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Verfassungsgebende Versammlung in Venezuela gewählt: Eine Barriere gegen die imperiale Offensive?

Bauarbeiter in Venezuela gegen ObamaDass die USA mit Sanktionen gegen Venezuela ihre Kampagne zur Unterstützung der Rechten intensiviert, vermag kaum zu überraschen – auch die EU, vor allem mit der aktiven Rolle der Regierung Spaniens, tut dies, gerade auch aus Anlass der Wahl zu einer verfassungsgebenden Versammlung am 30. Juli 2017. Überraschend ist schon eher, dass die Regierung Venezuelas die Beteiligung von 41% der WählerInnen als Sieg feiert, bleibt dies doch in jeder Art der Berechnung eine Minderheit, unabhängig von allem Streit um Beteiligungszahlen. Und während es immer noch – einige – sogenannte Gewerkschaften gibt die, wie bei dem Putschversuch gegen Hugo Chavez 2002, zum Streik gegen die Regierung mit aufgerufen hatten, sind andrerseits jene Gewerkschaften, die sich nicht dem „Geleitzug“ der Regierungspartei angeschlossen haben, sondern unabhängig weiter zu wirken versuchen, in der komplizierten Situation, gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung Widerstand zu leisten, ohne den Kampf der Rechten gegen die Errungenschaften der Volksbewegung zu unterstützen. Eine Situation ähnlich derer, in der sich auch die linke Opposition insgesamt befindet. Was sich bis hin zur Unterstützung der rechten Initiativen ausdifferenziert – mit einem entsprechenden Echo auf dem ganzen Kontinent. Ob diese verfassungsgebende Versammlung wirklich jener „Wall gegen das Vordringen der Reaktion auf dem Kontinent“ ist, kann bezweifelt werden, wozu wir am 01. August 2017 die aktuelle Materialsammlung „Der Wall: Fest oder brüchig?“ zusammengestellt haben:

„Der Wall: Fest oder brüchig?“

„Venezuela wählt Verfassungskonvent, Opposition nimmt Proteste wieder auf“ von Philipp Zimmermann und Harald Neuber am 31. Juli 2017 bei amerika21.de externer Link ist ein Beitrag, in dem eine erste Bilanz versucht wird – am Tage nach der Wahl: „In Venezuela haben sich nach offiziellen Angaben 41,5 Prozent der Wahlberechtigten an der Wahl der Mitglieder einer verfassunggebenden Versammlung beteiligt. Die Wahlbeteiligung ist damit für venezolanische Verhältnisse sehr niedrig. Die Opposition hatte zum Boykott der Wahl aufgerufen. Insgesamt hätten mehr als acht Millionen Menschen für die Reform des Grundgesetzes ausgesprochen, die von Präsident Nicolás Maduro vorgeschlagen wurde, erklärte die Rektorin des Wahlrats CNE“.

„Caracas driftet in die Unregierbarkeit“ von Martin Ling am 01. August 2017 in neues deutschland externer Link hebt hervor: „Die Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung bot und bietet in dieser Form keinen Ausweg aus der Krise. Auch wenn sie legal war, fehlte ihr ohne vorangegangenes Referendum die Legitimität. Die offizielle Wahlbeteiligung von 42 Prozent liegt über der Beteiligung beim symbolischen, illegalen Referendum der Opposition, die dort 36 Prozent verkündet hatte. Doch selbst diese beiden ungeprüften Zahlen liegen weit unter 50 Prozent. Fast 75 Prozent betrug die Beteiligung bei den Parlamentswahlen 2015. Seitdem befindet sich Venezuelas Demokratie im Niedergang. Eine Überwindung der gesellschaftlichen Krise rückt in immer weitere Ferne. Verantwortlich dafür sind sowohl Regierung als auch Opposition“.

„Wahlen in Venezuela provozieren internationale Debatte“ von Eva Haule und Christian Kliver am 01. August 2017 bei amerika21.de externer Link, die gegenüberstellen: „Deutschland bedauere, dass die Regierung von Präsident Nicolás Maduro die Wahl trotz Kritik im eigenen Land und Warnungen aus dem Ausland nicht abgesagt habe. Dieser Schritt habe das Land weiter gespalten und die demokratische Ordnung geschwächt, heißt es in der online verbreiteten Mitteilung. Die Wortwahl entspricht früheren Stellungnahmen der Bundesregierung zum Thema“ und „Die am Sonntag anwesenden 43 internationalen Wahlbegleiter haben unterdessen „die Regierungen und Völker der Welt“ aufgerufen, „den Willen der venezolanischen Bevölkerung zu respektieren, der sich in diesen Wahlen ausgedrückt hat“. In einem Kommuniqué, das zusammen mit dem technischen Bericht an dien Wahlrat CNE übergeben wurde, hat die vom CNE eingeladene Gruppe aus politischen Experten, Parlamentariern, Indigenen, Kleinbauern, Arbeitern und Vertretern von Wahlorganismen aus Europa, Lateinamerika und Nordamerika betont, das Recht auf Souveränität und Selbstbestimmung der Völker müsse respektiert werden“.

