Was bleibt zu tun? Der große weitergespannte gesellschaftliche Rahmen für eine Große Koalition in Berlin
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 5.3.2018
Der große weitergespannte gesellschaftliche Rahmen für eine Große Koalition in Berlin: Das Ende einer schwarz-roten „volksparteilichen“ Polarität sowie die weitere Differenzierung mit den weiter geschrumpften „Volks“parteien.
Die Wirklichkeit der Politik in den Parlamenten wandelt sich und jetzt ist auch das Bundesverfassungsgericht davon betroffen: Ein Vorstoß der Grünen zeugt von einem veränderten politischen Spektrum mit größerer Differenzierung – das Ende der schwarz-roten Polarität in der Politik. (http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesverfassungsgericht-karlsruhe-droht-der-verlust-des-gleichgewichts-1.3864267 )
Nun gilt es wohl auch die Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichtes den politischen Kräfteverhältnissen in Zeiten geschrumpfter Volksparteien anzupassen. Das ist in Deutschland angesichts des Wahlmodus, dass die Richter mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden müssen, schon sehr stabil – und hat bisher Union und SPD ermöglicht das Feld allein zu bestellen. Nun gehören die Grünen inzwischen auch zu diesen „Großen“ und machen ihren Anspruch geltend. (http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesverfassungsgericht-lob-der-blindheit-1.3865677 )
Muss darunter jetzt das System der Verfassungsgerichtsbarkeit leiden – und damit unser Grundgesetz insgesamt? Das Zwei-Drittel-Quorum verhindert schon irgendwelche extremen Ausschläge bei den Kandidaten – und bringt Richter aus der politisch-weltanschaulichen Mitte hervor. Und die suchen – im Großen und Ganzen – den Ausgleich.
Die deutschen Bürger haben das mit überbordendem Vertrauen belohnt – und wenn in diesen Zeiten nicht alles täuscht, werden wir das Bundesverfassungsgericht als Mediator auch weiterhin dringend brauchen, in einer Gesellschaft, die auseinanderdriftet. (und mit einem Verhältniswahlrecht schön langsam ausdifferenziert wird – anders als in den USA – vgl. z.B. Andreas Reckwitz zum „Klassenkampf zwischen Trump und Clinton (http://www.fr.de/kultur/gesellschaft-trump-und-clinton-zuege-eines-klassen-kulturkonfliktes-a-1447380 )
Jedenfalls hat das Bundesverfassungsgericht das Ansinnen, den Mitgliederentscheid bei der SPD als nicht der Verfassung (Demokratie) entsprechend zu kippen (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5485863&s=&SuchRahmen=Print/ ), abgelehnt. (https://www.tagesschau.de/inland/spd-mitgliederentscheid-103.html ) Und beim Pro und Contra zu einem Mitgliederentscheid in der Süddeutschen Zeitung findet Stefan Braun, die Mitgliederbefragung ist keine lästige Pflicht, sondern sollte nicht die Ausnahme bleiben. (http://www.sueddeutsche.de/politik/pro-spd-mitgliederentscheid-koenigsdisziplin-fuer-regierungsparteien-1.3889637?reduced=true )
Die Argumentation dagegen ist falsch, weil sie technisch uns formalistisch argumentiert. Falsch ist sie auch, weil sie die wichtigste Voraussetzung für Demokratie unterschlägt. Das Wichtigste nämlich in einer Demokratie ist, dass die Menschen wieder Vertrauen fassen in Politiker und Parteien…. Die Menschen müssen wieder das Gefühl zurückerhalten, dass ihr Engagement sich lohnt, dass MItsprache möglich ist, dass man Einfluss hat, wenn man sich in einer Partei für etwas einsetzt.
Nichts gefährdet die Parteiendemokratie mehr als die Zweifel, dass all das Engagement nichts mehr wert sein könnte. (http://www.sueddeutsche.de/politik/pro-spd-mitgliederentscheid-koenigsdisziplin-fuer-regierungsparteien-1.3889637?reduced=true )
Gerade Stefan Braun hat den Umgang von Parteien mit ihrem schwächelnden Spitzenpersonal analysiert – und weiß, wovon er redet, denn das jeweilige Spitzenpersonal und die Mitglieder einer Partei sind – bei allem Unterschied der „Kultur des Umgangs“ damit – sind jeweils „perspektivisch“ wegen des erstrebten politischen Erfolges aufeinander angewiesen – und demonstrieren das dann auch jeweils auch – auf je nach Mentalität unterschiedliche Weise durch Stützen oder Stürzen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/stuerzen-oder-stuetzen-so-unterschiedlich-gehen-die-parteien-mit-ihrem-spitzenpersonal-um-1.3875759 )
Die SPD-Mitglieder haben sich im Moment jedenfalls entschieden, die SPD-Vertreter in der GroKo-Regeirung erst einmal zu stützen: (https://www.tagesschau.de/inland/spd-votum-groko-101.html , http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-mitgliederentscheid-prozent-stimmen-fuer-grosse-koalition-1.3889974 )
Dennoch kommen Wissenschaftler immer mehr zu dem Ergebnis: Wieder eine Volkspartei zu werden ist und bleibt eine Illusion, weil es die alten – einheitlicheren – gesellschaftlichen Milieus nicht mehr gibt. (http://www.fr.de/politik/bundestagswahl/krise-der-niedergang-der-sozialdemokratie-a-1459556 )
Am Beispiel der Sozialdemokratie hat dies der niederländische Publizist und Politologe Rene Cuperus für die Niederlande auch schon genauer herausgearbeitet. Er forscht am Germany Institut der Universität Amsterdam und hat herausbekommen, dass es zwei Hauptgründe für diese Veränderung des Parteiensystems gibt:
- Ein Grund ist die soziale und politische Fragmentierung unserer Gesellschaften,
- Der andere Grund ist diese postmoderne Welt, wodurch diese Spaltung zwischen links und rechts verschwindet. Er wird ersetzt durch eine neue Spaltung zwischen Gutausgebildeten und Schlechtausgebildeten mit ihrer jeweils eigenen Weltsicht.
Die einen sind international und für Migration eingestellt, die anderen national und gegen Migration. Diese neue Spaltung trifft besonders die Sozialdemokratie – wie gerade an dem Beispiel der Niederlande belegt werden kann. (http://www.fr.de/politik/bundestagswahl/krise-der-niedergang-der-sozialdemokratie-a-1459556 ). Oder man könnte auch sagen, Neuwahlen könnten in dieser Situation – wenn das richtig ist – ziemlich zerstörend wirken.
Wie das soziale Problem der Armut bei den Tafeln praktisch hervortritt:
Flüchtlinge und Arme zeigen die sozialpolitischen Versäumnisse der Politik unter dem Brennglas (http://www.sueddeutsche.de/leben/integration-hinter-der-aufregung-um-die-essener-tafel-steht-die-fluechtlingspolitik-1.3886372?reduced=true ).
Es wäre falsch – jetzt immer noch – sich nicht damit zu beschäftigen, was die Aufnahme sehr vieler Schutzsuchender für uns bedeutet. Es wäre jetzt falsch – endlich -, die Debatte weiterhin darüber auszulassen, wie die Politik sich künftig besser als bisher des Themas Integration annehmen könnte. Die Debatte um Essen und andere Tafeln zeigt nur, dass der Zuzug vieler Menschen, die oft wenig haben, besonders solche Menschen betrifft und auch bedrückt, die schon immer hier leben und auch wenig haben und Mangel leiden.
Es ist schon eine Schande, dass so ein reiches Land wie Deutschland Tafeln braucht. Diese Schande währt aber schon sehr lange. Sie ist viel älter als die Aufnahme von über einer Million Menschen seit 2015. (http://www.sueddeutsche.de/panorama/tafeln-in-deutschland-die-ellenbogen-gehen-von-allen-aus-1.3890119?reduced=true ) Jedoch diese Aufnahme verschärft – zwar längst nicht überall – die Konkurrenz um knappe Güter. (http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/muenchner-tafel-kritisiert-migranten-aufnahmestopp-in-essen-100.html )
Noch gravierender sieht es bei günstigen Wohnunge aus. Es gibt – auch das ist eine Schande – derer viel zu wenige.
