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Italien vor dem Italexit?

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 22.11.2016, aktualisiert am 23.11.2016

Wird es jetzt intellektuell albern – angesichts einer Bedrohung durch den Italexit? „Rettung“ des sozial- schädlichen Neolib-Dogmas, das in den EU-Institutionen festgezurrt wurde, jetzt einmal ganz ohne eine Ahnung über die realen weltwirtschaftlichen „Zusammenhänge“ durch einen allzu platten Populismus-Vorwurf, um das so gewohnte TINA (There is no alternative) weiter ideologiefest absichern zu können?

Das Beispiel Italien vor dem 4. Dezember 2016 (Volksabstimmung) – „Und wenn Italien dieser Krise zum Opfer fällt, könnte Europa sterben“

Es gibt zunächst erst einmal keinen Sinn – zumindest für eine demokratisch breit getragene gesellschaftliche Perspektive – Trump & Co. nur als bloß in die Irre führenden „Populisten“ zu bezeichnen, um damit gleichzeitig für die jeweilige „Gegenseite“ die gesellschaftliche Vernunft in Anspruch zu nehmen, erklärt uns Stephan Hebel sehr plausibel. (Vgl. vor allem die letzten drei Absätze bei http://www.fr-online.de/aktuelle-kommentare/populismus-sie-sind-nicht-das-volk,30085308,34931410.html externer Link)

Denn just diese „dritte“ Position, die sich gegen den neoliberalen Mainstream stellt (dem Trump letztlich doch nicht mit seinen Steuererleichterungen ganz abhold ist), könnte Europa jetzt aus dem Dilemma der nationalistischen Verengung noch „befreien“: Europa geht eben auch solidarisch – diese einfache Formel zeigt die Perspektive jenseits der neoliberalen Alternativlosigkeit (Merkel) und der „Ausflucht“ in den wohlstandshemmenden Nationalismus mit einer vorprogrammierten Spirale ins Abseits und nach unten. (Vgl. „Vive l`Europe: Die Bücher für ein gemeinsames Europa“: https://www.labournet.de/?p=106977)

Nur von dieser Perspektive für ein gemeinsames Europa sind wir „im Prinzip“ doch auch erst noch einmal weit entfernt, wenn wir uns die aktuellen politischen und ökonomischen Prozesse in ihrer internationalen Verflechtung – jetzt einmal am Beispiel Italiens – anschauen müssen.

Varoufakis greift tief in die Geschichte des Euro

Dafür greife ich mir dieses dritte Buch für ein gemeinsames Europa von dem Griechen Yannis Varoufakis („Das Euro-Paradox“) raus. Das Bestechende an diesem Buch ist, dass Varoufakis versucht, eine komplexe weltwirtschaftliche Situation – mindestens seit dem „Untergang“ des Regelsystems von Bretton Woods („Goldstandard“) in ein klares verständliches und übersichtliches „Narrativ“ zu packen – bei dem Deutschland wiederum von Anfang an zunächst reichlich verständnislos – immer mit seinen Überschüssen – den Elephanten im Porzellanladen spielt. (wo gibt es eine solche „Erzählung“ etwa schon? Bisher vielleicht in „Fragmenten“ noch am ehesten bei Stephan Schulmeister)

Eine zentrale Rolle spielt dabei der US-Notenbanker Paul Volcker – beginnend mit seiner bisher nicht so berühmten Rede an der Universität Warwick (siehe dazu Varoufakis, Seiten 104 ff. „Der „verdammte Volcker“ – wieder einmal“ und insbesondere die Seiten 106 ff.) mit seinem Konzept der weltwirtschaftlichen „Desintegration“ über das Finanzkapital (Wall Street) zur Festigung der ökonomischen Dominanz der USA. Hier greift Varoufakis als „Bild“ auf den Mythos des Minotaurus zurück, der eben auch seinen permanenten Tribut von den „anderen“ fordert.

