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Kampf um Personalbesetzung und Pflegepersonaluntergrenzen
Dossier
2018: „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Patientenorganisationen, Berufsverbänden und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), die Untergrenzen für Pflegepersonal in Krankenhäusern in der sich abzeichnenden Form nicht zu vereinbaren. (…) Ein Kritikpunkt ist, dass ausschließlich die schlechtesten bestehenden Personalausstattungen in den Blick genommen werden (…) mahnen die Organisationen an, der gesetzliche Anspruch der Versicherten auf eine bedarfsgerechte Versorgung müsse mit Personalvorgaben erfüllt werden. Deutschland liegt bei der Personalausstattung im Krankenhaus weit unter dem Niveau vergleichbarer Industriestaaten. (…) Unter den bestehenden ökonomischen Rahmenbedingungen gebe es das hohe Risiko, dass Krankenhäuser ihr Personal weiter reduzieren…“ Pressemitteilung von verdi vom 01.06.2018 , siehe dazu auch unser Dossier: ver.di fordert Krankenhäuser zu Verhandlungen über einen Tarifvertrag Entlastung auf und hier die weitere Geschichte der gesetzlichen Umsetzung:
- ver.di kritisiert Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft nach Abschaffung der Pflegepersonaluntergrenzen scharf
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) übt scharfe Kritik an der von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erhobenen Forderung, die Pflegepersonaluntergrenzen in Kliniken abschaffen zu wollen. „Die gesetzlichen Pflegepersonaluntergrenzen sind das absolute Minimum, sie sind die rote Linie, die nicht unterschritten werden darf“, kritisierte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Zu wenig Personal in der Pflege kann Menschenleben kosten.“ Die Pflegepersonaluntergrenzen orientierten sich nicht am Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten, sondern an den 25 Prozent der Krankenhäuser mit der schlechtesten Personalausstattung in den jeweiligen Fachabteilungen. „Die Untergrenzen abzuschaffen, wäre unverantwortlich und ein Rückschritt in der Versorgung der Patientinnen und Patienten und im Prozess zur Entlastung des Pflegepersonals“, so Bühler weiter. ver.di fordert stattdessen die Vorgaben für die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) schnellstmöglich verbindlich zu machen. Mit ihr lässt sich der Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten auf einer Station im Krankenhaus berechnen. Derzeit gehe es um einen Soll-Ist-Abgleich des für eine bedarfsgerechte Pflege notwendigen Personals. „Damit das fehlende Personal aber nicht nur auf dem Papier steht, sondern mit Hochdruck an einer besseren Personalausstattung gearbeitet wird, braucht es zügig einen verbindlichen Zeitplan, bis wann die Soll-Personalbesetzung erreicht werden muss“, forderte Bühler. Solange es für die Kliniken ohne Konsequenzen bliebe, die PPR 2.0 nicht einzuhalten, müssten die Pflegepersonaluntergrenzen als untere Haltelinie zwingend erhalten bleiben. Um Pflegekräfte von unnötigem Dokumentationsaufwand zu entlasten, fordert ver.di vielmehr, die Datenerhebung zu vereinheitlichen und die Krankenhäuser stärker zu digitalisieren. Hier müssten endlich die notwendigen Investitionen getätigt werden.“ ver.di-Pressemitteilung vom 7. August 2024 - PPR 2.0., verbindliche Pflegepersonalregelung gilt ab dem 1. Juli 2024 bundesweit in allen Kliniken
- ver.di begrüßt Personalbemessung in der Krankenhauspflege: PPR 2.0 ist wichtiger Schritt hin zu besseren Arbeitsbedingungen
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die ab morgen geltende Verordnung zur Personalbemessung für die Krankenhauspflege als wichtigen Schritt zu besseren Arbeitsbedingungen und bedarfsgerechter Versorgung. „Ab sofort gilt in allen Akutkrankenhäusern die PPR 2.0. Die Einführung der Personalbemessung zum 1. Juli 2024 markiert einen wichtigen Etappenerfolg“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Die Einführung der Fallpauschalen im Jahr 2003 hatte einen dramatischen Personalabbau in der Pflege zur Folge. Diese schlimme Fehlentwicklung gilt es zu stoppen“, so die Gewerkschafterin. „Der großartige, mehr als zehnjährige Einsatz der Klinikbeschäftigten für eine bedarfsgerechte Personalausstattung hat sich gelohnt. Das ist der Erfolg von ver.di und allen Kolleginnen und Kollegen, die so viel Ausdauer und Engagement gezeigt haben.“…“ ver.di-Pressemitteilung vom 30.06.2024 , siehe dazu: - PPR 2.0 – was Du zur Pflegepersonalregelung wissen musst
„Zum 1. Januar 2023 wurde eine verbindliche Pflegepersonalregelung zunächst in ausgewählten Krankenhäusern in Deutschland eingeführt, die PPR 2.0. Ab dem 1. Juli 2024 gilt sie bundesweit in allen Kliniken. Was ist das und was bedeutet es für Beschäftigte und Patientinnen und Patienten?…“ Themenseite bei ver.di - Mehr Personal – Themenseite bei ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft
- ver.di begrüßt Personalbemessung in der Krankenhauspflege: PPR 2.0 ist wichtiger Schritt hin zu besseren Arbeitsbedingungen
- Gegen Überlastung, Berufsflucht und Personalnot: ver.di fordert Zustimmung des Bundesrats zu bedarfsgerechten Personalvorgaben in der Krankenpflege
„Aus Anlass der für den morgigen Freitag (26. April 2024) angesetzten Bundesratsentscheidung zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), das Instrument der PPR 2.0 (Pflegepersonalregelung) rasch und konsequent einzuführen. „Es ist höchste Zeit, mit bedarfsgerechten und verbindlichen Personalvorgaben eine gute Patientenversorgung zu sichern und die Pflegekräfte zu entlasten. Der Bundesrat steht in der Pflicht, der Verordnung des Bundesgesundheitsministers zuzustimmen und damit endlich einen Ausweg aus dem Teufelskreis von Überlastung, Berufsflucht und Personalnot zu eröffnen“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Die Gewerkschafterin zeigte sich sehr unzufrieden, dass die politischen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern in den vergangenen Monaten weitere Verzögerungen nach sich ziehen werden, sodass die sogenannte Konvergenzphase zur Umsetzung der PPR 2.0 voraussichtlich erst 2027 beginnen kann. „Diese Verzögerung ist keine gute Nachricht für unterversorgte Patienten und überlastete Beschäftigte, die den Preis für die jahrelange Untätigkeit der politisch Verantwortlichen zahlen müssen“, kritisierte Bühler. „Umso wichtiger ist es, nun mit Hochdruck die nächsten Schritte anzugehen.“
Kritisch sieht die Gewerkschafterin zudem die Empfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrats, die mögliche Anrechnung von Pflegehilfskräften und anderer Berufsgruppen auf die Personalvorgaben auszuweiten. „Die Krankenhauspflege ist mit hohen und weiter steigenden Anforderungen konfrontiert. Für eine fachgerechte Versorgung braucht es qualifizierte Pflegefachkräfte“, betonte Bühler. „Die Länder sollten ihre Position hier noch einmal überprüfen.“ Völlig inakzeptabel seien Ansinnen, die verbindliche Einführung der PPR 2.0 auf die lange Bank zu schieben…“ Pressemitteilung vom 25.04.2024 - Aktionstag am 8. April für PPR 2.0: Wir haben euch im Blick! Bundesrat muss den Weg für bedarfsorientierte Personalausstattung in der Krankenhauspflege freimachen
„Es geht um viel! Die Einführung der PPR 2.0, des Systems für eine bedarfsorientierte Personalausstattung in der Krankenhauspflege, steht auf der Kippe. Deshalb braucht es ein deutliches Signal aus den Kliniken.
Kurz vor dem Ziel ploppen bei Landespolitiker*innen plötzlich Bedenken auf. Die bayerische Landesregierung will die bedarfsgerechten Personalvorgaben sogar gänzlich ausbremsen. Das macht uns wütend. Das ist ein Affront gegen alle, die die Krankenversorgung unter widrigsten Bedingungen aufrechterhalten! Die Landesregierungen riskieren, das letzte Vertrauen zu verspielen. Um diesen Sabotageversuch zu stoppen, ruft ver.di in den Kliniken zu Protestaktionen auf. Am Montag, dem 8. April, heißt es: »Wir haben den Bundesrat im Blick« – Ferngläser mitbringen!
Die Zeit drängt. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats kommt am 10. April zusammen. Die Einführung der PPR 2.0 gehört dann auf die Tagesordnung, sie muss ohne Abstriche beschlossen werden. Dafür machen wir Druck. Seit über zehn Jahren streiten wir für bedarfsgerechte Personalvorgaben in den Krankenhäusern.
Sie entlasten die Beschäftigten und sichern eine gute Versorgung. Viele Proteste, Demonstrationen und auch Streiks haben dazu geführt, dass die PPR 2.0 nun endlich beschlossen werden soll. Das an sich ist ein großer Erfolg unserer gewerkschaftlichen Aktivitäten. Wir bleiben dran, bis die Entlastung auf den Stationen und in den Bereichen ankommt.“ Aufruf von ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft - PPR 2.0 muss kommen! ver.di und DBfK verärgert über Angriff Bayerns auf bedarfsgerechte Personalvorgaben in der Krankenpflege
- ver.di kritisiert scharf Angriff Bayerns auf bedarfsgerechte Personalvorgaben in der Krankenpflege
„Die bayerische Staatsregierung wolle die Vorgaben durch Ausnahmen und die Verwässerung von Sanktionen aushebeln, noch bevor sie beschlossen sind.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) übt scharfe Kritik an dem Versuch der bayerischen Staatsregierung, die Einführung bedarfsgerechter Personalvorgaben für die Krankenhauspflege, die PPR 2.0, im Bundesrat zu verhindern. Bayern hat in der Länderkammer beantragt, die Verordnung zur PPR 2.0 abzulehnen. „Das ist gefährlich für die Sicherheit der Patientinnen und Patienten und ein Affront gegen die Beschäftigten der Krankenhäuser“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Auch Bayerns Staatsregierung hat in Sonntagsreden immer wieder erklärt, die Überlastung der Pflegekräfte müsse überwunden werden. Doch jetzt will sie die entscheidende Maßnahme zur Entlastung auf den letzten Metern sabotieren. Diese Politik ist verlogen und unverantwortlich.“ Die Gewerkschafterin forderte die anderen Bundesländer eindringlich auf, den Vorstoß aus Bayern abzulehnen und die Verordnung zu beschließen.
