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EVG: Forderungen zu Leiharbeit und Werkverträgen beschlossen
Dossier
„Der Bundesvorstand der EVG hat am Dienstag Positionen und Forderungen zum Thema Leiharbeit und Werkverträge beschlossen. Hintergrund: Leiharbeit und Werkverträge werden immer häufiger genutzt, um verfehlte Personalplanungen auszugleichen und Personalkosten zu drücken. In den Betrieben, an denen Leiharbeit bereits zurückgedrängt wurde, werden Werkverträge geschlossen. Gemeinsam mit der EVG kämpfen unsere Betriebsräte bereits seit einiger Zeit gegen den Missbrauch solcher Verträge. (…) „Gleiche Arbeit – gleicher Lohn“: Leiharbeitnehmer müssen dieselben Tarif- und Beschäftigungsbedingungen haben wie Stammbeschäftigte (Equal Pay und Equal Treatment).“ EVG-Pressemitteilung vom 19.07.2016 und unsere Anfrage an die EVG sowie neu: Die Antwort der EVG auf unsere Anfrage zum Equal Pay und Equal Treatment-Beschluss in einer Zusammenfassung mit Bewertung und nun auch im Volltext und nun in diesem Zusammenhang Informationen zum Haus-TV der EVG mit der Bahn (ZA-Tarifvertrag der DB)
Anfrage: Equal Pay und Equal Treatment hören wir sehr gerne und haben daher am 24.7. eine e-mail an die EVG geschrieben:
„… der EVG-Pressemitteilung vom 19.07.2016 entnehme ich, dass der Bundesvorstand der EVG die Forderung nach Equal Pay und Equal Treatment für Leiharbeitnehmer beschlossen hat. Folgt daraus, dass die EVG in der beginnenden Tarifrunde Leiharbeit 2016/17 nicht mehr wie bisher Mitglied der DGB-Tarifgemeinschaft sein wird?
Zum Hintergrund: Das LabourNet Germany hat kürzlich die Unterschriftensammlung begonnen für einen Offenen Brief: Equal Pay für LeiharbeiterInnen, diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen!
Es würde uns sehr freuen, wenn der Bundesvorstand der EVG diesen offenen Brief unterschreiben würde und versuchte, Einfluss auf den DGB zu üben, aus den Tarifverhandlungen ersatzlos auszusteigen!“
Wir freuen uns auf die Antwort und werden berichten!
Die Antwort der EVG auf unsere Anfrage zum Equal Pay und Equal Treatment-Beschluss
Anlässlich der EVG-Pressemitteilung vom 19.07.2016 zur u.a. beschlossenen Forderung nach Equal Pay und Equal Treatment für LeiharbeitnehmerInnen durch den Bundesvorstand der EVG hat das LabourNet am 24.7. per e-mail nachgefragt, welche Konsequenzen diese Beschluss für die Tarifrunde Leiharbeit 2016/17 habe. Am 28.7. erhielten wir vom Tarifsekretär der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ebenfalls per e-mail eine mehrseitige, ausführliche Antwort. Da wir immer noch erfolglos auf die erbetene Veröffentlichungsfreigabe warten, hier nur eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten hieraus und eine kurze Bewertung:
Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten aus der Antwort der EVG vom 28.7.2016
- Die EVG hat seit 2008 Einsatzes von Zeitarbeit im DB Konzern geregelt, u.a. im im Flächentarifvertrag der DB Zeitarbeit GmbH des Agv MoVe. Unter „Equal-Pay“ wird dabei einer nach spätestens 12 Monaten verstanden, ergänzt durch tarifliche Branchenzuschläge. Dies tangiere 2/3 der ZeitarbeitnehmerInnen
- Die EVG wendet sich gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen, gegen Verdrängung von Regelarbeitsplätzen und für ein Verbot von Scheinwerkverträge
- Die EVG gehört ab Herbst 2016/2017 zur DGB-Tarifgemeinschaft mit der vorrangigen Zielsetzung der „angemessenen Lohnforderung für alle Entgeltgruppen“ evtl. mit einem „Mindestbeitrag„, der Erhöhung der untersten Entgeltgruppen Ost und West und der Angleichung der Entgelttabellen von Ost an West.
