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Ticketfrei im Nahverkehr? Sowieso!
Zugegeben: Es kam überraschend und klang nach vorgezogenem Aprilscherz. Die Meldung, die Bundesregierung erwäge (als Modellprojekt nur, aber immerhin) in einigen Städten den „Nulltarif“ im Nahverkehr einzuführen. Dass dies nur ein Ablenkungsmanöver sei, um möglichen Auseinandersetzungen mit der EU wegen Abgasen zu entgehen, mag stimmen – ändert aber nichts, gar nichts, daran, dass dies zumindest eine Gelegenheit ist, eine schon sehr alte und immer noch richtige Forderung neu zu verbreiten. Im vermutlich einzigen Land der Welt, in dem die alljährlichen Fahrpreiserhöhungen zur Jahreswende keine größeren Proteste hervorgerufen haben. Im einzigen Land, in dem auf „schwarz Fahren“ (teurer) Gefängnisaufenthalt stehen kann. Und wo dafür allseits bekannte Dieselgangster für ihre Verbrechen an Mensch und Umwelt keinerlei Konsequenzen fürchten müssen. In der BRD demnach. Wo nur noch ziemlich alte Leute Erinnerungen an „Rotpunkt“ haben. Und asoziale Landesregierungen sogar sogenannte und keinesfalls echte „Sozialtickets“ abschaffen wollen. Wo Kommunen gleich abwinken, weil sie im Autoland ihr Geld für Straßen und Parkplätze ausgeben sollen – und für teure U-Bahnen statt billiger Straßenbahnen die Menschen in den Keller schicken. Womit die meisten der gesellschaftlichen Fragen aufgezählt wären, die bei dieser Bekanntgabe und dem sofort begonnenen (Neid)Streit darum wesentlich wären – viele, wie leicht zu sehen ist. Siehe dazu unsere aktuelle Materialsammlung „Ticketfrei im Nahverkehr? Sowieso!“ vom 16. Februar 2018:
Ticketfrei im Nahverkehr? Sowieso!
„Bund erwägt kostenlosen Nahverkehr“ am 13. Februar bei n-tv war die (verarbeitete) dpa-Meldung an diesem Tag, in der es unter anderem hieß: „Die Bundesregierung will angesichts einer drohenden Klage der EU-Kommission ihre Maßnahmen für eine saubere Luft in deutschen Städten deutlich ausweiten. Dazu gehört auch ein möglicher kostenloser öffentlicher Nahverkehr, wie aus einem Brief von Umweltministerin Barbara Hendricks, Verkehrsminister Christian Schmidt und Kanzleramtschef Peter Altmaier an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella hervorgeht. Zuerst hatte das Magazin „Politico“ darüber berichtet. In dem Schreiben heißt es, die Bundesregierung denke zusammen mit den Ländern und den Kommunen über einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr nach, um die Zahl privater Fahrzeuge zu verringern. Außerdem sollen „bei Bedarf“ Städte darin unterstützt werden, wirksame Verkehrsregeln auf den Weg zu bringen, um die von Autos verursachte Umweltverschmutzung zu reduzieren“.
„Bundesregierung dementiert konkrete ÖPNV-Pläne“ am 14. Februar 2018 bei Zeit Online ist ein Beitrag über das sofortige Zurückrudern: „Die Bundesregierung ist bemüht, die Debatte um einen kostenlosen Nahverkehr in einigen Städten abzuschwächen. Regierungssprecher Steffen Seibert nannte die in einem Brief an die EU-Kommission enthaltenen Schritte „Vorschläge zur Verbesserung der Luftqualität“, über die „zusammen mit den Ländern und Kommunen“ nachgedacht werden soll. Letztendlich sei es an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella, diese Vorschläge zu bewerten“.
„Bundesregierung findet Gefallen an kostenlosem Nahverkehr“ am 13. Februar 2018 im Handelsblatt bringt den Vorstoß auf einen Nenner: „Die EU-Kommission hält die bisherigen deutschen Maßnahmen für unzureichend, um Grenzwerte für Stickoxide einzuhalten. Sie hatte die Bundesregierung aufgefordert, nachzulegen. Die EU-Kommission könnte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen. Letzte Konsequenz könnten Fahrverbote sein. Um das Thema Fahrverbote geht es am 22. Februar auch vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Gericht könnte eine wegweisende Entscheidung fällen, ob Fahrverbote rechtmäßig sind. In vielen deutschen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte nicht eingehalten„.
