BigBrotherAwards 2018 an CDU und Grüne im Hessischen Landtag für Verfassungsschutz- und Polizeigesetz – ohne Wirkung
Dossier
„Der BigBrotherAward 2018 in der Kategorie Politik geht an die Fraktionen von CDU und Bündnis90/Die Grünen im hessischen Landtag. Die beiden Regierungsfraktionen erhalten den Negativpreis für ihr geplantes neues Verfassungsschutzgesetz und für die geplante Novellierung des hessischen Polizeigesetzes. Ihre Gesetzesinitiative enthält eine gefährliche Ansammlung gravierender Überwachungsermächtigungen, die tief in Grundrechte eingreifen und den demokratischen Rechtsstaat bedrohen. (…) Mit dieser Gesetzesinitiative geht die schwarz-grüne Regierungskoalition in Hessen einen großen Schritt in Richtung präventiv-autoritärer Sicherheitsstaat. Mit besonders prekären Regelungen reiht sie sich damit in die bundesweiten Reformen ein, mit denen u.a. der Staatstrojaner zur Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung sowie die elektronische Fußfessel für „Gefährder“ legalisiert werden. (…) Derart gravierende Grundrechtseingriffe, die sich auf mehr oder weniger vage Mutmaßungen stützen, sind unverhältnismäßig, verletzen Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte der Betroffenen – und letztlich auch die Menschenwürde…“ Aus der Laudatio von Dr. Rolf Gössner zu und bei BigBrotherAwards 2018 , siehe nun Informationen zum Widerstand gegen die Unbelehrbaren:
- Bundesverfassungsgericht: Hessisches Verfassungsschutzgesetz teilweise verfassungswidrig
„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass mehrere im Hessischen Verfassungsschutzgesetz (HVSG) geregelte Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, weil sie gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung verstoßen: § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG (Ortung von Mobilfunkendgeräten) ist verfassungswidrig, weil er eine engmaschige langandauernde Überwachung der Bewegungen im Raum erlaubt, ohne eine dafür hinreichende Eingriffsschwelle vorzusehen. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG (besonderes Auskunftsersuchen bei Verkehrsunternehmen und über Flüge) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis Eingriffe mit erhöhtem Gewicht erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorsieht. § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG (Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis auch eingriffsintensive Einsätze Verdeckter Mitarbeitender erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorgesehen ist. Auch soweit § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HVSG auf § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG Bezug nehmen, sind die Regelungen verfassungswidrig. § 20a Satz 1 HVSG (Übermittlungen an Strafverfolgungsbehörden) ist verfassungswidrig, soweit § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG an nicht hinreichend gewichtige Straftaten anknüpfen. § 20b Abs. 2 HVSG (Übermittlungen an sonstige inländische öffentliche Stellen) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis auch die Übermittlung an inländische öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen erlaubt und keine dafür hinreichende Übermittlungsschwelle vorsieht. § 20a Satz 1 ist, soweit er auf § 20a Satz 3 HVSG Bezug nimmt, nichtig; die übrigen beanstandeten Vorschriften des HVSG gelten mit bestimmten Maßgaben vorübergehend fort…“ Aus der BVerfG-Pressemitteilung Nr. 78/2024 vom 17. September 2024 zum Beschluss Az. 1 BvR 2133/22 des Ersten Senats vom 17. Juli 2024,- mit den folgenden Leitsätzen zum BVerfG-Beschluss Az. 1 BvR 2133/22 :
„1. Das Eingriffsgewicht einer Standortermittlung ist regelmäßig erhöht, wenn wegen der damit verbundenen potentiell hohen Persönlichkeitsrelevanz die Erstellung eines Bewegungsprofils möglich ist. a) Das Eingriffsgewicht wiegt noch nicht sehr schwer, wenn eine Überwachung auf punktuelle Maßnahmen begrenzt ist. Es wird allerdings bereits dann nicht unerheblich erhöht, wenn punktuelle Maßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt werden. b) Einen schwerwiegenden Eingriff begründen jedenfalls Maßnahmen, mit denen der Standort einer Person sowohl im engen Zeittakt als auch über einen längeren Zeitraum hinweg ermittelt werden kann. Dabei können grundsätzlich auch lückenhafte Bewegungsprofile einen schwerwiegenden Eingriff mit hoher Persönlichkeitsrelevanz darstellen. Denn auch durch sie können Verhaltensweisen, Routinen, persönliche Neigungen und Vorlieben relativ zuverlässig überwacht werden.
