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Kommst Du mit ins Gefahrengebiet? Hamburg: Gipfel der G20 7./8. Juli 2017
Dossier
„Am 7. & 8. Juli ’17 findet mitten in Hamburg ein G20-Gipfel statt: geschützt von einem massiven Sicherheitsapparat treffen sich die Regieraungschef_innen der reichsten und mächtigsten Staaten der Erde, die für eine auf Profitmaximierung ausgerichtete Politik stehen und diese mit „Freihandels“-Verträgen wie CETA, TTIP, EPA & Co. verewigen wollen. Die globalen Folgen sind brutale soziale Ungleichheit, Klimawandel, Kriege, Flucht und Prekarität. Doch wo sie sind, sind auch wir! Kreativ, vielfältig und massenhaft werden wir unsere Kritik auf die Strasse tragen – seid dabei!“ Aus dem Aufruf bei #NOG20_2017 – Infoportal zu den Protesten gegen G20-Gipfel 2017 in Hamburg vom 17. September 2016. Nun, nach dem Event siehe Links zu Grundinfos am Ende des Dossiers und zur Presse als Opfer unser Dossier: G20-Gipfel in Hamburg: Polizeigewalt gegen Pressefreiheit sowiezur juristischen Aufarbeitung das Dossier: G20-Proteste in Hamburg: Keine Ermittlungen gegen vermummte Polizisten – Beschwerde und Strafanzeige dagegen. Bleibt wichtig: Spendet für von Repression betroffene AktivistInnen: Rote Hilfe e.V.: IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39, Sparkasse Göttingen, Stichwort „G20“. Siehe dazu:
- Straftat Anwesenheit: Das skandalöse »Rondenbarg-Verfahren« gegen Demonstrierende beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg
„Krankenhausreif waren Demonstrierende von der Polizei geprügelt worden, als sie 2017 ihre Kritik am Treffen der mächtigsten Staatschefs der Welt beim G20-Gipfel in Hamburg auf die Straße trugen. Darüber hinaus hagelte es Strafverfahren gegen 85 Personen. Ab Januar 2024 begann die Hauptverhandlung vor dem Hamburger Landgericht, im September 2024 fiel das erste Urteil. (…) Entgegen des ursprünglichen Vorwurfs der Staatsanwaltschaft geht inzwischen auch die Kammer in der mündlichen Urteilsbegründung davon aus, dass es sich um eine von Art. 8 GG geschützte Versammlung gehandelt hat und hielt dies in einem öffentlich in das Verfahren eingeführten Vermerk fest. Der Schutz des Grundrechts besteht unabhängig davon, ob die Versammlung anmeldepflichtig und angemeldet war. Gewalttätigkeiten einzelner Personen können den Schutz des Art. 8 GG hierbei nicht entfallen lassen. Auch der BGH selbst führte in der von der StA in der Anklageschrift mehrfach zitierten sog. »Hooligan-Entscheidung« (BGH Urteil vom 24.05.2017 – 2 StR 414/16) aus, dass durch die dortige Ausweitung der Täterschaft im Rahmen des § 125 StGB nicht der Schutzbereich des Art. 8 GG eingeschränkt werden könne. Unstrittig ist auch, dass eine Versammlungsauflösung nicht erfolgt ist. Eine Verurteilung auf dieser Grundlage muss mithin bedeuten, dass die Angeklagten allein für die Anwesenheit bei einer von Art. 8 GG geschützten und nicht aufgelösten Versammlung bestraft werden. (…) Dieser sogenannte »Chilling-Effekt« geht jedoch über die Angeklagten hinaus. Eine Strafbarkeit allein basierend auf der Anwesenheit in einer bestimmten Kleidung bei einer Demonstration, bei der Einzelne Straftaten begehen, macht eine Teilnahme an Versammlungen grundsätzlich zu einem unvorhersehbaren Risiko. Abgesehen davon, dass es sich bei Turnschuhen, Jeans und schwarzer Jacke nicht um eine seltene Kleidungskombination handelt, kann und – so zeigt die Erfahrung – wird eine solche Rechtsprechung in Zukunft auf jegliche Form ähnlicher Kleidung Anwendung finden. (…) Im Zuge der Verhandlung sind mehrere Anhaltspunkte dafür zu Tage getreten, dass Tatbeobachter*innen der Polizei und V-Personen der Verfassungsschutzämter verdeckt an der Vorbereitung der Proteste gegen den G20-Gipfel beteiligt waren, wie auch vor Ort gewesen sein könnten. Soweit eine Verurteilung auf der o.g. Grundlage erfolgen soll, müsste eine konkrete staatliche Beteiligung an der Versammlung ausgeschlossen werden, da dies eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation darstellen würde. (…) Insbesondere würde der Tatbestand des § 125 StGB [Landfriedensbruch] unmittelbar täterschaftlich durch eine Person im staatlichen Auftrag verwirklicht. (…) Soweit die verfassungs- und europarechtlichen Garantien aus Art. 8, 103 Abs. 2 GG und Art. 6 EMRK ernst genommen werden, muss es dabei bleiben, dass nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers die reine Anwesenheit in einer Menschenmenge – erst recht, soweit es sich um eine von Art. 8 GG geschützte Versammlung handelt – keine Verwirklichung des Tatbestandes des § 125 StGB darstellen kann. Gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg haben beide Angeklagte Revision eingelegt. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die versammlungsfreiheitsfeindliche Rechtsprechung des LG Hamburg korrigiert. Eine rechtskräftige Verurteilung der Angeklagten im Rondenbarg-Verfahren würde andernfalls zu einer erheblichen Einschränkung der Versammlungsfreiheit weit über das konkrete Verfahren hinaus führen.“ Rechtliche Bewertung von RA Adrian Wedel aus dem RAV-InfoBrief #126 vom Dezember 2024 - Bundesverwaltungsgericht verkennt Bedeutung für Versammlungsfreiheit – Behinderung des demokratischen Protests beim G20 in Hamburg bleibt ungerügt / Attac prüft Verfassungsbeschwerde
„Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig lässt die massive Behinderung des von Attac und anderen Gruppen organisierten Protestcamps beim G20-Gipfel im Jahr 2017 in Hamburg erneut ungerügt: Die Richter*innen der dritten Instanz haben am Mittwoch die Revision von Attac Deutschland und dem Verein Comm e.V. gegen die zeitweilige Verhinderung und die Beschränkungen des Camps abgewiesen. Attac wird eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil prüfen, sobald die Urteilsbegründung vorliegt. „Wir bedauern dieses erneut enttäuschende Urteil. Camps einschließlich Küchen und Schlafzelten gehören genauso zu demokratischem Protest wie Demonstrationen oder Kundgebungen. Auch sie müssen bei politischen Großereignissen vom Versammlungsrecht gedeckt und uneingeschränkt möglich sein“, sagt Dirk Friedrichs von Attac Deutschland. „Wir halten diese Duldung des Angriffs auf politische Grundrechte durch Stadt und Polizei Hamburg für sehr bedenklich. Die Polizei Hamburg hatte in den Kooperationsgesprächen 2017 von vornherein verkündet, dass sie Schlafen im Camp nicht gestatten wird. Damit setzte sie den erklärten politischen Willen des Senats um, den demokratischen Protest kleinzuhalten. Das ist nicht akzeptabel. Wir werden eine Verfassungsbeschwerde prüfen.“ Rechtsanwältin Ulrike Donat ergänzt: „Das Camp als Teil der mehrtägigen gesamten Protest-Choreografie hat beim G20 nicht die versammlungsrechtliche Bedeutung zugestanden bekommen, die ihm zusteht.“ Mit dem Camp im Volkspark in Hamburg-Altona wollten die Organisator*innen 2017 einen friedlichen Ort schaffen, der die Meinungsbildung und den Protest gegen den G20-Gipfel unterstützt, zugleich aber auch der Unterbringung von Teilnehmer*innen verschiedener Protestversammlungen in der Stadt dient. (…) Organisiert wurde das Camp von einem breiten Bündnis, zu dem Attac, der Verein Comm e.V., der Landesjugendring Hamburg, der Motorradclub Kuhle Wampe, Die Falken, Studierendenverbände, DIEM 25, das Befreiungstheologische Netzwerk, die Linksjugend Solid, das Bündnis Jugend gegen G20, das Bündnis G20 Entern und die Interventionistische Linke gehörten.“ Attac-Pressemitteilung vom 27. November 2024 - Urteil im G20-Rondenbarg-Prozess: Geldstrafe von 90 Tagessätzen – Angriff auf die Versammlungsfreiheit und Symbol der Kriminalisierung von Protest – Revision wird geprüft
- Verurteilung im Rondenbarg-Prozess wegen Demoteilnahme
„Heute hat das Landgericht Hamburg die beiden Angeklagten im Rondenbarg-Prozess wegen Landfriedensbruch zu 90 Tagessätzen verurteilt. Das Urteil ist ein schwerer Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Es wurden Teilnehmer*innen einer Demonstration für Straftaten verurteilt, die sie nicht begangen haben. Allein durch das Tragen von schwarzer Kleidung hätten sich die Angeklagten der Beihilfe zu versuchter Körperverletzung und Sachbeschädigung schuldig gemacht. Demonstrierende werden somit in Kollektivhaftung genommen. Das Urteil stellt auch einen Rückfall hinter den Brokdorf-Beschluss von 1985 dar, der besagte, dass der Schutz der Versammlungsfreiheit ‚für die Teilnehmenden auch dann erhalten bleiben muss, wenn mit Ausschreitungen durch Einzelne oder eine Minderheit zu rechnen ist…“ Meldung vom 3.9.24 bei Gemeinschaftlicher Widerstand - Urteil im G20-Rondenbarg-Prozess: Ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit – Revision wird geprüft
„Am heutigen Dienstag, den 3. September 2024, endete der G20-Rondenbarg-Prozess vor dem Landgericht Hamburg. Die Angeklagten wurden zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Die Bündnisse „Grundrechte verteidigen“ und „Gemeinschaftlicher Widerstand“ kritisieren das Urteil scharf und bezeichnen es als einen Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Die Verteidigung prüft eine Revision und sieht dafür bereits mehrere Ansatzpunkte.
Rechtsanwalt Adrian Wedel nimmt dazu Stellung: „Das heutige Urteil stellt einen schweren Angriff auf das Demonstrationsrecht dar. Der ‚Schwarze Finger‘ war eine nach Artikel 8 des Grundgesetzes geschützte Versammlung, die brutal von der Polizei zerschlagen wurde. Während die Polizeigewalt am Rondenbarg bis heute nicht aufgeklärt ist, werden die Protestierenden nun für Straftaten verantwortlich gemacht, die sie nicht begangen haben.“
Nils Jansen, einer der heute Verurteilten, sagte dazu: „Mit dem heutigen Urteil werden Demonstrierende in Kollektivhaftung genommen – das kann eine abschreckende Wirkung auf alle haben, die in Zukunft protestieren wollen. Neofaschistische Kräfte gewinnen nicht nur in Sachsen und Thüringen an Einfluss, gerade jetzt ist das Recht auf freie Versammlung wichtiger denn je.“ (…)
Die Verteidigung sieht in dem heutigen Urteil einen Rückfall hinter den sogenannten Brokdorf-Beschluss von 1985. Dieser Beschluss stellt klar, dass der Schutz der Versammlungsfreiheit ‚für die Teilnehmenden auch dann erhalten bleiben muss, wenn mit Ausschreitungen durch Einzelne oder eine Minderheit zu rechnen ist.‘ Der heute beendete Rondenbarg-Prozess ist Teil eines größeren Verfahrens mit insgesamt 86 Beschuldigten. Zwei weitere Rondenbarg-Verfahren gegen insgesamt 17 Beschuldigte wurden bereits vor Kurzem neu eröffnet, sodass ab kommendem Jahr mit weiteren Verhandlungen zu rechnen ist.“ Pressemitteilung vom 3.9.2024 von Grundrechte verteidigen! (per e-mail) - 90 Tagessätze für Teilnahme an G20-Demonstration: Hamburger Gericht fällt Urteil gegen zwei Angeklagte im ersten Rondenbarg-Prozess
„Nils Jansen trägt Sneaker, kurze Hose und ein weißes T-Shirt, als er sich mit »nd« über das gerade gegen ihn gesprochene Urteil unterhält. »Von der ursprünglichen Anklage ist nicht viel übrig geblieben, wenn man bedenkt, dass ursprünglich Haftstrafen im Raum standen.« Die Große Strafkammer des Landgerichts Hamburg hat den 29-Jährigen und eine 35-Jährige zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt, von denen jeweils 40 Tagessätze als bereits vollstreckt gelten. Damit blieb das Gericht deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf 150 Tagessätze plädiert hatte. Ein wichtiger Aspekt: Die Verurteilten bekommen durch die moderate Geldstrafe keinen Eintrag in ihr polizeiliches Führungszeugnis. Ob die beiden nach acht Monaten mit 24 Verhandlungstagen gegen das Urteil in Revision gehen, ist noch nicht sicher. »Es gibt Anhaltspunkte, die dafür sprechen, das zu tun«, so Jansen. Wichtig war ihm, dass der bisherigen Eskalationstaktik im Rondenbarg-Komplex durch das Gericht ein Riegel vorgeschoben wurde…“ Artikel von Matthias Greulich vom 03.09.2024 in ND online - Urteil im Rondenbarg-Verfahren: Ein Symbol der Kriminalisierung von Protest
„Heute wurde im Rondenbarg-Verfahren das Urteil verkündet: Die Angeklagten wurden zu 90 Tagessätzen verurteilt. Dieses Urteil ist ein weiterer trauriger Höhepunkt in der systematischen Kriminalisierung legitimen Protests, die den G20-Gipfel 2017 in Hamburg und seine Nachwirkungen geprägt haben. (…) Das Rondenbarg-Verfahren, das nun mit der erstinstanzlichen Verurteilung von zwei Angeklagten endete, reiht sich in eine lange Folge staatlichen Verfolgungswillens ein. Trotz der Tatsache, dass keine individuellen Straftaten nachgewiesen werden konnten, wurden die Angeklagten für ihre bloße Anwesenheit während der Proteste bestraft – ein beispielloser Angriff auf die Demonstrationsfreiheit. Während des Prozesses, der sich über 24 Verhandlungstage erstreckte, wurden nicht nur die Polizeigewalt und die Rolle der Einsatzkräfte ignoriert, sondern auch neue, beunruhigende Erkenntnisse über den Einsatz von V-Leuten während der Proteste bekannt. Diese Personen, die sich als Demonstrierende tarnten, könnten aktiv zur Eskalation beigetragen haben – Fragen, die der Prozess unbeantwortet ließ.
Trotz des heutigen Urteils laufen weitere Verfahren gegen insgesamt 86 Personen, die ebenfalls im Kontext mit der Demonstration am Rondenbarg verfolgt werden. Einige von ihnen erlitten durch den brutalen Polizeieinsatz an diesem Tag schwere Verletzungen, unter denen sie teils bis heute leiden. Die Hamburger Staatsanwaltschaft betreibt einen massiven Aufwand, um diese Verfahren durchzusetzen, oft gegen Menschen, die inzwischen in völlig neuen Lebenssituationen stehen.
„Dies ist ein klarer Versuch, ein Exempel zu statuieren und die linke Bewegung zu spalten“, sagt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Rote Hilfe e. V. „Doch wir stehen geschlossen gegen diese Repression. Wir werden uns nicht vorschreiben lassen, wie und mit wem wir unsere Grundrechte ausüben.“
„Das heutige Urteil im Rondenbarg-Verfahren ist ein weiterer Tiefpunkt in der Kriminalisierung von Protesten. Die Demonstrationsfreiheit wird durch solche Urteile massiv gefährdet. Wir fordern die sofortige Einstellung aller G20-Verfahren und stehen solidarisch mit allen, die von dieser Repression betroffen sind. Diese Urteile werden linken Protest nicht brechen – im Gegenteil, sie machen uns stärker. Denn: Solidarität bleibt unsere stärkste Waffe.““ Pressemitteilung vom 03.09.2024 des Bundesvorstands Rote Hilfe e. V.
- Verurteilung im Rondenbarg-Prozess wegen Demoteilnahme
- Urteilsverkündung am Dienstag, den 03.09. im G20-Rondenbarg-Prozess: Staatsanwaltschaft will Geldstrafe für Demo-Teilnahme, Verteidigung fordert Freispruch zum Schutz der Versammlungsfreiheit
- Politische Abschluss-Statements der Angeklagten im Rondenbarg-Prozess
„Am 27.08.2024, dem 23. Prozesstag, hielten beide Angeklagte politische Abschluss-Statements. Hier dokumentieren wir ihre kämpferischen Beiträge…“ Doku vom 02.09.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand - Staatsanwaltschaft will Geldstrafe für Demo-Teilnahme – Urteil im Rondenbarg-Prozess am 03.09.2024
„Am 26.08.2024 wurde die Beweisaufnahme im aktuellen Rondenbarg-Prozess geschlossen. Zuvor hatte die Richterin noch einen Antrag auf Einstellung von der Verteidigung abgelehnt. Die Verteidigung hatte argumentiert, dass aufgrund einer „rechtsstaatswidrigen Tatprovokation“ ein Verfahrenshindernis vorliegt. Das Gericht lehnte dies ab, weil die Kammer, selbst wenn V-Personen am Rondenbarg anwesend waren, darin keine Tatprovokation sehen will. Laut der Staatsanwältin haben sich die Angeklagten nach Paragraf 125 Absatz 1 Nr. 2 Landfriedensbruch – Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit – in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und Beihilfe zur Sachbeschädigung strafbar gemacht. Die Staatsanwältin verweist in ihrem Plädoyer auf das BGH-Urteil im Elbchaussee-Verfahren. Die Angeklagten hätten Gewalt gegen Sachen und gegen die Polizei in Kauf genommen und hätten sich dem Dresscode des Schwarzen Fingers angepasst. Sie hätten dabei mitgewirkt „den Gewalttätern einen Rückzugsort zu bieten“. Die Staatsanwältin fordert eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu 15 Euro beziehungsweise 40 Euro. In den Plädoyers der Verteidigung am 27.08.2024 gingen die Anwält*innen darauf ein, dass der Schwarze Finger eindeutig eine nach Artikel 8 des Grundgesetzes geschützte Versammlung gewesen sei…“ Meldung vom 30.08.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand - G20-Rondenbarg-Prozess: Verteidigung fordert Freispruch zum Schutz der Versammlungsfreiheit
„Am Dienstag, den 27.08.2024 ging am Hamburger Landgericht der Prozess mit Abschlussstatements der Verteidigung und dem letzten Wort der Angeklagten zu Ende. Das Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet.
Unstrittiges Ergebnis des achtmonatigen Verfahrens ist, dass die Angeklagten keine eigenhändigen Straftaten verübt haben. Die Demonstration am Rondenbarg war zudem eine politische Versammlung und als solche vom Grundgesetz geschützt. Laut Verteidigung dürften mögliche vereinzelte Sachbeschädigungen am Rand der Demonstration deshalb nicht zu einer Strafbarkeit aller Teilnehmenden führen. Der Versuch der Staatsanwaltschaft, alle Versammlungsteilnehmer*innen für Straftaten Einzelner haftbar zu machen, bedrohe die Versammlungsfreiheit. Die Verteidigung forderte daher heute einheitlich den Freispruch…“ Bericht von Grundrechte verteidigen! – Urteilsverkündung am Dienstag, den 03.09. um 11:00 am Landgericht Hamburg, Strafjustizgebäude (Sievekingpl. 3) - Erster G20-Rondenbarg-Prozess endet: Gegen zwei Angeklagte des »schwarzen Fingers« wird Dienstag das Urteil verkündet
„Als Richterin Sonja Boddin die Beweisaufnahme am Montag um 11.58 Uhr abschließt, bleiben noch Fragen offen, die ein Zeuge nicht beantworten darf. Marc-Alexander Schindelar wartet dazu zwar im Flur des Hamburger Landgerichts, doch er darf nicht aussagen, wo der Verfassungsschutz V-Personen beim G20-Gipfel in Hamburg eingesetzt hat. Das ist von Bedeutung für den Rondenbarg-Prozess, der seit Januar vor der großen Strafkammer verhandelt wird. (…) Für die Verteidigung ist aber die mögliche Beteiligung von V-Personen des Verfassungsschutzes aus Niedersachsen am Geschehen ein Verfahrenshindernis. Schindelar, der Abteilungsleiter für Linksextremismus im dortigen Landesamt, hatte zuvor im Rondenbarg-Prozess eingeräumt, dass mehrere V-Personen aus dem Bundesland beim G20-Gipfel im Einsatz gewesen waren und dabei Straftaten begangen hatten. Mangels Kontaktdaten hatte die Verteidigung erfolglos versucht, einen in Göttingen Enttarnten als Zeugen zu laden. Beim Verwaltungsgericht Hannover beantragten die Anwälte deshalb im Eilverfahren, die Aussagegenehmigung für Schindelar für den G20-Gipfel erweitern zu lassen. Am vergangenen Donnerstag wurde dies abgelehnt. Man müsse »ausschließen, dass staatlich bezahlte Akteure das Bedrohungsszenario mitgestaltet haben, für das andere bestraft werden sollen«, hatte Rechtsanwalt Sven Richwin, der eine Angeklagte vertritt, zuvor erklärt. Am Dienstag plädierten die Verteidiger deshalb auf Freispruch. Dass Spitzel des Geheimdienstes in dem »schwarzen Finger« gewesen sein könnten, ist für die Strafkammer aber angeblich nicht entscheidend. »V-Leute haben nicht auf die Angeklagten eingewirkt«, führte die Richterin Boddin aus. Bei diesen habe schon zuvor eine »Tatgeneigtheit« bestanden.
