Noch kein „Jenseits des Neoliberalismus“ – Keine Bundestags-Wahl für eine Änderung der Eurokrisenpolitik?
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 1.8.2013
Nun weiß ich nicht, ob du schon sämtliche Hoffnungen hast dahinfahren lassen für die Änderung der deutschen Politik in der Eurokrise? – Ich glaube nur, dass wir anfangen müssen, jetzt schon diesen deutschen Wahlkampf – angesichts dieser ziemlich „alternativlosen“ Parteienkonstellation – einfach zu vergessen, um den Blick in eine bessere Zukunft für die Sozialdemokratie – als Prinzip zu richten?
„Jenseits des deutschen Wahlkampfes“
Colin Crouch hat versucht jetzt schon die Devise auszugeben: „Jenseits des Neoliberalismus“. Auch Christian Schlüter beschäftigte sich am 30. Juli 13 in der Frankfurter Rundschau unter der Überschrift „Jenseits des deutschen Wahlkampfes“ mit diesem neuen Buch von Colin Crouch – und er schließt dort: Seine Empfehlung: Sozialdemokraten müssten „sich in Wahlkampagnen mit Menschen von anderen oder gar keinen Parteizugehörigkeiten verbünden“ – müssten also eine offene Plattform bilden.
Das formulierte der SPD-Neuvorsitzende Siegmar Gabriel auch einmal so ähnlich, lang ist`s her. Jetzt hat man offenbar andere Sorgen. Aber bei der Frankfurter Rundschau ist diese Besprechung nicht im Netz – das hatte jedoch schon Robert Misik andernorts besorgt (http://www.nachdenkseiten.de/?p=18115#h21 ). Und zu solch einer „offenen Plattform“ gehören auch immer noch andere in Europa praktizierte Sozialstaatsent-wicklungen – wie das „Nordische Modell“, von dem der – seit Herbst 2012 – neue Leiter des Stockholmer Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung, Gero Maas, ein aktuelles Resümee in der „Gegenblende“ zieht (www.nachdenkseiten.de/?p=18115#h14 ) – und falls du tiefer einsteigen willst, kannst du noch einmal auf „Das Nordische Modell – mögliche gewerkschaftliche Perspektiven für Deutschland und Europa“ zurückgreifen. (www.nachdenkseiten.de/?p=3737 , außer dem von Gero Maas empfohlenen Buch – jetzt auf englisch – von Henrik Berggren und Lars Trägard „Social trust and radical individualism. The paradox at the heart of Nordic capitalism“. Und weiter noch „Deutschland als „Spielverderber“ für ein europäisches Sozialmodell – Und kein Weg zum solidarischen „Nordischen Modell“: http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/bahl2.html)
War es die Feigheit vor der Gleichheit?
Wie meinte Colin Crouch einmal rückblickend so eigentlich schon fast schuldbewußt, als die europäischen „Sozialdemokratien“ den Weg zum Neoliberalismus einschlugen, (vgl. dazu Höpner / Cioffi, „Das Parteipolitische Paradox des Finanzkapitalismus“ (http://www.mpifg.de/people/mh/paper/Hoepner,%20Cioffi%202006%20-%20Das%20parteipolitische%20Paradox%20des%20Finanzmarktkapitalismus.pdf ) hatten sie auch noch die Alternative zum „Nordischen Modell“ – nur diese war mit einer starken Disziplin – in Richtung Gleichheit – verbunden – die man nicht aufzubringen bereit war, so überließ man sich ideenlos der „Denk-Faulheit“ des bloßen Marktradikalismus, dem man sich nur „überlassen“ muss. Es wurde die „Klasse“ der Marktversteher geschaffen… (Die Anforderung an die Gleichheit? – vgl. dazu noch den Text von Sven Jochem „Der „vorsorgende“ Sozialstaat in der Praxis“: http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/09095.pdf )
Deshalb dann eben das „Laissez faire“ des Neoliberalismus – bis zu seinem grandiosen Scheitern jetzt! Nach dem weiteren Scheitern: Auf zu einem europäischen Sozialpakt
Ergänzend sei jetzt aktuell zur Lektüre noch empfohlen: am 29.7. in der Süddeutschen Stephan Schulmeister (= „Forum“ S.18); „Navigation mit der falschen Karte“ – und am 30. 7. 2013 auch in der Süddeutschen der US-Ökonom James Galbraith im Wirtschaftsteil auf der Seite 19 „Europa muss jetzt schnell handeln“: Vor einer Eskalation der Krise fordert er einen europäischen Sozialpakt. (nur sind dise Beiträge nicht im Netz)
Und im Süden Europas finden sich schon erste Ansätze für eine Gemeinsamkeit, wenn Italien Griechenland doch noch zur Seite springt (www.nachdenkseiten.de/?p=18135#h04 ). Diese werden dann von wissenschaftlicher Seite noch weiter jetzt aktuell durch James Galbraith gestützt (http://www.nytimes.com/2013/06/24/opinion/only-syriza-can-save-greece.html?hp&_r=2 ). Und ausführlich hat darüber dann noch James Galbraith auf den Nachdenkseiten gesprochen (www.nachdenkseiten.de/?p=18147 ). Das klingt wieder ähnlich dem von Stephan Schulmeister geforderten „New Deal für Europa“!
