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Mietexplosion geht weiter: Kommt die „Explosion“ der MieterInnen-Bewegung?
Die Entwicklung der Mieten geht, politisch gewollt und ungebremst, weiter: Nach oben und tatsächlich oftmals explosionsartig. Die Angst, irgendwann – in nicht sehr ferner Zukunft – den Mietpreis nicht mehr bezahlen zu können, verbreitet sich. Was dazu führt, dass auch Widerstand und Protest anwachsen, die Zahl entsprechender Aktivitäten und darin engagierter Menschen steigt. Grund genug, Überlegungen anzustellen, wie solche Kämpfe, solche Anliegen befördert werden können. Sicherlich nicht durch eine örtliche Politik, die in Großprojekten, teuren Neusiedlungen und Events ein Heilmittel sucht – und dafür auch immer wieder kollektive Projekte räumen lassen will. Aber auch nicht durch einen Widerstand, der sich nur mehr an politische Instanzen richtet, ohne richtig Front gegen die Eigentümer zu machen. MieterInnen-Gewerkschaften – eine der Ideen, die in unserer kleinen Sammlung diskutiert werden. Siehe aktuelle Beiträge und Analysen-Überlegungen zu Protesten gegen Mieterhöhungen, Widerstand gegen Räumungen, zur Kritik bürgerlicher Stadtpolitik und zur Organisierungsmöglichkeiten des Widerstandes…
- „WIDERSETZEN: Mietendemo Samstag 14. April 2018“ am 22. März 2018 beim Bündnis für eine solidarische Stadt in Berlin wird fasst die aktuelle Entwicklung und ihre Auswirkungen in der Stadt zusammen, die auf dem besten Wege ist, an die Spitze der Teuerung zu gelangen und doch nur ein weiteres Beispiel ist für die allgemeine Entwicklung: „In Berlin werden Menschen durch steigende Mieten verdrängt. Mietwohnungen werden in Eigentum umgewandelt. Nachbarschaften werden zerstört. Soziale Einrichtungen und Gewerbetreibende finden keine bezahlbaren Räume mehr. Die Obdachlosigkeit wächst. Rassismus und Diskriminierung erschweren zusätzlich die Wohnungssuche. Selbst am Stadtrand gibt es kaum noch bezahlbaren Wohnraum. 74% sehen in den hohen Wohnkosten eine Gefahr, die Wohnung zu verlieren oder zu verarmen.* Fast die Hälfte der Berliner Mieter*innen befürchtet, sich in den nächsten 2 Jahren die Wohnung nicht mehr leisten zu können.(…) In dieser Gesellschaft wird mit Wohnungen und dem öffentlichen Raum Geld gemacht. Wohnungen werden wie Waren gehandelt, die den Profit steigern sollen. Immer mehr Einkommen geht für die Miete drauf. Mieter*innen konkurrieren um sogenannten günstigen Wohnraum oder Sozialwohnungen, die Mangelware geworden sind. Aber menschenwürdiges Wohnen ist ein Grundbedürfnis und Menschenrecht. Deshalb muss das Prinzip „Profit vor Menschen“ abgeschafft werden“.
- „Breites Bündnis startet Wohnraumkampagne!“ am 22. März 2018 bei der Stadtredaktion kommentiert zur studentischen Kampagne: „Im April soll so vor allen Dingen ein breites Bewusstsein für die Problematik geschaffen werden, und das Thema Wohnraum wieder mehr in den öffentlichen Diskurs gerückt werden. „Insbesondere zu Semesterbeginn spitzt sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu, viele Student*innen bleiben wochenlang wohnungslos, müssen in Notschlafquartieren unterkommen und die Wohnungen, die evtl. verfügbar sind, übersteigen das Budget der Student*innen eigentlich immer“, erläutert Johannes Glembek aus dem Bündnis. „Anschließend werden im Mai neben einem Call for Organizing mögliche Lösungen aufgezeigt. Um dem Problem Wohnraum zu begegnen, ist es notwendig sich mit Alternativen zu klassischem Wohnen auseinanderzusetzen und Wohnraum als gesellschaftliche Aufgabe zu begreifen.“, ergänzt Tobias Eisch vom Bündnis. Im Juni soll sich vor allen Dingen der Situation internationaler Student*innen gewidmet werden, die bei der Wohnungssuche zusätzlich vielen rassistischen Vorurteilen ausgesetzt sind. „Insbesondere bei dem gesellschaftlichen Rechtsruck, müssen wir uns ausführlich den rassistischen Strukturen auf dem Wohnungsmarkt widmen und uns mit ihnen auseinandersetzen. Es geht uns darum, die Probleme aller sichtbar zu machen, damit rassistische Strukturen und Wohnungsnot gemeinsam bekämpft werden können“, führt Maimouna Ouattara von Studis gegen Wohnungsnot aus“.
