Fehlerhafte Hartz-IV-Bescheide: Wer ist schuld? Antworten des Wuppertaler Erwerbslosenvereins Tacheles
„WDR: Herr Thomé, an den vielen fehlerhaften Hartz-IV-Bescheiden ist ein kompliziertes Gesetz schuld – sagt die NRW-Regionaldirektion der Arbeitsagentur. Ist diese Erklärung für Sie nachvollziehbar? Harald Thomé: Das Gesetz ist gewiss nicht einfach. Überwiegend ist aber die Umsetzung des Gesetzes das Problem. Denn die Verwaltung ist angewiesen, das Gesetz möglichst restriktiv auszulegen, also zulasten der Antragsteller. Dagegen wehren sich viele Betroffene – und gewinnen auch oft. (…) WDR: Wo sehen Sie die Lösung? Thomé: Es gibt drei Ansatzpunkte. Erstens müsste die Verwaltung anfangen, sich bürgerfreundlicher zu verhalten. Das heißt, nicht von oben herab entscheiden, sondern mit den Leuten auf Augenhöhe umgehen. Zweitens müsste die Arbeitsagentur auch gewähren, was im Gesetz drinsteht – und nicht das Möglichste tun, um es genau nicht zu gewähren. Drittens müsste man sich auch noch über das Gesetz selber auseinandersetzen. Es ist kompliziert und nicht nachvollziehbar, mit vielen systematischen Brüchen. Allein durch Änderungen des „Rechtsvereinfachungsgesetzes“ sind die nächsten 10.000 Gerichtsverfahren vorprogrammiert.“ Dominik Reinle im Gespräch mit dem Gründungs- und Vorstandsmitglied des Erwerbslosenvereins Tacheles, Harald Thomé, bei den WDR-Nachrichten vom 6. Februar 2017