Die Kita im Bunker, Pädagogen im Schützengraben: FDP-Bundesbildungsministerin will Zivilschutzübungen im Stundenplan

Dossier

Schule ohne MilitärMan weiß gar nicht, wo anfangen: Die FDP-Bundesbildungsministerin fordert Zivilschutzübungen an Schulen, und anstatt dass der Deutsche Lehrerverband widerspricht, bekräftigt dessen Präsident: Offiziere der Bundeswehr sollten flächendeckend in den Politikunterricht geschickt werden. Kritik an diesem Werben fürs Sterben kommt ausgerechnet, aber richtigerweise von der CDU, wonach Kinder Schreiben lernen und nicht mit weiteren Ängsten aufwachsen sollen. Der Vorstoß von Bettina Stark-Watzinger belegt aufs neue, dass Liberale ebenso wie Grüne zu Kriegstreibern geworden sind. Dass sich nun eine Lehrervereinigung anschließt, darf nicht unwidersprochen bleiben. Missachtet wird der Grundsatz, dass Pädagogen die Schüler nicht mit Meinungen »überwältigen« sollen. Der Unterricht darf kein politischer Schützengraben werden…“ Kommentar von Matthias Monroy vom 17.03.2024 in ND online externer Link („Pädagogen im Schützengraben“) – siehe weitere und Hintergründe:

  • Konservative Pädagogen: Der Deutsche Lehrerverband fordert mehr Kriegstüchtigkeit für Schüler New
    „… Jugendoffiziere kommen an Schulen, um in Uniform mit den Schülern über »Sicherheitspolitik« zu sprechen – immer wieder begleitet von Protesten der Jugendlichen und der Bildungsgewerkschaften, die die Auftritte für unzulässige Bundeswehr-Werbung halten. Aller Gewerkschaften? Mitnichten. Während die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Einsatz der Jugendoffiziere stets kritisiert, erklärte ihn der Deutsche Lehrerverband (DL) jüngst zu einer »sinnvollen Unterstützung« im Unterricht.
    Die Vertreter der Streitkräfte seien »vertrauenswürdige Absender, um für die Schüler eine Kriegsbedrohung einzuordnen«, sagte DL-Präsident Stefan Düll kürzlich der »Bild am Sonntag«. Es habe viel zu lange eine »Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung« geherrscht, die aber mit dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Ukraine-Krieg zu Ende gegangen sei. Auch die Vorbereitung auf Krisen und einen Kriegsfall gehöre in den Unterricht.
    Kritik an dem Vorstoß des DL kam postwendend. Und zwar auch von konservativer Seite. »Wir müssen unsere Kinder schultüchtig machen und nicht kriegstüchtig«, erklärte der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Jarzombek.
    Doch was für eine Organisation ist dieser auch bei anderen Themen häufig in den Medien zitierte Lehrerverband eigentlich, der den Vorstoß von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger unterstützt, Kinder und Jugendliche in der Schule mehr auf Krieg und andere Krisen vorzubereiten? Gegründet wurde der DL 1969 auf Betreiben des Deutschen Philologenverbandes (DPhV), der einen Akzent gegen die vermeintlich »linke« GEW setzen wollte. Bis heute ist er ein Dachverband für vier Organisationen: Neben dem DPhV sind der Verband Deutscher Realschullehrer (VDL), der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) und die Katholische Erziehergemeinschaft (KEG) Teil des DL.