Und auch hier war die Politik – lange vor dem Herbst 2015 – blind für die Bedürfnisse vieler Bürger. Dass gerade Menschen mit einem kleinen Budget häufig keine angemessene Unterkunft finden, war schon traurige Realität, längst bevor die Flüchtlinge kamen. (http://www.sueddeutsche.de/leben/integration-hinter-der-aufregung-um-die-essener-tafel-steht-die-fluechtlingspolitik-1.3886372?reduced=true )
Es war zwar richtig, dass Deutschland die Menschen in Not aufgenommen hat. Aber es war verkehrt, dass die Bundesregierung nicht sich darum bemüht hat, gründlich auszuleuchten, was diese Entscheidung – gerade für die bisher schon Vernachlässigten und vom Sozialstaat „Abgehängten“ – bedeutet. Der neoliberal gefledderte Sozialstaat mit seiner markt-blind eingebauten Reichenförderung zeitigt jetzt die Folgen dieser politischen Blindheit. Es muss jetzt an der Zeit sein, dies nachzuholen! Der eigentliche Skandal ist und bleibt das riesige Armutsproblem, das beide – die deutschen und die geflüchteten – Armen in dieser Armut zusammenührt in Deutschland. (https://www.tagesschau.de/inland/tafel-essen-103.html )
Genau das wird von den Rechten versucht aufzuspalten: mit der rechten völkischen Ideologie wird ein Sprengsatz für die Solidarität gelegt. (http://www.fr.de/wirtschaft/afd-in-den-betriebsraeten-voelkische-ideologie-ist-ein-spengsatz-fuer-solidaritaet-a-1459378 )
Wie wird es also weitergehen mit einer „Gesellschaft der Singularisierung“ (Andreas Reckwitz)
Leben wir nur noch für Instagram? (https://www.ksta.de/kultur/leben-wir-nur-noch-fuer-instagram–29653154 ) in dieser Gesellschaft der Singularitäten (https://www.socialnet.de/rezensionen/23620.php ) jetzt eine neue Mittelschicht „Wir Einzigartigen“ (http://www.zeit.de/2017/41/mittelschicht-kultur-individualisierung-andreas-reckwitz ) – so wird die Anforderung dieser Gesellschaft: „Seid einzigartig“ (https://www.br.de/themen/kultur/andreas-reckwitz-die-gesellschaft-der-singularitaeten-100.html )
So ein neuer Stress jetzt: Wenn eben das Besondere zum Maßstab wird. (http://www.deutschlandfunkkultur.de/andreas-reckwitz-die-gesellschaft-der-singularitaeten-das.950.de.html?dram:article_id=398909 )
Während in den 1950-er bis in die 1970-er Jahre…
Einschub: Was Anfang der siebziger Jahre in der Weltwirtschaft geschah: Das zusammen auch ökonomisch mit dem Ende von Bretton Woods
Die Legenden zum Ende der Keynesianischen Nachkriegsära (https://www.labournet.de/politik/wipo/wipo-deb/wipo-all/die-legenden-um-das-ende-der-keynesianischen-nachkriegsara/ – oder auch kurz https://www.labournet.de/?p=40537) und entgültiges Ende einer erfolgreichen Gewerkschaftsära (http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/tarifeinh_bahl.html sowie noch „Mit dem Ende der Mittelschichtsgesellschaft zur gänzlichen „Delegitimierung“ (Entziehung der Berechtigung)… http://archiv.labournet.de/diskussion/wipo/allg/kapkritik_bahl.html) …während also in den 1950-er bis in die 1970-er Jahre die Industriegesellschaft so etwas wie eine „nivellierte Mittelschichtsgesellschaft war (Helmut Schelsky), hat sich das seit den 80-er Jahren gewandelt: es werden nun stärkere Differenzen und auch Polarisierungen zwischen sozialen Großgruppen deutlich (Andreas Reckwitz) (http://www.fr.de/kultur/gesellschaft-trump-und-clinton-zuege-eines-klassen-kulturkonfliktes-a-1447380 )
Die Jusos jetzt unter dem Stress der Gesellschaft der Singularitäten?
Bei gleichzeitig geringerer politischer Bedeutung des jungen Anteils an der deutschen Bevölkerung (https://www.jusos.de/content/uploads/2017/12/koaV_synopse.pdf ),nachdem es besonders die jungen Leute als wahlpolitisch unbedeutendere Gruppe (vgl. zur Jahrtausendwende stellten die 18- bis 44-jährigen noch fast die absolute Mehrheit der Wahlberechtigten. Heute ist ihre Gruppe kleiner als jene der Deutschen, die mindestens 60 Jahre alt sind (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/plaene-von-union-und-spd-den-jungen-wird-die-regierung-einen-schuldenberg-hinterlassen-1.3865420 ) erleben mussten, dass die Politik gerade sie vernachlässigte. (siehe hier den nächsten Abschnitt „Große Koalition schafft mehr für die Alten und Familien“ – und insbesondere den Hinweis auf die IWF-Studie, die noch einmal hervorhebt, dass die Finanzkrise der Jahre 2008 ff. besonders die jungen Menschen benachteiligte)
Kevin Kühnert (Juso-Vors.) kündigt in der SPD den Widerstand an. (http://www.sueddeutsche.de/politik/sozialdemokraten-kuehnert-spd-muss-aus-der-schmach-herauskommen-1.3872556 ) Nur ob sein Ziel für die SPD, stärkste Partei zu werden, „zur Wirklichkeit gelangen“ kann, darf bezweifelt werden.
Jedoch die „Schwarze Null“ nur einfach dogmatisch ohne die ganzen weiteren Umstände zu berücksichtigen, jetzt einfach von den Konservativen zu übernehmen und einfach fortzuschreiben, das muss dann erst recht noch bezweifelt werden. (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grosse-koalition-olaf-scholz-will-die-schwarze-null-a-1192666.html )
Denn ein beherzter Kampf gegen die Ungleichheit – wie ihn der IWF fordert – kann dadurch nicht begonnen werden. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lohnquote-arbeiter-bekommen-immer-weniger-von-der-wirtschaftsleistung-1.3459282 )
Und obwohl die Menschen sich mehr Gerechtigkeit herbeisehnen – durch eine Vermögenssteuer (hier für Österreich erhoben, aber das ergäbe für uns sicher keinen Unterschied) (https://www.awblog.at/mehrheit-fuer-vermoegenssteuer/ ), die Vermögenssteuer wurde in Deutschland im Jahr 1997 aufgehoben (https://www.cecu.de/vermoegenssteuer.html ) und sie blieb es auch unter SPD-Regierungen. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=4355#h06 ) Sie wird bis heute auch von der SPD nicht einmal erwogen. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=38830 )
Und das wird in unseren Gesellschaften immer mehr zum gravierenden Problem, da wir mit einer Ungleichheit wie vor hundert Jahren leicht wieder auf einem Weg zum Faschismus getrieben werden könnten. (https://www.labournet.de/?p=126000)
Zurück zum Soziologen Reckwitz:
Nach dem Ende der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“
Dabei spricht Reckwitz dennoch auch von Klassen: Die Industriegesellschaft der 1950-er bis 70-er Jahre war in vieler Hinsicht, was der Soziologe Helmut Schelsky eine „nivellierte Mittelstandsgesellschaft“ nannte. Sie war verhältnismäßig homogen und egalitär, da gab es – für den Soziologen – höchstens Schichten aber keine Klassen.
Seit den 80-er Jahren hat sich das in allen westlichen Gesellschaften – ob in den USA, Frankreich, England oder Deutschland gewandelt, so dass man von Klassen sprechen kann. Entscheidend ist dafür, dass dabei nicht nur die Einkommensschere auseinandergeht, (vgl. dazu die Entwicklung des Niedriglohnsektors in Deutschland als besonders hoch (https://www.awblog.at/entwicklung-niedriglohnsektor/ ), sondern dass auch kulturelle Differenzen deutlicher geworden sind, die sich im Lebensgefühl niederschlagen.
Es gibt hier einen Paternostereffekt (was auf der einen Seite hoch geht, geht auf der anderen Seite wieder runter) von sozial-kulturellen Aufsteigern auf der einen Seite, Entwertungserfahrungen dagegen auf der anderen Seite. Und in dieser Drei-Drittel-Gesellschaft sind drei Klassen zentral:
- die neue Mittelklasse als Aufsteiger,
- die neue Unterklasse als Absteiger
- und dazwischen die alte Mittelklasse in einer Sandwich-Position.
Und die neue Mittelklasse ist vor allem eine Klasse von Akademikern, das heißt Menschen mit Hochschulbildung. Dank der Bildungsexpansion ist das mittlerweile eine beträchtliche Gruppe von etwa einem Drittel der Bevölkerung.
