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Tarifeinigung Landesbeschäftigte Hessen 2017 – mit Burka-Verbot! Arbeitsrechtler Peter Wedde: „Tabubruch und eine Blaupause für Zusatzforderungen von Arbeitgebern“
Dossier
Im Rahmen der Tarif- und Besoldungsrunde 2017 im öffentlichen Dienst der Länder beinhaltet die Tarifeinigung für Landesbeschäftigte in Hessen im März 2017 ein »Burkaverbot« per Tarif, obwohl dies noch kurz zuvor strikt abgelehnt wurde – und die Zustimmung entsprechendin den Meldungen zur Tarifeinigung keine Erwähnung fand, aber vom hessischen Innenministerium als Arbeitgeber ausdrücklich begrüsst wurde. Siehe die Eckpunktevereinbarung Tarifabschluss 2017 . Die daraufhin entbrannte Debatte wird hier – soweit uns bekannt – dokumentiert:
- ver.di-Vertrauensleute an der TU Darmstadt: TU wird nicht abgehängt – Aktionen haben sich gelohnt
„… Die ver.di-Vertrauensleute bleiben bei ihrer Kritik am tariflichen Burka-Verbot. Unabhängig davon, wie man zum Verbot der Vollverschleierung steht, ist für uns klar: So etwas gehört nicht in einen Tarifvertrag. Es ist bedauerlich, dass die Arbeitgeberin darauf bestanden hat, diese Regelung aus dem Tarifvertrag des Landes Hessen zu übernehmen. Trotz unserer Kritik stellt das Burka-Verbot für uns keinen Grund dar, die erreichte Tarifvereinbarung abzulehnen. Zum einen gehen wir davon aus, dass die Regelung in der Praxis keine Rolle spielen wird, zum anderen, dass sie im Zweifelsfall für nicht verfassungskonform erklärt werden wird…“ Resolution der ver.di-Vertrauensleute an der TU Darmstadt beschlossen am 7. November 2017 – mit der Bewertung des gesamten Tarifvertrags
- Zuschrift an die Redaktion zur Tarifeinigung Landesbeschäftigte Hessen – mit Burka-Verbot!
„Hallo liebe Labournet Redaktion, seit einigen Monaten habe ich eure Seite zum Tarifvertrag Hessen im Auge, schön, dass es auf eurer Seite weiterhin Artikel zum Thema Vollverschleierung gibt.
Ich habe das Gefühl, der Ver.di – und auch den anderen Gewerkschaften, wäre es sehr recht, wenn diese „Schande“ einfach im Gedächtnis der Mitglieder verblassen würde. Deshalb muss immer wieder dran erinnert werden.
Was ist mit der Schlichtungsstelle, wo bleibt die angekündigte Diskussion mit den Mitgliedern? Wohin sind die Proteste verschwunden? Auch die Ver.di der Uni Marburg hat ein Schreiben zum Thema Vollverschleierung verfasst – wo ist es hingegangen, wer hat es gelesen – wo bleibt die Antwort? Viele Kollegen haben „nein“ abgestimmt, oder aber „ja“ und hinzugefügt “ aber ohne den Passus der Vollverschleierung“. Wie kommt es dieses hohe, positive Abstimmungsergebnis zustande?
Nicht ein Wort mehr zum Thema Vollverschleierung, tut mir leid Ver.di, don’t take me for an idiot! Glaubt ihr im Ernst, für (netto) paarundzwanzig Euro (oder ein bisserl mehr) verkaufen wir unsere Einstellung, unseren Glauben an Solidarität und Gerechtigkeit?
Man, was hätten wir Stärke gezeigt, hätte nur einer von euch das Rückgrad gehabt, vom Verhandlungstisch aufzustehen und zu sagen: mit uns nicht! Tausende hätten wir mobilisiert, Wiesbaden die Kante zu zeigen.
Vielleicht hätte es eben mal kein Tarifergebnis gegeben – na und? Die paar Euro retten uns sowieso nicht, dafür geht keiner auf die Straße – aber die nicht organisierten Kollegen hätten eventuell mal mit Verwunderung gemerkt, dass es ganz von alleine keine Gehaltserhöhungen gibt. Wäre vielleicht mal eine sinnvolle Erkenntnis gewesen.
Aber nein, Chance vertan und viele Mitglieder vor den Kopf gestoßen, die teilweise nun über einen Austritt nachdenken…“ Zuschrift an die Redaktion, Name bekannt
- Burkaverbot per Tarif: »Purer Rechtspopulismus« oder ein gewerkschaftspolitischer Beitrag zur Säkularisierung?