Der EVG offenbar wichtig: Die beiden untersten Lohngruppen für Ost und West der Entgelttarifverträge bilden die Grundlage für die Mindeststundenentgelte im Mindestlohntarifvertrag, der ebenfalls neu verhandelt wird. Seit dem 1.6.2016 liegt der Branchenmindestlohn in der Leiharbeit bei 9,00 € (West) und 8,50 € (Ost) und der EVG ist eine Besserstellung gegenüber dem gesetzlichen Mindestlohn in den verleihfreien Zeiten wichtig: der Mindestlohntarifvertrag „trat zum 1.11.2013 in Kraft und endet am 31.12.2016 ohne jegliche Nachwirkung. Gleiches gilt auch für die Rechtsverordnung über die verbindliche Lohnuntergrenze, die ebenfalls nicht nachwirkt. Erst die Rechtsverordnung erfasst alle Leiharbeitsbeschäftigte und Leiharbeitsunternehmen, insbesondere auch ausländische Verleihunternehmen und bezieht sich auch auf die verleihfreie Zeit. Ohne einen neuen Entgelttarifvertrag kann also kein Mindestlohntarifvertrag in der Leiharbeit geschlossen werden und damit fehlt die Grundlage für eine verbindliche Lohnuntergrenze…“
- Der Branchenmindestlohn in der Leiharbeit sei zudem für entsandte Beschäftigte in der Leiharbeit wichtig, da auch hier ansonsten der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gelte
- die Entgelttarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft bilden zudem die Grundlage für die Branchenzuschläge – es wird an späterer Stelle zugegeben, dass flächendeckende Regulierung der Leiharbeit über die Branchenzuschläge kaum möglich sein wird
- Die Mantel- und Entgelttarifverträge wurden lt. EVG nicht gekündigt, da „in der letzten Tarifrunde auf Druck der DGB-Gewerkschaften in einigen für die Beschäftigten wichtigen Punkten verbessert„
- Die Gafahr christlicher, auch neuer Gewerkschaften sei nicht gebannt
- Die Nachwirkung der Tarifverträge sei zwar umstritten, müsste aber individuell eingeklagt werden, dies gelte auch – ohne Mindestlohnregelung in der Arbeitnehmerüberlassung – für den Equal Pay-Anspruch
Bewertung
- Die sich wiederholende Argumentation für einen neuen Entgelttarifvertrag bezieht sich auf den Mindestlohn: „Läuft der bestehende Mindestlohn-Tarifvertrag Ende Dezember 2016 aus und wird kein neuer abgeschlossen, gibt es keinen verbindlichen Branchenmindestlohn für die verleihfreie Zeit zugunsten aller Leiharbeitnehmer/-innen mehr. Der Equal Pay-Grundsatz im AÜG regelt nämlich nicht das Entgelt in der verleihfreien Zeit. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn liefert nur bedingt einen Ersatzschutz für die Verleihzeit: ab 2017 liegt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn voraussichtlich bei 8,84 € / Stunde niedriger als z.B. der aktuelle Branchenmindestlohn in der Leiharbeit für den Westen in Höhe von 9,00 € / Stunde. (…) In verleihfreien Zeiten wären Entsandte in Ermangelung eines Leiharbeitsmindestlohnes auf den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn angewiesen. Die einfache Formel kein Tarif = Equal Pay geht also nicht auf und dazu bräuchte es nicht einmal unbedingt andere z.B. „christliche“ Gewerkschaften…“
Dies vermittelt den Eindruck, dass es der Tarifgemeinschaft in dieser Tarifrunde sehr daran gelegen ist, den Mindestlohn Zeitarbeit über die unteren Entgeltgruppen so zu erhöhen, dass ein Gewinn gegenüber dem gesetzlichen Mindestlohn die neuen Tarifverträge rechtfertigt… Denn sonst gilt der Kommentar eines Arbeitsrechtlers gegenüber LabourNet Germany: „Ob der Mindestlohn ein paar Cent höher oder niedriger ist, geschenkt.„
- Equal pay bei der Bahn nach dem 12. Monat, wie es durch die EVG vereinbart wurde, ist halt immer noch nicht equal pay, schon gar nicht equal treatment: Auch Branchenzuschläge sind nur eine Annäherung an das Tarifentgelt der Stammbeschäftigten ohne z.B. Zuschläge, Urlaubsgeld u.ä.