Im August informierte Boddin die Prozessbeteiligten, dass aus ihrer Sicht von den erheblichen Vorwürfen, die Angeklagten seien Mittäter bei einem schweren Landfriedensbruch, möglicherweise »gar nichts übrig bleibt«. Die Kammer ziehe aber noch eine Verurteilung wegen Beihilfe in Erwägung. Dem schloss sich die Staatsanwaltschaft am Montag in ihrem 90-minütigen Schlussvortrag an und verwies darin auch auf Sachbeschädigungen sowie versuchte schwere Körperverletzungen. Die Vertreterin forderte für die beiden Angeklagten nunmehr eine vergleichsweise geringe Geldstrafe von jeweils 150 Tagessätzen. Wegen überlanger Verfahrensdauer sollten jedoch jeweils 60 Tagessätze als vollstreckt gelten. (…)
»Es geht der Staatsanwaltschaft nicht um die Einschränkung der Versammlungsfreiheit oder um Sippenhaft«, sagte Staatsanwältin Meeseburg am Montag. Wenn nun auch den anderen Teilnehmer*innen des Geschehens am Rondenbarg eine Verurteilung droht, geschieht aber genau das. Denn im »Rondenbarg-Komplex« sind insgesamt 85 Personen angeklagt – drei hatten sich bereits im Januar mit der Staatsanwaltschaft auf einen Deal geeinigt. »Es hat eine abschreckende Wirkung, wenn durch ein Urteil Demonstrierende für strafbare Handlungen Dritter belangt würden. Es wäre dann für den Einzelnen nicht mehr berechenbar, wo man sich beteiligen kann und wo nicht«, sagte der Verteidiger Adrian Wedel am Montag…“ Artikel von Matthias Greulich vom 27.08.2024 in ND online
- Politische Abschluss-Statements der Angeklagten im Rondenbarg-Prozess
- „Versammlungsfreiheit verteidigen! Freispruch für die Angeklagten im G20-Rondenbarg-Prozess!“: 2 Demos am 24.8., letzte Termine im Prozess und Urteil am 3.9.
„Der aktuelle seit Januar 2024 laufende G20-Rondenbarg-Prozess steht kurz vor dem Abschluss. Am 26. und 27. August sind noch Prozesstermine angesetzt und am 3. September ist das Urteil zu erwarten. Beim letzten Prozesstermin am 15. August hat die Verteidigung einen Antrag auf Einstellung gestellt, da eine „rechtsstaatswidrige Tatprovokation“ durch Behörden nicht ausgeschlossen werden kann. Den Angeklagten wird Landfriedensbruch vorgeworfen, ohne dass ihnen individuelle Straftaten zugerechnet werden. Allein mit der Anwesenheit in der Versammlung soll durch das Anlegen schwarzer Kleidung oder Vermummung eine Unterstützung so genannter Gewalttäter*innen erfolgt sein. Die Beteiligung von V-Personen in der Versammlung würde sich somit nicht auf eine rein passive Informationsgewinnung beschränken, sondern einen aktiven Tatbeitrag darstellen. Dies wäre dann eine „rechtsstaatswidrige Tatprovokation“ und nach europäischem Recht ein Verfahrenshindernis. Über den Antrag wird bei den nächsten Prozessterminen entschieden…“ Pressemitteilung von Gemeinschaftlicher Widerstand vom 22.8.24 („Letzte Termine im Prozess, Demos am 24.8. und Urteil am 3.9.“), siehe auch:- G20-Rondenbarg-Prozess: Zivilbeamte in der Demo?
„Im Rondenbarg-Prozess wird am Montag, den 26.08. die Beweisaufnahme abgeschlossen werden. Dann folgen die Abschluss-Statements von Verteidigung, Angeklagten und Staatsanwaltschaft. Eine zentrale Frage ist, ob Zivilbeamte von Polizei oder Verfassungsschutz Teil der Demonstration am Rondenbarg waren. Dafür gibt es zahlreiche Indizien.
Einer der Strafverteidiger, Adrian Wedel, kommentierte dazu: „Den Angeklagten werden keine individuellen Straftaten zugerechnet, ihnen wird die bloße Teilnahme an der Demonstration am Rondenbarg vorgeworfen. Vor diesem Hintergrund wäre schon die Anwesenheit von V-Personen eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation. Die Verteidigung hat deshalb bereits einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gestellt.“ Der Niedersächsische Verfassungsschutz räumte im aktuellen Verfahren ein, dass mehrere V-Personen an den G20-Protesten beteiligt waren, wollte sich aber nicht zu der Frage äußern, ob dies auch konkret für die Demonstration am Rondenbarg gilt. Er stellte zudem klar, dass etwaige V-Personen autorisiert seien, „niedrigschwellige Straftaten“ wie Sachbeschädigungen und Vermummung zu begehen.
Im Nachgang der G20-Proteste wurden bereits mehrerer solcher Fälle publik. Brisant war insbesondere der Fall des Ende 2017 enttarnten Göttinger Spitzels Gerrit Greimann, der als V-Mann des Niedersächsischen Verfassungsschutzes an den Vorbereitungen der G20-Proteste und auch an den Aktionen selbst teilnahm. Dabei habe er laut Medienberichten Rucksäcke mit Wechselkleidung mit sich geführt und sich – mal vermummt und in schwarz, mal in bunter Zivilkleidung – an Aktionen wie „Block G20“ bzw. „Colour the Red Zone“ beteiligt.“ Mitteilung von „Grundrechte verteidigen!“ am 23.8.24 per e-mail
- G20-Rondenbarg-Prozess: Zivilbeamte in der Demo?
- Rondenbarg-Verfahren bedroht die Versammlungsfreiheit. Nächster Prozeßtag am 15. August, Demonstrationen am 24. August in Hamburg und Karlsruhe vor dem Urteil
- Rondenbarg-Verfahren in Hamburg: Präzedenzfall böser Finger
„Im G20-Prozess am Landgericht Hamburg drohen Verurteilungen wegen Beihilfe zu Straftaten. Das käme einer Einschränkung des Demonstrationsrechts gleich (…)
In das laufende Verfahren wurden auch die Absprachen von »BlockG20« als Beweismittel eingeführt: Um die Innenstadt zu erreichen und dabei nicht aufgehalten zu werden, sollten beim Kontakt mit Polizeikräften diese »umflossen« werden. Innerhalb der Stadt ist dies schwieriger als auf dem freien Feld wie bei den G8-Protesten 2007 in Heiligendamm, wo die Fingertaktik bereits zum Einsatz kam. Laut einem Protestforscher der Universität Bremen, der Mitte April als Zeuge im Prozess gehört wurde, entsprach nicht alles, was im schwarzen Finger passierte, den getroffenen Vereinbarungen. Diese kannten offensichtlich nicht alle. So führen die Protestforscher*innen auch in ihrer Studie an: »Einige zerstören die Scheiben einer Bushaltestelle, sprühen ›NoG20‹ auf die Fahrbahn oder ziehen Material einer Baustelle auf die Straße. Andere versuchen, sie davon abzuhalten, und missbilligen die Aktion via Megafon.«
Diese Auseinandersetzung um Aktionen innerhalb des schwarzen Fingers widerlegt die Behauptung der Anklage, dass es unter den Teilnehmenden einen »gemeinsam Tatplan« gab, um Gewalttätigkeiten zu begehen oder damit zu drohen. Letzteres ist Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs. Die Staatsanwaltschaft versucht dennoch, diesen Nachweis zu führen. Auch das Gericht zieht in Erwägung, dass sich die Demonstrant*innen für schwarze Kleidung und teilweise Vermummung entschieden hätten, um bedrohlich zu wirken. Deshalb fragen die Richter*innen alle Zeug*innen, ob sie sich durch den dunklen Demonstrationszug bedroht gefühlt hätten. Die Zeugen folgten in ihren Autos jedoch furchtlos der Demo, manche filmten sogar dabei. Beschäftigte einer Firma lachten, nachdem Protestierende das Firmengelände als Abkürzung genutzt hatten. All das klingt nicht so, als ob die Zeug*innen ängstlich gewesen wären.
Die beiden Angeklagten sollen Teil des schwarzen Fingers gewesen sein. Eine individuelle Straftat wird beiden nicht vorgeworfen. Die 35-jährige Angeklagte ist im Rondenbarg festgenommen worden, und dort wurden erstmals ihre Personalien festgestellt. Sie könnte also zu den Personen gehören, die erst später dazugestoßen sind. Von diesen Hinzugekommenen hat der Hamburger Polizeibeamte und Einsatzführer des »Einsatzabschnitts Aufklärung« Mitte Juli als Zeuge berichtet. Die Demoteilnahme des zweiten Angeklagten gilt als nachgewiesen: Der heute 29-Jährige ist auf einer Videoaufnahme zu sehen, die das Ende des Demozugs zeigt – zusammen mit weiteren Menschen, die weder vermummt noch einheitlich schwarz gekleidet waren. (…) Die kurz vor ihrem Ende stehende Beweisaufnahme hat also die Anklage der Staatsanwaltschaft weitgehend nicht bestätigt. Das hat das Gericht wiederholt angedeutet. Eine Verurteilung wegen Beihilfe zu Straftaten und Teilnahme – nicht mehr wegen Täterschaft – an Landfriedensbruch könne jedoch in Betracht kommen. Dass ein solches Urteil für Teilnehmende einer vom Versammlungsrecht geschützten Demo möglich scheint, ist das Neue in diesem Verfahren und könnte einen Präzedenzfall schaffen. (…)
Das Urteil wird zeigen, wie es im Jahr 2024 um die Versammlungsfreiheit in Deutschland bestellt ist: Ob künftig für Personen mit einer schwarzen Jacke schon die bloße Anwesenheit auf einer Demo mit vielen dunkel gekleideten Teilnehmer*innen ein Strafverfahren nach sich ziehen kann. Ob sich Teilnehmer*innen einer zunächst grundgesetzlich garantierten Versammlung neuerdings strafbar machen, wenn sie sich nicht umgehend entfernen, sobald einzelne Demonstrant*innen Baustellengitter auf die Straße ziehen, Rauchkörper zünden oder Polizist*innen bewerfen. Ob Teilnehmer*innen also innerhalb weniger Minuten von Demonstrant*innen zu Landfriedensbrecher*innen werden können, ohne dass die Polizei eine einzige Durchsage gemacht hat. Kurz: ob politisches Engagement kriminalisiert wird und Menschen von der Teilnahme an Demonstrationen abgeschreckt werden.
Am 15. August wird der Prozess mit Stellungnahmen der Verteidigung fortgesetzt.“ Artikel von Niels Seibert vom 31.07.2024 in ND online - Prozesstermine und mögliches Urteil im August 2024 im G20-Rondenbarg-Verfahren
„Der G20-Rondenbarg-Prozess, der im Januar 2024 begonnen hat, neigt sich seinem Ende entgegen. Im August stehen noch vier Termine an. Eventuell wird es am 15. und 16. August bereits die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung geben. Weitere Prozesstermine sind der 26. und 27. August, an einem dieser Daten könnte bereits das Urteil verkündet werden. Als weiteren Termin wurde der 3. September festgelegt, falls es noch zu Verzögerungen kommen sollte…“ Meldung vom 29.07.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand mit weiteren 4 Terminen - Demonstrationen am 24. August in Hamburg und Karlsruhe vor dem Urteil im G20-Rondenbarg-Prozess
„Der G20-Rondenbarg-Prozess neigt sich seinem Ende entgegen. Mit einer Urteilsverkündung ist Ende August zu rechnen. Wir wollen vor der Urteilsverkündung gemeinsam unter dem Motto „Versammlungsfreiheit verteidigen! Freispruch für die Angeklagten im G20-Rondenbarg-Prozess!“ auf die Straße gehen und rufen am Samstag, dem 24. August, zu Demonstrationen in Hamburg und Karlsruhe auf. Für die Mobilisierung zu den beiden Demonstrationen haben wir Plakate, Flyer und Aufkleber gedruckt…“ Aufruf & Infos bei Gemeinschaftlicher Widerstand zu:- Für Versammlungsfreiheit und widerständigen Protest! United we Stand!
August 2024 | 15 Uhr | Demonstration | Hamburg | Gänsemarkt
August 2024 | 15 Uhr | Demonstration | Karlsruhe | Friedrichsplatz
- Für Versammlungsfreiheit und widerständigen Protest! United we Stand!
- Rondenbarg-Verfahren in Hamburg: Präzedenzfall böser Finger
- Schöffe fliegt – Richterin bleibt, der Prozesstag am 28. Juni fällt aus und Tag X ist der Samstag vor der Urteilsverkündung im Rondenbarg-Prozess
- Kein G20-Rondenbarg-Prozess am 28. Juni
„Der morgige Prozesstag am 28. Juni fällt aus. Die Polizeizeugen des Wasserwerfertrupps der Bundespolizei Hühnfeld sind durch ihren Einsatz, Schutz der AfD in Essen, verhindert. Während der Zerschlagung der Demonstration am Rondenbarg hatte die Hühnfeld-Einheit von hinten diese mit Wasserwerfern angegriffen. Der nächste Prozesstag soll am 18. Juli stattfinden.“ Meldung von Gemeinschaftlicher Widerstand vom 27.06.2024 - Prozess gegen G20-Demonstrierende: Schöffe fliegt raus
„Im Hamburger Rondenbarg-Prozess war gegen einen Schöffen ein Befangenheitsantrag gestellt worden. Er hatte sich über einen NDR-Bericht aufgeregt. Ein Schöffe im laufenden Hamburger Rondenbarg-Prozess wird ersetzt: Das Landgericht Hamburg hat am Dienstag die Ablehnung des Schöffen wegen Befangenheit für begründet erklärt. Beantragt hatten dies die Verteidiger der beiden Angeklagten, weil sich der Schöffe Ende Mai beim NDR über einen Fernsehbericht beschwert hatte. Ein zweiter Befangenheitsantrag hatte hingegen keinen Erfolg. „Die Ablehnung der Vorsitzenden Richterin wurde zurückgewiesen“, teilte Sven Richwin, einer der beiden Anwälte, der taz mit. Das Gericht bestätigte am Dienstag die Entscheidungen…“ Artikel von André Zuschlag vom 25.6.2024 in der taz online - #TagX Demos in #Hamburg an: Am Samstag vor dem Urteil im #Rondenbarg-Prozess nehmen wir uns um 15 Uhr die Straße.
„Kommt am Tag X zur Demonstration nach Hamburg, wo derzeit der Rondenbarg-Prozess stattfindet und nach Karlsruhe, wo sich der Bundesgerichtshof befindet, der bei einer Revision urteilen wird. Tag X ist der Samstag vor der Urteilsverkündung im Rondenbarg-Prozess. Für Versammlungsfreiheit und widerständigen Protest!...“ Aufruf von Gemeinschaftlicher Widerstand zur Demonstration am Samstag vor dem Urteil – 15 Uhr – Hamburg und Karlsruhe
- Kein G20-Rondenbarg-Prozess am 28. Juni
- Nach Übergriff auf Demonstration: Berüchtigte Spezialeinheit „Blumberg“ sagt im Rondenbarg-Prozess aus
„Der Hundertschaftsführer und zwei weitere Polizeibeamte sind Donnerstag und Freitag am Landgericht Hamburg vorgeladen.
Seit Januar läuft vor dem Hamburger Landgericht ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den G20-Protesten in Hamburg. Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit „Blumberg“ der Bundespolizei hatte dort eine G20-kritische Demonstration gewaltsam aufgelöst. Dabei kam es zu elf schwerverletzten Demonstrierenden, unter den Verletzungen waren ein angebrochener Halswirbel, ein offener Beinbruch sowie weitere Knochenbrüche und Kopfverletzungen. Kein Beamter kam zu Schaden, mehrere Demonstrierende leiden bis heute unter den Folgen der Verletzungen.
Die Blumberger Hundertschaft ist für ihre brutalen Einsatztaktiken berüchtigt, trotzdem gibt es für die verantwortlichen Polizeibeamten selten Konsequenzen. Auch im seit Januar laufenden „Rondenbarg“-Verfahren stehen nicht Blumberger Polizisten, sondern Demonstrierende vor Gericht. Die Zeugenaussagen der Polizeibeamten sollen jetzt unter anderem die Frage klären, ob zivile Polizeibeamte als „agents provocateurs“ in der Demonstation eine Eskalation bewusst provozierten. Das könnte für den Prozess maßgeblich sein. Zu dieser Frage wird am selben Tag auch ein Beamter des Verfassungsschutz befragt werden.
