Zeitarbeitgeber und IG Metall einigen sich über Zuschlagstarife für Metall & Elektro – Branchenzuschläge: Sechste Zuschlagsstufe verabschiedet

Dossier

IGM-Leiharbeitskollegen vom AK MiZ Augsburg/Donauwörth mit ihrem 1. Mai-Transparent "Branchenzuschlag SOFORT ab dem 1. Tag" vor dem Sitzungssaal der IGM - Tarifkommission Leiharbeit im Frankfurter DGB-Haus am 04. Mai 2017Dass der 4-Jahres-Vertrag „Je länger, desto besser: Leiharbeit“ erst in Kraft trete, wenn auch das Abkommen über Branchenzuschläge steht, war eine der Aussagen, die bei der Unterzeichnung gemacht wurden: Das ist hiermit geschehen. Siehe dazu die Pressemitteilungen der IG Metall und des IGZ jeweils vom 12. Mai 2017 – und siehe dazu insbesondere auch am Dienstag, 16. Mai 2017 die Sendung der „Anstalt“ beim ZDF, vom LabourNet Germany aus guten Gründen vorab empfohlen. Siehe hier Infos und Bewertungen zu den Branchenzuschlägen:

  • Ratgeber Leiharbeit der IG Metall: „Antworten rund um die Branchenzuschläge. Wo die Zuschläge ankommen“ (nicht, warum sie nötig sind) New
    Leihbeschäftigte in Metall- und Elektrobetrieben bekommen einen Branchenzuschlag. Auch haben Leiharbeiter einen Anspruch, die in der Holz-, Kunststoff-, Textil- und Bekleidungsindustrie eingesetzt sind. Doch nicht immer läuft es glatt mit den Zuschlägen. Seit November 2012 bekommen Leihbeschäftigte in Metall- und Elektrobetrieben einen Branchenzuschlag. Seit dem 1. April 2013 haben auch Leiharbeiter einen Anspruch, die in der Holz-, Kunststoff-, Textil- und Bekleidungsindustrie eingesetzt sind. Doch nicht immer läuft es mit den Zuschlägen wie gewünscht. Wann habe ich als Leihbeschäftigter einen Anspruch auf die Branchenzuschläge? … Wie hoch sind die Branchenzuschläge? … Was gilt bei Unterbrechung des Einsatzes? … Darf der Zuschlag verrechnet werden? … Ich bin in einem Betrieb eingesetzt, bei dem es eine „Besservereinbarung“ gibt. Habe ich Anspruch auf Zuschläge? … Mein Arbeitgeber kürzt den Branchenzuschlag, weil im Einsatzbetrieb niedrigere Löhne gezahlt werden. Darf er das? … Meine Tätigkeit beim Kunden entspricht der eines Facharbeiters. Vertraglich bin ich als Helfer eingruppiert. Was kann ich tun? …Ratgeber vom 20. August 2019 von und bei der IG Metall externer Link – bei der Fülle der angesprochenen Probleme stellt sich die Frage, welchen Sinn die Branchenzuschläge machen angesichts der klaren Alternative ohne Tarifvereinbarung: Equal Pay
  • IG Metall: „Bessere Tarife für die Leiharbeit: Mehr Geld und Übernahme für Leiharbeiter
    • Ausführliche Bewertung:
      1. Der Vorstand hebt positiv hervor: „Und letztlich ist es besser, wenn Leiharbeiter bis zu 48 Monate in einem Betrieb mit guten Bedingungen und gutem Geld bleiben, als nach 18 Monaten abgemeldet und in einen schlechteren Betrieb versetzt oder gar arbeitslos zu werden.“ und „Der Tarifvertrag ermöglicht es Betriebsräten, bessere und passgenaue Vereinbarungen für Leiharbeiter auszuhandeln. Etwa gleiche Bezahlung wie Stammbeschäftigte ab dem ersten Tag. Dafür können Betriebsräte in Ausnahmen freiwillig die Verleihdauer auf bis zu 48 Monate verlängern, wenn sie Vorteile für Leiharbeiter damit erreichen.“
      "IGitt Metall" aus der ZDF-Anstalt vom 16.05.2017Der Widerspruch in der Argumentation – einerseits „besser… bis zu 48 Monaten“ und andererseits „Ausnahmen freiwillig… bis zu 48 Monaten“ – ist natürlich unübersehbar. Werden die Ausnahmen die Regel? Und: Warum werden kleinere Übel nicht so benannt und statt dessen als soziale Errungenschaft gefeiert?
