Die Vereinbarkeit von Sonderrecht für Asylsuchende und Geduldete aus sicheren Herkunftsstaaten mit Art. 3 GG
„Das Instrument der sicheren Herkunftsstaaten erfreut sich seit einigen Jahren größer werdender Beliebtheit. Nicht nur die Liste der sicheren Herkunftsstaaten wurde sukzessive ausgeweitet, sondern auch das Recht, das an die Herkunft aus diesen Staaten anknüpft. Durch verschiedene Änderungen im Asyl-, Aufenthalts-, Sozial- und Abstammungsrecht ist ein Sonderrecht für Asylsuchende und Geduldete aus sicheren Herkunftsstaaten entstanden. Der nachfolgende Beitrag unte rsucht, ob die neuen Gesetze, die an die Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat anknüpfen, mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG vereinbar sind. (…) Es hat sich gezeigt, dass sämtliche Begründungen für eine Ungleichbehandlung von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten Schwächen aufweisen. Die Regelungen, die ausschließlich auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden (dauerhafte Sachleistungen, Einreise- und Aufenthaltsverbot, Beschäftigungsverbot für Geduldete sowie Ausschluss von Ausbildungsförderung und Ausbildungsduldung), verstoßen gegen Art. 3 I GG. Soweit sich der Gesetzgeber auf die Verfahrensbeschleunigung oder die schlechte Bleibeperspektive beruft, hängt die verfassungsrechtliche Bewertung davon ab, wie weit seine Typisierungsbefugnisse unter Berücksichtigung des entwickelten strengen Maßstabs gehen. Zum Teil kann verfassungsrechtlichen Bedenken bei der Gesetzesanwendung Rechnung getragen werden. Zumindest die Ungleichbehandlung durch die Residenzpflicht und im Vaterschaftsanerkennungsverfahrens ist unverhältnismäßig.“ Artikel von und bei David Werdermann , die endgültige Fassung des Artikels wurde in der Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik 1/2018 veröffentlicht. Siehe dazu auch ein Interview mit dem Autor:
- Gleichbehandlungsgrundsatz vs. Aushöhlung des AsylrechtsSonderrecht für Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“: Verstoß gegen die Verfassung?
„Als die Grünen sich 2014 für Kretschmanns Ja zur Festlegung Serbiens, Mazedoniens und von Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ rechtfertigen mussten, rechtfertigten sie sich u.a. damit, dass sich für die Betroffenen gar nicht viel ändern werde: Ihre Asylanträge würden ja ohnehin schon größtenteils abgelehnt. Dreieinhalb Jahre später gibt es eine Fülle von Lebensbereichen, in denen Menschen aus „sicheren Herkunftsländern“ per Gesetz schlechter behandelt werden als andere. Ist das nicht verfassungswidrig? Schließlich steht im Artikel 3 des Grundgesetzes: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (…) Niemand darf (…) wegen seiner Rasse (…), seiner Heimat und Herkunft (…) benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Der Jurist David Werdermann hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Einfach ist die Sache nicht: Auch die Aushöhlung des Asylrechts wurde ins Grundgesetz geschrieben. Und das mit der Gleichbehandlung will der Gesetzgeber auch recht vorsichtig verstanden wissen… Doch nicht alle Auswüchse des derzeitigen Entrechtungswahns sind rechtlich haltbar. Wir haben mit David Werdermann darüber gesprochen.“ Interview vom 13. April 2018 bei Eadio Dryeckland