Ein Bankenstresstest bei dem keiner durchfallen kann: Erforderlich für eine Bankenkrise, die „auf Teufel komm` raus“, eine Schuldenkrise sein muss?
„Dabei sind die politischen Eliten ideologisch blockiert, weil der Staat „grundsätzlich“ keine Rolle spielen darf! (stramme Ideologie der „schwarzen Null“)…“ Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 4.8.2016
Es ist jetzt zum Stresstest doch mehr passiert, als ich den Journalisten zugetraut hatte, aber vielleicht sind die Anzeichen bei den Banken für ihr weiteres Scheitern doch schon so dramatisch, dass man sich nicht so einfach unter die Schönwetter-Propheten dieses Stresstests einreihen will, um nicht später als blinder Dummkopf dastehen zu müssen – wie in den Jahren 2008 ff.
Es bleibt aber die Frage, wie man diesen Beitrag zum Stresstest so genau bewerten kann, da er eigentlich auf die bloße Übung der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) des Nicht-so-genau-Kontrollierens hinausläuft – und damit eigentlich nur einen „Sinn“ vortäuscht für die eigentlich geplante Funktion einer Kontrolle – Stresstest genannt. (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/stress-mit-dem-banken-stresstest/ ) Kontrolliert wird hier nämlich eigentlich nur scheinbar.
Der Polititologe nennt dieses „Tun als ob“, glaube ich, „symbolic use of politics“… (= irgendein Publikum, dem diese „Veranstaltung“ – hier eben der Stresstest – gilt, soll glauben, dass etwas unternommen wird, damit die Banken nicht mehr gerettet werden müssen – wie schon einmal. Das finden inzwischen alle schlecht – und so muss jetzt so getan werden, als ob es Kontrollinstanzen gibt, die bemüht sind, das für die Zukunft zu verhindern. Vgl. auch http://www.whos-saving-whom.org/index.php/de/ sowie https://www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/banken-krise08/wer-rettet-wen/?cat=7804 – oder auch noch: Finanzkapitalistische Verknotungen sichtbar gemacht – auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=94716).
Und so erscheint diese Blindheit dieses Stresstestes – gerade in seiner Täuschung – ja ein „Sinn“ der Übung zu sein – und von der EZB bis hin zur Kommission – und dem alles entscheidenden Ministerrat – genau so gewollt, auch wenn es jetzt so schön heißt: Die EZB wollte durch die fehlende Vorgabe einer festen Quote für das harte Kernkapital die negative öffentliche Wirkung vermeiden, die vom Wort „durchgefallen“ (= wie das letzte Mal vor zwei Jahren) ausgeht. (siehe Freiberger / SZ: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-das-schlimmste-kommt-noch-1.3101821 )
30 Prozent Eigenkapitalquote für eine stabile Bankenwelt – wie früher
Dabei ist gerade die Größe der Eigenkapitalquote ein so entscheidender Faktor für stabile Banken. Ulrike Herrmann weist in diesem Zusammenhang auf die Forderung des Ökonomen Martin Hellwig hin (http://www.faz.net/aktuell/finanzen/anleihen-zinsen/martin-hellwig-max-planck-institut-deutschland-hat-die-finanzkrise-nicht-aufgearbeitet-13226329.html – oder auch noch der Hinweis auf das Buch „Der Bankers neue Kleider“ (= frei nach dem Märchen „Der Kaisers neue Kleider“): https://www.mpg.de/6854956/REGE_JB_2013 ), der eine Eigenkapitalquote von 30 Prozent fordert. (https://www.taz.de/Kommentar-zum-Bankenstresstest/!5322807/ )
Dabei wird leicht vergessen, dass eine solche Eigenkapitalquote von 30 Prozent früher gang und gäbe war, wie die Finanzfachfrau Suleika Reiners in einer europäischen Anhörung feststellte. (Vgl. die Seite 5 ungefähr in der Mitte bei https://www.labournet.de/?p=98387)
Warum also jetzt nicht endlich eine Diskussion über die durch die Politik erst aufgehobene Regulierung für ein stabile Bankenwelt?