    Mit rund 165 000 Mitgliedern ist der DL neben der GEW mit rund 280 000 und dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) mit 164 000 Mitgliedern eine von drei großen Interessenvertretungen für Pädagogen in Deutschland. Tonangebend ist im DL allerdings mit rund 90 000 Mitgliedern der Philologenverband. Er vertritt die Interessen der Gymnasiallehrer und tritt am häufigsten mit seinen Positionen an die Öffentlichkeit, während die drei kleineren Verbände so gut wie nie mit Statements in Erscheinung treten. In seinem Grundsatzpapier ›Bildung in Deutschland – Diagnosen und Perspektiven‹ wird dann auch deutlich, wer im DL die Majorität stellt. (…) Darüber hinaus tritt der Verband vor allem mit angstbesetzten Themen an die Öffentlichkeit. Eine »Migrantenquote« forderte etwa der ehemalige Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger Anfang 2023. Weiter warnt der DL vor einem steigenden Drogenkonsum durch die gerade in Kraft getretene Cannabis-Legalisierung. Sein »Markenkern« bleibt jedoch die Verteidigung des Gymnasiums auf Biegen und Brechen
    …“ Artikel von Guido Sprügel vom 02.04.2024 in ND online externer Link, siehe dazu:

    • Deutscher Lehrerverband: Keine Zivilschutzübungen an den Schulen – aber die Bedrohungslage und Verteidigungsstrukturen als Thema im Unterricht zur Sprache bringen   
      „… Die thematische Behandlung von Krisen und Katastrophen im Unterricht findet bereits statt. Auch das Thema Krieg ist an den Schulen angekommen. Es wäre naiv anderes zu glauben oder zu wünschen. In vielen Klassen gibt es Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine, Syrien und anderen Ländern. Zudem leben Schülerinnen und Schüler ja nicht in einer abgeschotteten Blase; sie bringen ihre Fragen zu Themen wie Naturkatastrophen und Krieg mit in die Schule, tauschen sich untereinander aus und stellen Fragen dazu im Unterricht. Wer eine Flut wie jene an der Ahr erlebt hat, hat Redebedarf. Offener Austausch sorgt hier für Sicherheit und Vertrauen. Das gilt auch im Hinblick auf die sicherheitspolitische Lage unseres Landes. Zu lange haben wir uns einer Friede-Freude-Eierkuchen-Mentalität hingegeben. Erst langsam begreifen wir, dass wir im Sinnen ernstzunehmender Abschreckung zum Schutz unseres Landes, seiner Bevölkerung, seines Wohlstands und seiner Demokratie etwas tun müssen.
      Die aktuellen Demonstrationen gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft werden von einer breiten Bevölkerungsmehrheit unterstützt und dienen der Verteidigung der Demokratie nach innen. Genauso wichtig, wenn man sich das kriegerische Verhalten und die Drohgebärden manch autoritärer Systeme anschaut, ist die Verteidigung der Demokratie nach außen. 
      Daher ist es wichtig und legitim, dass kriegerische Entwicklungen als Thema und die Bundeswehr sowie das NATO-Bündnis als Verteidigungsorganisation der Bundesrepublik Deutschland nicht außen vor gelassen werden. Jugendoffiziere der Bundeswehr besitzen hervorragende Expertise für alle Fragen der Sicherheitspolitik; sie äußern sich nicht parteipolitisch und werben auch nicht für den Dienst in unserer Armee. Es versteht sich von selbst, dass sie als Staatsbürger in Uniform an Schulen jederzeit als Vertretung der Parlamentsarmee eingeladen werden. Das vermittelt jungen Menschen offen und transparent Sicherheit und Vertrauen in unsere Abwehrbereitschaft
      .“ Pressemitteilung vom 20.3.2034 externer Link
  • GEW zum Zivilschutz in Schulen: „Schule ist kein Ort der Nachwuchsrekrutierung!“
    Bildungsministerin Stark-Watzinger will Schulen für Zivilschutzübungen öffnen. Die GEW lehnt das ab und kritisiert: „Wehr- und Kriegsertüchtigung gehören nicht zum Aufgabenspektrum der Schule.“ Die Forderung von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Krieg und Zivilschutz in den Schulen zum Thema zu machen und dafür auch Jugendoffiziere in die Schulen einzuladen, stößt auf heftige Kritik der GEW. Die Bildungsministerin schieße mit ihrem Vorstoß „nicht nur weit übers Ziel hinaus, sondern hat an diesem auch vorbei geschossen“, kritisierte GEW-Vorstandsmitglied und Schulexpertin Anja Bensinger-Stolze.
