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[Spendenaufruf] Neonaziangriff auf investigative Journalisten in Fretterode im Eichsfeld
Dossier
„Am 29.04.2018 wurden zwei Journalisten in Fretterode im Eichsfeld von Neonazis mit Messer, Baseballschläger und schwerem Schraubenschlüssel angegriffen. Neben erheblichen Verletzungen und den folglichen Verdienstausfällen, sitzen die beiden nun auch auf den Kosten des zerstörten Autos und der geklauten Kameraausrüstung fest, da die Täter bis jetzt noch nicht zu 100% identifiziert sind. Zeigt eure Solidarität gegen rechte Gewalt und unterstützt die beiden Journalisten mit einer Spende: Umweltgewerkschaft, IBAN: DE16508501500111098808, Verwendungszweck: Neonaziangriff Fretterode, Sparkasse Darmstadt“ Spendenaufruf auf leetchi und Hintergründe sowie weiterer Verlauf:
- Fretterode-Prozess: Bundesgerichtshof kassiert mildes Urteil gegen Neonazis – Verfahren wird an anderer Kammer des Landgerichts neu aufgerollt
- Bundesgerichtshof hebt Skandalurteil des Landgerichts Mühlhausen im sog. Fretterode-Verfahren auf – Verfahren wird an andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen und neu aufgerollt
„Im sog. Fretterode-Verfahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe nach einer Revisionsverhandlung am heutigen Tag (Az.: 2 StR 237/23) das Skandalurteil des Landgerichts Mühlhausen vom 15.09.2022 (Az.: 3 KLs 101 Js 47753/18 jug) wegen erheblichen Mängeln in der Beweiswürdigung aufgehoben. Das Verfahren wird nun an eine andere Kammer des Landgerichts Mühlhausen zurückverwiesen und das Verfahren wird neu aufgerollt. Das Landgericht hatte mit einem ersichtlich milden Urteil die zwei Neonazis Gianluca B. und Nordulf H. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von lediglich einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung bzw. zu einer Arbeitsauflage von 200 Arbeitsstunden nach Jugendstrafrecht verurteilt. (…) Auf die Revision der Nebenklage und der Staatsanwaltschaft hat der BGH die Beweiswürdigung des Landgerichts Mühlhausen nun für fehlerhaft erklärt. Es fehle an einer Gesamtwürdigung aller Indizien hinsichtlich des Raubes der Kamera – auch hinsichtlich des Tatmotivs. Zudem sei der Verbleib der Kamera nicht in der Beweiswürdigung erörtert worden. Das Verfahren wurde an eine andere Kammer des Landgerichts Mühlhausen zurückverwiesen, die die Beweisaufnahme neu durchführen muss. Sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen kann konkreter über den Verfahrensverlauf und die Gründe der Aufhebung durch den BGH informiert werden…“ Pressemitteilung der Kanzlei Sven Adam vom 13.03.2024 , siehe auch: - Fretterode-Prozess: Bundesgerichtshof kassiert mildes Urteil gegen Neonazis – Jetzt muss eine andere Strafkammer des thüringischen Gerichts den Fall noch einmal ganz von vorn verhandeln
„Selten hatte ein Urteil derart umfassend für Empörung gesorgt. Von einem „Schlag ins Gesicht“ aller engagierten Reporter*innen und einem „fatalen Signal an die rechtsextreme Szene“ sprach die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion in der Gewerkschaft Verdi. Von einem „Freifahrtschein“ für Neonazis die Grünen-Fraktion im Thüringer Landtag. Und selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung, krawalligen Zuspitzungen eher unverdächtig, konstatierte nüchtern einen „Skandal“. Im April 2018 hatten zwei Männer aus dem nächsten Umfeld des Neonazi-Führers Thorsten Heise – der eine sein Sohn, der andere so etwas wie sein politischer Ziehsohn – zwei Göttinger Journalisten erst im Auto über die Straßen rund um das Dorf Fretterode im thüringischen Eichsfeld gejagt und sie schließlich mit einem Messer und einem gewaltigen Schraubenschlüssel schwer