2. Die Qualifizierung einer Straftat als besonders schwer muss in der Strafnorm selbst einen objektivierten Ausdruck finden, also insbesondere in deren Strafrahmen und gegebenenfalls in tatbestandlich umschriebenen oder in einem Qualifikationstatbestand enthaltenen Begehungsmerkmalen und Tatfolgen. a) Ausgehend vom Strafrahmen einer Strafnorm liegt eine besondere Schwere einer Straftat jedenfalls dann vor, wenn sie mit einer Höchstfreiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bedroht ist. b) Auch eine Straftat mit einer angedrohten Höchstfreiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren kann als besonders schwer eingestuft werden, wenn dies nicht nur unter Berücksichtigung des jeweils geschützten Rechtsguts und dessen Bedeutung für die Rechtsgemeinschaft, sondern auch unter Berücksichtigung der Tatbegehung und Tatfolgen vertretbar erscheint. c) Für Staatsschutzdelikte oder sonstige im Einzelfall gegen Verfassungsschutzgüter gerichtete Delikte gelten keine modifizierten Anforderungen…“ - Hessisches Verfassungsschutzgesetz in Teilen rechtswidrig: Bundesverfassungsgericht weist den Verfassungsschutz wieder einmal in die Schranken
„Das Hessische Verfassungsschutzgesetz ist teilweise verfassungswidrig, das hat an diesem Dienstag das Bundesverfassungsgericht per Pressemitteilung verkündet. Die entsprechende Verfassungsbeschwerde haben Franz Josef Hanke von der Humanistischen Union, Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz, sowie Silvia Gingold, Lehrerin in Ruhestand und Tochter des jüdischen Widerstandskämpfers Peter Gingold, die aufgrund ihres antifaschistischen Engagements seit ihrer Jugend unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, gemeinsam mit der der Gesellschaft für Freiheitsrechte erhoben. Über diesen juristischen Erfolg haben wir mit David Werdermann, Verfahrenskoordinator bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte, gesprochen.“ Interview vom 17. September 2024 im Radio Dreyeckland
- mit den folgenden Leitsätzen zum BVerfG-Beschluss Az. 1 BvR 2133/22 :
- Das Hessische Landesamt für „Verfassungs“schutz und seine verfassungswidrige Schnüffelpraxis wird einer erneuten Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterzogen
„Dauerhafte Ortung von Mobilgeräten? Einsatz von verdeckten Ermittler*innen? Trotz einer Novellierung in 2023 sieht das Hessische Verfassungsschutzgesetz kaum Hürden für die grundrechtsintensiven Maßnahmen vor. Das ist nach Bewertung der Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V. (GFF) verfassungswidrig. Bereits 2019 hatte die GFF gegen das im Jahr 2018 novellierte Hessische Verfassungsschutzgesetz (HVSG) Verfassungsbeschwerde eingereicht. 2022 setzte dann das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (Aktenzeichen: 1 BvR 1619/17) Maßstäbe für alle weiteren Verfassungsschutzgesetze – so auch für das in Hessen. Die GFF stellt trotz der im Jahr 2023 erfolgten erneuten Novellierung fest, dass das Gesetz in weiten Teilen weiterhin verfassungswidrig ist. Nach eingehender Prüfung hält die GFF an ihrer Verfassungsbeschwerde fest, die bereits gegen das Hessische Polizeigesetz Erfolg hatte. Neben anderen Klägerinnen, z. B. die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz – haben zwei hessische Antifaschist*innen, beide aktive Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschist*innen (VVN), mit Unterstützung der GFF dem Bundesverfassungsgericht ihre „Verfolgungsgeschichte“, die Nachstellungen durch das Hesssiche Landesamt für Verfasssungsschutz vorgetragen…“ Meldung vom 26. September 2023 bei Datenschutzrheinmain – siehe zum Hintergrund auch:- Dossier: [“NSU 2.0”] Morddrohungen gegen Linke-Abgeordnete und weitere, nicht nur in Hessen: Mit polizeilichen Daten
- Dossier: Die hessische Drohkampagne mit Hilfe von Polizei-Daten: Öffentliche Untersuchung statt polizeilicher (Selbst)Ermittler
- Dossier: Was wusste der (hessische) Verfassungsschutz? Erkenntnisse zu NSU/Rechtsterroristen im Geheimdossier
- Bundesland Hessen in bester Verfassung? Artikel von Tim Blaschke vom 11.9.2019
- Hessens Versammlungsgesetz vor Gericht