Siehe dazu: „Bei Branchen mit hohen Zuschlägen gibt es teilweise noch eine große Differenz bis zur Gleichstellung. Da ist eine Zuschlagstufe von 60 bis 70 % am Ende zur Gleichstellung möglich“ – rheinland relations interviewte Norbert Fuhrmann – Geschäftsführer der I.Q.Z Initiative Qualitätssiegel in der Zeitarbeit. Interview im IQZ-BLOG vom 13.7.2016
- Es gilt immer noch: Die Nachwirkung wäre höchst zweifelhaft, wenn die DGB-Gewerkschaften die TV mit der Begründung kündigen, dass künftig ausnahmslos Equal Pay gelten soll. In den verleihfreien Zeiten wäre mindestens der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen.
- Die Individualisierung der Arbeitsansprüche ist kein überzeugendes Argument: Einerseits müssten die Arbeitsagentur und womöglich der Zoll die Einhaltung von Equal Pay genau prüfen. Andererseits würden Musterprozesse – wie sonst auch – schnell zu Rechtsklarheit führen, beim bestehenden Willen könnten sie durch den DGB unterstützt werden!
- Es erschliesst sich auch nicht, warum die Kritik an der Bezugnahmeklausel im AÜG (Abweichung vom Equal Pay-Grundsatz im Arbeitsvertrag durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auch durch nicht tarifgebundene Sklavenhändler) für und nicht gegen neue Tarifverträge sprechen soll – es sei denn, es geht um gewerkschaftlichen Einfluss statt Equal Pay und Equal Treatment für LeiharbeitnehmerInnen!?
Nochmalls der Kommentar eines Arbeitsrechtlers gegenüber LabourNet Germany: „Die Wahrheit ist und bleibt: Die Tarifverträge verschlechtern (!!!) die Arbeitsbedingungen. All die juristischen Spitzfindigkeiten und Bedenken kommen an dieser Absurdität nicht vorbei. Alles andere ist Politik…“
Die Antwort der EVG vom 28.7.2016
auf unsere Anfrage zum Equal Pay und Equal Treatment-Beschluss im Volltext
Liebe Kollegin Wompel,
bereits im Jahr 2008 vereinbarte die EVG die grundsätzliche Ausrichtung des Einsatzes von Zeitarbeit in der Qualitätsvereinbarung Zeitarbeit im DB Konzern.
Diese sind inzwischen in der KBV Konzernarbeitsmarkt (KBV KA) und im DemografieTV verankert:
- Keine Verdrängung von Regelarbeit
- Klare Kriterien zur Personalplanung
- Förderung der regelmäßigen Qualifizierung der Zeitarbeitnehmer auch im Einsatzbetrieb.
- Abbau von Mehrleistungsstunden nur mit kollektivrechtlich geregeltem Freistellungsplan
- Nach § 99 BetrVG bei der Einstellung von Zeitarbeitnehmern sind alle Angaben über die Gründe zur Nutzung der Zeitarbeit auf dem jeweiligen Arbeitsplatz an BR zu geben.
Seit dem Jahre 2008!! hat die EVG im Flächentarifvertrag der DB Zeitarbeit GmbH des Agv MoVe eine Equal-Pay Regelung tarifiert.
Mit der KBV KA und dem DemografieTV wurde Equal Pay für alle Zeitarbeitsfirmen, die im DB Konzern Leistungen erbringen eingeführt. Somit gibt es für alle Zeitarbeitnehmer nach spätestens 12 Monate Equal Pay, ergänzt durch tarifliche Branchenzuschläge. (iGZ; BAP; AgvMoVe) Durch die langen Verleihzeiten erreichen diese inzwischen alleine bei der DB Zeitarbeit GmbH rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
1/3 erhält trotzdem kein Equal Pay, weil im Entleihbetrieb schlechter gezahlt wird.
Nach 18 Monaten auf demselben Arbeitsplatz ist das Einsatzunternehmen verpflichtet dem Zeitarbeitnehmer (auch externen Zeitarbeitnehmern)ein Übernahmeangebot zu machen. (KBV KA §17 Abs. 5)
- wirtschaftlich Regelarbeitsplatz
- Vorrang konzerninterner Mitarbeiter
- Beweistlastumkehr zum Arbeitgeber
Trotzdem gibt es eine Reihe von Zeitarbeitnehmern, die Übernahmeangebote ablehnen. Der häufigste Grund ist, dass sie ihren Wohnort nicht aufgeben möchten und durch die Konstruktion Zeitarbeit Wohnen und Arbeiten (an einem anderen Ort) vereinbaren können.
