Staatstrojaner stoppen! Verfassungsbeschwerde gegen den Staatstrojaner – für sichere und vertrauenswürdige IT – unterstützen!
Dossier
„Staatstrojaner sind ein Schlag gegen vertrauliche Kommunikation – Digitalcourage klagt! Digitalcourage wird gegen den Staatstrojaner eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Digitalcourage kritisiert die Folgen der Staatstrojaner für Grundrechte und IT-Sicherheit. Alle Menschen, die digital kommunizieren, sind von diesem Gesetz betroffen und können die Verfassungsbeschwerde unterzeichnen. Noch in diesem Jahr will das Bundeskriminalamt laut einem geleakten Dokument eine mächtigere Generation von Spionage-Software einsetzen. Nach neuer Strafprozessordnung vom Juni 2017 soll nun aber auch die Polizei die sogenannten Staatstrojaner zur Überwachung von Kommunikation massenweise einsetzen dürfen – gegen Verdächtige nach 74 Paragraphen und im Zweifel auch gegen Unverdächtige. Für unsere Verfassungsbeschwerde gegen die Staatstrojaner brauchen wir jede Menge Unterstützung! Jetzt Verfassungsbeschwerde gegen Straatstrojaner mitzeichnen und unterstützen!…“ Info- und Aktionsseite bei Digitalcourage von 2017 – LabourNet Germany ist bereits dabei! Siehe die Aktualisierung des Aufrufs und weiteres Vorgehen:
- Verfassungsbeschwerde: Staatstrojaner gehen uns alle an
„… Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat ein Jahr nach Inkrafttreten der Verfassungsschutznovelle gemeinsam mit zehn Beschwerdeführer:innen Verfassungsbeschwerde eingereicht. Mit der Neuregelung dürfen alle 19 deutschen Geheimdienste Staatstrojaner einsetzen. Die Änderung im Artikel-10-Gesetz greift in das Fernmeldegeheimnis und das Grundrecht auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität von IT-Systemen ein. „Neue technische Überwachungsmöglichkeiten für alle Behörden – ohne Notwendigkeit, ohne Rücksicht auf gefährdete Grundrechte, ohne ausreichende Kontrolle“, sagt Jürgen Bering, der zuständige Jurist bei der GFF. Auch ich gehöre zu den Beschwerdeführer:innen, genauso wie etwa die Anwältin Seda Başay-Yıldız, der GFF-Vorsitzende Ulf Buermeyer oder der Aktionskünstler und Journalist Jean Peters. Dass mehrere Journalist:innen dabei sind, liegt nahe: Denn wenn wir recherchieren und mit Quellen kommunizieren, sind wir darauf angewiesen, dass unsere Gespräche vertraulich bleiben. Sind unsere Quellen durch staatliche Überwachung gefährdet, erschwert das unsere Arbeit. Gerade Quellen zu brisanten Themen könnten für Geheimdienste besonders interessant sein. Wenn Menschen Missstände an die Öffentlichkeit bringen wollen und befürchten, dass ihre Geräte infiltriert sind, werden sie vielleicht abgeschreckt. Oder bringen sich in Gefahr. (…) Doch es geht in der Beschwerde nicht nur um Journalist:innen, Anwält:innen oder andere, die in ihrem Beruf besonders auf sichere Kommunikation angewiesen sind. Es geht um uns alle. Denn mit jeder staatlichen Stelle, die Staatstrojaner einsetzen darf, steigt der Anreiz, gefundene Sicherheitslücken geheimzuhalten anstatt sie zu schließen. Und jede klaffende Lücke kann auch von anderen als dem Geheimdienst genutzt werden. Um Menschen mit der Weitergabe von intimen Bildern zu verletzen. Um Firmennetzwerke lahmzulegen. Um Stadtverwaltungen zu erpressen. Oder irgendwo das Licht auszuschalten. Es gibt immer noch keine verbindliche Regelung dazu, wie der Staat mit solchen Schwachstellen umgehen will. (…) Wenn die Einwände von Expert:innen immer wieder konsequent ignoriert werden und der Gesetzgeber verfassungswidrige Gesetze macht, bleibt am Ende der Gang vors Gericht…“ Beitrag von Anna Biselli vom 12. Juli 2022 bei Netzpolitik.org , die 214-seitige Verfassungsbeschwerde steht bei freiheitrechte.org zur Verfügung - FPD-Vertreter zur Verfassungsbeschwerde: „Der Staatstrojaner schaut Ihnen beim Denken zu“