„… Die hessische Linksfraktion klagt gegen das im März vom Landtag beschlossene Versammlungsgesetz. Der neue Rechtsrahmen sei verfassungswidrig, sagte der innenpolitische Sprecher der Linken, Torsten Fehlstehausen, am Montag auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden. Die Linke will deshalb eine Normenkontrollklage vor dem Staatsgerichtshof des Bundeslandes erheben und die Vereinbarkeit mit der Verfassung von Bund und Ländern überprüfen lassen. (…) Laut Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) soll das »Versammlungsfreiheitsgesetz« eine friedliche Demonstrationskultur fördern. Der Staats- und Verwaltungsrechtler Clemens Arzt, der Die Linke bei der Klage vertritt, spricht lieber von einem »Beschränkungsgesetz«. Die Polizei werde »ein zentraler Player bei Versammlungen«, kritisierte Arzt am Montag. Als ehemaliger Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin kennt er sich mit Polizei und Protest gut aus. Im Fachbereich Polizei und Sicherheitsmanagement hat Arzt über viele Jahre Polizeikommissare ausgebildet. (…) Ein ähnlich weitreichendes Versammlungsgesetz wie in Hessen hatte zuletzt Nordrhein-Westfalen erlassen. Anfang 2022 hat ein linkes Bündnis deshalb eine Beschwerde vor dem Landesverfassungsgerichtshof dagegen eingereicht. Zu den acht Beschwerdeführenden gehört Michèle Winkler, politische Referentin im Komitee für Grundrechte und Demokratie. Winkler hat auch für das hessische »Versammlungsfreiheitsgesetz« in der Expertenanhörung eine Stellungnahme verfasst. Darin kritisiert sie die umfassenden neuen Überwachungsmöglichkeiten, darunter die Speicherung von Übersichtsaufnahmen, die namentliche Erfassung von Ordnern oder die mögliche Auflage zur Einrichtung von Kontrollstellen beim Zugang zu Versammlungen. »Zusammen genommen schreckt dieses Gesetz auf vielerlei Art davon ab, Versammlungen zu veranstalten und daran teilzunehmen«, so Winkler zum »nd«. Dies gehe zulasten einer lebendigen Demokratie.“ Artikel von Matthias Monroy vom 3. Juli 2023 in Neues Deutschland online - Hessischer Landtag verabschiedet trotz Protesten mit den Stimmen von CDU und Grüne das „Versammlungsgesetz“
- Landtag beschließt umstrittenes Versammlungsgesetz – Linke sorgt für Eklat
„Mit den Stimmen von CDU und Grünen hat der hessische Landtag am Dienstagabend (21. März) das neue „Hessische Versammlungsfreiheitsgesetz“ zur Regelung von Kundgebungen und Demonstrationen beschlossen. Die Oppositionsfraktionen von SPD, AfD, FDP und Linkspartei stimmten gegen den Gesetzesentwurf. Die Abgeordneten der Linksfraktion sorgten nach der Abstimmung für einen Eklat, weil sie für einige Sekunden rote Pappschilder mit dem Aufdruck „Grundrechte schützen, Versammlungsgesetz stoppen“ in die Höhe hielten. Derartige Proteste im Plenarsaal sind nach der Geschäftsordnung des Landtages nicht zulässig. (…) Innenminister Peter Beuth nannte das Regelwerk „ein zukunftsweisendes und ein modernes Gesetz“, das die Versammlungsfreiheit fördere und rechtliche Klarheit für Demoteilnehmer:innen und Behörden schaffe. Die Kritik aus der Opposition sei „überwiegend falsch“, urteilte Beuth. Der Grünen-Abgeordnete Lukas Schauder betonte, das Gesetz verbessere den Schutz von Journalist:innen auf Demos, verbessere den Datenschutz bei von der Polizei angefertigten Videoaufnahmen von Versammlungen und schränke die Versammlungsfreiheit nicht unnötig ein. (…) Die Linksfraktion werde vorm hessischen Staatsgerichtshof gegen das neue Gesetz klagen.“ Artikel von Hanning Voigts vom 22.03.2023 in der FR online , siehe zum „Eklat“: - „Soeben hat der Hessische Landtag mit den Stimmen von CDU und Grüne das verfassungswidrige #Versammlungsgesetz verabschiedet. Wir haben unseren Protest dagegen auch im Parlament deutlich gemacht. Wir werden nun vor dem Staatsgerichtshof klagen! #Nohversfg #hlt #hessen“ Tweet von Linksfraktion Hessen vom 21. März 2023 mit Protestfoto
- Landtag beschließt umstrittenes Versammlungsgesetz – Linke sorgt für Eklat
- Versammlungsfreiheitsgesetz: DGB sieht Gefahr der Einschränkung von Grundrechten