„ÖPNV-Nulltarif: Geld ist nicht das Problem“ von Wolfgang Pomrehn am 15. Februar 2018 bei telepolis hält zu der sich entwickelnden Debatte um die Finanzierung einer solchen Maßnahme fest: „Dass auf jeden Fall Zuschüsse vom Land oder Bund notwendig sind, zeigt das Beispiel des Städtchen Templin im nördlichen Brandenburg, über das die Süddeutsche Zeitung berichtet. Dort war der ÖPNV von 1997 bis 2003 kostenlos nutzbar. Die Fahrgastzahlen vervierfachten sich annähernd, bis die Stadt sich schließlich keine neuen Busse und zusätzlichen Fahrer mehr leisten konnte. Schließlich wurde eine „Kurkarte“ für 44 Euro eingeführt, die als Jahresticket gilt. Man kann sich leicht vorstellen, dass in den Großstädten, wo U- und S-Bahnen sowie die Busse ohnehin bereits gut genutzt werden, der Ausbau besonders beschleunigt und bezuschusst werden müsste. Mit temporären Lösungen und Versuchsprojekten in einigen wenigen Pilotprojekten in Mittelstädten, wie jetzt von der Bundesregierung geplant – im Gespräch sind neben Bonn Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim –, wird man da nicht besonders weit kommen. Entsprechend schwanken die Reaktionen bei Umweltpolitikern zwischen Skepsis und positiver Aufnahme. Der Deutsche Naturschutzring (DNR) begrüßt, dass eine Diskussion angestoßen wurde und fordert, dass zur Finanzierung „umweltschädliche Subventionen“ gestrichen werden. (…) Würden die immer noch gewährten Subventionen für Dieselkraftstoffe gestrichen, so der Verband, könnten sieben Milliarden Euro eingespart werden. Weitere fünf Milliarden Euro könnten nach den Vorstellungen des DNR in die öffentlichen Kassen fließen, würde die Pendlerpauschale abgeschafft. (Wäre der ÖPNV für die Nutzer kostenlos, würde die Pauschale noch stärker als bisher als Anreiz zum Autofahren wirken.) Am Geld liegt es also nicht, dass der ticketfreie ÖPNV nicht längst eingeführt ist“.
„Wer soll das bezahlen?“ von Christian Baron am 16. Februar 2018 in neues deutschland ist ein Kommentar zur neuerlichen Kostendebatte, der die gesellschaftlichen Zusammenhänge thematisiert: „Der Staat beklagt leere Kassen, er hält den Markt aber für ein Naturgesetz. Darum verteilt er von unten nach oben um, er verscherbelt öffentliches Eigentum und er begünstigt in seiner Steuerpolitik nur die Reichen. Wenn jetzt alle über »kostenlosen Nahverkehr« sprechen, dann können die Autolobby und ihre politischen Erfüllungsgehilfen jede weitere Diskussion mit der Kostenfrage ersticken. Dabei erschiene die Finanzierung mit den notwendigen Infrastrukturinvestitionen machbar, wenn die Politik andere ökonomische Ansätze beachten und wenn von »fahrscheinfreiem Nahverkehr« die Rede wäre, der die Umwelt entlasten und Mobilität als Grundrecht anerkennen würde“.
„Für den Nulltarif zahlen die Autopendler!“ von Matthias Brügge am 14. Februar 2018 in Auto-Bild ist ein exemplarischer Beitrag „der anderen Seite“, mit dem Angst und Neid geschürt werden soll (und natürlich peinlichst Fragen vermieden werden wie etwa, wer für die ganzen Krankheiten zahlen muss, die die Dieselgangster verursacht haben): „Und wer müsste dafür zahlen? Das Geld der Kommunen reicht schon jetzt nicht zur halben Deckung der Kosten eines passablen öffentlichen Nahverkehrs. Bus und Bahn für alle, dafür wären viele weitere Milliarden nötig, wir rechnen in Zehnerschritten. Da müsste der Bund eingreifen, also wir alle. Woher die Milliarden zum Ausbau des Gratis-Nahverkehrs kämen, ist auch schon klar: von der Pendlerpauschale! Da muss kein Finanzminister lange rechnen, denn warum sollte der gratis fahrende Nahverkehrsnutzer seine günstige Fahrt zur Arbeit auch noch steuerlich vergütet bekommen? Die Pendlerpauschale kostet den Fiskus – genau wie die Vergünstigung der Privatnutzung eines Firmenwagens – jedes Jahr je fünf Milliarden Euro. Beide Subventionen dürften entfallen. Und der erkleckliche Rest dürfte über indirekte Steuern finanziert werden“.
