[E-Evidence] Ohne richterliche Anordnung: Neue Gesetze sollen Zugriff auf Cloud-Daten im Ausland erleichtern
„Die US-Regierung klagt derzeit gegen Microsoft auf Herausgabe von Daten, die der Konzern auf Servern in Europa speichert. Ein neues Gesetz soll den US-Behörden mehr Kompetenzen verschaffen. Auch die EU-Mitgliedstaaten wollen den Zugang zu Inhalts- und Verkehrsdaten in den USA vereinfachen. Die EU-Kommission plant hierzu einen Legislativvorschlag. Europäische Behörden könnten demnächst bei Internetfirmen in den USA verlangen, auf direktem Wege Inhalts- und Verkehrsdaten herauszugeben. Die Europäische Kommission arbeitet hierzu an einem Legislativvorschlag, der am 17. April veröffentlicht werden soll. Die Regelung richtet sich an alle Firmen, die auf dem europäischen Hoheitsgebiet Dienste erbringen. Im Fokus stehen aber jene aus den USA, darunter Facebook, Google und Microsoft. Die Regelung wäre richtungsweisend für den Umgang mit digitalen Beweismitteln, denn eine richterliche Anordnung soll hierfür nicht erforderlich sein. Damit greift die Initiative tief in die Grundrechte ein. Auf EU-Ebene firmiert der Vorschlag als Erleichterung des Zugangs zu „elektronischen Beweismitteln“ („e-evidence“). Der Prozess startete mit den Schlussfolgerungen des Rates zur Verbesserung der Strafjustiz im Cyberspace vom 9. Juni 2016, in denen die Mitgliedstaaten die Bedeutung von „elektronischen Beweismitteln“ in Strafverfahren zu allen Formen der Kriminalität betont hatten. Von Interesse sind Daten in der Cloud, auf Mailservern, von Messengerdiensten oder auch VoIP-Anrufe….“ Beitrag von Matthias Monroy vom 6. März 2018 bei Netzpolitik – denkt daran: Eine Cloud sind einfach fremde Rechner! Siehe dazu:
- e-Evidence: Bundesregierung fürchtet um Journalisten und Klimaaktivisten
„… Bisher läuft alles geräuschlos. Seit mehr als einem Jahr arbeitet die Europäische Union an einem Gesetz, das Richtern und Staatsanwälten alles viel leichter machen soll. Sie sollen elektronische Beweismittel über Grenzen hinweg beschlagnahmen können, direkt bei Providern in fremden EU-Staaten. Dafür war bislang ein Rechtshilfegesuch nötig, die Justiz im anderen Staat musste zustimmen. Die EU-Kommission möchte, dass stattdessen eine einfache Anordnung ausreicht. Die EU-Kommission schlug die e-Evidence-Verordnung im April 2018 vor, dennoch ist sie in der breiten Öffentlichkeit bisher kaum bekannt. In Fachkreisen sorgt der Vorschlag für Besorgnis. Und nicht nur dort: Auch in der Bundesregierung warnen Juristen vor ihm. Ein Hintergrundpapier des Bundesjustizministeriums, das wir veröffentlichen, beschreibt Szenarien, in denen das neue Gesetz Klimaaktivisten und Journalisten gefährlich werden könnte. (…) Im „Beispielfall Klimaaktivist“ schildert das Hintergrundpapier einen fiktionalen Fall: Behörden im „Mitgliedsstaat X“ nehmen regierungskritische Aktivisten fest. Sie werfen ihnen die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Und nicht nur ihnen: Sie gehen auch gegen User eines deutschen Videoportals vor, die Unterstützung für die Aktivisten bekundeten. Dank e-Evidence kann Staat X beim deutschen Portal die Klarnamen der Poster verlangen. Die deutsche Staatsanwaltschaft hält das mit Blick auf die Meinungsfreiheit für unzulässig, doch sie hat kein Veto. Das zweite Beispiel ist ebenso bedenklich. Ein deutscher Journalist recherchiert zur Veruntreuung von EU-Beihilfen in Staat X. Die dortigen Behörden ermitteln gegen seinen Informanten wegen Verletzung des Bankgeheimnisses. Das ist in Deutschland keine Straftat. Doch auf Anordnung von Staat X müssten die E-Mails des Journalisten herausgegeben werden. Damit setzen sie den Whistleblower unter Druck. Die deutschen Behörden sind machtlos, die Korrespondenz des Journalisten zu schützen. (…) Mit e-Evidence steht die europäische Justiz vor einer drastischen Ausweitung ihrer Zugriffsmöglichkeiten. Dennoch war das Echo in der Presse und der Öffentlichkeit bisher verhalten. Ändert sich daran nichts, sollte sich jeder Journalist, jeder Aktivist künftig genau überlegen, wo die Server stehen, auf denen er sensible Informationen speichert.“ Beitrag von Alexander Fanta vom 8. Juli 2019 bei Netzpolitik
- US-Behörden wollen Telekommunikation in Europa abhören
„Ganz legal könnte das FBI bald sensible Kommunikationsdaten von europäischen Internetdienstleistern herausverlangen, möglicherweise auch in Echtzeit. Damit will die Europäische Union die Trump-Administration gewogen machen, im Gegenzug „elektronische Beweismittel“ direkt bei Facebook & Co. abfragen zu dürfen. Die EU-Kommission will ein Abkommen mit der US-Regierung verhandeln, das Internetanbieter mit Sitz in der Europäischen Union zu mehr Kooperation mit US-Behörden zwingt. Die Firmen müssten Polizeien und Geheimdiensten aus den USA Zugang zur Kommunikation ihrer NutzerInnen gewähren. Auch europäische Strafverfolger könnten dann direkt bei Facebook, Apple und anderen Internetriesen eine Anordnung zur Herausgabe stellen. Der bislang übliche Rechtsweg über die Justizbehörden soll entfallen. Die Pläne sind Teil der „E-Evidence“-Verordnung , mit der die EU die Herausgabe „elektronischer Beweismittel“ erleichtern will. Dies umfasst einem kürzlich veröffentlichten Entwurf zufolge NutzerInnendaten (Name, Geburtsdatum, Postanschrift, Telefonnummer), Zugangsdaten (Datum und Uhrzeit der Nutzung, IP-Adresse), Transaktionsdaten (Sende- und Empfangsdaten, Standort des Geräts, verwendetes Protokoll) sowie Inhaltsdaten. Die geplante EU-Verordnung ist auf Firmen mit Sitz in der Europäischen Union beschränkt. Weil die meisten der begehrten Daten aber in den USA lagern, plant die EU-Kommission ein Durchführungsabkommen mit der US-Regierung. Möglich wäre dies im Rahmen des „CLOUD Act“ , den die US-Regierung im vergangenen Jahr erlassen hat. Er verpflichtet die in den USA niedergelassenen Firmen zur Offenlegung von Bestands-, Verkehrs- und Inhaltsdaten, wenn dies zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr notwendig scheint...“ Beitrag von Matthias Monroy vom 28.05.2019 bei Netzpolitik