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Eine (Zwischen)Bilanz des Kampfes der Leiharbeiter bei VW China

Solidarität mit VW-Leiharbeitern in China am Rande von G20 in HamburgDie zweijährigen Zeitarbeitsverträge der mehreren Tausend Leiharbeiter bei VW in China liefen zum 31. Dezember 2017 aus. Wer das kurzfristige „Angebot“ nicht annahm, eine direkte Beschäftigung bei VW anzutreten – unter der Bedingung des Verzichts auf alle früheren Ansprüche – stand damit auf der Straße. Keine Leiharbeiter mehr bei VW in China – und ganz im Unterschied zur BRD nicht, indem sie auf die Straße geworfen werden? Ganz so ist es nicht – es gibt ja noch die Beschäftigten von Subunternehmen. Darauf verweist in dem Beitrag zur Bilanz des über einjährigen Kampfes „Has the Workers’ Protest at FAW-VW Ended?“ Xia Nü am 15. Januar 2018 bei Gongchao externer Link, der die Entwicklung dieser Auseinandersetzung nochmals konkret nachzeichnet und ihre Etappen und Ergebnisse analysiert. Siehe dazu unsere kurze deutsche Zusammenfassung des Textes und den Verweis auf den bisher letzten unserer Beiträge zum Kampf der VW-Leiharbeiter in China:

„Ist der Protest der Arbeiter bei FAW-VW beendet?“

Unter dieser Überschrift zieht Xia Nü eine ausführliche Bilanz der langen Auseinandersetzung, die damit begonnen habe, dass von den rund 3.500 beschäftigten Leiharbeitern genau 1.028 eine Petition unterzeichnet hatten, mit der gefordert wurde, gegen die Gesetzesverstöße des Unternehmens vorzugehen. Über 2.000 Leiharbeiter hätten sich demnach nicht aktiv an den Protesten beteiligt – wohl aber dennoch von ihnen profitiert.

Es werden dann auch die zahlreichen verschiedenen Maßnahmen der Repression in einem Überblick zusammen gefasst, deren Höhepunkt die Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Polizei war, um den Protest zu kriminalisieren. Die Zugeständnisse an den langen Kampf begannen im April 2017, als VW anbot, 2.400 Stellen direkt zu besetzen. Das sei nur zögerlich angenommen worden: Vor allem, weil lediglich 500 der angebotenen Stellen in Changchun angeboten wurden – die restlichen rund 2.000 an anderen Orten. Und auch dieses erste „Angebot“ von VW war, wie in dem Artikel ausgeführt wird, an diktierte Bedingungen geknüpft. Wer eine Anstellung an einem anderen Ort akzeptierte, wurde von künftigen Bewerbungen in Changchun ausgeschlossen. Und annahmen konnte man diese direkten Anstellungen ohnehin nur unter Verzicht auf alle Forderungen auf lange Jahre vorenthaltene Bezahlung. (Im Artikel wird das nicht Erpressung genannt). Insgesamt nahmen etwa 1500 Leiharbeiter dieses Angebot an.

Das zweite Angebot kam für nahezu alle überraschend Ende Dezember 2017. Das insofern besser war, als es ein Angebot der Übernahme für alle und eben in Changchun war. Aber ebenfalls erneut unter dem Diktat des Verzichts auf alle früheren Forderungen. In einer Situation, die für viele der bis dahin noch rund 900 aktiven Leiharbeiter sehr kompliziert war: Gerichtlich konnten sie nach verschiedenen lokalen Entscheidungen kaum auf einen Erfolg hoffen, die Kriminalisierung hatte zu Festnahmen geführt (Fu Tianbo ist auch zum Zeitpunkt dieser Zusammenfassung immer noch in Haft) und ihre Zweijahresverträge, deren Verlängerung ihnen so oft aufgezwungen worden war, standen kurz vor Ablauf, weswegen alle bis auf 5 Kollegen dieses „Angebot“ annahmen. Ai Zhenyu, einer der Sprecher der Aktionen und vier weitere Kollegen, die sich geweigert hatten, wurden an die Leiharbeitsfirma „zurück geschickt“, die sie wiederum zum Jahresende entließ. Sie kündigten die Fortsetzung des Kampfes an.

Außer der Festanstellung wurde bisher mit dem Kampf nichts erreicht: Dass lange Jahre vom Unternehmen ungesetzlich vorgegangen wurde und viel zu wenig bezahlt, bleibt ebenso bestehen, wie auch andere Forderungen nicht durchgesetzt werden konnten – etwa die Bezahlung nach Berufsjahren. Alle die Jahre, die die Kollegen im Werk gearbeitet haben, sollen laut dem Diktat des Unternehmens bei der Bezahlung nach Beschäftigungsdauer nicht angerechnet werden – ganz so, als würden sie neu eigestellt. Die Festanstellungen wiederum sind nicht nur ein Zugeständnis, sondern passen auch in die Unternehmensstrategie der Ausweitung der Produktion (durch Vergrößerung bestehender und Bau neuer Werke), wofür erfahrene Arbeitskräfte gut gebraucht werden können.

Abschließend wird in dem Bilanzartikel noch darauf hingewiesen, dass es – neben den 5 Kollegen, die sich geweigert haben, das Diktat anzunehmen – drei weitere Quellen potenzieller künftiger Proteste gebe, weswegen eben diese Bilanz eine Zwischenbilanz sei. Zum einen jene Kollegen, die zwar unterschrieben haben, aber dies taten im Bewusstsein, erpresst zu werden, gezwungen zu sein. Zum zweiten gab es Unzufriedenheit unter den Bürobeschäftigten, dass diese Angebote nur den Beschäftigten direkt in der Produktion gemacht worden seien. Und drittens gebe es im Werk auch noch die Beschäftigten von Subunternehmen, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten, wie bisher die Leiharbeiter.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=126725
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