„Wer Nulltarif fordert, hat nicht zu Ende gedacht“ von Peter Neumann am 14. Februar 2018 in der Berliner Zeitung steht hier als Beispiel für jene Lawine von Artikeln, in denen Kommunalpolitiker, Experten (in was auch immer) und sonstige Stimmen mobilisiert sind, um gegen den Nulltarif in Stellung gebracht zu werden, etwa so: „Nein danke, heißt es in Berlin. Der Bund, so heißt es hier, habe das Thema saubere Luft jahrelang vernachlässigt. Jetzt, wo es brenzlig wird, trumpfe er plötzlich mit nicht abgestimmten Vorstößen auf – um von Versäumnissen abzulenken. „Richtig wäre es, wenn der Bund die Fahrzeughersteller endlich dazu bringen würde, Autos mit Filtertechnik nachzurüsten“, so Günther. „Richtig wäre es auch, wenn es endlich eine blaue Plakette gäbe, damit Autos kontrolliert werden können.“ An diesen Maßnahmen führe kein Weg vorbei. „Wir dürfen den Bund nicht aus seiner Pflicht entlassen, die Luft sauberer zu machen.“ (…) Beim Nulltarif sieht die Senatorin viele Fragezeichen: „Zum Beispiel: Wer finanziert ihn?“.
„So fördert der Staat die Autoindustrie“ von Kristin Becker am 02. August 2017 in der Tagesschau (Faktenfinder), wo unter vielem (sehr vielem) anderem informiert wird über: „Prominentestes Beispiel: die Umweltprämie bzw. „Abwrackprämie“ von 2009. Sie war eine der Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung, die in der Finanzkrise schwächelnde Konjunktur ankurbeln wollte. 2.500 Euro bekam, wer ein altes Auto verschrotten ließ, um ein neues zu kaufen. Der Bund gab dafür insgesamt 5 Milliarden Euro aus. (…)Das heißt: Diesel zu tanken ist in Deutschland deutlich günstiger als Benzin und zwar um fast 22 Cent pro Liter. Ursprünglich sollte damit das Speditionsgewerbe unterstützt werden, Diesel-PKW spielten früher kaum eine Rolle. Inzwischen ist die Dieselautoflotte allerdings deutlich angewachsen und macht laut Kraftfahrtbundesamt ca. 33 Prozent aller in Deutschland zugelassenen PKW aus. Die deutsche Autoindustrie hat in hohem Maß auf diese Antriebstechnologie gesetzt. Durch die Vergünstigung an der Zapfsäule gehen dem Staat derzeit jährlich etwa 8 Milliarden Euro an Energiesteuer verloren“.
„Streit um kostenlosen Nahverkehr“ von Kurt Stenger am 15. Februar 2018 in neues deutschland berichtete unter anderem von ersten gewerkschaftlichen Reaktionen, die in keiner Weise und Richtung überraschend sind: „Das Bekanntwerden des überraschenden Vorstoßes hat eine öffentliche Debatte losgetreten. Selbst Gewerkschaftsvorsitzende sind sich hierbei extrem uneinig: Während ver.di-Chef Frank Bsirske von einer »hervorragenden Initiative« spricht, die sowohl der Umwelt als auch den Bürgern helfe, zeigte sich Alexander Kirchner von der Verkehrsgewerkschaft EVG skeptisch, dass sich das Problem schlechter Luft in den Städten so lösen lasse. Heute seien Zugausfälle, Verspätungen und übervolle Bahnen zu Stoßzeiten die Regel. »Das ermuntert niemanden, das Auto stehen zu lassen, selbst wenn die Fahrt mit dem Nahverkehr nichts kostet«, sagte Kirchner dem »Handelsblatt«“.
