Martha-Lina Bode
Almuth Riedel
Jutta Kassing

Rechtsanwältinnen

AnwaItsbüro Bode / Dornieden - Alleestraße 24 - 44793 Bochum

An das
Arbeitsgericht Bochum
Marienplatz 2

44787 Bochum

Michael Dornieden
Harry Gerson
Eduard Abbrent
Hubert Heidrich

Rechtsanwälte

44793 Bochum - Alleestraße 24

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Datum 25.6.1999
Unser Zeichen
VI

 

K L A G E

 

des Betriebsrats-Mitglieds Dietmar KUPFER, Schützenstr. 25, 44795 Bochum

Prozeßbevollmächtigte: - Klägers
Rechtsanwältinnen Martha-Lina Bode, Almuth
Riedel und Jutta Kassing und Rechtsanwälte
Michael Dornieden, Harry Gerson, Eduard
Abbrent und Hubert Heidrich,
Alleestr. 24, 44793 Bochum

g e g e n

die Firma JOHNSON CONTROLS Objekt Bochum GmbH & Co. KG, vertreten durch die JOHNSON CONTROLS Objekt Bochum Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer J. Roters und W. Merkel, Hüttenstr. 40, 44795 Bochum

- Beklagte -

wegen Kündigung.

Namens und kraft beigefügter Vollmacht des Klägers beantragen wir,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die dem Kläger am 14.6.1999 zugegangene fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.6.1999 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;

  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger tatsächlich als Bandarbeiter zu beschäftigen.

 

B e g r ü n d u n g:

Der am 15.5.1957 geborene 42-jährige geschiedene Kläger, der zwei Kindern unterhaltsverpflichtet ist, ist bei der Beklagten seit dem 1.11.1992 als Bandarbeiter zu einem Brutto-Monats-Verdienst von ca. DM 3.200,-- tätig.

Der Kläger war Mitglied des am 25.2.1997 gewählten Betriebsrates und ist auch Mitglied des am 28.4.1998 gewählten neunköpfigen Betriebsrats im Betrieb der Beklagten.

Seit 1997 versucht die Beklagte, den Kläger loszuwerden und ihn aus dem Betrieb fernzuhalten.

Sie hat das Arbeitsverhältnis erstmalig fristlos am 18.9.1997 gekündigt. Bezüglich dieser ersten Kündigung ist inzwischen rechtskräftig festgestellt, daß sie das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst hat.

Beweis: Beiziehung der Akten des Vorverfahrens gleichen Rubrums Arbeitsgericht Bochum 2 Ca 2493/97 = LAG Hamm 3 Sa 290/98

Zum zweiten Mal hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 12.12.1997 fristlos gekündigt. Auch bezüglich dieser zweiten Kündigung ist inzwischen rechtskräftig festgestellt worden, daß sie das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst hat.

Beweis: Beiziehung der Akten des Vorverfahrens gleichen Rubrums Arbeitsgericht Bochum 2 Ca 3323/97 = LAG Hamm 3 Sa 766/98

Die dritte fristlose Kündigung durch die Beklagte erfolgte am 26.6.1998. Insoweit hat das Arbeitsgericht Bochum durch Urteil vom 17.9.1998 ebenfalls festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch diese dritte fristlose Kündigung nicht beendet worden ist; die gegen dieses Urteil von der Beklagten eingelegte Berufung ist derzeit noch vor dem LAG Hamm anhängig; Termin steht dort am 8.9.1999 an.

Beweis: Beiziehung der Akten des Vorverfahrens gleichen Rubrums Arbeitsgericht Bochum 4 Ca 1489/98 = LAG Hamm 3 Sa 333/99

Desweiteren hat die Beklagte in mehreren Verfahren versucht, den Kläger aus dem Betriebsrat ausschließen zu lassen bzw. den Betriebsrat gleich ganz aufzulösen.

Sie ist stets erfolglos geblieben, weil Arbeitsgericht Bochum und Landesarbeitsgericht Hamm ihre Anträge sämtlich zurückgewiesen haben.

