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[Köln, 27. Januar 2018] In der Türkei sind Demonstrationen gegen den Krieg verboten – in der BRD werden sie aufgelöst
Die Auflösung der Kölner Großdemonstration gegen die Aggression der Türkei auf Afrin und Nordsyrien sei, so die offizielle Begründung der Waffenbrüder (und –lieferanten), wegen des Zeigens verbotener PKK-Symbole geschehen. 33 solcher Symbole stehen laut diversen unklaren Bekundungen auf der schwarzen Liste der Bundesbehörden – welche, mag man der Öffentlichkeit nicht mitteilen. Und keinesfalls ist das sonnenklar, schon immer so gewesen oder wie sonst die Auflösung der Demonstration noch gerechtfertigt wird. Erst im Herbst 2017 hatte am selben Ort eine Demonstration mit denselben Symbolen stattgefunden, ohne polizeiliche Attacken. Ganz zu schweigen davon, dass an diesem 27. Januar in mehreren europäischen Städten kleinere, aber inhaltlich vergleichbare Demonstrationen stattfanden, die mit denselben Symbolen unbehelligt und friedlich ihre Ablehnung des Krieges kund tun konnten. Nicht im Land des offiziellen Ausrüsters der türkischen Aggressionsarmee. Siehe in unserer Materialsammlung zum Kölner Demonstrationsverbot vier aktuelle Beiträge, sowie einen Beitrag über weitere Waffenlieferungen, vier Beiträge zur medialen Kriegsführung und eine gewerkschaftliche Stellungnahme gegen Waffenlieferungen (aus England…):
„NAV-DEM: Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt“ am 27. Januar 2018 bei der ANF ist die Erklärung des Veranstalters der Demonstration unmittelbar nach ihrer gestrigen Auflösung. Darin heißt es unter anderem: „Unsere heutige Großdemonstration in Köln für ein Ende des türkischen Angriffskrieges auf Afrin wurde aufgrund von Polizeirepressionen vorzeitig gestoppt und für beendet erklärt. Das Vorgehen der Kölner Polizei hat nochmals unter Beweis gestellt, wie unser Recht auf Versammlungsfreiheit in Deutschland derzeit eingeschränkt wird. Die Polizei hat wegen dem Zeigen von vermeintlich verbotenen Symbolen eine absolut friedliche Großdemonstration vielfach unterbrochen, schließlich durch das Heranziehen von Wasserwerfern sowie die Einkesselung von rund tausend Demonstranten völlig gestoppt und für aufgelöst erklärt. Von Seiten der Polizei war letztlich keinerlei Dialogbereitschaft mehr zu erkennen. Die Haltung der Polizei ist völlig unverhältnismäßig und verantwortungslos. Innerhalb des eingekesselten Teils der Demonstration befinden sich Kinder und ältere Menschen“.
„“Wollt Ihr Deutschen zulassen, dass wir alle sterben?““ von Christian Wernicke und Juri Auel am 27. Januar 2018 in der Süddeutschen Zeitung ist eine Reportage über die Demonstration, in der unter anderem berichtet wird: „Die Ordner der Nav-Dem sind erkennbar an ihren orangenen Westen, immer wieder huschen sie in die Menge, um Demonstranten mit Fahnen von Abdullah Öcalan, dem Anführer der PKK, zu ermahnen. „Nimm das Ding runter“ oder „Jetzt nicht!“, zischen sie. Man hält sich seitens der Veranstalter an die Regeln, die die Behörden vorgegeben haben: keine PKK-Symbole, keine Öcalan-Bilder. Zunächst tut man das jedenfalls. (…) Unter den Demonstranten ist auch Helwahr Jaafar. Die Mutter dreier Kinder ist morgens um 5 Uhr mit ihrem Ehemann Khdr in Saarlouis in den Zug gestiegen, um in Köln dabei zu sein. Beide sind Jesiden, ihr Onkel und seine Familie lebten in Afrin, mehrmals täglich erfährt sie über WhatsApp die neuesten Schreckensnachrichten von türkischen Angriffen auf die syrische Stadt. „Ich bin hier in Köln wegen meiner Leute daheim,“ sagt sie, während sie den Kinderwagen mit Jody, ihrem zweijährigen Sohn, über den Grünstreifen rollt, „Dass die Deutschen erlauben, dass ihre Panzer auf uns zielen, das ist nicht gerecht.“ Die Bundesregierung müsse das endlich stoppen“.