Nach diesem Nixon-Schock reagierten zunächst der Franzose Giscard und der Deutsche Helmut Schmidt mit dem Versuch eines europäischen Systems von Bretton Woods (Währungsverbund), um dann zwischen 1991 und 1993 von den französischen Präsidenten Francois Mitterand und dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl zu dem Projekt Euro zu gelangen.

Die Erkenntnis war am Anfang da: Ohne eine gemeinsame Verschuldenspolitik und Investitionspolitik kann eine Währungsunion nicht funktionieren.

Mitterands ehemaliger Finanzminister und dann mächtiger Präsident der Europäischen Kommission, Jacques Delors, warnte jedoch – in Erinnerung an Alexander Hamilton, der in den USA diese gemeinsame Entwicklung durchgedrückt hatte (siehe z.B. http://ninahoppe.eu/alexander-hamilton-ein-vorbild-fuer-die-eu/ externer Link) – Delors Warnung an Mitterand wollte klargestellt haben, dass eine echte Währungsunion eben mehr benötige als bloß ein paar Regeln und Ausschüsse mit Sitz in Brüssel. Zumindest erfordere solch eine Währungsunion eine gewisse gemeinsame Verschuldenspolitik – eben wie bei Alexander Hamilton – und eine gemeinsame Investitionspolitik.

Auf diese Anforderungen für eine Währungsunion reagierte – laut Varoufakis (S. 123) – Mitterand etwa um 1993 nuanciert: Ja, er räumte ein, wir brauchen sowohl eine Verschuldungspoliik – wie auch ein unionsweites Investitionsprogramm.

Nur diese Erkenntnis über diese notwendigen Voraussetzungen für ein Währungsunion konnten Mitterand und Kohl den mächtigen Eliten in Frankreich und Deutschland nicht aufzwingen (- anders als Alexander Hamilton damals in den USA – siehe dazu auch wieder Claus Offe für die jetzige Situation bei  https://www.labournet.de/?p=106977)

Und mit Varoufakis „bildhaften“ Worten machten es Kohl und Mitterand dann eben so, „dass sie in voller Absicht den Wagen vor das Pferd spannten, um dann darauf zu warten, dass ein großes Schlagloch (sprich Finanzkrise) in der Straße Europas die Mitfahrenden auf den hinteren Sitzen davon überzeugen würde, dass sie die „Versuchsanordnung“ dieser Währungsunion ändern müssten“.

Also zumindest Mitterand erkannte mit Delors, dass in einer heftigen Finanzkrise die Mängel des Euro offensichtlich werden würden. In einer solchen Krisen-Situation würde dann – so die Hoffnung – die bisherige Euro-Union zu einer gemeinsamen Schuldenpolitik mit einer abgestimmten Investitionspolitik führen. Nur als im Jahre 2008 ff. die „Mutter aller Finanzkrisen“ zuschlug und 18 Monate später den Euro ins Trudeln brachte, versagten die europäischen Politiker vollkommen. (Varoufakis, S. 125 f.)

Bedauerlicherweise ist deshalb eine Betrachtung – wie jetzt durch drei prominente Grüne mit ihrem Buch „Finanzwende“ vorgestellt wird (http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/wirtschaft_aktuell/201611/78543.html externer Link), die sich vor allem auf die Krise der Banken mit ihren Derivate-Produkten bezieht, nicht ausreichend, weil so Wirtschaft selber außen vor bleibt. Natürlich ist es wichtig die Banken selbst auch nach der gewaltigen Deregulierungsphase wieder durch Regulierung krisenfest zu machen, aber damit bleibt auch der Komplex, warum gerade die Banken im Süden wieder – in ihrem besonderen Kontext – ihre besonderen Probleme haben, zu weit unberücksichtigt. (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5356208&s=&SuchRahmen=Print/ externer Link)