Darüber hinaus haben wir vereinbart, dass nach § 99 BetrVG bei der Einstellung von Zeitarbeitnehmern sind alle Angaben über die Gründe zur Nutzung der Zeitarbeit auf dem jeweiligen Arbeitsplatz an BR zu geben.
Dies bekräftigt auch der Beschluss des Bundesvorstandes der EVG in der Sitzung am 18./19.07.2016 in Fulda
- Der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen muss gestoppt werden! Scheinwerkverträge müssen verboten werden!
- Durch Leiharbeit und Werkverträge darf es nicht zur Verdrängung von Regelarbeitsplätzen kommen! Keine Reduzierung von Ausbildungsplätzen und Sicherung der Übernahme von Auszubildenden in den Unternehmen!
- Die Unternehmen müssen Strategien entwickeln, die eine Einschränkung bzw. die Vermeidung von Leiharbeit und Werkverträgen beinhalten.
- Die Mitbestimmungsrechte für den Einsatz von Leiharbeit müssen weiterentwickelt bzw. beim Einsatz von Subunternehmen und Werkverträgen eingeführt werden.
Wir fordern eine Qualitätsvereinbarung Subunternehmen / Werkverträge!
- „Gleiche Arbeit – gleicher Lohn“: Leiharbeitnehmer müssen dieselben Tarif- und Beschäftigungs-bedingungen haben wie Stammbeschäftigte (Equal Pay und Equal Treatment).
Die EVG wird mit den anderen Mitgliedsgewerkschaften des DGB ab Herbst 2016/2017 als DGB-Tarifgemeinschaft über die Tarifverträge in der Leiharbeit mit den Arbeitgeberverbänden iGZ und BAP verhandeln.
Dabei geht es zum einen um die Entgelttarifverträge, die die Löhne in den verschiedenen Entgeltgruppen für die Leiharbeitsbeschäftigten festlegen. Hier geht es in erster Linie um eine stufenweise Erhöhung der untersten Entgeltgruppen Ost und West, eine entsprechende Erhöhung der weiteren Entgeltgruppen und eine Angleichung der Entgelttabellen von Ost an West.
Die beiden untersten Lohngruppen für Ost und West der Entgelttarifverträge bilden die Grundlage für die Mindeststundenentgelte im Mindestlohntarifvertrag, der ebenfalls neu verhandelt wird. Diese Mindeststundenentgelte können auf Antrag der Tarifvertragsparteien nach Abschluss eines neuen Mindestlohntarifvertrags durch das Bundesarbeitsministerium (als Lohnuntergrenze in der Leiharbeit) in einer Rechtsverordnung verbindlich festgelegt werden. Dies ermöglicht § 3 a Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Erst mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung gibt es einen verbindlichen Branchenmindestlohn in der Leiharbeit zugunsten aller Leiharbeitsbeschäftigten. Denn die Rechtsverordnung wirkt wie ein Gesetz und ist Anspruchsgrundlage für alle Beschäftigten. Seit dem 1.6.2016 liegt der Branchenmindestlohn in der Leiharbeit bei 9,00 € (West) und 8,50 € (Ost).
Daneben gibt es noch die Manteltarifverträge und Entgeltrahmentarifverträge. Die Manteltarifverträge regeln z.B. die Arbeitszeit, die Arbeitszeitkonten, die Zuschläge für Nacht- und Mehrarbeit, die Urlaubsgewährung und das Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Mantel- und Entgelttarifverträge wurden in der letzten Tarifrunde auf Druck der DGB-Gewerkschaften in einigen für die Beschäftigten wichtigen Punkten verbessert (z.B. die Frage des Streikbrucheinsatzes, die Regelung der Ausschlussfristen und die Entgeltgruppendefinitionen). Daher wollen die DGB-Gewerkschaften sie in der aktuellen Tarifrunde nicht neu verhandeln.
Bei den DGB-Mitgliedsgewerkschaften sind Tarifkommissionen gebildet, die auch aus Leiharbeitsbeschäftigten bestehen. Diese beraten und bewerten die Verhandlungspositionen und haben am Ende auch für die jeweilige DGB-Gewerkschaft über ein mögliches Ergebnis zu befinden.
Beim Mindestlohntarifvertrag ist dies anders: dieser Tarifvertrag trat zum 1.11.2013 in Kraft und endet am 31.12.2016 ohne jegliche Nachwirkung. Gleiches gilt auch für die Rechtsverordnung über die verbindliche Lohnuntergrenze, die ebenfalls nicht nachwirkt. Erst die Rechtsverordnung erfasst alle Leiharbeitsbeschäftigte und Leiharbeitsunternehmen, insbesondere auch ausländische Verleihunternehmen und bezieht sich auch auf die verleihfreie Zeit.
