ver.di und die Eintracht. Peter Balluf über die neue Rechte und die Betriebsratswahlen
„… Wenn nun der DGB-Bundesvorsitzende Rainer Hoffmann aus seinem »Elfenbeinturm« heraus befindet, dass es immer schon (linke) und rechte gewerkschaftsfeindliche Positionen gab und dass es sich dabei um ein »Randphänomen« handelt (Stuttgarter Zeitung vom 26. Februar 2018), dann befindet er sich auf dem Holzweg. In Deutschland zeigten Umfragen zu rassistischen und autoritären Einstellungen schon immer einen »braunen Sumpf«, der sich zwischen 15 und 20 Prozent der Bevölkerung einpendelte und sich in diesem Umfang 2017 erstmals auch im Ergebnis einer Bundestagswahl zeigte. Und wenn in Sachsen die AfD bei der Bundestagswahl sogar die stärkste Partei war, dann kann man da nicht von einem »Randphänomen« sprechen. Rainer Hoffmann ignoriert auch, dass die Rechte bei Bedarf Bündnisse mit dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) und den Resten der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsräte (AUB) eingeht. Vielleicht sollte er mal als Gast beim »Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschafter« teilnehmen. Wie sieht es aber bei den anderen Gewerkschaften aus? Bei der IG BCE und der IG BAU dürfte es ähnlich laufen wie bei der IG Metall, weil sie über gefestigte Strukturen im Betrieb verfügen. Problematisch wird’s bei ver.di mit der »Wundertüte« aus 13 Fachbereichen. Dort sind einer rechtspopulistischen Unterwanderung der Betriebsräte »Tür und Tor« geöffnet…“ Artikel von Peter Balluf[*], erschienen in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 3/2018:
ver.di und die Eintracht. Peter Balluf über die neue Rechte und die Betriebsratswahlen
Bis zum 31. Mai können in allen Betrieben mit entsprechender Größenordnung noch Betriebsratswahlen durchgeführt werden. Besondere mediale Aufmerksamkeit erhielt Anfang März die Betriebsratswahl im Daimler-Konzern. Grund war die Einreichung entsprechender Listen des »Zentrum Automobil e. V.«, einer durch rechte Positionen geprägten Vereinigung. Selbst der Daimler-Vorstandsvorsitzende Zetsche sah sich zu der Aussage: »Wir verfolgen diese Entwicklung mit Sorge, das lässt uns nicht kalt« (Süddeutsche Zeitung vom 12. Februar 2018) bemüßigt. Nach Auszählung des Ergebnisses in den Standorten Wörth, Untertürkheim, Sindelfingen, Rastatt und der Zentrale lässt sich feststellen, dass von insgesamt 221 zu vergebenden Mandaten 158 auf Betriebsräte entfallen sind, die in der IG Metall organisiert sind, 11 Mandate (bei 300 Kandidaten) gingen an das »Zentrum« (detailliert nachzulesen unter www.labournet.de). Das sind weniger Stimmen als erwartet. Aber warum ist dieses Ergebnis für das »Zentrum« eher marginal? Und lässt sich diese Erfahrung auch auf andere Betriebe übertragen?
Zuerst muss man feststellen, dass die IG Metall in Großbetrieben des verarbeitenden und produzierenden Gewerbes historisch stark vertreten ist. Sie verfügt dort über eine entsprechende Zahl an Mitgliedern, hat sich im Betrieb durch einen oftmals sehr aktiven Vertrauensleutekörper organisatorisch stark verankert und stattet die Betriebsgruppen schwerpunktmäßig auch noch mit zusätzlichem Personal (gewerkschaftliche BetreuungssekretärInnen) aus, das ausschließlich für diesen Betrieb zuständig ist. Nicht zu vergessen, dass dafür auch die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die es erlauben, entsprechende Schulungsmaßnahmen zum Thema »Gegen Hass und Gewalt« durchzuführen. Darüber hinaus ist die IG Metall schon seit 2001 federführend in der Initiative »Respekt!«
Wenn nun der DGB-Bundesvorsitzende Rainer Hoffmann aus seinem »Elfenbeinturm« heraus befindet, dass es immer schon (linke) und rechte gewerkschaftsfeindliche Positionen gab und dass es sich dabei um ein »Randphänomen« handelt (Stuttgarter Zeitung vom 26. Februar 2018), dann befindet er sich auf dem Holzweg. In Deutschland zeigten Umfragen zu rassistischen und autoritären Einstellungen schon immer einen »braunen Sumpf«, der sich zwischen 15 und 20 Prozent der Bevölkerung einpendelte und sich in diesem Umfang 2017 erstmals auch im Ergebnis einer Bundestagswahl zeigte. Und wenn in Sachsen die AfD bei der Bundestagswahl sogar die stärkste Partei war, dann kann man da nicht von einem »Randphänomen« sprechen. Rainer Hoffmann ignoriert auch, dass die Rechte bei Bedarf Bündnisse mit dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) und den Resten der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsräte (AUB) eingeht. Vielleicht sollte er mal als Gast beim »Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschafter« teilnehmen.
Wie sieht es aber bei den anderen Gewerkschaften aus? Bei der IG BCE und der IG BAU dürfte es ähnlich laufen wie bei der IG Metall, weil sie über gefestigte Strukturen im Betrieb verfügen. Problematisch wird’s bei ver.di mit der »Wundertüte« aus 13 Fachbereichen. Dort sind einer rechtspopulistischen Unterwanderung der Betriebsräte »Tür und Tor« geöffnet. Begründung:
- ver.di ist in sehr vielen Betrieben nur schwach vertreten (bspw. in Banken unter 10 Prozent, im Handel etwa 20 Prozent der Beschäftigten).