„Anlässlich der geplanten Neuregelung des Versammlungsrechts in Hessen äußert der DGB Hessen-Thüringen weitreichende Kritik an der Gesetzesvorlage der Landesregierung. Dazu sagt die stellvertretende Bezirksvorsitzende Renate Sternatz: „Grundsätzlich begrüßen wir das anvisierte Vorhaben der Landesregierung, „die friedliche Demonstrationskultur in Hessen“ zu stärken. Positiv ist, dass Aufzüge von Neonazis an symbolträchtigen Orten und Tagen mit Bezug zum Nationalsozialismus leichter unterbunden werden sollen. Der vorgelegte Gesetzentwurf geht aber am Ziel, die friedliche Demonstrationskultur in Hessen zu stärken vorbei. Unser Eindruck ist, dass die Durchführung auch von demokratisch-gesinnten Versammlungen zukünftig erschwert und dadurch die Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden soll.“ So sollen zukünftig bereits Flugblattverteilungen oder Banneraktionen von zwei Personen anmeldungspflichtig sein, was zu einem erheblichen Mehraufwand führe. Auch soll die bisher geltende Anmeldefrist von 48 Stunden vor Bekanntgabe einer Versammlung an Wochenend- und Feiertagen auf vier Kalendertage ausgedehnt werden. „Das legt der zeitnahen Ausübung der Meinungsfreiheit deutliche Hürden in den Weg“, so Sternatz. Aus Sicht der Landesregierung solle dadurch eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die von politischen Versammlungen ausgehe, eingeschränkt werden. Daher sollen auch die Sicherheitsbehörden weitreichende Befugnisse erhalten, etwa eine vereinfachte Erfassung personenbezogener Daten von Demonstrationsteilnehmer*innen und Ordner*innen oder die Ausweitung der Möglichkeit von Bild- und Tonaufnahmen. Dies stellt aus Sicht des DGB Hessen-Thüringen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. In der Vergangenheit hatte das Bundesverfassungsgericht immer wieder deutlich gemacht, dass gerade Videoaufnahmen auf viele Teilnehmende eine abschreckende Wirkung haben können. Auch die Ausweitung des Vermummungsverbotes ist aus Sicht des Gewerkschaftsbundes überzogen…“ Pressemitteilung vom 20.03.2023 des DGB Hessen-Thüringen - Frankfurt/M am 18.03: Hessisches Versammlungsgesetz stoppen!
„… Vergangenen Samstag haben bereits rund 1000 Menschen in der Landeshauptstadt Wiesbaden gegen das geplante Versammlungsgesetz demonstriert. Der Aufruf der Demonstration wurde unter anderem von Fridays For Future, der ver.di Jugend Hessen und DGB Jugend Frankfurt, sowie vielen weitern Gruppen geteilt. Begleitet wurde der bunte und diverse Protest gegen das geplanten Versammlungsgesetz von einer unverhältnismäßigen Polizeipräsenz. Die Veranstalter*innen verurteilen dieses Vorgehen: “Lange Polizeiketten, ein Großaufgebot an Polizist*innen und die demonstrative Anwesenheit eines Wasserwerfes zeigen deutlich, dass unser friedliche Protest nicht erwünscht ist. Wir lassen uns davon aber nicht einschüchtern!”, sagt Jaspar Reimann, Pressesprecher der Arbeitsgruppe gegen das hessische Versammlungsfreiheitsgesetz. Nun soll der Protest am 18. März – einige Tage vor der Abstimmung im Landtag – um 15:30 Uhr auf dem Willy Brandt Platz in Frankfurt unter dem Motto Versammlungs”Freiheits”Gesetz-stoppen weiter gehen…“ Aus dem Aufruf auf der Aktionsseite - Versammlungsfreiheit durch Gesetz? Zum Entwurf eines Versammlungs’freiheits’gesetzes in Hessen
„In ihrem Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vereinbarten CDU und Bündnis 90/Die Grünen, über 15 Jahre nach „Freigabe“ des Versammlungsrechts für die Gesetzgebung der Länder durch die Föderalismusreform II, ein entsprechendes Landesgesetz auf den Weg zu bringen: „Wir werden ein Hessisches Versammlungsfreiheitsgesetz schaffen, in welchem das Verhältnis von Versammlungsrecht und Polizeirecht klar geregelt wird. (…) Den staatlichen Auftrag, das Demonstrationsrecht zu schützen, werden wir ebenso gesetzlich verankern wie das Kooperationsgebot für alle Beteiligten bei der Durchführung von Demonstrationen. Außerdem werden wir ein Militanz- und Einschüchterungsverbot einführen, um auch in Zukunft die Friedlichkeit von Demonstrationen gewährleisten zu können. Wir orientieren uns dabei an dem schleswig-holsteinischen Versammlungsfreiheitsgesetz.“ Was dies für die Versammlungsfreiheit in Hessen in concreto bedeutet, soll hier vorgestellt werden. In der Anhörung im Hessischen Landtag am 6. Februar 2023 zum Gesetzentwurf vom 4. November 2022 machten Sachverständige aus der Rechtswissenschaft1) indes gleichsam vor die Klammer gezogen auf ein gravierendes Problem aufmerksam, welches das gesamte Projekt als unvollendet in die Annalen der 20. Legislaturperiode eingehen lassen könnte: die Hessische Verfassung…“ Umfangreicher Kommentar von Prof. Dr. Clemens Arzt am 22. Februar 2023 im Verfassungsblog - Systematische und umfassende Angriffe auf die Versammlungsfreiheit: Das hessische „Versammlungsfreiheitsgesetz“ stoppen!