Die „Tätergeneration“ der Deregulierer möchte keine Fehler kennen – so bleibt die Abwägung des Schadens durch eine Deregulierung tabu.
Die gesamte Finanzmarkt-Deregulierung um die Jahrtausendwende auf Druck der Finanzindustrie sollte bei den Betrachtungen der möglichen Krisen-Erscheinungen der Banken nicht unberücksichtigt bleiben.
Es war gerade diese jetzige und heute noch aktive Generation von Politikern und Bankern, die die massive Deregulierung der Banken – auch in Deutschland – vorangetrieben hat. (Vgl. dazu vor allem den Abschnitt „Also jetzt doch noch eine richtige Bankenunion für Europa“ auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=98387)
Es erscheint daher überhaupt kein Wunder, dass diese „Täter-Generation“ der Finanzmarktderegulierer nicht „ihre“ Beseitung wichtiger Regeln – ausgehend von dem berühmten „Glass-Steagall-Act“ eines Franklin Roosevelt Anfang der 1930-er Jahre (vgl. dazu Joseph Stiglitz u.a. auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=98387) – als Ursache der von den Finanzmärkten wieder gezeigten Zerstörungskraft ins Auge fassen wollen. – Sie sind anscheinend einfach unfähig dazu. Deshalb gibt es in der Europäischen Union bisher gar kein Drandenken für eine angemessene Finanzmarkt-Regulierung (Seite 5 a.a.o.)
Und warum stehen die amerikanischen Großbanken einfach – noch – besser da? Etwa weil man in der Finanzkrise 2008 ff. dort doch etwas mehr die Banken reguliert hatte?
Und dies wird von dem Ökonomen Rudolf Hickel fachlich noch einmal sehr kompetent begründet. (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/stress-mit-dem-banken-stresstest/ )
Dieser Stresstest ist nicht in der Lage, das Vertrauen in das Bankensystem zu stabilisieren. Vorrangig sollten die Banken auf der Basis einer systemischen Risikoüberprüfung mit Eigenkapital ausgestattet werden und riskante Spekulationsgeschäfte untersagt bekommen. (http://www.fr-online.de/gastbeitraege/bankenaufsicht-ein-stresstest-ohne-stress,29976308,34567188.html )
Keine Einschränkung der destruktiven Spekulationsgeschäfte
Gerade die immer noch gewaltigen Ausmaße dieser Spekulationsgeschäfte hat Ulrike Hermann bei ihrer Kritik zum Bankenstresstest hervorgehoben: Mit der Aussicht, dass ein weiterer Crash wahrscheinlich ist, macht sie darauf aufmerksam, dass sich allein die Derivatgeschäfte auf 500 Billionen Dollar im Jahr belaufen – und dafür gewähren sich die Banken gegenseitig Kredite und schöpfen so ständig neues Geld, mit dem sie dann wieder ihre Spekulationsgeschäfte finanzieren. (https://www.taz.de/Kommentar-zum-Bankenstrestst/!5322807/ )
Außer auf die unproduktive Derivatgeschäften hatte Ulrike Herrmann an anderer Stelle noch auf die täglich 53 Billionen Devisenspekulation hingewiesen. (http://www.demokratisch-links.de/53-billionen-dollar-taglich )
So bleibt es dabei: Nach der Krise ist vor der Krise. Wann kann wenigstens endlich die Finanztransaktionssteuer kommen?
Nach der Krise ist vor der Krise, schließt Ulrike Herrmann ihre Betrachtungen zum Stresstest.
Beispielhaft für die aktuell immer wieder verhinderte Regulierung ist immer wieder einfach nur die ungeregelte Spekulation in ihren erstaunlich gewaltigen Dimensionen, die mit einer Finanztransaktionssteuer doch eingedämmt werden könnte. Und die Unfähigkeit Risiken der Finanzmärkte zu reguliern, zeigt die alles durchdringende Macht der Finanzindustrie – zum Schaden der Allgemeinheit. Die Blockierung dieser Finanzsteuer wurde somit zum Lehrstück für die Herrschaft der Finanzindustrie (auf der Seite 5 im letzten Drittel bei https://www.labournet.de/?p=98387).