verletzt. Heise, Bundesvize der NPD (die sich heute „Die Heimat“ nennt), ist seit Jahrzehnten eine der einflussreichsten Figuren des militanten Neonazismus in Deutschland und Europa. Die beiden auf Recherchen in der rechten Szene spezialisierten Journalisten hatten an jenem Tag ein vermutetes Treffen von Rechtsextremen auf Heises Anwesen in Fretterode dokumentieren wollen. (…) Die Tat, bei der die Angeklagten auch alle Scheiben am Auto der Journalisten mit einem Baseballschläger einschlugen, wirkte wie ein Gewaltexzess. Die Strafen, die das Landgericht in Mühlhausen mehr als vier Jahre später wegen gefährlicher Körperverletzung und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung verhängte, fielen dafür jedoch äußerst milde aus. In einem sehr verständnisvollen Urteil ließ das Gericht Heise-Sohn Nordulf H. mit 200 Arbeitsstunden, seinen Gesinnungsgenossen Gianluca B. mit einer zwölfmonatigen Bewährungsstrafe davonkommen. Nach einjähriger Verhandlung erkannte das Gericht im September 2022 weder einen gezielten Angriff auf die freie Presse noch eine politisch motivierte Tat. (…) Die Aussagen von Beteiligten und Zeug*innen würden im Urteil nicht nachvollziehbar dargestellt, erklärte Senatsvorsitzende Eva Menges, es fehle an einer Gesamtwürdigung aller Indizien. „Gänzlich unerörtert bleibt die Frage nach dem Verbleib der Kamera.“ Denn dass die anfangs noch da, am Ende aber unauffindbar war, bestreitet niemand. Der Bundesgerichtshof hob jedoch nicht nur den Teilfreispruch auf, sondern das gesamte Urteil: Der mutmaßliche Raub lasse sich von Gesamtgeschehen nicht trennen. Deshalb muss nun eine andere Strafkammer des Landgerichts Mühlhausen den Fretterode-Prozess komplett neu verhandeln…“ Beitrag von Joachim F. Tornau vom 13. März 2024 bei Endstation Rechts
- Bundesgerichtshof hebt Skandalurteil des Landgerichts Mühlhausen im sog. Fretterode-Verfahren auf – Verfahren wird an andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen und neu aufgerollt
- Fretterode-Prozess: Neonazis nach Mordanschlag auf Journalisten auf freiem Fuß
„Im April 2018 wurden zwei Fotojournalisten von den Neonazis Gianluca B. und Nordulf H. im thüringischen Fretterode brutal angegriffen. Sie erlitten massive Verletzungen und es war nur dem Glück geschuldet, dass die Attacke nicht tödlich endete. Obwohl es sich um einen der schwersten Angriffe auf Journalisten in Deutschland in den vergangenen Jahren handelt, sind die Täter nach der Urteilsverkündung am 15. September auf freiem Fuß. (…) Der Mordanschlag auf die Journalisten sowie das absurd milde Urteil, das vom Landgericht Mühlhausen verkündet wurde, sind ein schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit. Diese ist in Deutschland laut Reporter ohne Grenzen seit Jahren rückläufig, und Angriffe aus dem rechten Milieu nehmen zu. Gleichzeitig verschärft sich durch den Fretterode-Prozess das von sämtlichen Parteien auf Bundes- und Landesebene in den letzten Jahren geschaffene Klima, in dem Rechtsextreme gegen jeden vorgehen können, der sich ihnen in den Weg stellt – ohne ernsthafte Konsequenzen fürchten zu müssen. Das Urteil im Prozess gegen die Neonazis lässt tief in die rechten Abgründe der deutschen Justiz blicken: Mehr als vier Jahre nach dem Angriff und nach über 30 Prozesstagen kamen die Täter praktisch ungeschoren davon. Die Strafkammer hielt nur die gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung sowie die Sachbeschädigungen am Auto der Journalisten für bewiesen. (…) Mit anderen Worten: Laut Auffassung des Gerichts, ist es offenbar legitim, gegen linke Aktivisten vorzugehen und sie brutalst zu attackieren…“ Beitrag von Ela Maartens vom 8.10.22 bei wsws - Thüringen: Revision im Fretterode-Prozess – Urteile wegen Angriffen aus rechter Szene auf Journalisten als zu milde kritisiert
