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Ein Massaker ist eine „Schlacht“ und jede Opposition sind „Huthis“ – Pressemitteilungen des saudischen Kabinetts werden in bundesdeutschen Medien als Journalismus ausgegeben
„Die von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten jemenitischen Milizen melden die Eroberung des Flughafens. Ziel der Operation „Goldener Sieg“ ist der Hafen. Dazwischen liegen Wohngebiete. Nach acht Tagen eines „langsamen und konfusen“ Vorankommens haben jemenitische Einheiten den internationalen Flughafen der Hafenstadt al-Hudaida unter ihre Kontrolle gebracht, berichtet der Le-Monde-Korrespondent Louis Imbert heute – mit der einschränkenden Bemerkung, dass es am Mittwochabend noch nicht klar war, ob die Huthis tatsächlich gänzlich aus dem Hauptgebäude des Flughafens verjagt wurden. Auch beim Krieg im Jemen gilt wie anderswo und seit jeher, dass jede Nachricht einen propagandistischen Beiwert hat und eben deshalb je nach Interessenslage gestaltet wird. Die Nachricht von der Eroberung des Flughafens von al-Hudaida übermittelt der französische Korrespondent von einem hochrangigen Vertreter der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die Einschränkungen stammen wahrscheinlich aus anderen Quellen. Für die Vereinigten Arabischen Emirate ist die Eroberung der jemenitischen Hafenstadt am Roten Meer von großer Bedeutung. „Goldener Sieg“ heißt die Militäroperation, von der sich die VAE und Saudi-Arabien eine entscheidende Wende im Jemen-Krieg versprechen. (…) Auffällig ist, dass sich die Emirate bei dieser Militär-Aktion exponieren. Saudi-Arabien, das die Anti-Huthi-Koalition im Jemen anführt, wird nun in der Berichterstattung im Hintergrund gehalten. Das ist aus mehreren Gesichtspunkten interessant: einmal grundlegend, dass es so gut funktioniert, Saudi-Arabien im Hintergrund zu halten, spielt es doch eine wichtige Rolle im Jemenkrieg, der häufig als Krieg gegen Iran um die Machtstellung in der Region dargestellt wird…“ – aus dem Artikel „Jemen: Die Befürchtung eines Häuserkampfes in al-Hudaida“ von Thomas Pany am 21. Juni 2018 in telepolis zum Stand der Dinge vor einer runden Woche – seitdem findet eben dies statt: Ein Kampf um Wohnhäuser. Siehe dazu einen Beitrag zum aktuellen Stand des Kriegs gegen die Bevölkerung al Hudeidas, einen zum bundesdeutschen Medienecho, sowie ein Beispiel dazu – und zwei Hintergrundbeiträge, die das Schema von Kriegsberichterstattung deutlich machen, schließlich den Verweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge:
- „America’s Jaws Drip with the Blood of Yemen’s Children“ am 26. Juni 2018 bei Countercurrents dokumentiert, ist ein Beitrag, in dem der aktuelle Stand berichtet wird – dass die Einnahme des Flughafens mehrere Hundert (zivile) Todesopfer gekostet hat und inzwischen bereits über 30.000 Menschen aus der Stadt geflohen sind. Vermutlich alles Terroristen – oder, noch viel schlimmer: Sie mögen vielleicht keine selbsternannten (Banden)Könige, noch deren Waffenlieferanten (USA, Frankreich, BRD) und Hofschreiber?
- „Gemeinsame Sache mit arabischen Despoten“ von Jörg Kronauer am 23. Juni 2018 in neues deutschland zur BRD-Menschenrechtspolitik und den durchführenden Medien: „So kommt es, dass die saudisch-emiratische Kriegskoalition in Jemen Eurofighter sowie Bomben der Rheinmetall-Tochterfirma RWM Italia einsetzen konnte und dass Berlin noch heute den Export von Patrouillenbooten an Saudi-Arabien genehmigt, obwohl diese geeignet sind, die Blockade Jemens zu unterstützen. Und so kommt es, dass die größte humanitäre Krise der Gegenwart in der deutschen Öffentlichkeit vergleichsweise wenig beachtet wird. So funktioniert die Bundesrepublik. Man sollte sich daran erinnern, wenn Politik und Medien sich wieder einmal zu Menschenrechtlern aufschwingen: Der Grund wird dann wohl sein, dass gravierende Verbrechen nicht strategischen Partnern, sondern strategischen Gegnern angelastet werden. Und für moralische Munition gegen diese gibt es immer Bedarf“.
- „Entscheidungsschlacht am Roten Meer“ von Karim El-Gawhary am 19. Juni 2018 in der taz unterscheidet sich in den Grundaussagen – trotz Verweis auf „humanitäre Kosten“ nicht sehr vom Tenor der großen Profit-Medien: „Die einen erwarten einen lang ersehnten Wendepunkt in dem drei Jahre alten, militärisch festgefahrenen Jemenkrieg. Die anderen befürchten eine humanitäre Katastrophe. Seit letztem Mittwoch tobt an Jemens Küste zum Roten Meer die Schlacht um die Hafenstadt Hudaida, die seit Beginn des Krieges von den schiitischen und vom Iran unterstützten Huthi-Milizen kontrolliert wird. Eine von den Vereinigten Arabischen Emiraten finanzierter und kommandierter bunt zusammengewürfelter Haufen aus emiratischen Elitetruppen, jemenitischen Regierungssoldaten und sudanesischen Soldaten versucht die Stadt mit geschätzt 600.000 verbliebenen Einwohnern, der wichtigste Handelsknotenpunkt des Huthi-Gebietes zum Rest der Welt, zu erobern. Die saudische Luftwaffe bombardiert. Berichten zufolge begann am Dienstag die Erstürmung des Flughafens von Hudaida südlich der Stadt“.
- „The Southern Transitional Council and the War in Yemen“ von Suanne Dahlgren am 26. April 2018 im MERIP war ein sehr ausführlicher Beitrag über einen Akteur, der im bundesdeutsch-saudischen Journalismus so gut wie gar nicht vorkommt: Der Südliche Übergangsrat, der sozusagen zwischen den Fronten steht und Kurs auf die Wiederherstellung der Republik Südjemen genommen hat – eine Koalition, die im früheren Südjemen großen Einfluss besitzt, und innerhalb derer auch linke Kräfte eine wichtige Rolle spielen.
- „How the Houthis Became “Shi‘a” von Anna Gordon und Sarah E. Parkinson am 27. Januar 2018 im MERIP zeichnet die Entwicklung der Propaganda-Kampagne der früheren jemenitischen Regierung – die heute im Palast in Riad sitzt – nach, mit der die „Huthis“ zu „Schia-Rebellen“ (und also iranischen Agenten, wie alle, die den Sauds das geraubte Öl nicht gönnen) gemacht wurden – ausgesprochen lesenswert!
- Siehe zum saudischen Krieg und dem dazu gehörenden Propaganda-Feldzug zuletzt: Der Überfall Saudi Arabiens auf Hodeida im Jemen findet aus „humanitären Gründen“ statt – und wird (weiterhin) von bundesdeutschen Medien beschönigt“ am 15. Juni 2018 im LabourNet Germany