Gegen diese bloße Übung des Verschleierns beim Stresstest wendet sich auch die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel. Eines der größten Risiken für die Banken, die Niedrigzinspolitik, wird in dem Stresstest nicht einmal berücksichtigt (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deutsche-banken-versagen-im-stresstest-14364617.html ).
Die Investoren zeigen gleich, was sie von dem Stresstest halten (müssen).
Die „Wirtschaftsweise“ Isabell Schnabel bezeichnet den Stresstest deshalb als „zahnlosen Tiger“ und prophezeite, dass die Anleger an den Finanzmärkten weniger Nachsicht zeigen dürften: „Deren Druck könnte stärker ausfallen als der der Aufseher“ (http://www.fr-online.de/wirtschaft/stresstest-deutsche-banken-sind-die-verlierer,1472780,34563574.html )
Deutlich tritt das jetzt schon bei der krisenanfälligen deutschen Commerzbank hervor, der der Stresstest „Stabiltät“ noch bescheinigte – und jetzt entziehen die Investoren ihr das Vertrauen: Der Aktienkurs der Commerzbank stürzte ab und erreichte am Mittwoch (3.8.) ein neues Rekordtief. Im Vergleich zum Zwischenhoch vor zwei Jahren hat sich der Wert des Commerzbank-Papieres mittlerweile gedrittelt. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-zurueck-in-der-krise-1.3105934 )
Die Investoren glauben eben nicht daran, dass das Institut die Wende schaffen kann – und das ist das sichtbarste Zeichen der Krise.
Und auch die italienische Unicreditbank (vgl. noch einmal „Die italienische Krise ist eine europäische Krise:..“ auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=101242) musste einen Absturz der Aktie in sechs Monaten um 44 Prozent ihres Wertes verkraften und, obwohl diese Bank jetzt klar den Profit verbessern konnte (ganz im Gegensatz zur Commerzbank) verlor beim Kurs der Aktie noch einmal 5 Prozent, weil sie gleichzeit mit den Gewinnen bekannt geben musste, dass die harte Eigenkapitalquote gegenüber März von 10.85 Prozent auf 10,33 Prozent zurückgegangen ist. Was ein Händler mit der nüchternen Feststellung quittierte: „Sie haben weiter Kapital verbrannt.“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/unicredit-bloss-kein-stress-1.3105977?reduced=true )
Und jetzt wird es besonders eng auf dem Kapitalmarkt für die Unicredit, weil gerade ein gewaltiger Stützungsplan für die weitere – und noch mehr im Schlamassel steckende – italienische Bank Monte dei Paschi von Siena angestrebt wird – und diese „Rettungs“-Gelder der internationalen Banken stehen in Itralien dann eben in Konkurrenz zu den Möglichkeiten der Unicredit auf dem Kapitalmarkt. (http://www.heise.de/tp/artikel/49/49032/1.html )
Es sieht also nicht gut aus für die Unicredit „im Gedränge“ der italienischen Banken um weitere Gelder auf dem Kapitalmarkt. So könnte auch der Zweck dieses „aufsichtlichen“ Leisetretens der EBA nur ein ziemlich totaler Schuss in den Ofen sein. Das bloße immanente Beharren auf einer solch beschränkten Logik dieses Stresstestes reicht jedenfalls wahrscheinlich nicht (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/stresstest-woran-die-banken-kranken-1.3101365 ) – die dort schon vorgetragene Kritik kann eher weiter helfen.
