Gewerkschaft, Freilassung aller Inhaftierten – Keine Anklagen, Strafen und Repressionen“. Solidaritäts-Adresse an die VW-Leiharbeiter in China: Freiheit für Aktivisten der IAC Sindelfingen vom 25. August 2018 New

„Liebe Kolleginnen und Kollegen in China,
Wir , Daimler Beschäftigte bei Daimler in Sindelfingen, in Süddeutschland, solidarisieren uns mit Euch. Wir unterstützen eure Forderungen zur Gründung einer unabhängigen Gewerkschaft.
Wir sind selber in der grössten Einzelgewerkschaft der Welt, in der IG METALL organisiert und darüber hinaus in der Internationalen Automobilkoordination weltweit zusammengeschlossen.  Unsere Väter mussten auch nach dem Verbot unserer Gewerkschaften im Hitler Faschismus, alles erkämpfen. Und auch heute werden kämpferische Gewerkschafter in Deutschland von den Konzernchefs mit Repressionen versucht zu unterdrücken. Doch die Solidarität der Automobil Arbeiter ist stärker! 
2015 haben sich Automobiler weltweit zusammengeschlossen in der IAC.  In unserer Gründungserklärung haben wir verankert: Kampagnen gegen Unterdrückungen von Arbeiterinnen und Arbeitern zu organisieren, die von Kündigungen, Verfolgungen, Inhaftierungen und
anderen Maßnahmen betroffen sind… Mutige Arbeiter müssen wissen, dass sie auf internationale Unterstützung verlassen können. Wir verteidigen das Recht zur freien Selbstorganisation der Arbeiter. Wir treten für die Stärkung der Gewerkschaften als Kampforganisationen ein. Wir wollen ein reiches, würdevolles und gesundes Leben aller Menschen im Einklang mit der Natur-eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, weil eine andere Welt möglich ist.
Liebe chinesische Kolleginnen und Kollegen , wir stehen an eurer Seite 
Daimler Kolleginnen und Kollegen aus Sindelfingen/ Deutschland“
Klaus-Jürgen Hampejs 
Pressesprecher IAC SINDELFINGEN“

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@yuexinmutianexterner Link ist der Twitter-Kanal einer Aktivistin aus der Solidaritätsbewegung, der auch eine Reihe Tweets in englisch enthält… und laufend weiter informiert (meistens allerdings, nahe liegend, auf chinesisch).

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=136584
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