BMAS legt Referentenentwurf zu Regelbedarfen für 2017 und Änderungen im SGB XII vor

Dossier

Illustration zu Hartz IV: Ten Years after - Sechsteilige Bilanz von Rudolf Stumberger bei telepolis„Die Regelbedarfsfestsetzung 2017 ist ein Affront gegen die SGB II/SGB XII und AsylbLG-Bezieher. Mit diesen Regelbedarfen setzt das SPD geführte Arbeitsministerium die systematische und planmäßige Unterfinanzierung von rund 7 Mio. Menschen fort. Ziel und Zweck ist einzig: diese Menschen durch bewusste Unterfinanzierung in den Niedriglohn zu treiben. Die Erhöhung der Regelbedarfsstufe 5, also der Kinder von 6 bis unter 14 Jahre um 21 EUR ist eine verfassungskonforme Anpassung, damit das BVerfG dem Gesetzgeber diese Regelbedarfe nicht gleich wieder um die Ohren haut. Beachtlich ist, dass entgegen der Darstellung aus dem Hause Nahles, dass „die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes und des Bundesverfassungsgerichtes berücksichtig“ ist diese bis auf die Kinderregelleistung genau nicht berücksichtigt wurde. Das BVerfG hat mit seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 (BVerfG, 1 BvL 10/12) festgestellt, dass die Höhe der Hartz-IV-Regelbedarfe „derzeit noch mit dem Grundgesetz vereinbar“ seien. So wie die Regelsätze festgelegt seien, „kommt der Gesetzgeber jedoch an die Grenze dessen, was zur Sicherung des Existenzminimums verfassungsrechtlich gefordert ist.“ (Rz 121). Das BVerfG verbindet diese Feststellung mit einer ganzen Reihe von Prüfaufträgen an und Vorgaben für den Gesetzgeber. Tacheles fordert, dass die Regierung diesen Aufgaben unverzüglich nachkommen muss…“ Aus dem Newsletter von Harald Thomé vom 30. August 2016 bei Tacheles e.V. externer Link. Der komplette Referentenentwurf des BMAS zur Neubestimmung der Regelbedarfe bei Hartz IV externer Link und die Übersicht zu den wesentlichen Regelungen beim Portal Sozialpolitik externer Linksowie die Zusammenstellung verschiedener Stellungnahmen bei Tacheles e.V. externer Link und im Thomé Newsletter vom 06.11.2016 externer Link. Siehe hier weitere Infos:

  • SGB XII – Verschärfungen für Grundsicherungsbezieher: Änderungen 2017 durch das Regelbedarfsermittlungs‐ und SGB II/XII ‐ Änderungsgesetz vom 2. Dezember 2016
    Sozusagen als Bescherung zu Weihnachten hat der Bundesrat am letzten Freitag, den 16.12.2016 mehreren Gesetzen zugestimmt, die der Bundestag am 2.2.2016 verabschiedet hatte. Die ausführliche Übersicht 12/2016 der Widerspruch e.V. – Sozialberatung, Bielefeld  listet alle Änderungen auf

  • Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
    Neuermittlung der Regelbedarfsstufen ab 2017 auf Basis der Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013, Konkretisierung der Regelbedarfsstufen für Erwachsene nach dem SGB XII, Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für erwachsene Leistungsberechtigte, die im Haushalt ihrer Eltern leben, Überarbeitung der Vorschriften für die Berücksichtigung von Bedarfen für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem SGB XII.“ Regelbedarfsermittlungsgesetz und SGB XII-Verschärfungen samt dem aktuellen und verabschiedeten Gesetzestext dokumentiert im Dossier beim Portal Sozialpolitik externer Link, siehe auch eine kurze Zusammenfassung beim Harald Thomé externer Link
  • Arme brauchen keine Moralpredigten
    „… Zum 1.Januar 2017 steht wieder eine Anpassung der Regelsätze für die Existenzsicherung an. (…) Misstrauen, Missgunst, Neid gegenüber Armen sowie die Unterstellungen ihrer eigenen Überforderung und Verantwortungslosigkeit werden immer wieder laut, wenn öffentlich über Armut und Arme debattiert wird. Mit den und durch die Hartz-IV-Reformen wurde dieses Misstrauen, das Gängeln, Sanktionieren und Knapphalten gegenüber Armen gestärkt. Sachliche und solidarische Haltungen und Berichte haben es seitdem schwerer, Gehör zu finden. Dies trägt erheblich dazu bei, dass die Bundesregierung es politisch durchsetzen kann, bei den anstehenden Anpassungen der