„Die schwarz-grüne Landesregierung will vor der Landtagswahl in Hessen ein eigenes Versammlungsgesetz verabschieden und damit das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit massiv einschränken. Die zweite und dritte Lesung sowie der Beschluss für das Gesetz sind für Ende März geplant. Das geplante Gesetz beinhaltet systematische und umfassende Angriffe auf die Versammlungsfreiheit: Es legt einen deutlichen Schwerpunkt auf Gefahrenabwehr und gibt der Polizei weitgehende Möglichkeiten, die Ausübung dieses Grundrechts einzuschränken. So enthält das Gesetz unter anderem einen ausführlichen Straftatenkatalog, der der Polizei Eingriffe in Versammlungen und Demonstrationen ermöglicht – was oft zu einer Eskalation der Situation führt. Mit einer Liste von 18 Ordnungswidrigkeiten übertrumpft das Gesetz sogar noch die bayerische Gesetzgebung. Die Anmeldung von Versammlungen wird erschwert. Die Bezeichnung als „Versammlungsfreiheitsgesetz“ grenzt angesichts dessen an Satire. (…) Auch von Versammlungsanmelder*innen und Ordner*innen sollen in Zukunft mehr Daten gesammelt werden. Künftig sollen sie geprüft werden und auch als ungeeignet abgelehnt werden können. „Wir lehnen solche versammlungsrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfungen entschieden ab“, sagt Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Rote Hilfe e.V. Es soll Menschen sogar im Vorfeld verboten werden können, an Demonstrationen teilzunehmen. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, Personen grundsätzlich die Teilnahme an Versammlungen zu versagen und damit deren Grundrechtsausübung vollständig aufzuheben. (…) Versammlungsbeschränkungen sollen gemäß § 14 (1) schon bei unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Ordnung zum Tragen kommen. Was diese „öffentliche Ordnung“ genau meint, ist allerdings nicht definiert. „Diese vage Formulierung ist ein massiver Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Einzelnen und lädt zu polizeilicher Willkür ein“, sagt Sommerfeld. (…) Statt der geplanten Verschärfungen fordert Sommerfeld, die Versammlungsfreiheit politisch zu verteidigen und auszubauen. „Wir lehnen dieses sogenannte Versammlungsfreiheitsgesetz als einen Versuch, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit massiv zu beschneiden, entschieden ab. Das neue Gesetz öffnet Tür und Tor für polizeiliche Willkürmaßnahmen im Umgang mit Versammlungen und Demonstrant*innen.“…“ Kritik des Bundesvorstands der Roten Hilfe e.V. vom 20. Februar 2023 - Gestutzte Versammlungsfreiheit – Umfassende Kritik am schwarz-grünen Entwurf für ein hessisches Versammlungsgesetz
„Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen hat im November 2022 einen Entwurf für ein eigenes Versammlungsgesetz für Hessen vorgelegt. Der Entwurf wird den Anforderungen an ein freiheitliches und modernes Versammlungsgesetz nicht gerecht und wird die Versammlungsfreiheit in Hessen empfindlich einschränken. Das Grundrechtekomitee hat dem Landtag in Wiesbaden anlässlich der Öffentlichen Anhörung im Innenausschuss am 6. Februar 2023 eine Stellungnahme vorgelegt…“ Stellungnahme am 5.2. 2023 beim Grundrechtekomitee - „Die Polizei bekommt zu viele Befugnisse“ – Hessen gibt sich ein eigenes Versammlungsgesetz.
Michèle Winkler vom Komitee für Grundrechte und Demokratie sieht im Interview von Hanning Voigts vom 1. Februar 2023 in der Frankfurter Rundschau online den schwarz-grünen Entwurf an zentralen Stellen kritisch: „… Wenn die hessische Landesregierung ein modernes und wegweisendes Gesetz hätte machen wollen, hätte sie sich mehr Mühe geben müssen. (…) Der Entwurf versucht, aus der umfangreichen Rechtsprechung ein umfassendes Regelwerk zu schaffen. Dieser Anspruch ist an sich sinnvoll, weil so ein Gesetz hilfreich für Anwender:innen sein soll und das Bundesgesetz von 1953 längst durch Rechtsprechung überholt ist. Aber im hessischen Entwurf ist zum Beispiel die Definition von Versammlungen auf den alleinigen Zweck verengt, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken. Das wirkt auf mich so, als wolle man Veranstaltungen, die sowohl Meinungsbildung als auch weitere Zwecke verfolgen, von der Versammlungsfreiheit ausschließen, etwa Camps oder Tanz-Demos. (…) In der Gesetzesbegründung heißt es, dass Demoblöcke