Michael Csaszkóczy gegen Verfassungsschutz vor Gericht: Klage gegen Bespitzelung

Dossier

Solidarität mit Michael Csaszkóczy gegen das BerufsverbotVor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe wird am Mittwoch, 20. April, über die Klage von Michael Csaszkóczy gegen den Verfassungsschutz verhandelt. Das baden-württembergische Innenministerium besteht bis heute darauf, den von 2004 bis 2007 zu Unrecht mit Berufsverbot belegten Lehrer und Antifaschisten aus Heidelberg weiter geheimdienstlich überwachen zu lassen. Es verweigert ihm außerdem die Einsicht in seine Akten. (…) Die Verhandlung am Mittwoch in Karlsruhe wurde wegen des großen öffentlichen Interesses in den großen Saal des Verwaltungsgerichts in der Nördlichen Hildapromenade 1 verlegt. Verhandlungsbeginn ist um 10 Uhr…Beitrag bei den Beobachter News vom 17. April 2016 externer Link. Dazu neu:

  • Wer schützt uns vor dem Verfassungsschutz? Solidaritätserklärung mit dem vom Geheimdienst verfolgten Lehrer Michael Csaszkóczy
    Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat – um die Verfassungsschutzbehörden zu schützen – die Klage des Heidelberger Lehrers Michael Csaszkóczys auf ein Ende seiner geheimdienstlichen Überwachung abgeschmettert und einen weiteren Klageweg faktisch unmöglich gemacht. Zuvor hatte der zu Unrecht mit Berufsverbot belegte Michael Csaszkóczy in einem jahrelangen Gerichtsverfahren gerichtlich feststellen lassen, dass keine Zweifel an seiner Verfassungstreue bestehen. Das Gericht konstatierte nun, Csaszkóczy werde aus folgenden Gründen vom Inlandsgeheimdienst zurecht als Verfassungsfeind verfolgt:
    a) Er arbeite in Organisationen mit, die ausdrücklich bereit seien, auch Kommunistinnen und Kommunisten aufzunehmen.
    b) Er sei der Ansicht, dass Widerstand gegen den wachsenden Neofaschismus notwendig ist und nicht der Polizei und dem ‚Verfassungsschutz‘ überlassen werden darf.
    c) Er sei der Ansicht, auch in der BRD gebe es staatliches Unrecht und Repression und die Verfassungswirklichkeit stimme nicht immer mit dem Verfassungsanspruch überein.
    Bei allen Unterschieden, die uns politisch trennen: Diese Überzeugungen teilen wir mit Michael Csaszkóczy. Von einem Geheimdienst, der immer noch nicht bereit ist, seine Verstrickungen mit dem NSU offenzulegen, der fremdenfeindlichen Organisationen wie AfD und Pegida beharrlich Persilscheine ausstellt und stattdessen antifaschistisches Engagement kriminalisiert, werden wir uns nicht vorschreiben lassen, mit wem wir politisch zusammenarbeiten und mit wem wir solidarisch sind.“
    Die Erklärung mit über 280 Erstunterschriften (Mag Wompel/LabourNet Germany gehören dazu) auf der Startseite der Initiative gegen Berufsverbote externer Link. Unterzeichnet werden kann per mail an kontakt@gegen-berufsverbote.de