„Das Urteil im Fretterode-Prozess um Angriffe auf Journalisten soll vom Bundesgerichtshof überprüft werden. Die Staatsanwaltschaft im thüringischen Mülhausen legte nach eigenen Angaben Revision ein. Die politischen Motive der Täter aus der rechtsextremen Szene seien nicht berücksichtigt worden, hieß es. Das Urteil des Landgerichts wird als zu milde kritisiert. Ein 28-Jähriger war zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, ein 23-Jähriger zu 200 Sozialstunden. 2018 hatten sie zwei Journalisten in der Region Fretterode unter anderem mit einem Schraubenschlüssel, Baseballschläger und Messer schwer verletzt. Eines der Opfer hatte das Urteil als Freifahrtschein für weitere Angriffe auf Journalisten durch Rechtsextreme kritisiert. Sein Vertrauen in den Rechtsstaat sei erschüttert. Ähnlich äußerten sich andere Prozessbeobachter. Die Vorsitzende Richterin erklärte, es sei nicht erwiesen, dass die Angeklagten die Opfer als Pressevertreter erkannt hätten. Vielmehr hätten sie sie für Angehörige der linken Szene gehalten.“ Meldung vom 17. September 2022 beim Deutschlandfunk , siehe auch:- Erste Reaktion der Nebenklage auf Urteil: Fatales Signal für den Schutz von Journalisten im sog. Fretterode-Verfahren – Thüringer Justiz versäumt es ein weiteres Mal, Gewalttätigkeiten von Neonazis adäquat zu begegnen. Pressemitteilung von Sven Adam vom 15.09.2022 zur ersten Reaktion der Nebenklage auf das Urteil des Landgerichts Mühlhausen
- Fretterode-Prozess: Angeklagte zu Bewährung und Sozialstunden verurteilt: Schlag ins Gesicht investigativer Journalist*innen
- Fretterode-Prozess: Angeklagte zu Bewährung und Sozialstunden verurteilt – Urteil weit unter Forderung der Staatsanwaltschaft
„Nach dem Angriff auf Journalisten im Eichsfeld vor über vier Jahren ist jetzt das Urteil gefallen. Es blieb weit unter der Forderung von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Die Vorsitzende Richterin sah keinen gezielten Angriff auf Journalisten und die freie Presse. Die Nebenklage sprach von einem „fatalen Signal für den Schutz von Journalisten“. Im Prozess um den Überfall auf zwei Journalisten in Fretterode im Eichsfeld ist ein 28-Jähriger zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Laut Urteil des Landgerichtes Mühlhausen haben er und der 23 Jahre alte Mitangeklagte vor viereinhalb Jahren sich gemeinschaftlich einer Sachbeschädigung und einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Der jüngere der beiden rechtsextremen Angeklagten muss 200 Arbeitsstunden leisten. Er ist nach Jugendstrafrecht verurteilt worden. Bei dem Angriff im Jahr 2018 waren zwei Journalisten aus Göttingen schwer verletzt worden. Mit dem Urteil blieb das Gericht deutlich unter der Forderung von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Die Staatsanwaltschaft hatte für den jüngeren der beiden Angeklagten eine Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, gefordert. Für den älteren der beiden Angeklagten plädierte der zuständige Staatsanwalt auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. (…) Außerdem verneinte die Vorsitzende Richterin einen Angriff auf die Pressefreiheit. „Es war kein gezielter Angriff auf Journalisten und auf die freie Presse“, sagte sie. Wenn es so wäre, so die Richterin, hätte das strafverschärfend berücksichtigt werden müssen…“ Meldung bei MDR THÜRINGEN vom 15. September 2022 , siehe dazu: - dju in ver.di zum Urteil im Fretterode-Prozess: Schlag ins Gesicht investigativer Journalist*innen