per se aggressiv wirken können, das macht mir Sorgen. Das Ziel solcher Blöcke ist ja, bei Großdemonstrationen, an denen unterschiedliche Spektren teilnehmen, unterschiedliche inhaltliche Ausrichtungen sichtbar zu machen. Das ist von der Versammlungsfreiheit gedeckt. Ich befürchte hier den politischen Willen, zusätzliche Beschränkungen bei der Ausdrucksform einzuführen. (…) Auch Unversöhnlichkeit und starken Dissens kann man auf einer Demonstration legitimerweise nach außen tragen. Das ist ja der Kern der Versammlungsfreiheit, deutlich zeigen zu können, dass man mit etwas gar nicht einverstanden ist. (…) Grundsätzlich ist es wichtig, dass man zu Demonstrationen gehen kann, ohne der Gefahr zu unterliegen, in seiner politischen Zuordnung erfasst zu werden. Die Schwelle, Identitätsfeststellungen zu machen, ist in dem Entwurf viel zu gering. (…) Die Befugnisse zu Videoaufnahmen sind in dem Entwurf viel zu weitgehend, insbesondere bei den Übersichtsaufnahmen, die ohne jeden Bezug auf eine Gefahrprognose möglich sein sollen. Es schreckt Menschen auf jeden Fall von der Ausübung ihrer Versammlungsfreiheit ab, wenn Demonstrationen von der Polizei gefilmt werden. Zumal die Kameratechnik heute so weit ist, dass man mit Übersichtssaufnahmen jede Person identifizieren kann. (…) Ein Versammlungsgesetz soll die Versammlungsfreiheit gewährleisten. Und diesem Gesetz merkt man wie anderen Landesgesetzen an, dass es sehr stark mit polizeilichem Blick geschrieben ist. Die Polizei bekommt zu viele Befugnisse bei Versammlungen, kann Teilnehmer:innen ausschließen oder Ordner:innen ablehnen. Und das, obwohl Versammlungen staatsfrei sein sollen und ihren eigenen Ausdruck wählen können. So wird das demokratische Wesen einer Demonstration zugunsten der Gefahrenabwehr gestutzt. Im hessischen Entwurf kommt sogar der Begriff der „öffentlichen Ordnung“ vor, was die Gesamtheit der gängigen Sitten bezeichnet. Das ist ein total unbestimmter Rechtsbegriff, aufgrund dessen man die Versammlungsfreiheit nicht beschränken darf. (…) Die Möglichkeiten der Videoüberwachung und Vorkontrolle müssen eingeschränkt werden, außerdem sollte man mal darüber nachdenken, wie man das demokratische Recht auf Versammlungsfreiheit breit schützen kann, ohne in Polizeilogik zu verfallen. Das Parlament könnte zum Beispiel diejenigen, die dieses Recht ausüben, also etwa regelmäßig Demonstrationen veranstalten, zu einer Anhörung einladen – nicht nur Sachverständige, Polizei und Rechtsprofessoren. Oder man könnte Fristen für die Versammlungsbehörden einführen, bis wann die sich nach einer Anmeldung zurückmelden müssen. Das passiert oft sehr spät, was die Organisation gerade größerer Demonstrationen sehr erschwert.“ - Polizeigesetz: Hessen will Kameraüberwachung ausweiten
„… Im März hat die schwarz-grüne hessische Landesregierung einen Entwurf zur Anpassung des hessischen Polizeigesetzes eingebracht. Die Abwehr von Gefahren solle optimiert werden, „insbesondere im Hinblick auf eine effektivere Bekämpfung des Rechtsextremismus“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Doch die geplante Polizeigesetz-Änderung würde vor allem die Freiheitsrechte der Bürger*innen einschränken. Aus diesem Grund regt sich in der Opposition Widerstand gegen das geplante Gesetz. Der innenpolitische Sprecher der Linkspartei bezeichnet den Entwurf als „Mogelpackung“. „Zahlreiche Regelungen haben mit verstärktem Kampf gegen rechts nicht das Geringste zu tun“, so Torsten Felstehausen. (…) Die Landesregierung will Orte wie Flughäfen, Bahnhöfe, Einkaufszentren und Packstationen automatisch als „Gefahrenpunkte“ einstufen. An diesen Orten könnte die Polizei dann Videoüberwachung durchführen, ohne das besonders begründen zu müssen. (…) In dieser Sicherheitslogik ist auch geplant, das sogenannte IP-Tracking auszuweiten. Es wäre demnach bereits zur Gefahrenabwehr möglich, also bevor eine Person eine Straftat begangen hat. Beim IP-Tracking kann die Polizei beispielsweise mithilfe einer präparierten E-Mail die IP-Adresse von Nutzer*innen herausfinden, um sie leichter identifizieren zu können. Mit dem Gesetz würde auch die Höchstdauer von richterlich angeordneten geheimen Observationen fallen. Aktuell sind Maßnahmen wie Wohnraumüberwachung oder Abhörmaßnahmen auf maximal ein