      2. Die IGM gibt mit der Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen ihre Verhandlungsmacht an die Betriebsräte, ab die zwar verhandeln können, aber keine besonderen Druckmittel haben und oft auch kein Interesse, weil sie sich in erster Linie für die Interessen der Stammarbeiter einsetzen.
      3. „Der Tarifvertrag jedoch nutzt allen Leihbeschäftigten. In den ersten 9 Monaten verdienen sie je nach Eingruppierung insgesamt 3000 bis 7000 Euro mehr als ohne Branchenzuschläge.“
      Richtig ist einerseits, hätte die IGM keinen neuen TV BZ abgeschlossen, wären die Branchenzuschläge weggefallen. Andererseits hätte dann jeder LAN ab dem 10. Monat Anspruch auf equal-pay. Dies hätte sicher einen Drehtüreffekt ab dem 9. Monat verstärkt in Gang gesetzt. Den gibt es aber auch jetzt schon, wie die IGM in ihrem Schaubild selbst darstellt, demzufolge schon jetzt 72% der Leiharbeiter nach dem 9. Monat abgemeldet werden.
      4. Im Flugblatt heißt es am Ende. „Da das neue Gesetz zur Leiharbeit Höchstüberlassungsdauern vorschreibt, war eine Neuverhandlung der Tarife nötig. Ansonsten wären alle Regelungen ersatzlos ausgelaufen.“
      Bei diesen Neuverhandlungen hat sich der Vorstand in den Gesprächen mit Gesamtmetall von vorneherein nur auf eine zusätzliche 6. Stufe mit 65% beschränkt. Seine Argumentation, dass ohne diese Stufe die „Drehtür“ der Abmeldung in Gang gesetzt worden wäre, ist nicht wirklich schlüssig. Denn auch bei einer Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten kann der Leiharbeiter jederzeit abgemeldet werden, wenn es dem Entleiher opportun erscheint. Für Leiharbeiter ist die Höchstüberlassungsdauer keine Garantie für irgendetwas! Z.B. auch nicht dafür: „Wenn Leihbeschäftigte etwa in längeren Projekten arbeiten, können sie ihr Projekt beenden statt mittendrin ausgetauscht zu werden.“ Die Beendigung entscheidet der Entleiher (auch der Verleiher kann den Leiharbeiter vorzeitig abziehen). Das mit dem „Leihbeschäftigte… können“ ist eine Spinnerei.
      5. Wollte man den Absturz bei Abmeldung auf den nackten Leiharbeitstariflohn abmildern (und der ist ja mit Verweis auf die Branchenzuschläge sehr gering ausgefallen, wie wir wissen!), hätte der Vorstand wenigstens die Verbesserung der Branchenzuschläge ab dem 1. Tag in die Verhandlungen mit einbeziehen müssen. Das hat er aber ausgeschlossen: „Des Weiteren brauchen wir eine Erweiterung des Branchenzuschlages nach spätestens 15 Monaten auf 65% des Stundenentgeltes, um das gesetzliche equal-pay zu erreichen, wobei es bei der Staffelung ab der 6. Woche bleiben sollte.“ (Zitat aus der Beschlußvorlage des Vorstands im Oktober 2017 bei de TK Metall Bayern.) Man staunt immer wieder, wie willkürlich und unterschiedlich die IGitt Metall equal pay definiert! Der neueste Clou ist der „tarifliche“ statt dem gesetzlichen equal pay…
    • Das Jubel-Flugblatt ist kurz nach unserer Verlinkung nicht mehr im IG Metall-extranet verfügbar (wie kommt das wohl?), doch zum Glück bei der IGM Küste externer Link
    • Die Erklärungsfrist für diese Regelungen läuft bis zum 31. Mai 2017 und wird wohl leider sang und klanglos auslaufen…
    • Und so lügt die IG Metall wie gedruckt: BESSERE TARIFE FÜR DIE LEIHARBEIT MEHR GELD UND ÜBERNAHME FÜR LEIHARBEITER.“Die IG Metall hat neue Tarifverträge für Leiharbeiter in der Metallindustrie ausgehandelt. Sie sichern mehr Geld und mehr Chancen auf Übernahme als das neue Gesetz zur Leiharbeit, das lediglich zur Abmeldung führt und eine Drehtür in Gang setzt…“ Das Jubel-Flugblatt im IG Metall-extranet externer Link . Doch: Wenn, wie behauptet, die Leiharbeiter nun so viel verdienen, wie die Stammbeschäftigten, würden doch die stufenweisen Erhöhungen bei den wenigen, die länger eingesetzt werden, dazu führen, dass sie dann ja mehr verdienen als die Festangestellten!? Ist ja unsere Forderung, aber leider nicht die der IG Metall…