„Das Ausmaß der Polizeigewalt am Rondenbarg hat mich schockiert. Das war keine Festnahme, sondern ein regelrechter Überfall der Polizei auf die Demonstration.“ erinnert sich Nils Jansen, Angeklagter im Prozess und damals Mitglied im Jugendvorstand der Gewerkschaft ver.di im Bezirk NRW-Süd. „Zu Beginn dieses Jahres erhielt erstmals ein G20-Aktivist Schadensersatz für Polizeigewalt. Das ist auch hier mehr als überfällig.” Meldung vom 29.5.24 der Initiative Grundrechte Verteidigen! mit Infos zur Verhandlung - Kollektivstrafen für Demonstrierende verhindern: Rondenbarg-Prozess bedroht auch eure Versammlungsfreiheit „… Seit Januar läuft vor dem Hamburger Landgericht ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den G20-Protesten in Hamburg. 2017 wurde dort in der Straße „Rondenbarg“ eine G20-kritische Demonstration von einer Sondereinheit der Polizei eingekesselt und aufgelöst. Dabei wurden elf Demonstrierende schwer verletzt, kein Beamter kam zu Schaden. Trotzdem stehen jetzt nicht die verantwortlichen Polizeibeamten, sondern die Demonstrierenden vor Gericht: Angesetzt sind 25 Prozesstage gegen Aktivist*innen, die aus ihrem Arbeitsalltag und Privatleben gerissen werden. Das Verfahren bedroht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit: Keinem der Angeklagten wird eine individuelle Tat vorgeworfen, die bloße Anwesenheit auf der Demonstration soll für eine Verurteilung reichen. Das würde Kollektivstrafen gegen Demonstrierende zunehmend als Standard etablieren. Allein die Möglichkeit für die bloße Teilnahme an einer Demonstration vor Gericht zu landen, kann schon heute abschrecken, überhaupt an Versammlungen teilzunehmen. (…) Nach über drei Monaten und 13 Verhandlungstagen ist von der ursprünglichen Anklage der Staatsanwaltschaft nicht mehr viel übrig. Das Gericht erkannte an, dass es sich bei der Demonstration am Rondenbarg grundsätzlich um eine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes handelte. Doch das ist kein Grund zum Aufatmen, die Gefahr einer Einschränkung des Demonstrationsrechts durch Kollektivstrafen ist sogar noch gewachsen. In Zukunft könnte schon die falsche Jacke auf einer Demo zum Problem werden. Der Demozug am Rondenbarg war als Teil des Farbkonzepts von Block G20 (roter, blauer, grüner, pinker und schwarzer „Finger“) größtenteils dunkel gekleidet. Daraus konstruiert das Gericht jetzt eine „psychische Beihilfe“ und zieht eine kollektive Veruerteilung wegen Landfriedensbruch in Betracht. Wenn schon ähnliche Kleidung für eine kollektive Strafbarkeit ausreicht, was bleibt dann übrig von selbstbestimmmter Gestaltung politischer Versammlungen? Insgesondere Aktionen des zivilen Ungehorsams mit einheitlichen Outfits geraten so ins Visier der Justiz. Dabei braucht diese Gesellschaft angesichts von Kriegen, Klimakrise und rechter Hetze gerade jetzt mehr mutige Menschen die ihr demokratisches Recht auf Versammlungsfreiheit kreativ und vielfältig nutzen. Was tun? Schafft Öffentlichkeit (…) Hingucken! Zuhören! Dokumentieren! Wir rufen dazu auf, den Prozess auch im Gerichtssaal aktiv zu begleiten. An allen Prozesstagen gibt es außerdem Kundgebungen vor dem Hamburger Landgericht – beginnend jeweils eine Stunde vor Prozessbeginn. Demonstrieren! Am Samstag vor dem „Tag X“ der Urteilsverkündung werden in verschiedenen Städten Deutschlands Demonstrationen stattfinden. Ein Urteil ist im Juli zu erwarten, Infos bald unter: https://gemeinschaftlich.noblogs.org/ . Prozesse kosten Geld! Spendet für die Betroffenen auf das Konto von Rote Hilfe e.V., IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39, Sparkasse Göttingen, Stichwort „G20“ Meldung vom 6. Mai 2024 bei Grundrechte verteidigen online
- Brutaler Polizeieinsatz bei G20 wird amtlich durch Entschädigung für Attac-Aktive nach fast sieben Jahren – wenn auch durch gerichtlichen Vergleich
- Brutaler Polizeieinsatz bei G20: Entschädigung für Attac-Aktive nach fast sieben Jahren durch gerichtlichen Vergleich
„Mit Abschluss eines Vergleichs geht ein langjähriges Gerichtsverfahren rund um einen brutalen Polizeieinsatz im Rahmen der G20-Proteste 2017 zu Ende: Drei Attac-Aktive hatten gegen die Stadt Hamburg geklagt, weil sie Opfer von brutaler Polizeigewalt wurden und dabei starke Verletzungen davontrugen. Das Gericht schätzte dies als unverhältnismäßig ein und äußerte „erhebliche Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes. Die Stadt Hamburg verpflichtete sich im Vergleich zur Zahlung von Schadensersatz und erkennt dadurch die Rechtswidrigkeit der willkürlichen Gewaltausübung durch Polizeibeamt*innen indirekt an. „G20 zeigt systemische Polizeigewalt: Immer wieder setzt sich die Polizei über das Gesetz hinweg, indem sie Protestierende widerrechtlich aufhält und verprügelt. So stört und behindert die Polizei Demonstrationen, die ihr nicht gefallen“, sagt Sabine Lassauer, eine der Kläger*innen und Aktive bei Attac. „Mit dem Vergleich setzt das Verwaltungsgericht systematischer Polizeigewalt endlich etwas entgegen. Es ist ein Schuldeingeständnis von Stadt und Polizei Hamburg, sich auf den Vergleich und die Schadensersatzzahlung einzulassen. Für uns ist der Vergleich daher ein Erfolg!“…“ attac-Pressemitteilung vom 16. April 2024 , siehe auch: - Sieben Jahre nach dem G20-Gipfel: Polizeigewalt wird amtlich
„Die Hamburger Polizei muss Schadensersatz an drei Attac-Aktivist*innen zahlen. Sie waren beim G20-Gipfel Opfer von Polizeigewalt geworden. Für eine vier Zentimeter große Platzwunde am Hinterkopf zahlt die Polizei sieben Jahre nach dem G20-Gipfel 800 Euro, und die Sache ist gegessen. Mit der Zahlung von zwei weiteren, lächerlich geringen Summen, also mit insgesamt 1.600 Euro Schadensersatz, endet ein langjähriges Gerichtsverfahren zwischen der Nichtregierungsorganisation Attac und der Polizei Hamburg. Geklagt hatten die drei von Polizeigewalt betroffenen Attac-Mitglieder schon im Januar 2018, ein halbes Jahr nach den Gipfelprotesten. Im Juli 2017 waren sie als Teil des „Roten Fingers“ Opfer massiver Polizeigewalt geworden, als sie versucht hatten, die Protokollstrecken der Staatschef*innen zu blockieren und in die Demoverbotszone zu gelangen. (…) Die Frage zu klären, ob die Überforderung der Polizei selbst verschuldet war, würde ein riesiges Fass aufmachen. Die Hamburger Polizei müsste ihre gesamte Einsatzplanung zum G20-Gipfel offenlegen. Für so ein umfangreiches Verfahren seien in absehbarer Zeit allerdings keine Termine frei, habe der Richter den Betroffenen signalisiert. So berichtet es die Klägerin Sabine Lassauer der taz. Angesichts des schon jahrelang verschleppten Prozesses entschieden sich die Kläger*innen jetzt, den Vergleich anzunehmen. „Es ist ein Schuldeingeständnis von Stadt und Polizei, sich auf den Vergleich und die Schadensersatzzahlung einzulassen“, sagt Laussauer. Deshalb sei das Ergebnis ein Erfolg. Die Polizei habe den Eindruck erweckt, unter allen Umständen verhindern zu wollen, dass es zur Verhandlung samt Offenlegung der Einsatzplanung komme…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 16.4.2024 in der taz online
- Brutaler Polizeieinsatz bei G20: Entschädigung für Attac-Aktive nach fast sieben Jahren durch gerichtlichen Vergleich
- Definiere »Schwarzer Block«. Renommierter Gutachter im Rondenbarg-Prozess attestiert Staatsanwältin »sehr wilde Theorie«
„An Freitagmorgen waren alle Stühle des schmalen Zuschauerraums im Sitzungssaal 288 des Hamburger Landgerichts besetzt. Gehört wurde der Bremer Professor Sebastian Haunss, ein renommierter Gutachter zu den G20-Protesten, derentwegen zwei verbliebene Personen angeklagt sind. Die große Strafkammer erhofft sich von der Einvernahme »sozialwissenschaftlichen Sachverstand«, so die Vorsitzende Richterin Sonja Boddin. Haunss hatte an einem groß angelegten Forschungsprojekt zur Gewalt im Kontext der G20-Proteste 2017 in Hamburg teilgenommen, der Abschlussbericht trägt den Titel »Eskalation«. Im »Elbchaussee-Verfahren«, bei dem drei von fünf Angeklagten 2020 zu Haftstrafen verurteilt wurden, war er bereits Gutachter, nun geht es um den »Rondenbarg-Komplex«. (…)
Richterin Boddin hatte im März erklärt, dass sie das »polizeiliche Einschreiten« am Rondenbarg für unverhältnismäßig hält. Verhandelt wird seitdem nur noch über das Geschehen an der Schnackenburgallee. »Es ist sehr strittig, was passiert ist«, so Boddin über die Beweisaufnahme, die seit zwölf Prozesstagen andauert und bis Juni dauern könnte. Gutachter Haunss erklärt, dass man am Rondenbarg, anders als an der Elbchaussee, nicht von einem »Schwarzen Block« sprechen könne. »Das ist bei diesem konkreten Geschehen gar nicht der richtige Begriff«, so Haunss. Nur aus der schwarzen Kleidung, die die Demonstrierenden am Rondenbarg überwiegend trugen, könne man überhaupt nichts schließen. Der Wissenschaftler sieht darin vielmehr eine »Fünf-Finger-Taktik«, wie sie auch andernorts beim G20-Protest angewendet wurde: Das Ziel war, von den weit entfernten Protestcamps in kleineren Gruppen in Richtung Innenstadt zu gelangen, um den Gipfel zu stören. Für alle Teile der farblich unterschiedlich gekleideten Finger galt der Anfang 2017 veröffentliche Aktionskonsens, den Haunss vor Gericht auszugsweise vorliest. »Von uns wird keine Eskalation ausgehen«, heißt es darin. (…)
Da sich die Vorwürfe des tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte, der versuchten gefährlichen Körperverletzung und der Bildung einer bewaffneten Gruppe im Verlauf der Verhandlung pulverisiert haben, betont die Staatsanwaltschaft, dass die Rondenbarg-Gruppe für Außenstehende durch ihr schwarzes Outfit bedrohlich wirken wollte. »Es war sicher nicht schlaueste Idee, sich schwarz anzuziehen«, räumt der Gutachter ein. Aber allein aus der schwarzen Kleidung Gewaltbereitschaft abzuleiten, gehe nicht. Es ergebe aus Sicht der Demonstrierenden auch nicht wirklich Sinn, sehr weit vom Ziel entfernt die Konfrontation zu suchen. Die Annahme der Staatsanwältin, ob die Gruppe am Rondenbarg möglicherweise Polizeikräfte binden wollte, hält Haunss für »eine sehr wilde Theorie«. Zum Abschluss wurde der Protestforscher um die Bewertung eines Videos gebeten, das die Demonstrierenden auf der Schnackenburgallee zeigt. Ob es bedrohlich sei, sei spekulativ, dazu könne aus wissenschaftlicher Sicht nichts gesagt werden. »Aus meiner Sicht zeigt das Video eine schwarz gekleidete Gruppe, die eine Straße entlanggeht.«…“ Bericht von Matthias Greulich vom 14.04.2024 in ND online , siehe auch:- „Der Politikwissenschaftler und Protestforscher Sebastian Haunss hat heute im #Rondenbarg-Prozess ausgesagt und das Fingerkonzept erklärt, das zuerst im Wendland, aber auch 2007 in Heiligendamm und 2017 bei #BlockG20 in Hamburg zum Einsatz kam: Dieses sei etwas anderes als der „Schwarze Block“. Es gebe einen fest vereinbarten Aktionskonsens, der öffentlich kommuniziert wird und zum verbindlichen Mitmachen einlädt. Erklärtes Ziel sei es, an der Polizei vorbeizugehen oder hindurchzufließen, so Haunss. Diese Aussagen passten der Staatsanwältin nicht in ihr Konzept. Sie versuchte, Gewaltbereitschaft herbeizureden und mit der Farbe schwarz in Verbindung zu bringen. Dem hat Haunss wiederholt widersprochen.
Der Prozesstag machte deutlich, wie schwer und nahezu unmöglich es für Richter*innen und Jurist*innen ist, die Welt der Sozialen Bewegungen mit all ihren Widersprüchen und ihrer Hoffnung auf grundlegende gesellschaftliche Veränderung zu verstehen.“ Post der IL Berlin am 12.4.24 auf Mastodon
- „Der Politikwissenschaftler und Protestforscher Sebastian Haunss hat heute im #Rondenbarg-Prozess ausgesagt und das Fingerkonzept erklärt, das zuerst im Wendland, aber auch 2007 in Heiligendamm und 2017 bei #BlockG20 in Hamburg zum Einsatz kam: Dieses sei etwas anderes als der „Schwarze Block“. Es gebe einen fest vereinbarten Aktionskonsens, der öffentlich kommuniziert wird und zum verbindlichen Mitmachen einlädt. Erklärtes Ziel sei es, an der Polizei vorbeizugehen oder hindurchzufließen, so Haunss. Diese Aussagen passten der Staatsanwältin nicht in ihr Konzept. Sie versuchte, Gewaltbereitschaft herbeizureden und mit der Farbe schwarz in Verbindung zu bringen. Dem hat Haunss wiederholt widersprochen.
- Polizeigewalt: Der Schlächter von Hamburg – Er freut sich darauf, im Einsatz linke Zecken zu verprügeln und gilt polizeiintern als Menschenfeind: Kontext liegen Chatprotokolle vor, in denen der Beamte Rainer Jäger (Name geändert) mit Gewalttaten prahlt
„… Am 28. Juli 2017 bekommt Polizeiobermeister Rainer Jäger, der in Wahrheit anders heißt, eine Nachricht: Wie war es denn in Hamburg?, will jemand wissen. Jäger, damals 28 Jahre alt, war von Baden-Württemberg aus im Einsatz, um den G20-Gipfel 2017 abzusichern. Doch nach Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstrant:innen schreibt er: „Schlimm. Diese ganze Gewalt und Zerstörung.“ Kurz darauf folgt die Aufklärung: „Das war ein Scherz. Es war Mega gut.“ Er habe „ordentlich ausgeteilt“ und „hoffe nur das ich keine Post aus hh bekomme“. Die Post kam – doch Jäger hat sich zu Unrecht Sorgen gemacht. Im Hochsommer 2017 brannten Barrikaden im Hamburger Schanzenviertel, der Protest rund um den G20-Gipfel eskalierte. Doch am 8. Juli, dem Tag nach den schweren Krawallen, entspannt sich die Stimmung in der Stadt wieder leicht. Seit 18 Uhr ist das Demonstrationsverbot, das zwischenzeitlich für die Hamburger Innenstadt galt, aufgehoben. Etwa 20 junge Menschen starten am Pferdemarkt in St. Pauli die friedliche Aktion „Lieber tanz ich als G20“, mit der sie – so geben es Beteiligte später zu Protokoll – für gute Laune sorgen wollten. Ein Video, das die Polizei selbst angefertigt hat, zeigt dann allerdings, wie mehrere Beamte losrennen, nicht nur die Musikanlage in ihre Einzelteile zerlegen, sondern ohne Vorwarnung auf die jungen Leute einschlagen. Betroffen ist auch Lola D., damals 26 Jahre alt, hauptberuflich Erzieherin und nebenher als Flamenco-Tänzerin aktiv. Ein Schlagstock bricht ihr das Wadenbein; bis sie wieder tanzen kann, vergehen fast 1,5 Jahre. Dass die Gewaltanwendung gegen sie rechtswidrig war, ist längst vor Gericht geklärt. So erhielt sie nach einer Klage knapp 5.000 Euro Schadensersatz. Allerdings bleibt das abstrakt: Schuldig gesprochen ist hier die Polizei als Institution. Der konkrete Täter musste sich jedoch nie auf einer Anklagebank verantworten. Dabei konnte der Kreis der Verdächtigen stark eingegrenzt werden (…) So blieben schnell nur noch drei potenzielle Täter übrig. Der weitere Ermittlungseifer hielt sich dann aber in Grenzen. (…) Aus den polizeiinternen Ermittlungsunterlagen geht hervor, dass Jäger viele Nachrichtenverläufe aus dem Jahr 2017 gelöscht hat. Teils konnten sie rekonstruiert werden. (…) Im Dialog unter Staatsdienern bekunden zwei Beamtete ihr Bedürfnis, mal wieder „Kanaken und neger [zu] schlagen“, sie schicken sich Youtube-Links zu Videos von rabiaten Einsätzen, aber klagen dann „gute gewalt ist keine drauf…“. Vielleicht gibt ja das eigene Material mehr her: „Hast du generell noch Zeug von unseren prügelorgien?“ Bei einem Zwischenstandbericht, wie es gerade auf einer Demo am 1. Mai 2019 zugeht, schreibt einer: „Hoffentlich kann ich einem Noch einen Eka auf den Kopf schlagen“, wobei der „Eka“ im Polizeijargon für einen Schlagstock steht. Einmal wird das Einsatzziel im kollegialen Austausch konkret beschrieben mit: „Du sollst in nrw zecken verprügeln.“ (…) Rechtsanwalt Dieter Magsam, der die Geschädigte Lola D. über viele Jahre vertreten hat, ist nicht nur entsetzt über den Gewalttourismus, an dem sich manche behelmte Polizisten offenbar erfreuen. Er geht auch davon aus, dass irgendwann mal irgendwer beim Präsidium Einsatz mitbekommen haben müsste, wie der Beamte Jäger tickt. Der Anwalt wäre der Ansicht, dass solche Polizist:innen dringend aus dem Dienst entfernt werden sollten. Dass es dazu kommt, ist nicht ausgeschlossen, denn beim baden-württembergischen Präsidium Einsatz werden gegenwärtig disziplinarrechtliche Maßnahmen geprüft. Ein Sprecher erläutert gegenüber der Redaktion, dass die Polizei vor eigenen Schritten zunächst den Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten wollte. Vergangene Woche habe die Hamburger Staatsanwaltschaft nun die Akten überliefert. Wie lange deren Auswertung dauern werde, sei noch nicht absehbar, teilt der Sprecher mit. Insbesondere die Chat-Verläufe werde man sich sehr genau ansehen.“ Beitrag von Minh Schredle vom 10. April 2024 bei Kontext: Wochenzeitschrift Ausgabe 680 - Rondenbarg-Prozess im April mit Polizeizeugen und Protestforscher sowie Kundgebungen: 11., 12. und 25. April
„Im April finden drei Rondenbarg-Prozesstermine statt. Am 11. April wird der zweite Polizeizeuge vor Gericht aussagen und am 12. April ist der Protestforscher Sebastian Haunss beim Prozess als Gutachter für die Fünf-Finger-Taktik durch das Gericht geladen. Ein weiterer Prozestermin ist am 25. April. Kommt nach Hamburg und unterstützt die beiden Angeklagten! Die Berichte der bisherigen Prozesstermine können hier nachgelesen werden.
– 11.04.2024: 11. Prozesstag * Kundgebung * 8:30 Uhr * Landgericht
– 12.04.2024: 12. Prozesstag * Kundgebung * 8:00 Uhr * Landgericht
– 25.04.2024: 13. Prozesstag * Kundgebung * 8:30 Uhr * Landgericht…“ Meldung vom 03.04.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand - G20-Rondenbarg-Prozess: In 15 Minuten zum Landfriedensbrecher?
„Hamburger Landgericht konzentriert sich in Prozess gegen G20-Kritiker nur noch auf wenige Aspekte
Der mehrheitlich dunkel gekleidete Demonstrationszug am Morgen des 7. Juli 2017 sei zu Beginn »eine friedliche Versammlung« gewesen, betont die Vorsitzende Richterin Sonja Boddin in einer Erklärung, die sie am Donnerstag verlas. Offen bleibt für das Hamburger Landgericht, ob sich das während des etwa 15-minütigen Fußwegs bis zur Straße Rondenbarg änderte. Dort, so stellt die Kammer ebenfalls fest, sei das »polizeiliche Einschreiten«, bei dem mehrere Demonstrant*innen schwer verletzt wurden, »unverhältnismäßig« gewesen. Vor Gericht stehen aber keine Polizisten, sondern erneut Personen, die sich an den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg 2017 beteiligten. An jenem frühen Freitagmorgen starteten vom Protestcamp im Volkspark Altona mehrere Demonstrationszüge des Bündnisses Block G20 in Richtung Hamburger Innenstadt, wo der Gipfel stattfand. Ihr Ziel war, die Zufahrtswege der Gipfelteilnehmer*innen zu blockieren. Der Demozug dunkel gekleideter Menschen schaffte es allerdings nicht in die Innenstadt, sondern wurde im Rondenbarg von der Polizei gestoppt. In den Minuten davor sollen ein bis zwei Personen eine Gehwegplatte zerschlagen beziehungsweise zwei Baustellenplastikgitter auf die Fahrbahn gezogen haben, berichten Zeugen. Das Landgericht will nun klären, ob und ab wann die Demonstrierenden solche Sachbeschädiger unterstützten, indem diese in ihrer Demo »untertauchen« konnten. Dann käme eine Verurteilung der beiden Angeklagten wegen Landfriedensbruchs in Betracht. Das Gericht scheint eine Beweisführung in dieser Richtung anzustreben. Ob das für eine Verurteilung reicht und diese vor einer höheren Instanz Bestand hätte, ist jedoch fraglich. Der dunkle Demozug schritt zügig voran. Konnten die Teilnehmer*innen überhaupt sehen, was alles um sie herum und insbesondere in ihrem Rücken geschah? Hätten sie selbst erkennen können, dass die friedfertige Versammlung eventuell kippte? Selbst das Gericht kann sich dazu nur schwer eine Meinung bilden. Außerdem ist gar nicht viel passiert: Es wurden weder Menschen angegriffen noch verletzt. Der Verkehr wurde nicht beeinträchtigt, die beiden Baustellengitter waren im Nu wieder von der Fahrbahn geräumt. Alles bewegte sich im Rahmen dessen, was in Hamburg in fast jeder Nacht einmal stattfindet. Warum sollte man deswegen seinen Protest beenden? (…) Da das Gericht sich auf die letzten 15 Minuten der Demo fokussiert, wird das geplante Beweisprogramm verkürzt. So könnte der Prozess schon im Frühsommer enden. Die nächsten Termine finden am 11. und 12. April statt. Wie schon während der vergangenen Prozesstage werden vor allem weitere Zeugen gehört.“ Artikel von Niels Seibert vom 25. März 2024 in Neues Deutschland online - Der Rondenbarg-Prozess gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geht am 7. und 8.2. weiter: Nicht nur die verbliebenen 2 Angeklagten fordern sofortige Einstellung
- G20-Prozess geht weiter – Staatsanwaltschaft in der Defensive
„…Der sogenannte Rondenbarg-Prozess gegen Teilnehmer*innen der G20-Proteste von 2017 begann am 18. Januar vor dem Hamburger Landgericht. Gleich zu Beginn wies die vorsitzende Richterin Sonja Boddin einen Großteil der Anklagepunkte zurück: Sie lehnte den Vergleich der Demonstration mit einem Hooligan-Aufmarsch – in Referenz auf ein BGH-Urteil von Mai 2017 – ab und erkannte an, dass es sich bei der Demonstration am Rondenbarg grundsätzlich um eine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes handelte.
Infolgedessen bot die Hamburger Staatsanwaltschaft an, das Verfahren gegen eine Geldauflage und eine „Distanzierung von Gewalt“ einzustellen. Einheitlich kritisieren die Angeklagten die von der Staatsanwaltschaft geforderten Auflagen. Nach intensiven Gesprächen zwischen den Angeklagten und ihrer Verteidigung werden zwei Angeklagte den Prozess fortführen. Für eine Angeklagte ist der Aufenthaltsstatus vom Ausgang des Verfahrens abhängig, daher nimmt sie, sowie ein gesundheitlich beeinträchtigter weiterer Angeklagter, das Angebot an.