„Das Farben-Wirrwar der PKK: Wie die deutschen Behörden Erdogan in die Hände spielen“ von Susanne Klaiber am 18. September 2017 in der Huffington Post war ein Bericht über das damalige kurdische Kulturfestival ebenfalls in Köln, das nicht aufgelöst wurde, obwohl irgendwelche „verbotenen Symbole“ gezeigt worden waren. Dazu heißt es darin: „Was als verbotenes PKK-Symbol gilt, hat das Bundesinnenministerium am 2. März dieses Jahres noch einmal konkretisiert. Der Bedarf bestand offenbar, weil die PKK laut Ministerium „seit Jahren versucht, das Kennzeichenverbot mit dem Ausweichen auf immer neue Symbolik zu unterlaufen“. Also hat das Ministerium eine „Handreichung“ an die Innenministerien der Länder geschickt, in der 33 verbotene Zeichen definiert werden. Die Liste enthält sowohl klassische PKK-Symbole als auch Zeichen, „derer sich die PKK ersatzweise bedient“. Was genau auf der Liste steht, ist nicht bekannt, das Ministerium will sie auf Anfrage nicht herausgeben. Als sicher gilt, dass sich auf der Liste auch ein Porträt Öcalans befindet“. Damals wurde die Kölner Polizei auch vom Bundesinnenministerium kritisiert, weil sie nur eine Fahne beschlagnahmt habe – diesmal hat sie besser gehorcht…
„Bundesanwaltschaft stellte Hunderte Ermittlungsverfahren gegen Islamisten ein“ von Georg Mascolo und Ronen Steinke am 27. Januar 2018 in der Süddeutschen Zeitung bietet das aktuelle Kontrastprogramm bundesdeutscher Behörden in bezug auf rechtsradikale Aktivisten: „Fast die Hälfte aller Terror-Ermittlungsverfahren hat die Bundesanwaltschaft im vergangenen Jahr eingestellt. Allerdings meist nicht aus Mangel an Beweisen, wie sich jetzt herausstellt, sondern fast immer aus eigenem Ermessen der Bundesanwaltschaft heraus. So sah die Karlsruher Anklagebehörde bei 564 Personen im vergangenen Jahr von einer Verfolgung wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ab, obwohl der Tatverdacht fortbestand. Es handele sich um reine Auslandstaten, etwa im Dienst der radikalislamistischen Taliban, und „deutsche Staatsschutzinteressen“ seien aus Sicht der Karlsruher Behörden „nicht beeinträchtigt“ gewesen, erklärte der Generalbundesanwalt Peter Frank am Donnerstag in Karlsruhe. Das Recht zu solchen Entscheidungen hat die Bundesanwaltschaft nach Paragraf 153 c der Strafprozessordnung. Demnach „kann“ sie unter solchen Umständen von einer Verfolgung absehen. Es bleibt aber immer eine Wertungsfrage. Ob etwa die Taliban-Vergangenheit eines Beschuldigten die deutschen Interessen tangiert oder nicht, bewertet die Bundesanwaltschaft selbst. Dass sie derart oft die Wertung trifft, dass dies Deutschland nicht tangiere, ist neu“.