Beweis: Beiziehung der Beschlußverfah rensakten Arbeitsgericht Bochum

1 BV 55/96, 4 BV 24/97 = LAG Hamm
3 TaBV 70/97, 1 BVGa 17/96 und
2 BVGa 10/97

Der Kläger hatte dagegen mit einer einstweiligen Verfügung im Beschlußverfahren Erfolg, wonach die Beklagte verpflichtet wurde, seine Betriebsratstätigkeit zu dulden.

Beweis: Beiziehung der Beschlußverfahrensakte Arbeitsgericht Bochum 3 BVGa 7/98

Nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils vom 17.9.1998 bezüglich der dritten Kündigung, durch das die Beklagte auch zur tatlichen Beschäftigung des Klägers verurteilt worden ist, hat sie sich gleichwohl - wie auch bereits früher - geweigert, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen. Nachdem auch Zwangsgeldbeschlüsse nicht gefruchtet hatten, hatte der Kläger Zwangshaft gegen die Geschäftsführer der Beklagten beantragt.

Über diesen Antrag wurde vor dem Arbeitsgericht Bochum am 25.3.1999 mündlich verhandelt. Zur Vermeidung der ansonsten fällig gewesenen Zwangshaft gegen ihre Geschäftsführer erklärte sich die Beklagte bereit, den Kläger nunmehr doch ab dem 26.3.1999 tatsächlich zu beschäftigen.

Beweis: Beiziehung der Akten des Vorverfahrens gleichen Rubrums Arbeitsgericht Bochum 4 Ca 1489/98 = LAG Hamm 3 Sa 333/99

Ab dem 26.3.1999 wurde der Kläger auch wieder tatsächlich als Bandarbeiter beschäftigt, allerdings nicht in seinem alten Bereich - er hatte bis zu seiner erstmaligen Entfernung aus dem Betrieb der Beklagten dort im Opel-Bereich gearbeitet -, sondern im Ford-Bereich.

Zunächst wurde dem Kläger die Tätigkeit am Arbeitsplatz "Torsionsfedern und Entriegelungsdraht montieren" zugewiesen. Gleich zu Beginn wurde er von der für Qualitätsfragen zuständigen Mitarbeiterin Sommer der Beklagten in übelster Weise beschimpft ( unter anderem als "Wichser, Saboteur und Schwuchtel").

Nach etwa eineinhalb Wochen wurde dem Kläger eine andere Tätigkeit zugewiesen, nämlich die Handräder der Sitzlehnenverstellung an der Sitzlehne zu montieren und das Handrad mit einer Plastikkappe zu versehen sowie Schienenabdeckungen anzubringen.

Dieser Arbeitsplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes der Mitarbeiterin Sommer der Beklagten.

Am 4.5.1999 erhielt der Kläger eine Abmahnung, weil er angeblich in der Zeit vom 7.4.1999 - 9.4.1999 sowie in der Zeit vom 23.4.1999 - 26.4.1999 seine Arbeitspflichten durch unsachgemäßes Montieren der Handräder und der Schienenabdeckungen verletzt habe.

Beweis: Vorlage der Abmahnung der Beklagten vom 4.5.1999 im Termin; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 1 beigefügt

Gegen diese Abmahnung hat der Kläger durch Schreiben des Unterzeichners vom 25.5.1999 umfassend Gegendarstellung erheben und die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen lassen.

Beweis: Vorlage des Schreibens des Unterzeichners vom 25.5.1999 durch die Beklagte; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 2 beigefügt

Am 1.6.1999 erhielt der Kläger eine weitere Abmahnung wegen angeblicher Arbeitspflichtverletzungen in der Zeit vom 3.5.1999 bis 28.5.1999, datiert vom 31.5.1999.

Beweis: Vorlage der Abmahnung der Beklagten vom 31.5.1999 im Termin; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 3 beigefügt

Zur Gegendarstellung des Unterzeichners vom 25.5.1999 ( Anlage 2 ) ließ die Beklagte durch Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 7.6.1999 - hier eingegangen am 10.6.1999 - Stellung nehmen.

Beweis: Vorlage des Schreibens des Textilverbandes Nord-West vom 7.6. 1999 im Termin; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 4 beigefügt

Am 10.6.1999 erhielt der Kläger gegen 20.15 Uhr eine Einladung zu einer außerordentlichen Betriebsrats-Sitzung am 14.6.1999. Dort war unter anderem der - nicht näher spezifizierte - Tagesordnungspunkt 7. "Fristlose Kündigung" aufgeführt.