Das Verfahren bedroht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Es sollen Einzelne, denen keine individuellen Straftaten vorgeworfen werden, kollektiv in Haftung genommen werden, wenn Demonstrationen unfriedlich verlaufen. Allein die Möglichkeit für die bloße Teilnahme an einer Demonstration vor Gericht zu landen, kann schon heute abschrecken, überhaupt an Versammlungen teilzunehmen. Gerade deswegen fordert die Initiative „Grundrechte Verteidigen!“ eine sofortige Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen…“ Pressemitteilung von Grundrechte verteidigen vom 08.02.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand - Prozesserklärung der [verbliebenen 2] Angeklagten vom 08.02.2024
„… Wir haben uns entschieden, die von der Staatsanwaltschaft geforderten Auflagen abzulehnen. Seit sechseinhalb Jahren leben wir in Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens. Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen: Für jeden von uns ist es eine Belastung hier vor Gericht zu stehen, Als Angeklagte stehen wir unter enormem Druck mit ernsten beruflichen, finanziellen und gesundheitlichen Einbußen. Für eine Mitangeklagte war sogar ihr Aufenthaltsstatus von dem Ausgang dieses Verfahrens abhängig. Manche von uns haben das Angebot deshalb notgedrungen angenommen. Wir alle kritisieren aber einheitlich die von der Staatsanwaltschaft geforderten Auflagen:
Im Kontext eines massiven Angriffs der Polizei auf die Demonstration am Rondenbarg, bei dem 14 Menschen ins Krankenhaus gebracht werden mussten, wird von uns eine „Distanzierung von Gewalt“ gefordert. Das ist aus unserer Sicht eine Täter-Opfer-Umkehr. Wieso sollen wir uns von etwas distanzieren, das uns überhaupt nicht vorgeworfen wird? (…) Bereits in den ersten Verhandlungstagen sind die zentralen Punkte der Anklage in sich zusammengefallen. Die vorsitzende Richterin bezeichnete es am ersten Prozesstag als „Wahnsinn“, das Vefahren in dieser Form überhaupt zu führen. Wir verstehen nicht, warum jetzt auch noch über Auflagen gestritten werden muss. Warum zieht die Staatsanwaltschaft das Verfahren in die Länge? Warum wird der Prozess nicht heute und ohne Auflagen eingestellt?
Wir sind uns der juristischen und politischen Bedeutung dieses Prozesses bewusst. Wir wissen, wie viele aktuelle und zukünftige Verfahren daran hängen und haben schon am ersten Prozesstag darauf hingewiesen, wie sehr die Versammlungsfreiheit durch dieses Verfahren bedroht ist. Jeder weitere Prozesstag wäre ein Tag zu viel: Allein die Möglichkeit ohne individuellen Tatvorwurf vor Gericht zu landen, kann schon heute abschrecken, überhaupt an Versammlungen teilzunehmen. Das Verfahren muss deshalb noch heute, und ohne Auflagen eingestellt werden.“ Prozesserklärung bei Gemeinschaftlicher Widerstand der beiden Angeklagten, die den Rondenbarg-Prozess weiter fortsetzen und das Einstellungsangebot ablehnten. Kritik an den anderen soll nicht verschwiegen werden: - Peinlich, peinlich. Zusammenbruch einer Kampagne – Für einige Angeklagte (und auch die Rote Hilfe [*]) unrühmliches Ende des Rondenbarg-Verfahrens
Komentar von Detlef Georgia Schulze vom 07.02.2024 im taz-blog
- G20-Prozess geht weiter – Staatsanwaltschaft in der Defensive
- [Prozessberichte vom 18.01.2024 vor der Fortsetzung am 8. und 9. Februar] Rondenbarg-Verfahren: Die Hoheit im Saal haben die Angeklagten
„Am 8. Februar wird der G20-Prozess in Hamburg fortgesetzt. Viele Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind bereits widerlegt
Plötzlich ist Leben in dem drögen Gerichtssaal des Hamburger Landgerichts. Im fortwährenden Wechsel tragen zwei Beschuldigte, im linken und rechten Teil des Raums sitzend, ihre politische Prozesserklärung im Namen aller Angeklagten vor. Sie begründen, warum es richtig war, 2017 gegen das Gipfeltreffen in Hamburg zu demonstrieren: »Scholz, Merkel, Trump, Erdoğan, Putin, Macron – sie stehen stellvertretend für die Politik, mit der sich Konzerne diesen Erdball unter den Nagel reißen, mit der durch Krieg, Armut und Klimawandel Millionen die Lebensgrundlage entzogen wird.« Die Angeklagten durchbrechen an diesem 18. Januar, dem ersten Prozesstag im neuen G20-Verfahren, die juristischen Regeln, indem sie selbst das Wort ergreifen und es sich abwechselnd immer wieder selbst erteilen: »Was uns hier und heute eint, ist der Wunsch nach einer Gesellschaft, in der Menschen nicht vor Hunger sterben, obwohl es genug zu essen gibt, in dem sich niemand unter Bombenhagel zur Nachtruhe legen muss, in der diese Grausamkeiten zur Vergangenheit gehören, in der die Natur geschützt wird und in der alle zusammen ein menschenwürdiges Leben führen können.« Das hat auch die Zuhörer*innen emotional bewegt. Lange applaudieren sie und sind in diesem Moment so präsent im Saal, dass ihre enge Verbundenheit mit den Angeklagten spürbar ist, trotz der riesigen Plexiglasscheibe, die den Zuschauerraum vom eigentlichen Prozessgeschehen abtrennt. (…)
Die Staatsanwaltschaft rechnet die fünf Angeklagten diesem Demonstrationszug zu. Die Aufnahmen, darunter auch von Zivilpolizist*innen aus der Demonstration gefilmte Nahaufnahmen, zeigen jedoch, dass die Vorwürfe der Anklage nicht aufrechtzuerhalten sind: Die Demonstrationsteilnehmer*innen liefen nicht wie behauptet marschierend in einer geschlossenen Formation, waren nicht einheitlich vermummt und nicht einheitlich schwarz gekleidet. Ihr Gang glich eher einem Schlendern. Mit Sprechchören und Fahnen gaben sie klar ihre Meinung kund. Die bisherigen Videos zeigen eine politische Versammlung wie sie das Grundgesetz garantiert. Dies stellen die Verteidiger*innen wiederholt fest. Rechtsanwalt Sven Richwin ergänzt abschließend: »Jetzt wurde viel gesagt, was wir gesehen haben. Was wir nicht gesehen haben, waren die Angeklagten.« Diese sind auf keinem der Videos zu sehen. (…)
Ein Agieren verdeckter Polizeibeamter kann dazu führen, dass Demonstrant*innen beschuldigt, angeklagt und vor Gericht gestellt werden, selbst wenn sie selbst keine Straftaten begehen. Tatsächlich wird den fünf Angeklagten keine eigenhändige Handlung vorgeworfen. »Sollte diese Ansicht Einzug in die Rechtsprechung finden, wäre das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nahezu abgeschafft«, so Richwin. Für Protestwillige wäre fortan »das Risiko einer Teilhabe an jeder beliebigen Versammlung unkalkulierbar«. Die Anklage scheint in sich zusammenzubrechen. Wohlwissend, dass eine Verurteilung juristisch schwierig wird, wenn Agents Provocateurs unter den Demonstrant*innen waren, unterbreitete die Vorsitzende Richterin in Absprache mit der Staatsanwaltschaft ein unmoralisches Angebot: Das Verfahren könne gegen eine geringe Geldstrafe eingestellt werden, wenn sich die Angeklagten allgemein von Gewalt distanzieren würden. Eine Erklärung blieb die Richterin schuldig, warum sie eine Distanzierung verlangt, obwohl die fünf keiner Gewalthandlung beschuldigt werden. Am 8. und 9. Februar sind die nächsten Prozesstage terminiert. Dann wird bekannt, wie die Angeklagten zu diesem Angebot stehen…“ Lesenswerter Artikel von Niels Seibert vom 05.02.2024 in ND online , siehe auch:- Prozessbericht 1 vom 18.01.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand
- Prozesserklärung der Angeklagten im Rondenbarg-Prozess bei Gemeinschaftlicher Widerstand
- und der vollständige Antrag der Verteidigung
- Kundgebungen und solidarische Prozessbegleitung im Februar 2024
Terminliste bei Gemeinschaftlicher Widerstand
- 1500 auf der Soli-Demo „Gemeinschaftlicher Widerstand“ am 20.1. in Hamburg und die Stellungnahmen zum ersten Prozesstag im G20-Rondenbarg-Verfahren
- 1500 auf der Soli-Demo „Gemeinschaftlicher Widerstand“ am 20.1. in Hamburg
„Am 20.01.2024 haben wir anlässlich der ersten beiden Prozesstage im G20-Rondenbarg-Verfahren unter dem Motto „Gemeinschaftlicher Widerstand gegen staatliche Repression! Versammlungsfreiheit verteidigen!“ mit etwa 1500 Personen demonstriert. Auftaktort war der Jungfernstieg, als sich dort kurz vor 16 Uhr die ersten Teilnehmenden versammelten, ging es auch schon mit ersten Schikanen und Kontrollen durch die Polizei los. Diese war mit einem Aufgebot von 1200 Polizist*innen, mehreren Wasserwerfern, Räumpanzer, Kameras und sogar zwei Helikoptern vor Ort. Trotzdem konnte die Demonstration nach mehreren Redebeiträgen zeitnah starten. Zu Beginn gab es Redebeiträge vom Orga-Bündnis, von Waterkant Antifa zu Repression gegen Antifaschist*innen, die Interventionistische Linke hat zu G20 gesprochen, es gab eine Rede von Perspektive Kommunismus und einen Beitrag vom Bündnis zum Hansaplatz in Hamburg, wo es vermehrt zu Vertreibung von Wohnungslosen kommt. Kurz nach dem Start wurde die Demo von der Polizei aufgehalten, weil einigen Demonstrierenden Vermummung vorgeworfen wurde und einzelne Transparente von der Polizei als Aufruf zum Landfriedensbruch eingeschätzt wurden, es ging dann aber in zwei Blöcken – vorne dem Bündnis Block und hinten dem antiautoritären Block – weiter zur Zwischenkundgebung am Untersuchungsgefängnis. Dort gab es Redebeiträge von Antifa Hoheluft zum System Knast, zum Hamburger Parkbank Prozess, Roter Aufbau hat zum offensiven Umgang mit Repression gesprochen, das Gefangenen Info zu einem inhaftierten Genossen in Hamburg und zum Hungerstreik, danach hat noch eine italienische Genossin über Unterstützung von Geflüchteten in Italien berichtet. Auf dem Weg zur S-Bahn Sternschanze kam es noch mehrmals zu Provokationen durch die Polizei und die Demo lief teilweise in einem engen Polizeispalier. Trotzdem kamen alle Demonstrierenden bei der Abschlusskundgebung an, wo es noch einen Redebeitrag der Roten Hilfe zu G20 und Repression gab…“ Meldung vom 21.01.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand mit Fotos, siehe auch die Fotogalerie von PM Cheung bei flickr - Infos zum ersten Prozesstag und Kundgebung vor dem Gericht
„Heute hat der erste Prozesstag im Rondenbarg-Verfahren vor der Großen Strafkammer am Hamburger Landgericht stattgefunden. Vor dem Gericht gab es ab 8 Uhr eine Kundgebung und außerdem eine Pressekonferenz , bei der die Anwält*innen Adrian Wedel, Ulrich von Klinggräff und Gabriele Heineke, der Angeklagte Nils Jansen, Christoph Kleine für Block G20 sowie Norbert Hackbusch von der LINKEN Hamburg gesprochen haben.
Der Prozess ging mit einer Verspätung von 1,5 Stunden los, da es umfangreiche Einlasskontrollen gab. Die etwa 100 Besucher*innen des Prozesses mussten einzeln durch eine Schleuse, ihre Sachen wurden durchleuchtet, sogar die Schuhe mussten ausgezogen werden. In das Gericht konnte nur Stift und Papier mit hineingenommen werden. Die Verteidigung stellte zu Beginn einen Antrag auf Einstellung des Prozesses, da das Verfahren einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen das Recht auf ein faires Verfahren nach der Menschenrechtskonvention darstellt. Die Anwältin Nedelmann führte aus, dass die Anklage nicht von bestehenden Strafvorschriften gedeckt ist. Die Anklage ist mit der bestehenden Rechtslage nicht in Einklang zu bringen, da für die bloße Anwesenheit in einer Demonstration, bei der es auch zu unfriedlichen Handlungen kommt, nicht alle Teilnehmer*innen kriminalisiert werden können. Das Gericht wies den Antrag auf Einstellung jedoch zurück. Des Weiteren wurde von Angeklagten eine gemeinsame politische Prozesserklärung verlesen…“ Meldung vom 18.01.2024 bei Gemeinschaftlicher Widerstand , lese/höre auch:- Prozessauftakt zur Rondenbarg-Demonstration: Interview mit Strafverteidiger von Klinggräff am 19.1.24 beim Radio Dreyeckland
- Vor dem Prozessbeginn gab es eine Pressekonferenz. Es sprachen die Anwält*innen Adrian Wedel, Ulrich von Klinggräff und Gabriele Heineke, der Angeklagte Nils Jansen, Christoph Kleine für Block G20 sowie Norbert Hackbusch von der LINKEN. Audio der PK bei Gemeinschaftlicher Widerstand
- Opening Statement von den Rechtsanwält*innen Sven Richwin und Daniela Rohrlack
- G20-Proteste in Hamburg vor Gericht: Zuschauen als Straftat
„Die Hamburger Staatsanwaltschaft will Kollektivhaftung bei Demos. Aktuell stehen sechs Linke vor Gericht, die beim G20-Gipfel dabei waren…“ Kommentar von Katharina Schipkowski vom 19.1.2024 in der taz online
- 1500 auf der Soli-Demo „Gemeinschaftlicher Widerstand“ am 20.1. in Hamburg
- Täter-Opfer-Umkehr nach G20: Immer breitere Solidarität mit den Angeklagten der Rondenbarg-Verfahren vor dem Prozeßbeginn am 18.1. und den Kundgebungen am 18. und 20.1. gegen den Angriff auf die verbliebene Versammlungsfreiheit
- [RAV] Landgericht Hamburg verhandelt Verfahren gegen Demonstrierende vom G20-Gipfel. Der RAV fordert: Angriffe der Hamburger Staatsanwaltschaft auf die Versammlungsfreiheit müssen aufhören
„Am 18.01.2024 soll in Hamburg erneut ein Gerichtsverfahren gegen sechs Angeklagte beginnen, denen die Teilnahme an einer Demonstration gegen den G20-Gipfel im Sommer 2017 vorgeworfen wird. Wie bereits in vorherigen Verfahren (Fabio V. || Rondenbarg-Prozess geplatzt ), die allesamt ergebnislos wieder beendet wurden, wirft die Staatsanwaltschaft Hamburg den sechs Angeklagten nicht etwa eine eigene gewalttätige Handlung, sondern allein die Teilnahme an der Versammlung am Rondenbarg vor, die von Einheiten der Bundespolizei und der Polizei Hamburg vor Ort gewaltsam aufgelöst wurde. Dabei ist seit der Liberalisierung des entsprechenden Landfriedensbruch-Paragraphen in den siebziger Jahren klar, dass die bloße Teilnahme an einer Versammlung selbst dann, wenn diese einen gewaltsamen Verlauf nimmt, nicht der Strafbarkeit des § 125 StGB unterfällt. Nur diejenigen, die selbst als Täter*in oder Teilnehmende aktiv gewalttätig – etwa gegen Polizeibeamt*innen – agieren, können sich nach der entschärften Fassung strafbar machen, eine Einschränkung, die die CDU jüngst im Bundestag wieder abzuschaffen versuchte – indes erfolglos. Um diese eindeutige Gesetzeslage zu torpedieren, behauptet die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift entgegen der tatsächlichen Faktenlage, es habe sich nicht um eine Demonstration gehandelt.
Rechtsanwalt Dr. Lukas Theune, Geschäftsführer des RAV e.V., kritisiert die Haltung der Hamburger Staatsanwaltschaft: „Die nach wie vor pauschale Weigerung der Staatsanwaltschaft, die Verfahren gegen die damals jungen Demonstrierenden nach nunmehr annähernd sieben Jahren einzustellen, ist nicht nachvollziehbar. Sie lässt befürchten, dass mit der Belastung der Angeklagten durch die nun bis in den Sommer hinein nötigen Anreise zu 28 Verhandlungsterminen eine Sanktion, die auf juristischem Wege nicht erreicht werden kann, durch faktische Einschnitte in den Alltag hervorgerufen werden soll. Dies ist rechtsstaatlich nicht hinnehmbar.““ Pressemitteilung vom 17.1.24 - [Rote Hilfe] Justiz greift Versammlungsfreiheit an: Auftakt im Rondenbarg-Prozess
„… „Der Rondenbarg-Prozess ist ein Paradebeispiel politischer Justiz: Statt den äußerst brutalen Polizeieinsatz zu verfolgen, der elf Schwer- und Dutzende weitere Verletzte forderte, stehen die Angegriffenen vor Gericht“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Mit dem Anklagekonstrukt sollen Versammlungen per se kriminalisiert werden. Sollte dieser Vorstoß Erfolg haben, ist künftig die bloße Teilnahme an einer Kundgebung oder Demonstration ein unkalkulierbares Risiko. Das wäre das Aus für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das seit Jahren immer weiter eingeschränkt wird.“ Abschließend forderte Sommerfeld: „Wir stehen solidarisch an der Seite der Angeklagten. Die Verfahren gegen G20-Gegner*innen müssen umgehend eingestellt werden. Wir rufen dazu auf, den Prozess solidarisch zu begleiten und sich an der Solidaritätskampagne zu beteiligen.“ Erklärung vom 15.01.24 des Bundesvorstands von Rote Hilfe - Neuer G20-Prozess in Hamburg: Demokratische Grundrechte und Versammlungsfreiheit verteidigen!
„Liebe Kolleg*innen, Liebe Mitstreiter*innen, am 18. Januar beginnt vor dem Hamburger Landgericht erneut ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den G20-Protesten 2017. Mehr als sechs Jahre danach wird der Prozess gegen Teilnehmende einer G20-kritischen Demonstration eröffnet, die in der Straße „Rondenbarg“ in Hamburg von einer Sondereinheit der Polizei eingekesselt und aufgelöst wurde. Dabei wurden elf Demonstrierende schwer verletzt, kein Beamter kam zu Schaden. Angesetzt sind 25 Prozesstage gegen junge Kolleg:innen aus dem ganzen Bundesgebiet, die aus ihrem Arbeitsalltag und Privatleben gerissen werden. Keinem der sechs Angeklagten wird eine individuelle Tat vorgeworfen: Wegen bloßer Anwesenheit sollen Demonstrierende, darunter Mitglieder des damaligen Bonner Jugendvorstands der ver.di und eine IGM-Vertrauensfrau, zu Haftstrafen verurteilt werden. Dieses Vorgehen der Staatsanswaltschaft würde dazu führen, Kollektivstrafen gegen Demonstrierende zunehmend als Standard zu etablieren. Das ist ein massiver Angriff gegen die Demonstrationsfreiheit und unsere Grundrechte! Wir rufen daher dazu auf „Demokratische Grundrechte und Versammlungsfreiheit verteidigen! G20-Prozesse einstellen!““ Solierklärung vom 14.1.2024 von Ulla Jelpke, ehemalige innenpolitische Sprecherin DIE LINKE im Bundestag, Olaf Harms, Vorsitzender Landesbezirksvorstand ver.di-Hamburg, Rolf Becker, Schauspieler, ver.di-Mitglied, Katharina Schwabedissen, Gewerkschaftssekretärin, Dr. Rolf Gössner, Jurist/Publizist, Internationale Liga für Menschenrechte, ver.di-Mitglied und Gabriele Heinecke, Rechtsanwältin (RAV) bei der Initiative „Grundrechte Verteidigen!“ auch zum Mitzeichnen - Rondenbarg-Prozess: Brachiale Polizeigewalt und Täter-Opfer-Umkehr
„… Videos bestätigen, dass die Einsatzkräfte plötzlich unter lautem Gebrüll über die etwa 200 Menschen herfielen, sie schlugen und zu Boden warfen. Andere versuchten, sich in Sicherheit zu bringen, wobei die schwersten Verletzungen entstanden. Es braucht schon eine gehörige Portion zynischer Bosheit, um auch sechs Jahre später nicht die Verantwortlichen für diesen Gewaltexzess, sondern die Überfallenen vor Gericht zu zerren. Noch immer führt die Staatsanwaltschaft den politischen Auftrag des damaligen Hamburger Bürgermeisters und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz aus, der öffentlich eine »harte Bestrafung der Täter« verlangte, ohne sich vom rechtsstaatlichen Grundsatz der Gewaltenteilung beirren zu lassen. (…) Zur Rachsucht gesellt sich bei der Hamburger Staatsanwaltschaft die autoritäre Absicht, die Rechtsgeschichte der BRD um Jahrzehnte zurückzudrehen. Seit einer Reform von 1970 kann wegen schweren Landfriedensbruchs nur noch verurteilt werden, wer selbst Gewalt anwendet oder eine Waffe bei sich führt. Zur Versammlungsfreiheit in der Nach-68er-BRD gehört es, an einer Demonstration teilnehmen zu können, ohne befürchten zu müssen, wegen der Taten anderer bestraft zu werden.
Doch genau das versucht die Anklage in dem nunmehr dritten Rondenbarg-Prozess: Allen sechs Beschuldigten werden keinerlei individuelle Taten, sondern nur die reine Anwesenheit vorgeworfen. Dafür muss die Realität gewaltig verbogen werden. Aus einem spontan im Camp gestarteten, gemischten Demonstrationszug mit Transparenten und Sprechchören, der zu den Blockadeaktionen in die Innenstadt wollte, macht die Staatsanwaltschaft eine einheitliche Gruppe mit dem alleinigen Ziel, schwere Straftaten zu begehen.
Damit geschieht im Großen das Gleiche, was viele Betroffene auch abseits von politischen Aktionen im Alltag erleben: Wer schikaniert und verprügelt wird, bekommt zur Rechtfertigung der Polizeigewalt noch ein Strafverfahren obendrauf. Das soll die Opfer einschüchtern und die fatale Kultur der Straflosigkeit für die Polizei aufrechterhalten.