„Die PPR 2.0 ist getestet und praktikabel. Die Personalbemessung wird die Situation von Patienten und Beschäftigten tatsächlich verbessern – wenn sie schnell und konsequent umgesetzt wird“, betonte Bühler. Doch die bayerische Staatsregierung wolle die Vorgaben durch Ausnahmen und die Verwässerung von Sanktionen aushebeln, noch bevor sie beschlossen sind. „Damit würde das Instrument wirkungslos und die Not der Patientinnen und Patienten aufgrund des Personalmangels bliebe bestehen.“ Das zeigten die Erfahrungen mit der Personalbemessung in der Psychiatrie, der PPP-RL, die flächendeckend unterlaufen werde. Verantwortungslos sei auch der bayerische Vorstoß, die bestehenden Pflegepersonaluntergrenzen abzuschaffen, bevor die PPR 2.0 überhaupt wirkt. „Die Untergrenzen schreiben nur das absolute Minimum fest – auch für Bereiche wie den Nachtdienst, die noch nicht von der PPR 2.0 erfasst sind“, erläuterte Bühler. „Sie abzuschaffen, würde Menschenleben aufs Spiel setzen.“..“ ver.di-Pressemitteilung vom 07.03.2024 - PPR 2.0 muss kommen! DBfK verärgert über Antrag zur Ablehnung der PPBV durch Bayern
„Der Freistaat Bayern hat die Ablehnung der Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) im Bundesrat beantragt. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) zeigt sich verärgert über den Antrag, denn damit stelle sich Bayern gegen Qualität in der Pflege. „Der Antrag aus Bayern zeugt davon, dass Pflegequalität dort offensichtlich keine Rolle spielt“, so Christel Bienstein, Präsidentin des DBfK. „Die PPR 2.0 ist aktuell das einzige Instrument, mit dem wir Pflegequalität in den Krankenhäusern sicherstellen können. Es ist ein lernendes Instrument, das weiterentwickelt wird. Dafür muss die PPBV jetzt kommen. Wir haben schon Jahrzehnte verloren, in denen sich die Rahmenbedingungen für die Kolleg:innen und damit für die Arbeitsqualität stetig verschlechtert haben. Schlechte Personalbesetzung und dauernde Überlastung zählen zu den Hauptgründen, den Beruf zu verlassen. Dass wir ohne eine verbindliche Personalbemessung keinen Personalaufbau in den Kliniken schaffen, haben wir nun lange genug beobachtet.“
Der DBfK hatte sich zusammen mit dem Deutschen Pflegerat (DPR), Verdi und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) schon lange für die Einführung der PPR 2.0 eingesetzt, da das Instrument auf der bekannten Personalbemessung PPR aufbaut und mit entsprechend geringer Bürokratie und Umgewöhnung leicht eingeführt werden kann. Die aktuellen Argumente aus Bayern kann der Verband nicht nachvollziehen. „Wenn die PPBV wirklich abgelehnt wird, ist das ein schwarzer Tag für die professionelle Pflege und damit auch für die Patient:innen in den Krankenhäusern Deutschlands“, so Bienstein. „Hier wird eine wichtige Maßnahme blockiert, ohne dass man eine Alternative präsentiert. Was auch immer Bayern damit erreichen will, es geht auf Kosten der beruflich Pflegenden und der Pflegequalität.““ Pressemitteilung vom 07.03.2024 beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe – DBfK
- ver.di kritisiert scharf Angriff Bayerns auf bedarfsgerechte Personalvorgaben in der Krankenpflege
- Pflegekrise in Krankenhäusern: Pflegepersonalregelung 2.0 ist eine Regel mit Lücken, die ab 2024 verbindlich werden soll
„Die Pflege-Personal-Regelung 2.0 (PPR 2.0) wurde erst im Dezember von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Mit diesem Instrument soll erreicht werden, dass Patienten gute Pflege erhalten und dafür auch immer das richtige und vor allem genug Personal bereitsteht. Versucht wird also, einen Maßstab zu schaffen, nachdem aus Faktoren wie der Erkrankungsschwere, einem besonderen Pflegebedarf oder einer möglichen Isolationspflicht täglich aktuell der Personalbedarf ermittelt wird. Für jede bettenführende Station einer Klinik ist also für jede Schicht eine angemessene Zahl von Pflegekräften zu bestimmen. Das hört sich nach einem neuen Bürokratiemonster an, wie auch viele Pflegekräfte befürchten. (…) Böing macht seinen Kolleginnen und Kollegen Mut: Es gehe um »pflegerische Leitprozesse mit realistischen Durchschnittswerten«, die Schätzungen zum Personalbedarf seien digital, aber auch auf Papier einfach möglich. Böing, der aktuell für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe tätig ist, weist darauf hin, dass es auch Regelungen für kurzfristigen Personalausfall geben werde. Und er setzt offensichtlich darauf, dass auch für die Nachtschichten schärfere Regeln gefunden werden, obwohl diese zunächst nicht Teil der PPR 2.0 sind. Unklar sei zudem, wie die im Gesetz vorgesehenen Sanktionen aussehen werden: Nämlich, wie Krankenhäuser verfahren müssen, wenn sie keine ausreichende Personaldecke sichern können. Betten oder Stationen zwingend schließen, Personal im Dauereinsatz mehr Urlaubstage gewähren? Böing meint, dass positive Anreize besser wären. Für einige Klinikbereiche gelten jetzt übergangsweise Personaluntergrenzen – diese, so einer der Kritikpunkte, unterscheiden aber nicht nach der Krankheitsschwere und sind nur eine letzte rote Linie, jenseits derer Pflege für Patienten gefährlich wird. Irene Maier, Vizepräsidentin des Pflegerates, würde die Untergrenzen am liebsten durch die PPR 2.0 ersetzt sehen. Einen weiteren großen Haken hat der jetzt gesetzliche Plan zur Umsetzung noch: Bei der Ausgestaltung der PPR 2.0 hat der Finanzminister das letzte Wort. Im Vorfeld hatte das für Protest gesorgt. Gestrichen wurde von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) der Passus, dass Kliniken mit einem Tarifentlastungsvertrag von der Umsetzung der PPR 2.0 befreit sind. Abstand nahm Lauterbach zudem von der Planung, dass die Personalregel nur eine Übergangslösung sein sollte und dann ein völlig neues Instrument zu entwickeln sei. Nun soll die 2.0-Variante weiterentwickelt werden.“ Artikel von Ulrike Henning vom 26. Februar 2023 in Neues Deutschland online - »Pflegepersonalregelung 2.0«: Ein Entlastungsgesetz samt Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen – ver.di kritisiert DRG-System
- Notfall Pflege. Immer mehr Kliniken vor Kollaps, zweifelhaftes Gesetz von Bundestag verabschiedet
„… Allein im Pflegebereich fehlen nach Angaben des zuständigen Berufsverbands DBfK 200.000 Vollzeitkräfte. »Wenn wir nicht schnell grundlegende Reformen bekommen, kann man die pflegerische Versorgung in Deutschland nicht mehr aufrechterhalten«, sagte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein am Freitag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nun wurde gleichentags im Bundestag ein »Krankenhauspflegeentlastungsgesetz« verabschiedet, das der DBfK gelobt hatte, nachdem es in seinem Sinne nachgebessert worden war. Zentral für den Verband war die Einführung der »Pflegepersonalregelung 2.0« (PPR 2.0), mit der die Ausrichtung am realen Bedarf kommen soll. »Die PPR 2.0 wird für Erwachsene und Kinder umgesetzt, und auch die von uns geforderte Personalbedarfsermittlung für Intensivstationen wird erprobt«, hatte Bienstein am Donnerstag zufrieden mitgeteilt. Kritik an dem Instrument kam am Freitag von der Techniker Krankenkasse: Durch PPR 2.0 werde kein einziges Problem in der Pflege gelöst. »Statt neuer Kolleginnen und Kollegen wird die geplante Pflegepersonalbemessung den Pflegekräften jede Menge zusätzlichen Bürokratieaufwand bescheren«, sagte Vorstandschef Jens Baas gegenüber dpa. Auch der DBfK kam am Freitag schnell wieder auf den akuten Fachkräftemangel zu sprechen. (…) Das im Bundestag verabschiedete Entlastungsgesetz enthält weitere kritikable Regelungen: So sollen bestimmte Krankenhausuntersuchungen künftig ambulant stattfinden, die Patienten also zu Hause übernachten. Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, warnte am Freitag: »Wir müssen unbeeinflusst von wirtschaftlichen Erwägungen der kaufmännischen Leitungen entscheiden können.« Es gebe immer mehr Menschen, die sich nach Eingriffen im Krankenhaus »nicht ausreichend allein versorgen können« und auf Hilfe angewiesen seien…“Artikel von Gudrun Giese in der jungen Welt vom 03.12.2022 , siehe auch: - Pflegenotstand: Droht auch mit Entlastungsgesetz Versorgung nach Kassenlage?
„… Gerade hat der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) wieder vor dem Zusammenbruch des Pflegesystems gewarnt: „Wenn wir nicht schnell grundlegende Reformen bekommen, kann man die pflegerische Versorgung in Deutschland nicht mehr aufrechterhalten“, sagte die Vorsitzende Christel Bienstein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Freitag). Zwar sei es auch schon in der Vergangenheit zu Pflegenotständen gekommen, zum Beispiel Anfang der 1990er-Jahre. Aber: „Eine vergleichbare Situation hat es in den vergangenen 50 Jahren nicht gegeben.“ Aktuell sei von rund 200.000 fehlenden Vollzeitkräften auszugehen. „Bis zu 70 Prozent“ der Pflegefachkräfte, deren Zahl im vergangenen Jahr insgesamt gestiegen sei, sind laut Bienstein in Teilzeit beschäftigt – und der Krankenstand in dieser Berufsgruppe übersteige wegen der hohen Arbeitsbelastung den aller anderen. (…) Zuletzt machte sich der Personalmangel in der Pflege in den Kinderkliniken besonders bemerkbar: Ein Teil der Betten konnte nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) wegen fehlender Pflegekräfte nicht betrieben werden. Und das während einer Infektionswelle mit dem RS-Virus, das im Gegensatz zum Coronavirus vor allem für Kinder gefährlich ist. (…)Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt zwar die für heute geplante Bundestagsabstimmung zum Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz, das eine bundesweite Personalbemessung für Pflegekräfte in Kliniken etablieren soll, warnte aber zugleich vor einer Einflussnahme des Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP), dem im Gesetzentwurf der Regierungsparteien ein Mitspracherecht eingeräumt wird. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hielt dies trotz Warnungen für vertretbar. (…) Sylvia Bühler vom ver.di-Bundesvorstand befürchtet dadurch weiterhin falsche Prioritäten und eine Versorgung nach Kassenlage…“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 2. Dezember 2022 bei Telepolis - ver.di kritisiert DRG-System
„Zur Debatte über die Situation in den Kinderkliniken erklärt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler: „Seit Jahren weist ver.di auf den drohenden Kollaps der Kinderkliniken hin. Viel zu lange haben die politisch Verantwortlichen zugeschaut, wie qualifizierte Pflegepersonen scharenweise ihren Beruf verlassen, weil ihre Arbeitsbedingungen untragbar sind. Nun sollen selbst die Pflegepersonaluntergrenzen ausgesetzt werden, die nur das absolute Minimum festschreiben und eine Patientengefährdung vermeiden sollen. Stattdessen müssen planbare Maßnahmen in den Krankenhäusern verschoben werden, um in dieser Notsituation Ressourcen freizusetzen. Herbeigeführt hat die Misere das Finanzierungssystem der Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG), das gerade im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin zur Unterversorgung führt. Die zusätzliche Finanzierung für 2023 und 2024, die heute im Bundestag beschlossen werden soll, löst das Problem nicht. Es bedarf einer umfassenden Reform der Krankenhausfinanzierung. Die DRGs müssen abgelöst werden von einem kostendeckenden System, das eine bedarfsgerechte pädiatrische Versorgung garantiert. Zudem braucht es eine zügige und verbindliche Umsetzung der PPR 2.0, der von ver.di, Deutscher Krankenhausgesellschaft und Deutschem Pflegerat entwickelten Personalbemessung, auch für den Bereich der Kinder- und Jugendmedizin.“ Pressemitteilung vom 02.12.2022 - DBfK-Statement zur Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen
„DBfK-Präsidentin Christel Bienstein zur geplanten Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen: „Die Pflegepersonaluntergrenzen sind als unterste rote Linie gedacht, um noch eine sichere Versorgung der Patient:innen im Krankenhaus gewährleisten zu können. Wir reden also dann bereits nicht mehr von fachlich fundierter und aktivierender Pflege. Wenn selbst diese rote Linie in Frage gestellt wird, dann ist es das falsche Zeichen für die Pflegefachpersonen und gefährdet die Patient:innen im Krankenhaus. In Engpässen müssen Personalkapazitäten geschaffen werden, indem Leistungen wie beispielsweise elektive Eingriffe verschoben werden.““ DBfK-Meldung vom 02.12.2022 - ver.di begrüßt Gesetz zu Personalvorgaben in der Krankenpflege und warnt vor Einflussnahme des Bundesfinanzministers