Beweis: Vorlage der Einladung zur außerordentlichen Betriebsratssitzung am 14.6.1999 im Termin; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 5 beigefügt

Eingeladen wurden nicht nur die im Betrieb anwesenden 8 ordentlichen Betriebsratsmitglieder sowie das für das seit längerem krankheitsbedingt verhinderte ordentliche Betriebsratsmitglied Salih ÜYSAL amtierende Ersatz-Betriebsrats-Mitglied Hans DINGER, sondern auch ein weiteres Ersatz-Mitglied, nämlich Hüseyin YILDIZ.

Beweis: wie vor

Zu Beginn der Betriebsrats-Sitzung am 14.6. 1999 lag ein Zustimmungsantrag und/oder eine Anhörung zu einer fristlosen Kündigung nicht vor. Der Tagesordnungspunkt 7 konnte zunächst daher nicht behandelt werden. Es wurde gewartet und Zeit vertan. Schließlich erschien die Personalleiterin SONST der Beklagten mit einem Schreiben vom 13.6.1999 ( Sonntag! ) "Anhörung des Betriebsrates über eine Kündigung nach § 103 BetrVG", mit dem die Absicht mitgeteilt wurde, dem Kläger fristlos wegen Schlechtleistung zu kündigen; unter Familienstand ist in diesem Schreiben "nv" angegeben; ein Hinweis auf die Unterhaltspflichten des Klägers findet sich nicht, obwohl diese der Beklagten spätestens seit Zustellung des Urteils des LAG Hamm vom 22.7.1998 - 3 Sa 766/98 - bekannt sind, in dem sie nämlich im unstreitigen Tatbestand aufgeführt sind.

Ferner enthielt das vorgenannte Schreiben vom 13.6.1999 einen Zusatz unter der Rubrik "weitere wesentliche Gründe und Erläuterungen": siehe beiliegende Kündigungsabsichtserklärung mündliche Ausführungen der Personalleiterin sowie die Personalakte.

In der Tat hatte die Personalleiterin SONST der Beklagten noch ein weiteres Schriftstück mitgebracht "Kündigungsabsichtserklärung des Herrn Dietmar Kupfer", das auf den 14.6.1999 datiert war.

Beweis: Vorlage der dem Kläger in Kopie von der Beklagten übersandten vorzitierten Schreiben vom 13.6.1999 und 14.6.1999 im Termin; Fotokopien sind für das Gericht als Anlagen 6 und 7 beigefügt

In dem zitierten Schriftstück vom 14.6.1999 findet sich zwar ein Hinweis auf die beiden dem Kläger erteilten Abmahnungen vom 4.5.1999 ( Anlage 1 ) sowie vom 31.5.1999 ( Anlage 3 ); ein Hinweis auf die ausführliche Gegendarstellung des Klägers vom 25.5.1999 ( Anlage 2 ) findet sich in dem Schriftstück vom 14.6.1999 dagegen nicht; sie war auch nicht in Kopie beigefügt.

An der gesamten Betriebsrats-Sitzung bis zum Tagesordnungspunkt 7 hatten sowohl die 8 ordentlichen Betriebsrats-Mitglieder unter Einschluß des Klägers als auch das derzeit ständig amtierende erste Ersatz-Mitglied Hans DINGER teilgenommen als auch das zweite Ersatz-Mitglied Hüseyin YILDIZ; der 9-köpfige Betriebsrat hatte also in Überzahl mit 10 Köpfen getagt.

Nachdem durch das Erscheinen der Personalleiterin SONST der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 7 und die dabei von ihr vorgelegten Schriftstücke vom 13.6.1999 und 14.6.1999 ( Anlagen 6 und 7 ) bekannt geworden war, daß es sich um einen Zustimmungsantrag gemäß § 103 BetrVG bezüglich eines Betriebsrats-Mitgliedes handelte, nämlich auf Zustimmung zur Kündigung des Klägers, wurde der Kläger - nachdem er zu diesem Zustimmungsantrag angehört und befragt worden war - aus der Betriebsrats-Sitzung entfernt.