Wie diese Gruppe der Akademiker durch das Bildungssystem inzwischen immer weiter „entmischt“ wird: Nach dem Prinzip „die da oben, die da unten“
An den deutschen Schulen vollzieht sich seit Jahren eine „heimliche Entwischung, wie die Bildungsforscher Werner Helsper und Heinz-Hermann Krüger konstatieren mit für diese Gesellschaft weitreichenden Folgen. (http://www.sueddeutsche.de/bildung/schulen-geschlossene-gesellschaft-1.3890943?reduced=true )
Die Eltern wollen natürlich das Beste für ihre Kinder. Individuell ist das nachvollziehbar, gesellschaftlich wird das aber immer problematischer. Und die Politik gibt ihnen die Gelegenheit dazu. Trotz des – teilweise – Bemühens der Politik um Inclusion usw. vollzieht sich parallel dazu fast klammheimlich eine Entmischung an den Schulen, ebenfalls ermöglicht durch Strukturentscheidungen der Politik. Im Jahr 2000 gab es z.B. in den neuen Bundesländern 667 staatliche Gymnasien, 2011 aufgrund von Schließungen und Zusammenlegungen nur noch 510. Die Zahl der privaten Gymnasien hat sich im selben Zeitraum von 49 auf 114 mehr als verdoppelt. Und unter den Privaten stellen die „internationalen Schulen“ am eindeutigsten eine Hierarchisierung dar (das kann die Eltern pro Jahr und Kind bis zu 12 000 Euro kosten). So wächst immer weiter der Wunsch sich sozial abzugrenzen! (Vgl. die Studien dieser Forscher bei der DFG: http://www.zsb.uni-halle.de/forschungsprojekte/2503071_2617909/mechanismen_der_elitebildung/ und Wie sich das Bildungssystem bei uns allgemein verändert – und „entmischt“: https://www.researchgate.net/publication/271918120_Mechanismen_der_Elitebildung_im_deutschen_Bildungssystem sowie gleich angefangen bei den Kindergärten: http://paedagogik.uni-halle.de/arbeitsbereich/paedagogik_der_fruehen_kindheit/forschungsprojekte/dfg-projekt_elementare_bildung_/ )
Auch die Technik (Digitalisierung) als Triebkraft dieser „Vereinzelung“
Vergleiche dazu auch „Wissenschaftsjahr 2018 – Arbeitswelten der Zukunft“ (http://www.dgb.de/themen/++co++845bdb30-156a-11e8-9fba-52540088cada ). Hier ist das Lebensprinzip der erfolgreichen Selbstverwirklichung zu Hause – so wird in hohem Maße das eigene Leben „singularisiert“. (http://www.fr.de/kultur/gesellschaft-trump-und-clinton-zuege-eines-klassen-kulturkonfliktes-a-1447380 )
Jedoch durch die zukünftige Entwicklung wird gerade diese Prinzip der „Selbsverwirklichung“ wieder vehement in Frage gestellt. Davor warnen gerade führende internationale Forscher auf diesem Gebiet der „Künstlichen Intelligenz“: „The malicious Use of Artificial Intelligence“ (= „Bösartige Nutzungen künstlicher Intelligenz“)(http://www.sueddeutsche.de/kultur/digitale-entwicklung-wie-bremst-man-kuenstliche-intelligenz-1.3878385 und hier noch die breiteren Ausführungen dazu auf englisch: https://img1.wsimg.com/blobby/go/3d82daa4-97fe-4096-9c6b-376b92c619de/downloads/1c6q2kc4v_50335.pdf )
Die allein konzerngesteuerte Technologie-Entwicklung der Digitalisierung verhindert den Weg zu besserer oder gar selbstbestimmterer Arbeit – und baut dazu noch die Macht der Konzerne immer weiter aus – und die Politik bleibt ratlos – und vor allem tatenlos für die Bürger
Die beiden Experten Michael Schwemmle und Peter Wedde hatten vor sechs Jahren schon in einer Analyse die völlige politische Abstinenz einer Steuerung zugunsten der Beschäftigten gesehen – um jetzt wieder nur feststellen zu können: Die erkennbaren Problemlagen haben sich im Zeitablauf eher noch verfestigt und sogar ausgedehnt. Zugleich werden die emanzipatorischen und humanisierenden Potentiale für ein besseres digitales Arbeiten nach wie vor bei weitem nicht ausgeschöpft. (Vgl. Schwemmle / Wedde, „Alles unter Kontrolle?“ – Arbeitspolitik und Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter – siehe die Zusammenfassung bei http://library.fes.de/pdf-files/wiso/14087.pdf )
So stellen die Autoren fest: Die von uns gewählte Analyse-Perspektive, die Digitalisierung auch als Machtfaktor in den Blick zu nehmen, spielt im arbeitspolitischen und arbeitsrechtlichen Diskurs bislang allenfalls eine randständige Rolle. Allerdings – und das beschreiben die beiden Autoren in ihrem Kapitel 4 – werden manche Tendenzen in bisherigen Analysen adressiert, welche in ihrem Zusammenwirken die Potentiale der Entsicherung, Entkollektivierung und Entmächtigung von Arbeitskraft konstituieren – und – ceteris paribus (= wenn alles andere gleich bleibt) – Machtverschiebungen zugunsten der Kapitaleigner_innen bewirken. (Vgl. auch noch https://www.labournet.de/?p=127537 – dort insbesondere das Kapitel 5.2 „Aspekte digitaler Machtverschiebung)
Deshalb ist es politisch töricht, die Überlegungen in der Politik (BMAS) ausschließlich auf den Ansatz einer individuellen Bewältigung von Substitutionsrisiken – so bedeutend die im Einzelfall sein werden – zu konzentrieren. Es bedarf der Ergänzung z.B. um eine Arbeitszeitverkürzung.
Dazu kommt noch, dass die Weiterbildungs- und Qualifizierungsperspektive vielfach nur langfristig angelegt wird – und auch kaum konkret wird. (= Gefahr der Verschiebung auf einen „St. Nimmerlinstag“)
Bei einem solch eingeschränkten Blick auf die Digitalisierung erstaunt es einen daher dann überhaupt nich mehr, wenn zu den entsichernden und disziplinierenden Folgen eines erhöhten Substitutionsdrucks auf die arbeitsweltlichen Machtresourcen, Konfliktfähigkeit und damit auch auf die Verteilung kein Wort mehr verloren wird. Das miteinzubeziehen, um die digital forcierte Machtverschiebung auch für die Arbeitnehmer „beherrschbar zu machen,wäre jedoch die Voraussetzung für einen so breiten Transformationsprozess in die Digitalisierung.
Jetzt Klimawandel und Digitalisierung zusammendenken
Kerstin Andreae (Grüne) fordert jetzt Mut, damit wir nicht in die verschiedenen Sackgassen der konzernbestimmten technischen Entwicklungen hineinmanövriert werden, sondern es als gesellschaftlichen Wandel zum Zukunftsprojekt machen – nicht als „Industrie 4.0“, sondern als „Gesellschaft 5.0“. (http://www.fr.de/politik/meinung/gastbeitraege/soziale-marktwirtschaft-gesellschaft-5-0-statt-industrie-4-0-a-1455577 )
Wir müssen jetzt politisch dazu übergehen, die Entwicklungen – mit ökonomischem Erfolg – in Bahnen zu lenken, die der Gesellschaft wieder nützen – anstatt sie nur passiv – immer nur auf die Konerne und „ihren“ Markt vertrauend – abzuwarten.
Müssen die Jusos jetzt für die Jüngeren in diesem Lande noch eine angemessene Perspektive erkämpfen?
Oder geht es darüber hinaus auch schon um eine Gegenbewegung – weg von der Gesellschaft der Singularitäten – wieder hin zu einer „Politik des Allgemeinen“ (Reckwitz) (http://www.fr.de/kultur/gesellschaft-trump-und-clinton-zuege-eines-klassen-kulturkonfliktes-a-1447380 )
Wenn die Jüngeren in Deutschland – wegen ihrer schwindenden Anzahl – politisch jetzt vernachlässigt werden (siehe gerade den nächsten Abschnitt), dann bleibt die Berechtigung des Wiederstandes der Jusos gegen die GroKo (https://www.jusos.de/content/uploads/2017/12/koaV_synopse.pdf ) eine berechtigte Möglichkeit bei der gegenwärtigen Politik vorstellig zu werden, um auch noch angemessen von der Politik wahrgenommen zu werden.
Jedoch genau das möchte „Bild“ möglichst schnell verhindert – selbst wenn sie dabei auf „Titanic“-Fakes reinfällt. (http://www.taz.de/!5483972/ – sowie http://www.fr.de/kultur/netz-tv-kritik-medien/medien/miomiogate-ein-bild-von-bild-a-1453249 )
Wobei als einfache Formel ein Kampf gegen die „Schwarze Null“ als realitätsblindes Dogma sinnvoll wird (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grosse-koalition-olaf-scholz-will-die-schwarze-null-a-1192666.html ), aber sicher zu großen ideologischen Schlachten herausfordert. (Siehe dazu die Kurzfassung des neuen Memorandums 2018 der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“: „Preis der schwarzen Null: Verteilungsdefizite und Versorgungslücken“ www.alternative-wirtschaftspolitik.de )
Die Gegenbewegungen hin zu einer „Politik des Allgemeinen“ – jetzt mit Europa?
Bezüglich dieser Kämpfe innerhalb einer Gesellschaft der Singularitäten sieht Andreas Reckwitz das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es gibt ja Gegenbewegungen wieder zu einer „Politik des Allgemeinen“.
Für Europa hat jetzt auch noch Sebastian Dullien „Vorschläge mit blinden Flecken und gefährlichen Nebenwirkungen“ für die weitere Diskussion für ein gemeinsames Europa – und eben gegen die blinden Flecken – eingebracht. (https://makronom.de/euroreport-reformplaene-mit-blinden-flecken-und-gefaehrlichen-nebenwirkungen-25355 ).
Dazu hat die IWF-Chefin Christine Lagarde ihre Vorstellungen präzisiert: Wir fordern die Staaten auf, sehr viel mehr für die jungen Leute zu tun, um sie auszubilden und in Arbeit zubringen. Gerade wer finanziellen Spielraum hat – wie Deutschland – sollte ihn dazu nutzen. In Deutschland sind zwar junge Leute kaum arbeitslos, aber die Einkommensungleichheit ist für diese jungen Leute heute immer noch höher, als sie es für ältere Arbeitnehmer war (die heute ein geringeres Armutsrisiko haben als die Jungen), als diese jung waren.. So muss einfach der Gewinn fairer verteilt werden. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gleichberechtigung-iwf-chefin-deutschland-muss-mehr-fuer-frauen-und-juengere-tun-1.3871138 = nur verkürzte Wiedergabe des Interviews aus der Print-Ausgabe)
Ergänzend zu den Kritikpunkten von Sebastian Dullien führt die IWF-Chefin Christine Lagarde zu Europa bzw. den Vorschlägen von Frankreichs Präsident Emanuel Macron noch aus: „Die Konstruktion der Eurozone ist unvollendet, deshalb muss dieser Job zu Ende gemacht werden. Dazu gehört die Bankenunion zu vollenden. Man muss die Risiken bei den Banken identifizieren und reduzieren, wozu hoffentlich strenge Stresstests beitragen. Dazu gehört auch die gemeinsame Einlagensicherung und eine gemeinsame Letztsicherung zur Abwicklung der Banken. Die zweite Aufgabe ist es – gemäß Lagarde -, einen europäischen Kapitalmarkt zu schaffen, um die übermäßige Abhängigkeit von der Kreditvergabe durch die Banken zu reduzieren. Um zum Dritten plädiert der IWF, erklärt Lagarde, für eine Art Fiskalkapazität für eine makroökonomische Stabilisierung der Eurozone. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gleichberechtigung-iwf-chefin-deutschland-muss-mehr-fuer-frauen-und-juengere-tun-1.3871138 )
Zu einem kurzen Überblick auf die anstehenden Probleme in Europa siehe auch noch das neueste Gutachten 2018 der Memorandumsgruppe (www.alternative-wirtschaftspolitik.de )
Die europäische Vergangenheit als Mahnung.