Ohne einen neuen Entgelttarifvertrag kann also kein Mindestlohntarifvertrag in der Leiharbeit geschlossen werden und damit fehlt die Grundlage für eine verbindliche Lohnuntergrenze. Es gäbe dann keinen für alle verbindlichen Branchenmindestlohn in der Leiharbeit. In der verleihfreien Zeit gäbe es dann nur den einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn als Mindestentgeltschutz, der teilweise niedriger ist als der Branchenmindestlohn in der Leiharbeit (Dazu siehe unten). Der Grundsatz des Equal Pay im AÜG regelt nämlich nur das Entgelt während der Verleihzeit.
Zugleich bilden die Entgelttarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft die Grundlage für die sog. Branchenzuschläge in der Leiharbeit, die durch einige der DGB-Mitgliedsgewerkschaften (IG BCE, IG Metall, EVG und ver.di) für bestimmte Branchen tariflich vereinbart worden sind und vorsehen, dass ab einer bestimmten Überlassungsdauer auf die Entgelte der jeweiligen Entgeltgruppen in den Tarifverträgen prozentuale Aufschläge zu zahlen sind.
Läuft der bestehende Mindestlohn-Tarifvertrag Ende Dezember 2016 aus und wird kein neuer abgeschlossen, gibt es keinen verbindlichen Branchenmindestlohn für die verleihfreie Zeit zugunsten aller Leiharbeitnehmer/-innen mehr. Der Equal Pay-Grundsatz im AÜG regelt nämlich nicht das Entgelt in der verleihfreien Zeit. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn liefert nur bedingt einen Ersatzschutz für die Verleihzeit: ab 2017 liegt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn voraussichtlich bei 8,84 € / Stunde niedriger als z.B. der aktuelle Branchenmindestlohn in der Leiharbeit für den Westen in Höhe von 9,00 € / Stunde.
Der Branchenmindestlohn in der Leiharbeit ist zudem für entsandte Beschäftigte in der Leiharbeit wichtig. In Verleihzeiten erhalten Entsandte in einigen Branchen in Deutschland zwar den entsprechenden Branchenmindestlohn. Abgesehen davon würde ein Tarifvertrag des Herkunftslandes – sollte es einen solchen geben – nach den gleichen Grundsätzen wie ein deutscher Tarifvertrag oberhalb der Grenze des gesetzlichen Mindestlohnes den Equal Pay-Grundsatz aushebeln. Dies kann zur Lohnunterbietungskonkurrenz führen dort, wo die Arbeitsbedingungen entsandter Beschäftigter von den Arbeitsbedingungen inländischer Beschäftigter nach unten abweichen. In verleihfreien Zeiten wären Entsandte in Ermangelung eines Leiharbeitsmindestlohnes auf den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn angewiesen. Die einfache Formel kein Tarif = Equal Pay geht also nicht auf und dazu bräuchte es nicht einmal unbedingt andere z.B. „christliche“ Gewerkschaften. Hier ist ja auch nur der Tarifgemeinschaft des CGB die Tariffähigkeit abgesprochen worden. Es können die sog. christlichen Gewerkschaften z.B. ihren Organisationsbereich in ihren Satzungen ausweiten und ihre Zuständigkeit für die Leiharbeit explizit festlegen, wie es in einem Fall bereits erfolgt ist. Weitere neue Gewerkschaften mit dem Ziel einer Dumpingpolitik könnten gegründet werden – es müssen sich nur Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände finden, die mit ihnen Tarifverträge abschließen. Die BAP jedenfalls hat in ihrer Satzung geregelt, dass Tarifverträge mit „C-Gewerkschaften“ (christliche Gewerkschaften) neben denen mit den „D-Gewerkschaften“ (DGB-Gewerkschaften) abgeschlossen werden können.
Im Fall von BiGD, ALeB und medsonet wurde bereits durch die Gerichte festgestellt, dass sie nicht tariffähig sind, im Fall von DHV ist derzeit noch ein Verfahren vor dem BAG anhängig. Und zur Zeit gibt es auch noch einige andere Gewerkschaften, die in nennenswerter Zahl Zeitarbeitsfirmen außerhalb der DBG Tarifgemeinschaft tarifieren.