- Funktionierende Vertrauensleutekörper gibt es nur in einer überschaubaren Zahl von Betrieben.
- Die KandidatInnen und deren Rangfolge für eine »ver.di-Liste« werden vom Listenführer nach »Nase« ausgesucht, eine Rückkopplung an die Basis und eine Absprache mit der/dem zuständigen GewerkschaftssekretärIn erfolgt in der Regel nicht.
- Wer nicht auf die »ver.di-Liste« kommt (oder will) kann eine Liste »Heinz Müller in ver.di« einreichen (der Name ist geändert, der Vorgang entspricht den Tatsachen). Dort können sich dann auch Personen mit gewerkschaftsfeindlicher Gesinnung einreihen.
- Oftmals hängt am Schwarzen Brett der Aufruf »Wer will zum Betriebsrat kandidieren?« Das ist dann die Kandidatenliste. Eine rechtliche Bewertung erspare ich mir.
- Und zu guter Letzt: Es fehlt ver.di am nötigen Geld und der (wo-)man power, um einen Wahlkampf mit gewerkschaftlichen und antirassistischen Positionen in die Betriebe zu tragen. Ein Aushang mit den Fotos der BewerberInnen am Schwarzen Brett muss genügen. Und auf der Ebene der Bildungsurlaubsangebote auf Bundesebene gibt es zwar noch entsprechende Angebote, doch in den Schulungsprogrammen für die Betriebs- und Personalräte finden sich seit 2005 keine Veranstaltungen mehr zum Thema »Neue Rechte« (siehe dazu bspw. Schulungsprogramm 2018 von ver.di Rheinland-Pfalz/Saar).
Vermutlich soll das Thema »Neue Rechte« auch eher totgeschwiegen werden. Nachdem der ver.di-Landesbezirk Niedersachsen im März 2017 eine »Handlungshilfe« zum Umgang mit AfD-Mitgliedern ins Netz gestellt hatte und daraufhin ein rechter »Shitstorm« entbrannte, wurde die Seite nach zwei Tagen auf Anweisung des Bundesvorstands vom Netz genommen. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske verkündete dazu in einer Presseerklärung, dass man stattdessen die »inhaltliche Auseinandersetzung« mit Positionen der AfD suche. Was das sein soll, hat er nicht erklärt – aber danach kann man von ver.di zur AfD keine offizielle Verlautbarung mehr finden.
Einzig ein »Kniefall« vor den Rechten ist noch zu verzeichnen und dazu zählt im weitesten Sinne auch der Innenminister von Hessen, Peter Beuth. Was die AfD immer wollte, nämlich ein »Burka-Verbot« haben die Tarifvertragsparteien (Land Hessen und ver.di) im Tarifvertrag für das Land Hessen verbindlich festgeschrieben. Ein Sturm der Entrüstung der politsch bewussten Mitglieder ging durch’s Land, umfangreiche Diskussionen wurden versprochen, aber da hat ver.di einfach auf »Zeit« gesetzt und die Diskussionen sind versandet. Was bleibt? Die StammtischkämpferInnen-Ausbildung im Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus!« – aber was ist daraus eigentlich geworden?
So kommt dann der 31. Mai und das Ende der Betriebsratswahl, es folgt im Juni die obligatorische Presseerklärung mit dem Tenor »besser als 2014« oder »Befürchtungen nicht bestätigt« oder »Demokratie hat gesiegt«. Aber wenn sich dann die »Neue Rechte« über ihre finanziell von der AfD alimentierten »Tarnorganisationen« »AidA« (Arbeitnehmer in der AfD) oder »AVA« (Alternative Vereinigung der Arbeitnehmer) gefunden und abgestimmt hat und »geballt« auf den Betriebsräteseminaren von ver.di b + b (Bildung + Beratung) auftritt, um ihre rechtsradikalen Parolen zu vertreten, dann haben die TeamerInnen ihren »Spaß«.
Dass es auch anders geht, zeigt der immer etwas »knarzig« daher kommende Präsident des Fußballvereins Eintracht Frankfurt, Peter Fischer. In einem Interview mit der FAZ vom 28. Januar 2018 sagte er, dass »niemand bei Eintracht Frankfurt Mitglied sein kann, der diese Partei (gemeint ist die AfD) wählt«. Und auf der anschließenden Mitgliederversammlung setzte er dann nach und verkündete, dass er bei dieser »Aussage nichts zurückzunehmen oder zu relativieren habe«. Die 790 anwesenden Mitglieder dankten es ihm mit Standing Ovations (siehe auch www.hessenschau.de ) und der Verein hat wegen dieser Aussage mehrere hundert Neuaufnahmen zu verzeichnen. Ob ich eine solche Aussage auch noch bei einer Gewerkschaft erleben darf…
* Peter Balluff ist Bankkaufmann und Diplom-Betriebswirt, ehemaliger HBV-/ver.di-Gewerkschaftssekretär und lebt und arbeitet jetzt am Edersee.
- Siehe zum Hintergrund unser Dossier: AfD & Co: Nach den Köpfen nun auch in Betriebe und Betriebsräte?!