„… Nebenbei jedoch haben die Gewerkschaften einem »Burkaverbot« per Tarif zugestimmt. Was treibt Gewerkschaften an, einer solchen Regelung zuzustimmen? Wie beurteilen Mitglieder der beteiligten GewerkschafterInnen diese spezielle Interpretation des gesellschaftspolitischen Mandats der Gewerkschaften? Wie wurde das Ergebnis aufgenommen? Das wollten wir von Jürgen Johann, Vorsitzender des ver.di-Bezirks Südhessen, und Roman George, bildungspolitischer Referent beim GEW-Hauptvorstand in Frankfurt a.M. wissen…“ Interview von Kirsten Huckenbeck erschienen in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Ausgabe 06/2017
- Tarifvertrag und Burka
„… Warum also dieser Zusatz im Tarifvertrag? Über die Beweggründe lässt sich nur spekulieren. Vielleicht hat Innenminister Beuth (CDU), der als „hardliner“ bekannt ist, einfach nur mal versucht, die Gewerkschaft mit dem „Nasenring durch die Manege“ zu ziehen, um für die Zukunft weitere Optionen zur Einbringung von politischen mainstream Positionen in den Tarifvertrag auszuloten. Ver.di könnte versucht gewesen sein, dem AfD Klientel in ihrer Mitgliedschaft und den gewerkschaftlichen Vorständen ein Zeichen zu geben, dass man ihre „Sorgen“ erkannt hat und sich ihre Parolen für einen „starken Staat“ zu eigen macht. Weitere Tarifverträge gleichen Inhalts für den Handel, die Ver- und Entsorgungsbetriebe und den Fachbereich „sonstige Dienstleistungen“ dürften folgen…“ Artikel von Peter Balluff vom Juni 2017 – wir danken!
- ver.di Südhessen verlangt von Clearing Stelle der ver.di die Prüfung des Punktes „Verbot der Vollverschleierung“ in der Tarifeinigung mit dem Land Hessen
„… die VL Vollversammlung der Beschäftigten des Landes Hessen des ver.di Bezirks Spfhessen hat in ihrer Sitzung am 13.3.2017 einstimmig beschlossen, euch zu bitten, die Tarifeinigung (…) hinsichtlich seiner Zulässigkeit auf unsere Satzung und unsere tarifpolitischen Grundsätze zu prüfen. Der Streit bzw. die inhaltliche Bandbreite der Diskussionsstränge bewegt sich in der Positionierung von berufsverbot für Frauen, bis zu inhaltlicher Übereinstimmung mit dem Verschleierungsverbot. Einigkeit besteht am ehesten in der Position, dass eine solche Regelung in einem Tarifvertrag nichts zu suchen hat. (…) Was für zusätzlichen Ärger sorgt, ist die Tatsache, dass auf andere Tarifbereiche, z.B. die TU Darmstadt, von Arbeitgeberseite aus Druck ausgeübt wird, diesen Punkt in den Haustarifvertrag zu übernehmen…“ Aus dem Schreiben der ver.di Südhessen vom 13. März 2017 an die Clearing Stelle der ver.di, das uns vorliegt
- Tarifabschluss ohne Schleier. Bei ver.di Südhessen Widerstand gegen Burka-Verbot per Tarifvertrag
„… Jochen Nagel behauptete noch am Tag vor dem Abschluss in der hessenschau: „Gewerkschaften werden sich auf so schmutzige Geschäfte nicht einlassen“. Jürgen Bothner, Landesvorsitzender von ver.di zeigte sich hier schon aufgeschlossener: „Die Frage ist: Was bekommen wir dafür“. Für diesen Auftritt in der hessenschau erhielt Jürgen Bothner ein empörtes Schreiben von Jürgen Johann, dem Vorsitzenden des ver.di-Bezirks Hessen-Süd. Er warf ihm vor, sich mit dem hessischen Innenminister gemein zu machen, den er als „üblen Typen“ bezeichnete. Außerdem habe er für diesen Auftritt „keinerlei Mandat“ erhalten. (…) In der ver.di-Tarifkommission gab es nur eine Gegenstimme. Nun steht eine Befragung der Mitglieder an. Die ver.di-Jugend Südhessen fordert die betroffenen Mitglieder auf, hierbei mit „Nein“ zu stimmen. Der Vorstand der Jugendorganisation hält es für ein „fatales Signal“, „wenn ver.di einen Tarifabschluss hinlegt, in dem rassistische Ressentiments, die in der Politik keine Mehrheit finden, verankert werden“. Die Gewerkschaft dürfe sich „nicht als Vehikel für eine solch populistische Politik“ hergeben. Kritik gab es hier auch am materiellen Ergebnis der Verhandlungen: Der Abschluss sei hinter den Minimalforderungen zurückgeblieben. „Und das nachdem wir für einen solch schäbigen Kompromiss unsere Ideale verkauft haben.““ Artikel von Reinhard Raika vom 11.03.2017 aus „siehsmaso“, dem politischen Magazin beim Politnetz Darmstadt – Neben der Resolution des ver.di-Bezirks Hessen-Süd liegt uns auch ein Protest-Brief des Bezirksjugendvorstandes Südhessen an die öD Fachbereiche vor
- Schleierhafter Tarifabschluss: Burka-Verbot auf dem Gehaltszettel. Mehr Geld und eine neue Kleiderordnung: Im Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst ist auch ein Verbot der Vollverschleierung verankert. Die SPD hält das für „absurd“.
