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Auch nach der Parlaments-Abstimmung: Proteste gegen Rentenreform in Russland gehen weiter

Unter der Lupe: RentenarmutZehntausende Russen haben landesweit gegen die geplante Anhebung des Rentenalters demonstriert. In zahlreichen Städten mobilisierten Gewerkschaften, die Kommunistische Partei und linke Gruppen am Samstag ihre Anhänger. Allein in der Hauptstadt Moskau gingen nach Angaben der Organisatoren bis zu 100.000 Menschen auf die Straße – die Polizei sprach allerdings von 6500 Teilnehmern. Zu den Protesten hatte die Kommunistische Partei (KP) aufgerufen. Unter deren roten Fahnen riefen die Demonstranten „Schande“ und forderten Regierungschef Dmitri Medwedew zum Rücktritt auf. „Das ist keine Reform, sondern ein Verbrechen an der Nation“, sagte KP-Chef Gennadi Sjuganow bei der Moskauer Kundgebung.(…) „Wir wollen von unseren Renten leben und nicht bei der Arbeit sterben“ und „Ich sterbe bis zur Rente“, stand auf Plakaten, welche die Demonstranten in Moskau trugen. Die Kritik bezieht sich auf die vergleichsweise niedrige Lebenserwartung in Russland: Eine Anhebung des Rentenalters würde dazu führen, dass vor allem Männer kaum mehr den Renteneintritt erleben, denn die durchschnittliche Lebenserwartung in Russland beträgt für Männer etwa 67 und für Frauen rund 77 Jahre…“ – aus der Meldung „“Ich sterbe bis zur Rente““ am 28. Juli 2018 in der tagesschau externer Link über die erneuten Proteste am vergangenen Samstag in zahlreichen Städten Russlands. Siehe zu den aktuellen Rentenprotesten in Russland weitere Beiträge – und den Hinweis auf unseren Bericht über die gewerkschaftlichen Aktivitäten in dieser Protestbewegung:

„Russisches Parlament für »Rentenreform«“ am 20. Juli 2018 in der jungen welt externer Link ist eine afp-Meldung zum Parlamentsbeschluss, worin es unter anderem heißt: „Das russische Parlament hat der Erhöhung des Renteneintrittsalters zugestimmt. 372 Duma-Abgeordnete sprachen sich am Donnerstag in erster Lesung für die Erhöhung auf 65 Jahre für Männer und 63 Jahre für Frauen aus, 102 Abgeordnete der Kommunistischen und der Liberal-Demokratischen Partei votierten dagegen. Die zweite Lesung wurde für den 24. September angesetzt…

„Eine Frage, die jeden betrifft“ von Ute Weinmann am 30. Juli 2018 in neues deutschland externer Link über die jüngsten Demonstrationen: „12 000 Menschen haben am Samstag in Moskau gegen die von der russischen Regierung geplante Erhöhung des Renteneintrittsalters demonstriert. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte die Kommunistische Partei KPRF. Auch in anderen Städten, wie beispielsweise in Wladiwostok, Chabarowsk und Kasan, fanden Proteste statt. In Jekaterinburg zählten die Veranstalter über 5000 Teilnehmende. Damit mobilisierten sie an dem sommerlich heißen Protestwochenende deutlich mehr Gegner der Regierungspläne als am 18. Juli, kurz vor der ersten Lesung des umstrittenen Gesetzes in der Duma. Auf T-Shirts und Plakaten waren auf dem Moskauer Sacharow-Prospekt zuhauf Referenzen an die sozialen Grundsätze der Sowjetunion zu finden. Zum Ende hin stimmten die Versammelten Lieder aus Kriegszeiten an und wie auf jeder Veranstaltung der KPRF fielen etliche Stalin-Portraits ins Auge. Das alles trifft nicht auf ungeteilte Zustimmung, so dass in Moskau gleich mehrere Kundgebungen angemeldet worden waren. Wenngleich die KPRF einschließlich Gewerkschaften in der Hauptstadt bislang das zahlenmäßig größte Protestpotenzial an den Tag legten, braucht es eine breitere Beteiligung jenseits dieses überschaubaren politischen Spektrums. In den vergangenen Wochen versäumten regierungsnahe Politiker und Medienmacher keine Gelegenheit, die angestrebte Rentenreform nicht nur als alternativlose, sondern gar lebensverlängernde Maßnahme anzupreisen. Von derlei Äußerungen fühlen sich viele Menschen vor den Kopf gestoßen…