„Mit Empörung und Besorgnis reagiert die Deutsche Journalist*innen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di auf die heutige Gerichtsentscheidung im Fretterode-Prozess. Wegen des brutalen Angriffs auf zwei Göttinger Journalisten, bei denen einer eine Schädelfraktur und der andere eine Stichwunde im Oberschenkel erlitt, wurden die beiden angeklagten Neonazis Gianluca Bruno und Nordulf Heise respektive zu einem Jahr auf Bewährung und 200 Arbeitsstunden verurteilt. „Dieses skandalöse Urteil ist ein Schlag ins Gesicht nicht nur der beiden angegriffenen Journalisten, sondern all unserer Kolleginnen und Kollegen, die sich mit ihren Recherchen zum Rechtsextremismus Tag für Tag großen Gefahren für Gesundheit und Leben aussetzen“, zeigte sich die Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, Monique Hofmann, fassungslos und erklärte zugleich ihre Solidarität mit den beiden Journalisten. Der Rechtsstaat habe die Chance verpasst, ein klares Zeichen gegen rechte Angriffe auf Pressefreiheit und Demokratie zu setzen, erklärte ver.di-Mediensekretär Peter Dinkloh, der bei der Urteilsverkündung vor Ort war: „Stattdessen sendet das Urteil das fatale Signal an die rechtsextreme Szene, dass diese ihren menschen- und demokratiefeindlichen Bestrebungen nachgehen kann, ohne dafür ernsthafte strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.“ An dem jetzigen Fall zeige sich zudem sehr konkret, wie groß die Gefahr sei, dass sich Medienschaffende aus der Berichterstattung zum Rechtsextremismus zurückzögen, machte Hofmann deutlich. Einer der beiden angegriffenen Journalisten arbeite inzwischen nicht mehr zu diesem Themenfeld…“ dju-Pressemitteilung vom 15.09.2022 - Tatort-Fretterode: Hausdurchsuchung bei kritischem Journalisten
„„Eingriff in die Pressefreiheit“: Vor vier Jahren werden zwei Reporter von Neonazis aus dem Umfeld von Szene-Größe Thorsten Heise angegriffen. Wegen einer angeblichen Beteiligung an einer Plakataktion kommt es bei einem kritischen Journalisten zu einer Hausdurchsuchung – zwei Tage vor dem Urteil im Fretterode-Prozess. (…) Vier Jahre ist diese Jagdszene und der brutale Überfall nun her. Ein Urteil in dem Prozess wird am Donnerstag, dem 15. September, erwartet. Am Dienstag, zwei Tage vor der erwarteten Urteilsverkündung, führte die Polizei auf Antrag der Staatsanwaltschaft Mühlhausen eine Hausdurchsuchung bei einem Journalisten durch, der den Fall von Beginn an begleitet hatte. Die Einsatzkräfte durchsuchen nicht nur dessen Wohnung, sie beschlagnahmten auch etliche technischen Geräte, die zur Ausübung seiner journalistischen Tätigkeit erforderlich sind, obwohl der Staatsanwaltschaft bewusst ist, dass der hier Beschuldigte Journalist ist. „Der Durchsuchungsbeschluss enthält trotz Kenntnis der journalistischen Tätigkeit keinerlei Abwägung mit dem Recht der freien Presse insbesondere auf investigative Tätigkeit“, kritisiert der Rechtsanwalt Sven Adam das Vorgehen. Wegen der Beschlagnahmung der Arbeitsgeräte seines Mandanten spricht Adam von einem „nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Pressefreiheit“. Die Linke Bundestagsabgeordnete Martina Renner bezeichnete die polizeilichen Maßnahmen unterdessen als „Einschüchterung“: „Investigative journalistische Arbeit im Themenfeld ‚Extreme Rechte‘ scheint einigen ein Dorn im Auge zu sein.