- „Der Mythos der sozialen Durchmischung“ von RNRM am 20. März 2018 bei Realize Ruhrgebiet ist ein Beitrag zur Kritik an einem Grund-Glaubenssatz bürgerlicher Stadtpolitik: „Das Ruhrgebiet ist in Folge des Strukturwandels als fortschreitende De-Industrialisierung gekennzeichnet von einer hohen verfestigten Arbeitslosigkeit und einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen, die sich in bestimmten Stadtvierteln verdichten. Bekannt ist das extreme Nord-Süd-Gefälle in Essen mit seinem „reichen“ Süden und „armen“ Norden. Auch die Dortmunder Nordstadt wird immer wieder als Beispiel für ein „Armutsquatier“ genannt. Segregation in Form verdichteter Armut findet im Ruhrgebiet tatsächlich statt – wenn auch regional sehr unterschiedlich und weit entfernt von offenen Verslummungstendenzen oder sogenannten „No-go-Areas“, die von Politiker*innen oder Medien manchmal herbei fantasiert werden. Thematisiert wird meistens nur die unfreiwillige Segregation der unteren Bildungs- und Einkommensgruppen und nicht die freiwillige Segregation der obere Mittelschichten: Die Konzentration von Armut wirke sich negativ auf die Bewohnerschaft aus. Durch den fehlenden Kontakt zu sozial erfolgreichen Haushalten und damit dem Fehlen von positive Rollenbildern, würde sich eine „Kultur der Armut“ etablieren und zusammen mit infrastrukturellen Defiziten und Stigmatisierungsprozessen allein durch den Wohnort, eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Doch eine „soziale Durchmischung“ kann keine sozialen Probleme lösen! Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass sich an individuellen Notlagen und Benachteiligungen durch eine bessere soziale Mischung in einem Stadtteil nichts ändert. Die Teilhabemöglichkeiten von Menschen sind nicht abhängig von einer sozialräumlichen Bevölkerungsstruktur sondern vom Zugang zu Bildung, Arbeit und Einkommen, Wohnen, Freizeitmöglichkeiten und Mobilität. Räumliche Faktoren erklären keine sozialen Phänomene“.
- „Positionen des Netzwerks »Stadt für Alle« zur Neugestaltung der Bochumer Innenstadt“ am 08. März 2018 von und bei Stadt für Alle im Zuge einer konkreten Kritik an der Bochumer Stadtpolitik: „Der Rat der Stadt Bochum hat beschlossen, das Bildungs- und Verwaltungszentrum in der Bochumer Innenstadt abzureißen. Die Stadtbücherei, die Volkshochschule, das Sozialamt, das Jugendamt und die anderen dort untergebrachten Einrichtungen sollen umziehen. Wird das bisherige BVZ-Areal wie geplant für Wohnungsneubau genutzt, fordert das Netzwerk »Stadt für Alle«, dass die Ausgleichsflächen für die betroffenen Einrichtungen ebenfalls in kommunaler Hand bleiben. Reine Mietlösungen oder Public-Private-Partnership-Modelle lehnen wir ab. Vor allem fordern wir jedoch, dass der Wohnraum, der auf dem Gelände des BVZ entstehen soll, gemeinwohlorientiert bewirtschaftet wird. Darunter verstehen wir Wohnungsbau in einer Trägerschaft, deren Ziel es nicht ist Rendite zu erwirtschaften, sondern dauerhaft sozialverträgliche Mietpreise zu garantieren. Diese Trägerschaft kann kommunal-öffentlich sein oder privat, zum Beispiel in Form einer Genossenschaft. Entscheidend ist, dass mit der Vermietung der Wohnungen keine Gewinne erzielt werden, an denen sich Einzelne oder institutionelle Anleger bereichern. Werden Überschüsse erwirtschaftet, sollen sie gemeinwohlorientiert reinvestiert werden. Wir fordern, dass auf dem Gelände Mietwohnungen für Menschen geschaffen werden, die aus unterschiedlichsten Gründen ein Problem haben, sich auf dem freien Markt mit Wohnraum zu versorgen. Wir fordern ein Angebot, das sich an Haushalte richtet, die einen Wohnberechtigungsschein erhalten können (Einpersonenhaushalte bis 28.900 Euro Butto-Jahreseinkommen, Zweipersonen-Haushalte bis 40.700 Euro Butto-Jahreseinkommen). Diese Einkommensgrenzen treffen auf die Hälfte aller Menschen in Bochum zu. Für sie soll der soziale Wohnungsbau bezahlbaren Wohnraum für höchstens 6,10 Euro pro Quadratmeter im Monat schaffen. Einen Wohnungsbau, der sich exklusiv an höhere Einkommensgruppen richtet, lehnen wir ab“.
