Jetzt auf Teufel komm ´raus noch eine Privatisierung von Strassen und Autobahnen
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 29.3.2017
Anhörung im Bundestag zur Privatisierung der Autobahnen befördert das Problem der SPD zu Tage: Eine Privatisierung zugunsten des Finanzkapitals, die es eigentlich nicht geben sollte, tritt ganz deutlich hervor…
Der damalige SPD-Chef Gabriel hatte noch verkündet mit diesem Gesetz für eine Infrastrukturgesellschaft gäbe es keine Privatisierungen – was sich jetzt bei einer Anhörung im Bundestag mit den Experten als eine Chimäre herausstellte, denn es gibt genügend Schlupflöcher für Privatisierungen (die wohl wieder einmal das vorrangige Ziel sind)(http://www.taz.de/!5392321/ ).
Ungewöhnliche Koalitionen bringt dieser Gesetzentwurf hervor: Nachdem bereits ADAC und BUND einhellig vor einer Privatisierung der Autobahnen gewarnt hatten, gingen am Montag im Finanzausschuss des Bundestages auch fast sämtliche eingeladene ExpertInnen hart mit diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung ins Gericht: Vom Bundesrechnungshof bis zum DGB (siehe dazu auch weiter unten), vom privatisierungskritischen Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ bis zu renommierten Juristen und Verwaltungswissenschaftlern.
Gerade die Fachleute – wie z.B. Thorsten Becker, ein Wirtschaftsingenieur der TU Berlin – sehen nicht nur die Privatisierungsmöglichkeiten bei dieser neuen Infrastrukturgesellschaft, sondern als die größte Gefahr die öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP)
So wird im Kommentar von Malte Kreutzfeldt (http://www.taz.de/!5392313/ ) besonders hervorgehoben, wie jetzt die SPD ein Problem bekommt – eine SPD, die mit ihrem neuen Vorsitzenden Martin Schulz die soziale Gerechtigkeit hervorhebt und direkt zu ihrem Markenzeichen gemacht hat. Und jetzt ist die Aussage des früheren Parteichefs Sigmar Gabriel, dass die SPD eine Privatisierung der Autobahnen in jeder Form verhindert habe, einfach zur Makulatur geworden.
Und die Schlupflöcher für Privatisierungen könnten der Öffentlichkeit teuer zu stehen kommen – zu Gunsten des Finanzkapitals (Allianz & Co.)…
Aber der Ausstieg aus der Infrastrukturgesellschaft mit ihren Privatisierungen wird für den Partner in der Großen Koalition, der SPD, auch nicht so einfach: Hinterhältigerweise wurde nämlich die Zustimmung zur Infrastrukturgesellschaft mit der Neuregelung des Länderfinanzausgleiches, den die Bundeländer brauchen, verbunden. (Koppelung)
Ob die SPD im Bundestag noch Änderungen an dieser Infrastrukturgesellschaft (= ohne Privatisierungsmöglichkeiten) durchsetzen kann, bleibt so ziemlich offen, da die SPD wegen der Verknüpfung (oder Knebelung) dieses Vorhabens mit der von vielen Bundes-Ländern dringend erwarteten Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs (ein schönes „Ei“ hat da WiMi Gabriel der SPD ins Nest gelegt!) vor der Drohung zurückschrecken, das Gesetz notfalls scheitern zu lassen, dürfte ihre Verhandlungsmacht begrenzt sein, meint Malte Kreutzfeldt. (http://www.taz.de/!5392313/ )(Eine schwierig zu lösende Aufgabe für Martin Schulz!)
Jedoch das Hauptanliegen des Gesetzes ist es, privaten Anlegern bessere Renditen auf dem Kapitalmarkt zu verschaffen: „Anders macht das alles keinen Sinn.“ (Prof. Georg Hermes)
Insbesondere Prof. Georg Hermes hob hervor, dass das Hauptanliegen des Gesetzes es ist, privaten Anlegern bessere Renditen auf dem Kapitalmarkt – zu Lasten der Straßenbenutzer und Steuerzahler – zu verschaffen. Der Bundestag hätte nach dem neuen Gesetz dann beim Straßenbau nichts merhr zu melden! (demokratisch legitimierte Politik in einem weiteren Feld ausgeschaltet – und alles zum Nutzen des Kapitals!) Hier noch das gesamte Gutachten von Prof. Georg Hermes, Professor für Öffentliches Recht an der Frankfurter Goethe-Universität: https://www.gemeingut.org/wp-content/uploads/2016/06/Rechtsgutachten-Art.-90-GG-Hermes-Wei%C3%9F.pdf und noch die Übersicht zu den Ergebnissen dieser Anhörung von Fachleuten: http://rsw.beck.de/aktuell/meldung/haushaltsausschuss-experten-warnen-vor-gefahr-der-autobahnprivatisierung-durch-geplante-infrastrukturgesellschaft-verkehr . Die ganze Anhörung zerstörte somit diese Legende, dass es keine Privatisierung geben würde. (http://www.bundestag.de/presse/hib/2017_03/-/500784 )
Letzte Möglichkeit für den Ausbau des Finanzkapitalismus – zu Lasten von Steuerzahler und Autofahrer jetzt mit der großen Koalition noch schnell vor der Bundestagswahl: So soll der Finanzkapitalismus durch die Privatisierung der Autobahnen zu Lasten des Staates weiter ausgebaut werden.