Regelsätze systematisch und immer wieder weit hinter dem zurück zu bleiben, was ein menschenwürdiges soziokulturelles Existenzminimum ausmachen würde. Am 6. Dezember wird das Fest des Hl. Nikolaus, im 3. Jahrhundert Bischof von Myrna in Kleinasien, gefeiert. (…) Nikolaus war offensichtlich bewusst, dass arme Menschen keine Moralpredigten brauchen, dass es Armen nicht, wie heute oft behauptet, an rechter Haltung, an Kultur, Bildung und Aktivierung fehle. Nikolaus war bewusst, dass armen Menschen vor allem und zuerst mit Geld zu helfen ist. Das Nikolausfest kann daran immer wieder erinnern.“ Beitrag von Stephan Nagel vom 1. Dezember 2016 beim Grundrechtekomitee externer Link
  • Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum: Hartz-IV-Regelsätze grundlegend neu ermitteln
    Die Hartz-IV-Regelsätze sind nicht bedarfsdeckend und müssen grundlegend neu ermittelt werden. Zudem sollen Leistungsberechtigte wirksame Soforthilfen erhalten. Dies fordern der DGB, Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie Erwerbslosengruppen in einer gemeinsamen Erklärung, die am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass die Regelsätze zum Jahreswechsel nur geringfügig steigen, etwa für Alleinstehende von 404 Euro auf 409 Euro. Diesen Geldbetrag hat die Regierung aus den statistisch erfassten Ausgaben der 15 Prozent der Single-Haushalte mit den geringsten Einkommen abgeleitet. DGB und Verbände kritisieren unter anderem, dass diese Vergleichsgruppe selbst armutsgefährdet sei und zudem noch viele Abschläge vorgenommen würden. Damit setze die Bundesregierung eine langjährige Praxis fort, statt die nötigen Korrekturen vorzunehmen…DGB-Pressemitteilung vom 4. November 2016 externer Link (mit Informationen zur geplanten Änderung der Regelsätze und den Pressestatements der Bündnismitglieder als Download), siehe daraus insbesondere die Bündniserklärung externer Link
  • Fahrplan zum Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBERG):
    1. Lesung: 21. Oktober
    Ausschuss: 9. November vermutlich Anhörungsbeschluss
    Anhörung: 28. November
    2./3. Lesung: 30. November
  • Regelbedarfsermittlungsgesetz
    Letzte Woche hat Fr. Nahles das Regelbedarfsermittlungsgesetz vorgelegt, darin wurde bei  Alleinstehenden eine Regelbedarfserhöhung von 5 EUR bestimmt.  Diese Armutsregelsätze erfahren berechtigt- und richtigerweise heftige Kritik. So hat die Diakonie gemeinsam mit Dr. Irene Becker die Regelsatzberechnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Erwachsene durch  unsachgemäße Abzüge von Bedarfspositionen, die weder im Regelsatz enthalten, noch durch personenbezogene Sonderbedarfe abgedeckt sind, eine Kürzung von 147,36 € erfahren. Die Berechnungen der Caritas kommen auf einen zusätzlichen Bedarf von 60 Euro im Monat.  (…) Mein Kurzkommentar dazu:  Diese Regelbedarfsfestsetzung ist eine Frechheit, sie ist Nahles´sches Regelsatzkleinrechnen um die Armutsbevölkerung weiterhin in prekäre Beschäftigung und in den Niedriglohn zu hungern. Das muss sich ändern und zwar nicht dadurch, dass die AFD gewählt wird, sondern indem die Betroffenen mal auf die Straße gehen und klarmachen, dass es reicht!“ Aus dem Thomé Newsletter vom 17.09.2016 externer Link darin Stellungnahmen
  • Erhöhung des Hartz-4-Regelsatzes
    Gerade hat die Bundesregierung die Erhöhung des Hartz-4-Regelsatzes verkündet – und die Sozialverbände und Erwerbsloseninitiativen haben sich daraufhin kritisch zu Wort gemeldet: Sie finden, dass auch trotz dieser Erhöhung der Hartz-4-Regelsatz bei weitem nicht zum Überleben reicht. Wir wollen uns diese Diskussion zum Anlass nehmen, um über die Hartz-4-Regelsätze im Besonderen und über die Situation von Hartz-4-Empfängern im besonderen zu sprechen. Gestern haben wir mit Martin Bongards telefoniert. Martin Bongards ist ehrenamtlich tätig für die Sozialberatung für Erwerbslose in Frankfurt und er ist aktives Gewerkschaftsmitglied bei verdi. Wir haben ihn zunächst gefragt, wie er die Nachricht von der Erhöhung des Hartz-Regelsatzes aufgenommen hat.“ Interview von Radio Corax vom 01.09.2016 im Audioportal Freier Radios externer Link Audio Datei