„Sind wir noch vernünftigen Argumenten zugänglich?“ von AktionFSA am 06. Februar 2018 im taz-Bewebungsblog berichtete vor der jüngsten Bekundung der Bundesregierung über eines der keineswegs seltenen Beispiele und ordnet das auch in gesellschaftliche Debatten ein: „Auf diese Idee sind die Berliner Verkehrsbetriebe leider noch nicht gekommen – in Melbourne ist das Standard. Dort fährt die Tram auf 250 Kilometer zweigleisiger Strecke und hält an mehr als 1.700 Haltestellen und kommt in der Rushhour alle 90 Sekunden. Und warum fährt die Tram kostenlos? Die Transportbehörde in Melbourne antwortet auf diese Frage: „Weil die Stadt so Geld spart.“ Es fahren Zehntausende Pkws weniger durch das Stadtzentrum, Straßen halten länger, Unfälle sind seltener, die positiven Auswirkungen auf die Luft sind immens. Dazu kommt, dass man keine Fahrkartenkontrolleure bezahlen muss, die Zahl der kostspieligen Strafverfahren gegen Schwarzfahrer ist gegen Null gegangen – und die Zahl der Touristen ist angestiegen. Zu dieser einfachen Rechnung ist in Berlin scheinbar niemand fähig. Stattdessen bricht in den Boulevard-Medien der Stadt eine Hetze gegen den Justizsenator los, wenn dieser laut darüber nachdenkt, ob man nicht Geld und Zeit sparen könnte, wenn man das Schwarzfahren dem Falschparken gleichstellt und von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabstuft. In den Zeitungen hört sich das dann wie „eine Erlaubnis zum Schwarzfahren“ (Berliner Kurier) an – aber leider sind wir nicht Melbourne. Stattdessen leistet sich das klamme Berlin die Idiotie Hunderte Menschen wegen Schwarzfahrens für mehrere Hundert Euro pro Tag ins Gefängnis zu stecken, weil sie (mehrfach) keine 2,80 Euro für einen Fahrschein übrig hatten. JVA-Leiter Udo Plessow aus Plötzensee bestätigte dem Tagesspiegel „Mindestens 155 unserer 480 Gefangenen wurden wegen Schwarzfahrens zu Ersatzfreiheitsstrafen verurteilt.“ Ersatzfreiheitsstrafe bedeutet, dass die Betreffenden nicht bereit oder in der Lage waren ihre Geldstrafe zu zahlen“.
„Kostenlos mit Bus und Bahn in europäischen Städten“ von Sabine Cygan am 14. Februar 2018 bei MDR Aktuell berichtet aus verschiedenen Ländern und hält dazu einleitend fest: „Die Stickstoffdioxidwerte in einigen deutschen Großstädten sind viel zu hoch, die EU-Kommission drängt die Bundesregierung zum Handeln. Deswegen denkt die Bundesregierung darüber nach, den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten. Bus und Bahn kostenlos nutzen zu können, soll Autofahrer dazu motivieren, ihr Auto öfter mal stehen zu lassen. Was hierzulande für die Piratenpartei oder Die Linke als längst fällige Maßnahme gilt, ist für den Städte- und Gemeindebund oder auch den Hamburger Verkehrsverbund eine teure Schnapsidee. Doch andere europäische Städte haben den öffentlichen Nahverkehr bereits attraktiver gemacht, auch komplett kostenfreie Modelle gibt es. Eine Auswahl“.
„20 villes en France où les transports sont gratuits !“ am 27. Januar 2014 bei Parcours France ist eine Aufstellung (inklusive Links) von den damals 20 Städten in Frankreich mit unterschiedlichem Grad an kostenlosem Nahverkehr
„Als die Herforder die Revolution wagten“ von Frank-Michael Kiel-Steinkamp am 28. Oktober 2015 in der Neuen Westfälischen steht hier als eines von vielen möglichen Beispielen von Artikeln über die „damalige“ Rotpunktbewegung von 1970, wie sie in vielen Städten stattfand. In Herford beispielsweise unter anderem so: „Michael Pahde erinnert sich: „Die Fahrpreise der damaligen EMR Busse sollten erhöht werden. Das rief den Protest hervor und Pkw-Besitzer, die an der Protestaktion teilnehmen wollten, klebten sich eben diesen roten Punkt hinter die Frontscheibe und gaben zu erkennen, dass sie die Bürger, die ansonsten den Bus genommen hätten, mit Ihrem Fahrzeug an ihr Ziel bringen wollten. Ich selbst (Jahrgang 1956) bin mit meiner Mutter vom Alten Markt zur Schmiedestraße gefahren worden. Wenn ich mich Recht erinnere, hat es sogar Sitzblockaden gegeben, um die Busse an der Weiterfahrt zu hindern. Für Herforder Verhältnisse geradezu revolutionär.““
Siehe auch:
- Freie Nutzung des Nahverkehrs
„“Freie Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr“ hat es aus linksradikalen Forderungskatalogen bis in ein EU-Dokument der Bundesregierung geschafft. Das ist schon was.
