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Die Gewerkschaften und der G20: Dreifache Bankrotterklärung
Früher, als selbst die alten Zeiten noch besser waren, gab es einmal einen einfachen Spruch, der gewerkschaftliche Positionen markierte: „Which side are you on?“, auf welcher Seite stehst Du. Heute weniger gebräuchlich, ist er dennoch von europäischen und bundesdeutschen Gewerkschaften aus Anlass von G20 erstaunlich deutlich beantwortet worden – dreifach. Der Europäische Gewerkschaftsbund verabschiedet in Rom eine Erklärung zur EU-Politik, die deren neue soziale Ausrichtung, die man als Einziger mit bewundernswertem Scharfblick erkannt hat, lobt und mehr davon einfordert. Zum Klimaabkommen (dem wenig geheimen Großthema hinter den Kulissen von G20) reiht sich der DGB in den Chor der Trump-Kritiker ein und tut wie alle diese so, als wäre das ein ganz tolles Abkommen (das jetzt natürlich die EU, also die BRD, verteidigen muss). Und zur Polizeistaats-Mobilisierung in Hamburg fordert ver.di zwar nicht leichtere Knüppel für die Einsatzkommandos, wohl aber bessere Bezahlung für Greiftrupps. In einer kleinen – aus gegebenem Anlass ausführlich kommentierten – Materialsammlung dokumentieren wir die dreifache Bankrotterklärung:
„ETUC Mid-Term Conference – Rome, 29-31 May 2017 – THE ETUC ‚ROME DECLARATION’“ am 09. Juni 2017 beim EGB ist eine Erklärung, die bereits vom ersten Satz an mindestens fragwürdig ist, wird doch durchgehend so getan, als wäre die Krise eine Angelegenheit früherer Jahre, aus der man allmählich, viel zu langsam, heraus gekommen sei. Und dementsprechend ausführlich darlegen kann, warum der EGB sich durch Debatten in der EU ermuntert sieht. So etwa durch die Debatte um soziale Pfeiler in der EU, zu deren Wirksamkeit mehr sozialpolitische Maßnahmen nötig seien. Einmal dahin gestellt, was von dieser vom EGB ausgemachten Wende der EU in Ländern wie Griechenland oder – auch insbesondere unter jungen und alten Menschen – in Spanien und Portugal gehalten wird, wird wieder einmal so getan, als ob eine einigermaßen sozial ausgerichtete EU mit deren bestehenden Grundlagenverträgen irgendwie vereinbar wäre. Dass dann ausgerechnet Steuerparadies-Juncker für seinen Plan gelobt wird, mehr Wachstum zu fördern, und mit Junker auch gleich die europäische Zentralbank und ähnliche Einrichtungen, ist dann von solcherart Positionen nur noch peinlicher Höhepunkt. Und mit solchen Positionen darf man sich dann auch darauf freuen, bei den G20-Gesprächen auch mal im Vorzimmer der Macht zu sitzen und muss sich keine Gedanken darüber machen, ob unter der je eigenen Mitgliedschaft nicht vielleicht eine Stimmung vorhanden wäre, gegen dieses Treffen Stellung zu nehmen…
„Klimaschutz-Erklärung: „Unsere Jobs, unser Planet““ am 09. Juni 2017 beim DGB ist die von diesem kommentierte gemeinsame Erklärung europäischer und amerikanischer Gewerkschaften zum Treffen der G7-Umweltminister, in der die Forderung nach Einhaltung des Pariser Abkommens mit entsprechender Kritik an der US-Regierung verbunden wird. Darin heißt es: „Die Ziele für Klimaschutz und Nachhaltigen Entwicklung (SDGs) eröffnen enorme Beschäftigungspotentiale, etwa im Bereich der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung, in Städten, im Zusammenhang mit Energie und Werkstoffen, im Gesundheits- und Sozialwesen. Deshalb geht es nicht darum, sich zwischen Beschäftigung und Umweltschutz zu entscheiden, sondern darum, einen gerechten Übergang (Just Transition) in ein nachhaltiges Wirtschaftssystem zu gestalten, ohne dass die Beschäftigten den Preis zahlen müssen“.
Dass sich da auch andere Positionen ausmachen lassen, könnte man nun wahrlich mit vielen Beispielen belegen. Hier sollen nur zwei Beiträge, die unterschiedlich intensive „Einwände“ gegen das „Alle sind gut, außer Trump“ der internationalen Clinton-Fans erheben, dokumentiert werden.