  • Ältere Kinder essen einfach mehr als jüngere und die ganz Kleinen haben genug? Zur Anhebung der Hartz IV-Regelsätze 2017
    Es geht um 7 Millionen Menschen, das ist nun wirklich keine kleine Gruppe. Und es geht um die Geldleistungen an Menschen, die sich im SGB II, im SGB XII und im AsylbLG befinden und auf diese Leistungen existenziell angewiesen sind. Deren Höhe wird regelmäßig „angepasst“, also erhöht oder eben auch nicht, das nennt man dann eine „Nullrunde“, was natürlich ein Euphemismus ist, denn faktisch ist eine „Nullrunde“ – wir kennen das auch aus anderen Bereichen wie der Rente – eine Kürzung des Realwerts des zur Verfügung stehenden Geldes. Im Hartz IV-System trifft das im kommenden Jahr beispielsweise die ganz Kleinen, also Kinder von ihrer Geburt bis zum 6. Lebensjahr, denn der Geldbetrag für sie – derzeit 237 Euro im Monat für deren Regelbedarf – bleibt auf der gleichen Höhe eingefroren. (…) Aber wenn man sich der Sache aus einer fachlichen Sicht widmet, wird man schnell feststellen, dass es eben nicht so ist, dass wir es mit einem rationalen Verfahren zu tun haben, durch das Willkür ausgeschlossen sei und dass das Bundesverfassungsgericht „diese Berechnungsmethode längst abgesegnet“ hat und sich damit jegliche Kritik verbietet. Wie so viele anderen Dinge in der Sozialpolitik kann man das nur historisch verstehen…“ Umfangreiche Bewertung von und bei Stefan Sell vom 31. August 2016 externer Link
  • die Kurzstellungnahme von Tacheles vom 30.08.2016 externer Link: „Die Regelbedarfsfestsetzung 2017 ist eine Affront gegen die SGB II/SGB XII und AsylbLG-Bezieher. Mit diesen Regelbedarfen setzt das SPD geführte Arbeitsministerium die systematische und planmäßige Unterfinanzierung von rund 7 Mio. Menschen fort. Ziel und Zweck ist einzig: diese Menschen durch  bewusste Unterfinanzierung in den Niedriglohn zu treiben. Die Erhöhung der Regelbedarfsstufe 5, also der Kinder von 6 bis unter 14 Jahre um 21 EUR ist eine verfassungskonforme Anpassung, damit das BVerfG dem Gesetzgeber diese Regelbedarfe nicht gleich wieder um die Ohren haut…“
  • Nicht so deutlich: Die Hartz-IV-Sätze sollen 2017 steigen. Für die meisten Leistungsberechtigten sind ­wenige Euro mehr vorgesehen, einige gehen leer aus
    „Die Onlineportale von Bild und Spiegel waren sich am Dienstag einig: Die Hartz-IV-Regelsätze sollen ab 2017 »deutlich steigen«, titelten sie. Demnach erhalten Betroffene ab Januar je nach Altersgruppe zwischen null und 21 Euro mehr im Monat. Die Zahlen habe Bild einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) für ein neues Gesetz entnommen. Beim »deutlichen Anstieg« haben die Blätter offenbar die Steigerung für die Altersgruppe der Sechs- bis 13jährigen im Blick, Bild deutet darauf bereits in der Überschrift hin. 7,8 Prozent sollen sie mehr erhalten. Das bedeutet einen Anstieg der Monatsleistung von 270 auf 291 Euro, wovon das Kindergeld, wie bei Kindern und Jugendlichen aller Altersklassen, abgezogen wird. (…) Den jüngsten Kindern unter sechs Jahren gesteht die Bundesregierung indes keinen Cent mehr als bisher zu. Für sie bleibt es bei einer Monatsleistung von 237 Euro. Fünf Euro mehr hat die Bundesarbeitsministerin hingegen für 14- bis 17jährige Jugendliche eingeplant. Statt 306 billigt sie ihnen künftig 311 Euro zu, ein Anstieg um 1,6 Prozent. Bei 18- bis 24jährigen fällt dieser mit drei Euro (0,9 Prozent) auf 327 Euro geringer aus. Für Paare sieht das Gesetz laut Berichten eine Steigerung um vier auf 368 Euro pro Partner vor. Alleinstehende Hartz-IV-Bezieher dürfen auf fünf Euro mehr warten; sie sollen 409 Euro im Monat bekommen…“ Artikel von Christina Müller bei der jungen Welt vom 31. August 2016 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=103743
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