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die für morgen geplante Bundestagsabstimmung zum Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz, das eine bundesweite Personalbemessung für Pflegekräfte in Kliniken etabliert. „Unser jahrelanger Kampf für bedarfsgerechte Personalvorgaben zahlt sich aus. Endlich wird die Überlastung der Pflegebeschäftigten in Krankenhäusern konkret angegangen“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Die PPR 2.0, die von ver.di, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat entwickelte Personalbemessung, müsse nun ohne weitere Verzögerungen verbindlich umgesetzt werden. Positiv bewertet die Gewerkschafterin, dass die als Übergangsinstrument entwickelte PPR 2.0 nun auch die Grundlage der wissenschaftlichen Weiterentwicklung der Personalbemessung bilden soll. (…) Sie begrüßte zudem, dass das Gesetz flächendeckend verbindlich gelten und auch in Krankenhäusern mit Entlastungsvereinbarungen zur Anwendung kommen soll. Deutliche Kritik übte Bühler am Mitspracherecht des Bundesfinanzministers: „Es ist ein großer Fehler im Gesetz, Herrn Lindner Rechte bei der Umsetzung der Personalausstattung einzuräumen“, sagte Bühler. „Der Pflegebedarf orientiert sich ausschließlich an den Patientinnen und Patienten und nicht an der Haushaltslage.“ Sie forderte, dass eine Unterschreitung der Personalvorgaben frühzeitig ausgeschlossen und mit Sanktionen belegt wird. „Das Gesetz bietet den Beschäftigten in der Krankenhauspflege endlich eine Perspektive auf Entlastung und damit besseren Arbeitsbedingungen. Jetzt kommt es darauf an, die bedarfsgerechte Personalausstattung schnell und verbindlich umzusetzen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 1. Dezember 2022
- Notfall Pflege. Immer mehr Kliniken vor Kollaps, zweifelhaftes Gesetz von Bundestag verabschiedet
- Offener Brief: Interessenvertretungen von 340.000 Klinikbeschäftigten fordern Nachbesserungen bei Gesetz zu Personalvorgaben
„Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen aus 86 öffentlichen, kommerziellen und freigemeinnützigen, einschließlich kirchlichen Klinikunternehmen fordern deutliche Nachbesserungen am Gesetzentwurf zur Personalausstattung im Krankenhaus. Die Interessenvertretungen, die insgesamt rund 340.000 Beschäftigte repräsentieren, kritisieren in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Bundestagsabgeordneten insbesondere, dass die Personalbemessung von der Zustimmung des Bundesfinanzministers abhängig gemacht werden soll. „Die Personalausstattung in den Krankenhäusern darf sich nicht nach der jeweiligen Kassenlage richten, sondern muss sich am tatsächlichen Bedarf der Patientinnen und Patienten orientieren“, betonte Klaus Bölling, Konzernbetriebsratsvorsitzender des Klinikbetreibers Asklepios und Mitinitiator des Appells. „Dem Finanzminister ein Veto-Recht einzuräumen, wäre ein Dammbruch. Im Krankenhaus geht es um Menschen, da müssen ideologische Diskussionen über die sogenannte Schwarze Null hintanstehen.“ Das von ver.di, dem Deutschen Pflegerat und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vorgelegte Übergangsinstrument für eine bedarfsgerechte Personalbemessung in der Krankenpflege, die PPR 2.0, müsse flächendeckend und verbindlich eingeführt werden, forderte der Konzernbetriebsratsvorsitzende der Helios-Kliniken, Bernd Behlert. „SPD, Grüne und FDP haben die Einführung der PPR 2.0 im Koalitionsvertrag versprochen. Sie muss nun auch bundesweit einheitlich und verbindlich kommen. Der bisherige Gesetzentwurf ist hier viel zu schwammig.“ Zudem müsse auch für Intensivstationen eine bedarfsgerechte Personalbemessung gelten. Die Gewerkschaft ver.di unterstützt den Offenen Brief…“ ver.di-Pressemitteilung vom 07.10.2022 zum Offenen Brief - ver.di fordert erneut deutliche Korrekturen am Gesetzentwurf zu Personalvorgaben in Krankenhäusern – keine Personalausstattung nach Kassenlage
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert deutliche Korrekturen am vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zu Personalvorgaben für die Krankenhauspflege. „Die Beschäftigten in der Pflege erwarten ganz klar, dass sich mit dem Gesetz ihre Arbeitsbedingungen verbessern, dass sie endlich entlastet werden. Versprochen sind Vorgaben für eine bedarfsgerechte Personalausstattung – das muss Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach halten“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Doch der Gesetzentwurf lasse alles offen. „Verbindlichkeit sieht anders aus, das Gesetz muss deutlich korrigiert werden.“ „Die Einführung der PPR 2.0 als bedarfsgerechte Personalbemessung in der Krankenhauspflege muss verbindlich kommen – so, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde“, forderte Bühler. In dem gegenüber der ursprünglichen Vorlage verwässerten Gesetzestext heißt es lediglich, dass das Bundesgesundheitsministerium eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen „kann“. Zudem fehlt der eindeutige Bezug zur PPR 2.0, dem von ver.di, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat entwickelten Personalbemessungssystem. „Völlig inakzeptabel ist, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner bei der Personalausstattung plötzlich mitreden soll. Es braucht genug Personal, um Patienten sicher und gut zu versorgen, keine Personalausstattung nach Kassenlage“, sagte Bühler…“ ver.di-Pressemitteilung vom 15.09.2022 („ver.di fordert deutliche Korrekturen am Gesetzentwurf zu Personalvorgaben in Krankenhäuser“) - Gesetzesentwurf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Lauterbach gibt Finanzminister Lindner Mitspracherecht bei Zahl der Klinikpflegekräfte
„Bisher wurde in der Politik darauf geachtet, dass der Finanzminister in der Krankenversicherung nicht viel mitbestimmen kann. Denn es soll eine Gesundheitsversorgung nach Kassenlage verhindert werden. Doch nun wird von dieser Praxis abgewichen. (…) Doch ausgerechnet unter Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der derartige Risiken bestens kennt, wird nun für Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine Eingriffsmöglichkeit geschaffen, die es in dieser Form bisher nicht gibt: Künftig soll der Kassenwart detailliert mitbestimmen können, wie Patienten im Krankenhaus versorgt werden. Konkret geht es um die Festlegung, wie viele Pflegekräfte in Kliniken eingesetzt werden. Das ergibt sich aus dem überarbeiteten Entwurf für ein „Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz“ von Lauterbach. Der Entwurf, der aktuell zwischen den Ressorts abgestimmt wird, liegt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor. Darin heißt es im Unterschied zu ersten Entwürfen aus dem Gesundheitsministerium, Einzelheiten der neu geplanten Personalbemessung würden durch Rechtsverordnung „im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen“ festgelegt. Das betreffe unter anderem die Bestimmung des Pflegebedarfs eines Patienten, die Anzahl der in einer Station einzusetzenden Pflegekräfte und die Zusammensetzung des Pflegepersonals je nach beruflicher Qualifikation. Mit dem Gesetz will Lauterbach eigentlich die Arbeitsbedingungen in der Krankenpflege durch konkrete Personalvorgaben verbessern, um den Beruf attraktiver zu machen und damit den akuten Fachkräftemangel zu lindern. Entscheidet nun aber der Finanzminister mit, kann das Gesetz möglicherweise nicht die gewünschte Wirkung entfalten. (…) Nach den Plänen von Lauterbach wird nach der Einführung des Systems die erlaubte Abweichung zur Sollstärke des Personals schrittweise reduziert. Alle konkreten Vorgaben sollen per Rechtsverordnung festgelegt werden, bei denen der Finanzminister künftig mitentscheiden darf.“ Artikel von Tim Szent-Ivanyi vom 10.09.2022 beim RND - Personalvorgaben in der Krankenpflege: ver.di fordert wesentliche Nachbesserungen am Referentenentwurf
„… „Es ist gut, dass es bei den Vorgaben zur Personalausstattung in der Krankenhauspflege endlich vorangeht. Noch nicht wirklich gut ist aber der vorliegende Referentenentwurf. Da müssen Bundesregierung und Bundestag nochmal gründlich ran, damit durch das Gesetz tatsächlich eine bedarfsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten kommt und Beschäftigte entlastet werden“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Es muss gesetzlich eindeutig formuliert werden, dass die PPR 2.0 auf den Stationen zur Anwendung kommt. Auch für die Intensivmedizin braucht es konkrete bedarfsgerechte Vorgaben, das kann nach den Erfahrungen der Pandemie niemand ernsthaft bezweifeln.“ Die PPR 2.0 – das von ver.di, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat bereits vor zweieinhalb Jahren vorgelegte Instrument für eine am Bedarf orientierte Personalbemessung in der Krankenpflege – wird im vorliegenden Entwurf lediglich in der Begründung erwähnt, noch nicht aber im Gesetzestext selbst. Für Intensivstationen sind bislang keine Regelungen vorgesehen. „Grundlage für die Personalausstattung muss der Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten sein, das muss im Gesetz eindeutig formuliert werden“, betonte Bühler. Dass bestehende Tarifverträge zur Entlastung der Beschäftigten weiter gelten, sei tarifrechtlich unstrittig, es müsse klargestellt werden, dass die aus Sicht der Beschäftigten jeweils günstigere gesetzliche bzw. tarifliche Regelung zur Anwendung komme. „Das Gesetz definiert den Mindeststandard für eine gute Versorgung, der muss bundesweit von jedem Träger verbindlich eingehalten werden, da darf es keine Schlupflöcher geben“, so Bühler. Laut Referentenentwurf soll die Personalbemessung durch eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums ausgestaltet werden. „Die an der Entwicklung der PPR 2.0 beteiligten Verbände müssen in diesen Prozess eng eingebunden werden“, forderte Bühler. (…) „Wir werden auch auf den letzten Metern weiter auf wirksame, verbindliche und bedarfsgerechte Personalvorgaben pochen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 22. August 2022 - PPR 2.0: Einführung erst 2024, Sanktionen erst 2025? Was soll da erstmal ab 2023 überhaupt erprobt werden? Aber ver.di begrüßt die Eckpunkte…
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Eckpunkte zur Einführung der PPR 2.0, der von ver.di gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat entwickelten bedarfsgerechten Personalbemessung für die Pflege im Krankenhaus. „Das ist jetzt genau das richtige Signal an die Beschäftigten in der Krankenhauspflege. Nach Jahren andauernder hoher Belastung und extremer Anstrengungen in der Corona-Pandemie zeichnet sich endlich eine nachhaltige Lösung für die Entlastung der Beschäftigten ab“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler: „Minister Lauterbach macht damit klar, dass er die strukturelle Personalnot in den Kliniken ernsthaft angehen will.“ Laut Eckpunktepapier soll die PPR 2.0 ab dem 1. Januar 2023 erprobt und 2024 verpflichtend eingeführt werden. Ab 2025 sollen Sanktionen greifen, falls Kliniken die Vorgaben nicht einhalten. „Die Krankenhausbeschäftigten und ver.di werden ihre Expertise in den weiteren Prozess einbringen. Wichtig ist, dass am Ende eine Personalbemessung herauskommt, die sich am Versorgungsbedarf orientiert und tatsächlich eingehalten wird“, betonte Bühler. „Dass die PPR 2.0 nach zweieinhalb Jahren nun endlich auf den Weg gebracht wird, ist ein riesiger Erfolg, den unsere vielen Proteste und Kämpfe bewirkt haben. Eine konsequente Umsetzung der PPR 2.0 wird sowohl die Arbeitsbedingungen in der Krankenhauspflege als auch die Versorgung nachhaltig verbessern.“ ver.di-Pressemitteilung vom 7. Juli 2022 – siehe erste Bewertungen der Eckpunkte zu PPR 2.0 hier runten - PPR 2.0: Die Personalbemessung kommt – strukturelle Probleme bleiben