  • »Verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigen«. Der Lehrer Michael Csaszkóczy durfte 20 Jahre lang vom Geheimdienst beobachtet werden. Gespräch mit Rolf Gössner
    „… Nachdem es früher gegen die Politik politisch motivierter Berufsverbote vehemente Proteste im In- und Ausland gab, ist die Geschichte inzwischen verdrängt. Deshalb haben sich Betroffene mit gewerkschaftlicher Unterstützung vernetzt, um über die Skandalgeschichte aufzuklären – mit Veranstaltungen, Petitionen und einer sehenswerten Wanderausstellung. Darin werden Berufsverbotsfälle geschildert, die Nichteinstellungen oder Entlassungen zeitigten. Neben schweren Grundrechtsverletzungen und zerstörten Lebensläufen gehören zu den Folgen auch materielle Verluste wie Renteneinbußen. Solche verdrängten Themen müssen weit mehr Menschen beschäftigen, um Aufarbeitung, Akteneinsicht, Rehabilitierung und Entschädigung durchzusetzen. Dies gilt auch für andere Tabus bundesdeutscher Geschichte, wie etwa völkerrechtswidrige Kriegseinsätze oder die Kommunistenverfolgung der 1950er und 60er Jahre. Auch hier gibt es bislang weder Rehabilitierung noch Entschädigung, obwohl die Betroffenen zumeist wegen gewaltfreier Oppositionsarbeit verfolgt und verurteilt wurden.“ Interview von Markus Bernhardt in junge Welt vom 29.07.2016 externer Link
  • 45 Jahre Berufsverbote sind genug!
    Mein politisches Leben holt mich jetzt, im Alter von 81 Jahren, wieder ein. Es ist kaum zu glauben: Seit 1972, als unter Willy Brandt der „Radikalenerlass“ in Kraft trat, kämpfte ich mit Gesinnungsfreunden in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in der Friedensbewegung und anderen sozialen Bewegungen gegen dieses antidemokratische und antikommunistische Machwerk, das die so hoffnungsvoll begonnene Ostpolitik Brandts in Frage stellte und ihn in den Augen vor allem der jüngeren Generationen unglaubwürdig machte. Es hat die Hoffnung und das Vertrauen auf die Demokratie unzähliger junger und älterer Menschen erschüttert, wenn nicht zerstört. Zu spät hat Brandt das eingesehen und als seinen größten Fehler erkannt. Es hat sich eingefressen in die Demokratie und ihre Politik und frisst sich bis heute weiter. Am 17. Juni 2016 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage des vom Berufsverbot betroffenen Lehrers Michael Csaszkóczy abgewiesen. (…) Das Gericht meint den mächtigen „Verfassungsschutz“ vor einem kleinen Lehrer schützen zu müssen, indem es ihm untersagt, die gesammelten Daten herauszurücken. Und da der kleine Lehrer die einzelnen Daten nicht kennt, kann er nicht benennen, welche Daten er gelöscht haben will. Das ist Rechtsprechung in der Bundesrepublik im Jahr 2016! (…) Mit der bundesweiten Initiative „Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden“ (PPF) fordere ich seit Jahren die ersatzlose Abschaffung des „Verfassungsschutzes“. Er schützt nicht die Verfassung, sondern verfälscht und missbraucht  sie im Interesse der politisch Mächtigen. Er hat ein von niemanden mehr kontrolliertes und kontrollierbares Eigenleben entwickelt, das die letzten Reste der Demokratie zerstören wird, wenn wir ihm nicht in die Arme fallen.“ Beitrag von Wolfgang Popp  (Emeritus der Universität Siegen, Leiter des Forschungs- und Lehrgebiets Friedenserziehung an der Universität Siegen, Leiter des Siegener Zentrum für Friedenskultur (ZFK)) – wir danken!
  • Hoheitliche Verrufserklärungen und ihre Folgen
    Erneut zum Verfassungsschutz, der die Demokratie, die ihm so fremd ist, gefährdet. Seine Berichte sind alles andere als folgenlos. Im April 2016 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschieden, dass die Bespitzelung und Überwachung des Lehrers Michael Csaszkóczy durch den Verfassungsschutz rechtmäßig ist. Das Urteil macht vor allem eines deutlich: Gegen das vom Verfassungsschutz konsequent aufgebaute Konstrukt eines gefährlichen Linksextremismus kann man sich juristisch kaum wehren. Es geht eben nicht um konkrete Taten. (…) Die Rote Hilfe und all die vom Verfassungsschutz diffamierten „Autonomen“ und „Linksextremisten“ tragen zu einer demokratische Verfassungswirklichkeit bei, während der Geheimdienst, der als demokratischer  Fremdkörper eindimensionale Feindbilder pflegt, dieser schadet. Schade, dass Gerichte diesen Verrufserklärungen noch immer unbesehen folgen.“ Erklärung vom 28.7.2016 von Elke Steven für und beim Komitee für Grundrechte und Demokratie externer Link
  • Verwaltungsgerichte machen Klagen gegen den Verfassungsschutz aussichtslos
    Der Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy wird im Klageverfahren gegen den „Verfassungsschutz” nicht in Berufung gehen. (…) Den weiteren Rechtsweg hat das Verwaltungsgericht faktisch verbaut, obwohl – oder gerade indem – es formell die Berufung zuließ. Damit der Geheimdienst gegenüber der Wahrnehmung von Bürgerrechten abgeschirmt bleibt, dürfe Csaszkóczy keinesfalls alle über ihn gesammelten Daten sehen. Er könne aber nicht die Löschung von Daten verlangen, die er nicht genau benennen könne. (…) Unter diesen Bedingungen ist ein rechtsstaatliches Verfahren gegen den Inlandsgeheimdienst faktisch unmöglich gemacht. Michael Csaszkóczy ist nicht bereit, den Anschein der Rechtsstaatlichkeit durch Fortführung des Prozesses aufrechtzuerhalten…“ Presseerklärung des Solidaritätskomitees vom 18.7.2016 externer Link
  • Michael Csaszkóczy gegen Verfassungsschutz: Linker Lehrer aus Heidelberg verliert Prozess gegen Verfassungsschutz
    Michael Cszaszkóczy forderte erfolglos Akteneinsicht und das Ende seiner Bespitzelung – Eine Berufung zum Verwaltungsgerichtshof bleibt aber zulässig. (…) Nachdem der Lehrer und bekennende Antifaschist jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet worden war, forderte er die vollständige Akteneinsicht und die Löschung seiner Daten. Nun hat er in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe verloren. „Klage abgewiesen“, lautet der wortkarge Tenor des Urteils, den eine Gerichtssprecherin gestern bekannt gab. Csaszkóczy müsse die Kosten des Verfahrens tragen, eine Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Karlsruhe sei möglich. Die Urteilsbegründung folge in den nächsten Tagen…Artikel von Holger Buchwald dokumentiert ebi Indymedia linksunten vom 28. April 2016 externer Link (ursprünglich bei der Rhein Neckar Zeitung online vom 22. April 2016)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=96734
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