Solidarität mit den Betroffenen und Angeklagten der Rondenbarg-Verfahren heißt zuallererst, die Legitimität, die Notwendigkeit und den Erfolg der Aktionen gegen den G20-Gipfel zu verteidigen. (…) Der Zusammenhalt in der Bewegung, zwischen Moderaten und Radikalen, darf auch heute nicht enden, damit der Plan der autoritären Hardliner in der Staatsanwaltschaft nicht aufgeht und alle G20-Verfahren endlich eingestellt werden. Es gilt das Motto der riesigen Großdemonstration vom 8. Juni 2017: Grenzenlose Solidarität statt G20!“ Artikel von Christoph Kleine am 16. Januar 2024 beim ak online - Bewegung gegen G20: »Wir erlebten ein anderes Miteinander«
„Eine Angeklagte spricht über den Hamburger Rondenbarg-Prozess und ihre Motivation, 2017 gegen das G20-Treffen zu protestieren (…) Tatsache ist aber, dass die Staatsanwaltschaft die genannte Rechtsfrage, also die Einschränkung des Demonstrationsrechts, neu klären will. Letztlich geht es meiner Einschätzung nach auch darum, die Einschnitte in die Versammlungsfreiheit der vergangenen Jahre zu legitimieren – wie die zahlreichen Demoverbote, Fahnenverbote, Parolenverbote. Da soll eine Entwicklung, die bereits Praxis ist, juristisch untermauert werden. Und das wird wiederum von Nutzen sein gegen zukünftige Proteste. Andererseits geht es auch weiterhin darum, die millionenschwere Absicherung des Gipfels und die polizeilichen Angriffe zu rechtfertigen, das Narrativ von Linken als angeblich sinnlosen Gewalttätern festzuschreiben, also die Anliegen und Aktionen zu entpolitisieren. Wenn ich dann an den enormen Aufwind und die Stärke der Rechten denke, denen das nützt, wird mir schlecht…“ Interview von Sven Gerner vom 17.01.2024 im ND online mit Gaby (Name geändert) ist Anfang 30 und gehört zu den Angeklagten, die ab 18. Januar vor dem Hamburger Landgericht stehen. Sie möchte ihren Namen nicht öffentlich angeben, weil sie dadurch Nachteile in ihrem beruflichen Alltag erwartet. - Erinnerung: Spendet für die Betroffenen auf das Konto von Rote Hilfe e.V., IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39, Sparkasse Göttingen, Stichwort „G20“
- [RAV] Landgericht Hamburg verhandelt Verfahren gegen Demonstrierende vom G20-Gipfel. Der RAV fordert: Angriffe der Hamburger Staatsanwaltschaft auf die Versammlungsfreiheit müssen aufhören
- Vorwurf gegen G20-Gipfel-GegnerInnen: Dabei gewesen. Am 18. Januar beginnt der G20-Rondenbarg-Prozess gegen sechs DemonstrantInnen mit Kundgebung, bundesweite Soli-Demo am 20. Januar in Hamburg
- Bundesweite G20-Rondenbarg-Soli-Demo am 20. Januar 2024 in Hamburg
„Am 20. Januar 2024 findet die bundesweite Demonstration „Gemeinschaftlicher Widerstand gegen staatliche Repression! – Versammlungsfreiheit verteidigen“ in Hamburg statt. Anlass ist der am 18. Januar 2024 beginnende neue Prozess im sogenannten Rondenbarg-Verfahren. Kommt alle am 20. Januar um 16 Uhr zum Jungfernstieg.
Im Januar 2024 geht die Strafverfolgung sechseinhalb Jahre im Nachgang des G20-Gipfels in Hamburg in eine neue Runde. Im sogenannten Rondenbarg-Komplex beginnt am 18. Januar vor dem Landgericht Hamburg der Prozess gegen sechs Betroffene. Die Angeklagten gehören zu den etwa 200 Demonstrant:innen, die am Morgen des 7. Juli 2017 in der Straße Rondenbarg von einer BFE-Einheit ohne Vorwarnung angegriffen wurden, als sie auf dem Weg zu Blockadeaktionen waren. Bei dieser gewaltsamen Auflösung der Demonstration wurden zahlreiche Aktivist:innen verletzt, elf von ihnen schwer.
Vorgeworfen wird den Betroffenen das Mitlaufen bei einer nicht angemeldeten Demonstration. Die Anklage lautet dabei unter anderem auf schweren Landfriedensbruch, ohne individuelle Tatvorwürfe. Die Staatsanwaltschaft will im Rondenbarg-Prozess die Rechtsauffassung durchsetzen, dass allein die Anwesenheit bei einer „unfriedlichen“ Veranstaltung bestraft werden kann. Damit stellt das Verfahren auch einen Angriff auf die Versammlungsfreiheit dar, die durch ein solches Urteil als Mittel zur politischen Meinungsäußerung massiv eingeschränkt würde.
Wir lassen uns von der staatlichen Repression nicht einschüchtern und stehen solidarisch an der Seite der Betroffenen. Für die Einstellung der Verfahren! Getroffen hat es einzelne, gemeint sind wir alle!...“ Aufruf der Kampagne Gemeinschaftlicher Widerstand – es wird bei den Prozessen immer Kundgebungen vor dem Gericht geben, insbesondere zum Prozessauftakt am 18. Januar 2024:- Donnerstag, 18. Januar 2024, 8:30 Uhr, Landgericht, Sievekingplatz 3, Hamburg
- Kundgebung zum zweiten Prozesstag: Freitag, 19. Januar 2024, 8:00 Uhr, Landgericht, Sievekingplatz 3, Hamburg
- Bundesweite Demonstration: Samstag, 20. Januar 2024, 16:00 Uhr am Jungfernstieg, Hamburg
- siehe alle Infos bei der Kampagne oder bei ihr auf Twitter
- Vorwurf gegen G20-Gipfel-Gegner: Dabei gewesen
„Mitte Januar beginnt ein Prozess gegen sechs Linke, die 2017 gegen den G20-Gipfel demonstrierten. Die Staatsanwaltschaft strebt eine Verurteilung an (…) Weil den sechs Angeklagten keine individuelle Schuld nachzuweisen ist, strebt die Staatsanwaltschaft eine Art kollektive Verurteilung an, was das deutsche Strafrecht nur in besonderen Fällen zulässt. Damit bekommt die Anklage eine besondere Brisanz. Sie beruft sich auf die sogenannte Hooligan-Entscheidung des Bundesgerichtshofs von Mai 2017, wonach eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs durch »ostentatives Mitmarschieren« in einer gewaltbereiten Menge möglich ist. Dafür muss die Staatsanwaltschaft allerhand konstruieren, unter anderem den politischen Charakter des Demonstrationszugs leugnen. Bei ihren Konstruktionen verliert sich die Anklagebehörde in Widersprüche: Die Teilnehmer*innen hätten sich »einheitlich schwarz gekleidet« im Volkspark versammelt, heißt es zunächst. Eine Videoaufnahme bestätigt eine weitgehend dunkle Bekleidung der sichtbaren Personen in den vorderen Reihen. Im hinteren Teil sei es bunter gewesen, berichteten dagegen Teilnehmer*innen 2017 dem NDR. Nicht einmal auf die sechs Angeklagten trifft der Vorwurf der einheitlich dunklen Kleidung zu: Eine Person trug ein rotes Oberteil, eine andere eine hellblaue Hose, so die Anklageschrift. Neben der »einheitlichen Kleidung« hätten sämtliche Teilnehmer*innen auch einen »gemeinsamen Tatplan« gehabt – und damit von den angeblich geplanten Attacken auf Polizeikräfte gewusst oder diese billigend in Kauf genommen. Gleichzeitig ordnet die Staatsanwaltschaft die Rondenbarg-Demo der »Finger-Taktik« von BlockG20 zu. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass die Initiative BlockG20 das Ziel hatte, von verschiedenen Orten in der Stadt in Richtung Tagungsort und auf die Zufahrtswege zu gehen, um die Protokollstrecken der Gipfelteilnehmer zu blockieren. BlockG20 hatte dazu klare Absprachen getroffen, die Angriffe auf die Polizei ausschloss: »Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen«, heißt es im vereinbarten Aktionskonsens. Kein Wunder, dass diese Information in der Anklageschrift fehlt, würde sie doch der Argumentation der Staatsanwaltschaft widersprechen. Der Gerichtsprozess, der in knapp zwei Wochen beginnt, ist bereits der dritte seiner Art. Die beiden Verhandlungen gegen den italienischen Jugendlichen Fabio V. bzw. gegen fünf weitere Jugendliche mussten im Februar 2018 wegen Mutterschutz der Richterin bzw. im Januar 2021 wegen der Corona-Pandemie abgebrochen werden. Es gab also in dieser Sache noch keine Urteile. Insofern kann das neue Verfahren zu einer Vorlage für die weiteren Rondenbarg-Beschuldigten werden. In beiden vergangenen Gerichtsprozessen zeigte die Hamburger Staatsanwaltschaft, dass sie hohe Haftstrafen anstrebt. Damit versucht sie offenbar die mit viel Aufwand geführten Ermittlungen einschließlich der Öffentlichkeitsfahndungen zu rechtfertigen, die weitgehend erfolglos blieben. Die zahlreichen Verursacher*innen der tatsächlich andernorts entstandenen Sachschäden an diesem 7. Juli 2017 in der Elbchaussee und im Schanzenviertel konnte sie bis heute nicht ermitteln. Als ob sie diese Niederlage vergessen machen will, führt sie nun umso vehementer die Anklage gegen namentlich bekannte Demonstrationsteilnehmer*innen am Rondenbarg.“ Artikel von Niels Seibert vom 4. Januar 2024 in Neues Deutschland online
- Bundesweite G20-Rondenbarg-Soli-Demo am 20. Januar 2024 in Hamburg
- [Geschenk zum internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 13.12.?] Doch 3 Polizisten wegen Körperverletzung bei G20-Gipfel angeklagt, 2 weitere Anklagen möglich – auch wegen der kritischen Berichterstattung!
„Vor sechs Jahren war Hamburg während des G20-Gipfels im Ausnahmezustand. Während Hunderte G20-Gegner wegen der Ausschreitungen verurteilt wurden, war bislang kein Polizist vor Gericht. Jetzt aber gibt es eine erste Anklage. Wie Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering am Montag mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft in einem Fall Anklage erhoben. Dabei gehe es um einen Schlagstockeinsatz der Polizei am 7. Juli 2017. Bei einer Protestaktion am Bismarckdenkmal sei ein Mann verletzt worden, er habe Hämatome erlitten. Die Anklage sei im September erhoben worden. Nun muss das zuständige Gericht entscheiden, ob es zu einem Prozess kommt. In dem Fall wäre es Oechtering zufolge der erste Prozess gegen einen Polizisten in Zusammenhang mit dem G20-Gipfel.
Drei Polizeibeamte angeklagt
Der Hamburger Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich hat die Akten aller eingestellten Verfahren noch einmal prüfen lassen – auch wegen der kritischen Berichterstattung der Medien, wie es heißt. Und er sah dann doch genügend Anhaltspunkte, um die drei Beamten vor Gericht zu bringen.
Zwei weitere Anklagen möglich
Und es kommt womöglich noch zu zwei weiteren Anklagen. Es laufen erneute Ermittlungen, unter anderem gegen einen Polizisten, der am Schulterblatt mit dem Schlagstock auf einen G20-Demonstranten eingeschlagen haben soll. (…) Nach einer erneuten Prüfung von 157 bereits eingestellten G20-Verfahren gegen Polizisten seien 151 nicht wieder aufgenommen worden, teilte Oechtering mit…“ Meldung vom 12.12.2023 beim NDR („G20-Gipfel: Drei Polizisten wegen Körperverletzung angeklagt“) - G20-Polizeigewalt bleibt komplett straflos: Letzte Ermittlungen gegen Beamten aus Baden-Württemberg eingestellt – aber Rondenbarg-Verfahren…
„Der Begriff Polizeigewalt sei ein »diffamierender Begriff«, den er »sehr deutlich« zurückweise, sagte der immer noch amtierende SPD-Innensenator Andy Grote kurz nach dem G20-Gipfel in Hamburg im Innenausschuss. Zuvor hatte der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, ebenfalls Sozialdemokrat und mittlerweile Bundeskanzler, dasselbe Narrativ geprägt: »Polizeigewalt hat es nicht gegeben«, so Scholz zum NDR, als er zum Vorgehen gegen den Protest zehntausender Menschen in der ersten Juliwoche 2017 gefragt wurde.
Vergangene Woche habe die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft ihre letzten Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt gegen G20-Polizisten eingestellt, berichtet die in der Hansestadt erscheinende »Mopo«. Diese Ermittlungen bezogen sich auf einen Vorfall vom 8. Juli 2017, bei dem eine Hundertschaft aus Baden-Württemberg ohne Vorwarnung auf eine friedlich zusammenstehende Gruppe einprügelte und der Erzieherin Lola D. mit dem Schlagstock das Wadenbein brach. Die Gruppe hatte im Schanzenviertel ihr Motto »Lieber tanz ich als G20« in die Tat umgesetzt. Auch die mitgebrachte Musikanlage wurde von der Prügelpolizei mutwillig zerstört, so ist es auf einem Video zu erkennen. (…) »Dass Täter in Uniform straffrei bleiben, ist ein eklatantes Rechtsstaatsdefizit und untergräbt das Vertrauen in die gesamte Polizei«, sagt Cansu Özdemir, die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft, zu »nd«. Olaf Scholz habe sich mit seiner Erklärung, Polizeigewalt habe es nicht gegeben, »schützend vor solche Schläger gestellt«. Dies unterstreiche die Unzulänglichkeit innerbehördlicher Aufklärung von Polizeigewalt, so Özdemir.
Der endgültig archivierte Fall vom 8. Juli 2017 scheint diese Kritik zu bestätigen. Zwar konnte die Staatsanwaltschaft drei Beamte einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) aus Baden-Württemberg als mutmaßliche Täter identifizieren, diese verweigerten aber die Aussage. Ihr Vorgesetzter will diese Beamten auf den Videos nicht erkennen können. Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt, im Jahr darauf wieder aufgerollt und abermals eingestellt. »Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage« hat die Polizei dem Opfer jedoch eine Entschädigung von 4770 Euro zuzüglich Anwaltskosten »als materiellen und immateriellen Schadensersatz« geleistet. (…) Sogar die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft kommt laut »Mopo« zu dem Schluss, dass der beschuldigte Beamte beim G20-Gipfel »Gewalt angewendet und Gefallen hieran gefunden hat«, und bescheinigt ihm eine »hochproblematische Dienstauffassung«. Für eine Anklage vor Gericht reichten der Justizbehörde diese Beweise aber nicht. Auch die BFE-Einheit, die für die Ermittlungen gegen den Beamten zuständig ist, attestiere diesem eine hohe Gewaltbereitschaft, menschenverachtendes Verhalten und eine rassistische Gesinnung, berichtet die »Mopo« aus den Akten. In anderen Chatverläufen bezeichnete sich der Beschuldigte selbst als »Rassist«. Ob der Polizist deshalb wenigstens disziplinarisch verfolgt wurde, beauskunftet das Innenministerium in Baden-Württemberg mit Verweis auf den Datenschutz nicht.“ Artikel von Matthias Monroy vom 04.12.2023 in ND online („G20-Polizeigewalt bleibt komplett straflos: Letzte Ermittlungen gegen Beamten aus Baden-Württemberg eingestellt“)- „Es war nicht schwer zu prophezeien, dass am Ende kein/e Polizeibeamt*in im Zusammenhang mit G 20 in #Hamburg angeklagt wird. Diese Verfahren sind eine Farce. Sie erzeugen die Illusion einer Rechtsstaatlichkeit, die es aufgrund struktureller Mängel nicht gibt.“ Post von RAV am 5.12.23 auf bsky
- Sechseinhalb Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg: Erneuter Prozess im G20-Rondenbarg-Verfahren wegen „gemeinschaftlicher Tat“ ab Januar 2024
„Sechseinhalb Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat die Staatsanwaltschaft immer noch einen starken Verfolgungswillen und wünscht sich Haftstrafen – für das Mitlaufen auf einer Demonstration, bei der es zu massiver Polizeigewalt und zahlreichen Verletzten kam. Im sogenannten Rondenbarg-Verfahren beginnt der Prozess gegen sechs Betroffene am 18. Januar 2024 in Hamburg und soll bis in den August andauern. Eine Verurteilung würde eine Einschränkung des Demonstrationsrechts bedeuten. (…) Bis heute verfolgt der Staat diejenigen, die damals für eine gerechtere Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung auf der Straße waren.
Im Nachgang der Gipfelproteste gab es zahlreiche Verfahren und Prozesse gegen linke Aktivist*innen. Beim Rondenbarg-Verfahren hat die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen 85 Aktivist*innen Anklage erhoben. Ein Prozess gegen sechs Beschuldigte wird am 18. Januar 2024 in Hamburg beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten keine selbst begangenen Straftaten vor. Mithilfe des Konstrukts der „gemeinschaftlichen Tat“ wird eine Verurteilung ohne konkret individuellen Strafnachweis anvisiert. Vorwurf ist schwerer Landfriedensbruch. Die bloße Anwesenheit auf der Demo soll für eine Verurteilung ausreichen. Mit einem solchen Urteil würde die Versammlungsfreiheit und damit das wichtigste Mittel zur politischen Auseinandersetzung im öffentlichen Raum massiv eingeschränkt werden. (…) Achtet auf weitere Ankündigungen zu Aktionen im Rahmen des Rondenbarg-Prozesses. Für die Einstellung der Verfahren! Unsere Solidarität gegen ihre Repression! United We Stand!“ Meldung vom 06.11.2023 bei Gemeinschaftlicher Widerstand gegen Repression mit den Prozessterminen im Januar und Februar - »Elbchaussee-Verfahren«: G20-Klatsche für deutsches Gericht. Der wegen Ausschreitungen in Hamburg verurteilte Loïc S. soll in Frankreich nicht mehr in Haft
„Der französische Staatsbürger Loïc S. aus Nancy, der im sogenannten Elbchaussee-Verfahren in Hamburg zu drei Jahren Haft verurteilt worden war, soll nicht ins Gefängnis zurückkehren. Das entschied das Amtsgericht in Nancy am Freitag vergangene Woche nach einem Antrag zur Haftprüfung. Der aus Nancy in Lothringen stammende Aktivist hatte einen Teil seiner in Hamburg begonnenen Haftstrafe in Frankreich abgesessen. Das sei nun nicht mehr nötig, urteilte der Strafvollzugsrichter Jérôme Pauzat. Jedoch soll der mittlerweile 27-Jährige S. verschiedene Auflagen erfüllen, darunter etwa die Pflicht, einer Lohnarbeit nachzugehen. Außerdem müssen jeder Wechsel des Wohnortes und Reisen ins Ausland im Zeitraum eines Jahres gerichtlich genehmigt werden. Der Richter Pauzat zeigte sich in seinem Plädoyer über das nach den Ausschreitungen des G20-Gipfels 2017 vom Landgericht in Hamburg verhängte Strafmaß überrascht. Die im deutschen Urteil gegen S. behauptete »psychologische Beihilfe« zu Straftaten oder ein »ostentatives Mitmarschieren« gebe es für Demonstrationen in Frankreich nicht. Anerkannt wurde auch die in der Haftprüfung festgestellte »gute soziale Integration« des Verurteilten S., der bereits 487 Tage Haft verbüßt hat. Ein von der Staatsanwaltschaft gefordertes zweijähriges Demonstrationsverbot für S. wies der Richter als »paradox« zurück. Die Haft in Frankreich beziehe sich auf eine Strafe bezüglich eines Geschehens im Ausland. Es sei nicht möglich, dies mit einer Einschränkung des Versammlungsrechts auf französischem Boden zu verknüpfen, während der Betroffene weiterhin im Ausland demonstrieren dürfe.Sollte die Staatsanwaltschaft innerhalb einer Zehntagesfrist keinen Widerspruch einlegen, ist das Urteil rechtskräftig. Im Gespräch mit dem »nd« bezweifelt Loïc S., dass der Staatsanwalt das Urteil hinnehmen wird. »Justiz hat mit Gerechtigkeit nur manchmal etwas zu tun. Auch wenn ich heute ›frei‹ bin, kann schon morgen das nächste Verfahren kommen, können alte Kamellen wieder hochgekocht werden.« Auch sein Anwalt Christophe Sgro vermutet, dass die Polizei »sehr unglücklich« über die Entscheidung sei und weiterhin Druck machen werde…“ Artikel von Luc Skaillé vom 19.06.2023 in ND online - Polizei erkennt Rechtswidrigkeit bei einem G20-Einsatz an
„Fünf Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat die Polizei die Rechtswidrigkeit einer Gewaltanwendung gegen zwei Radfahrer anerkannt. Das Verwaltungsgericht bestätigte auf Antrag der beiden Betroffenen die Rechtswidrigkeit in zwei Urteilen. Eine weitere rechtliche oder gar strafrechtliche Wertung des Polizeieinsatzes sei damit nicht verbunden, sagte ein Sprecher des Gerichts am Montag. Verwaltungshandeln könne aus ganz unterschiedlichen Gründen rechtswidrig sein, manchmal reichten formale Fehler. (…) Bei einem Erörterungstermin im Mai 2022 habe das Gericht einen Vergleich angeregt, hieß es. Die Kläger hätten das abgelehnt und eine öffentliche Beweisaufnahme gefordert. Dem sei die Polizei nun zuvorgekommen, indem sie den Anspruch der Kläger in beiden Verfahren anerkannt habe. Die Polizei erklärte ihrerseits, dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch Zeugenvernehmungen nicht zu erwarten sei. Das Gericht wies darauf hin, dass das Handeln der sächsischen Beamten der Hamburger Polizei zuzurechnen sei. Hamburg hatte damals Polizeiverstärkung aus anderen Bundesländern angefordert.“ Meldung vom 11.07.2022 beim Stern online - Verbot von G20-Protestcamp rechtswidrig: Pfeffer gegen Schlafzelte
„Beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg verbot die Polizei das antikapitalistische Protestcamp. Das war rechtswidrig, entschied jetzt das Verwaltungsgericht.