Dabei wird der miserable Zustand der europäischen Banken weiter durch eine falsche Wirtschafts- und Fiskalpolitik verursacht. – Unzureichende Niedrigzinspolitik darf erst gar nicht als eine Ursache dieser Bankenkrise einbezogen werden –
Unisono kann man diesen Ursachenzusammenhang aus verschiedenen Richtungen zu hören bekommen – einerseits aus der Politik, z.B. von Sven Giegold: „Wenn wir mit der falschen Wirtschaftpolitik weitermachen, werden wir die nächste Krise bald erleben. Das Nierdrigzinsniveau halten gerade verantwortlich wirtschaftende Banken auf Dauer nicht durch. Das Problem kann aber die EZB nicht allein lösen. Wir brauchen dazu eine Wirtschaftspolitik, die Wachstumschancen durch investitionen in ökologische Modernisierung, Bildung und Infrastruktur nutzt. Erst dann besteht Aussicht auf ein Ende der niedrigen Zinsen. Gerade die deutsche Bundesregierung – mit ihrem dogmatischen und sachlich nicht gerechtfertigten Festklammern an der schwarzen Null – tut hier viel zu wenig“. (So Sven Gieglod am 1. August in der FR – sowie bei http://www.sven-giegold.de/2016/banken-stresstest-keine-freigabe-fuer-bankenrettung-mit-staatsgeld/ )
Diesen Ursachenzusammenhang kann man auch noch aus der Ökonomie aufgetischt bekommen: Diesem Anliegen von Sven Giegold pflichtet der Ökonom Rudolf Hickel bei: Die Fiskalpolitik muss jetzt die Felder erschließen, die für die Unternehmen nicht so profitabel sind. (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/ezb-votum-billige-aber-ineffiziente-geldflut-/ )
Auch dem Europa-Abgeordneten Fabio De Masi kommen diese Stresstests – so ganz ohne die Flankierung durch eine Wirtschaftspolitik – wie ein bloßes Scheinmanöver vor. (http://www.deutschlandfunk.de/de-masi-zum-banken-stresstest-das-ist-wie-fiebermessen-bei.694.de.html?dram:article_id=361603 )
Die größte Bedrohung für Europas Banken: Der Mangel an aussichtsreichen Geschäftsmodellen
Zunächst ist gerade auch für die größte Bank in Deutschland, die Deutsche Bank, die dünne Kapitaldecke die größte Hypothek (vgl.(http://www.fr-online.de/wirtschaft/stresstest-deutsche-banken-sind-die-verlierer,1472780,34563574.html – sowie auch http://www.fr-online.de/wirtschaft/banken-stresstest-stresstest-ruettelt-deutsche-bank-durch,1472780,34559386.html )
Ja, der Internationale Währungsfonds hielt gerade die Deutsche Bank für eine der gefährlichsten Großbanken. (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/studie-iwf-haelt-deutsche-bank-fuer-gefaehrlich-14316734.html )
Rudolf Hckel erklärt noch, warum der IWF zu dieser so katastrophalen Enschätzung der Lage durch die Deutsche Bank kommt: Als gefährlichste Bank der Welt wird die Deutsche Bank bezeichnet wegen ihrer internatioalen Vernetzung. Das heißt, wenn diese Bank zusammenbricht, geht es nicht nur um ihr Eigenkapital, sondern um den Dominoeffekt, mit dem sie andere Banken mit in den Abgrund reißt. (http://www.taz.de/!5328580/ )
Aber diese Situation verführt anscheinend zu noch mehr Verschleierung bei der Deutschen Bank: Da auch die Aufklärung von Betrug den Geschäftsinteressen der Bank schaden soll. (https://www.labournet.de/?p=97683)
Und inzwischen ist die deutsche Commerzbank (siehe auch weiter oben schon) noch tiefer abgestürzt. Und es ist kein Geschäftsfeld ersichtlich mit dem sich das ändern könnte. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-zurueck-in-der-krise-1.3105934 )
So fällt es schwer, die Fantasie aufzubringen, woher künftig die Gewinne kommen sollen.
Und der europäische Bankensektor ist insgesamt zu groß – aber die größte Bedrohung für Europas Banken hat dieser Stresstest gar nicht getestet: Es ist der Mangel an aussichtsreichen Geschäftsmodellen. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-das-schlimmste-kommt-noch-1.3101821 )
Und dazu muss wohl auch die alte „Mantra“ von der Staatsschuldenkrise überwunden werden, da es sich „nur“ um eine Bankenkrise handelt. Mit dieser falschen Erzählung wird diese europäische Krise ohnehin nicht lösbar.