“ Dem Journalisten wird vorgeworfen, im thüringischen Hohengandern in der Nacht auf den 28. April 2021 Plakate mit der Aufschrift „3 Jahre kein Prozess“ und „Tatort Fretterode“ aufgestellt zu haben. Zu sehen waren hier auch die Angeklagten aus dem Fretterode-Prozess. Bei den beiden mutmaßlichen Tätern handelt es sich um Gianluca B. und um Nordulf, Sohn des Neonazi-Kaders Thorsten Heise. Gianluca. B. gilt als politischer Ziehsohn Heises. (…) Obwohl [RA] Adam bereits im November 2021 Akteneinsicht zu dem Vorgang beantragte, wurde der Journalist in der Angelegenheit nie von der Staatsanwaltschaft befragt. Wäre er je von der Staatsanwaltschaft befragt worden, hätte er „seine Nichtbeteiligung an der Aufstellung der Plakate beweisen können“, so Adam. Warum wird einer Anzeige von Thorsten Heise aus 2021 zwei Tage vor der Urteilsverkündung in dem Fretterode-Prozess nachgegangen? Nach Adams Dafürhalten handelt es sich schon aufgrund der Pressefreiheit um eine rechtswidrige, allemal aber unverhältnismäßige und unnötige Durchsuchung. Ob die Durchsuchung bei dem Journalisten in einem zeitlichen Zusammenhang zum erwarteten Urteil am Donnerstag steht, ist unklar…“ Artikel von Kira Ayyadi vom 14. September 2022 in Belltower.News , siehe auch:- „2018: Angriff auf Journalisten in #Fretterode. Keine Durchsuchung von Anwesen von Neonazi Thorsten Heise, von wo Angriff ausging. 3 Jahre kein Prozess. 2 Tage vor Urteil im #FretterodeProzess: Durchsuchung bei einem Journalisten. Auf Anzeige von T. Heise…“ Tweet von NSU Watch vom 14.9.2022
- Durchsuchungsmaßnahme bei Journalisten nach Kritik an Verfahrensdauer im Fretterode-Prozess
Pressemitteilungen der Kanzlei vom 14.09.2022
- Fretterode-Prozess: Angeklagte zu Bewährung und Sozialstunden verurteilt – Urteil weit unter Forderung der Staatsanwaltschaft
- Fretterode-Prozess: Polizisten sollen sich mit Nazis abgesprochen haben
„Im Prozess gegen zwei rechtsextreme Schläger wegen eines brutalen Angriffs auf Journalisten in Fretterode stehen die Ermittlungen der Polizei massiv in der Kritik. Im Raum steht ein ungeheuerlicher Verdacht: Haben sich Beamte mit Rechtsextremisten abgesprochen? Im Prozess gegen zwei mutmaßlich rechtsextreme Schläger am Landgericht Mühlhausen werfen Vertreter der Nebenklage und die Opferberatung „ezra“ der Polizei schwere Ermittlungsfehler vor. Nach dem brutalen Angriff auf zwei Journalisten 2018 bei Fretterode in Thüringen (Eichsfeld) hätten es zwei observierende Beamten zugelassen, dass aus dem Täterfahrzeug diverse Personen über mehrere Stunden etliche Gegenstände entnehmen und hineinlegen konnten, kritisierte Nebenklage-Anwalt Sven Adam am Mittwoch. „Die Qualität der Ermittlungsarbeit der Polizeibeamten vor Ort ist abgründig“, so Adam. (…) Die Aussagen der Beamten vor Gericht machten deutlich, dass die polizeilichen Ermittlungen unmittelbar nach der Tat von Fehlern durchsetzt gewesen seien, erklärte „ezra“-Beraterin Theresa Lauß. Nach der Verschleppung des Verfahrens vor Beginn des Prozesses Anfang September zeige sich nun das „inkonsequente Handeln der Behörden in jedem Stadium“, sagte sie. Auch Pausengespräche zwischen den Polizisten und einem rechten Szeneanwalt, der einen der Angeklagten verteidige, würden Fragen aufwerfen. Rechtsanwalt Adam zufolge sprachen in einer Verhandlungspause zwei Beamte mit dem Verteidiger der Angeklagten. Einer der bereits vernommenen Polizisten hat Adam zufolge dabei eine Frage an den Verteidiger gerichtet: „War das in Ordnung was ich da gerade gesagt habe oder war das total kacke?‘“…“ Beitrag vom 07.10.2021 beim Migazin - Prozess gegen Neonazis in Mühlhausen: Nachlässig ermittelt – Berichte von Polizisten offenbaren dilettantisches Vorgehen