Eine Aufkündigung der Tarifzusammenarbeit in der Leiharbeit durch die DGB-Mitgliedsgewerkschaften würde für die Arbeitgeber die Option einer Zusammenarbeit mit den sog. christlichen Gewerkschaften wieder aufleben lassen.
Der Verzicht auf Entgelttarifverträge in der Leiharbeit führt auch aus einem weiteren Grund nicht automatisch zu Equal Pay, denn grundsätzlich wirken Tarifverträge – mit Ausnahme des Mindestlohntarifvertrags – auch nach Ende der Laufzeit nach und sind bis zu einem neuen Tarifabschluss, der sie ersetzt, anwendbar.
Die Nachwirkung eines Tarifvertrages im Bereich der Leiharbeit ist zwar unter Jurist/-innen umstritten, müsste allerdings von den Betroffenen jeweils individuell vor den Arbeitsgerichten eingeklagt werden. Gerichtsverfahren dauern aber sehr lange. Für die Beschäftigten wäre bis zu einer gerichtlichen Klärung unklar, welche Ansprüche sie genau haben. Es bestünde enorme Rechtsunsicherheit. Und die eigenen Kosten, zumindest der ersten Instanz wären –wenn keine Gewerkschaftsmitgliedschaft besteht- von den ArbeitnehmerInnen selbst zu tragen. Eine separate Neuverhandlung des Mindestlohntarifvertrags ohne gleichzeitige Neuverhandlung des Entgelttarifvertrags würde bedeuten, dass der neue Mindestlohntarifvertrag höhere Löhne vorsehen könnte als die untersten Entgeltgruppen der alten Entgelttarifverträge.
Aus den oben genannten Gründen ist es notwendig, den Mindestlohntarifvertrag in der Leiharbeit zu erneuern und auf seiner Grundlage den erneuten Erlass einer Rechtsverordnung für die Lohnuntergrenze in der Leiharbeit zu beantragen. Dafür ist aber der Abschluss eines neuen Entgelttarifvertrags in der Leiharbeit erforderlich. Damit entsteht ein für alle verbindlicher neuer Branchenmindestlohn in der Leiharbeit. Dabei ist klar, dass der neue Branchenmindestlohn in der Leiharbeit deutlich über dem einheitlichen, gesetzlichen Mindestlohn liegen muss.
Die Alternative wäre, sich von der Mindestlohnregelung in der Arbeitnehmerüberlassung zu verabschieden, ohne dass sichergestellt ist, dass die Betroffenen tatsächlich Equal Pay erhalten. Denn der Equal Pay-Anspruch ist im Gesetz nicht weiter ausgestaltet. Alle Leiharbeitsbeschäftigten müssten für jeden Einsatz gesondert ihre Ansprüche ermitteln, geltend machen und die Lohndifferenzen ggf. vor den Arbeitsgerichten einklagen. Das kann Jahre dauern und der Ausgang der Verfahren wäre ungewiss. Zudem findet der Equal Pay-Grundsatz im AÜG in verleihfreien Zeiten keine Anwendung. Hier findet nur die Untergrenze des einheitlichen, gesetzlichen Mindestlohns Anwendung. Den Arbeitgebern würden sich in dieser Situation größere Missbrauchsmöglichkeiten bieten als das mit Tarifverträgen der Fall ist.
Es gibt leider keinen uneingeschränkten Equal Pay-Grundsatz im Gesetz. Das AÜG ermöglicht es vielmehr den Tarifpartnern, vom Grundsatz des Equal Pay mit Tarifverträgen abzuweichen (sog. Tariföffnungsklausel). Die aktuellen Reformpläne des Bundesarbeitsministeriums sehen zudem eine Änderung der Rechtslage insoweit vor, dass nach dem 9. Einsatzmonat eine Abweichung von Equal Pay nur durch speziell ausgestaltete Tarifverträge möglich sein wird.
Von der Tariföffnungsklausel haben in der Vergangenheit die sog. christlichen Gewerkschaften umfassend Gebrauch gemacht, um sehr niedrige Tarifstandards in der Leiharbeit zu etablieren. Die DGB-Mitgliedsgewerkschaften haben sich damals entschieden, mit eigenen Tarifverträgen ein im Vergleich dazu besseres Tarifniveau zu vereinbaren, auch um sog. christlichen Gewerkschaften nicht das Regelungsfeld zu überlassen.
