[1.268. Folge – oder so] Die alltägliche Polizeigewalt in der BRD wächst weiter – die Kritik daran auch. Und auch der Widerstand
„Wie die Neue Westfälische berichtet, ist ein Mann in Gütersloh nach einem Einsatz der Polizei verstorben. Dieser war dem Bericht nach mit seinem Auto liegen geblieben, machte einen verwirrten Eindruck, und soll Menschen mit Steinen beworfen haben. Durch die herbeigerufene Polizei wurde der dreifache Familienvater Pawel Iljenko überwältigt und zu Boden gebracht. Er verstarb im Anschluss. Laut Obduktionsbericht, der durch die Polizei und die Staatsanwaltschaft Bielefeld veröffentlich wurde, starb Herr Iljenko an inneren Verletzungen. Wie die Familie des Getöteten erklärt, habe sie bereits vier Zeugen ausfindig gemacht, die berichten, dass die Polizeibeamt*innen noch auf ihn eintraten, als dieser bereits gefesselt am Boden lag. (…)Mittlerweile haben die Ermittlungen einer vierköpfigen Ermittlungskommission ergeben, dass die sogenannten DashCams der Polizeiautos während des Vorfalls nicht eingeschaltet waren, und damit kein Videomaterial aus diesen zur Verfügung steht. Die Polizei ermittelt weiter.“ – aus dem Beitrag „Vorwürfe gegen Polizei Gütersloh nach Tod eines Familienvaters“ bei amnesty internatonal polizei am 01. August 2018 über den jüngsten in der Kette von Vorfällen. Zu politischer und alltäglicher Polizeigewalt, früher und heute und zum „Freispruch-System“ weitere Beiträge – und ein, einigermaßen willkürlicher, Hinweis auf den letzten einer sehr langen Reihe von Beiträgen:
- „Stellungnahme zum Polizeieinsatz in Marburg vom 16.07.2018“ am 01. August 2018 bei de.indymedia , worin berichtet wird: „Kurz nachdem die Polizei auf die Besetzung aufmerksam wurde, betraten die ersten Beamt*innen das Gelände. Ein klarer Rechtsbruch, da dafür eine Anzeige und/oder ein Durchsuchungsbeschluss hätten vorliegen müssen. Als sie entdeckten, dass sich niemand im Haus befand, wurden auf dem Gehweg stehende Menschen grundlos für die nächsten Stunden festgehalten. Auf die Frage, was das soll und mit welchem Recht dies geschieht, war die Antwort, dass es einen Verdacht auf eine Straftat besteht und die Personen „autonom aussehen würden“. Trotz des heißen Wetters wurde den Betroffenen Trinkwasser und auch der Gang zur Toilette erst einmal verwehrt. Anderen Personen wurde es nicht gestattet, mit ihren Smartphones ihre Anwält*innen anzurufen. Begründung: „Es ist so, weil ich es sage!“. Eingesetzte Beamt*innen bekunden ihre Freude an den durchgeführten Maßnahmen und freuen sich auf „ein paar Mädels in Unterwäsche“. Hinweise auf Angststörungen von festgehaltenen Personen wurden nicht ernst genommen. Ein paar Stunden später kam eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit an und zwang die eingekesselten Personen vor Ort ihre Personalien abzugeben. Außerdem wurden Fotos angefertigt und Durchsuchungen durchgeführt. Insgesamt waren circa 60 Polizist*innen am Einsatz beteiligt…“
- „Bullen im Wald! Polizei dokumentiert Besetzungen. Mehrere Festnahmen“ am 30. Juli 2018 bei de.indymedia zur Polizeiaktion im Hambacher Forst: „Um ca. 10:30 betrat eine Hundertschaft mit ca. 80 Bullen den Wald von Deathrap aus. Es kam zu Hetzjagden durch den Wald. Später kam ein Betonmischer und zwei Technische Einheiten der Polizei dazu. Eventuell war das Ziel eine Bodenstruktur nahe Oaktown zu räumen. Um ca. 13:00 haben die Bullen sich zurückgezogen. Secus kamen dann ebenfalls dazu. Nach jetztigem Stand kam es zu keinen Räumungen. Zwischen Oaktown und Deathtrap (zwei Besetungen mit Baumhäusern) kam es zu zwei Festnahmen von Aktivist_innen die die Bullen mit einer kleinen Lärmsponti durch den Wald begleiteten. Die zwei Aktivist_innen sind nun vermutlich in Gewahrsam und werden in das Polizeipräsidium Aachen gebracht. Später gab es ca. fünf weitere Festnahmen, diese Menschen wurden wohl ebenfalls nach Aachen gebracht. Nach bisherigen Wissensstand sind vermutlich zwei Menschen wieder frei (Stand 14:15)…“
- „»Fahr sie doch um«“ von Peter Schaber am 31. Juli 2018 in der jungen welt ist ein Beitrag über Berlin 1980 – als die Polizeigewalt mit für eine anschließende Hausbesetzungsbewegung sorgte – und eines der Opfer jener Aktionen. Darin heißt es unter anderem: „Einer dieser Unbeteiligten war Rüdiger Haese. Er lief mit, als sich die Scharmützel vom Kottbusser Tor zum Oranienplatz und in die angrenzenden Straßen verlagerten. Und dann passierte es. »Es waren endlos viele Wannen da. Eine von denen ist plötzlich mit aufheulendem Motor abgebogen in die Menschenmenge. Das war ein gezielter Mordversuch«, sagt Haese. Die Betonbarrikade rettet den damals 26jährigen davor, ganz unter die Räder zu geraten, aber seine Beine werden zerquetscht. »Leute haben mich in ’ne Kneipe getragen und auf einen Billiardtisch gelegt.