„Nach seiner Vernehmung steht der Polizeibeamte vor dem Gerichtssaal und unterhält sich angeregt mit Wolfram Nahrath. Der extrem rechte Rechtsanwalt, bis zum Verbot 1994 Vorsitzender der neonazistischen Wiking-Jugend und bekannt dafür, in seinen Plädoyers Adolf Hitler oder Joseph Goebbels zu zitieren, verteidigt im sogenannten Fretterode-Prozess den Angeklagten Nordulf H. Der 22-Jährige ist der Sohn des einflussreichen stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden und Neonazikaders Thorsten Heise und muss sich derzeit wegen eines brutalen Angriffs auf zwei Journalisten vor dem Landgericht in Mühlhausen verantworten. Zusammen mit seinem Kameraden Gianluca B. (27) soll er die beiden Rechercheure, die an Heises Anwesen in dem westthüringischen Dörfchen Fretterode fotografiert hatten, erst mit dem Auto gejagt, sie dann mit Traktorschraubenschlüssel, Baseballschläger und Messer schwer verletzt und ihnen schließlich die Kameraausrüstung geraubt haben. Am Montag vernahm die Strafkammer des Landgerichts Mühlhausen vier Polizeibeamte, die am Tattag im April 2018 im Einsatz waren. Der 42-Jährige, der nach seinem Zeugenauftritt beim Plausch mit dem Rechtsaußen-Verteidiger beobachtet werden konnte, ist der erste von ihnen. (…) »Wir hatten nicht die Anweisung, da in irgendeiner Weise einzuschreiten.« (…) Zwei weitere Polizisten, die zur selben Zeit auf dem Anwesen Heises nach den Tatverdächtigen suchten, hätte die Information, dass ein Mann am Tatfahrzeug aufgetaucht war, eigentlich interessieren müssen. Doch sie wussten davon offenbar nichts. (…) Befragt von der Verteidigung, spricht der Beamte über die grundsätzliche Lage in Fretterode, über »Gefährdungen« des Heiseschen Anwesens, über »Auseinandersetzungen von rechts und links«, über gelegentliche »Ansammlungen von Personengruppen« vor dem Haus, die die Polizei mit der Göttinger Antifa in Verbindung bringe. Wer für Probleme in dem Dorf verantwortlich ist, scheint für ihn außer Frage zu stehen. »Die Gegenseite«, sagt der Polizist und meint damit die Antifa, die »immer darauf bedacht« sei, »gewisse Scherereien anzurichten«. Und Thorsten Heise? Er habe den Beamten gesagt, sie müssten sich nicht kümmern, »er regele das selbst«. (…) Für das Verfahren sind mittlerweile weitere Prozesstage bis in den Dezember angesetzt.“ Beitrag von Joachim F. Tornau vom 4. Oktober 2021 in neues Deutschland online - Mit Messer, Keule und Schraubenschlüssel: Fast drei Jahre nach einer brutalen Attacke von Neonazis auf Journalisten in Thüringen beginnt am 26.01.2021 der Prozess
„Rein vom Wetter her betrachtet, ist der 29. April 2018 im nordwestthüringischen Landkreis Eichsfeld ein schöner Frühlingstag. (…) Für zwei Göttinger Journalisten, die beruflich in der Gegend unterwegs sind, verläuft dieser Tag weniger erfreulich – und er endet im Krankenhaus. Denn in dem Dörfchen Hohengandern, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen gelegen, werden die beiden Opfer eines brutalen Überfalls durch zwei Neonazis. Die rechten Schläger sind bewaffnet und verletzen die Journalisten schwer. Sie beschädigen ihr Fahrzeug und rauben ihre Kameraausrüstung. Mehr als 15 Monate nach Anklageerhebung beginnt nun am 26. Januar vor dem Landgericht Mühlhausen der Strafprozess gegen die beschuldigten Rechtsextremisten. Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern im Alter von 20 und 27 Jahren »gemeinschaftlich begangene Sachbeschädigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub« vor. Ausgangspunkt des Überfalls ist das »Gutshaus Hanstein« im Eichsfelddorf Fretterode, gut acht Kilometer vom späteren Tatort Hohengandern entfernt. Der von Mauern und Hecken umfriedete Hof in der Dorfstraße 41 gehört seit dem Jahr 1999 dem Neonazi und NPD-Funktionär Thorsten Heise, seit 2002 bewohnen er und seine Familie auch selbst den wuchtigen Fachwerkbau am Ortsrand. (…) Dass sich die Justiz mit der Zulassung der Anklage und einer Terminierung des Prozesses so lange Zeit gelassen hat, ärgert den Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam. Er vertritt einen der Journalisten, die in dem Verfahren Nebenkläger sind. Nachdem das Landgericht Mühlhausen nach der Anklageerhebung mehr als 15 Monate untätig geblieben ist, hat die zuständige Strafkammer erst Ende September 2020 auf eine Verzögerungsrüge Adams hin die Anklage zugelassen. »Wir beobachten seit dem Angriff eine bemerkenswert zögerliche Bearbeitung durch die Thüringer Strafjustiz«, sagt der Anwalt. »Das bisherige Signal der Untätigkeit der Justiz ist jedenfalls fatal.