Jetzt am 31. März 2017 im Bundestag kommt es zum Schwur: dann stimmt der Bundestag – zu guter Letzt – noch schnell über mehrere Grundgesetzänderungen ab, die allen anderslautenden Bekundungen zum Trotz Privatisierungen beim Bau und Betrieb von Autobahnen und Schulgebäuden ermöglichen. Und die rot-schwarze Regierung läßt den Abgeordneten nur wenig Zeit zur gründlichen Prüfung und Diskussion… Offenbar ahnen die betroffenen Ministerien, dass das umstrittene Vorhaben nur noch – jetzt ganz schnell – unter der großen Koalition verabschiedet werden kann. So berichtet es Laura Valentukeviciute in den „Blättern“. (https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2017/maerz/der-ausverkauf-der-autobahn )
Dieses etwas heimtückische „Versteckspiel“ ist darauf zurück zu führen, dass in den 90-er Jahren die Einstellung der Bevölkerung zur Privatisierung noch positiv war, weil die Leute glaubten, alles würde effizienter werden. Nur daran glaubt heute kaum noch jemand. (Alles wird mit ÖPP vor allem nur teurer)
Schon wegen dieses Stimmungswandels in der Bevölkerung werden die Grundgesetzänderungen offiziell nicht als Privatisierung bezeichnet, sondern als „Zentralisierung der Autobahnverwaltung“. Der Öffentlichkeit sollte es möglichst verborgen bleiben, dass die Gesetzentwürfe dennoch gespickt sind mit Klauseln, die die Privatisierung ermöglichen. (Siehe auch weiter unten das Erklärvideo von „Gemeingut in Bürgerhand“)
Zudem – darauf mach der GEW-Aktivist Herbert Storn in der Frankfurter Rundschau „Autobahn als Profitmaschine“ (= nicht im Netz!) in Sachen dieser Privatisierungsoffensive aufmerksam: Um die Länder zur Zustimmung zu bewegen wird dieses ganze Vorhaben zum Schaden der Bürger und zugunsten der Finanzkonzerne mit dem Länderfinanzausgleich gekoppelt.
DGB warnt vor der Privatisierung der Strassen
Die Gewerkschaft drängt auf die Änderung im Gesetzentwurf für die Infrastrukturgesellschaft. Andernfalls drohten teure ÖPP-Projekte und ein Verlust politischer Kontrolle / von Malte Kreutzfeldt (http://www.taz.de/!5385742/ )
Die neue Infrastrukturgesellschaft würden die Gewerkschaften am liebsten ganz verhindern. (https://gemeinden.verdi.de/themen/public-private-partnership-ppp/++co++6359342e-d673-11e5-becb-525400438ccf )
Aber weil das kaum realistisch erscheint, drängen sie nun darauf, dass diese nicht als GmbH gegründet wird, sondern als Anstalt öffentlichen Rechts. (http://www.dgb.de/themen/++co++aa928608-ff33-11e6-a603-525400e5a74a )
Damit lasse sich am besten sicherstellen, dass der Bundestag weitreichenden Einfluss auf die Gesellschaft habe, sagte DGB-Vorstand Körzell. Um diese politische Zielrichtung allgemein zu unterstützen hat der DGB auch schon eine Unterschriftenaktion gestartet: https://www.dgb.de/uber-uns/dgb-heute/dgb-fachabteilungen/struktur-industrie-und-dienstleistungspolitik/unsere-autobahn/index.html .
Zum Vorlauf dieses Projektes in und durch die sog. „Fratzscher-Kommission“ lese noch einmal bei Norbert Häring nach: http://norberthaering.de/de/27-german/news/339-luegen-der-fratzscher-kommission . Und zur Erklärung hat die Aktion „Gemeingut in Bürgerhand“ nicht nur auch eine Unterschriften-Petition gestartet: https://www.gemeingut.org/jetzt-unterschreiben-aufruf-bundesfernstrassengesellschaft-verhindern/ , sondern auch noch zusätzlich dazu ein kurz und bündiges Erklär-Video fabriziert: https://www.gemeingut.org/erklaervideo-niemand-hat-die-absicht-eine-autobahn-zu-privatisieren/ . Dieses Erklär-Video ist deshalb besonders wichtig, weil die wahren Absichten dieses Projektes sehr verschleiert werden!
- Siehe dazu unser Dossier: Gabriel gründet eine PPP-Kommission zur Privatisierung der Daseinsvorsorge [z.B. Autobahnen]