„… Nach jahrelanger Diskussion verkündete das Gesundheitsministerium Ende Juni endlich, eine neue Pflegepersonal-Regelung (PPR) einzuführen. Die alte Regel war 1996 außer Kraft gesetzt worden, wenngleich sie weiter in vielen Krankenhäusern intern zur Orientierung genutzt wird. Nun soll es also eine gesetzliche „PPR 2.0“ geben. Sie sieht eine bestimmte Anzahl an Pflege-Minuten pro Patient:in vor, abhängig von der notwendigen Intensität der Behandlung. Es soll auch eine Mindestanzahl an Personal an den einzelnen Stationen eingesetzt werden, um dem Personalmangel entgegenzutreten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartet einen durchschnittliche Steigerung des Pflegezeitbedarfs von 8,1 Prozent gegenüber der alten PPR. Die PPR 2.0 wurde von der Gewerkschaft ver.di mit erarbeitet und von der SPD in der Regierung vorangetrieben. Sie stellt tatsächlich einen Fortschritt dar, erkämpft durch jahrelange Streiks. In ihrer Form ist sie dennoch abgeschwächt gegenüber den Forderungen der Kolleg:innen. Einer der Kritikpunkt besteht darin, dass vor allem für private Kliniken keine geeigneten Sanktionsmechanismen existieren, damit die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden. Bei öffentlichen Einrichtungen wäre eine Kürzung der Finanzierung als „Sanktionsmechanismus“ fatal. Zudem löst die PPR 2.0 das Problem des Personalmangels nicht, da die Löhne nicht steigen, um den Beruf attraktiver zu machen. Eine Gefahr kann darin bestehen, dass die Gewerkschaften, heute etwa mit der Krankenhausbewegung in Nordrhein-Westfalen, unter Druck geraten, von Arbeitskämpfen abzusehen, obwohl noch unklar ist, wie das neue System in der Praxis funktionieren wird. Die Argumentation der Regierung könnte sein, dass durch die neuen Regelungen ein Tarifvertrag zur Entlastung überflüssig werde. Gegen diesen Druck müssen wir in der Gewerkschaft kämpfen, da langfristige Kontrolle der strukturellen Personalzuwachs nur durch die Beschäftigten im Krankenhaus gewährleistet werden kann. Je besser die Kolleg:innen in einem Krankenhaus organisiert sind, umso mehr Druck können sie für die Umsetzung der Tarifverträge und gesetzlichen Regelungen ausüben. (…) Alle privaten Kliniken, die eine Umsetzung der PPR 2.0 ignorieren, müssen unter Kontrolle von gewerkschaftlichen Kommissionen verstaatlicht werden. Bund und Länder müssen den Lohnforderungen von ver.di zustimmen und die Löhne darüber hinaus massiv erhöhen…“ Beitrag vom Pflege-Azubi Yunus Aktas vom 3. Juli 2022 bei Klasse Gegen Klasse - Auf deutschen Intensivstationen fehlen bis zu 50.000 Pflegekräfte – Politik muss bedarfsgerechte Personalvorgaben machen
- Studie bestätigt hohen Personalbedarf auf Intensivstationen: Politik muss bedarfsgerechte Personalvorgaben machen
„Anlässlich einer heute (1. Juni 2022) veröffentlichten Studie zum Pflegepersonalbedarf auf Intensivstationen bekräftigt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ihre Forderung nach bedarfsgerechten und verbindlichen Personalvorgaben in allen Klinikbereichen. „Die Studie von Professor Michael Simon liefert einen weiteren Beleg für die unhaltbaren Zustände in deutschen Krankenhäusern“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Auf den Intensivstationen fehlen bis zu 50.000 Vollzeitkräfte – eine riesige Personallücke, die die intensivmedizinische Versorgung ebenso gefährdet wie die Gesundheit der beruflich Pflegenden.“ (…) Allein um die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung bei 21.000 durchschnittlich belegten Intensivbetten einzuhalten, müsste die Zahl der Vollzeitstellen von 28.000 (Stand: 2020) auf 50.800 steigen. Werden die Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zum Maßstab gemacht, sind sogar 78.200 Vollzeitkräfte nötig – nahezu eine Verdreifachung des aktuellen Personalbestands. „Die Untersuchung macht die Dimension des seit Jahren bestehenden Missstands deutlich“, sagte Bühler. „Im Zuge der Pandemie hat sich die Arbeitsbelastung auf den Intensivstationen weiter verschärft. Die Folge ist, dass Pflegepersonen aus ihrem Beruf fliehen oder ihre Arbeitszeit auf eigene Kosten reduzieren, weil sie es nicht mehr aushalten.“ Laut der kürzlich veröffentlichten Studie „Ich pflege wieder wenn…“ arbeiten mehr als 860.000 examinierte Pflegepersonen nicht mehr in ihrem erlernten Beruf. Ein bedeutender Teil von ihnen wäre bereit zurückzukehren, falls sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Dadurch und durch die Aufstockung von Teilzeitverträgen könnten laut Studie mindestens 300.000 Vollzeitstellen in der Kranken- und Altenpflege zusätzlich besetzt werden. „Es gibt keinen Mangel an qualifizierten Pflegepersonen, aber sehr viele sind nicht mehr bereit, unter den derzeitigen Bedingungen zu arbeiten“, brachte Bühler die Situation auf den Punkt. „Der Handlungsauftrag an die politisch Verantwortlichen ist klar: Der Teufelskreis aus schlechten Arbeitsbedingungen, Berufsflucht und noch höherer Belastung muss durchbrochen werden. Das zentrale Mittel dafür sind bedarfsgerechte und verbindliche Personalvorgaben.“…“ ver.di-Pressemitteilung vom 1. Juni 2022 zur 126-seitigen Studie „Pflegenotstand auf Intensivstationen“ von Professor Michael Simon – siehe dazu auch: - Neue Studie berechnet Personallücke: Auf deutschen Intensivstationen fehlen bis zu 50.000 Pflegekräfte
„… Im internationalen Vergleich verfügt Deutschland über viele Intensivbetten. Während im Durchschnitt der OECD-Länder circa 12 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner vorgehalten werden, sind es in Deutschland 34. Vergleichbare europäische Länder kommen sogar mit weniger als 10 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner aus. So liegt die Intensivbettendichte in Norwegen bei 8,5 und in Dänemark bei 7,8. Das vergleichsweise große Angebot an Intensivplätzen hat in der Corona-Pandemie dabei geholfen, Schlimmeres zu verhindern, es wird aber von manchen Politikern und Experten kritisch betrachtet. „Es wäre jedoch verfehlt, einfach nur eine drastische Reduzierung der Zahl der Intensivbetten zu fordern und anzunehmen, damit könne das Problem gelöst werden“, schreibt Simon. Da die Intensivstationen offensichtlich ausgelastet und vielfach sogar überlastet sind, sei davon auszugehen, dass es einen entsprechenden Bedarf gibt. Der Experte sieht vor allem die Bundesregierung in der Pflicht: Der Bund könne die intensivmedizinische Versorgung durch Änderungen der PpUGV, die von Fachleuten seit langem geforderte Einführung eines von allen zugelassenen Krankenhäusern verbindlich anzuwendenden Verfahrens zur Personalbedarfsermittlung, eine Umgestaltung des Intensivregisters und Änderungen der Krankenhausfinanzierung verbessern. Außerdem dürfe man das Problem der Intensivstationen nicht isoliert betrachten. Viele Probleme würden auf die Intensivstationen ausgelagert, da auch die Normalstationen „seit mehr als 30 Jahren unterbesetzt“ seien. Ob Patientinnen und Patienten von einer Normalstation auf eine Intensivstation oder von dort wieder zurückverlegt werden können, sei in hohem Maße auch davon abhängig, wie gut Normalstationen besetzt sind. Die Lage könne sich nur verbessern, wenn der Pflegenotstand insgesamt angepackt wird. „Ankündigungen“ im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition machten zwar Hoffnungen, dass die Regierung „bereit ist, ein konsequentes und wirksames System zur Sicherstellung und Überwachung einer bedarfsgerechten Personalbesetzung“ in Angriff zu nehmen, attestiert der Forscher. Doch das müsse konsequent und zügig auch umgesetzt werden. „Werden nicht sehr bald Maßnahmen ergriffen, durch die eine für die Pflegekräfte direkt spürbare und nachhaltig wirkende Entlastung erreicht wird, droht eine weitere Verschlechterung“, schreibt der Experte. Dann würden mehr Pflegekräfte aufgrund chronischer Arbeitsüberlastung, wachsender Unzufriedenheit und tiefer Enttäuschung über die Untätigkeit der Politik kündigen und ihren Beruf verlassen.“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 1. Juni 2022
- Studie bestätigt hohen Personalbedarf auf Intensivstationen: Politik muss bedarfsgerechte Personalvorgaben machen
- Pflegepersonalbemessung: Kommt die PPR 2.0 doch nicht?
„Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) stellt die Einführung des Pflegepersonalbemessungsinstruments PPR (Pflegepersonalregelung) 2.0 infrage. BMG-Staatssekretär Edgar Franke (SPD) erklärte auf dem von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) am Mittwoch in Berlin veranstalteten Krankenhausgipfel 2022, das Ministerium arbeite an einem neuen Personalbemessungsinstrument für die Pflege. Franke weiter: „Momentan eruieren wir – und das muss ich auch wirklich so sagen –, ob wir überhaupt oder wie wir möglicherweise die PPR 2.0 übergangsweise einsetzen.“ Das „Thema“ sei momentan zur Prüfung…“ Beitrag von Mark Sleziona vom 18.03.2022 bei bibliomed-pflege - Wenn unter der Untergrenze noch eine Kelleretage ist. Die an sich fragwürdigen Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern und ihre Nicht-Einhaltung
„Seit dem 1. Januar 2019 gibt es die sogenannten Pflegepersonaluntergrenzen für bestimmte „pflegesensitive“ Bereiche in den Krankenhäusern – die von diesen „Untergrenzen“ betroffenen Bereiche wurden seitdem in mehren Schritten erweitert. Man muss sich klar machen, um was es hier geht: Um Mindestpersonalschlüssel, die ein (von vielen kritisiertes) Minimum abbilden sollen, aber nicht etwa die Personalanforderungen für eine fachlich fundierte Pflege. Es ist eine Schutzgrenze nach unten, bei deren Unterschreiten die Patienten in Gefahr geraten (können). Anders formuliert: Wir reden hier nicht darüber, wie die Personalausstattung im Normalfall sein sollte oder gar über eine quantitativ hochwertige Besetzung der Schichten, sondern um das Mindeste, unter dem nichts mehr kommen darf. (…) Aber bereits vor der Corona-Pandemie wurde beklagt, dass es offensichtlich einem Teil der Kliniken nicht gelingt, die dann auch noch von vielen als gefährlich zu niedrig kritisierte Untergrenzen einzuhalten. (…) Nun wurden neue Zahlen zur Problematik der Nicht-Einhaltung der Untergrenzen veröffentlicht: Zu häufig ist zu wenig Pflegepersonal im Einsatz, so ist ein Beitrag aus dem GKV-Spitzenverband überschrieben. »Für das zweite Quartal 2021 liegen Nachweise über die Einhaltung von Pflegepersonaluntergrenzen in zwölf pflegesensitiven Bereichen von rund 1.300 Krankenhäusern vor … Diese Nachweise umfassen 74.000 Meldungen über die Patientenbelegung und Pflegepersonalbesetzung von rund 8.400 Stationen je Monat sowie je Tag- und Nachtschicht.« (…) »Aus den Nachweisen geht hervor, dass 12,5 Prozent der Schichten unterbesetzt waren. Im Bereich neurologische Schlaganfalleinheit waren sogar rund 20 Prozent der Schichten unterbesetzt – also jede fünfte Schicht! Das ist ein besorgniserregendes Bild, denn die Einhaltung der Mindestbesetzung ist erforderlich und wichtig, um Patientinnen und Patienten vor unerwünschten Ereignissen sowie Pflegekräfte vor Überlastung zu schützen.« (…) Zu dem erhofften Kliniksterben könnten nun (als Nebeneffekt) die Pflegepersonaluntergrenzen beitragen, wenn sie denn dazu führen, dass die Kliniken erhebliche materielle Sanktionen erfahren, also Umsatzausfälle aufgrund nicht mehr belegbarer Behandlungsplätze. Das ändert aber alles nichts an dem dramatischen Befund, dass selbst die überaus kritisch, weil als zu schlecht dimensionierten bestehenden Pflegepersonaluntergrenzen eben nicht nur in einigen wenigen Einzelfällen und ausnahmsweise, sondern offensichtlich bei einem größeren Teil der Kliniken strukturell nicht eingehalten werden können. Die Rechnung zahlen Patienten und das Personal in den Kliniken.“ Beitrag von Stefan Sell vom 10. Dezember 2021 auf seiner Homepage – siehe auch unser Dossier: Auch in Deutschland stehen dem Corona-Virus (politisch gewollt) knappe Ressourcen des Gesundheitswesens gegenüber - Personalmindestvorgaben in Kliniken außer Kraft
„Angesichts der pandemischen Lage hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Maßnahmen der Qualitätssicherung erneut außer Kraft gesetzt. t. Bis Ende März können Krankenhäuser von der Mindestausstattung mit Pflegefachkräften bei bestimmten Behandlungen abweichen. Es wird bis zu diesem Zeitpunkt in den Krankenhäusern auch auf bestimmte Kontrollen durch den Medizinischen Dienst verzichtet. Bei bestimmten Behandlungen können Krankenhäuser jetzt von den Mindestvorgaben für die Ausstattung und den Einsatz von Pflegefachkräften sowie für die ärztliche wie pflegerische Weiterbildung abweichen.