Von Beginn an hatte die Stadt deutlich gemacht, dass sie es nicht zulassen würde: Tatsächlich ist aus dem antikapitalistischen Protestcamp während des G20-Gipfels in Hamburg 2017 nichts geworden. Lange wurde zuvor politisch und gerichtlich darüber gestritten, am 2. Juli eskalierte die Situation: Den ganzen Tag über verhinderte die Polizei den Zugang zum Gelände und Aufbau, spät abends umstellte sie das Camp, beschlagnahmte Schlafzelte und nahm Personalien auf. Mehrere Demonstrant*innen wurden verletzt. Von einem “Putsch der Polizei gegen die Justiz“ sprach Camp-Anwalt Martin Klingner damals, weil nicht nur das Hamburger Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren kurz zuvor festgestellt hatte, dass das Protestcamp vorläufig aufgebaut werden darf, auch mit Schlafzelten. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte drei Tage vor dem Einsatz entschieden, dass Behörden und Gerichte Protestcamps vorläufig als Versammlung behandeln sollten. Nun hat das Verwaltungsgericht Hamburg festgestellt: Das Camp zeitweise abzusperren und die zunächst erfolgte mündlich überbrachte Untersagung, das Camp aufzubauen sowie auch die später darauf folgende Untersagung von Schlafzelten, Duschen und Küchen, also das Verbot des Camps in seiner geplanten Form überhaupt, waren rechtswidrig, weil das Camp „jedenfalls in erheblichen Teilen“ eine Versammlung darstellt. Geklagt hatte der damalige Anmelder. Gleich zu Beginn der Verhandlung am 4. Mai stellte Klägeranwalt Martin Klingner klar, worauf er hinaus will: nicht auf eine Klärung, ob das Camp unter das Versammlungsrecht falle, sondern auf ein formaleres Problem: dass die Polizei rechtswidrig gültige gerichtliche Entscheidungen missachtet habe. (…)
„Das Verwaltungsgericht hat die Rechtsbrüche der Polizei klar benannt. Dies ist eine große Genugtuung“, sagt der Kläger. „Dies muss jetzt auch politische Konsequenzen haben, fordert er: „Die Verantwortlichen für die rechtwidrigen Polizeieinsätze, namentlich Innensenator Andy Grote sowie der damalige Bürgermeister und jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz müssen für den rechtwidrigen Einsatz in Entenwerder zur Verantwortung gezogen werden.“ Die am Mittwoch verhandelte Klage ist bereits die zweite in diesem Jahr, die Verbote und polizeiliche Maßnahmen während des G20-Gipfels betrifft. Bereits im Februar hatte das Verwaltungsgericht das Verbot einer friedlichen symbolischen Attac-Aktion in der Sperrzone für rechtswidrig erklärt…“ Artikel von Robert Matthies vom 5.5.2022 in der taz online , siehe auch: - Gerichtsurteil gegen Hamburger Polizei: Legal, illegal, scheißegal
„Fünf Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat ein Gericht nun polizeiliches Handeln für rechtswidrig erklärt. Konsequenzen hat das dennoch nicht.
Erst mal feste drauf, sollen doch Gerichte später feststellen, ob’s rechtswidrig war: Legal, illegal, scheißegal? „Sie können ja dagegen klagen“, herrschte Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde die Kritiker*innen seiner harten Linie beim G20-Gipfel in Hamburg im Sommer 2017 an. Denn personelle, strukturelle oder politische Konsequenzen hat so eine Feststellungsklage fünf Jahre nach dem eskalierten Gipfel nicht. Dudde wurde 2018 befördert, zum Leiter der Schutzpolizei. Von den Verantwortlichen hört man bis heute weder eine Entschuldigung noch ernsthaft Selbstkritisches. Der damalige Innensenator Andy Grote (SPD) ist es immer noch, der damalige Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Bundeskanzler. Dass das Hamburger Verwaltungsgericht einmal mehr ein Verbot einer Protestaktion durch die Versammlungsbehörde und polizeiliche Maßnahmen während des Gipfels im Nachhinein für rechtswidrig erklärt hat, dürfte Dudde am Ende seiner Karriere gar nicht mehr interessieren: In knapp drei Wochen geht der „harte Hund“ in den Ruhestand…“ Kommentar von Robert Matthies vom 6.5.2022 in der taz online und das Urteil:- Verwaltungsgericht Hamburg: Absperrung des Zugangs zu der Elbinsel Entenwerder zur Errichtung eines Protestcamps anlässlich des G20-Gipfeltreffens wie auch die Untersagung des Camps und das Verbot von Schlafzelten waren rechtswidrig
„Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung am 4. Mai 2022 hat das Verwaltungsgericht Hamburg festgestellt, dass die zeitweilige Absperrung des Zugangs zu der Elbinsel Entenwerder zur Errichtung eines Protestcamps anlässlich des G20-Gipfeltreffens durch die Polizei und die zunächst erfolgte Untersagung der Errichtung des Protestcamps wie auch die zeitlich darauf folgende Untersagung von Schlafzelten, Duschen und Küchen rechtswidrig waren (21 K 264/18)...“ Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts vom 5. Mai 2022
- Verwaltungsgericht Hamburg: Absperrung des Zugangs zu der Elbinsel Entenwerder zur Errichtung eines Protestcamps anlässlich des G20-Gipfeltreffens wie auch die Untersagung des Camps und das Verbot von Schlafzelten waren rechtswidrig
- Erfolg vor Gericht: Aktionsverbot beim G20 in Hamburg war rechtswidrig – Praxis großflächiger Versammlungsverbotszonen steht damit in Frage
„Das Verbot der Attac-Aktion „Freihandel Macht Flucht“ am 7. Juli 2017 beim G20-Gipfel in Hamburg auf Grundlage der damaligen Allgemeinverfügung war rechtswidrig. Von der Aktion ging keine Gefahr aus. Die Klägerin, Attac-Welthandelsexpertin Hanni Gramann, die die Aktion angemeldet hatte, wurde in ihrem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt. Das haben die Richter*innen der dritten Kammer des Hamburger Verwaltungsgericht am heutigen Freitag nach etwa anderthalbstündiger Verhandlung festgestellt. Sie widersprachen damit ausdrücklich der Argumentation der Polizei, während des G20-Gipfels in Hamburg wäre davon auszugehen gewesen, dass von jeder Versammlung innerhalb der 38 Quadratkilometer großen Demonstrationsverbotszone (Allgemeinverfügung) eine Gefahr ausging – unabhängig vom konkreten Charakter der Aktion. „Mit dem heutigen Urteil steht die Praxis demokratiefreier Sperrzonen in Form großflächiger Versammlungsverbote, wie wir sie 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm und vor fünf Jahren beim Treffen der G20 in Hamburg erlebt haben, in Frage! Das ist ein großer Erfolg für das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit“, sagte Klägerin Hanni Gramann nach der Verhandlung. Bei der Verhandlung ging es um eine von drei Aktionen, mit denen das globalisierungskritische Netzwerk Attac am 7. Juli 2017 auf seine inhaltliche Kritik an der Politik der G20 aufmerksam machen wollte. Alle drei Aktionen wurden am angemeldeten Ort verboten, weil sie in der sogenannten Sperrzone lagen. Dabei handelte es sich um für Attac typische symbolische Bildaktionen, bei denen gewalttätige Auseinandersetzungen in keiner Weise zu erwarten sind. Attac klagte gegen die drei Verbote. (…) Gegen das heutige Urteil ist eine Berufung möglich. Die schriftliche Begründung liegt noch nicht vor. Die Klage war im März 2018 eingereicht worden. Für die Klagen gegen die beiden anderen Aktionsverbote gibt es noch keine Verhandlungstermine.“ Pressemitteilung vom 25. Februar 2022 von Attac Deutschland - G20 als Datengewinnungsparadies – Vier Jahre nach dem Gipfel in Hamburg: Polizeidatenbank »Schwarzer Block« führt 7578 Beschuldigte und Verdächtigte
„Die »Soko Schwarzer Block«, größte Hamburger Sonderkommission aller Zeiten, wurde nach den Protesten gegen den G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg aufgebaut. Sie sollte nach Protestierenden fahnden und ermitteln, ob sie Rechtsverstöße begangen hätten. Drei Jahre später wurde sie aufgelöst. Seitdem besteht sie nur noch als verkleinerte Ermittlungsgruppe des Hamburger Staatsschutzes fort. Geblieben ist aber eine immense Datensammlung zur »Unterstützung der polizeilichen Ermittlungsarbeit bei der Strafverfolgung«. Ihr Inhalt wird weitgehend geheimgehalten. 18 sogenannte Crime-Datenbanken gibt es, doch jene mit dem Namen »Schwarzer Block« ist bei weitem die umfangreichste: Sie führt rund 11 000 Personen, darunter 7 578 Beschuldigte und Verdächtigte, gegen die ermittelt wird. Das brachten aber erst zwei parlamentarische Anfragen der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft ans Licht. (…) Eine Löschung des Datenbergs ist derzeit nicht in Sicht, da der Hamburger Staatsschutz weiterhin forciert gegen Teilnehmende am G20-Protest 2017 ermittelt. »Die Polizei sieht aber die Straftaten im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel als einen zusammenhängenden Komplex an und verschafft sich durch diesen Trick eine enorm lange Speichermöglichkeit«, erläutert Deniz Çelik: »Die Informationen in der Datei sind zur Ausleuchtung von Strukturen und Verbindungen innerhalb der linken Szene für die Polizei Gold wert. Die Polizei wird alles daransetzen, diese Daten möglichst lange verwenden zu können.« Trotz der beiden Anfragen von Deniz Çelik gibt es außer von der Roten Hilfe keinerlei Reaktion auf den Fortbestand des G20-Datenbergs. Der Abgeordnete mahnt: »In den Augen der Sicherheitsbehörden wird man schnell zum ›Linksextremisten‹, auch wenn man nur auf einer kapitalismuskritischen Demo war – wir brauchen daher eine intensivere Auseinandersetzung über die Gefahren polizeilicher Datenverarbeitung.« Obwohl im Komplex G20-Proteste bereits Anklage gegen 451 Beschuldigte erhoben worden ist, am häufigsten wegen Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und Körperverletzung, ist kein Ende der Ermittlungen und Anklagen abzusehen – zumindest gegen Protestierende. Gegen Polizist*innen kam es bis jetzt trotz Anzeigen wegen Ausübung unverhältnismäßiger Gewalt durch Beamte in 169 Fällen in vier Jahren zu keiner einzigen Anklage…“ Beitrag von Gaston Kirsche vom 29. Oktober 2021 in neues Deutschland online - Revisionsprozess gegen Loic im G20-Elbchausseeverfahren am 1. September ’21 in Leipzig
„Am 1.9.21 entscheidet der Bundesgerichtshof in Leipzig über die Revisionen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, mit dem Loic zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren ohne Bewährung verurteilt wurde. Die Verteidigung fordert eine wesentlich niedrigere Strafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Die Staatsanwaltschaft will eine Verurteilung zu einer Strafe von 4 Jahren 9 Monaten. Nun findet am 1.9.21 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BGH statt, in der es nur um Rechtsfragen geht. Loic kann an dieser Verhandlung teilnehmen, muss es aber nicht und wird es auch nicht tun. Wir werden einen Beobachter nach Leipzig schicken. Revisionen werden zu 99 % abgelehnt, das ist auch bei Loic für beide Revisionen zu erwarten. Dann würde das Urteil sofort rechtskräftig, etwa einen Monat später erfolgt die Ladung zum Strafantritt und einen weiteren Monat später, also im November, muss die Knaststrafe dann angetreten werden. Loic wurde zu 36 Monaten verurteilt, abzüglich 16 Monaten Untersuchungshaft bleibt eine Reststrafe von 20 Monaten…“ Meldung vom 9. August 2021 bei United We Stand! - G20-Gipfel in Hamburg: Keine Anklage gegen Polizisten – Aufarbeitung bleibt einseitig
„Trotz zahlreicher Anzeigen gegen Polizeibeamte und 169 eröffneter Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt ist genau vier Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg bislang in keinem einzigen Fall Anklage gegen Polizisten erhoben worden. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. Panorama hatte in seiner umfangreichen Berichterstattung über den Gipfel damals unter anderem auch Menschen interviewt , die berichteten, Opfer willkürlicher Gewaltausübung durch Polizeibeamte geworden zu sein. Mehrere Betroffene werden unter Bezugnahme auf Panorama auch in der Kleinen Anfrage der Linkspartei zitiert. (…) Insgesamt wurden bislang 133 der 169 Strafverfahren gegen Polizisten eingestellt, Anklage wurde in keinem Fall erhoben. Die strafrechtliche Aufarbeitung der Krawalle verläuft dagegen deutlich anders: Gegen 451 Beschuldigte wurde Anklage erhoben, unter anderem wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzungen und anderer Delikte. Zum Teil wurden dabei mehrjährige Haftstrafen verhängt…“ Beitrag von Andrej Reisin vom 06.07.21 beim NDR - Landgericht Hamburg bricht Pilotverfahren im Rondenbarg-Komplex ab – Rote Hilfe: „Verfahren hätte gar nicht erst eröffnet werden dürfen“
„Die Große Strafkammer 27 am Hamburger Landgericht hat heute entschieden, das im Dezember eröffnete Pilotverfahren im so genannten Rondenbarg-Komplex zu den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg 2017 abzubrechen. Der Vorsitzende Richter Halbach begründete den Abbruch mit der Entwicklung der Covid-19-Pandemie. Erst am 3. Dezember 2020 hatte das Landgericht das erste größere Rondenbarg-Verfahren eröffnet. Vor Gericht stehen fünf Menschen aus Stuttgart, Mannheim, Halle und Bonn. Bei ihnen handelt es sich um die jüngsten Beschuldigten; insgesamt sollen in diesem Zusammenhang über 80 Personen angeklagt werden. Ihnen wird nach einer von der Polizei angegriffenen Versammlung u. a. gefährliche Körperverletzung, Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt*innen sowie die Bildung bewaffneter Gruppen und Landfriedensbruch vorgeworfen. Allerdings werden ihnen keine individuellen Straftaten zugeordnet, sondern pauschal alle Aktivitäten angelastet, die aus dem Protestzug heraus ausgeübt wurden. Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. erklärt hierzu: „Die Hauptverhandlung hätte unter den Pandemie-Bedingungen im Dezember letzten Jahres gar nicht erst eröffnet werden dürfen. Es war bereits damals unzumutbar und fahrlässig, die Angeklagten über so lange Distanzen und teilweise aus Risikogebieten wöchentlich zu Verhandlungen nach Hamburg anreisen zu lassen.“ (…) Die Anklage stellt die Ereignisse vom 7. Juli 2017 am Rondenbarg vollkommen auf den Kopf. Dort wurde eine legitime Demonstration von der Polizei angegriffen, brutal zerschlagen und dabei zahlreiche Demonstrierende verletzt. Es ist absolut zynisch, dass nun die Angegriffenen auf der Anklagebank sitzen, während bis heute kein einziger Polizist angeklagt ist.“ Die Rote Hilfe e.V. fordert die Einstellung des so genannten Rondenbarg-Verfahrens ebenso wie die Einstellung aller G20-Verfahren und die Beendigung der Anklagen gegen alle Betroffenen.“ Pressemitteilung der Roten Hilfe e.V. vom 27. Januar 2021 , siehe auch dazu:- Presseerklärung der Verteidigung im Rondenbarg Verfahren
„… Die Verteidigung geht von einem rechtswidrigen Angriff der Polizei auf eine grund- und versammlungsrechtlich geschützte Demonstration aus und hat die in diesem Verfahren erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe von Anfang an als ein politisches Projekt der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Rechtsanwältin Fenna Busmann sagt dazu: „Nachdem der Gesetzgeber in einer 1970 durchgeführten Gesetzesreform die bloße Anwesenheit bei unfriedlich verlaufenden Versammlungen ausdrücklich aus dem gesetzlichen Tatbestand des Landfriedensbruchs herausgenommen hatte, soll in diesem Verfahren über die Rechtsprechung der frühere Gesetzeszustand, wie er in vordemokratischer Zeit seit Ende des 19. Jahrhunderts galt, wieder hergestellt werden.“ Die Verteidigung hat auch geltend gemacht, dass es gegen die Grundsätze des Jugendverfahrens verstoße, Jugendliche aus allen Ecken Deutschlands über drei Jahre nach dem Geschehen in Hamburg in einem lang andauernden Großverfahren vor Gericht zu stellen. Die Verteidigung hatte weiterhin von Anfang an kritisiert, dass die Mandantinnen wegen dieses Prozesses in Zeiten der Pandemie zu wöchentlichen Reisen durch die ganze Republik gezwungen werden und deshalb die Verlegung des Verfahrens gefordert. Rechtsanwalt Matthias Wisbar kommentiert die jetzt vom Gericht getroffene Entscheidung, das Verfahren auszusetzen: „So richtig die Entscheidung des Gerichts ist, das Verfahren unter den Bedingungen der Pandemie nicht weiter durchzuführen, führt sie zu einer weiteren, mit den Wertungen des Jugendgerichtsgesetzes nicht zu vereinbarenden Verfahrensverzögerung. Den Mandantinnen wird es erneut auf unabsehbare Zeit unmöglich gemacht, nach dem Ende der Schule ihr weiteres Leben, insbesondere weitere Ausbildungen verbindlich zu planen. Allein deshalb gehört dieses Verfahren endlich eingestellt.“…“ Für die Verteidigung im Rondenbarg-Verfahren RA Matthias Wisbar am 28. Januar 2021 - Auf den richtigen Weg gebracht: Das Jugendstrafrecht soll Heranwachsende erziehen. Beim geplatzten Rondenbarg-Prozess passiert genau das, aber anders als vom Gericht beabsichtigt.