„Festnahmen nach Protest gegen Rentenreform“ am 30. Juli 2018 im Deutschlandfunk externer Link ist eine Meldung, worin es unter anderem – stellvertretend für bundesdeutsche Medien und ihre Kampagne für oppositionelle Kapitalisten – heißt: „Nach einer Demonstration gegen die geplante Rentenreform in Russland, sind drei Organisatoren des Protests festgenommen worden. Nach Angaben der Libertären Partei wurde unter anderem deren Vorsitzender Boiko abgeführt. Auch ein Spitzenberater des Oppositionspolitikers Nawalny ist unter den Festgenommenen…

„Später, dafür mehr?“ von Reinhard Lauterbach am 21. Juli 2018 in der jungen welt externer Link zu diesem Parlamentsbeschluss und den Protesten: „Demonstrationen gegen die Rentenreform hat es in den vergangenen Wochen schon in verschiedenen Städten des Landes gegeben. Besonders massenhaft besucht waren sie bisher nicht, was auch daran gelegen haben kann, dass während der Fußballweltmeisterschaft in den größten Städten Russlands Demonstrationsverbote galten. Sie werden nächste Woche wieder aufgehoben. Eines steht jetzt schon fest: Die Debatte um die Rentenreform hat die Umfragewerte der Regierung und auch von Präsident Wladimir Putin in den Keller getrieben. Statt der 77 Prozent, die er noch im März bei seiner Wiederwahl erhielt, erklärten nun in einer Umfrage des staatlichen ­WZIOM-Instituts nur noch 37 Prozent ihr Vertrauen für den Staatschef. Vor diesem Hintergrund fällt auf, dass Putin einstweilen jede öffentliche Stellungnahme zu der Rentenreform vermieden hat. Nicht auszuschließen ist, dass er sich angesichts der Unpopularität der Pläne bei der noch ausstehenden Klärung von Detailfragen als jemand profilieren will, der die »größten Härten verhindert«. An sein Wahlversprechen von 2005, solange er Präsident sei, werde am Rentensystem nichts geändert, möchte Putin heute jedenfalls nicht mehr erinnert werden…

„Putin sollte gewarnt sein“ von Barbara Oertel am 29. Juli 2018 in der taz externer Link ist ein Kommentar, der ebenfalls die Rolle des russischen Präsidenten in der Rentenfrage zum Thema hat und dazu unter anderem festhält: „Denn wenn es um soziale Einschnitte geht, hören bei vielen Russen die Vaterlandsliebe und der Spaß auf. Das war schon einmal vor einigen Jahren der Fall, als es Pläne gab, für RentnerInnen die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs abzuschaffen. Auch damals hagelte es Proteste, was die Regierung letztendlich dazu veranlasste, ihr Projekt fallen zu lassen. Ob das auch jetzt wieder der Fall sein wird, ist noch nicht ausgemacht. Erschwerend hinzu kommt noch, dass Putin vor einiger Zeit großspurig verkündet hatte, dass es eine Erhöhung des Rentenalters unter seiner Ägide nicht geben werde. Im September geht die Rentenreform im russischen Unterhaus, der Duma, in die zweite Lesung. Die Demonstranten dürften sich diesen Termin vorgemerkt haben…“

„World Cup out, pension reform protests in: Russia’s economic woes take the front seat again“ von Christopher Moldes am 16. Juli 2018 bei Global Voices externer Link ist ein Beitrag, der die Entwicklung der Proteste vor allem anhand der Aktivitäten in sozialen Netzwerken nachzeichnet – inklusive des regierungsfreundlichen „Wirkens“ von Bots…

Zu den Rentenprotesten zuletzt: „Rentenproteste in Russland gehen weiter – werden auch die Gewerkschaften weiter mobilisieren?“ am 13. Juli 2018 im LabourNet Germany

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=135344
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