- „Organisierung statt Befriedung“ am 20. März 2018 von Jessica Sommer im Lower Class Magazin ist ein Beitrag, der sich (vor allem) mit dem Konzept der MieterInnen-Gewerkschaft befasst: „Was sollen wir also tun, damit dieser Funke nicht erlischt? Auch in der jüngeren Vergangenheit gab es immer mal wieder diese Momente der Hoffnung in denen wir Linke dachten, jetzt sei der Moment gekommen, in dem unsere Bewegungen wieder erstarken würden, in dem der Druck von unserer Seite so zunehmen würde, dass wir dem Kapitalismus irgendwie den Gar aus machen würden: die Anti-Globalisierungs-Proteste Anfang des Jahrhunderts waren so ein Moment und natürlich die Platzbesetzungen während und nach Occupy. Doch dann passierte (so gut) wie nichts – und warum eigentlich? Die Politik-Professorin und Marxistin Jodi Dean argumentiert in ihrem klugen Buch „Crowds and Party“, dass die Linke sich davor scheut, langfristige Organisationsstrukturen aufzubauen, weil der Neoliberalismus so wirkmächtig ist, dass der in der Linken und in Linken selbst fortwirkt und so der Individualismus immer über langfristiges Engagement siegt. Ihr Appell: Das wird erst enden, wenn wir attraktive, aber vor allem robuste Alternativen bauen. Sie schlägt den Aufbau einer Partei vor. Das würde allerdings im Fall der Berliner Mieter*innen keinen Sinn machen: eine linke Partei aufbauen, die nur ein Thema hat? Der Misserfolg ist vorprogrammiert. Aber warum eigentlich keine Gewerkschaft gründen? Eine Gewerkschaft würde viele Probleme lösen, die es heute noch in der Mieter*innen-Bewegung gibt. Da wo die Mietervereine versagen, macht die Gewerkschaft überhaupt erst weiter. In London haben sich Mieter*innen mittlerweile in „Renter’s Unions“ zusammengeschlossen und durch Mietenstreiks erste Erfolge gegen Vermieter*innen erzielt. 5 Monate lange hatten Londoner Studierende gegen ihren Vermieter, das University College London gestreikt und gewonnen: die ausstehenden Mieten mussten nicht gezahlt werden und die Miete wurde gesenkt. Auch hierzulande könnten Mietenstreiks ein probates Mittel sein. Gerade die Möglichkeit des Streiks verschiebt auch das politische Kampffeld: heute sind es oftmals die Parteien und die Regierungen die in den Kämpfen angesprochen werden (müssen). Derzeit gibt es kaum Hebel um wirklich gegen Vermieter*innen wie die Deutsche Wohnen anzutreten und ihnen nachhaltig zu schaden“.