Bitterböse fragt der ver.di-Pflegebeauftragte. ob man nicht besser gleich alle Krankenhäuser schließen sollte. Michael Quetting: „Wir können die Versorgung der Menschen nicht mehr gewährleisten. Bekanntlich ist das auch in Nicht-Corona-Zeiten oftmals der Fall. Damit ein Mindestmaß gewährleistet ist, hat man in einigen Bereichen Personalmindestzahlen festgelegt. Das fand zwar immer unsere Kritik und doch war es irgendwo tatsächlich ein Stoppschild für die totale Katastrophe. Auch diese Maßnahme führet dazu, dass es weniger Intensivbetten gibt. Wie löst man nun aktuell erneut das Problem? Der Gemeinsame Bundesausschuss er setzt einfach alle Qualitätssicherungsmaßnahmen außer Kraft. Ohne Qualität sind wir dann auch nicht überlastet. Am besten wäre, wir schließen alle Krankenhäuser, dann haben wir auch keine Versorgungsprobleme mehr. Wir versorgen einfach Niemanden.““ Mitteilung von Michael Quetting, ver.di-Pflegebeauftragter (Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland – Fachbereich 03), vom 3.12.2021 (per e-mail) - Pflegepersonal: Die Welt der nicht-vertretbaren Sub-Untergrenzen, die für nicht wenige Krankenhäuser nicht-erreichbare Obergrenzen sind, wird größer. Und auch die realen Versorgungsprobleme werden sichtbarer
„… Da sind sie wieder, die Pflegepersonaluntergrenzen. (…) Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte per Rechtsverordnung Pflegepersonaluntergrenzen mit Wirkung zum 1. Januar 2019 festgesetzt (Ersatzvornahme), da sich die Krankenkassen und die Krankenhausvertreter nicht auf gemeinsame Pflegepersonaluntergrenzen verständigen konnten. (…) Zum 1. März 2020 wurden die Pflegepersonaluntergrenzen aufgrund der Corona-Pandemie befristet ausgesetzt. (…) Und nun geht es weiter – erneut hat das Ministerium eine „Ersatzvornahme“ in Aussicht gestellt hinsichtlich der angestrebten Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen – und bei dieser Erweiterung spielt die Kindermedizin, deren versorgungskritische Lage am Anfang des Beitrags am Beispiel Berlins beschrieben wurde, auch eine Rolle. (…) Man muss auch in diesen Tagen an den grundsätzlichen Charakter von Personaluntergrenzen erinnern und es beständig wiederholen: Mit solchen Werten wird eben nur das Mindeste normiert, gleichsam die Vermeidung einer Patientengefährdung, nicht aber eine bedarfsgerechte Versorgung. Vor diesem Hintergrund sollte deutlich geworden sein, wie frag- und kritikwürdig der Vorschlag aus dem Verband der Leitenden Kinderärzte und Kinderchirurgen ist, als Sofortmaßnahme angesichts der gravierenden Versorgungsprobleme in Berlin die sowieso schon mehr als diskussionsbedürftigen Pflegepersonaluntergrenzen auch noch auszusetzen, um „irgendwie“ eine Versorgung zu ermöglichen. Not kennt eben keine Grenzen. Offensichtlich werden Untergrenzen, die als unterste Haltelinie gegen eine ansonsten erwartbare Gefährdung des Patientenwohls definiert werden, nicht nur als „unrealistisch hohe“ Vorgaben wahrgenommen, sondern sie entpuppen sich in der Versorgungsrealität sogar als Obergrenzen, die von mehr als einem Drittel der Kliniken zumindest temporär schlichtweg nicht eingehalten werden können, so dass man sich in der wirklichen Wirklichkeit in der Welt der nicht-vertretbaren Sub-Untergrenzen befindet. Hier wird über das Unterste gestritten, das aber offensichtlich noch eine Kelleretage kennt.“ Beitrag von Stefan Sell vom 24. September 2021 auf seiner Homepage - Personalbemessung in den Krankenhäusern: ver.di, DGB und Deutscher Pflegerat kritisieren scharf Pläne von Bundesgesundheitsminister Spahn, Verbände nicht von Beginn an in Prozess einzubeziehen
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der DGB und der Deutsche Pflegerat (DPR) kritisieren das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn scharf, maßgebliche Organisationen bei der Entwicklung des Verfahrens zur Bemessung einer bedarfsgerechten Pflegepersonalausstattung in den Krankenhäusern nicht von Anfang an einbeziehen zu wollen. Mit der Entscheidung, welches Institut den Auftrag erhalte, könnte eine Vorentscheidung getroffen werden, auf welcher Grundlage ein System zur Personalausstattung entwickelt werde. Das sei aber entscheidend dafür, „damit am Ende eine sichere und pflegefachliche Versorgung nach höchsten qualitativen Maßstäben gewährleistet werden kann“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der drei Organisationen an den Bundesgesundheitsminister. „Außerdem muss eine spürbare Entlastung bei den Beschäftigten ankommen. Die Umsetzung des gesetzlichen Auftrages muss sich an dem Versprechen, das Sie den Pflegekräften gegeben haben, messen lassen.“ Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums sollen nun jedoch maßgebliche Organisationen bei der Entwicklung des Auftrages gemäß Paragraph 137 k SGB V, der die Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus fokussiert, erst nach der Erteilung des Auftrages einbezogen werden. Dies sei empörend, heißt es in dem Brief der drei Organisationen. Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) sei dem Bundesgesundheitsministerium die Partizipation aller beteiligten Organisationen wichtig gewesen. „Folgerichtig müssen jetzt bei der Umsetzung der KAP-Vereinbarungen die beteiligten Partner unmittelbar einbezogen werden. Einen Platz am Katzentisch, wenn die wesentlichen Weichen bereits gestellt sind, akzeptieren wir nicht.“…“ ver.di-Pressemitteilung vom 17. September 2021 - Die Pflege war Spahns Herzensthema – erreicht hat er wenig. Eine nüchterne Bilanz [am Beispiel Personalbemessung]
„Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Gehalt, mehr Wertschätzung – das fordert die stern-Bundestagspetition „Pflege braucht Würde“. Das Bundesgesundheitsministerium sieht keinen neuen Handlungsbedarf – so liest sich eine Stellungnahme, die der stern nach langem Bitten bekam. Hier unsere Erwiderung, Teil 1. (…) Jedenfalls ging die Zahl der Pflegekräfte seit Beginn der Corona-Pandemie im März bis Ende Juli vergangenen Jahres laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit um etwa 9000 zurück, was auf eine erste Kündigungswelle hindeuten könnte. Ein Drittel der Pflegekräfte überlegt, demnächst umzusatteln, so eine Umfrage des Deutschen Berufsverbands für Pflegefachberufe DBfK. Pflegekräfte leiden weiterhin massiv unter dem Stress im Berufsalltag, der während der Pandemie noch zunahm. Im Coronajahr 2020 waren sie öfter krankgeschrieben als Erwerbstätige in anderen Berufen und häuften 40 Prozent mehr Fehltage an – vor allem wegen psychischer Probleme, Rückenschmerzen und anderer Muskel-Skelett-Erkrankungen, so eine aktuelle Untersuchung der Barmer Ersatzkrankenkasse. Es ist also dringend nötig, jetzt der Regierung noch mal aufzuzeigen: In der Pflegepolitik ist der Handlungsbedarf so dringend wie nie zuvor. (…) Nur wenn genug Pflegepersonal vorhanden ist, bleibt Zeit für die Krankenbeobachtung, für die fachgerechte Pflege und Verhütung von Druckgeschwüren, für die Beachtung von Hygieneregeln zum Schutz der Pflegebedürftigen vor potenziell lebensgefährlichen Infektionen. Obwohl diese Notwendigkeit jedem einleuchtet und Pflegeverbände seit Langem ein wissenschaftlich erprobtes Personalbemessungsinstrument fordern, versäumten Gesundheitspolitiker bisher, eines einzuführen. (…) Während unserer Recherche hörten wir von Fällen, in denen Pflegekräfte laut Dienstplan auf zwei Stationen eingetragen waren, aber nur auf einer arbeiteten. Als die Corona-Pandemie kam, wurden als Erstes die Untergrenzen ausgesetzt. Die Personalschlüssel sind oft schlecht. Gerade nachts kann es für Patienten lebensgefährlich werden: Dann genügt zum Beispiel eine Pflegefachkraft für 22 Patienten und Patientinnen auf der Inneren, also für eine komplette Station (…) Dass weiterhin so massiv am Personal gespart werden darf, hat einen einleuchtenden Grund. Die Berechnung der Untergrenzen orientierte sich nie daran, was für gute und sichere Pflege wirklich nötig ist, sondern schlicht daran, wie viele Pflegekräfte in den zehn bis 25 Prozent Kliniken mit der schlechtesten Personalausstattung vorhanden sind, wie der Versorgungsforscher Jahn schreibt. Und dieses Niveau werde dann – willkürlich – als sichere Versorgung definiert. Wissenschaftlich ist das nicht. (…) Zwischenfazit 2: Die „Interimslösung“ von Spahn (PpUG) ist für Patienten immer noch gefährlich und für die Pflegekräfte keine echte Verbesserung. Die „Interimslösung“, die er nicht will (PPR 2.0), erscheint sicherer und ist einsatzbereit…“ Analyse von Bernhard Albrecht vom 15.04.2021 im Stern online im Rahmen deren Bundestagspetition „Pflege braucht Würde“ - Arbeiten am Limit. Beschäftigte in Krankenhäusern kämpfen bundesweit für besseren Infektionsschutz und mehr Personal. Gesundheitsminister Spahn muss liefern
„Im Bundestag fand am Montag die Anhörung über ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung statt. Bundesweit nahmen Krankenhausbeschäftigte dies zum Anlass, sich im Rahmen einer von Verdi organisierten Protestaktion für bedarfsgerechte Personalvorgaben einzusetzen. Die Überlastung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern steigt in der dritten Welle der Coronapandemie noch stärker als ohnehin – und immer mehr Beschäftigte denken darüber nach, ihren fordernden Beruf an den Nagel zu hängen. »Pflegepersonen brauchen jetzt das klare Signal der politisch Verantwortlichen, dass sich ihre Arbeitssituation absehbar verbessert«, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler mit Blick auf die Anhörung. Der vorliegende Entwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sehe allerdings nicht die nötigen Schritte zur Entlastung der Pflegekräfte vor. Dabei hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und Verdi im Auftrag der Bundesregierung bereits vor einem Jahr die »PPR 2.0« vorgelegt – ein Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege. (…) Der Verdi-Bundesvorsitzende Frank Werneke stellte anlässlich der Anhörung und geplanter Beratungen im Bundeskabinett zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes klar, dass »Bund und Länder endlich mehr Entschlossenheit bei der Bekämpfung der Pandemie und der Verbesserung der Situation der Beschäftigten im Gesundheitswesen zeigen« müssten. Die Lage dort spitze sich angesichts steigender Infektionszahlen und schwerer Covid-19-Krankheitsverläufe insbesondere auf den Intensivstationen stark zu. Bundesweit einheitliche Regelungen zum Infektionsschutz seien angesichts des derzeitigen Wirrwarrs zwischen den Ländern ein richtiger Weg.“ Artikel von Gudrun Giese in der jungen Welt vom 13. April 2021 – siehe für Berichte auch #Pflegenotstand - Gesetzesanhörung im Bundestag: ver.di fordert schnellstmögliche Einführung bedarfsgerechter Personalvorgaben in der Krankenhauspflege – Beschäftigte protestieren
„In der dritten Welle der Corona-Pandemie verschärft sich die ohnehin bestehende Überlastung des Krankenhauspersonals weiter. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) befürchtet vor diesem Hintergrund, dass sich die Flucht aus den Pflegeberufen noch verstärken könnte. „Pflegepersonen brauchen jetzt das klare Signal der politisch Verantwortlichen, dass sich ihre Arbeitssituation absehbar verbessert“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler aus Anlass der heute stattfindenden Bundestagsanhörung zum „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“. Doch mit dem vorliegenden Entwurf sei weiterhin keine Entlastung in Sicht. „Die Beschäftigten in der Pflege verlangen endlich die Einführung bedarfsgerechter Personalvorgaben in der Krankenhauspflege. Dieses elementare Thema darf nicht weiter ausgesessen werden“, erklärte Bühler. „Für ihre Forderungen nach mehr Personal und Entlastung machen sich Beschäftigte heute bundesweit mit Aktionen vor den Kliniken stark.“ Im Auftrag der von der Bundesregierung initiierten Konzertierten Aktion Pflege hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und ver.di bereits vor über einem Jahr die PPR 2.0 vorgelegt. Das Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege kann kurzfristig in Kraft gesetzt werden, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bislang keine Schritte unternommen, es auf den Weg zu bringen. „Dies ist Spahns letzte Chance“, betonte Bühler mit Blick auf die zu Ende gehende Legislaturperiode. „Wenn er nicht als Meister der leeren Versprechungen gelten will, muss der Gesundheitsminister jetzt liefern. Die Geduld der Klinikbeschäftigten ist aufgebraucht. Sie lassen sich nicht länger von der Bundesregierung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten.“ Mit einer Foto-Aktion vor verschiedenen Krankenhäusern unterstreichen Beschäftigte ihre Forderungen. „Seit Jahren weisen die Kolleginnen und Kollegen immer wieder darauf hin, dass sie überlastet sind und die Versorgungsqualität leidet“, sagte die Gewerkschafterin. „Klinikbeschäftigte haben appelliert, protestiert und auch gestreikt. Jetzt fordern sie vom Gesetzgeber verbindliche und wirksame Maßnahmen. Ganz vorne steht dabei die Einführung der PPR 2.0.“ ver.di-Pressemitteilung vom 12. April 2021 - [Aktionstag am 12.4.21] Letzte Chance, Herr Spahn! Versprechen halten! PPR 2.0 – notwendiger Zwischenschritt