Gewerkschften als Bühne und Faktor der Krisendeutung
Diese ökonomischen Protagonisten sind uns ja schon längst aus den Gewerkschaften bekannt, die – noch – nicht auf der großen Bühne, sondern eher vom Rande her auch schon längst um die Deutungshoheit über diese Krise rangen.
Der DGB hatte schon ziemlich am Anfang der Krise im Jahr 2010 sich ziemlich offen eingebracht – auch wenn die Mitglieder diesen Vorstellungen wohl nicht immer ohne weiteres folgen konnten (http://archiv.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/2010/finanzkrise_gew_bahl.html) – Deshalb sei noch einmal kurz – für die schnelle Krisenübersicht auf der Grundlage der immer wieder falschen „Navigationskarte“ (Schulmeister) zur Bewältigung der Krise – auf Stephan Schulmeister mit seinen 10 Thesen hingewiesen. (http://www.vidc.org/index.php?id=1368 )
Aber auch James Galbraith hat uns mit seinen Warnungen schon beim großen IG Metall-Kongress „Für einen Kurswechsel“ aufzuwecken versucht: „Die Schwachen werden zum Schutze der Starken zerstört“ (vgl. auf der Seite 6 f. – vor allem ab der Seite 6 unten – „Weit weg vom Rat des Weltökonomen James Galbraith geht die Spaltung der EU weiter“ (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl45.html)
Inzwischen ist nun so klar geworden, dass mit der immer weiter recht „unsinnigen“ – weil zielverfehlenden – Sparpolitik Europa einfach faktisch immer weiter zerstört wird
Da werden auf der einen Seite die Schulden nicht abgebaut, sondern steigen doch entgegen den – sich immer mehr als falsch erweisenden Erwartungen der Neoliberalen – einfach weiter an (http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2013/07/krisenpolitik-verfehlt-selbst-ihr-ureigenstes-ziel-erneut-und-nicht-nur-das/ ). Es war kein Wunder, dass mit der so falschen Diagnose „Schuldenkrise“ mit dem Rezept des zwanghaften Sparens nur immer höhere Schulden angehäuft werden mussten (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzkrise-euro-zone-verschuldet-wie-nie-zuvor-1.1727767 ) und so diese „Troika trotz besserer Erkenntnis mit diesem „alternativlosen“ Sparen den fiskalischen Multiplikator missachtet (www.nachdenkseiten.de/?p=17916#h05 ) – oder noch mit dem Link zur Studie des IWF bei Attac (http://www.attac.de/aktuell/presse/detailansicht/datum/2013/07/09/griechenland-troika-ignoriert-weiter-fiskalischen-multiplikator/?cHash=7cba0df47c6a224ac26f0d5f93af9875 )
Aber nicht nur das: Im Schatten dieser Krise werden dann auch noch die Tarifvertragssysteme angegriffen und immer weiter zerstört (www.igmetall.de/SID-372D0AE6-F959FA96/im-schatten-der-krise-angriff-auf-die-tarifvertragssysteme-12104.htm ) – bis zur Handlungsunfähigkeit der Gewerkschaften.
Vielleicht kommt – nach einer auch wieder reichlich danebengegangenen – Wahl – die SPD – neben der Linken und den Grünen – doch auch noch auf „den Trichter“?