Dazu sollte man das Kapitel von Varoufakis über den Wandel der Selbstwahrnehmung eines Bankmanagers nach der Deregulierung der Bankenwelt in Europa sich noch einmal vornehmen, womit Varoufakis auch verdeutlichen kann, wieso die Schulden im Süden für die Banken – des Nordens – in Europa unter dem Euro besonders attraktiv wurden. (Siehe Varoufakis` Abschnitt über sein Gespräch mit disem Franz „Im Rausch“ auf den Seten 193 ff. – und Varoufakis schließt diesen Abschnitt mit der Bemerkung: Damals ahnten wir beide nicht, dass ich vier Jahre später verzweifelt versuchen würde, meinen Finanzministerkollegen klarzumachen, dass Griechenlands Schulden, die es niemals würde zurückzahlen können, ein Symptom dafür waren, dass in der Eurozone – ohne den entsprechenden Rahmen – alle den Verstand verloren hatten.)

Keine Vorstellung machten sich Mitterand und Kohl – damals – davon, was passieren würde, wenn nach diesen Versäumnissen beim Start des Euro, diese Euro-Währungsunion keineswegs in einer Finanzkrise zu einer derartigen politischen Union weiterentwickelt würde, sondern im Gegenteil diesen Weg sogar noch erschweren würden – und sogar die „natürliche“ Konsequenz der gemeinsamen Währung zu einer Zerstörung der Demokratie führen könnte. (Varoufakis, S. 126 f.)

Und in einem solchen Prozess scheinen wir uns immer weiter zu befinden – jetzt bei Italien.

Europa vor einer immer weiteren Erosion – mangels gemeinsamer europäischer Perspektive? Muss jetzt nach dem Brexit auch noch der Italexit kommen? Wird der nächst Krisenkandidat in und für Europa jetzt noch Italien (also auch noch ein Italexit?)

Die drittgrößte Volkswirtschaft Europas wächst seit Jahren kaum (nur 0,3 Prozent im dritten Quartal 2016). Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt noch immer weit unter dem Stand von vor der Krise, die 2008 begann. Seit Beginn der Währungsunion stagniert die Produktivität. Dabei ist diese strukturelle Schwäche der Wirtschaft Italiens schon längst bekannt. (http://library.fes.de/pdf-files/id/09554.pdf externer Link pdf)

Diese wirtschaftliche Schwäche – bedingt durch mehrheitlich kleine Unternehmen mit eher Billigprodukten – wurde nur nach einem neoliberalen „Dr.-Eisenbart-Rezept“ mit der bloßen Sparpolitik – auch in Italien – falsch behandelt – und konnte somit nur schlechter werden.

Während das BIP Spaniens in den vergangenen 15 Jahren um 23,5 Prozent stieg und in Deutschland um immerhin 18,2 Prozent, sank es in Italien um 0,5 Prozent. Seit Beginn der Krise ist die Industrieproduktion um ein Viertel eingebrochen. „Wenn die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone mittel- bis langfristig kein Wachstum generiert, ist der Zusammenhalt des Euro möglicherweise in Gefahr, warnen die Ökonomen der Allianz. (http://www.fr-online.de/wirtschaft/eurokrise-unruhe-in-italien-nimmt-zu,1472780,34944714.html externer Link)

Einen weiterführenden Ansatz mit – jetzt – massiven Investitionen – nebst Steuersenkungen für die breiten Schichten – schlägt Alexander Hagelüken vor: Jetzt sind massive Investitionen der Staaten in Europa in Infrastruktur wie Verkehrs- und Daten-Netze gefragt. Gefragt ist also Geld in die Hand zu nehmen – weg von der fatalen Null eines Wolfgang Schäuble – jetzt muss die Strategie so aussehen: Europa erlaubt Italien – und auch Frankreich – vorübergehend höhere Ausgaben. Aber die höchsten Ausgaben müssten gerade jene Staaten – wie vor allem Deutschland – tätigen, die solidere Haushalte haben – auch wenn Wolfgang Schäuble an seiner fatalen Null klebt.

