Tarifflucht durch Tarifvertrag geht in der Leiharbeit weiter
„Es gibt einen neuen Entgelttarifvertrag in der Leiharbeit, der weiter keinen gleichen Lohn ab dem ersten Tag vorsieht und die Tarifflucht aus besseren Tarifverträgen der Einsatzbetriebe fortsetzt – der Abstand zum Mindestlohn wird allerdings verglichen mit heutigem Stand geringer. (…) Ein Detail das weitgehend unbekannt ist. Die verdi TK ist dominiert von internen Verwaltungsmitarbeitern der Leihfirmen, für die gilt der Tarifvertrag nicht, es gibt auch keinen für diese Gruppe. Um ihren eigenen Job zu sichern gibt es kein Interesse an gleichem Lohn ab dem ersten Tag, mit einem TV Leiharbeit als Untergrenze. Durch die Erhöhung des Mindestlohns ist der Lohnabstand zu Stammbeschäftigten geringer geworden, damit auch die Mehrkosten Leiharbeiter gezielt zur Spaltung der Belegschaft einzusetzen, zur Ver- und Behinderung von BR Arbeit, gewerkschaftlicher Organisation…“ Kommentar vom 7.10.25 von Johannes Aevermann, dem erfolgreichen Kläger, im Volltext im Dossier zur Tarifrunde 2025 mit der Grafik zum Abstand einiger Tarifverträge zum Mindestlohn
express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit – Ausgabe 09-10/2025 ist erschienen!
Siehe dazu Inhaltsverzeichnis und Bezugsquellen und daraus im LabourNet Germany:
- Amazons Automatisierungsstrategie: Sind Roboter Arbeiter:innen? Artikel von Hans-Christian Stephan
- Streik bei der Dönerspießfabrik Birtat: »Der Arbeitskampf hat aus Communities eine Gemeinschaft gemacht«. Interview von Lucas Rudolph mit Magdalena Krüger, Verhandlungsführerin für die NGG
- Mitgliedervorteile in Tarifverträgen: Eigentor absehbar. Artikel von Andreas Bachmann
- Gewerkschaften in Russland: Diktatur und Kriegsökonomie. Interview von Ewgeniy Kasakow mit Oleg Schein
[VKG] Nein zu Aufrüstung und Kriegstrommelei! Nein zum Sozialabbau und Jobabbau! Jetzt Widerstand aufbauen – Gewerkschaften müssen handeln!
„Ob in Deutschland, Frankreich, Russland: Hunderte Milliarden werden für Militär raus geballert. Auf allen Seiten werden die Trommeln gerührt und überschlagen sich die Propagandanachrichten über die angebliche Notwendigkeit der Verteidigung. Es freuen sich Großaktionär*innen der Rüstungsindustrie. Während zusätzlich noch Steuergeschenke an das Kapital gemacht werden, wird überall der Rotstift angesetzt. (…) In Kommissionen werden Pläne geschmiedet. Führungen der DGB-Gewerkschaften lassen sich einbeziehen. Stattdessen müssten sie jetzt alles daran setzen, um konsequent Widerstand vorzubereiten. Schon jetzt müsste in Betrieben Aufklärung betrieben werden, um gegen bevorstehende Angriffe mobilisieren zu können…“ Aufruf vom 23. September 2025 der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG – siehe mehr daraus und zu den Hintergründen
[Nachahmenswert] Erfolg für die Kampagne gegen Leiharbeitstarife: Die Androhung „Wir gehen zum EuGH“ lässt den Verleiher kapitulieren
„… Der Leiharbeitnehmer Johannes A. wurde vom 2.6. bis 12.6. 2020 in einem Kölner Metallbetrieb eingesetzt. Er leistete dort dieselbe Arbeit wie ein Beschäftigter der Entgeltgruppe 4 des Lohntarifs Metall. Umgerechnet auf die Stunde sah der Tarif eine Vergütung von 18,06 Euro brutto vor. A hatte jedoch nur 10,15 Euro die Stunde erhalten. Daraus ergab sich eine Differenz von 569,52 Euro. Im Januar 2021 erhob A mit Hilfe des DGB-Rechtsschutzes Klage auf Zahlung dieses Betrages. Eine Entscheidung erging zunächst nicht. Das Gericht wollte ersichtlich abwarten, wie die Musterverfahren vor dem BAG und dem EuGH ausgehen. Dies war verständlich, auch wenn man dabei einige Jährchen Geduld aufbringen musste.
Auf Vorlage des BAG entschied der EuGH, die Leiharbeitstarife dürften vom Grundsatz des „Equal Pay“ nur dann abweichen, wenn sie dafür zugleich einen Ausgleich, z. B. einen längeren Urlaub vorsehen. Das tun die geltenden Leiharbeitstarife bis heute nicht. Viele rechneten deshalb damit, dass sie vom BAG „gekippt“ würden. Doch dieses sah die Sache anders und setzte sich über das Urteil des EuGH hinweg (…) Der DGB-Rechtsschutz nahm nicht etwa die Klage zurück, sondern argumentierte offensiv: Das Arbeitsgericht Köln solle erneut den EuGH anrufen und u. a. fragen, ob das Vorgehen des BAG mit dem Europäischen Recht vereinbar war. (…) Würde das Arbeitsgericht Köln dem folgen? Vermutlich ja, doch muss die Frage bis auf weiteres offenbleiben. Der beklagte Verleiher zog nämlich die Notbremse: Er anerkannte die Klageforderung in vollem Umfang. (…) So wie in dem Kölner Verfahren kann man überall vorgehen. Der hier dokumentierte Schriftsatz kann als Muster dienen (…) Es war noch nie so einfach, als Leiharbeiter einen Prozess zu gewinnen. Das Geld liegt gewissermaßen auf der Straße. Man muss es nur aufsammeln.“ Aus dem Artikel von Prof. Wolfgang Däubler vom 3. August 2025 – samt einer Handlungsanleitung im Dossier zur Kampagne: [Die Anstalt, Prof. Wolfgang Däubler und LabourNet Germany] Gesucht: LeiharbeiterInnen für eine Klage für gleichen Lohn und gleiche Bedingungen auch in Deutschland