Am 14.6.1999 abends wurde dem Kläger dann ein Kündigungsschreiben der Beklagten vom 14.6.1999 zugestellt, mit dem diese das Arbeitsverhältnis erneut - nunmehr also zum vierten Mal - fristlos kündigte. Das Kündigungsschreiben enthält die Angabe, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden und habe der Kündigung zugestimmt; als Anlagen waren dem Kündigungsschreiben die bereits zitierten Schriftstücke vom 13.6.1999 und 14.6.1999 ( Anlagen 6 und 7 ) in Kopie beigefügt.

Beweis: Vorlage des Kündigungsschreibens der Beklagten vom 14.6.1999 im Termin; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 8 beigefügt

Durch Schreiben vom 16.6.1999, dem eine ausdrückliche Zurückweisungsvollmacht beigefügt war, hat der Kläger daraufhin durch den Unterzeichner die Kündigung gemäß § 182 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 111 Satz 2 BGB zurückweisen lassen, weil dem Kündigungsschreiben die Zustimmung des Betriebsrats in schriftlicher Form nicht beigefügt war.

Beweis: Vorlage des Schreibens des Unterzeichners vom 16.6.1999 nebst Zurückweisungs-Vollmacht vom 16.6.1999 durch die Beklagte; Fotokopie ist für das Gericht als Anlage 9 beigefügt

Durch die erneute vierte fristlose Kündigung ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ebensowenig wie durch die drei vorangegangenen fristlosen Kündigungen beendet worden, sondern besteht weiterhin ungekündigt fort.

Die jetzige vierte fristlose Kündigung ist sowohl materiell als auch formell rechtsunwirksam. Es liegt weder ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor noch eine wirksame Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG; im übrigen ist die Kündigung auch wegen unverzüglicher Zurückweisung gemäß §§ 182 Abs. 3, 111 Satz 2 BGB rechtsunwirksam.

Im derzeitigen Verfahrensstadium beschränken wir uns dabei auf folgende Hinweise:

Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt schon deshalb nicht vor, weil die von der Beklagten behauptete Schlechtleistung des Klägers an sich nicht geeignet ist, einen wichtigen Grund darzustellen; angebliche Schlechtleistung ist - nach vorheriger wirksamer vergeblicher Abmahnung - allenfalls geeignet, eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung zu begründen. Eine ordentliche Kündigung ist gegenüber dem Kläger aber gemäß § 15 Abs. 1 KSchG unzulässig.

Im übrigen treffen die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe nicht zu; auf die Gegendarstellung vom 25.5.1999 ( Anlage 2 ) nehmen wir vollinhaltlich Bezug.

Unabhängig davon, ob die Vorwürfe dem Grunde nach zutreffen oder nicht, ist aber auf jeden Fall die Abmahnung vom 4.5.1999 ( Anlage 1 ) rechtsunwirksam: am 7.4.1999 hatte der Kläger nämlich Urlaub, kann also die ihm für diesen Tag zur Last gelegten Schlechtleistungen gar nicht vollbracht.haben. Da sich die Abmahnung mithin teilweise als unzutreffend erweist, ist sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts insgesamt unwirksam.

Es liegt also allenfalls eine wirksame Abmahnung vor, nämlich die vom 31.5.1999 ( Anlage 3 ). Durch die zweimalige Abmahnung hat die Beklagte aber selbst deutlich gemacht, daß sie grundsätzlich auch davon ausgeht, zweimal abmahnen zu müssen, bevor ihr eine weitere Beschäftigung unzumutbar erscheint.

Desweiteren liegt keine wirksame Zustimmung des Betriebsrates vor. Bereits die Information des Betriebsrates ist grob fehlerhaft und unzutreffend bzw. unvollständig, indem die Beklagte dem Betriebsrat einerseits die ihr bekannten Unterhaltspflichten des Klägers, andererseits die Gegendarstellung des Klägers vom 25.5.1999 ( Anlage 3 ) verschwiegen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muß aber bereits im Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG sowohl die Unterhaltspflicht wahrheitsgemäß und vollständig mitgeteilt werden als auch eine Gegendarstellung, wenn es um verhaltensbedingte Kündigungsgründe geht. Das Unterlassen entsprechender Mitteilungen führt zur Rechtsunwirksamkeit der Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Gleiche - wenn nicht höhere Anforderungen - sind an die

Informationspflicht im Rahmen des § 103 Abs. 1 BetrVG zu stellen, weil ansonsten ein Betriebsrats-Mitglied schlechter gestellt würde als ein Nicht-Amtsinhaber, was aber wegen § 78 Satz 2 BetrVG unzulässig wäre.

