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Jahrelange indonesische Proteste gegen deutschen Zement-Multi HeidelbergCement gehen weiter
Dossier
„In dieser intakten Landschaft will Indonesiens zweitgrösster Zementhersteller Indocement, der im Mehrheitsbesitz des deutschen Konzerns HeidelbergCement ist, Kalkstein abbauen und eine Zementfabrik errichten. Die Bauern im Kendeng-Gebirge, die seit Generationen im Einklang mit der Natur leben, fühlen sich überrollt von einer Industrie, die ihre Lebensgrundlage zerstören könnte. Sie haben Angst: vor irreparablen Schäden an der Natur, vor Landverlust und vor Umsiedlungen. Seit die Pläne des Zementriesen bekannt wurden, wächst in der Bevölkerung der Widerstand gegen den Abbau am Karstgebirge. Bäuerinnen und Bauern haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und gaben ihr den Namen «Netzwerk der Menschen, denen das Kendeng-Gebirge am Herzen liegt» (JM-PPK). (…) Doch der Kampf scheint aussichtslos. Denn die Regierung steht klar auf der Seite der Zementindustrie. Präsident Joko Widodo will das Schwellenland Indonesien wirtschaftlich voran bringen. Dafür braucht es viel Zement – für Flughäfen, Autobahnen, Staudämme und Fabriken. Zudem erhofft sich die Regierung Arbeitsplätze und Investitionen von weiteren Zementfabriken in der Kendeng-Region. (…) Was passiert, wenn die Bagger auffahren, hat sie im Nachbardistrikt gesehen, wo sich der Tagebau des staatlichen Zementkonzerns Semen Indonesia bereits tief ins Kendeng-Gebirge gefressen hat. Wo früher dichter Wald, Reisfelder und Viehweiden waren, breitet sich eine riesige Fläche von kahler, zerfurchter Erde aus…“ – aus dem Beitrag „Indonesische Bauern kämpfen gegen deutschen Zement-Riesen“ am 20. Juni 2018 beim Infosperber – worin, wenig überraschend, berichtet wird, dass das Unternehmen keinerlei Probleme sieht… Siehe dazu u.a. Hintergrundartikel aus dem Jahre 2016 zur indonesischen Zementindustrie und einen Aktionsbericht:
- Neuer Protest gegen die Auswirkungen der unsozialen und umweltschädigenden Tätigkeit von HeidelbergCement in Indonesien
„… Vertreter*innen indonesischer Gemeinden haben heute bei der Bundesregierung Beschwerde gegen HeidelbergCement, einen der weltweit größten Zementhersteller, eingereicht. In der Beschwerde an die Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze werfen sie dem Unternehmen vor, durch eine geplante Kalksteinmine und ein Zementwerk ihre Existenzgrundlage, Wasserressourcen sowie das lokale Ökosystem zu gefährden. Durch das Projekt am Kendeng-Karstgebirge in Zentraljava sind auch Gebiete bedroht, die von hoher spiritueller Bedeutung für die dort ansässigen indigenen Samin-Gemeinden sind. Mindestens 35.000 Menschen aus den drei Unterdistrikten Sukolilo, Kayen und Tambakromo könnten durch die Folgen des Bergbaus im Kendeng-Karstgebiet ihren Zugang zu lebensnotwendigen Wasserressourcen für Eigenbedarf und die Landwirtschaft verlieren. Die lokalen Gemeinden lehnen das Projekt entschieden ab und haben sich geweigert, ihre Zustimmung (gemäß dem Prinzip des „free, prior and informed consent“) für jeglichen Bergbau auf ihrem Territorium zu erteilen. (…) In Indonesien und Deutschland kam es wiederholt zu Protesten gegen das Projekt, zuletzt bei der Jahreshauptversammlung von HeidelbergCement im Juni. Indonesische Anwälte haben die Rechtmäßigkeit der Betriebslizenz des Unternehmens vor indonesischen Gerichten angefochten. HeidelbergCement hat die Kritik gegen das Projekt weitgehend zurückgewiesen und sich einem ernsthaften Dialog mit Menschenrechts- und Umweltaktivist*innen widersetzt…“ – aus der Pressemitteilung „Indonesische Gemeinden reichen OECD-Beschwerde gegen HeidelbergCement ein“ vom 09. September 2020 hier dokumentiert beim Kölner Asienhaus, das eine der unterstützenden Organisationen für diese Aktion ist. Auf der Webseite werden auch weitere Kontakte und Informationen angeboten… - „HeidelbergCement muss Völkerrecht achten! „ am 09. Mai 2018 bei den Kritischen Aktionären ist die Dokumentation der Aktivitäten der KA und verschiedener Bündnispartner zur diesjährigen Hauptversammlung der HeidelbergCement, bei denen – wie auch schon 2017 – die Unternehmenstätigkeit in Indonesien ein zentrales Thema war: „Auch in Indonesien werden OECD-Leitsätze und UN-Richtlinien verletzt, wie Dr. Yvonne Kunz von Watch Indonesia!, betont. Am Kendeng-Karstgebirge in Zentraljava, Indonesien, einem nach nationalem Recht ursprünglich geologischem Schutzgebiet, will die Tochterfirma Indocement ein Zementwerk errichten. „Das Vorhaben würde massiv in den hydrologischen Kreislauf eingreifen. Deswegen protestiert die Lokalbevölkerung seit Jahren energisch gegen das Vorhaben.“, so Mokh Sobirin von der indonesischen Umweltschutzorganisation Desantara, der auf der Aktionärsversammlung 2018 zum Fall Kendeng sprechen wird“.
