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Die Krise in Griechenland ist vorbei. Offiziell beschlossen und verkündet. Für die von den Krisenmaßnahmen betroffenen Menschen bedeutet das: Nichts – außer weitere 42 Jahre Austeritätsdiktatur
„Doch irgendetwas an dem sorgsam inszenierten Auftritt wirkte gedämpft. Und das lag nicht nur an der Farbe der Krawatte, die nicht leuchtend rot, sondern in einem dumpfen Burgunderton gehalten war. Denn ähnlich dumpf fallen auch die Reaktionen der griechischen Bevölkerung aus. Nach acht Jahren Austerität und technokratischer Überwachung ist man zwar vielerorts erleichtert, aber Begeisterung will sich nicht recht einstellen. Die regierende Syriza habe zwar alles getan, was die gegebenen Bedingungen zuließen, lautet der allgemeine Tenor. Doch auch wenn die Memorandumsschleife vorerst endet, ist allen klar: Die Lage bleibt noch immer ernst. Der Schuldenberg ist nicht kleiner geworden, und die Konditionen der Memoranden bestimmen nach wie vor den Rahmen des wirtschaftspolitischen Handelns. Obendrein wurden diese Bedingungen in der Schlussvereinbarung mit der Gläubiger-Quadriga vom 21. Juni dauerhaft fixiert – und das gleich für nahezu das nächste halbe Jahrhundert. (…) So macht Tsipras derzeit vor allem gute Miene zum bösen Spiel. Vor seiner Regierungsübernahme hatte er Fristverlängerungen noch für unzulänglich erklärt: „Die Schuldenfristverlängerung ist allenfalls ein längerer Strick, an dem wir uns aufhängen.“ Dieses drastische Bild bringt das Problem der jüngsten Vereinbarung tatsächlich auf den Punkt: Denn im Gegenzug für die Fristverlängerung hat sich Griechenland dazu verpflichtet, bis 2020 einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent und bis 2060 von 2,2 Prozent zu erwirtschaften. Ein solcher Haushaltsüberschuss entsteht, wenn bei ausgeklammertem Schuldendienst ein Einnahmeplus erzielt wird. Kein Staat der Welt hat je so lange ununterbrochen Primärüberschüsse erzielen können. Entscheidend ist aber: Damit wird der wirtschaftspolitische Kurs auf Dauer festgeschrieben: Athen muss fortwährend sparen und hat sich faktisch für die nächsten 42 Jahre zu harter Austeritätspolitik verpflichtet…“ – aus dem Beitrag „Tsipras Pyrrhussieg: Austerität in Permanenz“ von Margarita Tsomou in der Ausgabe August 2018 der Blätter für deutsche und internationale Politik , worin auch noch der Flüchtlingsdeal mit Berlin ein Thema ist. Siehe dazu auch einen aktuellen Beitrag zu einem Bereich der Auswirkungen der Austerität auf das Alltagsleben in Griechenland:
- „Wenn Du Dein Haus verlierst“ von Rodothea Seralidou am 13. August 2018 im Deutschlandfunk – der erste Beitrag zur Thematik soziale Auswirkungen der Krise in Griechenland einer fünfteiligen Reihe – zu Zwangsversteigerungen, neuer Obdachlosigkeit und Widerstand: „Kein Wunder, dass die Geldgeber diejenigen waren, die die Umstellung auf das Online-Verfahren gefordert haben, erzählt der 55-jährige Gymnasiallehrer Nikos. Er selbst habe zwar keine Eigentumswohnung, doch er fühlt mit den Betroffenen mit, sagt er. Mit seinen 800 Euro Monatsgehalt habe er selber oft Schwierigkeiten, die Miete zu bezahlen. Er könne jederzeit auf der Straße landen – auch ohne Kredit: „Die Gesellschaft befindet sich im Ausnahmezustand. Wir sehen Leute, die im Athener Stadtzentrum auf den Parkbänken und vor den Hauseingängen schlafen und im Abfall nach Essen suchen. In Griechenland ist das ein neues Phänomen. Und doch ist es mittlerweile normal geworden.“ Georgia Mouriki, die den Protest gegen die kommende Zwangsversteigerung koordiniert, nickt traurig. „Neo-astegi“, „Neo-Obdachlose“ – so heißen die Menschen, die wegen der Krise ihr Zuhause verlieren…“