„Bundesregierung genehmigte bereits im Oktober weitere Panzer-Aufrüstung“ von Matthias Gebauer und Christoph Schult am 26. Januar 2018 bei Spiegel Online informiert über weitere Waffenlieferungen: „Die Panzer sollten von deutschen Firmen mit Schutzmodulen ausgerüstet und so gegen Bodenminen und Sprengfallen geschützt werden. Auch solche Aufträge, bei denen Produkte nichtdeutscher Hersteller durch deutsche Firmen modernisiert werden, sind teilweise genehmigungspflichtig. Der streng geheim tagende Bundessicherheitsrat trat für die Entscheidung nicht zusammen, stattdessen wurde die Zustimmung im sogenannten Umlaufverfahren per Unterschrift der verantwortlichen Minister bestätigt. Dem BSR gehören die Bundeskanzlerin, der Kanzleramtschef sowie sieben Minister an. Mit einer Vorgenehmigung gibt der Bundessicherheitsrat Rüstungsfirmen ein erstes Signal, dass sie Waffen und Militärmaterial exportieren dürfen und mit der Produktion für ausländische Kunden beginnen können. Die Ausfuhr muss dann noch einmal durch den BSR bestätigt werden. Die Bundesregierung hatte am Donnerstag im Lichte der Diskussion um den Einsatz von Leopard-Panzern aus deutscher Produktion bei der türkischen Offensive in Nord-Syrien alle Rüstungsgeschäfte mit der Türkei auf Eis gelegt. Dazu gehört auch eine Anfrage der Türkei, zusätzlich zu den US-Panzern auch Leopard-Panzer aus deutscher Produktion mit einem ähnlichen Schutzsystem auszustatten“.
„Die Analyse einer „Analyse““ von Welat Parez am 26. Januar 2018 bei Civaka Azad ist ein Beitrag über das mediale Wirken des deutsch-türkischen dpa-Korrespondenten Can Merey in der aktuellen Situation – davon ausgehend, dass es zahlreiche Medien gibt, die (mangels eigener Investitionen) auf die dpa-Berichte zurück greifen. Darin wird unter anderem ausgeführt: „Und weiter geht es mit der türkischen Sicht der Brandgefahr und der Übernahme der türkischen Argumente seitens des Autors der dpa. Was stimmt, ist die politische Verbindung zwischen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Partei der Demokratischen Einheit (PYD), das heißt ihre gleichen politischen Ziele der Demokratisierung der jeweiligen Staaten, in denen die Kurden unterdrückt werden. Diese soll durch die Dezentralisierung und Föderalisierung der despotischen Nationalstaaten erreicht werden, aber nicht durch ihre Teilung oder Entstehung neuer Grenzen. Das ist kein Separatismus, sondern das Bestreben der Kurden nach Selbstbestimmung und Selbstverwaltung gemäß Völkerrecht und UN-Charta. Die kurdische Bewegung betrachtet den nationalistisch-zentralistischen Staat als den eigentlichen Grund für das Leid und die Probleme sowohl der Kurden als auch alle anderen Gruppen, auch der Machthabenden, in der Region. Das Ziel der Dezentralisierung der Türkei verfolgt auch die in der Nationalversammlung der Türkei sitzende Demokratische Partei der Völker (HDP). Die Gründung eines „Kurdenstaats in Nordsyrien“ ist schlichtweg Propaganda der Türkei, die auf diese Weise die legitimen Forderungen der Kurden nach Demokratie kriminalisiert. Und der Autor übernimmt diese Sichtweise und will seiner Leserschaft mitgeben: Die Türkei ist im Recht (auch wenn sie Angriffskriege ausübt, zu einer Diktatur wird, das Völkerrecht und die Menschenrechte mit den Füßen tritt)“.