    „Schule ist kein Ort der Nachwuchsrekrutierung für die Bundeswehr.“ (Anja Bensinger-Stolze)
    Schule habe den Auftrag, Kinder und Jugendliche zu guten Demokratinnen und Demokraten zu erziehen, sie so zu fördern, dass sie ihre Potenziale bestmöglich entfalten und an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben können, erklärte Bensinger-Stolze. „Wehr- und Kriegsertüchtigung gehören nicht zum Aufgabenspektrum der Schule. Schule ist kein Ort der Nachwuchsrekrutierung für die Bundeswehr, deren personelle Probleme immer größer werden“, so die Schulexpertin. (…)Statt sich der Themen des Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) anzunehmen, sollte die Bundesbildungsministerin vor der eigenen Tür kehren, entgegnete GEW-Schulexpertin Bensinger-Stolze. „Das Startchancenprogramm, mit dem arme Kinder und deren Familien gefördert werden sollen, ausbauen und verstetigen sowie endlich den Digitalpakt 2.0 in trockene Tücher bringen. PISA und alle anderen Schulstudien belegen eindrucksvoll, wo der Handlungsbedarf an den Schulen besteht und wie hoch der Handlungsdruck ist“, sagte Bensinger-Stolze.“ GEW-Mitteilung vom 19.03.2024 externer Link
  • Stellungnahme der GEW Bayern im Rahmen der Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf zur Förderung der Bundeswehr
    Der Ministerrat hat den Entwurf für ein Bayerisches „Bundeswehr-Gesetz“ gebilligt. Die GEW hat sich im Rahmen der Verbändeanhörung gegen die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit und gegen den Einsatz der Bundeswehr im Klassenzimmer geäußert. (…)
    ‚Das Grundverständnis der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) von Bildung und Wissenschaft legt einen starken Fokus auf das Wohl des Einzelnen als auch auf das aller Menschen sowie – daraus abgeleitet – auf den Gedanken zur Nachhaltigkeit. Dies impliziert ein friedliches und solidarisches Miteinander, das nicht nur auf ein friedliches Zusammenleben zwischen den Menschen abzielt, sondern auch auf einen verantwortlichen Umgang mit sämtlichen Lebensformen. Wir leiten daraus eine Kritik an militärischer Konfliktlösung und Rüstungsproduktion ab. Die Produktion von Rüstungsgütern erfordert die Ausbeutung natürlicher Lebensgrundlagen. Ihr Einsatz führt zu Zerstörung. Daher befürwortet die Bildungsgewerkschaft GEW ein ‚Friedensgebot‘ für alle Bildungseinrichtungen, also für Schulen, Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen. Zudem versteht sich die GEW als Mitgliedsgewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) als aktiver Teil der Friedensbewegung. Deshalb wenden wir uns auch gegen den Einsatz von Soldatinnen und Soldaten in Bildungseinrichtungen
    …“ Umfangreiche Stellungnahme der GEW Bayern vom 18.03.2024 externer Link
  • Die Kita im Bunker: Bildungsministerin Stark-Watzinger will Schulen in die Vorbereitung auf den Kriegsfall („Zivilschutz“) einbeziehen und dringt auf enge Kooperation von Hochschulen, Bundeswehr und Rüstungsindustrie
    „Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger fordert die Einbeziehung von Schulen in die Vorbereitung der deutschen Gesellschaft auf einen etwaigen großen Krieg. „Zivilschutz“ sei „immens wichtig“ und gehöre „auch in die Schulen“, sagte Stark-Watzinger am Wochenende. Gemeint sind Maßnahmen, die die Überlebenschancen der Zivilbevölkerung im Kriegsfall erhöhen sollen. Zudem müssten Schulen ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ entwickeln, verlangte die Ministerin; „Vorbehalte“ etwa gegen Auftritte von Jugendoffizieren könne sie nicht nachvollziehen. Schon zuvor hatten führende Vertreter etwa des Deutschen Lehrerverbandes oder des Städte- und Gemeindebundes verlangt, schulische Lehrpläne im Hinblick auf „Verteidigungsbereitschaft“ nachzuschärfen und auch Kindertagesstätten in die „Zivilschutz“-Maßnahmen einzubeziehen; dies sei „kindgerecht“ möglich. Stark-Watzinger will darüber hinaus Hochschulen stärker als bisher für die Rüstungsforschung nutzen. Die bayrische Landesregierung hat inzwischen ein Gesetz auf den Weg gebracht, das eine angebliche „Einengung der Forschung“ durch Zivilklauseln untersagt und ein „Gebot“ zur Kooperation von Hochschulen und Bundeswehr umfasst. (…) Mit der Maßnahme solle das Bundesland Bayern als Standort der Bundeswehr und vor allem auch der Rüstungsindustrie attraktiver werden. Nicht zuletzt sieht das Gesetz vor, dass staatliche Schulen im Rahmen der „politischen Bildung“ mit Jugendoffizieren kooperieren sollen; die Truppe wird außerdem das Recht haben, sich bei Veranstaltungen zu beruflichen Perspektiven von Schulabgängern werbewirksam zu präsentieren.“ Bericht vom 18. März 2024 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • Bundeswehr in Schulen in NRW – eine gute Idee?