„… Hätten sie schwere Straftaten begangen, könnte man sagen okay, das hätten sie sich früher überlegen sollen. Aber das ist ja nicht der Fall. Ihnen wird lediglich vorgeworfen, demonstriert zu haben. (…) Als Steine und Böller aus der Demo in Richtung von Polizist*innen flogen, diese aber verfehlten, hätten sie durch ihre Anwesenheit und das einheitliche Auftreten psychologisch mitgewirkt, behauptet die Staatsanwaltschaft. Zu Schaden kam allerdings auch niemand, vielmehr wurden die Demonstrant*innen buchstäblich von einer Polizei-Sondereinheit zerlegt. Vor diesem Hintergrund so stark in das Leben heranwachsender, damals Minderjähriger einzugreifen, ist nicht nur völlig überzogen, sondern auch ein trauriges Zeichen für den Rechtsstaat. Zumal das Jugendstrafrecht ja den erzieherischen Gedanken in den Vordergrund stellt. Es zielt nicht vorrangig aufs Strafen, sondern darauf, Jugendliche auf den richtigen Weg zu bringen. Das dürfte schon gelungen sein – aber auf einen Weg gegen die ungerechte Gesellschaft, in der bestraft wird, wer für seine Rechte auf die Straße geht.“ Kommentar von Katharina Schipkowski vom 27. Januar 2021 bei taz online - Thread von Katharina Schipkowski am 27.1.2021 : „Das #G20-#Rondenbarg-Verfahren ist gerade geplatzt. Wegen Corona will das Gericht aktuell nicht verhandeln. Die Frist, in der man ein Strafverfahren pausieren kann, ist wegen des verlängerten Lockdowns kaum einzuhalten. Ist das jetzt gut oder schlecht? Weder richtig gut, noch richtig schlecht. Die Verteidigung hatte schon lange gefordert, das Verfahren wegen Corona einzustellen. Aber eingestellt wird es ja nicht. Es wird wahrscheinlich irgendwann neu aufgerollt werden. Für die Betroffenen ist es weiterhin zermürbend, dass das Verfahren über ihnen schwebt, es schränkt die Lebensplanung der gerade mal 20-Jährigen stark ein. Aber es ist natürlich gut, dass sie nicht in der Pandemie jede Woche durch ganz Deutschland fahren müssen…“ zu ihrem Artikel in der taz online am gleichen Tag: Corona bringt Prozess zu Fall
- Presseerklärung der Verteidigung im Rondenbarg Verfahren
- (G20) Elbchaussee-Verfahren: 1. öffentliche Prozesserklärung von Loic
„Sehr geehrtes Gericht, Endlich nähern wir uns dem Ende dieses Verfahrens, das im Dezember 2018 begonnen hat. Ich habe nicht gewusst, dass ein Prozess so lange dauern kann. Ich wurde einige Tage nach meinen 23. Geburtstag im August 2018 verhaftet, die Polizeibeamten schlugen mit Geschrei die Tür des Hauses meiner Eltern ein, meine kleine Schwester musste sich mit den Händen über dem Kopf hinknien. Während ich das Zerbersten der Tür hörte, hatte ich die Bilder polizeilicher Gewalt bei Festnahmen durch die Polizei im Kopf, wie die Polizeibeamten loslegen und Personen schlagen. (…) Als ich in einem Auto der deutschen Polizei nach Hamburg überstellt wurde, machte der Fahrer die Musik an und stellte den Ton lauter, als es « die Internationale » gab, die Beamten der « Soko SchwarzBlock » wollten sicherlich meine Reaktion sehen. Ich konnte es mir nicht verkneifen, ihnen zu sagen, dass ich «die Maknovtchina» bevorzugt hatte. (…) Ich blieb in den ersten vier Monaten in dem kleinen Gebäude A, das sich parallel zum Justizgebäude befindet, in dem wir uns gegenwärtig befinden. (…) In Frankreich werden die deutschen Polizeibeamten wie die Könige der Deeskalation angesehen, ich habe zwischenzeitlich in Hamburg gesehen, wie Tausende von Demonstranten eine Mauer hochkletterten, um der Polizei zu entkommen, die mit Schlagstöcken auf Schädel einschlugen. Es war der erste Tag der Demonstrationen in Hamburg gegen den G20, die Wasserwerfer, die fast von Anfang an bei den Begleitfahrzeugen waren, wurden in Stellung gebracht, und die aus allen Richtungen eingesetzten Polizeibeamten ließen nicht einem nicht einmal die Möglichkeit zur Flucht. Es gab mehrere Dutzend schwer am Kopf Verletzter. Warum wird seitens der Gerichte Stille gegenüber der Polizeigewalt bewahrt? Wo sind die Fotos in den Medien der Polizeibeamten, die mit Schlagstöcken auf die Schädel einschlagen und die Spalten über Aufrufe zur Denunzierung im Zeitraum nach dem G20? Ich beschuldige die Gerichte im Allgemeinen, an einer geschlossenen Gruppe von Personen teilzunehmen, die auf Basis von Arbeitsteilung zwischen der die Taten ausübenden Polizei und den Gerichten, diese Delikte durch ihre laxe Haltung verursachen und ermutigen. Die dieser Gruppe angehörigen Gerichte sind Komplizen sämtlicher von der Polizei ausgeübten Gewalt beim G20, da sich niemand von dieser Gewalt distanziert hat. (…) Es gibt einen besonders schwerwiegenden Aspekt in dieser Angelegenheit, 5 Personen müssen für sämtliche Schäden einer Demonstration gradestehen. 99 % der vorgeworfenen Taten zielen nicht persönlich auf die Angeklagten ab. Die Anklage erstreckt sich auf über eine Million Euro Schäden. Der Staatsanwalt versucht eine weitreichende Sicht der Komplizenschaft zu konstruieren und aufzuerlegen, bis zu dem Punkt, wo er sogar über die angenommene Präsenz der Angeklagten hinausgeht. Konkret gesagt, stellen Sie sich vor, dass bei einer Demonstration jemand 50 Meter vor Ihnen ein Auto abfackelt : Sie werden als verantwortlich für die Schäden angesehen. Aber das ist nichts! Stellen Sie sich jetzt vor, Sie verlassen die Demonstration, 10 Minuten später wird ein Molotow – Cocktail geworfen: obwohl Sie nicht mehr vor Ort sind, werden Sie auch dafür verantwortlich gemacht. (…) Finden Sie mich nicht in Ihrer Definition des guten oder bösen Demonstranten wieder, Sie sollten nur wissen, dass ich jeder Person gegenüber solidarisch bleibe, die sich nach Demonstrationen vor der Justiz befindet : ob es die des G20 oder der Gelbwesten sind, die von Minneapolis oder der Arbeiterviertel in Chile oder der von Hong-Kong. Denn noch einmal, wie auch immer mein Urteil über diese oder jene Handlung oder diese oder jene einzelne Person ausfällt, ich werde meine Stimme nie gemeinsam mit den Schreien des Hasses erheben, die Bewaffnete, Polizei, Gerichtsbarkeit, Priester und Gesetze in Bewegung setzen, um ihre Privilegien aufrechtzuerhalten…“ Öffentliche Prozesserklärung von Loic bei Bureburebure.inf veröffentlicht am 1. Januar 2021 von der Anarchistischen Föderation - Rondenbarg-Prozesse: »Repression kennt viele Wege«
Kim König von der Roten Hilfe Hamburg im Interview von Gaston Kirsche vom 28.12.2020 in neues Deutschland online „zum aktuellen Stand der Rondenbarg-Prozesse und der Strategie hinter der Verfahrensführung: (…) Soweit es uns bekannt ist, sind über 80 Personen angeklagt. Sie sollen gruppenweise abgeurteilt werden. Aktuell stehen fünf junge Genoss*innen aus der ersten Prozessgruppe vor Gericht, die zum Zeitpunkt der G20-Proteste unter 18 waren. Dass gezielt die Jüngsten herausgepickt wurden, hat nichts damit zu tun, dass das Jugendstrafrecht vorsieht, Heranwachsende möglichst bald nach einem angeblichen Vergehen zu bestrafen und »erzieherisch« auf sie einzuwirken. (…) Entscheidend ist, dass das Jugendstrafrecht vorsieht, Presse und Öffentlichkeit auszuschließen – grundsätzlich zum Schutz heranwachsender Angeklagter. In diesem Prozess geht es aber darum, dass die Staatsanwaltschaft unbedingt eine Verurteilung braucht. (…) Denn dann muss nicht mehr geklärt werden, was am Rondenbarg passiert ist – das wurde ja schon unter Ausschluss der Öffentlichkeit geklärt. In den Folgeprozessen geht es dann aus Sicht der Anklage nur noch darum, ob die anderen Angeklagten dabei waren, ob sie vielleicht Reue zeigen, sich von der Demo und ihren Genoss*innen distanzieren. Deshalb ist das Ergebnis dieses Pilotprozesses nicht nur für die fünf Jugendlichen existenziell, sondern auch für die knapp 80 anderen Angeklagten. (…) Dass die Polizei am Rondenbarg ausnehmend brutal eine Versammlung angegriffen, Grundrechte gezielt missachtet und Dutzende Menschen verletzt hat, nicht wenige schwer und teils mit bleibenden Schäden. Und dass hinterher nicht diese Gewalttäter*innen angeklagt werden, sondern die Überfallenen – geschenkt, das ist halt der Rechtsstaat BRD. Was an den Rondenbarg-Prozessen neu und entscheidend ist: Die Staatsanwaltschaft hält sich nicht damit auf, den Angeklagten individuelle Taten nachzuweisen. Ihr Konstrukt ist ganz einfach: Da ist was passiert und alle, die da irgendwie dabei oder in der Nähe waren, werden für alles bestraft. (…) Sollte sie damit durchkommen, hieße das: Wer auch nur an einer Demo teilnimmt, an deren anderen Ende irgendetwas passiert, ist dafür auch verantwortlich. An einer grundgesetzlich geschützten Versammlung teilzunehmen, würde so zu einem echten Risiko…“ - Über 3000 auf bundesweiter Demonstration gegen Repression in Hamburg
„Über 3000 Menschen beteiligten sich heute bei der bundesweiten Demonstration in Hamburg gegen Repression und Klassenjustiz zum Auftakt der G20-Rondenbarg-Prozesse und in Solidarität mit den inhaftierten Antifaschist*innen und allen von Repression Betroffenen. Danke an alle, die da waren oder andersweitig unterstützt haben! Einstellung aller Verfahren und Freilassung der Gefangenen!“ Fotobericht von und bei gemeinschaftlich vom 06.12.2020 - Rondenbarg – Massenprozess gegen G20-Kritiker*innen in Hamburg
„Mehr als drei Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg beginnt am 3. Dezember der in verschiedene Verfahren aufgeteilte Massenprozess gegen insgesamt mehr als 70 Demonstrant*innen, die in der Hamburger Straße Rondenbarg als Teil eines Blockadefingers festgenommen wurden, der mit Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen die Politik der G20-Staaten protestieren wollte. Niemandem von ihnen wird – wie schon beim Prozess gegen Fabio Vettorel aus Italien (siehe dazu das Buch seiner Mutter Jamila Baroni Teilnahme verboten ) – eine individuelle Straftat zur Last gelegt, sondern die Staatsanwaltschaft will pauschal die Teilnahme an der Demonstration unter Strafe stellen. Sollte sie damit erfolgreich sein, hätte dies gravierende Folgen für das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit in Deutschland. Doch es geht noch um mehr: Bei dem Polizeieinsatz kam es zum Einsatz massiver Gewalt: 14 Demonstrant*innen wurden schwer verletzt, viele im Polizeigewahrsam misshandelt und verhöhnt, nicht wenige sind noch Jahre nach den Ereignissen traumatisiert. In dem absurdesten aller G20-Prozesse sollen nun diejenigen, die diese exzessive Gewalt erfahren haben, in einer Täter-Opfer-Umkehr selbst zu Angeklagten gemacht werden. (…) Mit unserem Buch Das war der Gipfel haben wir bereits vor geraumer Zeit versucht, diese Mauer des Schweigens zu durchdringen und die Verzerrungen und Entstellungen des zehntausendfach auf die Straßen getragenen Widerspruchs gegen die Politik der G20 zurückzuweisen. Wir wiederholen heute unseren Appell von damals: Fragt nach, schaut hin, nehmt die Perspektive der G20-Kritiker*innen zur Kenntnis. Setzt euch mit ihnen auseinander, statt sie zu dämonisieren und zu stigmatisieren. In unserem Buch findet sich u.a. das erschütternde Zeugnis einer Jugendlichen aus NRW, die damals am Rondenbarg festgenommen wurde. Julia Kaufmann berichtet über die massive Repression, die sie erlebt hat, über ihre Erfahrungen im Gefängnis. Sie habe sich wie in einem »Film über einen Polizeistaat gefühlt« schreibt sie und fährt fort: »Der Angriff der Polizei am Rondenbarg kam für uns aus dem Nichts. Im Nachhinein wurde uns klar, dass es eine Falle war: Wir sollten in diese menschenleere Straße laufen, verprügelt und unter dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruches verhaftet werden…“ Newsletter vom 30.11.2020 von und bei Assoziation A – siehe und lese dazu:- Rondenbarg – der verhinderte Protest
„Der Angriff kommt aus dem Nichts: Am frühen Freitagmorgen wird in einem Industriegebiet ein Demonstrationszug von der Polizei brutal zerschlagen. Zahlreiche Menschen werden verletzt, verhaftet, mit Strafverfahren überzogen. Eine Aktivistin aus Bonn berichtet…“ Beitrag von Julia Kaufmann aus dem Buch „Das war der Gipfel. Die Proteste gegen G20 in Hamburg“ bei ASSOZIATION A, Seite194 ff. Siehe Infos zum Buch bei Assoziation A – vielleicht aktueller denn je…
- Rondenbarg – der verhinderte Protest
- Bundesweite Demonstration am 5.12. in Hamburg: Rondenbarg-Verfahren „politisch motivierte Rachejustiz“ – Verteidigung der Demonstrationsfreiheit – Persönliches Grußwort von Fabio bei der Auftaktkundgebung
„Am Samstag, 5.12.2020 wird in Hamburg eine bundesweite Solidaritäts-Demonstration für die Rondenbarg-Angeklagten stattfinden. Beginn ist um 16 Uhr am Hauptbahnhof mit einer Auftaktkundgebung. Die Route führt am Gänsemarkt und am Landgericht (Sievekingsplatz) vorbei. Vor dem Landgericht beginnt bereits am 3.12. der Prozess gegen fünf jugendliche Angeklagte aus dem Rondenbarg-Verfahren, der erste Prozess aus einer ganzen Serie mit insgesamt 86 Beschuldigten. Anlass ist eine spontane Demonstration am Morgen des 7.7.2017, dem ersten Tag des G20-Gipfels in Hamburg. Diese Demonstration wurde von einer Hundertschaft der Bundespolizei gewaltsam gestoppt und aufgelöst, so dass 14 Schwerverletzte die Folge waren. Schon 2017/18 wurde Fabio, einem damals 18-jährigen aus Italien in einem absurden, schließlich abgebrochenen Prozess in Hamburg der gleiche Vorwurf gemacht. Genau wie ihm wird den nun Angeklagten keine individuelle Tat vorgeworfen, sondern die bloße Anwesenheit…“ Aus dem Aufruf der Interventionistischen Linke Hamburg zur Demo am Samstag | 5. Dezember 2020 | 16 Uhr | Hauptbahnhof | Hamburg (wir widerholen den Aufruf von Gemeinschaftlicher Widerstand ). Siehe dazu:- Nach der Auftaktkundgebung wird sich die Demonstration gegen ca. 17 Uhr auf folgender Route in Bewegung setzen: Kirchenallee – Steintorplatz – Steintordamm – Steintorwall – Glockengießerwall – Ferdinandstor – Lombardsbrücke – Neuer Jungfernstieg – Jungfernstieg – Gänsemarkt (dort 1. Zwischenkundgebung) – Valentinskamp – Dragonerstall – Johannes-Brahms-Platz – Sievekingsplatz (dort 2. Zwischenkundgebung vor den Gerichten) – Holstenglacis – Karolinenplatz – Feldstraße (dort Abschlusskundgebung an der U-Bahn-Station)
- Bei der Demo gibt es verschiedene Blöcke:
- Vorne läuft ein gemeinsamer Block in Solidarität mit Antifaschist*innen in Haft
- Revolutionärer Block vor dem Lautsprecherwagen
- Block der Interventionistischen Linken
- AnarchXBlock Infos bei @AnarchyInHH
- Jugendblock Infos bei @antifahoheluft
- Block der Feministischen Antifa Hamburg Infos bei: @FAHamburg
- Siehe für aktuelle Meldungen @rondenbarg_soli auf Twitter und auch #hh0512 #Rondenbarg #noG20
- Angeklagt fürs Mitlaufen bei G 20-Protest
„In Hamburg stehen erneut fünf junge Menschen vor Gericht. Sie sollen durch Demo-Teilnahme Gewalttaten »geistig« gebilligt haben…“ Artikel von Reinhard Schwarz, Hamburg, vom 03.12.2020 im ND online - Höre auch die Sondersendung „Gemeinschaftlicher Widerstand“ vom 16. November 2020 bei Radio Dreyeckland
- Bericht vom ersten Prozesstag (3.12.20)
„Am 3.12.2020 startete wie angekündigt der Pilotprozess gegen fünf junge Menschen im so genannten „Rondenbarg-Komplex“ nach Jugendstrafrecht unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor dem Hamburger Landgericht. Vorgeworfen wird den Angeklagten schwerer Landfriedensbruch, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, versuchte gefährliche Körperverletzung und Bildung bewaffneter Gruppen. Der vorsitzende Richter Georg Halbach eröffnete das Verfahren trotz der krankheitsbedingten Abwesenheit des Verteidigers einer der Angeklagten. Der Betroffenen wurde behelfsweise ein ihr unbekannter Verteidiger beigeordnet. Aufgrund dessen beschränkte sich der erste Prozesstag jedoch auf die auszugsweise Verlesung der Anklage seitens der Staatsanwaltschaft und war nach etwa einer Stunde wieder beendet. Vor dem Gerichtsgebäude fand eine Kundgebung zur Unterstützung der Angeklagten statt, an der zu Hochzeiten etwa 100 Menschen teilnahmen. Es wurden unter anderem Grußworte des Bundesvorstands der Roten Hilfe e.V. und von Fabio, einem Genossen, der bereits 2017/18 im Zusammenhang mit den Ereignissen im Rondenbarg vor Gericht stand und zuvor über vier Monate in Untersuchungshaft saß, verlesen. Der nächste Prozesstermin ist am kommenden Mittwoch, 9.12.20, ab 9.30 Uhr am Hamburger Landgericht, Sievekingplatz 3.“ Bericht vom 5. Dezember 2020 von Rote Hilfe auf der Aktionseite zum Prozess - Mammutprozesse gegen links, Polizisten vor Ermittlungen beschützt. Presseerklärung von Mitgliedern des ver.di-Bezirksjugendvorstands NRW-Süd von 2017
„Größter G20-Prozess bisher beginnt am 3.12. in Hamburg / Bonner Gewerkschafterinnen gehören zu den ersten Angeklagten / Bundesweiter Protest gegen Polizeiübergriff 2017 und folgende Strafverfolgung. Mehr als drei Jahre sind vergangen seit dem G20-Gipfel in Hamburg, bei dem Mitte 2017 die Bundesregierung mit Trump, Erdogan, Bolsonaro und anderen globalen Machthabern tagte. Am 3. Dezember 2020 beginnen nun von der Hamburger Staatsanwaltschaft betriebene „Mammutprozesse“ gegen vom Polizeiübergriff in der Hamburger Straße „Rondenbarg“ betroffene Demonstrant*innen. Obwohl aufgrund des vorliegenden Videomaterials der dringende Verdacht besteht, dass die angeklagten G20-Gegner*innen zum Opfer von z.T. schwerer Polizeigewalt und Freiheitsberaubung im Amt wurden, steht bis zum heutigen Tag keiner der Polizeibeamten vor Gericht. Soweit Ermittlungen eingeleitet wurden, modern diese im „Dezernat für Interne Ermittlungen“ der Hamburger Polizei vor sich hin. In den bisher größten G20-Prozessen bisher sind insgesamt mehr als 50 Demonstrant*innen angeklagt, darunter fast alle Mitglieder des damaligen ver.di-Bezirksjugendvorstands NRW-Süd (heute: Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen) und Aktive der „Bonner Jugendbewegung“, die seit 2007 für Bildungsstreiks, Klimaproteste, Demos gegen Neonazis und für Flüchtlingssolidarität in Bonn und Umgebung bekannt ist…“ Presseerklärung dokumentiert am 26.11.2020 bei grundrechteverteidigen.de – siehe in der letzten Meldung ein Interview - Bundesweite Demo am 5. Dezember in Hamburg für Solidarität mit den Betroffenen der G20 Repression: Gemeinschaftlicher Widerstand gegen ihre Klassenjustiz!