- „Dreckiger Zement“ von Anett Keller und Marianne Klute in Le Monde diplomatique vom 13. Oktober 2016 , worin unter anderem berichtet wird: „Ein wichtiges Herstellerland ist Indonesien.4 Mit 74 Millionen Tonnen Jahresproduktion steht es an fünfter Stelle der Zement produzierenden Länder, nach China (2482 Millionen), Indien (286 Millionen), USA (80 Millionen) und dem Iran (78 Millionen). Präsident Joko Widodo hat eine Vision: Indonesien soll zu einer „globalen maritimen Achse“ werden, mit 24 großen Seehäfen und 1500 kleineren Hafenprojekten. Insbesondere der „rückständige“ Ostteil des Inselreichs soll mithilfe ehrgeiziger Infrastrukturprojekte „entwickelt“ werden. Wie seine Vorgänger setzt Widodo auf Wirtschaftswachstum. Die anvisierten 7 Prozent sollen zum großen Teil durch inländischen Konsum und Investitionen erreicht werden. Die Begriffe „Investition“ und „Wirtschaftswachstum“ verweisen nicht zuletzt auf den Stoff Zement. Ohne Zement sind Infrastrukturmaßnahmen nicht denkbar; der Jahresverbrauch ist ein Index für die Bautätigkeit eines Landes. Den indonesischen Markt beherrschen bisher vor allem drei Produzenten: der staatliche Konzern Semen Indonesia mit über 45 Prozent Marktanteil (Stand 2013), gefolgt von Indocement, bei dem die deutsche HeidelbergCement5 mit 51 Prozent Mehrheitseigner ist (31 Prozent Marktanteil), und Holcim Indonesia (14 Prozent). Seit 2009 ist die indonesische Zementproduktion um 50 Prozent gestiegen, desgleichen der Pro-Kopf-Verbrauch (von 166 auf 250 Kilogramm). Das sind im Vergleich zu den Nachbarstaaten und China noch sehr niedrige Werte. Doch bis 2019 geht die Branche von einer weiteren Produktionssteigerung um über 30 Prozent aus. (…) Auch die Pläne von HeidelbergCement mit ihrem Ableger PT SMS werden von der Provinzregierung befürwortet. Doch im Landkreis Pati fühlen sich viele Anwohner übergangen. Das Netzwerk JM-PPK kritisierte das Vorgehen bei der obligatorischen Umweltverträglichkeitsprüfung und klagte vor Gericht: Die lokale Bevölkerung sei zu wenig einbezogen worden, und die Berichte des Unternehmens enthielten falsche Angaben zur Ökologie des Kendeng-Karsts. Im November 2015 gewann das Netzwerk den Prozess. Die PT SMS legte Revision ein und bekam im Juli 2016 recht. (…) Kritik am Genehmigungsverfahren kommt auch von wissenschaftlicher Seite. Der Höhlenforscher Petrasa Wacana bemängelt, bei der Umweltverträglichkeitsprüfung sei die spezielle Schutzwürdigkeit des Kendeng-Karsts als Speicher für Regenwasser vernachlässigt worden. Mit dem Karst würden auch diese Wasserspeicher verschwinden, wie Studien am bereits bestehenden Werk von HeidelbergCement in Citeureup beweisen. Deshalb sind laut Wacana häufigere Überschwemmungen zu erwarten. Außerdem sei der Nitratwert im Grundwasser zwischen 1999 und 2009 um mehr als das 13-Fache gestiegen, eine Folge des sauren Regens, der durch die Verfeuerung von Kohle verursacht wird…“.
- „Save Kendeng!“ von und bei Watch Indonesia! am 20. April 2018 war die Ankündigung einer Aktionsreise, die am 09. Mai 2018 bei der JHV endete: „Wir machen uns wieder auf den Weg, um über die globale Zementindustrie und deren ökologische als auch soziale Auswirkungen aufmerksam zu machen! Wie auch im letzten Jahr, werden wir über die aktuellen Pläne, ein Karstgebiet in Zentraljava in Indonesien auszubeuten und für Zementproduktion zu nutzen, informieren. Neben indonesischen Firmen will dort ein Tochterunternehmen des baden-württembergischen Konzerns HeidelbergCement eine Zementfabrik bauen. Von der lokalen Bevölkerung, die ihren Lebensunterhalt größtenteils durch Landwirtschaft bestreitet, gibt es massiven Widerstand. Angeführt wird dieser Widerstand von der Bürgerinitiative JMPPK (Netzwerk der Menschen, denen das Kendeng Gebirge am Herzen liegt). Begleitet werden wir auf diese Weg von dem indonesichen Umweltaktivisten Mokh Sobirin (Desantara Foundation), der den Widerstand am Kendeng Gebirge seit vielen Jahren unterstützt.“