- „Deutsche Doppelmoral“ von Nick Reimer am 13. Juni 2017 im Freitag , worin zur Rolle der BRD beim Klimaschutz angeführt wird: „Man kann, nein, muss Donald Trump für seine Klimapolitik kritisieren. Aber doch nicht, wenn man ein Deutscher ist! 1991 beschloss der Deutsche Bundestag, die Emissionen bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Klimapolitik? Fand nicht statt, weshalb das Ziel krachend verfehlt wurde. Deshalb gab sich die Politik 2007 ein neues Klimaziel: minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020. Was wieder nicht stattfand, war deutsche Klimapolitik: Die Emissionen liegen heute über dem Wert von 2009, wollten wir das Klimaziel noch schaffen, müssten die Treibhausgase in den nächsten drei Jahren fünfmal stärker sinken als in den letzten 20 Jahren: Aktuell liegen wir bei 916 Millionen Tonnen und damit lediglich 27,5 Prozent unter dem Wert von 1990. Die Anstrengungen verfünffachen? Undenkbar bei Union, FDP und vor allem bei der SPD, die in ihrem Programm zur Bundestagswahl weniger Klimaschutz vorsieht statt mehr. Deutschland wird mit seinem Klimaziel wieder scheitern. Immerhin diskutiert das Kabinett derzeit einen neuen Vorsatz: minus 95 Prozent bis zum Jahr 2050!“ – und da soll jetzt nicht das Thema aufgemacht werden, warum gerade die SPD…
- „Más allá de Trump: La hipocresía de los „acuerdos climáticos““ von Juan Pablo Neri Pereyra am 09. Juni 2017 bei rebelion.org ist ein Beitrag, der als Beispiel dafür steht, wie sich die Debatte um das Klimaschutz-Abkommen international entwickelt. Der Autor kommt dabei zur Schlussfolgerung, dass aus der ganzen – berechtigten, aber begrenzten – Trumpkritik, sich dann plötzlich Personen wie Justin Trudeau, Angela Merkel und Emmanuel Macron als „die Helden der Geschichte“ entpuppen. Und führt dann deren konkrete Praxis näher aus, vor allem am Beispiel des kanadischen Premiers, der weltweit für seine Kritik an Trump gelobt wird – und für seine bedingungslose Unterstützung der kanadischen Bergbaumultis rund um die Welt nicht kritisiert.
Dass die G20-Konferenz für Hamburg das Durchexerzieren einer großangelegten Polizeistaatsaktion bedeutet, ist nicht nur klar, sondern auch an vielen Stellen, auch im LabourNet Germany, ausführlich dokumentiert. Und nach der Positionierung für „irgendwie Wachstum“ (etwa: Anstatt Arbeitszeitverkürzung) und der ebenso billigen wie schönfärberischen Trumpkritik ist dann die peinlichste aller Bankrotterklärungen, wenn Gewerkschaften statt so utopische Dinge zu tun, wie Demonstrationsfreiheit zu verteidigen, fordern, dass deren Unterdrückung „gute Arbeit“ sein müsse. Der Ausnahmezustand wird widerspruchslos akzeptiert, die Repressionsarbeit soll sich lohnen. Zweifel?
- „G20:ver.di-Appell an Unternehmen und Dienststellen“ vom 08. Juni 2017 fordert soziale Verantwortung im Ausnahmezustand: „Hintergrund des Appells ist die Befürchtung von ver.di, dass Beschäftigte durch die Sicherheitsmaßnahmen des Gipfels unerwartete Verzögerungen auf ihrem Arbeitsweg und weitere Einschränkungen haben könnten. Insbesondere in den „Sperrgebieten“ der Innenstadt sollten Arbeitgeber dem Appell nach entsprechend nachsichtig sein. Zusätzlich solle den Urlaubsgesuchen von allen betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Möglichkeit entsprochen werden“. Auf historische Parallelen verzichten wir.
- In „ver.di Hamburg kritisiert Tarifdumping bei G 20-Ausschreibung …“ vom 12. Juni 2017 kritisiert die ver.di Hamburg folgendermaßen die Ausschreibung: „… „Wenn eine Bundesbehörde für ein derartiges Großereignis wie den G 20 Gipfel mit einer öffentliche Ausschreibung der Bewachungsdienstleistungen bewusst ermöglicht, bestehende Tarifverträge zu unterlaufen, ist das ein Skandal! Mit dieser Ausschreibung werden Unternehmen, die Tarifflucht in der Branche betreiben, Tür und Tor geöffnet und die Tariftreuen benachteiligt. Wir erwarten, dass der Bund eine mögliche Lücke zum Tariflohn schließt und die besondere Belastung der Beschäftigten zusätzlich mit einem G 20 Zuschlag von einem Euro pro Stunde wertschätzt.“ …“. Genau: Demonstrationen unterdrücken ist schwere Arbeit und muss tariflich bezahlt werden. Kommentar Ende.