Ein europäischer Rüstungshaushalt im rechtsfreien Raum
„Der Weg, sich als globaler Akteur in der Riege der Großmächte zu etablieren, führt für die EU nur über den Aufbau eines schlagkräftigen Militärapparats, so zumindest die aktuell vorherrschende Sichtweise in Brüssel. (…) Der Grund, weshalb sich die EU nicht schon längst einen Rüstungshaushalt zugelegt hat, findet sich in Artikel 41(2) des Lissabon-Vertrags. Dieser Artikel untersagt, Ausgaben mit „militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen aus dem EU-Haushalt zu bestreiten.“ Die Vertragslage ist eindeutig: Militärrelevante Ausgaben der Außen- und Sicherheitspolitik müssen von den Einzelstaaten bezahlt werden – der EU-Haushalt ist hierfür tabu! Aus diesem Grund bedient sich die Kommission eines Tricks, indem als Rechtsgrundlage Artikel 173 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU gewählt wurde. Dieser beschäftigt sich mit der Industrie-Wettbewerbsfähigkeit und Maßnahmen zu deren Förderung, was aus dem EU-Budget finanzierbar wäre. Aus Kommissions-Sicht erscheint es deshalb folgerichtig, die Federführung im Europaparlament dem Industrieausschuss (ITRE) und nicht etwa dem Auswärtigen- (AFET) oder dem Verteidigungs-Ausschuss (SEDE) zu übertragen. Dementgegen steht jedoch ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016, das von Unionsrechtsakten verlangt, sich in Fällen, in denen ein potentieller Mehrfachzweck besteht, einzig an der hauptsächlichen Zielsetzung zu orientieren, also sich alleinig auf „jene Rechtsgrundlage zu stützen, die die überwiegende Zielsetzung erfordert.“…“ Beitrag von Jürgen Wagner and Sabine Lösing vom 25. Oktober 2017 bei EURACTIV.com PLC (die Langfassung dieses Beitrags erschien zuerst bei „Blätter für deutsche und internationale Politik“)