Vorreiter für Lockerungsübungen gegen den „hergebrachten“ Marktradikalismus
Jedenfalls scheint die Süddeutsche schon mit Lockerungsübungen mit James Galbraith und Stephan Schulmeister zu beginnen – auch wenn sie jetzt noch selbst zu „gschamig“ sind (= bayrischer Ausdruck), und die Beiträge dieser Autoren nicht ins Netz stellen. (Vorsicht, Verbreitungsgefahr, die in der bloßen Printausgabe noch nicht so klar gegeben ist) Aber da sie schon uns bekannt sind, müssen wir auf ihre wichtigen Aussagen trotzdem gar nicht verzichten.
Aber auch „andernorts“ können wir solche „Lockerungsübungen“ vom marktradikalen Dogma beobachten, wenn gerade jetzt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) an Joseph Stiglitz einen Preis verleiht! (http://www.nachdenkseiten.de/?p=18143#h16 )
Schon richtig wegweisend begründete IfW- Präsident Dennis Snower diese Preisverleihung: „Wir brauchen Menschen, die die Fähigkeit haben, die wichtigen Probleme der Weltwirtschaft zu antizipieren und lösungsbezogen darauf reagieren. Wir brauchen Menschen, die im gleichen Atemzug auch für mehr Gerechtigkeit kämpfen“.
Auch wenn die „Süddeutsche“ kürzlich noch beliebte Stiglitz schlichtweg einen Populisten zu nennen (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/joseph-stiglitz-wird-der-kluge-populist-1.1595602 ), so reifte bei der Süddeutschen doch inzwischen die Erkenntnis, dass Populismus nicht einfach nur Gerede für Leute, die es gerne hören, ist, sondern doch mit realem Leiden etwas zu tun hat, das, außer man ist sadistisch veranlagt, überhaupt nicht sein muss. Und muss Politik – reichlich sinnlos – einfach nur Leiden vertiefen? Und der, dem das nur noch schädlich vorkommt, dann von der Journaille – mit einem Nobelpreis für Ökonomie im Kreuz – als bloßer „Populist“ denunziert werden.
Schon früh hatte nämlich Stiglitz – der jetzt einmal doch so gelobte – außer in seinem Krisen-Klassiker „Im freien Fall“ anlässlich einer IWF-Tagung auf die Notwendigkeit von Konjunkturprogrammen hingewiesen. (www.fr-online.de/wirtschaft/ruf-nach-mehr-jobs/-/1472780/4729396/-/index.html ) Dazu war für ihn – als Ökonom – auch immer die Gleichheit ein wichtiger Faktor, auch um aus der Krise zu kommen. Sein neues Buch dazu „Der Preis der Ungleichheit“ – Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht – wurde gerade auch in der „Gegenblende“ besprochen (http://www.gegenblende.de/22-2013/++co++603b08b0-f2ca-11e2-8a35-52540066f352 oder noch www.nachdenkseiten.de/?p=18077#h15 )
Eingebettet war das für ihn natürlich immer in die allgemeine Ökonomie der Weltwirtschaft (www.monde-diplomatique.de/pm/.dossier/finanzen.id,200909110211 ) – und auch Europa stand für ihn schon immer in dem Zentrum seiner ökonomischen Wahrnehmung: „Can the Euro be Saved?“ (www.nachdenkseiten.de/?p=5722#h05 )
Neben der in der guten US-amerikanischen Tradition stehenden Befürwortung des „Trennbankensystems“ (vgl. dazu Jens Berger, (www.nachdenkseiten.de/?p=17998 ), hält er es auch für sinnvoll dem Finanzkapitalismus – den er „amerikanischen Kapitalismus“ nennt – durch eine Finanztransaktionssteuer als „System“ jetzt einfach dringend Geld zu entziehen. (http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/rating-agenturen-sind-inkompetent/ )
Die bisher „rettende“ Geldpolitik gerät ans Ende ihrer Möglichkeiten
Es war die EZB, die ganz offensichtlich mit einer Rede des EZB-Präsidenten Mario Draghi auf einer Investoren-Konferenz vor rund einem Jahr, an jenem 26. Juli 2012, die Euro-Krise gegenüber den Finanzmärkten stoppte. Draghi sagte vor diesen Bankern, die auf einen Zusammenbruch der Eurozone spekulierten vor allem zwei Sätze, die eine Wende herbeiführen konnten: “ Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten“ – und: „Und glauben sie mir, das wird ausreichen.“
Seit diesem denkwürdigen Tag stieg die Europäische Zentralbank zur allein rettenden Macht der Eurozone gegenüber den Finanzmärkten auf. Aber nun gerät genau diese EZB wegen dieser Politik des Aufkaufens von Staatsanleihen der Krisenstaaten der Eurozone – als nicht verfassungsgemäß – in Deutschland unter Druck.