Interview von Markus Sehl vom 20. August 2018 bei Legal Tribune Online mit Dr. Nikolaos Gazeas , in dem der FPD-Vertreter zur Verfassungsbeschwerde u.a. betont: „… Unsere Verfassungsbeschwerde greift sowohl die Online-Durchsuchung als auch die Quellen-Telekommunikationsüberwachung, kurz Quellen-TKÜ, an. Beide basieren als Überwachungsinstrumente auf dem Staatstrojaner, er schleust sie in ein Computer-System oder in ein Smartphone ein. Die Quellen-TKÜ nach § 100 a StPO dient bei der Strafverfolgung dazu, verschlüsselte Kommunikation an der Quelle abzuhören. Heute läuft die klassische Telekommunikationsüberwachung bei Ermittlungen häufig leer, weil sie nicht an die verschlüsselten Inhalte kommt. Deshalb hat der Gesetzgeber diese Maßnahmen im Sommer 2017 in die StPO eingeführt. (…) Die Online-Durchsuchung nach § 100 b StPO ermöglicht nicht nur den Zugriff auf einen Computer oder ein Smartphone, um dort Daten abzusaugen, sondern auch eine Live-Überwachung. Das ist im Prinzip, als würde, während Sie am Rechner sitzen, jemand hinter Ihnen stehen und Ihnen permanent über die Schulter schauen. So lässt sich auch beobachten, wie Sie zum Beispiel einen Satz in einer E-Mail tippen und ihn dann wieder löschen. Der Trojaner schaut Ihnen beim Denken zu. Das stellt eine völlig neue Dimension der Überwachung dar – und unter allen heimlichen Maßnahmen der StPO den schwersten Eingriff…“
- Verfassungsbeschwerde der Datenschützer gegen Staatstrojaner eingereicht
„Vor einem Jahr hat die große Koalition die Strafprozessordnung geändert, um Staatstrojaner auch gegen Alltagskriminalität einzusetzen. Heute, am 7. August 2018, haben wir unsere Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Wir wollen, dass das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ für verfassungswidrig und nichtig erklärt wird. Hier finden Sie Fotos von der Einreichung und der Pressekonferenz sowie Zitate der Beschwerdeführer.innen und von den Verfassern der Beschwerdeschrift…“ Mitteilung von Digitalcourage vom 7.8.2018
- Verfassungsbeschwerden gegen den Staatstrojaner: Warum die NGOs nicht gemeinsam kämpfen
„… Zwei NGOs, ein Ziel – läge es nicht nahe, die begrenzten Ressourcen zweier NGOs zu bündeln, um dem Gesamtprojekt womöglich mehr Erfolgswahrscheinlichkeit zu verschaffen? Die Antwort darauf liegt nicht aber in der Grundposition zur Sache, sondern im Detail: Digitalcourage wendet sich gegen den Staatstrojaner insgesamt und fordert aus diesem Grund, die §§ 100a Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 3 bis 6, § 100b sowie § 100d Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 StPO, die mit dem Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens 2017 eingeführt worden sind, für insgesamt verfassungswidrig und nichtig zu erklären. (…) Mit Blick auf die Rechtsprechung des Gerichts von 2008 erklärt Ulf Buermeyer [GFF] gegenüber LTO: „Das BVerfG hat bereits entschieden, dass der Einsatz von Staatstrojanern grundsätzlich rechtsstaatlich vertretbar ist.