« (…) Die »Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen« (ezra) hat das juristische Vorgehen schon 100 Tage nach dem Angriff scharf kritisiert. Die mangelnde adäquate Strafverfolgung sei »ein Signal an die Täter: Ihr habt mit keinen erheblichen Konsequenzen für lebensgefährliche Angriffe auf Menschen zu rechnen«. Das Gericht begründet die Verzögerung mit der nicht wieder besetzten Stelle für den Vorsitz der 3. Strafkammer, die sich um Strafsachen gegen Jugendliche und Heranwachsende kümmert. Vor ihr soll die Verhandlung stattfinden, da Nordulf Heise zum Tatzeitpunkt Heranwachsender war. Personen im Alter von 14 bis 17 Jahren sind im Auge des Gesetzgebers Jugendliche, für die immer das Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Zwischen 18 und 21 gilt man als Heranwachsender, auch sie können – müssen aber nicht – nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Adam und sein Göttinger Anwaltskollege Rasmus Kahlen wollen in dem Prozess darauf drängen, neben den angeklagten Delikten auch »einen versuchten Totschlag strafrechtlich mit in den Blick zu nehmen«. Mindestens ein Täter habe »in Kauf genommen, dass der Mensch dadurch sterben könnte«. Bei einer Verurteilung auch wegen versuchten Totschlags wäre eine Bewährungsstrafe wohl ausgeschlossen…“ Beitrag Artikel von Reimar Paul vom 5.1.2021 in neues Deutschland online , siehe dazu auch - die Prozessbegleitung auf der Aktionsseite Tatort Fretterode : Ab ende Januar 2021 wird der Prozess gegen die beiden Neonazis vor dem Landgericht Mühlhausen stattfinden. Alle Verhandlungstage sind ab 10 Uhr in der Außenstelle Puschkinstraße 3, 99974 in Mühlhausen angesetzt. Bisher Terminiert sind:
- Dienstag, 26.01.2021 – Anklageverlesung
- Montag, 01.02.2021 – Aussagen der Betroffenen
- Mittwoch, 08.02.2021
- Donnerstag, 11.02.2021
- Dienstag, 02.03.2021
- Donnerstag, 11.03.2021
- Montag, 15.03.2021
- Freitag, 19.03.2021dort auch ein Spendenaufruf
- Der Angriff
„Zwei Journalisten werden in Thüringen von zwei Neonazis attackiert und schwer verletzt. Obwohl die mutmaßlichen Täter schnell identifiziert sind, passiert nur wenig…“ Eine Rekonstruktion von Alex Rühle vom 12. Mai 2019 in der Süddeutschen Zeitung online - 100 Tage nach Neonazi-Angriff auf Journalisten in Fretterode kritisiert ezra mangelnde Konsequenz bei Ermittlungen: „Diese erinnert fatal an das Prinzip Quellenschutz vor Strafverfolgung“ und ermutigt Neonazi-Gewalttäter
„… Der Neonazi-Kader Thorsten Heise ist aktuell auch im Zusammenhang mit den aktuellen Recherchen der Plattform EXIF zur erneuten Formierung des deutschen Combat-18-Netzwerks (s.u.) und dem NSU-Unterstützerumfeld genannt worden. Die ezra-Beraterin Theresa Lauß kommentiert: „Die bekannten Informationen zu Thorsten Heise und die jüngsten Recherchen zu dessen Rolle beim Wiederaufbau von Combat 18 in Deutschland zeigen, dass sich auch bereits vor dem Angriff auf die beiden Journalisten ein militantes und gewaltbereites Umfeld um Heise entwickelt hat, das über Jahre unter den Augen der Sicherheitsbehörden ungestört wachsen konnte.