„Wie viele Bedienstete tatsächlich von der neuen Regelung betroffen sind, ist unklar – oder schleierhaft. Fakt ist jedoch, dass in dem am Freitag erzielten Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst auch der Unterpunkt Kleiderordnung um ein kleines, aber politisch brisantes Detail erweitert wurde. Demnach ist es den Landesangestellten untersagt, mit verhülltem Gesicht zum Dienst zu erscheinen. (…) Der Wunsch nach einer Burka-Klausel auf dem Gehaltszettel hatte bereits im Vorfeld für Unmut unter den Tarifpartnern gesorgt. „Wir finden, dass so ein Thema eigentlich in einem Tarifvertrag nichts zu suchen hat“, erklärte Andreas Grün von der Gewerkschaft der Polizei. Auch Jochen Nagel von der Lehrergewerkschaft GEW nannte das Vorhaben „völligen Unsinn“: „Gewerkschaften werden sich auf so schmutzige Geschäfte nicht einlassen“, meinte er noch am Donnerstag. Tags darauf ist aus dem vermeintlichen Unsinn Wirklichkeit geworden. Wohl auch, weil sich die Gewerkschaften ihr Entgegenkommen durch weitere Zugeständnisse des Landes versüßen ließen. „Die Frage ist: Was bekommen wir?“, hatte es Verdi-Vertreter Jürgen Bothner unverblümt formuliert, „wenn sie es im Tarifvertrag haben wollen – und Tarifverträge sind Kompromisse – dann gibt es Preise dafür.“ Wie hoch die Rechnung der Landesregierung für den Kleiderordnungs-Paragrafen genau ausfiel, ist unklar. (…) Der Frankfurter Arbeitsrechtler Peter Wedde sieht darin trotz rechtlicher Handhabe einen Tabubruch und eine Blaupause für Zusatzforderungen von Arbeitgebern an Gewerkschaften. „Nach dem Motto: Wir geben euch ein bisschen mehr Geld, dafür wollen wir etwas anderes haben, was wir aus eigener Kompetenz nicht regeln wollen, weil es uns zu heikel und zu riskant ist“, so Wedde: „Das finde ich fatal.“ Artikel vom 03.03.17 bei hessenschau.de
- [Arbeitgeber] Hessen-Tarif bringt zahlreiche Verbesserungen für rund 45.000 Beschäftigte.
„Rund 45.000 Beschäftigte des Landes erhalten über zwei Jahre 4,2 Prozent mehr Geld. Außerdem haben sich die Tarifpartner nach fast 16 Stunden Verhandlungen auf zahlreiche strukturelle Änderungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Hessen verständigt, die deutliche Verbesserungen bringen. Die wichtigsten Punkte des neuen Tarifvertrags im Überblick (…) Bestandteil des Tarifvertrags ist zudem ein Verbot der Vollverschleierung während der Dienstzeit. Die Bundesregierung wird das Beamtenstatusgesetz ändern und eine entsprechende Klausel aufzunehmen, die es allen Beamten bundesweit untersagt, eine komplette Gesichtsverhüllung im Dienst zu tragen. Diese Regelung wird aber nicht die Tarifbeschäftigten miteinschließen. „Ob im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern oder den Kolleginnen und Kollegen: Eine offene Kommunikation ist vollverschleiert nicht möglich, für hessische Dienstzimmer aber unabdingbar“, so der Minister. Das Land hatte bereits 2011 per Erlass das Tragen einer Vollverschleierung für alle Landesbediensteten – Beamte und Tarifbeschäftigte – untersagt und mit dem Neutralitätsgebot der öffentlichen Verwaltung begründet. Die Bundesregierung hat sich, wie auch nun die Tarifpartner in Hessen, auf eine Verbotsgrundlage geeinigt, bei der die Religionsfreiheit nicht berührt wird.“ Pressemitteilung des hessischen Innenministeriums vom 03.03.2017
- [ver.di Hessen] Tarifeinigung Landesbeschäftigte Hessen
„… In den Tarifvertrag aufgenommen wurde im Bereich der Regelungen zu Dienstkleidung ebenfalls ein Verbot, das Gesicht im Dienst zu verhüllen. Wolfgang Pieper: „Hier geht es darum, dass Amtsträger klar erkennbar sein sollen. Es geht darum, wie tritt der Staat in Form seiner Beschäftigten den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber? Die Beschäftigten sollen für den Bürger klar erkennbar sein. Von dieser Regelung sind Trägerinnen von Kopftüchern nicht betroffen. Wir betrachten das in dieser Form als eine gesellschaftlich adäquate Regelung. Für das Land war das eine Bedingung, um überhaupt zu einem tragfähigen Abschluss zu kommen.“…“ Pressemitteilung von ver.di Hessen vom 03.03.2017 . ver.di wird zu dem Tarifergebnis seine Mitglieder befragen. Sie werden es in den nächsten Wochen bewerten und darüber abstimmen. Dann wird die hessische Tarifkommission endgültig über die Annahme entscheiden.- Am 02.03.2017 hiess es noch: „Schleierverbot im Tarifvertrag? Gewerkschaften lehnen Plan der Landesregierung strikt ab“ – so der Artikel von Christian Stang beim Giessener Anzeiger online
- Siehe auch die ver.di Hessen-Sonderseite zum Tarifabschluss