„Am 12. April findet im Bundestag die Anhörung zum »Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung« statt. Darin fehlt etwas Entscheidendes: Die PPR 2.0, das von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Deutschen Pflegerat (DPR) und ver.di bereits vor über einem Jahr vorgelegte Instrument für eine bedarfsorientierte Personalbemessung in der Krankenhauspflege. Inzwischen haben wir ergänzende Regelungen für Intensivstationen und Pädiatrie vorgelegt. Doch statt endlich eine gute und schnelle Lösung einzuführen, spielt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) weiter auf Zeit. Dagegen protestieren Klinikbeschäftigte am 12. April mit einem bundesweiten Aktionstag. Versprechen halten! Wie oft hat Spahn schon versprochen, die unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu verbessern? Das Gesetz ist seine letzte Chance, diese Versprechungen vor der Bundestagswahl in die Tat umzusetzen. Sonst macht er sich vollends unglaubwürdig. Der Minister hat ver.di, DKG und DPR aufgefordert, gemeinsam mit den Krankenkassen einen Fahrplan für die Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Instruments zur Personalbemessung zu vereinbaren. (…) Sofort kommen muss als Zwischenschritt aber die PPR 2.0 – sonst drohen vier weitere Jahre mit unzureichender Personalausstattung, mit vielen tausend Pflegekräften, die aus dem Beruf oder in Teilzeit fliehen, mit einer Krankenversorgung, die schlechter ist als sie sein könnte. Dagegen wehren wir uns! Schluss mit dem Zeitspiel! Jetzt, während der Corona-Pandemie – in der so viele Beschäftigte in den Kliniken alles geben, um Leben zu retten – muss die Bundesregierung endlich entschlossen handeln. Mit kleinen Pflästerchen geben wir uns nicht zufrieden. Die Pflegepersonaluntergrenzen haben nichts mit bedarfsgerechter Versorgung zu tun. Sie führen nicht zu guter Pflege und gehören durch die PPR 2.0 ersetzt, deren Machbarkeit erwiesen ist. Dafür machen wir Druck. Große Kundgebungen sind während der Pandemie nicht sinnvoll. Deshalb gibt es bundesweit eindrückliche Foto-Aktionen vor den Kliniken…“ Flugblatt zum Aktionstag am 12.4.21 bei ver.di Gesundheit & Soziales - Gesundheitsministerium legt Fahrplan für die Pflegepersonalbemessung vor
“Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen Zeitplan für den Ausbau des Personals und die Einführung eines Bemessungsverfahrens für vollstationäre Pflegeeinrichtungen vorgelegt. Bereits ab Januar dieses Jahres hat danach der Personalausbau mit Stellen für 20.000 zusätzliche Pflegehilfs- und Assistenzkräfte begonnen. Ab Mitte des Jahres soll zudem ein neues Personalbemessungsverfahren in einigen Einrichtungen erprobt und evaluiert werden. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse soll dann die nächste Stufe des Personalausbaus erfolgen. Dies ist ab Juli 2023 vorgesehen. (…) „Wir hätten aber mehr Ehrgeiz beim Personalausbau erwartet. Es fehlt vor allem die verbindliche Zusage einer Endausbaustufe in einem überschaubaren Zeitrahmen. Nur mit dieser Verbindlichkeit würde ein Zeichen dafür gesetzt, dass die Professionalität und Relevanz der beruflich Pflegenden in der Langzeitpflege verstanden und ernstgenommen wird, und ein Signal in die Berufsgruppe gesendet, dass es bald eine spürbare Entlastung geben wird“, so Bienstein. (…) Stellen allein genügen aber laut dem DBfK nicht – es müssen sich laut dem Verband auch die Arbeitsbedingungen verbessern: „Es droht eine massive Personallücke in der Versorgung in der Langzeitpflege, wenn die beruflichen Rahmenbedingungen und insbesondere die Gehälter nicht verbessert werden. Das würde erhebliche Probleme für die Gesellschaft als Ganzes schaffen“, sagte Bienstein.“ Beitrag Meldung vom 24.02.2021 beim Ärzteblatt online - ver.di kritisiert Regierungsplan zur Einführung eines Personalbemessungsverfahrens in der Altenpflege als völlig unzureichend: zu langsam, zu unkonkret, zu unverbindlich
“Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert den vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Plan zur Einführung eines Personalbemessungsverfahrens in der stationären Altenpflege als völlig unzureichend. „Es ist gut, dass der Plan der Bundesregierung endlich auf dem Tisch liegt. Doch inhaltlich bleibt er in entscheidenden Punkten deutlich hinter dem zurück, was dringend notwendig ist“, sagte Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheitswesen zuständig ist. „Zu langsam, zu unkonkret, zu unverbindlich – das ist das absolut falsche Signal an die Beschäftigten und pflegebedürftigen Menschen.“ Das Bundesgesundheitsministerium hat das als Roadmap bezeichnete Papier auf seiner Website veröffentlicht. Ursprünglich sollte es laut Auftrag aus der Konzertierten Aktion Pflege bereits im Frühjahr 2020 vorliegen. Ein auf den Berechnungen von Professor Dr. Heinz Rothgang basierendes Personalbemessungsverfahren für vollstationäre Pflegeeinrichtungen soll demzufolge erst schrittweise gesetzlich verankert werden, ohne dafür jedoch einen verbindlichen Zeit- und Maßnahmenplan vorzulegen. „In dem Papier des Bundesgesundheitsministers findet sich keine klare Aussage für die gesetzliche Einführung einer bundesweit einheitlichen und bedarfsgerechten Personalausstattung“, erklärte Bühler. „Herr Spahn steht bei den Beschäftigten in der Pflege im Wort. Ihre Geduld ist aufgebraucht, sie haben keinerlei Verständnis mehr für weitere Verzögerungen. Den Ankündigungen müssen endlich konkrete und verbindliche Taten folgen.“ Zeitgleich zur Erprobung und Umsetzung des Verfahrens zur Personalbemessung sollte die Bundesregierung für die kommenden Jahre konkrete Schritte zum Aufbau des notwendigen Personals festschreiben. Doch beschlossen wurde nur der erste Schritt zur Schaffung von 20.000 Stellen für Pflegehilfskräfte ab dem 1. Januar 2021. „Bei der Einstellung von 20.000 zusätzlichen Hilfskräften darf es nicht bleiben, das kann nur ein erster Schritt sein. Damit kommen weder spürbare Entlastungen für die Beschäftigten noch genug Zeit für gute Pflege. Die Bundesregierung muss jetzt konkrete weitere Ausbauschritte festschreiben“, sagte Bühler. „Für eine qualitativ hochwertige Versorgung sind vor allem deutlich mehr Fachkräfte nötig. Doch die Regierungspläne könnten darauf hinauslaufen, den Anteil der Fachkräfte weiter abzusenken, noch bevor eine bedarfsgerechte Personalbemessung eingeführt wird – das lehnt ver.di strikt ab.“…“ ver.di-Pressemitteilung vom 24.02.2021 - Klinikbeschäftigte richten Hilferuf an Spahn: Belegschaftsvertretungen fordern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben
“Die Interessenvertretungen von insgesamt rund einer halben Million Krankenhausbeschäftigten haben eindringlich an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appelliert, den Krankenhäusern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben zu machen. In einem offenen Brief fordern die Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen, die PPR 2.0 kurzfristig auf den Weg zu bringen. Das Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) bereits vor über einem Jahr gemeinsam vorgelegt. „Für weitere Verzögerungen gibt es kein Verständnis mehr“, heißt es in dem Schreiben. „Unsere Geduld ist aufgebraucht.“ „In der Pandemie dürfte auch dem Letzten klar geworden sein: Es besteht dringender Handlungsbedarf“, erklärte Martin Simon Schwärzel, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA und einer der Initiatoren des Appells. „Die Beschäftigten der Krankenhäuser geben alles, um die Versorgung in der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Doch es macht sich zunehmend Frust breit“, berichtete der Interessenvertreter. „Wir brauchen jetzt das Signal, dass sich die Arbeitsbedingungen kurz- und mittelfristig verbessern. Sonst flüchten noch mehr aus ihrem Beruf – weil sie einfach nicht mehr können.“ (…) Der Fachkräftemangel dürfe nicht als Argument gegen verbindliche Personalvorgaben herhalten, betonte die Gewerkschafterin. „Im Gegenteil: Es braucht bessere Arbeitsbedingungen, damit die Beschäftigten nicht länger aus den Krankenhäusern fliehen oder ihre Arbeitszeiten reduzieren, weil sie den Druck nicht mehr aushalten.“ Sie verwies auf eine kürzlich veröffentlichte Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen, wonach allein durch die Arbeitszeitaufstockung von Teilzeitkräften deutschlandweit zwischen 92.000 und 170.000 zusätzliche Pflegestellen besetzt werden könnten. „Gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung – so können die dringend benötigten Arbeitskräfte in den Krankenhäusern gewonnen und gehalten werden. Die PPR 2.0 ist dafür ein wichtiger Schritt. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug.“ ver.di-Pressemitteilung vom 15.02.2021 - Für die einen zu wenig, für die anderen zu viel: Die neuen und erweiterten Untergrenzen für das Pflegepersonal in den Krankenhäusern im Jahr 2021
„Nur mit einer guten Pflegepersonalausstattung ist eine sichere und gute Behandlung von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus möglich.“ Das schreibt das Bundesgesundheitsministerium auf einer Seite, die den Titel Pflegepersonaluntergrenzen trägt. Der Aussage werden erst einmal alle sicher zustimmen können, wobei wie immer der Teufel im Detail sein Unwesen treibt. Wann ist denn die Personalausstattung in der Pflege eine „gute“? Wenn die Pflegekräfte entspannt arbeiten können? Oder wenn sie im Durchschnitt eine gute Arbeit abliefern könnten? Oder wenn es mindestens eine Mindestbesetzung gibt? Auf den letzteren Ansatz deutet die Überschrift mit den Untergrenzen hin, denn das ist offensichtlich etwas anderes als eine Pflegepersonaloptimalgrenze oder gar eine ideale Ausstattung mit Personal. Nicht ohne Grund erinnert eine Pflegepersonaluntergrenze an den Mindestlohn als Lohnuntergrenze oder an das Existenzminimum, dessen Sicherstellung durch eine Grundsicherung garantiert werden soll. (…) »Die Weiterentwicklung der Untergrenzen erfolgte per Ersatzvornahme mit der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV). Die Verordnung hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 9. November 2020 unterzeichnet. Am 13. November 2020 wurde die Verordnung im Bundesgesetzblatt verkündet. Am 14. November 2020 ist die Verordnung in Kraft getreten. Die erweiterten Pflegepersonaluntergrenzen gelten ab dem 1. Februar 2021. Diese Neufassung der PpUGV fußt auf der vorhergehenden Fassung, die am 1. November 2019 in Kraft getreten war. Mit der Ersatzvornahme reagierte das Bundesgesundheitsministerium auf das erneute Scheitern der Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen zum 31. August 2020 zu diesem Thema.« Und das Bundesgesundheitsministerium zitiert den eigenen Minister mit diesen Worten: „Bereits seit Juli des Jahres 2018 haben die Interessenvertreter von Krankenhäusern und Krankenkassen den Auftrag, Personaluntergrenzen für pflegesensitive Krankenhausbereiche selber festzulegen. Diese Verhandlungen sind in den vergangenen Jahren stets gescheitert. Das Versagen der Selbstverwaltung erfordert unser Handeln zum Schutz sowohl der Patientinnen und Patienten als auch der Pflegekräfte. Daher haben wir die Untergrenzen für pflegesensitive Stationen festgelegt. Denn die Unterbesetzung von z.B. intensivmedizinischen Stationen im Krankenhaus kann fatale Folgen haben.“ Und was sagen die die Vertreter der Krankenkassen und die Krankenhäuser? (…) Und selbst die überaus umstrittenen Untergrenzen der Personalausstattung, die man nicht unterschreiten sollte (weil, um das hier nochmals in Erinnerung zu bringen, dann die Patienten gefährdet werden können aufgrund der zu geringen Personalausstattung), wird seitens der Krankenhaus-Vertreter als eine vielerorts manifeste Überforderung dargestellt. Allein das spricht ja schon Bände. Hier sind wir angekommen im Zentrum des eigentlichen Skandals: Offensichtlich werden Untergrenzen, die als unterste Haltelinie gegen eine eine ansonsten erwartbare Gefährdung des Patientenwohls definiert werden, nicht nur als „unrealistisch hohe“ Vorgaben wahrgenommen, sondern – siehe das Beispiel mit den Intensivstationen – sie entpuppen sich in der Versorgungsrealität sogar als Obergrenzen, die von mehr als einem Drittel der Kliniken zumindest temporär schlichtweg nicht eingehalten werden können, so dass man sich in der wirklichen Wirklichkeit in der Welt der nicht-vertretbaren Sub-Untergrenzen befindet. Hier wird über das Unterste gestritten, das aber offensichtlich noch eine Kelleretage kennt. Das muss man erst einmal zur Kenntnis nehmen.“ Beitrag von Stefan Sell vom 04.02.2021 auf seinem Blog Aktuelle Sozialpolitik - DKG zur Ausweitung der PPUG: Pflegepersonaluntergrenzen müssen auch für 2021 in Gänze ausgesetzt werden (!!!)