Aggressiv versucht die AfD die „Absteiger“ weiter ins nationale Fahrwasser zu ziehen – wie im letzten Bundestagswahlkampf durch den Server „Reconquista Germanica“ durch das Säen von Hass vorangetrieben. (http://www.sueddeutsche.de/politik/manipulation-im-netz-wie-rechte-internet-trolle-versuchten-die-bundestagswahl-zu-beeinflussen-1.3875073 )
Die Mahnungen der europäischen Vergangenheit müssten dabei auch zum Auftrag für den weiteren Zusammenhalt Europa ermöglichen: (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-die-vergessene-geschichte-1.3862741 , vgl. auch die Rede von Cem Özdemir: https://www.welt.de/politik/deutschland/article173867344/Antrag-im-Bundestag-Beim-Theater-um-Deniz-Yuecel-sieht-die-AfD-blass-aus.html )
Schwerwiegend für alle Vorhaben für ein Mehr an Gleichheit dürfte die Verhinderung der Steuervermeidung sein. (https://makronom.de/apple-und-die-us-steuerreform-was-deutschland-im-kampf-gegen-steuervermeidung-von-donald-trump-lernen-kann-24953 )
Jetzt sollen die Betriebsratswahlen von den Rechten (AfD & Co.) zur Verankerung in den Betrieben genutzt werden. – Völkische Ideologie wird ein Sprengsatz für die Solidarität – (Dörre)
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde das Ansinnen von rechten Gruppierungen, bei den Betriebsratswahlen sich in den Betrieben zu verankern, bei Daimler bekannt. (Vgl. https://www.labournet.de/?p=125064) Dazu hatte sogar auch schon der Vorstandsvorsitzende sich geäußert.
Nur Ideologie und Praxis klaffen noch auseinander: die soziale Frage ist bei AfD-Leuten (z.B. Höcke) keine von oben und unten, sondern von innen und außen. Das bedeutet, der Verteilungskampf wird nicht mehr zwischen Kapital und Arbeit ausgetragen, sondern zwischen den Urdeutschen, die Anspruch auf das Volkseinkommen haben und den Eindringlingen von außen, die unberechtigte Ansprüche auf Volksvermögen formulieren – und dann auch noch minderwertigen Kulturstufen angehören. So wird von den Rechten inzwischen die soziale Frage nationalisiert und ethnisiert.
So tritt die AfD als Verteidigerin des Wohlfahrtsstaates auf, der allerdings für Inländer reserviert bleiben soll. Deshalb schwebt der AfD kein Klassenkampf vor, sondern die Betriebsgemeinschaft, in der die deutschen Beschäftigten mit den deutschen Vorgesetzten harmonisch gemeinsam arbeiten – eben zum Wohle – eines abstrakten oder eben „reinrassigen“ – Deutschlands.
Die einzigen die deshalb dabei stören,sind die gar nicht integrationsfähigen Ausländer – die völkische Ideologie wird zum Sprengsatz für Soliarität . (http://www.fr.de/wirtschaft/afd-in-den-betriebsraeten-voelkische-ideologie-ist-ein-spengsatz-fuer-solidaritaet-a-1459378 )
Auf diese Art mutiert das Gerechtigkeitsgefühl zu einem Ressentiment gegen Ausländer und nicht mehr aus einer Sorge um das Wohlergehen der Deutschen. Denn der Umkehrschluss, dass es den Deutschen besser ginge, wenn die Ausländer im Ausland blieben, ist einfach nicht wahr. (ob das so allgemein die armen Leute an der Essener Tafel verstehen?)
Dennoch bleibt es allgemein richtig: Die Vorstellung von Massen, die in den Sozialstaat einwandern, ist empirisch falsch. Und die Forderung, dass Arbeitsplätze zuerst für Deutsche da sein müssten, ist quasi Gesetz: Die Arbeitsagenturen arbeiten klar nach der regel, dass deutsche Staatsbürger zu bevorzugen sind. Ob diese Regel wiederum sinnvoll ist, ist eine andere Frage – die Integration wird dadurch nicht leichter. (http://www.fr.de/wirtschaft/afd-in-den-betriebsraeten-voelkische-ideologie-ist-ein-spengsatz-fuer-solidaritaet-a-1459378 )
Der kostenlose öffentliche Nahverkehr: Ein Baustein für die Nachhaltigkeit der Gesellschaft
Auch der kostenlose öffentliche Nahverkehr könnte dafür auch ein Baustein wieder werden – wenn die Politik dabei auch den Mut gegenüber der Autoindustrie aufbringen könnte, die Steuervergünstigungen für die 12 Millionen Dieselfahrzeuge in Deutschland abzuschaffen – und die 8 Milliarden Euro, die das spart, in Busse und Bahnen in Deutschland zu investieren. (http://www.taz.de/!5485100/ )
Aber wie gerade die Politik sich „systematisch“ davor drückt, gerade mit der Dieselproblematik die skandalösen Versäumnisse der Auto-Industrie in Deutschland in den Blick zu nehmen, hat gerade noch einmal – auch mit Blick auf eine anstehende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Dieselfahrverboten – die Fachfrau für Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Claudia Kemfert deutlich gemacht. (http://www.taz.de/!5484008/ )
Grundsätzlich ist es ja eine gute Idee, den ÖPNV günstiger zu machen… Aber: Die Verkehrsbetriebe agieren heute schon an der Belastungsgrenze. Kurzfristig würde der kostenlose ÖPNV somit schon deshalb nicht weiterhelfen, umweltschädliche Emissionen zu senken, weil schlicht die Kapazitäten dafür fehlen.
Längerfristig müssten dafür gewaltige Summen in die Hand genommen werden, um den ÖPNV vollständig kostenfrei zu machen. Die Kosten dafür könnten durch eine Anhebung der Dieselsteuer – die Dieselsteuererleichterung kostet den Steuerzahler heute pro Jahr über 7 Milliarden Euro – gedeckt werden. Nur das wird keineswegs erwogen: Das zeigt es überdeutlich, es geht in der ganzen Diskussion überhaupt nicht um die Stärkung des Nahverkehrs. Sondern es geht allein darum, zu vermeiden, dass die Autokonzerne -, die das ganze Schlamassel der so Feinstaub-belasteten Luft erst mit ihrer kriminellen Energie und zum Wohle ihre Profite angezettelt hatten – jetzt in die Pflicht genommen werden.
9 Millionen Dieselfahrzeuge müssen nachgerüstet werden, was pro Fahrzeug durchschnittlich 1.500 Euro kosten würde. Die Autoindustrie scheut diese Kosten – und die Politik lässt ihr das weiter durchgehen. Stattdessen werden immer wieder neue Strategien ersonnen, die über die SteuerzahlerInnen finanziert werden sollen. Die Kommunen sollen es ausbaden, indem sie unliebsame Strassensperrungen durchführen oder bei weiterer Untätigkeit der Bundespolitik saftige Strafen an Europa zahlen müssen.
Deshalb: Endlich muss eine nachhaltige Verkehrswende auf den Weg gebracht werden – ohne diese Rücksicht auf die Interessen der Autolobby. (http://www.taz.de/!5484008/ )
Dazu gehört dann sicher auch ein attraktiver und preiswerter Nahverkehr. Doch dies kann nur ein Baustein von vielen sein. Zuallererst muss die Autoindustrie in Vorleistung treten.
Hoffentlich sieht das das Bundesverwaltungsgericht genauso – weil die Justiz bei der rechtsstaatlichen „Knochenerweichung“ vor den Interessen der Autoindustrie überhaupt keinen Mut hat, dem Bürger zu seinem Recht auf eine schadstoff-freiere Luft zum Atmen zur Geltung zu verhelfen. Dieser Hoffnung hat das Bundesverwaltungsgericht entsprochen – und jetzt wird darüber weiter gestritten, in welcher Form das von den Städten – oder doch vom Bund mit der „blauen Plakette“ – umgesetzt wird. (http://www.fr.de/politik/meinung/gelesen/fuer-sie-gelesen-dicke-luft-a-1457640 )
Politik nur noch in der Lage die anstehenden Probleme „für“ die Industrie und „gegen“ den Bürger zu lösen – bleibt für den Bürger als letzte Rettung die Justiz?
Das Bundesverwaltungsgericht – auf das sich diesbezüglich alle Augen richten – hat seine Entscheidung dann aber erst einmal ein paar Tage vertagt. (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.urteil-zum-diesel-fahrverbot-gericht-vertragt-entscheidung-in-leipzig.c1ddf61e-7f47-481d-978f-4cbd09dd7806.html und weiter noch http://www.zeit.de/mobilitaet/2018-02/bundesverwaltungsgericht-vertagt-entscheidung-ueber-dieselfahrverbote )
Dabei zeigt sich immer deutlicher wie die großen Autokonzerne in diesen Betrug am Bürger und Autokäufer verwickelt sind. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/razzia-bei-audi-spur-nach-ganz-oben-1.3878412?reduced=true und noch https://www.welt.de/wirtschaft/article173852789/Dieselaffaere-Razzia-in-Wohnungen-von-frueheren-Audi-Vorstandsmitgliedern.html )
Heribert Prantl meint dazu, es ist jetzt die Zeit für ein zupackendes Strafrecht. Es gibt ein altes Sprichwort, der „Fisch stinkt vom Kopf her“. Es hat lange genug gedauert, bis die Staatsanwaltschaft München II auf der Vorstandsebene durchsucht hat. Bei den ersten drei Razzien wurde nur auf der mittleren Verantwortungsebene gesucht, erst jetzt, bei der vierten Razzia, wurde auf der Vorstandebene, bei zwei Ex-Vorständen, zugegriffen. Das ist spät, hoffentlich nicht zu spät.
