Wie verheerend die Arbeitsbedingungen in Jobcentern sind
„Befristungen, Überstunden, Gewalt: Die Arbeitsbedingungen in Jobcentern sind verheerend – mit Folgen für das Personal. Ein ehemaliger Mitarbeiter erzählt. (…) Seit zwei Jahren ist Sahm, weiße Haare, Halbglatze, im Ruhestand – und erzählt nun, wie es ist, im Jobcenter zu arbeiten. In Berlin sind an den zwölf Standorten 7244 Mitarbeiter tätig. 5680 in Vollzeit, 1564 in Teilzeit. Während Beschäftigte in Deutschland im Schnitt 15,2 Tage fehlen, weil sie krank sind, fallen Mitarbeiter in Berliner Jobcentern zwischen 17,9 und 25,6 Tagen im Jahr aus. So viele wie in keiner anderen Branche sonst. (…) Statt 170 Kunden zu betreuen, wie es das Gesetz vorsieht, waren es laut Sahm mindestens 450. Waren Kollegen krank oder im Urlaub, sogar mehr als tausend. Um dieses Pensum zu schaffen, kamen Kollegen krank zur Arbeit. Machten Überstunden. „Einige befristete Angestellte stempelten zwar pünktlich um 16 Uhr ab“, sagt Sahm, „aber gingen dann wieder zurück an ihren Schreibtisch, um weiterzumachen.“ Ihre ungewisse Zukunft machte ihnen Angst und so strengten sie sich mehr an, als ihnen guttat. Mussten sie nach Ablauf ihres Vertrags tatsächlich gehen, bedeutete das für die Kollegen wiederum, wieder ein halbes Jahr lang jemanden neu einzuarbeiten. (…) Claudia Thiede-Tietze ist Verdi-Gewerkschaftssekretärin und für Jobcenter-Mitarbeiter zuständig. Die meisten würden den Arbeitslosen wirklich helfen wollen, sagt sie, aber sie müssten „so viele Vorschriften befolgen, dass selbst Hochmotivierte irgendwann frustriert sind“. Dazu kämen die strengen Zielvorgaben, die von oben nach unten gedrückt und viele unter einen enormen Druck setzen würden. Burn-out-Fälle seien nicht selten…“ Artikel von Marie Rövekamp vom 7. Mai 2017 beim Tagesspiegel online