Jedoch Schäuble & Co. schicken sich an, Europa mit ihrer schwarzen Null in den Abgrund zu reiten! (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-die-falsche-null-1.3259170 externer Link)

Bedauerlicherweise bleibt Hagelüken jedoch „allein“ bei den notwendigen Investitionen „stecken“, während das zweite Element zur Krisenüberwindung – die gemeinsamen Schulden – unerledigt bleibt – und auch weiter die Krise befeuert: Das spekulative Lebenselexier der Finanzalchemisten – die Spekulation auf Staatsanleihen „zwischen“ den verschiedenen Ländern in Europa (besonders zwischen dem Norden und dem Süden Europas) – treibt weiter seine Blüten: Der Anstieg der Risiko-Prämie für italienische Staatsttitel hat jetzt Europas größtes Schuldenland Italien aufgeschreckt. Die Zinsdifferenz zu zehnjährigen Bundesanleihen ist auf mehr als 180 Basispunkte gesprungen. Das bedeutet, dass Italien für seine Staatsanleihen einen Zinssatz zahlt, der 1,8 Prozent-Punkte mehr über dem deutschen Niveau liegt. (ein wunderbares Geschäft für die Banken!) Und zwar obwohl die EZB in Frankfurt noch stützend eingreift. In den vergangenen 14 Tagen wuchs diese Differenz weiter um 20 Punkte – zugleich nahmen die Schwankungen – wegen der Unsicherheit – an der Mailänder Börse zu. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/italien-bitte-anschnallen-1.3259192 externer Link)

Nicht nur ökonomisch ist in Italien der Zusammenhalt des Euro in Gefahr. „Fünf-Sterne“ wollen die Italiener zum Euro befragen – Zehn Millionen Italiener leben unter der Armutsgrenze –

Die zehn Millionen Italiener, die unter der Armutsgrenze leben, könnten weiter das Potential liefern, die Abkehr vom Euro zu beflügeln. Genau hier setzt dann wieder die „Fünf-Sterne-Bewegung“ an, um mit einem Referendum über den Euro die Italiener zum Euro zu befragen. (http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-10/luigi-di-maio-interview-fuenf-sterne-bewegung-extremismus externer Link)

Und Trump in den USA ist ein frischer Beleg dafür, wohin diese „Abgehängten“ dann tendieren. (Vgl. dazu die „Rache der Abgehängten“: http://www.fr-online.de/us-wahl/us-wahl-die-abgehaengten-schlagen-zurueck-,11442534,34927916.html externer Link)

Damit ähneln die Bestimmungsfaktoren des Trumpsieges denen des Brexit-Votums in Großbritannien, erklärt das Brüsseler Bruegel-Institutes nach der Analyse des Wahlverhaltens in den USA. (http://bruegel.org/2016/11/income-inequality-boosted-trump-vote/ externer Link)

Aber immer noch ist in Europa – oder auch in Deutschland – nicht die Verteilungsfrage eine entscheidende Frage bei den ökonomischen Betrachtungen. (Vgl. z.B. den deutschen Sachverständigenrat auf der Seite 3 f. bei https://www.labournet.de/?p=106557) Deshalb könnte es in Italien – schon im Rahmen des  Verfassungsreferendums – dahin kommen, dass Italien ohne Renzi auskommen muss. (http://www.zeit.de/2016/36/verfassungsreform-italien-referendum-matteo-renzi-francesco-pardi externer Link)

Die Schwäche der zu „kleinteiligen“ auf dem Weltmarkt schwächelnden Wirtschaft findet eine Entsprechung in der finanziellen Schwäche der Banken Italiens.

Europa hat es versäumt nach der Finanzkrise 2008 ff. die Banken zu sanieren. Das Bankenproblem wurde immer unter den Tisch gekehrt. Und – mit dem Schwerpunkt in Itralien – rollt eine Bankenkrise auf Europa zu.