„„Die ab heute geltende massive Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen auf die Versorgungsbereiche Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie ist ein absolut unverständliches Signal in die falsche Richtung in diesen Zeiten einer Pandemie. Gerade in diesen Monaten benötigen die Krankenhäuser die maximale Flexibilität beim Personaleinsatz. Die Methodik der Festlegung führt dazu, dass ein Viertel aller Inneren und Chirurgischen Abteilungen ab 1. Februar 2021 als unterbesetzt gelten muss, egal wie die Besetzung aussieht und wie hoch der Personalbedarf tatsächlich ist. Damit entsteht ein künstlicher zusätzlicher Bedarf von 10.000 Pflegekräften. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen durch die Pandemie ist für die Installierung einer solchen Vorgabe, die es nirgendwo in der Welt in dieser Form gibt, zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt kein Verständnis aufzubringen. Die Pflegepersonaluntergrenzen müssen, wie bereits 2020, auch für 2021 in Gänze ausgesetzt werden“, so der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum.“ Pressemitteilung vom 1. Februar 2021 von und bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) – nach eigenen Aussagen „für 28 Mitgliedsverbände von Krankenhausträgern: 16 Landesverbände, 12 Spitzenverbände. Mit dieser Trägervielfalt repräsentiert die Deutsche Krankenhausgesellschaft die gesamte Breite der Krankenhausinteressen.“! Für die betrieblichen Realitäten siehe unser Dossier: Auch in Deutschland stehen dem Corona-Virus (politisch gewollt) knappe Ressourcen des Gesundheitswesens gegenüber - Corona sticht Pflegepersonaluntergrenzen
„Die Krankenhäuser müssen bei der Personalplanung flexibel auf die Ausbreitung des Coronavirus reagieren können. Deshalb entlasten wir sie in dieser Lage bis auf weiteres von Dokumentationsaufwand und Auflagen in der Pflege“, so @JensSpahn“ und „@JensSpahn hat den Krankenhäusern heute in einem Brief mitgeteilt, dass die Vorgaben für Pflegepersonaluntergrenzen derzeit ausgesetzt werden können.“ @BMG_Bund am 4. März – mit aussagekräftigen Kommentaren im Thread bei Twitter. Siehe dazu:- Der Irrsinn mit den Kräften in der Pflege. Oder: Folge dem Geld, dann wird aus dem offensichtlichen Irrsinn ein betriebswirtschaftlich durchaus rationales Vorgehen
„…. Die Experten sprechen mittlerweile von einer Pandemie und man muss davon ausgehen, dass die Zahlen noch durch die Decke gehen werden. Und neben der Tatsache, dass nicht alle Infizierten auch behandlungsbedürftig sind, muss man plausibel annehmen, dass die Inanspruchnahme der Gesundheitseinrichtungen und darunter vor allem der Krankenhäuser in den kommenden Wochen und Monaten erheblich ansteigen wird. Und das trifft auf Kliniken, unter denen viele bereits unter der „Normallast“ immer öfter in die Knie gehen, vor allem aufgrund des grassierenden Mangels an Pflegekräften. Ein Baustein, um mittel- und langfristig die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals zu verbessern (und damit die Attraktivität des Berufsfeldes Pflege zu erhöhen), ist der Personalschlüssel. Und mit den Pflegepersonaluntergrenzen in ausgewählten Bereichen sollte zumindest ein Einstieg dahingehend erreicht werden, dass nunmehr bestimmte Relationen zwischen Patienten und Pflegekräften vorgegeben werden (…) Offensichtlich, das deutet die Überschrift schon an, gab es bereits unter „Normalbedingungen“ nicht in allen, aber in vielen Kliniken erhebliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser – wohlgemerkt – Untergrenzen (mit denen ganz offiziell nicht das Optimum, sondern das Minimum an Versorgungssicherheit für die Patienten realisiert werden soll). Und nun verfolgen wir seit Tagen den Anstieg der COVID-19-Fälle und ahnen, dass es bald richtig schwierig werden wird, die Patienten gut zu versorgen. Wir stehen vor einer Situation, in der es bereits in der Prä-Ausnahmezeit überall mangelt, vor allem beim Personal. Und gerade die Pflegekräfte werden gebraucht für die Versorgung der erkrankten Infizierten. Da braucht man jede und jeden und man kann sich auch darauf verlassen, dass gerade die Pflegekräfte übermäßig engagiert und bis an oder über den Rand der Selbstausbeutung hinaus ihre qualifizierte Arbeit machen. Während die Politik auf höchster Ebene und sehr schnell ein Maßnahmenpaket zur Stützung der Wirtschaft in einer Abend- und Nachtsitzung auf den Weg gebracht hat (vgl. dazu Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom 08. März 2020 ), müsste man eigentlich eine Menge Geld in die Hand nehmen und es denen, die an der Virus-Front die Stellung halten (sollen und müssen), zusätzlich zukommen lassen. Aber die Botschaften, die bei den Pflegekräften ankommen, hören sich ganz anders an. Dass beispielsweise die Quarantäne-Regelungen, die ansonsten Anwendung finden, bei ihnen nicht gelten (dürfen). Infiziert sich ein Klinik-Mitarbeiter mit Corona, müsste eigentlich die ganze Station unter Quarantäne gestellt werden. So die Empfehlungen des RKI. Und dann das: Stadt und Region Aachen hatten »entschieden, von den RKI-Empfehlungen abzuweichen … die Krisenstäbe dort begründeten den Schritt damit, dass sonst die Gefahr bestehe, dass ganze Stationen oder gar Kliniken den Betrieb einstellen müssten«, so dieser Bericht: Quarantäne-Regel nicht praktikabel? (…) Und dann gab es noch einen weiteren Nackenschlag, jedenfalls in der Wahrnehmung vieler Pflegekräfte: Die sowieso schon als Mindestmaß konzipierten Pflegepersonaluntergrenzen wurden vom Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ausgesetzt (…) Fachkräfte sollen jetzt die Hilfskräfte ersetzen. Bitte? Klar, wenn der Euro in die andere Richtung rollt. Und was wird jetzt aus immer mehr Krankenhäusern berichtet? In immer mehr Krankenhäusern werden die Hilfskräfte abgebaut und deren Arbeit sollen und die Pflegefachkräfte „mitmachen“. Kein Witz. (…) Und das ist leider kein Einzelfall. Die Entwicklung mit Kopfschütten-Potenzial entspringt einer eigenen betriebswirtschaftlichen Logik, die wiederum abgeleitet werden kann aus der Tatsache, was (nicht) finanziert wird. Dass das aber in einem absoluten Mangelland, wo qualifizierte Pflegekräfte überall fehlen oder aussteigen, dazu beitragen wird, dass der Mangel noch weiter beschleunigt und vergrößert wird, muss man nicht wirklich vertiefend erläutern. Bleibt natürlich die Frage, warum und wie lange noch die Pflegefachpersonen stillhalten und das unsinnige Spiel mitspielen, obgleich sie alle wie die Rohrspatzen schimpfen über solche Entwicklungen. Aber vielleicht ist das ja ein großes Teil des Problems: Solange die Pflegekräfte als Spatzen wahrgenommen werden, kann man sie auch so behandeln.“ Beitrag vom 10. März 2020 von und bei Stefan Sell - „… Während Krankenhäuser die Aussetzung der Personaluntergrenzen begrüßen, kommen aus der Pflegeszene eher kritische Stimmen: „Lassen Sie die Untergrenzen unangetastet, schützen Sie die Patientinnen und Patienten und das Pflegepersonal“, so der deutliche Appell der Pflegekammer Niedersachsen. Unabhängig vom Auftreten der Coronaviren stelle die Aussetzung von Personaluntergrenzen nicht nur eine Gefährdung der mit dem Virus infizierten Patientinnen und Patienten dar, sondern auch für die weiteren vulnerablen Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern. „Pflegefachpersonen sind sich ihrer wichtigen Aufgabe jederzeit und im Besonderen in Krisenzeiten bewusst. Sie werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Patientinnen und Patienten zu versorgen und diese zu schützen. Das tun sie mit einem sehr großen Verantwortungsbewusstsein und mit ihrer professionellen Kompetenz. Wir appellieren noch einmal an die Politik, diese Haltung der beruflich Pflegenden nicht auszunutzen“, sagte Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke am Mittwoch…“ Aus dem Artikel „Spahn setzt Personaluntergrenzen in der Pflege aus“ von Nadine Millich vom 5.3.2020 bei bibliomed-pflege.de
- Der Irrsinn mit den Kräften in der Pflege. Oder: Folge dem Geld, dann wird aus dem offensichtlichen Irrsinn ein betriebswirtschaftlich durchaus rationales Vorgehen
- PPR 2.0: Durchbruch für bedarfsgerechte Personalausstattung in der Krankenpflege
„Nach zwei Jahrzehnten verfehlter Gesundheitspolitik hat ver.di einen wichtigen Durchbruch geschafft: Zusammen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Deutschen Pflegerat (DPR) wurde ein Instrument zur Personalbemessung für die Pflege auf Grundlage der Pflegepersonalregelung (PPR) entwickelt – abgekürzt PPR 2.0 – und heute vorgestellt. ver.di erwartet, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Vorschlag aufnimmt und der Gesetzgeber ihn zügig verpflichtend und bundesweit einheitlich einführt. Der bundesweite ver.di-Personalcheck von 2013 und die ver.di-Aktion „Das Soll ist voll“ von 2017 haben gezeigt: Allein in der Pflege sind rund 80.000 zusätzliche Fachkräfte nötig. Deshalb streitet ver.di schon lange für mehr Personal und Entlastung in den Krankenhäusern. Die von ver.di, der DKG und dem DPR entwickelte PPR 2.0 ist ein Instrument zur Bemessung des notwendigen Pflegebedarfs und der Pflegepersonalausstattung im Krankenhaus. ver.di hat die Pflegepersonalregelung (PPR) von 1992 auf Grundlage pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse weiterentwickelt. Ein Probelauf der PPR 2.0 in 44 Krankenhäusern hat ergeben, dass sie in der Praxis handhabbar und umsetzbar ist. „Als Beschäftigte der Charité und als ver.di-Aktive kämpfe ich schon seit Jahren für eine Pflegepersonalbemessung, die sich am Bedarf der Patienten orientiert. Mit der PPR 2.0, als Übergangslösung, gehen wir für alle Normalstationen einen wichtigen, ja sogar großen Schritt in die richtige Richtung“, sagt Dana Lützkendorf, Krankenpflegerin an der Berliner Charité und für ver.di an den Verhandlungen beteiligt. Damit die Entlastung im Pflegealltag auf den Stationen und in den Bereichen auch tatsächlich ankommt, wurden Eckpunkte zur Umsetzung vereinbart. Sie setzen den Rahmen für die Personalbesetzung der Pflege in den Stationen und Bereichen und für einen Dienstplan, der eine bedarfsgerechte Versorgung der Patient*innen unter Einhaltung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für Beschäftigte sichert. Jedes Krankenhaus muss ein Ausfallkonzept haben, mit dem die Regelbesetzung eingehalten und Überlastung verhindert wird. Die vollständige Umsetzung wird deutlich mehr Pflegepersonal erfordern, weshalb es Übergangsregelungen geben wird. Festgelegt werden muss noch, bis wann die PPR 2.0 zu 100 Prozent umgesetzt sein muss. ver.di plädiert für einen Stufenplan, der verbindlich umgesetzt werden muss. Zu einer konkreten Ausgestaltung war die DKG aber noch nicht bereit. Klar ist: Um Pflegefachkräfte im Krankenhaus zu halten und neue zu gewinnen, braucht es klare Perspektiven. (…) Für die weitere Ausgestaltung bis zur Inkraftsetzung muss jetzt zügig eine Regierungskommission gebildet werden, in der neben ver.di, dem DPR und der DKG auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung, die medizinischen Fachgesellschaften und weitere Expert*innen vertreten sind. Die PPR 2.0 soll noch in dieser Legislaturperiode, also vor der Bundestagswahl 2021, verpflichtend und bundesweit einheitlich eingeführt werden.“ ver.di-Pressemitteilung vom 14. Januar 2020 – siehe dazu auch:- Wiederbelebt: Durchbruch bei der Pflege