“ Aus diesem Grund sieht man bei der GFF keinen Sinn mehr darin, diesen erneut anzuzweifeln. Vielmehr will sich die GFF in einem Teil ihres Antrags darauf beschränken, den Einsatz der Software auf solche Straftaten zu begrenzen, die Leib, Leben oder Freiheit von Bürgern oder Grundlagen und Bestand des Staates bedrohen. Dies ist nach derzeit nicht der Fall, zum Straftatenkatalog zählen bspw. auch Eigentumsdelikte oder die Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Das sei nichts, was den Einsatz des Staatstrojaners rechtfertigen könnte, findet Buermeyer. Hiergegen richtet sich somit die Beschwerde der GFF. (…) Wichtiger ist für die GFF ein Problem, das schon in der Voraussetzung für den Einsatz der Software liegt. Denn der Trojaner nutzt bestehende Sicherheitslücken in IT-Systemen aus. Anders gesagt: Der Staat hat durch seinen Einsatz ein Interesse daran, dass solche Lücken bestehen, die eine Gefahr für die Datensicherheit darstellen und die nicht nur von Behörden, sondern auch von Kriminellen ausgenutzt werden können. Doch der Staat, so jedenfalls die Befürchtung der GFF, wird diese Lücken den Systembetreibern nicht melden, weil er sich sich damit ins eigene Fleisch schneiden würde. Würden die Lücken geschlossen, wäre auch die Tür für den Trojaner des Staates zu. (…) Ebenfalls der GFF-Seite zuzurechnen ist auch eine Verfassungsbeschwerde von FDP-Politikern um Christian Lindner, Gerhart Baum sowie die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Diese haben bei der Erstellung ihres Antrags laut Buermeyer eng mit der GFF zusammengearbeitet, die eigenständige Einreichung dürfte eher politische Gründe haben. Die Radikalforderung von Digitalcourage oder die moderat-differenzierte Forderung der GFF – ob und wer sich am Ende mit seinem Vorbringen in Karlsruhe Gehör verschaffen wird, ist noch offen. Naturgemäß ist jeder von seiner Version überzeugt. Die inhaltlichen Differenzen jedenfalls lassen ein gemeinsames Vorgehen offenbar nicht zu, wenngleich Kerstin Demuth von Digitalcourage gegenüber LTO bestätigt: „Wir stehen in Kontakt.“… “ Artikel von Maximilian Amos vom 07.08.2018 bei LTO online
- „Der Staatstrojaner ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die an unsere parlamentarische Demokratie glauben“
„Die Große Koalition schlägt mit den Staatstrojanern gefährliche Sicherheitslücken in all unsere Smartphones und Computer. Der Plan: Jedes Gerät bekommt eine Hintertür, durch die staatliche Hacker und Kriminelle nach Lust und Laune einsteigen können. Kommunikation wird mitgehört, Verschlüsselung wird gebrochen, Daten werden gesammelt und Geräte, Netzwerke und ganze Clouds werden manipuliert. Das ist katastrophal für Zivilgesellschaft, Behörden und Unternehmen. Der Staat missachtet seine Pflicht, Bürgerinnen und Bürger zu schützen, wenn er Sicherheitslücken gezielt offen hält, anstatt sie zu schließen. Mit einer Verfahrenslist wurde das Gesetz ohne große öffentliche Diskussion durch den Bundestag gedrückt, doch es kollidiert klar mit Urteilen des Bundesverfassungsgerichts. Darum gibt es gute Chancen, das Gesetz zu kippen – wir müssen es nur tun! Helfen Sie uns, die Staatstrojaner mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zu stoppen!“ Aktualisierter Aufruf von und bei Digitalcourage – LabourNet Germany ist bereits seit 2017 dabei!