Denn: man muss schon ganz schön naiv sein, um zu glauben, dass die Dieselbetrügereien bei VW und Audi von (einfachen) Ingenieuren und Programmierern eingefädelt wurden. Kein Ingenieur entscheidet auf eigene Faust, zu kleine Adblue-Tanks in die Autos einzubauen. Und kein Programmierer entscheidet auf eigene Faust, eine Software mit illegalen Abgas-Abschalteinrichtungen zu installieren. Das sind kriminelle Fundamentalentscheidungen, da geht es um Milliardenrisiken, das wird ganz oben entschieden – im Vorstand, wo sonst.
Dass der Vorstand dann, wenn alles auffliegt, nichts davon wissen und nie etwas davon gewusst haben will, ist verständlich, aber wenig glaubhaft… (http://www.sueddeutsche.de/politik/audi-vorsprung-durch-tricks-1.3878398?reduced=true )
Konzerne gehen dabei auch immer aggressiver gegen Kritik an der Ausübung ihrer die Allgemeinheit schädigenden Macht vor.
So wollte Apple Aktionen von Attac-Frankreich gegen das so gesellschaftsschädliche Steuergebaren des Computer-Konzerns verhindern – aber auch hier konnte die (französische) Justiz noch helfen. (http://www.attac.de/presse/detailansicht/news/apple-gegen-attac-globalisierungskritiker-gewinnen-prozess/ )
In diesen Gegenbewegungen spielen dann Verteilungskämpfe und Gleichheitsfragen, aber dann auch Fragen sozial-kultureller Integration in einer ganz anderen Weise wieder eine Rolle.
Finanzmärkte wieder als Treiber für die Politik aber die Politik sieht auch hier einfach weg.
Es könnte ja sein, dass die Finanzmärkte beim Überborden des Zockens dazu noch eine Anregung bzw. Anstoß sein sein werden – weil die Krisengefahr wieder präsent ist. (http://www.dgb.de/++co++f6395a08-124e-11e8-80f0-52540088cada )
Und es ist erschreckend, welches Bild die Politik der „Bewältigung“ der Finanzkrise von 2008 ff. für Europa abgibt, 10 Jahre ist es her, dass die große britische Bank Northern Rocks während dieser Krise – auf Kosten der Steuerzahler – verstaatlicht werden musste – und was ist seither geschehen, um den Finanzsektor sicherer zu machen? Auf jeden Fall zu wenig! (http://www.attac.at/news/detailansicht/datum/2018/02/16/finanzkrise-10-jahre-verstaatlichung-von-northern-rock-an-den-finanzmaerkten-hat-sich-nichts-geaendert.html )
Dabei ist sicher eine wichtige Ursache für das „Überborden“ der Finanzmärkte mit ihrer Zockerei die gewaltigen Summen der Steuervermeidung, die einfach in Steueroasen ausweichen. (https://makronom.de/apple-und-die-us-steuerreform-was-deutschland-im-kampf-gegen-steuervermeidung-von-donald-trump-lernen-kann-24953 )
Und die GroKo kennt die Probleme von Finanzkrise und Steuerflucht in die „Oasen“ – welch beschönigendes Bild für diese Art von Kriminalität – einfach nicht.
Der Europaabgeordnete Sven Giegold moniert deshalb, während die SPD-Midglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen, dreht sich diese Debatte in der SPD fast überhaupt nicht um die wirtschafts- und finanzpolitischen Festlegungen in diesem Text. So wurde es bisher vollkommen übersehen, dass der Koalitionsvertrag im Bereich der Regulierung der Finanzmärkte keinerlei Ambitionen zeigt. (http://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/groko-die-finanzkrise-nicht-vergessen-a-1457567 )
So mag zwar die Finanzmarktpolitik in Zukunft von einem Sozialdemokraten im Finanzministerium verantwortet werden. Die Orientierung im Koaltitionsvertrag trägt jedoch weiterhin die Handschrift der CDU – eine Finanzmarktpolitik getragen von der SPD, aber ohne Abstriche ein „purer“ Schäuble weiterhin. Trotz aller bisherigen – eben zu kurz gegriffenen – Finanzmarktreformen sind die Großbanken immer noch so groß, dass ihr Scheitern wieder die Stabilität des Finanzsystems gefährden würde.
Wenn auch diese Unfähigkeit der Politik die Finanzkrise „im Ganzen“ zu verstehen, schon in der deutschen ökonomischen „Lehre“ angelegt ist, weil Finanzkrise irgendetwas ist, das von „Außen reingeschneit“ kommt – und keiner weiß eigentlich warum. Die Zusammenhänge der Fianzkrise, wie sie entsteht – und wer sie verursacht – bleibt unerklärt und scheinbar unerklärlich. (http://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/finanzkrise-die-naechste-krise-kommt-a-1419844 )
Krisenvergessenheit der Politik – oder einfach Krise ohne Krisenbewußtsein bei all den betroffenen Subjekten in der Krise.
So liest sich der Koalitionsvertrag wie ein Dokument der Krisenvergessenheit. (Vgl. auch die Übersicht: http://www.fr.de/autor.=svengiegold/ )
Zurecht fordert die große Koalition für kleine Banken und Finanzmarktanbieter weniger komplizierte Regeln. Doch bei den großen Herausforderungen für die Finanzmarktstabilität und den Verbraucherschutz bei Finanzprodukten liest man in dem Koalitionsvertrag „Nullkommanichts“.
Nur es greift wohl zu kurz, wenn man diese Krisenvergessenheit erst bei den politischen Spitzen ansetzt und nicht bei den Lücken im Bewußtsein der betroffenen Arbeitnehmer. Klaus Dörre u.a. nannte das schon 2009 – also während der weltweiten Finanzkrise – „Krise ohne Krisenbewußtsein“ – durch erfolgreiche finanzkapitalistische Landnahme. (Vgl. Prokla Heft 157, Seiten 57 ff. – Klaus Dörre u.a., „Krise ohne Krisenbewußtsein“ – Zur subjektiven Dimension kapitalistischer Landnahmen: http://www.prokla.de/wp/wp-content/uploads/2009/Prokla157.pdf )
Dazu passt dann auch dass diese GroKo auch bei der Bekämpfung des Steuerdumping durch transnationale Unternehmen nur ganz im Allgemeinen verharrt. Wenn es konkret wird, bleibt die GroKo mutlos – oder einfach „bewußtlos“. (http://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/groko-die-finanzkrise-nicht-vergessen-a-1457567 )
Das Soziale mit dem Ökonomischen und das Kulturelle zusammendenken.
Die Herausforderung besteht dann offenbar darin, das Soziale mit dem Ökonomischen und das Kulturelle zusammenzudenken. Wem diese Zusammenführung dann nicht gelingt, der gerät in der politischen Auseinandersetzung künftig in die Defensive. (Reckwitz) (http://www.fr.de/kultur/gesellschaft-trump-und-clinton-zuege-eines-klassen-kulturkonfliktes-a-1447380 )
Das heißt aber auch Europa nicht den Nationalisten einfach preisgeben. (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-die-vergessene-geschichte-1.3862741 ) Wozu dann auch notwendig ist, sich die Solidarität nicht durch die völkische Ideologie kaputtmachen zu lassen. (http://www.fr.de/wirtschaft/afd-in-den-betriebsraeten-voelkische-ideologie-ist-ein-spengsatz-fuer-solidaritaet-a-1459378 ) Und keine Ungleichheit wie vor hundert Jahren wieder weiter zulassen. (https://www.labournet.de/?p=126000)
Und die SPD mit der Union versucht es im alten Fahrwasser des pragmatisch Kalkulierbaren – ganz ohne kulturelle Perspektiven:
Große Koalition schafft mehr für die Alten und Familien…
Während der Internationale Währungsfonds (IWF) erst kürzlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos eine Studie vorgelegt hatte, wonach seit der Finanzkrise vor allem jüngere Menschen in Europa ein deutlich höheres Risiko haben, in Armut abzurutschen. Bis zum Ausbruch der Finanz-Krise 2008 ff, so schreiben die Autoren der Studie des IWF, seien Alte und Junge gleichermaßen bedroht gewesen. Seither änderte sich das Bild jedoch schlagartig. In Deutschland mussten die Jüngeren oft deutlich niedrigere Einstiegsgehälter hinnehmen, auch stieg die Wahrscheinlichkeit, dass sie gar keine Arbeit finden oder sich erst einmal als schlecht bezahlte Praktikanten durchschlagen müssen.