« Dann wird die Erinnerung brüchig. Dass draußen »richtig Krieg« war, das weiß Haese noch. Und dass er fast erstickt wäre, als man ihn durch das viele Tränengas in einen Krankenwagen schleppte. Handelte der Fahrer des Polizeiwagens absichtlich? War es ein Mordversuch? Mit Gewissheit kann das heute niemand sagen. Augenzeugenberichte aber legen es nahe. Die »Arbeitsgruppe Bürger beobachten die Polizei« hielt den Vorfall so fest: »Einzelne Fahrzeuge fuhren rabiat in Menschenmengen, schoben und trieben regelrecht Menschen vor sich her. Knüppelorgien, vor allem gegenüber festgenommenen Personen in den Wannen, Tränengaseinsätze bis hin zum Menschenleben gefährdendem Einsatz am O.-Platz, bei dem ein Polizeifahrzeug vorsätzlich in eine sich vor einer Barrikade befindende Menschenmenge fuhr, mehrere umriss und einer Person die Oberschenkel zerquetschte.« Dass das Denken der Polizeikräfte davon bestimmt war, gegen einen Feind vorzugehen, den man vernichten muss, dokumentiert die etwa zeitgleich entstandene Reportage »Die Polizisten. Von einer Nacht im Mannschaftswagen« des Journalisten Uwe Herzog. »Embedded« bei Kreuzberger Beamten, zeichnete Herzog den Umgangston der Staatsschützer auf: »Schlagt sie tot, die Schweine!«, »Anhalten, Absitzen – und Ketchup machen!«, »Können wir ja heimlich machen – einen reinholen und dann tot wieder rausschmeißen.« Im entsprechenden Abschnitt von Herzogs Buch »Bullen, Bosse, Banditen. 13 Reportagen« findet sich auch diese Passage, die nahelegt, dass Polizisten ihre Autos als einzusetzende Waffen sahen: »Wir erreichen das Ende des Demonstrationszuges – alles ist ruhig, friedlich. Die Demonstranten gehen langsam zum Hermannplatz. Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Gruppenwagen fahren von hinten in den Demonstrationszug hinein, einige Teilnehmer müssen zur Seite springen. Ein Beamter ruft: ›Fahr sie doch um, die Scheißer!‹ – ›Halt doch druff, Mensch!‹ Ein junger Mann gerät zwischen unseren und den folgenden Gruppenwagen. Der fährt ihn an. Der Beamte mir gegenüber stößt seinen Kollegen an: ›Der fährt ihn um, Dietmar, siehste?‹ Der Funker ruft: ›Jawoll! Jawoll!‹«…“
- „Gewalt mit System“ von Markus Bernhardt am 01. August 2018 ebenfalls in der jungen welt zum Thema Korpsgeist, systematische Nichtaufklärung und entsprechende Strukturen einleitend: „Das Ausmaß an von Polizeibeamten begangenen Gewalt- und Straftaten ist deutlich größer als öffentlich wahrgenommen. Regelmäßig sorgen Berichte über einzelne teils äußerst schwere Misshandlungen und Gewalttaten für öffentliche Empörung und kurzzeitige Aufmerksamkeit. Breit angelegte Studien zu Polizeigewalt und dem Ausgang möglicherweise folgender Ermittlungen und Prozesse gibt es jedoch kaum. Es ist ein System aus Korpsgeist, Angst und kaum vorhandenen Kontroll- und Aufklärungsstrukturen, welches Übergriffe und Gewalttaten ermöglicht. Unabhängige Ermittlungsstellen existieren nicht. Vielmehr ermitteln Polizisten gegen ihre eigenen Kollegen. Dass dabei in den meisten Fällen nichts herauskommt, zeigt das Beispiel Hamburg, wo bis heute kein einziger Beamter für Verfehlungen und Straftaten bei den Protesten rund um den G-20-Gipfel im letzten Jahr belangt worden ist. Polizeibeamte, die sich prügelnden Kollegen in den Weg stellen oder strafrechtliches Verhalten zur Anzeige bringen, sind in vielen Fällen ihres Lebens nicht mehr sicher. Was sich auf den ersten Blick wie eine maßlose Übertreibung anhört, ist jedoch vielerorts Realität…“
- „Polizist: „Er passte nicht ins Bild““ von asansörpress35 am 09. Mai 2018 im Freitag-Blog ist ein älterer Beitrag zum Gewaltsystem Racial Profiling, in dem es unter anderem – auch zu Konsequenzen – heißt: „Die Polizeibehörden wiegeln dann meist ab. Begründen ihr Vorgehen mit „normaler Polizeiarbeit“. Die Betroffenen freilich dürften das aus leidvoller Erfahrung heraus ganz anders empfinden. Dass die Kritik betreffs Racial Profiling offenbar nicht ganz unbegründet oder aus der Luft gegriffen ist, haben sogar die Vereinten Nationen festgestellt: Die UN spricht davon, dass racial profiling bei der deutschen Polizei weit verbreitet sei. Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, kommentiert den Report der UN-Arbeitsgruppe „Menschen afrikanischer Abstammung“ zum Rassismus in Deutschland folgendermaßen: „Ich bekräftige erneut meine Forderung, eine unabhängige Beschwerdestelle für Fehlverhalten der Polizei einzurichten. Der Report zeigt in erschütternder Deutlichkeit das Rassismusproblem in Deutschland, insbesondere auch in den Behörden.“…“
- Siehe dazu zuletzt: „Polizeigewalt: Jetzt schon ein Thema selbst bei Mainstream-Medien“ am 30. Juli 2018 im LabourNet Germany – und, davor – und, davor – und…