Jahr befristet. In Zukunft könnten diese von einem Gericht in Drei-Monats-Schritten verlängert werden. (…) Vieles im Gesetz bezieht sich nicht explizit auf die Gefahr von Rechtsextremisten innerhalb und außerhalb der Polizei. Allerdings strebt die Regierung eine Reform der hessischen Polizei-Spezialeinheiten an. Nachdem Beamte des Frankfurter SEK durch extrem rechte Chats aufgefallen waren, sollen die verschieden Spezialeinheiten SEK, MEK und andere zusammengelegt werden. (…) Dem Politikwissenschaftler Maximilian Pichl geht das nicht weit genug. In seiner schriftlichen Stellungnahme schreibt er: „Die rein organisatorischen Veränderungen adressieren jedoch nicht eindeutig das Problem, wie zukünftig gegen Rassismus innerhalb der Sicherheitsbehörden vorgegangen werden kann.“…“ Beitrag von Thomas Seifert vom 15. Juli 2022 bei Netzpolitik.org , siehe auch:- Hessen plant nahezu flächendeckende Videoüberwachung und deutlich mehr Befugnisse für die Polizei
„In Hessen plant Schwarz-Grün Änderungen am Sicherheitsgesetz. Die geplante Videoüberwachung schockierte Professoren als auch die Opposition. (…) Die schwarz-grüne Landesregierung will der Polizei in Sachen Videoüberwachung künftig deutlich mehr Befugnisse einräumen. (…) Kritiker befürchten statt einer effektiveren Bekämpfung des Rechtsextremismus eine erhebliche Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. (…) Schwarz-Grün will Orte wie Flughäfen, Bahnhöfe, Einkaufszentren und Packstationen automatisch zu Gefahrenpunkten machen. Dort soll die Polizei Videoüberwachung anlasslos durchführen dürfen, ohne dies weiter begründen zu müssen. Die Ausweitung der Videoüberwachung stößt in Teilen auch auf gravierende Bedenken der Experten unterschiedlicher juristischer Fakultäten, die dies für höchst fragwürdig halten. (…) Geplant ist auch das sogenannte IP-Tracking auszuweiten. Dabei können Behörden beispielsweise mithilfe einer präparierten E-Mail die IP-Adressen von Verdächtigen herausfinden. Wohnraum-Überwachungen und große Lauschangriffe dürfen laut der Novelle alle drei Monate verlängert werden. Die Opposition bemängelt, dass schon der reine Verdacht ausreichen würde, um langfristig observiert zu werden…“ Beitrag von Lars Sobiraj vom 18. Juli 2022 bei Tarnkappe.info
- Hessen plant nahezu flächendeckende Videoüberwachung und deutlich mehr Befugnisse für die Polizei
- Wie die Polizei in Hessen zum Geheimdienst wird…
„Mit dem Einsatz der neuen Analysesoftware “Gotham“ betreibt die hessische Polizei “de facto (…) Rasterfahndung“, sagt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke) (…) Da das Palantir-Vergabeverfahren wesentlichen Grundsätzen öffentlicher Vergabeverfahren widerspricht, haben die Oppositionsparteien im hessischen Landtag einen parlamentarischen Untersuchungsausschusses erzwungen, der am 03.07.2018 seine Tätigkeit aufgenommen hat. Aufgrund des Antrags der Fraktionen von SPD und FDP (Landtags-Drucksache 19/6574) hat der Untersuchungsausschuss den Auftrag, umfassend aufzuklären, in welchem Umfang in der Zeit seit 2014 im Zuständigkeitsbereich des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport speziell im Bereich der Hessischen Polizei Auftragsvergaben unter Verstoß gegen die Vorschriften des Vergaberechtes erfolgten, und zwar bei der Beschaffung der Analysesoftware Gotham der Firma Palantir Technologies. Der Ausschuss soll auch prüfen, ob durch die Beauftragung der Firma Palantir hessische Sicherheits- oder Geheimhaltungsinteressen berührt wurden und ob die für den Einsatz der Analysesoftware notwendigen rechtlichen Grundlagen bestanden…“ Beitrag von Tim vom 30. Oktober 2018 bei indymedia - Heftige Kritik am Vorgehen von Schwarz-Grün zur Reform des Verfassungschutzgesetzes und des Polizeigesetzes in Hessen