“ „Auch über drei Monate nach dem brutalen Angriff hat die Staatsanwaltschaft Mühlhausen noch keine Haftbefehle gegen die Täter erlassen und die Ermittlungen verlaufen weiterhin schleppend. Auch der Aufforderung an das Justizministerium, seine Aufsichtspflicht auszuüben und entsprechende Anweisungen an die Staatsanwaltschaft zu geben, ist bisher nicht nachgekommen worden“, kritisiert Lauß. Trotz eindeutiger Hinweise auf die Angreifer ließ die Staatsanwaltschaft stattdessen verlauten, dass die von den Betroffenen zur Verfügung gestellten Fotos zunächst auf Manipulationen untersucht werden müssen. „Auch wenn diese Aussage im Nachgang durch einen Sprecher der Staatsanwaltschaft relativiert wurde, haben die Strafverfolgungsbehörden versucht, die Opfer des Angriffs zu diskreditieren und ihr Nicht-Handeln zu legitimieren“, sagt die Opferberaterin. (…) In Bezug auf die Bedeutung des Angriffs und die mangelnde Strafverfolgung durch Polizei und Justiz schließt Theresa Lauß: „Das inkonsequente Handeln der Staatsanwaltschaft Mühlhausen erinnert uns fatal an das Nichtstun der Ermittlungsbehörden in Thüringen in den 1990er Jahren gegen zentrale Unterstützer*innen des NSU-Kerntrios, die als V-Leute des Verfassungsschutzes schwere Straftaten begehen konnten, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wir erwarten, dass die Staatsanwaltschaft Mühlhausen im Jahr 2018 die Lehren aus dem NSU-Komplex soweit gezogen hat, dass sie endlich mit einer adäquaten Strafverfolgung dieses schweren Angriffs beginnt. Sonst ist das Signal an die Täter: Ihr habt mit keinen erheblichen Konsequenzen für lebensgefährliche Angriffe auf Menschen zu rechnen.““ Pressemitteilung vom 07.08.2018 von ezra , Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen - Neonazis attackieren und verletzen Journalisten
„Zwei freie Journalisten sind am Sonntag nach einer wilden Verfolgungsjagd von zwei 24-jährigen Rechten verletzt worden. Zuvor sollen die Journalisten Aufnahmen vom Grundstück des NPD-Kaders Thorsten Heise gemacht haben. Nach Schilderungen von Polizeisprecherin Fränze Töpfer hatten die beiden 26-jährigen Journalisten zunächst am Sonntagnachmittag zu Recherchezwecken Foto- und Filmaufnahmen von Heises Grundstück im thüringischen Fretterode gemacht. Dabei seien sie bemerkt und anschließend von den zwei 24-jährigen Angreifern zuerst zu Fuß dann mit dem Wagen verfolgt worden. Nach einer spektakulären Verfolgungsjagd durch Fretterode und Gerbershausen mussten die beiden Fotografen auf der Landstraße am Ortseingang von Hohengandern ihren BMW stoppen. Die maskierten Männern gingen sofort zum Angriff über. Nach Informationen des Göttinger Tageblatts waren die rechten Angreifer mit Baseballschläger, Messer, einem 40 bis 50 Zentimeter langen Schraubenschlüssel und Reizgas bewaffnet. Bei der Attacke sei der BMW zerstört und die beiden 26-jähigen Männer leicht verletzt worden, schildert die Polizei. Einer der Männer trug eine Platzwunde am Kopf durch den Schlag mit dem Schraubenschlüssel davon, der andere wurde von einem der rechten Angreifer mit dem Messer im Oberschenkel verletzt. Am Auto zerstachen die Angreifer die Reifen und zerschlugen die Scheiben. (…)Bei den Tatverdächtigen handelt es sich nach Angaben der Polizei in Nordhausen um zwei 24-Jährige aus dem Eichsfeld, die der rechten Szene zuzuordnen seien. Sie seien der Polizei, so Töpfer, namentlich bekannt. Dabei soll es sich nach Tageblatt-Informationen unter anderem um Gianluca B. handeln. B. hatte 2016 als Kandidat der NPD für den Kreistag in Northeim kandidiert und ist Mitglied im Vorstand der NPD Niedersachsen…“ Artikel von Michael Brakemeier vom 1.05.2018 im Göttinger Tageblatt online
Siehe auch:
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- Tatort Fretterode. Die Aktionsseite für Recherche und Unterstützung
- den Twitter-Account der Kampagne Tatort-@Fretterode
- unser Dossier: Immer mehr (v.a. rechte) Übergriffe auf Journalisten