„UNETE: ¨4 años de ajuste salariales, pero más pobreza“ am 18. Juni 2017 bei aporrea.org externer Link war ein Bericht über eine Pressekonferenz des Sprechers des Gewerkschaftsbundes Unete, Jose Antonio Garcia, der zur Verkündigung der Anhebung des Mindestlohnes durch die Regierung darauf hinwies, dass diese Erhöhung weit unterhalb der Inflationsrate verbleibe – und damit deutlich machte, dass die zugespitzte soziale Lage vieler Menschen einer der wesentlichen Gründe für den Ansehensverlust der Regierung ist.

„Venezuela unions to launch indefinite strike“ am 25. Juli 2017 bei Argus News externer Link ist die Meldung über jene Gewerkschaften, die zur Beteiligung am Streik der Opposition aufriefen – angeblich seien es 300 Gewerkschaften, wofür keine Belege gegeben werden – von denen als Sprecher ausgerechnet Ivan Freites von der Phantom-Ölgewerkschaft FUTPV  zitiert wird, ein Gewerkschafter so recht nach Geschmack all derer, die die Errungenschaften der Bevölkerung abbauen wollen – was in dieser Meldung indirekt deutlich wird, mit dem Verweis darauf, es sei der erste Generalstreik seit 1958: Eingeständnis also dessen, dass dieser Verein in den ganzen Jahrzehnten der Ausplünderung der Ölwirtschaft mit im Boot gesessen hat.

„La guerra sucia del gobierno español contra la democracia venezolana“ von Angelés Díez am 23. Juli 2017 bei kaosenlared externer Link ist ein Beitrag über die besonders zentrale Rolle, die die spanische Regierung (und die staatstragenden spanischen Parteien) in der Offensive gegen Venezuela spielt. Tradition und Gründe dieser Haltung – nicht zuletzt – wenig überraschend – traditionelle geschäftliche Interessen und die reaktionäre „Hispanidad“-Ideologie stehen dabei im Zentrum, der Verweis auf die Beteiligung der spanischen Sozialdemokraten darf ebenfalls nicht fehlen, „NATO-Betrüger“ Gonzalez (vor seiner damaligen Wahl hatte er den Austritt aus der NATO verteidigt, danach „vergessen“) als Aktivist…

„»Banken und Konzerne müssen enteignet werden«“ am 01. August 2017 in der jungen welt externer Link ist ein Gespräch von Katrin Küfer mit Elias Neri  (Sprecher der trotzkistisch orientierten Strömung Lucha de Clases in der Regierungspartei PSUV), der darin unter anderem festhält: „In Venezuela ist nicht der Sozialismus gescheitert, sondern der reformistische Versuch, den Kapitalismus im Interesse der Arbeiterklasse durch Gesetze und Auflagen zu regulieren. Die Wirtschaft befindet sich mehrheitlich in privaten Händen. Großgrundbesitzer, Bankiers und Konzerne haben sich seit der Wahl des verstorbenen Staatspräsidenten Hugo Chávez 1998 nie mit der Bolivarischen Revolution versöhnt. Der Umfang der bisherigen Verstaatlichungen reicht nicht aus, um die Machtverhältnisse grundlegend zu verändern. Devisen- und Preiskontrollen, Kündigungsschutz und ein fortschrittliches Arbeitsrecht haben die Freiheit des Kapitals eingeschränkt. Es rebelliert dagegen mit Kapitalflucht, Betriebsschließungen, Sabotage, der Aussetzung von Investitionen, Hortung und künstlicher Verknappung von Waren. Dies ist seit dem Ölpreisverfall vor wenigen Jahren offenkundig. Die Inflation könnte in diesem Jahr auf 700 Prozent steigen“ –  und unterstreicht, solange diese Verhältnisse nicht grundlegend verändert seien, würden auch solche Wahlen wie am 30. Juli nichts bewirken.

„Venezuela: independent left rejects both sides“ am 30. Juli 2017 bei Countervortex externer Link ist ein Beitrag, der sich mit den Positionen und Aktivitäten der Linken unabhängig von der Regierungspartei PSUV befasst. Im Mittelpunkt dabei die Koordination des „kritischen Chavismus“, die gegen die Offensive der Rechten ebenso Front macht, wie gegen die Regierung, aber es gibt auch Strömungen, die sich an den so genannten zivilgesellschaftlichen Streiks der rechten Opposition beteiligen.

„Caracas: „Los jóvenes de izquierda tomamos las calles““ von Suhey Ochoa ma 21. Juni 2017 bei La Izquierda Diario externer Link war ein Bericht über die linken Jugendproteste des Tages vorher – als ein Hinweis darauf, dass es eben auch andere Proteste gibt, als jene, die von der rechten MUD ausgerufen werden, ein Beispiel nur, von vielen durchaus möglichen – eben, weil es Grund genug gibt, zu demonstrieren.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=119600
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