„Zwei Wochen nach der Beschlussfassung des Landtages wird die Kritik an der Reform des Hess. Verfassungsschutzgesetzes noch einmal laut. Im „Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen“ wurden neben dem Verfassungsschutzgesetz auch das Hessische Gesetz über die Sicherheit und Ordnung (HSOG) sowie das Hessische Ausführungsgesetz zum Artikel 10-Gesetz geändert. Die insgesamt 29 Änderungen im HSOG beinhalten auch die Legitimation des Einsatzes eines Staatstrojaners zum Zwecke der Online-Durchsuchung. Der Hessentrojaner kommt nun also nicht für das Landesamt für Verfassungsschutz, sondern für die Polizei. „An unserer Kritik hat sich seit dem ersten Gesetzesentwurf nichts geändert. Der CCC lehnt das Vorhalten und den Einsatz von staatlicher Spionagesoftware weiterhin entschieden ab“, so Marco Holz vom CCC Darmstadt. Kritikwürdig ist neben den vielen inhaltlichen Schwächen der Gesetzesreformen auch das Vorgehen der schwarz-grünen Koalition…“ Beitrag der CCC-Darmstadt e.V. vom 6. Juli 2018 - Neues Polizeigesetz in Hessen: Der schwarz-grüne Staatstrojaner
„Unter Protest der Opposition wollen CDU und Grüne in Hessen noch diese Woche ein umstrittenes Gesetzespaket durch den Landtag bringen. Tumultartige Szenen, gegenseitige Beleidigungen, Rügen des Präsidiums. Nach einer turbulenten Landtagsdebatte haben am Dienstagabend die hessischen Regierungsparteien CDU und Grüne den Weg für das umstrittene Gesetzespaket freigemacht, das der hessischen Landespolizei das Eindringen in Smartphones und Computer per Staatstrojaner erlaubt. Der hessische Verfassungsschutz darf künftig private Wohnungen ausspähen, bei Gefahr in Verzug auch ohne richterlichen Beschluss. Die Regierungskoalition will ihre Mehrheit nutzen, das Paket in der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause durchzudrücken. In einer ungewöhnlichen Allianz versuchen SPD, Linkspartei und FDP die Gesetzesänderungen noch aufzuhalten. (…) Schwarz-Grün hatte zunächst den Einsatz von Staatstrojanern und die Ausspähung von Smartphones im Verfassungsschutzgesetz regeln wollen. Nach heftiger Kritik von Verfassungsrechtlern, Datenschützern und der grünen Landesversammlung verschoben die Regierungsparteien die Regelungen kurzfristig ins Polizeigesetz. Linkspartei und Liberale nannten das Vorgehen in ungewohnter Allianz einen „Tiefpunkt des Parlamentarismus“...“ Artikel von Christoph Schmidt-Lunau vom 20.6.2018 in der taz online
- „Ein rechtsstaatswidriger Freibrief für kriminelles Handeln in staatlicher Mission“ – Dr. Rolf Gössner zum geplanten neuen Verfassungsschutz- und Polizeigesetzes in Hessen und zum BigBrotherAward für die Fraktionen von CDU und Bündnis90/Die Grünen im hessischen Landtag
„… Ich bezeichne diese geplante V-Leute-Regelung als einen rechtsstaatswidrigen Freibrief für kriminelles Handeln in staatlicher Mission, der so nicht Gesetz werden darf. Denn damit würden die bisherigen Geheimdienst-Skandale praktisch legalisiert und mit ihnen auch die obszönen Verflechtungen des Verfassungsschutzes in rassistische, kriminelle und gewalttätige Neonaziszenen. Und im Fall der geplanten geheimdienstlichen Regelüberprüfung künftiger Mitarbeiter von Demokratie- und Präventionsprojekten ist meines Erachtens davon auszugehen, dass diese letztlich auf systematischer Gesinnungsschnüffelei beruhen werden. Die Betroffenen werden damit praktisch pauschal zu Sicherheitsrisiken erklärt und unter Generalverdacht gestellt. Dieses gesetzliche Misstrauensvotum untergräbt Akzeptanz und Vertrauen, die für eine erfolgreiche Arbeit solcher zivilgesellschaftlichen Projekte unerlässlich sind. Und außerdem erinnert es fatal an unselige Zeiten menschenrechtswidriger Berufsverbote, wenn der Verfassungsschutz auch ermächtigt werden soll, personenbezogene Überwachungsdaten an öffentliche Stellen zu übermitteln – und zwar, so wörtlich, zur „Überprüfung der Verfassungstreue von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben“. (…) Der Hessische Gesetzentwurf reiht sich – mit besonders prekären Regelungen – in eine bundesweite Entwicklung ein, mit der Grund- und Freiheitsrechte per Verfassungsschutz- und Polizeirechtsreformen abermals massiv eingeschränkt werden, um vermeintlich mehr Sicherheit zu erreichen…“ Interview von Marcus Klöckner mit Rolf Gössner bei den NachDenkSeiten vom 6. Mai 2018 – Rolf Gössner ist Mitglied der Jury des BigBrotherAwards
Grundinfos:
- Siehe zum Widerstand: hessisches Versammlungsgesetz stoppen! auf Twitter und die Homepage mit allen Infos sowie #NoHVersFG
- Siehe zum Hintergrund von BBA und anderen Preiträgern BigBrotherAwards 2018
- Siehe auch das Dossier von 2017: Ausbau des Verfassungsschutzes: Hessen plant umfassende Spitzelei, auch von Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus und Rassismus [Extremismusklausel]