Daneben erlaubt das AÜG – anders als die europäische Leiharbeitsrichtlinie -, auch im Arbeitsvertrag durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag vom Equal Pay-Grundsatz abzuweichen. Dies wird von den nicht tarifgebundenen Arbeitgebern häufig dazu genutzt, um weiterhin flächendeckend Tarifverträge anzuwenden, die vom Gleichbehandlungsgrundsatz abweichen. Allerdings gibt es gewichtige Stimmen, wonach die Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag im Arbeitsvertrag nicht den Vorgaben der Leiharbeitsrichtlinie entspricht und diese daher noch nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt ist. Die Politik hat hierzu auch im Rahmen der jüngsten Reformpläne leider keine Änderungen geplant, obwohl die Gewerkschaften dies immer gefordert haben.
Der DGB kritisiert seit Jahren die Verwässerung des gesetzlichen Equal Pay-Grundsatzes und fordert eine Abschaffung der unionsrechtswidrigen Bezugnahmeklausel im AÜG.Damit könnten die Arbeitgeber die Bezugnahmeklausel nicht mehr dazu nutzen, um die flächendeckende Verbreitung von niedrigen Tarifentgelten zu befördern.
Einige der DGB-Gewerkschaften haben selbst eine Annäherung der Löhne der Leiharbeitsbeschäftigten an Equal Pay tariflich festgelegt: nach einer bestimmten Überlassungsdauer von Leiharbeitsbeschäftigten in einem Entleihbetrieb werden Branchenzuschläge fällig, die auf die Entgelte der Tarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft zu zahlen sind. Dies bedeutet für die Betroffenen erhebliche Gehaltsverbesserungen und bewirkt eine beachtliche Annäherung ihrer Löhne an die Löhne der Stammbelegschaft. Zusammen mit den Tarifverträgen der DGB-Mitgliedsgewerkschaften in der Leiharbeit bieten die Tarifverträge über die Branchenzuschläge eine klare und transparente Grundlage für die Lohnberechnung der Betroffenen. Eine flächendeckende Regulierung der Leiharbeit über die Branchenzuschläge wird jedoch kaum möglich sein. Zum einen sind nicht alle Branchen davon erfasst, zum anderen müssten neben den Leiharbeitsverbänden auch die Arbeitgeberverbände der Entleiher auf Branchenebene jeweils die Zuschläge wirtschaftlich akzeptieren, damit sie Wirkung entfalten können. Dies ist jedoch keineswegs der Fall.
Unser Ziel ist und bleibt die Gleichbehandlung der Leiharbeitsbeschäftigten mit den Stammbeschäftigten, wenn gleiche oder vergleichbare Arbeit im Betrieb geleistet wird. Damit wollen die DGB-Gewerkschaften verhindern, dass durch Lohndumping Kostenvorteile für die Arbeitgeber entstehen und alle Beschäftigten (Leiharbeitsbeschäftigte und Stammbeschäftigte) unter Druck gesetzt werden. Leiharbeit soll nur der kurzfristigen Abdeckung von Auftragsspitzen dienen. Durch den kurzfristigen und flexiblen Personaleinsatz haben die Arbeitgeber schon sehr viele Vorteile.
Allerdings gilt – wie oben beschrieben – der Equal Pay-Grundsatz durch die Tariföffnungsklausel und die Bezugnahmeklausel im AÜG nur eingeschränkt. Der Equal Pay-Grundsatz im AÜG findet auf verleihfreie Zeiten keine Anwendung. Die Branchenzuschläge bedeuten zwar für die Betroffenen erhebliche Gehaltsverbesserungen und bewirken eine beachtliche Annäherung ihrer Löhne an die Löhne der Stammbelegschaft. Eine flächendeckende Regulierung der Leiharbeit nur über dieses Instrument ist aber kaum möglich. Die Gefahr von Dumpingdruck durch die sog. christlichen Gewerkschaften ist nicht komplett gebannt. Daher hält der DGB weiterhin an seiner Forderung nach einem uneingeschränkten Equal Pay-Grundsatz ohne Abweichungsmöglichkeiten fest.
Die EVG wird sich dafür einsetzen, dass DGB-Tarifgemeinschaft eine angemessene Lohnforderung für alle Entgeltgruppen aufstellt. Wir haben im letzten Jahr in unseren Tarifrunden erfolgreich einen Mindestbeitrag durchgesetzt, der die unteren Tarifgruppen besser stellt. Dies könnte auch ein Modell für die Zeitarbeit sein, dazu werden wir die Ost-West-Angleichung in allen Entgeltgruppen einbringen und fordern. Er darf keine Anrechnung mit der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns geben.
Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Zeitarbeit sollten wir allerdings die zur Zeit oft unbeachteten, aber sicherheitsrelevant, viel größeren Probleme der Werkverträge, Subunternehmer/-ketten, Scheinselbstständige und unter welchen Bedingungen die EVU aus anderen Ländern ihr Personal in der Anwendung der Lohn- und Sozialstandards bei Fahrten nach (Kabotage) und durch (Transit) Deutschland einsetzen, vergessen. Auch dies gibt unser Bundesvorstandsbeschluss wieder. Hier brauchen wir mehr Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte, denn neben sicheren Arbeitsplätzen geht es auch um Sicherheit der Passagiere und der Bevölkerung.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Müller
Tarifsekretär
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Vorstandsbereich Stellvertretende Vorsitzende Regina Rusch-Ziemba Abteilung Tarifpolitik
Zentrale Frankfurt
Weilburger Straße 24
60326 Frankfurt am Main
Informationen zum Haus-TV der EVG mit der Bahn (ZA-Tarifvertrag der DB)
„Die EVG ist ca. 2005 / 2006 aus der DGB-TG ausgetreten weil sie mit den Ergenbnissen der TV der DGB-TG nicht zufrieden war und hat einen eigenen Haus-TV mit der Bahn geschlossen. Noch bei den Leih-TV mit BAP und IGZ aus dem Jahr 2010 fehlte ihre Unterschrift bei den TV Entgelt-MTV -und Entgeltrahmen-TV. Diese TV tragen seit den letzten Ergebnissen 2013 wieder die Unterschrift der EVG. Vermutlich hat die Umorientierung mit dem „TV Mindestarbeitsbedingungen in der Zeitarbeit“ (Mindestlohn i. d. Leiharbeit) zu tun. Dieser TV wurde zu der Zt. unterschrieben.“ Aus der Info von „karla“ vom 08.08.2016 im ZOOM-blog über die EVG-Informationen beim LabourNet
Hierauf folgen am 09.08.2016 von „Cid“ ebenfalls im ZOOM-blog interessante Informationen zum ZA-Tarifvertrag der DB: „… Als Ergänzung gehört noch dazu, dass der DB ein eigener Kosmos ist, welcher eine eigene ZAF unterhält. Für diese gilt ein eigener TV, zwischen der EVG und dem Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitätsdienstleister (Agv Mo Ve). Die Spitzenfunktionäre des Agv Mo Ve sind nahezu identisch mit dem Vorstand der DB. Der ZA-Tarifvertrag der DB weist ein höheres Urlaubs- (360,-€) und Weihnachtsgeld (420,-€) aus, mehr Urlaubstabe (28), man ist als Angestellter bereits im Konzern DB mit allen Vorteilen (Freifahrten, BSW etc.) aber speziell im MTV steht er deutlich schlechter als der iGZ/BAP. Man erhält ausschließlich einen befristeten Vertrag, welcher auf bis zu 3 Jahre ausgedehnt werden kann. Im Nichteinsatz bedient man sich generell unbeachtet der Sach- und Rechtslage des AÜG sowie einschlägiger Rechtssprechung aus dem Zeitkonto (§ 10 Regelungen zur Stellenbesetzung…) Das bedeutet im Klartext, dass man in vielen Bereichen keine direkten Bewerber einstellt – man steht in der Warte-Schlange an 7. Stelle des Eingangs in einer laaaahaangen Schlange – externe Bewerber müssen den Weg über die DB Zeitarbeit nehmen! Der Sinn der DB Zeitarbeit ist eine Art Auffanggesellschaft für verbeamtete Mitarbeiter (Punkt e) der obigen Aufzählung) des Konzerns, die man damit in andere Bereiche wieder zuführen kann – und als Rekrutierungsinstrument. Bitter ist es, wenn man lediglich über einen Kunden der DB Zeitarbeit angestellt wird – das ist meistens eine größere lokale iGZ oder BAP Bude. Nach 9-12 Monaten kann eine Übernahme erfolgen – in die DB Zeitarbeit mit befristeten Verträgen bis zu 3 Jahren! Nach einem Jahr erhält man Equal Pay (allerdings Mogelpackung)...“