  • IGZ: „… Die Sozialpartner einigten sich auf die Einführung einer sechsten und letzten Zuschlagsstufe auf das Stundenentgelt des Entgelttarifvertrags Zeitarbeit, den BAP und iGZ mit der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossen haben: 65 Prozent Zuschlag auf das tarifliche Grundentgelt nach dem 15. vollendeten Monat. Damit sind die Anforderungen des neuen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) an die Zahlung eines gleichwertigen Entgelts mit vergleichbaren Stammbeschäftigten erfüllt. Die neuen Branchenzuschläge der sechsten Stufe werden erstmalig zum 1. Januar 2018 für Zeitarbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie fällig. Der neue Branchenzuschlagstarifvertrag läuft vom 1. April 2017 bis zum 31. Dezember 2020. Die Erklärungsfrist für diese Regelungen läuft bis zum 31. Mai 2017… „Pressemitteilung den Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmer e.V. (IGZ) vom 12. Mai 2017 externer Link. Die Erklärungsfrist für diese Regelungen läuft bis zum 31. Mai 2017.
  • Die IG Metall, der „Sozial“-Partner von BAP und IGZ, jubelt dazu genauso wie die Unternehmen der Zeitarbeit: „Mehr Geld für Leiharbeiter“
    Und ergänzt: „…Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sieht zwar ab dem neunten Monat die gleiche Bezahlung von Leih- und Stammkräften vor. Es greift jedoch für die meisten Leiharbeiter nicht, weil mehr als 70 Prozent aus dem Betrieb abgemeldet werden. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 44 Monaten. Er gilt für rund 200 000 Leiharbeiter im Organisationsbereich der IG Metall. Parallel zu dem Tarifvertrag für Branchenzuschläge haben IG Metall und Metallarbeitgeber auch die Einsatzbedingungen für Leiharbeit neu geregelt. Der Tarifvertrag über Leih-/Zeitarbeit (TV LeiZ) verpflichtet die Entleiher, dem Leiharbeiter nach 24 Monaten ein Angebot zur Übernahme vorzulegen. Außerdem darf ein auf Dauer angelegter Arbeitsplatz nicht mit Leiharbeitern besetzt werden. Dadurch bietet der Tarifvertrag deutliche Vorteile gegenüber dem Gesetz: Das neue AÜG schreibt zwar vor, dass ein Leiharbeiter höchstens 18 Monate in demselben Betrieb beschäftigt werden darf. Im Gegensatz zum TV LeiZ gibt es nach dem Gesetz jedoch keinen Anspruch auf Übernahme. Zudem darf der Entleiher ein und denselben Arbeitsplatz mit immer anderen Leiharbeitern besetzen. (…) Der Tarifvertrag ermöglicht es Betriebsräten, freiwillig weitere Verbesserungen auszuhandeln, etwa Quoten für Leiharbeit, ein höheres Entgelt oder gleiche Bezahlung ab dem ersten Tag. Im Rahmen einer solchen Betriebsvereinbarung lässt der TV LeiZ auch zu, die Höchstüberlassungsdauer in Ausnahmefällen auf 48 Monate zu verlängern. Dies kann im Interesse von Leihbeschäftigten sein, wenn Betriebsräte bessere Regelungen aushandeln. Zudem arbeiten viele Leihbeschäftigte als Fachkräfte in Projekten, die länger als 24 Monate dauern, beispielsweise in Forschung und Entwicklung. Für sie ist es von Vorteil, wenn sie ihr Projekt abschließen können, statt mittendrin abgemeldet zu werden…“ Pressemitteilung Nr. 26/2017 der IG Metall vom 12. Mai 2017 externer Link – Auch wenn es ziemlich befremdlich ist, wie die IG Metall ihre Abweichung vom gesetzlichen Equal-Pay-Grundsatz begründet, ist die Begründung doch ziemlich aufschlussreich…

Hintergründe im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=116507
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