    „… Der Deutsche Lehrerverband, der nach eigenen Angaben 165.000 Lehrerinnen und Lehrer bundesweit vertritt, begrüßte den Vorstoß von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). „Der Ukraine-Krieg schafft ein neues Bewußtsein für militärische Bedrohung, das auch an Schulen vermittelt werden muss“, sagte Verbandspräsident Stefan Düll. (…) Nach Dülls Ansicht herrschte viel zu lang eine – Zitat – „Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung“ vor. Düll findet, dass Jugendoffiziere der Bundeswehr eine sinnvolle Unterstützung im Unterricht sein könnten. Sie seien „vertrauenswürdige Absender, um für die Schüler eine Kriegsbedrohung einzuordnen.“ Sie könnten für „Inhalte für den Politikunterricht und das fächerübergreifende Ziel der Demokratie- und Friedenserziehung“ zum Einsatz kommen. (…) Unterstützung kommt auch vom Elternverein NRW. Für die Demokratiebildung junger Menschen sei es wichtig, dass sie eine Vorstellung davon bekommen, welche Aufgaben unsere staatlichen Institutionen erfüllten und welche besondere Geschichte den jeweiligen Aufgaben und Zielen zugrunde liege, teilte der Verein auf WDR-Anfrage mit. „Im Besonderen vor dem Hintergrund der derzeitigen weltweiten Sicherheitslage ist es wichtig, dass die Bundeswehr ihre Aufgabe der Verteidigung unseres Landes und seiner Bewohner in Kooperation mit den Verteidigungskräften anderer europäischer und westlicher Staaten darlegt und erläutert.“ (…) Die Lehrergewerkschaft GEW betont, Schule sei ein Schutzraum für Kinder und Jugendliche. Die Bundeswehr dürfe kein Exklusivrecht über Heranwachsende haben, erklärte die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Ayla Celik. „Alle, die für Demokratie und Friedenspolitik werben, können keine Kooperation von Schulen und Bundeswehr befürworten. Das ist ein Widerspruch in sich.“…“ WDR-Meldung vom 18. März 2024 externer Link
  • Lehrerverband für Unterricht über Krieg: »Viel zu lange herrschte eine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung«
    Bildungsministerin Stark-Watzinger will den Krieg auf die Stundenpläne holen – der Präsident des Lehrerverbands ist dafür. Auch Bundeswehroffiziere seien eine »sinnvolle Unterstützung«…“ Meldung vom 17.03.2024 im Spiegel online externer Link
  • Vorbereitung auf Krisenfälle: Stark-Watzinger für Zivilschutzübungen an Schulen
    Bildungsministerin Stark-Watzinger hat sich dafür ausgesprochen, junge Menschen besser auf Katastrophenfälle vorzubereiten. Schulen sollten Zivilschutzübungen abhalten, Jugendoffiziere an Schulen über ihre Arbeit berichten. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sieht die Schulen in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall und andere Krisen vorzubereiten. „Die Gesellschaft muss sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken.“…“ Meldung vom 16.03.2024 in tagesschau.de externer Link

Siehe auch zur aktuellen Militarisierung – es zeichnete sich ab:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=219094
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