„Verdi und die Deutsche Krankenhausgesellschaft präsentieren Instrument zur Personalbemessung. Es ist eine erstaunliche Kehrtwende, die die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in den vergangenen Monaten hingelegt hat. Sehr lange verdammten die Klinikbetreiber jegliche verbindliche Personalvorgabe als Teufelszeug und Beschränkung der »unternehmerischen Freiheit«. (…) Die Gewerkschaft sieht dies als »ersten Durchbruch« hin zu einer bedarfsgerechten Personalbesetzung in den Krankenhäusern – und führt diesen auf die ausdauernden Proteste der Klinikbelegschaften zurück. Ganz neu ist das innerhalb weniger Monate entwickelte Instrument zur Personalbemessung allerdings nicht. Es basiert auf der bereits Anfang der 1990er Jahre entstandenen Pflegepersonalregelung (PPR). Zwischen 1993 und 1995 galten die darin enthaltenen Vorgaben verpflichtend für alle Krankenhäuser. In der Folge wurden 21.000 Beschäftigte zusätzlich eingestellt, um den schon damals bestehenden Pflegenotstand zu bekämpfen. Das widersprach freilich dem neoliberalen Dogma, die »Lohnnebenkosten« für Gesundheit und soziale Absicherung zu drücken. Daher wurde die PPR 1996 rasch wieder ausgesetzt und ein Jahr darauf mit dem Neuordnungsgesetz für die Gesetzliche Krankenversicherung ganz außer Kraft gesetzt. Intern dient die PPR dennoch weiterhin in vielen Kliniken zur Kalkulation der Personalkosten in der Pflege. Deshalb gilt die modernisierte, an die seitherige Entwicklung angepasste »PPR 2.0« als schnell und unkompliziert umsetzbar. Dies habe auch ein Test in 44 Krankenhäusern bestätigt, heißt es von DKG und Ver di. (…) Ein Erfolg für die Gewerkschaft ist, dass die PPR 2.0 anders als ihre Vorgängerin auch eine Mindestbesetzung für den Nachtdienst festschreibt: Auf allen größeren Stationen sollen den Eckpunkten zufolge nachts künftig grundsätzlich zwei Pflegekräfte zum Dienst eingeteilt werden, davon mindestens eine Pflegefachkraft. Wie in der ursprünglichen PPR, sind hingegen die Intensivmedizin und die Kinderheilkunde nicht enthalten. Hierfür wollen die beteiligten Organisationen ebenfalls zeitnah Vorgaben entwickeln. Für Konflikte unter ihnen könnte noch die Frage sorgen, was geschieht, wenn Kliniken gegen die Vorgaben verstoßen…“ Artikel von Daniel Behruzi in der jungen Welt vom 15.01.2020
- Wiederbelebt: Durchbruch bei der Pflege
- Personaluntergrenzen: Spahn will Vorgaben für Pflegepersonal gesetzlich regeln
„Nachdem die Verhandlungen zwischen Kliniken und Kassen zu Personaluntergrenzen in der Pflege in der vergangenen Woche gescheitert sind, beeilt sich nun Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) um eine schnelle Lösung. So will er den Kliniken jetzt per Gesetz konkrete Vorgaben auferlegen und Verstöße sanktionieren. Das gehe aus einem überarbeiteten Entwurf für das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hervor, welcher der Berliner Zeitung von Samstag vorliege. Demnach soll ab 2020 für jedes Krankenhaus das Verhältnis zwischen der Zahl der Pflegekräfte und dem anfallenden Pflegeaufwand errechnet und veröffentlicht werden. Werde dabei von einem Krankenhaus eine bestimmte Grenze unterschritten, gebe es als Sanktion Honorarkürzungen. „Hat ein Krankenhaus einen hohen Pflegeaufwand bei einer verhältnismäßig geringen Pflegepersonalausstattung, gilt dies als Indikator dafür, dass eine qualitativ hochwertige Pflege nicht gewährleistet ist und damit eine patientengefährdende Versorgung der Pflege in Kauf genommen wird“, zitiert die Zeitung aus dem Gesetzentwurf. Bereits am Mittwoch soll der Entwurf im Bundeskabinett beschlossen werden. (…) Parallel dazu wolle Spahns Ministerium aber trotzdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft und den GKV-Spitzenverband dazu zwingen, ihre abgebrochenen Verhandlungen über schichtgenaue Personaluntergrenzen in pflegeintensiven Abteilungen wieder aufzunehmen. Sollte es weiterhin keine Einigung geben, drohe das Ministerium mit einer Entmachtung der Verbände durch eine gesetzliche Regelung der strittigen Punkte…“ Beitrag von Nadine Millich vom 30. Juli 2018 bei BibliomedPflege online
- Personaluntergrenzen: Ad absurdum geführt
„Laut Gesetz sollen die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) bis zum 30. Juni 2018 eine Vereinbarung über die Einführung von Personaluntergrenzen treffen. Zentrale Inhalte sind nun bereits erkennbar und lassen große Besorgnis aufkommen: Die Vereinbarung könnte nicht nur keine Verbesserung für die Pflege im Krankenhaus bewirken, sondern birgt sogar das Risiko einer weiteren Verschlechterung der Personalbesetzung in sich. (…) Die zu erwartende Vereinbarung von DKG und GKV-SV zur Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen wird nicht geeignet sein, die Verbesserungen der Personalbesetzung im Pflegedienst der Krankenhäuser zu bewirken, die dringend notwendig sind. Das kann unabhängig von den noch zu klärenden Details und Randproblemen anhand der bereits erzielten sowie der sich abzeichnenden Einigungen festgestellt werden. Eine Festsetzung von Pflegepersonaluntergrenzen auf dem Niveau der am schlechtesten besetzten Krankenhäuser birgt sogar das Risiko einer Verschlechterung der Personalausstattung in den Fachabteilungen, für die Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt werden sollen. Dies war eindeutig nicht die Intention des Gesetzgebers bei der Abfassung und Verabschiedung des § 137i SGB V. Aus dem Stand der bisher vorliegenden Informationen über die von DKG und GKV-SV geplante Vereinbarung kann im Grunde nur eine Schlussfolgerung gezogen werden: Eine solche Vereinbarung darf nicht wirksam werden. Die Gesundheitspolitiker der Regierungskoalition sind gefordert, das Inkrafttreten einer solchen Vereinbarung zu verhindern und über die notwendigen Regelungen selbst zu entscheiden. Dabei sollten sie, anders als bei der Abfassung des § 137i SGB V im Frühjahr 2017, dieses Mal pflegefachlichen und pflegewissenschaftlichen Sachverstand zu Rate ziehen, beispielsweise indem sie eine Kommission aus unabhängigen Expertinnen und Experten aus Pflegepraxis und Wissenschaft einsetzen und mit der Entwicklung eines sachgerechten Regulierungssystems beauftragen.“ Kommentar von Prof. Dr. Michael Simon vom 25. Juli 2018 bei BibliomedPflege online
- Verhandlungen zu Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern gescheitert: Jetzt ist der Gesundheitsminister gefragt
„Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt das Scheitern der Verhandlungen zu den vollkommen unzureichenden Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern. Mit der heutigen Erklärung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), sie weise den Verhandlungsstand mit den Krankenkassen zurück, sei „der Weg frei für die große Lösung“, so Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. DKG und GKV-Spitzenverband hatten sich zuvor nach einjährigen Verhandlungen auf Untergrenzen für wenige Bereiche geeinigt, die lediglich verhindern sollten, dass Patient/innen im Krankenhaus noch kränker werden. Die Krankenhäuser mit der schlechtesten Personalausstattung sollten dabei als Orientierung für die Untergrenzen gelten. „Das war eine Mogelpackung mit hohen Risiken für die Versorgung, die das Personal nicht entlastet hätte. Damit wäre weiteres Vertrauen der Beschäftigten und Patient/innen in die Politik verspielt worden“, kritisiert Bühler. „Es war ohnehin eine seltsame Idee, den Bock zum Gärtner zu machen und die Selbstverwalter Untergrenzen erarbeiten zu lassen. Unter diesen Voraussetzungen waren gute Ergebnisse nicht zu erwarten.“ Die Begründung der DKG, dass der Personalbedarf in dem mit der GKV gefundenem Kompromiss zu hoch angesetzt sei, sei entlarvend, so Bühler weiter. Die DKG nehme gefährliche Pflege und schlechte Patientenversorgung billigend in Kauf. Tatsächlich brauche es für eine gute Versorgung weit mehr Pflegepersonal. „Wie blamabel die DKG den Abbruch auch immer begründet, entscheidend ist die Konsequenz“, sagte Bühler. „Jetzt muss Bundesgesundheitsminister Jens Spahn übernehmen.“ Nötig seien Vorgaben für die Personalausstattung für alle Bereiche im Krankenhaus, die sich am Bedarf der Patientinnen und Patienten orientierten. Nur so könne eine gute Versorgung sichergestellt und die Beschäftigten entlastet werden. Um zu einer schnellen Lösung zu kommen, fordert ver.di, die bereits bewährte Pflegepersonal-Regelung (PPR) unter Einbeziehung einer Expertenkommission weiterzuentwickeln.“ Pressemitteilung von ver.di vom 24.07.2018
- Krankenhäuser: Geplante Mindestzahl für Pflegepersonal ist „Bankrotterklärung“
…“In einer gemeinsamen Erklärung befürchten DGB, ver.di, das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), der Deutsche Pflegerat (DPR) sowie mehrere Organisationen der Patientenvertretung (BAGP, DAG SHG, BAG Selbsthilfe, SoVD, vdk, ISL), dass die Vereinbarung zwischen DKG und GKV die Situation sogar schlechter statt besser machen könnte. In der gemeinsamen Erklärung mahnen die Organisationen an, der gesetzliche Anspruch der Versicherten auf eine bedarfsgerechte Versorgung müsse mit Personalvorgaben erfüllt werden. Deutschland liegt bei der Personalausstattung im Krankenhaus weit unter dem Niveau vergleichbarer Industriestaaten. Die Organisationen kritisieren außerdem die Festlegung auf sechs Bereiche, für die Vorgaben gemacht werden sollen. Dadurch entstünden Verschiebebahnhöfe, wenn Personal aus anderen Bereichen abgezogen wird, um die Vorgaben in diesen sechs Bereichen zu erfüllen. Außerdem seien zu viele Schlupflöcher vorgesehen, die den Kliniken eine schlechte Personalausstattung nach wie vor ermögliche. „Untergrenzen, wie sie jetzt geplant sind, entlasten die stark beanspruchten Pflegekräfte nicht und sorgen nicht für eine gute Versorgung.“… Meldung des DGB zur Gemeinsamen Erklärung zu den Auswirkungen der Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen vom 04.06.2018
- Anpassung nach unten
„Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) sind im vergangenen Jahr vom Bundesgesundheitsministerium damit beauftragt worden, verbindliche Personaluntergrenzen für »pflegesensitive Bereiche« in Krankenhäusern festzulegen. Im Juni soll das Ergebnis der Verhandlungen offiziell vorgelegt werden. Zuletzt hatte das »Berliner Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus« am 8. Mai mit einer Protestaktion am Verhandlungsort darauf aufmerksam gemacht, dass das Gesundheitsministerium mit der Delegation der Verantwortung an DKG und GKV den »Bock zum Gärtner« gemacht habe…“ Artikel von Nico Popp vom 02.06.2018 in der jungen Welt
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