360 Milliarden faule Kredite kamen jetzt in Italien zum Vorschein – die Italien gemäß der Bail-In-Regel (= Nur die Gläubiger der Banken sollen zur Stützung des Bankensektors herangezogen werden) nicht von staatlicher Seite abstützen darf. (Vgl. zu dieser Lage der Banken in Italien ab der Seite 1 bei https://www.labournet.de/?p=101242 )

Darum, dass der Staat die Banken stützen darf, kämpft aber wieder Matteo Renzi in Italien – weil es sich für ihn – politisch – rechnen könnte, meint die Zeit. (http://www.zeit.de/2016/30/finanzkrise-italien-staat-banken-retten-matteo-renzi-pro externer Link)

Oder bekommt Italien – wegen eines Finanzstabilitätsrisikos – doch die Möglichkeit „seinen“ italienischen Banken staatlicherseits unter die Arme zu greifen? (siehe zu den Regelungsdefiziten für dieses Verbot von „Bail-Out“ als Voraussetzung, dass es funktioniert die Seite 3 oben beim vorletzten Labournet-Link)

Nun sind es in Italien gerade auch viele Kleinanleger, die die italienischen Banken – auch als Alterssicherung finanziert haben. (Siehe den Abschnitt „Das soziale Dilemma für italienische Kleinanleger, wenn die italienischen Banken nicht gerettet werden…“ auf der Seite 2 bei https://www.labournet.de/?p=101242) Deutlich zeigt sich die Problematik der italienischen Banken auch noch an der Unicreditbank, die auch einen Absturz der Aktie in nur sechs Monaten um 44 Prozent ihres Wertes verkraften musste. (Siehe den Abschnitt „Die Investoren glauben eben nicht daran, dass das Institut die Wende schaffen – und das ist das sichtbarste Zeichen der Krise“. auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=102275)

Besonders hart trifft diese aktuelle Unsicherheit vor dem Referendum die in Italien schwer angeschlagenen Banken. Goldman-Sachs unkt, dass so die Milliarden, die die italienischen Banken in den nächsten Monaten zu ihrer Sanierung einsammeln müssen, unter diesen unsicheren Umständen nie zustande kommen könnten. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/italien-bitte-anschnallen-1.3259192 externer Link)

Aber dies ist nicht nur ein Problem der italienischen Banken, sondern vielmehr der europäischen Banken, die weiterhin eben „unterreguliert“ bleiben und so die Krise befeuern. (siehe dazu „Die Deutsche Bank als aktueller Krisenfall…“ (https://www.labournet.de/?p=105174 – siehe dort die Einleitende Bemerkung – sowie auch „Ursachen der Bankenkrise – kaum behebbar“, wo noch einmal die Komplexität der Bankenkrise – verursacht vor allem von „falscher“ stark ideologisch geleiteter Politik – ausgebreitet wird (= Seiten 5 ff.))

Der Stabilitätspakt verhindert dann auch jegliche aktive Rolle des Staates.

Scheingefechte um die (strikten) Kriterien des europäischen Stabiltätspaktes zwischen EU-Kommissionspräsident Juncker und dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi: Dazu schreibt Alexander Mühlauer im Kommentar in der „Süddeutschen: „Der kann mich mal“, meint Juncker. Das ist natürlich eine Beleidigung, aber in Wahrheit ist es – zur Zeit – vor allem ein Wahlkampfgeschenk für Renzi. Der italienische Premier benutzt den EU-Kommissions-Präsident Juncker als personifiziertes Feindbild Europa, um Stimmen für das – für ihn wichtige – Verfassungsreferendum im Dezember zu sammeln. Das Brüssel-Bashing kommt bei den italienischen Wählern gut an. (https://www.fes.de/de/internationale-politikanalyse/monitor-soziale-demokratie/publikationen-italien/?tx_digbib_digbibpublicationlist%5BpageIndex%5D=3 externer Link)