Auch die Beschlußfassung des Betriebsrates leidet an unheilbaren Mängeln, so daß eine wirksame Zustimmung nicht vorliegen kann. Im Zeitpunkt der Einladung zur außerordentlichen Sitzung lag ein Zustimmungsantrag auf Zustimmung zur Kündigung des Klägers nicht vor. Tagesordnungspunkt 7 konnte sich also auch nicht auf seine Kündigung beziehen. Desweiteren enthält der Tagesordnungspunkt 7 ohnehin nicht den leisesten Hinweis, daß es sich um ein Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG handeln sollte, da dort lediglich "fristlose Kündigung" aufgeführt ist; da auch keinerlei Unterlagen dem Betriebsrat vorlagen, konnten die einzelnen Betriebsrats-Mitglieder sich auf den Tagesordnungspunkt 7 auch nicht vorbereiten. Insofern ist die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wesentliche und unverzichtbare Verfahrensvorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 2 BetrVG verletzt, da die pauschale Aufnahme eines Tagesordnungspunktes "fristlose Kündigung" die Betriebsratsmitglieder ohne weitere Angaben gerade nicht in die Lage versetzt, sich auf die Beratung dieses Tagesordnungspunktes vorzubereiten und dazu ggf. den betreffenden Arbeitnehmer anzuhören und/oder die Sache mit der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft besprechen zu können.

Zu weiteren Merkwürdigkeiten in der Betriebsratssitzung am 14.6.1999 werden wir bei Bedarf noch weiter vortragen.

Sollte trotz vorstehender Ausführungen davon ausgegangen werden, daß der Kündigung sowohl ein materiell wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zugrundeliegt als auch formell wirksam die Zustimmung des Betriebsrates erteilt worden ist, ist die Kündigung gleichwohl rechtsunwirksam, da sie durch Schreiben des Unterzeichners vom 16.6.1999 ( Anlage 9 ) unverzüglich wegen fehlender Beifügung der Zustimmungserklärung des Betriebsrates zurückgewiesen worden ist. Die dem Kündigungsschreiben beigefügten Kopien einer angeblichen Zustimmung des Betriebsrates reichen nämlich nicht aus, ebensowenig wie die Vorlage einer Vollmachts-Kopie ausreicht, um eine Zurückweisung nach § 174 BGB auszuschließen.

Ist nach allem das Arbeitsverhältnis auch durch die nunmehr ausgesprochene vierte fristlose Kündigung nicht beendet worden, ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen. Sollte die Kammer die Auffassung vertreten, insoweit bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil bereits durch Urteil vom 17.9.1998 die Weiterbeschäftigungspflicht tituliert worden ist, bitten wir um einen richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO.

Die nunmehr streitbefangene vierte fristlose Kündigung des Klägers durch die Beklagte stellt sich im übrigen insgesamt als der - ebenso wie in den ersten drei Fällen - vergebliche Versuch der Beklagten dar, ein unbequemes Betriebsrats-Mitglied, dem die Wahrnehmung der Belegschaftsinteressen oberste Richtschnur seines Handelns ist, doch noch loszuwerden, und seien die dafür vorgebrachten "Gründe" noch so konstruiert und haarsträubend. Dazu paßt, daß erneut die Mehrheit des Betriebsrates ihre Zustimmung zur Kündigung erteilt haben soll; aus den eingangs zitierten Verfahrensakten wird das kollusive Zusammenwirken von Beklagter und Mehrheit des Betriebsrates überdeutlich.

Diesem nunmehr vierten - und nach Lage der Dinge wohl auch nicht letzten - Versuch der Beklagten kann und darf allerdings auch dieses Mal kein Erfolg beschieden sein; um antragsgemäße Entscheidung wird nach allem gebeten.

Weitergehender Vortrag insbesondere auch zu der angeblich fehlerhaften Arbeitsausführung durch den Kläger bleibt ausdrücklich vorbehalten.

(Michael Dornieden)
Rechtsanwalt