Die Medienmeute versucht sofort, dieser linken Forderung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das geschieht auf zwei Wegen:Erstens wird versucht, den kostenlosen Nahverkehr auf ein Mittel zu Reinhaltung der Luft zu beschränken. Dieser Trick funktioniert ähnlich wie bei der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung, sobald diese Forderung nur als Arbeitsmarktinstrument hingestellt wird. Viele Leute winken ab und fühlen sich nicht angesprochen.
Tatsächlich ist eine radikale Arbeitszeitverkürzung ein wichtiger Schritt bei der Beseitigung der Lohnarbeit, indem nämlich für die Lohnarbeiter zeitlicher Freiraum für eine umfassende Beteiligung an gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entscheidungen geschaffen wird.
Ein kostenloser Nahverkehr ist ein wichtiger Schritt sowohl bei der Einbeziehung aller Niedriglöhner und Hartz-Empfänger in das kommunale Leben als auch ein Schritt zur Rückgewinnung politischer Macht durch die Kommunen.
Der zweite Versuch, die Diskussion über den kostenlosen Nahverkehr abzuwürgen, wird mit der Kostenkeule versucht. Der Spon tönt: Der Hamburger Verkehrsbund müsste bei freier Fahrt im HVB jährlich 830 Millionen Euro finanzieren, die er zur Zeit durch Fahrkartenverkäufe einnimmt. „Das ist in etwa eine Elbphilharmonie pro Jahr“, die 800 Millionen gekostet hatte.
Die zunehmende Verarmung der Kommunen ist allerdings von der politischen Klasse in Deutschland gewollt. Die Kommunen erhalten immer weniger aus dem Steuersäckel. Immer mehr Macht und immer mehr Geld wird vom Bund monopolisiert. Der Vertrauensschwund und die Nachwuchssorgen der politischen Klasse in Deutschland wirken immer stärker zentralisierend.
Hamburg hat aber 1,7 Millionen Einwohner. Würden alle Einwohner Hamburgs zur Finanzierung des Nahverkehrs herangezogen, meinetwegen in der Höhe des monatlichen GEZ-Beitrages von 17,50 Euro, dann kämen im Jahr schon 357 Millionen Euro zusammen (17,50 x 12 x 1,7 Mio).
Dafür können die meisten Autokosten wegfallen, die jeden Monat ein großes Loch in unsere Haushaltskassen reißen. Der kluge Guugl sagt: „Ganz grob können Sie für einen Kleinwagen mit 200 Euro Unterhaltskosten pro Monat rechnen, mit einem Wagen der Mittelklasse oft sogar mit doppelt so viel.“
In Hamburg sind derzeit gut 740.000 PKW angemeldet. Wenn nur die Hälfte davon eingespart werden kann, wird dadurch jährlich eine Summe von 1,3 Milliarden Euro gesellschaftlich verfügbar. (300 Euro monatl. Autokosten x 12 x 370.000 PKW).
Krankenkassenbeiträge müssen (fast) alle zahlen, ob sie krank sind oder nicht. GEZ-Beiträge müssen (fast) alle zahlen, ob sie TV schauen oder nicht.
Es ist nur recht und billig, wenn alle Einwohner (die es können), auch zu den Gemeinschaftsaufgaben der Kommune beitragen. Das wäre ein Weg, über den die Kommunen sich mehr gesellschaftlichen und politischen Einfluss verschaffen können.“
Kommentar von Wal Buchenberg vom 14.02. 2018 – Ein Leserkommentar, dessen Inhalt wir in Teilen überhaupt nicht teilen
- Siehe zum Thema auch:
- unser Dossier: Abschaffung des Sozialtickets in NRW: Zynisch, aber erwartbar
- „Kostenloser“ Nahverkehr, oder: Die Frage, wofür Steuergelder ausgegeben werden. Statt für Giftautos
Siehe in der ergänzenden Materialsammlung vom 26.2.2018 einen Überblick von aktuellen Beiträgen, sowie einigen Debattenartikeln und Erfahrungsberichten