Hier sind es dann eine wohl eher Populisten zu nennende politische Gruppierung, genannt AfD, die über das Grundgesetz diesen Kurs der Euro-Rettung blockieren möchte. (vgl. dazu ausführlicher Jens Berger (www.nachdenkseiten.de/?p=16524 sowie weiter www.nachdenkseiten.de/?p=17413 )
Bei dieser sog. „Alternative für Deutschland“ wird das Leiden unter dieser Politik wenig konkret – aber dafür umsomehr „national“ beschränkt „gefühlt“.
Und just war es dann am 31. Juli 2013 noch einmal die Süddeutsche Zeitung – mit einer „Seite Drei-Geschichte“ – die sehr gekonnt die ökonomische Bedeutung dieser Rede des EZB-Präsidenten und der EZB für die Eurokrise und ihre Wirksamkeit auf die Finanzmärkte („Seit seiner Rede ist in der Eurokrise Ruhe eingekehrt“) hervorhebt.
Nur hat der Präsident des Verfassungsgerichtes Voßkuhle schon verkündet, dass es dem Verfassungsgericht nur darauf ankomme, eine Kompetenzüberschreitung der EZB zu prüfen – und nicht darüber sprechen, ob deren Eingreifen nötig oder erfolgreich war. (vgl. den dritten Absatz auf der Seite 3 bei (https://www.labournet.de/?p=38216 – oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=17613#h08 )
Das drängt einen auf die provozierende Fragestellung hin, darf deutsches „Kompetenzrecht“ den Zwang zur Zerstörung des einheitlichen Währungsraumes, des Euro, nach sich ziehen – einseitig allein von der deutschen Bühne aus?
Muss es jetzt nicht vielmehr die Aufgabe der Politik werden, die „verfassungsmäßige“ Geschäftsgrundlage in Richtung doch noch eines gemeinsamen Europas zu erweitern? (vgl. die Seite 2 sowie die Seite 3 f. „Muss erst das Verfassungsgericht die Politik in den Zugzwang setzen für krisenüberwindende – gesamteuropäische – Institutionen zu sorgen“. (https://www.labournet.de/?p=38216)
Ein Jahr nach diesem „Befreiungsschlag“ durch die Europäische Zentralbank werden die Grenzen der Geldpolitik offensichtlich. – Das Dilemma einer unteilbaren Geldpolitik –
Die Süddeutsche hatte es zumindest auch als Frage schon einmal in den Raum gestellt: „Hinter der Grenzziehung zwischen Fiskal- und Geldpolitik tut sich das eigentliche Oberthema des Verfahrens auf“. Aber es waren gerade die deutschen Ökonomen, die sich mit ihrer dogmatisch-einseitigen Schlagseite nicht nur schwer tun diese Zusammenhänge anzuerkennen, sondern genau ihre „ökonomische Weltsicht“ war es wiederum, die die jetzige Misere der europäischen Institutionen zum Ausgang hatte (vgl. die Seite 4 bei www.labournet.de/?p=38216). Aber diese Einseitigkeit musste das Verfassungsgericht bei der Anhörung von deutschen Ökonomen in diesem Verfahren schon selbst erleben (ebendort)
Nun geht es aber nicht um das „Rechtbehalten“ ökonomischer „Hardliner“, denen das „Rechthaben“ über dem so offensichtlichen Scheitern ihrer praxisuntauglichen Theorie steht, sondern um die Fortexistenz Europas, was gleichzeitig eine Fortexistenz – oder Wiedergewinnung – von Wachstum und Wohlstand für diese weltwirtschaftlich so wichtige Region bedeutet.
Auch die EZB selbst – voran mit Mario Draghi – möchte dies auch zum öffentlichen Thema machen, indem die Diskussionen im EZB-Rat öffentlich gemacht werden.