„Mehrere Ditib-Moscheen beschädigt“ von Jörg Wilamasena am 26. Januar 2018 in der taz berichtet unter anderem: „Ebenfalls in der Nacht zum Montag wurde eine Ditib-Moschee im westfälischen Minden beschädigt. Wie die Polizei bestätigte, wurden dort ebenfalls Fenster eingeworfen und die Wände mit Farbe besprüht. Die Ermittler gehen von einem politisch motivierten Anschlag aus. Die Unbekannten hätten in der Nacht einen Schriftzug in roter Farbe und mit Bezug auf die von der Türkei angegriffene kurdische Enklave Afrin an die Wand geschrieben. Ein ähnlicher Angriff ereignete sich in der Nacht zum Sonntag in Kassel“. Dass dadurch die Gebete für den Sieg gestört werden könnten, zu denen Mitglieder des (von der BRD mitfinanzierten) Vereins aufgerufen haben, hätte man schon hinzufügen können…
„Turkey asks Twitter, Facebook, YouTube to remove posts on Afrin op“ am 26. Januar 2018 bei Ahval ist die Meldung über die Forderung der türkischen Regierung an die Betreiber sozialer Netzwerke, Beiträge über „Afrin“ zu löschen. Was laut türkischem Gesetz im Falle der Bedrohung nationaler oder öffentlicher Sicherheit möglich ist. Und die Unternehmen kämen dieser Aufforderung, wenn auch zögerlich, nach – so leisten sie ihren Beitrag zum Kampf gegen die „Demoralisierung“ der Truppe.
„Demo der PKK in Köln – Scharmützel mit der Polizei“ am 27. Januar 2018 bei Turkish Press ist der einzige vorliegende (Vor)Bericht über die Auflösung der Kölner Demonstration, der bereits in der Überschrift Gewalt signalisiert – ganz im Gegensatz zu den allermeisten Berichten über den Verlauf, der dann auch so begonnen wird: „Die von PKK-nahen Organisationen anberaumte Demonstration in Köln ist nach mehreren Zwischenfällen angelaufen. Die Kölner Polizei zeigt sich zuversichtlich, die Auflagen durchzusetzen, obwohl bereits mehrmals Polizisten attackiert wurden“.
„GMB Slams Johnson’s Afrin Comments“ am 25. Januar 2018 bei der GMB ist die Erklärung der Gewerkschaft zu den Äußerungen des britischen Außenministers Johnson, in der dieser aufgefordert wird, anstatt Erdogans Krieg zu unterstützen, endlich damit aufzuhören, ihm Waffen zu liefern. Und anzuerkennen, welchen entscheidenden Beitrag kurdische Kräfte beim Sieg über die Truppen des selbsternannten Kalifen der ISIS geleistet haben.
„Erdogan-Unterstützer rufen zu IG-Metall-Austritt auf“ von Lars Wienand am 24. Januar 2018 bei t-online berichtet: „In sozialen Netzwerken hagelt es Kritik und Austrittsdrohungen, nachdem Funktionäre der deutschen Kleinpartei AD dazu aufgerufen haben. Die AD steht der türkischen Regierungspartei AKP von Recep Tayyip Erdogan nahe. Auslöser ist, dass Sevim Dagdelen, Fraktionsvize der Linken im Bundestag, einen Vortrag „Für eine wirkliche Neuausrichtung der deutschen Türkei-Politik“ halten durfte. Eingeladen hatte der von Kurden dominierte Ortsmigrantenausschuss in Salzgitter. Ein AD-Funktionär nennt die Kampagne gegen die Gewerkschaft in einem Tweet offen eine „politische Erziehungsmaßnahme““.
Fotos: Afrin ist überall, überall ist Widerstand! – Demo in Köln
Am Samstag, den 27. Januar 2018 demonstrierten in Köln mehr als 20.000 Menschen auf einer bundesweiten Demo gegen die Angriffe des türkischen Militärs auf Afrin im Norden Syriens. Eine Fotoseite des Umbruch-Bildarchivs
- Siehe dazu auch: „Die türkische Regierung will Kriegspropaganda. Die Behörden der BRD keine Friedenspropaganda.“ Am 26. Januar 2018 im LabourNet Germany