Und auch Juncker hat ein Interesse daran, dass Renzi die Abstimmung um diese Verfassungsreform gewinnt, die inzwischen zu einer großen leidenschaftlichen Debatte von vielen Seiten entbrannt ist. (Vgl. „Verfasungsreform – An Haupt und Gliedern“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/italien-an-haupt-und-gliedern-1.3254418 externer Link) Aber selbst in seiner eigenen Partei stehen die Gegner gegen seine Verfassungsreform auf. (http://www.taz.de/!5343889/ externer Link)

Die Regierung in Rom rechnet mit einer Neuverschuldung von 2,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Mit der Kommission waren jedoch – gemäß Stabiltitätspakt – 1,8 Prozent vereinbart. Der Premier in Rom wirft der EU-Kommission im Umgang mit dem „Pakt“ schon länger „Erbsenzählerei“ vor.So dringt Renzi auf mehr Flexibilität bei der Auslegung der Kriterien. (= die doch schon öfters – gerade auch bei Deutschland) nicht „strikt“ eingehalten wurden.) (http://www.sueddeutsche.de/politik/italien-nachsichtige-erbsenzaehler-1.3252204 externer Link – und zu einem weiteren Überblick zu Italien siehe auch: http://www.sueddeutsche.de/thema/Matteo_Renzi externer Link)

Wenn Italien dieser Krise zum Opfer fällt, könnte „Europa sterben“. „Wir brauchen nicht mehr, wir brauchen nicht weniger, wir brauchen ein besseres Europa“(Herbert Prantl`s Liebesbrief für Europa)New

Ein Ende der Spardoktrin und mehr öffentliche Investitionen könnten ein Anfang sein, um dies zu überwinden, erklärt jetzt jedenfalls Frankreichs Premier Valls in Berlin (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sz-wirtschaftsgipfel-franzoesischer-premier-valls-europa-kann-sterben-1.3253692 externer Link).

Aber über diesen politökonomischen Fachjargon hinaus schreibt sich Heribert Prant seine jung-gebliebene Begeisterung für Europa in einem leidenschaftlichen Plädoyer von der Seele: „Dieses Europa ist das Beste, was den Deutschen, den Franzosen und Italienern, den Österreichern und Dänen, den Tschechen und den Ungarn… den Basken, den Balten und den Bayern in ihrer langen Geschichte passiert ist.“ (http://www.sueddeutsche.de/kultur/von-sz-autoren-heribert-prantls-liebesbrief-an-europa-1.3256121 externer Link) Prantl will, dass dieses Europa gestärkt aus seiner Krise hervorgeht: demokratischer, sozialer, bürgernäher. Und er findet, dass – bisher – dieses Europa die Nationen und ihre Menschen nicht vor einem wildgewordenen Kapitalismus geschützt, sondern sie ihm ausgeliefert hat. Auch das erkläre den Zulauf, den die Anti-Europäer haben: „Wir brauchen nicht mehr Europa. Wir brauchen nicht weniger Europa. Wir brauchen ein besseres Europa!

Nachtrag:

Und zur Ergänzung noch dieser „Krimi“ zur verwaltungsmäßigen „Stabiltät“ von Italien bzw. jetzt einmal seiner Hauptstadt: Rom – wie es leibt und lebt (ein wenig verfremdet) im Krimi (ganz ohne aufklärenden Kommissar) Giancarlo De Cataldo / Carlo Bonini, „Die Nacht von Rom“ (- aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl – Folio Verlag – Wien und Bozen 2016) … Dieser Thriller bietet Aufklärung, ohne auf Unterhaltung zu verzichten… (http://www.sueddeutsche.de/kultur/die-mafia-und-der-vatikan-rom-brennt-1.3238596 externer Link)
Nur eine Sache ist kaum zu ertragen an dem neuen Roman dieses Doppelgespanns: Es steckt so enorm viel Wahrheit darin.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=107443
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