Abschiebungen verhindern (wie die junge Schwedin): Anleitung zum Ungehorsam
„Das Asylrecht wird beschnitten, die Polizei darf immer mehr und die Gesellschaft reagiert rassistisch. Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen! Per Facebook-Livestream haben in dieser Woche Tausende Menschen daran teilgenommen, wie die junge Schwedin Elin Ersson die Abschiebung eines Mannes nach Afghanistan im Flugzeug gestoppt hat. Über zwei Stunden weigerte sich Ersson, ihren Platz einzunehmen, schließlich konnte der Mann das Flugzeug verlassen. Ziviler Ungehorsam gegen Abschiebungen, gegen Racial Profiling oder rassistische Polizeigewalt ist nicht neu – die taz erklärt, wie’ s funktioniert…“ Beitrag von Malene Gürgen vom 25.7.2018 in der taz online und nun dazu:
- Verfahren wird neu aufgerollt – Im Sommer verzögerte Elin Ersson die Abschiebung eines Afghanen. Wegen Befangenheit des Gerichts wurde das Urteil gegen sie nun aufgehoben.
„Für Elin Ersson geht alles noch einmal von vorne los. Am Freitag hob das Landgericht in Göteborg das Urteil auf, das das dortige Amtsgericht am 18. Februar gegen die 22-jährige Sozialwissenschaftsstudentin gefällt hatte. Grund für die Annullierung: Befangenheit des Gerichts. Das Verfahren muss nun also noch einmal aufgerollt werden. (…) Einer der drei Schöffen, die neben einer Berufsrichterin im Prozess zum Einsatz kamen, hatte sein ganz persönliches Urteil ohnehin schon vorab gefällt: Eine „Kriminelle“ sei Ersson, schrieb der Mann im Kommentarfeld einer rechtspopulistischen und einwandererfeindlichen Netzpublikation bereits im Juli 2018. In weiteren Kommentaren beschimpfte er verschiedene Unterstützerinnen von Ersson – darunter Malena Ernman, die Mutter von Greta Thunberg – als „Batikhexen“. (…) In Schweden werden Schöffen von den politischen Parteien benannt. Der fragliche Schöffe war von den „Schwedendemokraten“ nominiert worden. Mit seinem Voraburteil über Ersson habe er sich als befangen erwiesen, konstatierte nun das Landgericht. An der Unparteilichkeit des Mannes müsse gezweifelt werden. Laut Gerichtsprotokoll hatte er, abweichend vom Rest des Gerichts, auch eine Haftstrafe für die Aktivistin gefordert. Er wurde mittlerweile suspendiert. Während sie nun auf einen neuen Gerichtstermin wartet, ist Ersson nicht untätig. Zuletzt nahm sie Mitte März an einer Protestaktion vor einer Flüchtlingsunterkunft in Märsta bei Stockholm teil. Unter dem Motto „No borders, no nations, stop deportations“ protestierte sie dagegen, dass Schweden ungeachtet der Sicherheitslage in Afghanistan abgelehnte Asylsuchende weiterhin in dieses Land abschiebt…“ Artikel von Reinhard Wolff vom 1. April 2019 bei der taz online
- Nach verhindertem Abschiebeflug – Schwedin zu Geldstrafe verurteilt
„Der Fall der jungen Schwedin, die eine Abschiebung in einem Flugzeug verhinderte, hatte viel Aufmerksamkeit erregt. Nun wurde die Frau zu einer Geldstrafe verurteilt. Elin Ersson muss umgerechnet 290 Euro Strafe zahlen, nachdem sie die an Bord eines Flugzeuges die Abschiebung eines Afghanen verhindert hat. Sie wurde wegen Verstoßes gegen das schwedische Luftfahrtgesetz verurteilt. Das teilte eine Sprecherin des Bezirksgerichts Göteborg mit. Ihr Verteidiger Tomas Fridh kündigte unmittelbar nach der Verurteilung an, in Berufung gehen zu wollen…“ Meldung vom 18.02.2019 beim ZDF
- Aufsteherin: Weil sie einen Abschiebeflug stoppte, wird eine 21-jährige Schwedin nun angeklagt
„Ihr Video ging um die Welt: Elin Ersson, 21 Jahre alt, verhinderte am 23. Juli dieses Jahres die Abschiebung eines Mannes aus Schweden nach Afghanistan. Nun drohen der Studentin sechs Monate Haft. Wie die Staatsanwaltschaft in Göteborg am vergangenen Freitag mitteilte, wird Ersson angeklagt: wegen »Verstößen gegen das Flugrecht«. Sie hatte sich mehrfach den Anweisungen des Flugpersonals widersetzt. Ersson war in der Maschine der türkischen Fluggesellschaft Turkish Airlines – mit der ein abgelehnter Asylbewerber nach Istanbul und dann weiter nach Kabul verbracht werden sollte – von ihrem Platz aufgestanden und hatte sich nicht wieder hingesetzt. Der Flug konnte deshalb nicht starten. Ersson, die an der Universität Göteborg Soziale Arbeit studiert, erklärte sich während der Aktion mehrfach gegenüber den anderen Passagieren. Da sie das Ganze filmte und auf der Social-Media-Plattform Facebook übertrug, sahen Millionen Menschen, was Ersson getan hatte. Dafür erntete die junge Frau viel Anerkennung…“ Bericht von Nelli Tügel bei neues Deutschland vom 22. Oktober 2018