Neoliberale „Antipopulisten“: Geht weit nach rechts
„Mit viel Gepolter ist FDP-Chef Christian Lindner in die Hartz-IV-Debatte eingestiegen. Der oberste deutsche Liberale warnte davor, dass mit einer Anhebung der Bezüge oder der Lockerung von Sanktionen falsche Anreize für Migranten geschaffen würden. SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil hatte angekündigt, eine Erhöhung einzelner Hartz-IV-Leistungen zu prüfen. Dem »Focus« sagte Lindner: »Junge Männer aus Syrien zum Beispiel müssen wissen: In Deutschland muss man arbeiten.« Lindners Aussage nährt das rassistische Klischee des arbeitsscheuen Arabers. Besonders perfide ist allerdings der Satz: »Und es darf nicht der Eindruck entstehen, Hartz IV sei ein Grundeinkommen, das ein Clanmitglied irgendeiner libanesischen Bande in Berlin automatisch überwiesen bekommt.«„ – aus dem Beitrag „Clanchef Lindner“ von Niklas Franzen am 14. April 2018 in neues deutschland , worin allerdings weder zur geplanten Arbeitsaufnahme Lindners etwas gesagt wird, noch dazu, dass diese Hetze Bestandteil einer Ideologie ist, in der ohnehin lediglich Unternehmer und ihre unterwürfigen Vollstrecker nicht arbeitsscheu sind… Zu den ideologischen Verschränkungen des Neoliberalismus mit rechtsradikalen Positionen zwei weitere Beiträge:
- „Stoiber: CSU muss alles tun, damit die AfD „wieder verschwindet““ von Oliver Das Gupta am 15. April 2018 in der Süddeutschen Zeitung zu solchen Verständnis schaffenden Positionen: „Stoiber verortet sich und seine CSU ebenso als konservativ, zieht aber einen Trennstrich zur AfD. „Viele Funktionäre der AfD sind erschreckend offen für rechtsextremes Gedankengut“. Für die Zukunft kündigte Stoiber einen konfrontativen Umgang mit den Rechtspopulisten an, damit die AfD „wieder verschwindet“. Verständnis zeigte Stoiber für diejenigen Wähler, die wegen der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung für die Rechtspopulisten gestimmt haben. „Die CSU will diese Protestwähler wieder zurück ins bürgerliche Lager holen“. Die Union müsse das Vertrauen der „kleinen Leute“ zurückgewinnen, die Stoiber zufolge „die Hauptlast der Integration“ tragen würden“.
- „Ideologische Geistesverwandtschaft“ von Christoph Butterwege am 14. April 2018 in der jungen welt ausführlich zu dieser Nähe: „»Standortnationalismus« nenne ich ein Ideologem, das auf dem Glauben basiert, auf den internationalen Märkten einer »Welt von Feinden« gegenüberzustehen und durch Erfindungsgeist, besondere Tüchtigkeit, größeren Fleiß und/oder mehr Opferbereitschaft die Überlegenheit des »eigenen« Wirtschaftsstandortes unter Beweis stellen zu müssen. Hierbei handelt es sich um ein Konkurrenzdenken, das auf die heimische Volkswirtschaft fixiert ist, von der Bevölkerungsmehrheit einen Verzicht auf Wohlstandszuwächse fordert und eine primär die internationale Wettbewerbsfähigkeit steigernde (Regierungs-)Politik favorisiert. Wenn das Wohl und Wehe des »eigenen« Wirtschaftsstandortes im Mittelpunkt aller Bemühungen um die Entwicklung der Gesellschaft steht, sind die (arbeitenden) Menschen nebensächlich, hohe Gewinnmargen der (Groß-)Anleger jedenfalls erheblich wichtiger und andere Länder nur Weltmarktkonkurrenten, die es niederzuringen gilt. Standortnationalismus wirkt als politisch-ideologischer Kitt, der dafür sorgt, dass die kapitalistische Gesellschaft trotz ökonomischer Labilität und sozialer Zerklüftung, welche die als Spaltpilz und Sprengkraft wirkende »Reformpolitik« nach Modellvorschlägen des Neoliberalismus verstärkt, nicht auseinanderfällt. Er verbindet Rechtsextremismus bzw. -populismus und Neoliberalismus, die bloß auf den ersten Blick wenig miteinander gemeinsam haben. Grundkonstante beider Geistesströmungen ist die Ungleichheit bzw. Ungleichwertigkeit der Menschen. Rechtsradikale halten die Mitglieder ihres eigenen (nationalen, »rassischen« oder ethnischen) Kollektivs per se für etwas Besseres als die für minderwertig erklärten Angehörigen der übrigen Völker. Wirtschaftsliberale gewährleisten zwar die Rechtsgleichheit aller Individuen, verweigern ihnen jedoch die materiellen Mittel, welche nötig sind, um in deren Genuss zu kommen, sofern sie nicht am Markt erfolgreich konkurrieren“.