An dieser Stelle steigt der Ökonom Rudolf Hickel ein und sieht dies als ein Eingeständnis in das jetzt so offensichtlich werdende Dilemma einer unteilbaren Geldpolitik (http://www.iaw.uni-bremen.de/rhickel/pdf_dateien//ezb_zinsfalle-echt2.pdf ). Damit bewegt sich der Ökonom Hickel jedoch – über die bloße Konfliktdarstellung in der Presse hinaus – just auf dem weiteren Feld, das von dem IfW-Präsidenten Dennis Snower bei der Preisverleihung u.a. an Joe Stiglitz in Anspruch genommen wurde: Wir brauchen Menschen die Probleme der Wirtschaft – hier eben des Euro-Raumes – antizipieren und dafür Lösungen anbieten. So jedenfalls wird erstmals in dieser Deutlichkeit die von Anfang an vorgetragene Kritik an der Fehlkonstruktion des Währungsraums ohne eine abgestimmte Finanzpolitik klar verständlich:
Die nur einheitlich mögliche Zinspolitik – mit jetzt einem gegen 0,25 Prozent schrumpfenden Leitzins – kommt eben wegen der extrem unterschiedlichen ökonomischen Lagen in den verschiedenen Mitgliedsländern ausgesprochen unterschiedlich an. Die Länder mit einer Schrumpfökonomie benötigen eine stark expansive Geldpolitik – die gesamtwirtschaftlich wettbewerbsfähigeren Länder dagegen erwarten eine zumindest vorsichtig restriktive Geldpolitik.
Dies macht das tiefgreifende Dilemma dieser jetzigen Konstellation deutlich, die wegen der bisher gescheiterten Politik „Finanzhilfen nur gegen Schrumpfprogramme“ auch über die Geldpolitik keinen „Ausgleich“ erhalten kann. Die Geldpolitik kann das nicht leisten, wenn nicht gleichzeitig in den Krisenländern mit einer aktiv gegensteuernden Finanzpolitik die Wirtschaftsentwicklung unterstützt wird. Erst dann kann die EZB mit ihrer Geldpolitik sich wieder ihren originären Aufgaben zuwenden.
Deutschland gefangen in der eigenen Krisendefinition – hilflos auf dem Weg nach unten – jedoch „über“ den anderen
Nur wenn gerade bei Hickel noch die unterschiedliche ökonomische Lage im Euro-Raum skizziert wurde, so heißt das noch längst nicht, dass Deutschland ein Wirtschaftswunderland ist – in dieser Eurokrise. Deutlich hat das jetzt noch einmal Michael Dauderstädt klargestellt: „Deutschland gilt als Wirtschaftslokomotive Europas mit geringer Arbeitslosigkeit, gesunden Staatsfinanzen und robustem Wachstum. Aber dieser Glanz entsteht mehr durch den – noch – düstereren europäischen Hintergrund als durch eigenen Fortschritt. Tatsächlich ist das Wachstum kaum höher als vor zehn Jahren, als man es den kranken Mann Europas nannte. Kein Wunder: Weder der Arbeitsinput noch die Arbeitsproduktivität haben nachhaltig und/ oder schneller zugenommen als der langfristige Trend.
Die stolzen Exportüberschüsse zeugen von verschenktem Konsum und unterlassenen Investitionen in Deutschland, die als Grundlagen künftigen Wachstums fehlen. (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/10164.pdf )
So bleibt es dabei, „Europa zieht nicht im Gleichschritt im Verlauf der Krise nach unten – denn Deutschland bleibt weiter oben.“ (siehe die Seite 11 bei www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/die-deutsche-kanzlerin-gibt-jetzt-in-und-fur-europa-das-paulinchen-mit-dem-feuerzeug/)
Aber noch trister sieht es aus, wenn man auf die soziale Situation blickt: „Auch Deutschland bleibt sozial nicht verschont: Eine zerbröselnde Mittelschicht, „Spitze“ in der Frauendiskriminierung und „Top“ bei der Armut. (siehe die Seite 10 unten bei (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/zur-jahreswende-20122013-was-jetzt-auf-uns-wartet-es-wird-spannend-werden/)
Auch wenn es noch so deprimierend ist: Mit noch einmal einen Blick auf diesen „unseren“ Wahlkampf – noch ohne die mögliche Perspektive eines Colin Crouch – heißt das darum weiterhin: Es bleibt das fiktionalste und unpolitischte Rennen aller Zeiten. (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-gw/tranquillizer-gegen-aufreger-das-fiktionalste-und-unpolitischte-rennen-aller-zeiten/)