Diese Analyse ist schon paar Wochen alt, doch bei den Unterhändlern von Union und SPD ist sie offenbar noch nicht angekommen. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/profiteure-der-koalitionsplaene-wer-was-bekommt-1.3864010 )
Die zukünftige GroKo hatte in ihren Verhandlungen nämlich ein Paket geschnürt, das gerade vor allem Rentnern aber auch Familien nützt. Von der neuen Großen Koalition profitieren somit finanziell vor allem Familien mit Kindern mit Kindern, besonders aber Rentner. (Bei der Bundestagswahl 2017 waren bereit mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten älter als 60) (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/groko-finanzen-koalitionsvertrag-union-spd-1.3864049 )
So bezifferten Ökonomen die finanziellen Effekte der Neuauflage der Großen Koalition: Ruheständler bekämen im Schnitt mindestens 622 Euro mehr pro Jahr, jüngere Arbeitnehmer knapp 450 Euro, der bei 26- bis 39-jährigen Familien mit Kindern – falls die Kita-Gebühr wegfällt – jedoch zu einer Entlastung von 740 Euro im Jahr führen könnte. Aber der Anteil der unter Dreißigjährigen ist in Deutschland weniger als halb so hoch wie der, der über 60-jährigen. (vor 30 Jahren waren diese beiden Gruppen noch gleich groß)
Dennoch warnt der EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) vor einer Vernachlässigung der Jüngeren. Seine Sorge sei es,“dass wir uns immer mehr von einer Balance zwischen Alt und Jung entfernen“. Dazu müsste man jedoch auch die Steuerflucht noch in den Griff bekommen. (https://makronom.de/apple-und-die-us-steuerreform-was-deutschland-im-kampf-gegen-steuervermeidung-von-donald-trump-lernen-kann-24953 )
Und was würde Willy Brandt dazu sagen, der sich für eine Freiheit von Angst stark gemacht hatte, während die Arbeitsmarktreformen von Hartz eher mit Angst und Armut bestrafen. (http://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/spd-was-wuerde-willy-brandt-sagen-a-1446505 )
Und wegen dieser „Enthemmung“ des Arbeitsmarktes in Deutschland ist auch der Niedriglohnsektor in Deutschland – im Vergleich zu anderen Ländern – besonders hoch. (https://www.awblog.at/entwicklung-niedriglohnsektor/ )
Wie wenig insgesamt dieser Koalitionsvertrag in die Tiefe der Probleme noch geht, hat Oxfam gerade noch einmal schön zusammen gestellt. (https://www.oxfam.de/blog/koalitionsvertrag-themen-check )
Müssen die Jusos jetzt allein die angemessene Berücksichtigung der jüngeren Menschen erreichen – oder doch noch zu einer Politik des Allgemeinen mit einer neuen gesellschaftlichen Verteilung (soziale Gerechtigkeit) und Gleichheitsfragen anstreben, die sie gleichzeitig mit Fragen der sozial-kulturellen Integration zu verbinden verstehen? (Vgl. dazu auch Sebastian Dullien zur Entwicklung von Europa „Vorschläge mit blinden Flecken und gefährlichen Nebenwirkungen“: https://makronom.de/euroreport-reformplaene-mit-blinden-flecken-und-gefaehrlichen-nebenwirkungen-25355 )
Ob das weiterhin mit dem Dogma der schwarzen Null, die Deutschland durch besondere Umstände leicht gefallen ist, für Europa weiterhin nach Schäuble-Manier sinnvoll ist, muss angezweifelt werden. (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grosse-koalition-olaf-scholz-will-die-schwarze-null-a-1192666.html )
Gustav Horn, vom IMK glaubt eher, dass dies vor allem die Ablehnung des Koalitionsvertrages in der SPD befördere. (https://twitter.com/GustavAHorn )
Und wer geht dann noch die Steueroasen an? (https://makronom.de/apple-und-die-us-steuerreform-was-deutschland-im-kampf-gegen-steuervermeidung-von-donald-trump-lernen-kann-24953 ) Und kann es dazu noch gelingen, Europa vor den Nationalisten zu retten? (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-die-vergessene-geschichte-1.3862741 )
Zum größeren Problem wird es werden, dass der Großen Koalition zur Wohnungskrise kaum etwas einfällt – die Wohnungsfrage wird zu dem sozialen Problem des 21. Jahrhunderts werden –
Oder es wird einfach so ein Weiter-So proklamiert, dass diese Wohnungsnot erst hervorgebracht hat – die Spekulation um Grund und Boden. (vgl. vier von 10 Haushalten in Großstädten tragen eine prekär hohe Belastung durch die Miete. (https://www.boeckler.de/14_110740.htm )
Dass der Großen Koalition zum Wohnungsbau kaum etwas einfällt, ist verantwortungslos, denn nirgendwo lässt sich die soziale Gerechtigkeit einer Gesellschaft so sehr studieren wie in ihrer bebauten Umwelt, erklärt Laura Weissmüller. Was da gerade in Glas, Stahl und Beton entsteht, dürfte die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich weiter vorantreiben. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/bauen-familienbild-aus-den-fuenfzigern-1.3864191 )
Unübersehbar wird nämlich der Verdrängungswettbewerb in deutschen Metropolen und Universitätsstädten härter. Und die Politiker wollen an diesem Zustand offenbar nichts ändern, anders sind die beschlossenen Maßnahmen der großen Koalition nicht zu erklären.
Etwa beim Mieterschutz: Die nun angekündigte Mietpreisbremse der Großen Koalition dürfte genauso wirkungslos sein wie die alte. Warum? Weil der Vermieter, der sich darüber hinwegsetzt, vom Gesetz nicht bestraft wird. Ein jüngste Untersuchung des DIW kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Mietpreisbremse – in gewissen Bereichen (vor allem den „hochpreisigen“ Segmenten der Stadtzentren) doch etwas hilft. (https://www.berliner-zeitung.de/berlin/neue-studie-mietpreisbremse-wirkt-anscheinend-in-berlin-doch-29701160 und https://www.swr.de/swraktuell/bw/studie-mietpreisbremse-wirkt-in-innenstaedten/-/id=1622/did=21168004/nid=1622/11fwxir/index.html )
Bei Sanierungen darf der Vermieter nun zwar in geringerem Umfang, aber weiterhin die Kosten dauerhaft auf die Mieter umlegen.
Und die zwei Milliarden Euro, die den sozialen Wohnungsbau unterstützen sollen, sind einfach viel zu wenig. Hamburg stehen dafür – zum Beispiel – elf Millionen Euro pro Jahr zu. Mehr als ein Mehrfamilienhaus gibt es dafür nicht. Dabei war der soziale Wohnungsbau in Deutschland, bevor man ihn verschleuderte, ein Vorbild für andere, wie Ulrike Herrmann noch feststellte: Das deutsche Modell war – früher einmal – extrem erfolgreich: Sozialwohnungen bauen – und Mieter schützen. (http://www.taz.de/!5463679/ )
Geradezu fatal aber ist die Vorstellung der GroKo, man könnte die Wohnungskrise lösen, indem man die private Bauwirtschaft durch steuerliche Anreize und Geldgeschenke stärkt. Das Gegenteil ist der Fall. Das wird klar, wenn man sich das neu beschlossene „Baukindergeld“ anschaut. Das Wort klingt nicht nur nach einem eingemotteten Familienbild der Fünfziger Jahre, offenbar stand auch solch eine Vorstellung hinter diesem Konzept. Eine Familie mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 75 000 Euro im Jahr soll künftig zehn Jahre lang 1 200 Euro pro Kind und Jahr erhalten. wenn sie ein Haus baut oder kauft.
Was kann man dagegen haben, wenn der Staat jungen Familien dabei hilft, sich ein Haus zu leisten? Sehr viel! Es ist nämlich die falsche Antwort auf die Frage, wer bezahlbaren Wohnraum vorrangig braucht: Das ist nicht die Mittelschicht, das sind die Wenigverdienenden, Alleinstehenden und Alleinerziehenden. Das sind arme Alte, Auszubildende und Geflüchtete.