- „Auf ein neues Level“ von Redaktion und Ferdi Konun bereits am 27. Mai 2012 in der Direkten Aktion zur selben Fragestellung der MieterInnen-Gewerkschaft: „Im Wesentlichen lassen sich derzeit drei Modelle auf diesem Feld ausmachen: das Engagement in Parteien, um wohnungspolitische Anliegen einzubringen; die Mietervereine, gewissermaßen Schutz- und Versicherungsorganisationen; Stadtteil- und Mieterinitiativen, in denen sich MieterInnen und AnwohnerInnen selbst organisieren. Zwischen diesen Formen kann es Überlappungen geben: So sind Menschen aus Initiativen auch in Parteien aktiv oder arbeiten Mietervereine mit Initiativen zusammen usw. Theoretisch gibt es noch das Konzept einer Mietergewerkschaft, wie es etwa in den USA von der Buffalo Class Action vorgeschlagen wurde. Auch die Ansätze der FAU-Schwestergewerkschaft ZSP in Warschau gehen in diese Richtung (…) Bei der Frage nach den Perspektiven jenes Konzeptes gilt es, dieses in die bisherige Organisationslandschaft einzuordnen (Parteien werden im Folgenden allerdings ausgeklammert). (…) Die Wurzeln der Gewerkschaften waren in vielen Ländern so genannte Arbeitervereine. Diese waren meist Schutzorganisationen, organisierten Versicherungen und Solidarität. Ihr funktionaler Charakter entsprach etwa dem, was wir heute von den Mietervereinen kennen, nur dass diese auf einem anderen Feld tätig sind und sich zu großen, professionalisierten (Dienstleistungs-)Strukturen entwickelt haben. (…) Einen analogen Wandel, hin zu sozialen Kampforganisationen, haben die Mietervereine nicht vollzogen. Dabei haben der Kapitalismus und der Wohnmarkt Bedingungen hervorgebracht, die dies als überfällig erscheinen lassen. Denn die großen Hausverwaltungen setzen viele MieterInnen in direkte Beziehung zueinander, in ihnen findet sich eine konzentrierte Angriffsfläche. So wie sich ArbeiterInnen in Betrieben und Branchen zusammentun, könnten sich MieterInnen nach Häusern und Hausverwaltungen – lokal und überregional – organisieren und potentiell bestimmte Tarife, Wohnstandards und Mitbestimmung durchsetzen, ja sogar ein Übernahmemodell entwickeln“.
- „Räumungsklage gegen das „Haus mit der Roten Fahne“ am 20. März 2018 auf der Haus-Webseite ist die Einladung zu einem Informationsabend am 22. März über einen weiteren Versuch, ein linkes Projekt zu räumen – diesmal in München, in der es unter anderem heißt: „Seit eineinhalb Jahren schwelt in München die Auseinandersetzung um den Erhalt des „Haus mit der Roten Fahne“ auf der Schwanthalerhöhe – über 40 Jahre ein sozialer, kultureller und politischer Treffpunkt der Arbeiterbewegung, genutzt von Antifaschisten und Kriegsgegnern für die Interessen der arbeitenden Mehrheit der Bevölkerung, gegen die Minderheit der Ausbeuter und Spekulanten, der Profiteuren am Elend der anderen, an Leiharbeit, Krieg und der Außerkraftsetzung bürgerlicher Demokratie. Hiermit wollen wir Sie/Euch über den Fortgang der Dinge informieren und zur zweiten Gerichtsverhandlung in Sachen Räumungsklage sowie zu einem Informationsabend einladen. Ungeachtet der öffentlichen Meinung, der Beschlüsse von Bezirksausschuss und Bürgerversammlung Schwanthalerhöhe und des Willens von über 2.200 Petenten hatte der Stadtrat der Landeshauptstadt am 15. Februar 2017 einen Beschluss zur Beendigung des Mietverhältnisses und zur Einreichung der Räumungsklage getroffen und daran festgehalten – angeblich um an dieser Stelle billigen Mietwohnraum zu schaffen (in dem vollen Wissen, dass das unmöglich ist). Tatsächlich wurde in dieser Stadtratssitzung klar gesagt, worum es geht: Der Stadtrat traf seine Entscheidung aus eindeutig politisch motivierten Beweggründen, weil einer Mehrheit aus CSU, Bayernpartei, SPD und offenen Nazis die politische Richtung der Nutzer des Hauses – v.a. der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD – nicht gefällt“.