Außerdem – und das erscheint das zentrale Gegenargument – stützt der Bund durch solche Förderung genau jenes System, das diese Wohnungskrise überhaupt erst ausgelöst hat: die Spekulation mit Immobilien. (Die Spekulation, die gerade Deutschland seit ca. 2010 besonders im Griff hat: http://www.taz.de/!5463679/ ) Die Spekulation mit Eigentum nun wieder zu subventionieren – siehe schon die Eigenheimzulage – ist deshalb frivol. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/bauen-familienbild-aus-den-fuenfzigern-1.3864191 )
Laura Weissmüller plädiert deshalb dafür, Deutschland braucht weder in der Stadt noch auf dem Land weitere Einfamilienhaus-Siedlungen, die so trost- wie einfallslos sind – und den Flächenfraß weiter vergrößern. Was das Land braucht ist bezahlbarer Wohnraum in Häusern, die im Sinne des Gemeinwohls entworfen, gebaut und gepflegt werden. Häuser also in denen die Gesellschaft sich begegnet, weil es auch Gemeinschaftsräume gibt, Wohnungen für Singles, Familien und Wohngemeinschaften. Und es gibt hierzulande Genossenschaften, die gezeigt haben, wie so etwas geht. Die Krise des Wohnens ist auch eine der Gestaltung…
Deshalb muss der Staat darüber bestimmen können, mit welchen Zielen gebaut wird. Und dafür muss er auch über den Boden verfügen. (https://www.stiftung-trias.de/fileadmin/media/Rundbrief/Mu__nchner_Aufruf_fu__r_eine_andere_Bodenpolitik-1.pdf )
Das bedeutet aber auch die Wohnungskrise entscheidet sich am Umgang mit dem Boden. (http://www.initiative-bodenrecht.de/ ) Eine Regierung – wie die jetzige GroKo – die das noch länger ignoriert, handelt grob fahrlässig. (http://www.sueddeutsche.de/muenchen/reform-schranken-fuer-spekulanten-1.3770135 )
Dazu der Koalitionsvertrag: Die Schwächen der Wohnungspolitik, die hier dargestellt werden, sieht Natasche Kohnen (Bayerns SPD-Vorsitzende), die diese Ergebnisse selbst verhandelt hat, optimistischer (https://www.haufe.de/immobilien/wirtschaft-politik/koalitionsvertrag-2018-aus-immobiliensicht_84342_441600.html ) – jedoch der – auch hier zentrale Punkt der Spekulation bei den Immobilien (Grund und Boden) – soll,- was hier zunächst nicht so in Erscheinung tritt – in einer „Enquete-Kommission“ erst in den nächsten beiden Jahren erarbeitet werden, was ziemlich „entscheidend“ werden könnte. (https://neuigkeiten.spd.de/ov?mailing=2KY3B5SM-WUM11BY&m2u=2L0YNE9U-2KY3B5SM-KKJEYJ )
Die bedeutsamsten Fragen sind also wieder in eine Kommission verschoben. (= wie beim Klima schon) Die entsprechende Formulierung für die Enquete des Bundestages zur Wohnungspolitik siehe den Entwurf eines Koalitionsvertrages… (https://www.haufe.de/immobilien/wirtschaft-politik/koalitionsvertrag-2018-aus-immobiliensicht_84342_441600.html ) in der Ziff. 1) „Wohnraumoffensive“ im dritten Absatz: „Für eine „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ werden wir eine Enquete-Kommission einsetzen.“
Dazu dann auch noch die Götterdämmerung für die SPD – mit heftigen Kontroversen – und die Mehrheit des „Publikums“ hält die SPD für nicht regierungstauglich
Während sich die SPD weiter ereifert, wer und wie und was und zu welchem Zeitpunkt, findet das deutsche Publikum sie mehrheitlich für nicht regierungstauglich. (https://www.onvista.de/news/umfrage-mehrheit-haelt-spd-fuer-nicht-regierungsfaehig-im-bund-88867775 )
Mehr als zwei Drittel der deutschen Bundesbürger gaben bei einer aktuellen Umfrage des Instituts Civey an, sie hielten die SPD gar nicht für regierungsfähig. – Auch hier fehlt dann die einfache Selbsterkenntnis, dass das politische Publikum für die Überwindung der Krise(n) unfähig bleibt, weil angesichts der „finanzkapitalistischen Landnahme“ (Dörre u.a.) kein Bewußtsein über die vorhandene Krise entwicklen kann. (= S. 157 ff.)(http://www.prokla.de/wp/wp-content/uploads/2009/Prokla157.pdf )
Heribert Prantl platzt heute richtig der Kragen, wenn er mahnt, zunächst muss in diese Partei erst wieder diskursive Ruhe einkehren. Eine so aufgeputschte, hocherregte und panische Partei ist nämlich weder regierungs- noch oppositions- noch erneuerungsfähig. (http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-die-truemmerfrau-1.3862726 )
Andere – wie Tobias Peter in der Frankfurter Rundschau – sehen erst noch die Notwendigkeit zu mehr Erregung bei der SPD und unterstützen einen offenen Brief der Kritiker vom linken Parteiflügel der SPD, dass jetzt eine Urwahl des SPD-Vorsitzenden richtig sei. Wir wollen als SPD gemeinsam in Basis und Führung „Demokratie wagen“, erklären diese Kritiker. (http://www.fr.de/politik/bundestagswahl/spd-wackelpartie-bei-den-sozialdemokraten-a-1445980 )
Dem hält Heribert Prantl entgegen, man kann nicht alle drei Tage einen Parteitag einberufen (was wohl nur darauf hindeutet, dass man eigentlich gar nicht weiter weiß); und schon gar nicht braucht es einen Mitgliederentscheid zur Wahl der neuen Vorsitzenden, wenn ohnehin keine anderen Kandidaten anstehen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-die-truemmerfrau-1.3862726 )
Dennoch kann es angemessen sein, wenn Andrea Nahles in der Präsidiumssitzung am Dienstag noch nicht gleich den Parteivorsitz kommissarisch übernimmt. Das sollte erst einmal Malu Dreyer, die beliebt ist und nicht nach dem Parteivorsitz strebt, als Stellvertreterin im Vorstand übernehmen. (aber es braucht keine Urwahl der Parteivorsitzenden in 2 Jahren noch einmal)(http://www.fr.de/politik/bundestagswahl/spd-fuehrung-gesucht-a-1446285 )
Die (drei) Frauen haben es bisher gerichtet – als „Trümmerfrauen“ (Heribert Prantl) – ein weiterer Stabilitätskern der SPD (außer die Achse Scholz / Nahles)
Bei den Koalitionsverhandlungen haben die Frauen in der SPD – Nahles, Dreyer, Schweswig – die Verhandlungen des Noch-Vorsitzenden Schulz exzellent ausgeglichen. Sie haben für die SPD ein Programm erstritten, das sich sehen lassen kann (nebst dem Ministerien). Nahles muss jetzt zeigen, ob es ihr gelingt, Unmut und Empörung, die sich an Personalia, an Schulz und Gabriel, entzünden, vom Programm zu entkoppeln. (http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-die-truemmerfrau-1.3862726 )
Die herkuleische Aufgabe der Andrea Nahles. Fraktionschefin und Parteivorsitzende zugleich (und trotzdem ist wohl niemand sonst in Sicht, die/der diese Aufgaben stemmen könnte) : In einer Partei, die sich in einer GroKo befindet und sich gleichzeitig erneuern will, das ist eine gewaltige, fast nicht zu stemmende Aufgabe. Als Fraktionschefin muss Nahles Kärnerarbeit leisten, muss werrktäglich Kompromisse aushandeln und verantworten; als Parteivorsitzende muss sie dann sonntäglich Visionen predigen und zum Programm werden lassen. Herkules würde danken!
Dafür wird sich die Parteivorsitzende Hilfe aus den verschiedenen „Ecken“ der Partei holen müssen. Ohne neue Ideen solcher nicht fest eingebundener politischen Menschen gibt es keine Erneuerung. (http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-die-truemmerfrau-1.3862726 ) Und wenn sie das jetzt am Hals hat, braucht sie auch für den Spott nicht zu sorgen. (https://twitter.com/tagesthemen/status/962971114644353024 )
Anhand des Scheiterns von Schulz und Gabriel jetzt auch noch Europa verstehen lerne. Vorspann zum Verständnis von Deutschland in Europa anhand von Schulz und Gabriel: Der recht unterschiedliche politische Kosmos in Europa (Brüssel) und Deutschland (Berlin). Deutschland aus europäischer Perspektive -ein totales Missverständnis.
Es war schon meine Vermutung, das ein Erfolg auf europäischer Ebene keine Blaupause für einen Erfolg in Deutschland ist bzw. überhaupt sein kann, weil die jeweiligen politische Kulturen zu unterschiedlich, ja gegensätzlich sind. (vgl. dazu z.B. auch den Roman von Robert Menasse „Die Hauptstadt“) Jetzt hat Cerstin Gammelin, die selbst zunächst als Korrespondentin in Brüssel für die Süddeutsche gearbeitet hatte und dann ins Hauptstadtbüro in Berlin gewechselt ist, die daher aus eigener Erfahrung diese unterschiedlichen politischen Kulturen kennt und ist daher in der Lage (http://www.sueddeutsche.de/kolumne/sz-werkstatt-von-bruessel-nach-berlin-1.2499012?reduced=true ), dieses Missverständnis über den Sachverhalt des „Scheiterns“ von Martin Schulz noch einmal klar herauszuarbeiten.
Schulz hat in Brüssel zunächst bundespolitische Ambitionen ausgeschlossen und mehrfach betont,“mein Platz ist Brüssel“. Er meinte – wohl zu Recht -, er habe sein ganzes politisches Leben in Europa investiert und werde weiter versuchen, Europa voranzubringen.
Dann aber kann er nicht widerstehen. SPD-Chef Sigmar Gabriel trägt ihm die Kanzlerkandidatur an. Und Schulz beginnt auszuziehen, um Bundeskanzler zu werden. (hier wäre es angebracht gewesen – auch aus der Verantwortung von dem damaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel – ein ausführliches Gespräch über die so verschiedenen Anforderungen von Berlin und Brüssel zu führen – und vor allem ihn in diesem Wechsel dann auch zu unterstützen – nur geht das in einem „Haifischbecken“?)
Wer heute mit politischen Weggefährten spricht, der findet Menschen vor (wahrscheinlich gehört Cerstin Gammelin selbst dazu), die weniger über die Niederlage in Deutschland überrascht sind als vielmehr darüber, dass Schulz glauben konnte, die Bundestagswahl zu gewinnen. Und zwar fehlten ihm völlig die Erfahrungen in der „politischen Feinarbeit in Deutschland“ (die jedoch z.B. Andrea Nahles sozusagen „von der Pike auf“ gelernt hat)
Das sagt einer, erklärt Cerstin Gammelin, der selbst einige Jahre in Brüssel gearbeitet hat – aber dann später in Berlin noch einmal ganz unten anfangen musste, um Karriere zu machen.
Brüssel sei eben im Vergleich zum „Haifischbecken Berlin“ ein geschützter Kosmos. In der europäischen Hauptstadt passiert nichts, ohne dass die nationalen Hauptstädte zugestimmt haben. – Das ist eben der feste Rahmen, ohne den nichts bewegt werden kann.
Auch wenn die Kommission politischer geworden ist und das Parlament mächtiger, werde in Brüssel vor allem über Sachfragen geredet.
Ganz anders in Berlin. Hier geht es erst um die Macht, dann um die Sache. Da nütze ein politisches Netzwerk, wie es Schulz in Brüssel geknüpft hatte, so gut wie nichts. Das Vertraute, die gemeinsam gefochtenen Kämpfe, die Juncker und Schulz in Brüssel zusammengehalten haben, fehlten Schulz in Berlin.
Schulz habe, so heißt es einfach, ohne dass ihm das je jemand erklärt hat (wofür „eigentlich Gabriel zuständig gewesen wäre), einfach nicht sehen wollen (bzw. verstehen können), dass ein Deutscher mit europäischer Sozialisation im engmaschigen Berliner Politikbetrieb als Fremder wahrgenommen wird. (Vielleicht spiegeln sich hier auch Cerstin Gammelins eigene Erfahrungen nach ihrem Wechsel von Brüssel nach Berlin?) (http://www.sueddeutsche.de/politik/spd-warum-schulz-nie-richtig-in-berlin-angekommen-ist-1.3861611?reduced=true )
Europa sei ein Thema, das schmücke (erg.: auch um deutsche Dominanz zu demonstrieren wie z.B. mit der „Schwarzen Null – jetzt auch durch Scholz (SPD) (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grosse-koalition-olaf-scholz-will-die-schwarze-null-a-1192666.html ), aber keines mit dem in Deutschland Wahlen gewonnen werden, erzählen sie in Berlin.(was man schon an dem wunderbaren ersten Abschnitt im Koalitionspapier merkt, das für eine größere Öffentlichkeit eher verschämt unter dem Tisch gehalten wird, obwohl gerade Europa für unsere Zukunft – m-E. – recht entscheidend ist – (vgl. die ökonomische Situation und wie sie refektiert wird – Sebastian Dullien: https://makronom.de/euroreport-reformplaene-mit-blinden-flecken-und-gefaehrlichen-nebenwirkungen-25355 ) – und um die kulturelle Seite noch mitzuberücksichtigen muss noch der Historiker Magnus Brechtken zu Wort kommen: Angesichts einer schon wieder vergessenen Geschichte setzen die Nationalisten das historische Friedensprojekt Europa aufs Spiel. (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-die-vergessene-geschichte-1.3862741 )
Mein etwas „schräger“ Blick auf den „Fall“ von Martin Schulz.
Bei mir keimt der Verdacht, dass Gabriel durchaus um die ganzen Schwächen von Martin Schulz wußte (bzw. als alter Hase im Politikgeschäft „hätte wissen müssen“) – und er ihn trotzdem „Knall auf Fall“ – ohne ihm dafür genügend Zeit zu lassen – mit seinem Rücktritt zum SPD-Vorsitzenden „erkor“: So befürchte ich auch, dass er mit seinem „Absaufen“ rechnete – und wohl hoffte, dass die Partei ihn als Retter dann – sozusagen als alten „Profi“ wieder rufen würde. Und ich befürchte, dass auch dem Martin Schulz dieses Spiel mit seiner Person so langsam im Laufe der Zeit klar wurde – weil er eigentlich keinem „gefährlich“ werden konnte…
Und somit trug schon sein Interview mit Markus Feldenkirchen im letzten Herbst auch schon stark resignative Züge. (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/martin-schulz-on-the-road-mit-dem-spd-kanzlerkandidaten-spiegel-titelgeschichte-a-1170992.html )
Und Johanna Roth schrieb in der TAZ, er hat alles offengelegt, alles gesagt und alles gegeben: Schulz wagt es blank zu ziehen – und zwar komplett. Und sie zieht den Schluss, Schulz verdient Respekt, denn er hat alles über die Tragik gesagt, in diesen Zeiten SPD-Kanzlerkandidat zu sein. (http://www.taz.de/!5451745/ )
Und Johanna Roth fährt fort, natürlich hat „Bild“ die Schulz-Story sofort ausgeschlachtet mit den demütigendsten Zitaten – und der Frage: „Kann Schulz jetzt noch SPD-Chef bleiben?“ Vermutlich wird er das nicht mehr lange…
Und weiter bei der SPD mit der Achse Nahles / Scholz
Die TAZ schreibt unter der Überschrift „Die Boxerin“ ein recht kluges Porträt über die zukünftige SPD-Parteivorsitzende, die sich in den verschiedenen Rollen als Boxerin – aber auch als Ärztin, die eine Therapie plant – dann bewähren muss – und wenn jemand in der SPD dazu in der Lage ist, dann ist es sie, die Andrea Nahles. Denn sie ist die Person – so sagen es Sozialdemokraten -, die die Partei besser kennt als ihre Vorgänger Schulz oder Gabriel. Respekt schimmert da durch – und ein bisschen Angst, schreibt Ulrich Schulte. (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5481079&s=/ )
Im Foyer des Willy-Brandt-Hauses neben der Willy-Brandt-Statue wird sie gefragt, ob nicht einmal wieder die Postendebatte die Inhalte überlagere. Es gehe schon um beides, antwortet Nahles. Darum, was Erneuerung heiße – und um das „Nicht weiter so“. Dafür brauche es einen Ort mit großer Durchsetzungsstärke. Der Ort ist sie selbst.
Etwas verquast kingt das, aber es ist wahr: Nahles muss die Partei neu erfinden. Sie, die gefühlt ewig dabei ist, muss das „Weiter so“ verhindern. Ob ihr diese Ambivalenz gelingt, ist offen. Jedoch viele SPD-ler sagen: Es gibt in der Partei im Moment niemanden, der es besser könnte. (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5481079&s=/ )
Und wichtig wird in der SPD in Zukunft die Achse Nahles / Scholz sein. Nahles harmoniert mit dem staubtrockenen Hamburger, der als Finanzminister und Vizekanzler gehandelt wird.
Zum Abschluss noch einmal ein paar Reflexionen über die „Gesellschaft der Singularitäten“ (Andreas Reckwitz)
Es tauch für die Perspektive der Politik deshalb auch die Frage auf, mit welcher Perspektive diese auseinanderdriftende „Gesellschaft der Singularitäten“ weiterentwickelt werden kann.
Dirk Pilz hat in der Frankfurter Rundschau (2. März 2018) festgehalten, Andreas Reckwitz „Die Gesellschaft der Singularitäten“ wird zu Recht intensiv diskutiert.
Weshalb sollen sich die Sozialwissenschaften nicht doch einmal wieder an einer Zeitdiagnostik des Ganzen versuchen – anstatt sich nur noch mit Detailfragen zu beschäftigen – und die Spätmoderne in ihrer Gesamtheit unhinterfragt lassen? Dem versucht Wolfgang Knöbl nachzugehen. (https://soziopolis.de/beobachten/kultur/artikel/reckwitz-buchforum-1-die-gesellschaft-der-singularitaeten/ )
Der Einwand, dass Reckwitz ein „vergebliches Geschäft“ betreibe, weil der Blick von nirgendwo auf das Ganze in Zeiten der Globalisierung eben nicht mehr möglich sei, muss dann auch abgehandelt werden. Reckwitz, der immer wieder bei Soziopolis antwortet, betont demgegenüber, dass dies ein notwendiges Unterfangen ist und bleibt, weil andernfalls gesellschaftliche Entwicklungen – als Ganzes – nicht mehr beschreibbar wären.
Gegen Reckwitz macht Cornelia Kopetsch – Darmstädter Soziologin – geltend: Gibt es nicht nach wie vor die typischen Sphären der Produktion des Allgemeinen. Vertreter eines konservativen Bürgertums dürften sich in Reckwitz` Beschreibungen jedenfalls kaum wiederfinden, erklärt Koppetsch. (https://soziopolis.de/beobachten/kultur/artikel/reckwitz-buchforum-2-die-gesellschaft-der-singularitaeten/ )
Diesen Punkt greift dann der Jenenser Soziologe Hartmut Rosa auf: Die größte Stärke von Reckwitz Ansatz liegt doch gerade in der Verknüpfung der „Kulturalisierung der Ungleichheit“ mit den umfassenden Demokratiekrisen der Gegenwart.
Die These ist, dass die zentrale Spaltungslinie der Gesellschaft zwischen denen verläuft, die über das ökonomische, soziale und kulturelle Kapital verfügen, ihr Leben zu „kuratieren“ – und eben jenen anderen, die erst gar nicht diesen Anspruch erheben, weil sie einfach einer anderen „Logik“ folgen. Verteidigen diese nicht gerade, so Rosa, ein Allgemeines, was sie wiederum für das Normale, den gesunden Menschenverstand, das durch Tradition, Geschichte und Konvention zu ihrer Lebenswelt Gehörende begreifen? (https://soziopolis.de/beobachten/kultur/artikel/reckwitz-buchforum-8-die-gesellschaft-der-singularitaeten/ )
Anders als Reckwitz sieht Rosa hier durchaus zwei konträre Logiken des Sozialen wirken. Und mit diesem Konflikt beginne man ja auch zu verstehen, was die Anhänger Trumps, Putins, Erdogans, des Brexits und der AfD gemeinsam haben. nämlich den Widerstand gegen eben jene globalisierte Singularisierung. Man hat es offenbar mit einer die Gesellschaft politisch, ökonomisch und lebensspezifisch spaltenden und zugleich jeweils konstituierenden kulturellen Differenz zu tun. Das aber sichtbar gemacht zu haben, ist vielleicht das größte Verdienst der von Reckwitz vorgelegten Arbeit, so Rosa. (https://soziopolis.de/beobachten/kultur/artikel/reckwitz-buchforum-8-die-gesellschaft-der-singularitaeten/ )
Und Dirk Pilz meint, wenn jetzt Reckwitz den Leipziger Buchpreis, für den er vorgeschlagen ist, erhält, dann gebührt er allen an dieser – wichtigen – Diskussion beteiligten.
Zur Ergänzung dieser jetzigen Diskussion würde ich dann noch Klaus Dörre u.a. vorschlagen, die – aufgrund er finanzkaitlaistischen Landnahme – als Soziologen noch zu der Erkenntnis gelangen, dass es eine finanzkapitalistische Krise gab, die aber einfach über die Menschen – weitgehend unreguliert – hinweg rauschen konnte, ohne dass es zu einem Krisenbewußtsein kam… (http://www.prokla.de/wp/wp-content/uploads/2009/Prokla157.pdf )