„Der G20 Gipfel in Hamburg liegt über drei Jahre zurück. Die leeren Versprechen der Mächtigen von damals sind längst schon vergessen. Nicht vergessen ist der Widerstand gegen das Treffen der weltweiten kapitalistischen Eliten. Zehntausende waren auf den Straßen, um Protest gegen ihr System globaler Ausbeutung und Unterdrückung und auch gegen die Belagerung der Stadt durch brutale und hochgerüstete Polizeikräfte durchzusetzen. Und es ist noch nicht vorbei: Noch immer verfolgt der Staat diejenigen, die im Sommer 2017 gegen den Gipfel auf die Straße gegangen sind. Nach etlichen Verfahren und Haftstrafen in den letzten Jahren, steht nun der „Rondenbarg-Prozess“ an. Ein Gerichtsprozess, mit dem eine spontane Demonstration, die während des Gipfels durch einen brutalen Polizeiangriff aufgelöst wurde, als Ganzes unter Strafe gestellt werden soll. Die Staatsanwaltschaft Hamburg und eine eigens eingerichtete Sonderkommission arbeiten unter Hochdruck daran, Schuldige dafür zu präsentieren, dass der Widerstand in Hamburg trotz ausufernder Polizeigewalt nicht vollständig unter Kontrolle gebracht werden konnte. Das Rondenbarg-Verfahren mit insgesamt über 80 Angeklagten aus dem gesamten Bundesgebiet ist nicht nur wegen seiner Größe ein einmaliger Angriff auf die linke Bewegung. Ohne dass Einzelnen konkrete Straftaten nachgewiesen werden konnten, geht der Staat mit voller Härte gegen alle vor, die sich im Umfeld der Demo aufhielten. Das hieß für einen Teil der Betroffenen monatelange Untersuchungshaft, Hausdurchsuchungen und polizeilicher Druck gegen die Arbeitsstelle. Im anstehenden Prozess stehen fünf Minderjährige aus dem Kreis der Angeklagten vor Gericht. Das Verfahren kann daher ganz im Sinne der Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Im stillen Kämmerlein soll hier ein Präzedenzfall geschaffen werden, der darauf abzielt, ein kollektives selbstbestimmtes Auftreten in der Öffentlichkeit zur Straftat zu machen!…“ Aufruf des Bündnisses „Gemeinschaftlicher Widerstand“ zur Demo am 5. Dezember 2020 um 16 Uhr am Hauptbahnhof in Hamburg, es gibt bundesweit weitere bereits am 27./28.11.202, siehe die Übersicht der Demos beim Bündnis und den Demoaufruf der Roten Hilfe Ortgruppe München - Rote Hilfe-Sonderseite zu den Rondenbarg-Prozessen
Am 3 Dezember beginnt das Pilotverfahren gegen fünf junge Aktivist*innen aus Stuttgart, Mannheim, Bonn/Köln und Halle im so genannten Rondenbarg-Komplex, einer Serie mehrerer Verfahren gegen insgesamt über 85 Angeklagte, denen gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt*innen, Sachbeschädigung und Bildung bewaffneter Gruppen im Rahmen einer Demonstration gegen den G20-Gipfel vorgeworfen wird. Dazu veröffentlicht die Rote Hilfe e. V. eine Sonderseite , um den am 3. Dezember 2020 beginnenden Pilotprozess und auch die eventuell folgenden Prozesse öffentlich zu begleiten. - G-20-Prozess: »Allein machen sie dich ein«
„Der anstehende G-20-Prozess richtet sich auch gegen eine engagierte Gewerkschaftsjugend. (…) Kaum 20 Minuten auf der Straße, wurden wir im Hamburger Gewerbegebiet Rondenbarg von einem Großaufgebot der Polizei unter Knüppeleinsatz frontal gestoppt. Der Videograph der Polizei war beeindruckt, er ist auf dem Video mit dem Satz »Die haben sie aber schön platt gemacht, alter Schwede« zu hören. Von hinten wurden wir von Wasserwerfern einer Bundespolizeieinheit aus Hünfeld in Hessen von der Straße gefegt. Innerhalb von Sekunden war unsere Demo zerschlagen, mindestens 14 Personen waren schwer verletzt. Rund um die damalige Bonner Verdi-Jugend gab es zwölf Festnahmen. Über die beiden jetzt Betroffenen hinaus müssen auch die anderen noch mit Anklagen rechnen. Die ursprüngliche Darstellung der Polizei wurde bald durch ihre eigenen Videos widerlegt. Kein Polizist kam zu Schaden, die beteiligten Einheiten dagegen sind für ihre Brutalität gegen links berüchtigt, so die bayerische Spezialeinheit USK und die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Bundespolizei aus Blumberg bei Berlin. Viele der Betroffenen haben das Ereignis und die folgende Freiheitsberaubung noch nicht verarbeitet…“ Interview von Glenn Jäger in der jungen Welt vom 25.11.2020 mit Carlotta Grohmann, sie war bis 2018 aktiv im Verdi-Bezirksjugendvorstand NRW-Süd – siehe zu den damaligen Geschehnissen (viel) weiter unten - [„Parkbank-Verfahren“] Prozess gegen Anarchist*innen in Hamburg: Haftstrafen für einen Spickzettel
„… Nach über 50 Sitzungen ist am Donnerstag ein Mammutprozess der linken Szene in Hamburg zu Ende gegangen. Die „Drei von der Parkbank“ wurden wegen der Verabredung zu Brandanschlägen und Verstößen gegen das Waffengesetz am Jahrestag des G20-Gipfels in Hamburg zu Haftstrafen von einem Jahr und sieben Monaten bis zu einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Da zwei von ihnen bereits 16 Monate in U-Haft saßen, bleibt ihnen die Restzeit vielleicht erspart. Die dritte Angeklagte trifft das Urteil vergleichsweise hart: Sie muss, wenn es rechtskräftig wird, für ein Jahr und acht Monate ins Gefängnis. Wegen der „rechtsfeindlichen Gesinnung“ der Angeklagten setzte die Richterin die Strafen nicht zur Bewährung aus. Der Verteidiger Alexander Kienzle stellt eine Revision in Aussicht. (…) Das Trio habe es auf die Immobilienwirtschaft abgesehen und Autos sowie Büroräume des Wohnungskonzerns Vonovia und der Maklerfirma Grossmann + Berger anzünden wollen, sagt die Richterin. Die Wohnadresse der Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) stand ebenfalls auf dem Zettel. Im Unterschied zur Generalstaatsanwaltschaft hält die Kammer es aber nicht für bewiesen, dass der geplante Anschlag dem Wohnhaus gelten sollte. (…) Die Verteidiger*innen Gerrit Onken, Kristin Pietrzyk und Franziska Flint hatten in ihren Plädoyers schwere Vorwürfe an die Staatsanwaltschaft und die Kammer gerichtet. „Dass diese Anklage überhaupt vor Gericht gebracht wurde, ist ein Skandal“, konstatierte Flint. „Hier wird eine politische Gesinnung angeklagt, das ist Feindesrecht und erinnert an die dunkelsten Zeiten Deutschlands“, schmetterte Pietrzyk dem Staatsanwalt entgegen. (…) Die Stimmung im Saal war über die 52 Verhandlungstage feindselig. Vor dem Gericht hatten linke Unterstützer*innen bei jedem einzelnen Termin ihre Solidarität demonstriert. (…) Ob die Staatsanwaltschaft das Urteil akzeptiert, hat sie noch nicht entschieden. Offen bleibt auch die Frage, ob die achtmonatige Observation von Felix R. rechtswidrig war und die Beweismittel damit eigentlich unzulässig sein müssten. In der Verhandlung kam heraus, dass es keine richterliche Anordnung für die Observation gab. „Ein monatelanger, verfassungswidriger Angriff auf die Grundrechte“, urteilte Verteidigerin Flint. Dass Polizist*innen eigenmächtig Verdächtige observieren, will auch das Bundesverfassungsgericht nicht. Es erklärte deshalb 2016 das BKA-Gesetz für verfassungswidrig, das dem Bundeskriminalamt diese Befugnis zusprach. Daraufhin änderten die Bundesländer ihre Polizeigesetze, da sie den Landeskriminalämtern ebenfalls diese Befugnis zugesichert hatten. R. war beschattet worden, als noch das alte Hamburger Polizeigesetz galt, allerdings schon für verfassungswidrig erklärt worden war.“ Beitrag von Katharina Schipkowski vom 5. November 2020 , siehe dazu:- Zurück auf der Parkbank: Erklärung der drei verurteilten Anarchist*innen
„Nun ist es soweit – die Hauptverhandlung im sogenannten „Parkbank-Verfahren“ ist überstanden, das Urteil der Großen Strafkammer 15 am Hamburger Landgericht ist nach über 50 Verhandlungstagen gesprochen. Vermutlich ist dies nicht das letzte Wort; bis das Urteil rechtskräftig wird, kann es noch einige Zeit dauern. Aber wir – die nun verurteilten Anarchist*innen – wollen uns zu Wort melden, was wir ja gemeinsam bislang nicht (öffentlich) getan haben. Zum Verlauf des Verfahrens und den Ermittlungen wird es sicher an anderer Stelle und zu späterem Zeitpunkt mehr geben. Zunächst wollen wir hier Dankbarkeit und Verbundenheit ausdrücken und einige Worte zum Urteil und dem vorläufigen Ende dieser Odyssee verlieren. Aus der Haft wurde sich zwar schon zu verschiedenen Anlässen und Gelegenheiten öffentlich geäußert, aber zur Anklage und zum Spektakel der Verhandlung eben bis zuletzt nicht. Dies hat auch mit der weitgehenden Verweigerung der Partizipation der uns aufgezwungenen Rolle als Angeklagte zu tun. Aber eben jene Haltung schien und scheint uns der beste Weg, in so einer Situation Würde und Integrität zu wahren. Als Anarchist*innen lehnen wir Gerichte grundsätzlich ab. Sie sind Institutionen der Durchsetzung von Herrschaft. Das Schweigen in diesem Prozess ist uns nicht immer leicht gefallen angesichts der arroganten, zynischen Frechheiten, mit denen wir das ganze Verfahren über konfrontiert waren. (…) Was wir in der Hauptverhandlung erlebt haben, hat gezeigt, wie sehr diese ganze Herrschaftsinszenierung mit all dem dunklen Holz, den erhöhten Sitzpositionen, den absurden Ritualen und Choreografien und albernen Kostümen auf Angst und Ehrfurcht der Angeklagten angewiesen ist…“ Erklärung am 6.11.2020 bei Parkbank Solidarity
- Zurück auf der Parkbank: Erklärung der drei verurteilten Anarchist*innen
- Rondenbarg-Pilotverfahren: Fünf Jugendliche ab Dezember vor Gericht / Tag X ist der 28. November 2020!
„Auch nach mehr als drei Jahren nach dem G20-Gipfel in Hamburg ist ein Ende der staatlichen Repression nicht abzusehen. Im Dezember soll der erste Prozess im sog. Rondenbarg-Komplex gegen fünf junge Angeklagte starten. Sie sind die jüngsten der insgesamt über 80 Angeklagten, denen im Rahmen eines Pilotverfahrens der Prozess gemacht werden soll. An ihnen sollen exemplarisch die Beweisführung und Konstruktion der Vorwürfe durchexerziert werden, die nach dem Willen der Staatsanwaltschaft auch in möglichen späteren Verfahren gegen ihre Genoss*innen angewandt werden sollen. (…) Das staatsanwaltliche Konstrukt sieht nicht vor, individuelle strafbare Handlungen nachzuweisen. Allein die Anwesenheit der Beschuldigten vor Ort genüge, um ein gemeinsames Tathandeln zu unterstellen, was für eine Verurteilung ausreiche. So werden auch den Beschuldigten keine konkreten Straftaten zugeordnet. Falls sich diese Rechtsauffassung durchsetzen sollte, wäre künftig jede Teilnahme an einer Demonstration mit enormen Kriminalisierungsrisiken verbunden. Straftaten Einzelner könnten so allen vor Ort befindlichen Personen zugeschrieben werden. Weil das Landgericht Hamburg die jüngsten Beschuldigten ausgesucht hat, kann die Öffentlichkeit von dem Verfahren ausgeschlossen und somit die Begleitung durch solidarische Unterstützer*innen und kritische Presse im Gerichtssaal unterbunden werden. (…) „Von Anfang an war es skandalös, wie die Hamburger Polizei nach ihrem blutigen Angriff gegen die Demonstration im Rondenbarg die Vorgänge uminterpretiert hat“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. „Die Aktivist*innen, von denen etliche nach dem brutalen Einsatz im Krankenhaus behandelt werden mussten, sehen sich seither massiver staatlicher Repression ausgesetzt. Dass nun den Jüngsten die berufliche Perspektive zunichte gemacht werden soll, indem sie ab Dezember aus dem gesamten Bundesgebiet regelmäßig zu den ohnehin belastenden Prozessterminen nach Hamburg fahren müssen, obwohl ihnen keinerlei konkrete Straftaten vorgeworfen werden, ist schlichtweg nicht hinnehmbar. Die Rote Hilfe e.V. fordert die umgehende Einstellung dieser offensichtlich politisch motivierten Verfahren und steht solidarisch an der Seite der Betroffenen.“ Mitteilung des Bundesvorstands der Roten Hilfe vom 5. Oktober 2020 , siehe dazu den Aufruf:- „Rondenbarg“-Verfahren: Demonstration gegen Repression am 28. November 2020 in Berlin – Solidarität mit den Betroffenen
Im Zuge des dezentraler Aktionstags der Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ zum Auftakt der Massenprozesse zu den G20-Protesten am Rondenbarg wird es am 28. November 2020 eine Demonstration gegen Repression in Berlin geben: Samstag | 28. November 2020 | 15 Uhr | Spreewaldplatz | Berlin. Aus dem Aufruf zur Demo in Berlin : Solidarität mit den Betroffenen. „Ein weiterer G20-Gruppenprozess beginnt: Im Zuge der Anklagen gegen bundesweit über 80 Demonstrant*innen, die im Sommer 2017 gegen den Gipfel auf der Straße waren, werden als erstes die fünf jüngsten Aktivist*innen vor das Hamburger Landgericht gezerrt. Das sogenannte „Rondenbarg“-Verfahren beginnt am 3. Dezember und wird sich über mehrere Monate bis hin zu Jahren ziehen. Die Argumentation der Staatsanwaltschaft wegen bloßer Anwesenheit haftbar gemacht zu werden, ist ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit aller. Aufgrund ihres Alters, sie waren damals noch unter 18 Jahre, ist keine Öffentlichkeit im Saal zugelassen. Umso wichtiger, dass wir diese außerhalb des Gerichts schaffen! Lasst uns Druck machen!...“ Aufruf bei Gemeinschaftlicher Widerstand , dort auch umfangreiche Hintergründe – wir erinnern zum Hintergrund an:- Prozess wegen Brandsätzen nach G20: Acht Monate observiert
„Einer der „Drei von der Parkbank“ ist ohne richterliche Anordnung beschattet und per GPS geortet worden. Laut Verteidigung ist das illegal. Er wurde, ohne es zu wissen, acht Monate lang observiert, fotografiert und mit einem GPS-Peilsender geortet: Felix R., einer der drei Angeklagten im Parkbank-Prozess. In der laufenden dritten Verhandlungswoche zeichnet sich das Ausmaß der Überwachung der Angeklagten ab. Das „Parkbank-Trio“ war im vergangenen Juli am G20-Jahrestag mit Brandsätzen festgenommen worden, ihnen drohen mehrere Jahre Haft wegen Verabredung zur schweren Brandstiftung. Auch die Angeklagte, die als einzige von der Untersuchungshaft verschont blieb, wird seit ihrer Festnahme „die ganze Zeit“ überwacht, wie der Oberstaatsanwalt in der vergangenen Woche gesagt hatte. Brisant: für die umfassende Überwachung von Felix R. gab es keine richterliche Anordnung. Stattdessen hat Polizeipräsident Ralf Martin Meyer die Maßnahme persönlich angeordnet. Und das für insgesamt ein Jahr…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 22.1.2020 in der taz online
- Prozess wegen Brandsätzen nach G20: Acht Monate observiert
- Die Rondenbarg-Massenprozesse beginnen – Tag X ist der 28. November 2020!
„Die Rondenbarg-Massenprozesse beginnen. Als erstes werden die fünf jüngsten Aktivist*innen ab Dezember in Hamburg wöchentlich vor dem Landgericht erscheinen müssen. Der erste Verhandlungstag ist Donnerstag, der 3. Dezember 2020. Tag X, der Samstag vor der Prozesseröffnung, ist somit der 28. November 2020. In mehreren Städten werden Aktionen geplant. In Berlin ist bereits eine Demo und in Braunschweig eine Kundgebung angekündigt. Zeigen wir Solidarität, lassen wir die Betroffenen nicht alleine!.“ Aktualisierte Info der Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ vom 04.10.2020 zum Aufruf : „Tag X – Gemeinschaftlicher Widerstand. Dezentraler Aktionstag gegen Repression am Samstag vor dem Prozessauftakt zu den G20-Protesten am Rondenbarg„, den auch wir unterstützen ! - Siehe für Infos auch die Kampagne auf Twitter https://twitter.com/rondenbarg_soli . Die Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ ist ein Zusammenschluss verschiedener Genoss*innen und solidarischer Gruppen, die sich die politische Begleitung und Öffentlichkeitsarbeit der Rondenbarg-Verfahren zum Ziel gesetzt haben, um die Angeklagten zu unterstützen und der staatlichen Repression geschlossen zu entgegnen. Der Tag X ist Teil davon. Jegliche Beteiligung an der Kampagne, am Tag X und darüber hinaus sind willkommen.
- „Rondenbarg“-Verfahren: Demonstration gegen Repression am 28. November 2020 in Berlin – Solidarität mit den Betroffenen
- Polizei Hamburg löscht die biometrische Datenbank zu G20: Die Polizei „ermittelte“ auf unerlaubte Weise
„Was lange wärt wird gut? Na ja, zumindest hat der Datenschutzbeauftragte (DSB) der Hansestadt nun doch durchsetzen können, dass die anlässlich der Ermittlungen zu den G20-Ausschreitungen mit Hilfe einer Gesichtserkennungssoftware erstellte biometrische Datenbank nunmehr gelöscht hat. Die Auseinandersetzung des DSB mit der Polizei geht bis in den November 2017 zurück. Die Polizei hatte versucht aus hochgeladenen privaten Aufnahmen, polizeieigenen Videos sowie Bild- und Videomaterial von S-Bahnstationen und aus den Medien per Gesichtserkennungssoftware Gesichter aller im Material feststellbarer Personen automatisch auszumessen und mit Hilfe dieser Informationen maschinenlesbare Templates zu erstellen. Schon damals hatte der DSB die Polizei darauf hingewiesen, dass sie für die biometrische Analyse der Gesichter keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage besitze, die derartig intensive Grundrechtseingriffe zum wesentlichen Teil völlig unbeteiligter Personen rechtfertigen könnte. Auch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg half nicht. Der DSB musste bis vor das OVG. Warum braucht man 2 Instanzen für eine Selbstverständlichkeit? Die Datenschützer Rhein Main hatten schon vor über einem Jahr darauf hingewiesen, dass der Verarbeitung besonders sensibler Daten, dazu gehören biometrische Daten eines Menschen, durch die DSGVO sehr enge Grenzen gesetzt sind. Eine Verarbeitung solcher Daten völlig Unbeteiligter darf deshalb nie durchgeführt werden…. und wir haben über die Jahre mehr als ein Dutzend Artikel zu den G-20 Auseinandersetzungen schreiben müssen …“ Beitrag vom 17. September 2020 von und bei der Aktion ‚Freiheit statt Angst‘ - G20-Proteste in Hamburg: Gericht verkennt Bedeutung von Camps für Versammlungsrecht. Verletzung der Versammlungsfreiheit durch Stadt und Polizei bleibt ungerügt / Attac prüft Berufung
„Das Verwaltungsgericht Hamburg lässt die Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit durch die Stadt Hamburg und die Polizei während der G20-Proteste 2017 ungerügt: Die Richter*innen der ersten Instanz haben am Mittwoch die Klage von Attac und weiteren Betroffenen gegen die zeitweilige Verhinderung und die Beschränkungen des Protestcamps im Altonaer Volkspark abgewiesen. Attac wird eine Berufung gegen das Urteil prüfen, sobald die Urteilsbegründung vorliegt…“ attac-Pressemitteilung vom 16.7.2020 - Elbchaussee-Urteil: 5 Verurteilungen bis zu 5 Jahren
- [G20-Elbchausse-Urteil] »This is not justice, this is shit«
„Das Urteil im G20-Elbchausse-Prozess ist gefallen: Gemessen am Plädoyer der Staatsanwaltschaft ein guter Tag – gemessen an den Tatvorwürfen ein schlechter. Selten hat sich die oft dahingesagte Parole »Gemeint sind wir alle« so real angefühlt wie bei der heutigen Urteilsverkündung im Elbchaussee-Prozess am Hamburger Landgericht. Drei Jahre nach den G20-Protesten wertete das Gericht die reine Anwesenheit der Angeklagten beim militanten Demonstrationszug am 7. Juli 2017 in der Elbchaussee als »psychische Beihilfe« und sprach die Angeklagten des schweren Landfriedensbruchs schuldig. Dabei wurde vier von fünf angeklagten G20-Gegnern keine eigenhändige Straftat vorgeworfen, einem fünften zwei Stein- und zwei Flaschenwürfe, bei denen niemand zu Schaden gekommen war. (…) Britta Rabe vom Grundrechtekomitee kritisiert die Beweisaufnahme: »Die während des Prozesses zutage geförderten Vorkommnisse wie die Manipulation von Zeugenaussagen durch die Anklage oder die Intervention der Polizei beim Einsatz der Feuerwehr in der Elbchaussee sind keine ideologisch zu disqualifizierenden Forderungen einer Verteidigung, sondern sollten zentrales gesellschaftliches Aufklärungsinteresse der Gipfeltage sein. Das Urteil und seine Begründung ist insgesamt nicht als gemäßigt zu bewerten, sondern ergänzt die Hamburger Linie gegen Protestierende gegen den G20.« (…) Draußen vor dem Gericht harrten am Freitag indes etwa 200 Menschen im Regen bei der Solidaritätskundgebung aus und warteten darauf, die verurteilten Aktivisten in Empfang nehmen zu können. Nach Ende der Urteilsverkündung wurden diese mit einem warmen Applaus und Solidaritäts-Plakaten begrüßt. Loïc, der als einziger der fünf Angeklagten nach Rechtskräftigkeit des Urteils erneut eine Haftstrafe antreten muss, trat an das Megafon und bedankte sich für die Solidarität. Ob es für ihn und die Mitangeklagten bei dem heutigen Urteil bleibt, hängt davon ab, ob Revision eingelegt wird. Für Loïc aber ist klar: »What happened today is no justice, this is shit!« Im Anschluss an die Urteilsverkündung setzte die Solidaritätskundgebung mit einer Demonstration den Protest gegen die Hamburger Justiz und die irrwitzigen Urteile gegen die G20-Gegner*innen fort. Auch für Freitagabend waren Proteste auf der Elbchaussee gegen Repression angekündigt“ Artikel von Carina Book vom 10. Juli 2020 bei ak – Zeitung für linke Debatte & Praxis , siehe auch: - Die Bilanz der Richterin: Fünf Teilnehmer der Proteste gegen den G20-Gipfel 2017 zu Haftstrafen und Arbeitseinsätzen verurteilt
„Während am Freitag im Strafjustizgebäude am Hamburger Sievekingsplatz die Richterin ihre Urteilsbegründung vortrug, forderten draußen Demonstrant*innen »Solidarität mit den G20-Gefangenen«. Am Landgericht fiel das Urteil gegen fünf Angeklagte, die an einem Aufmarsch des »Schwarzen Blocks« am 7. Juli 2017 im Rahmen der Proteste gegen den G20-Gipfel in der Hansestadt teilgenommen hatten und über die Elbchaussee gezogen waren. Dabei kam es zu Brandstiftungen und Sachbeschädigungen. Geschätzter Schaden: rund eine Million Euro. Das Gericht verurteilte den angeblichen Haupttäter Loïc S. zu drei Jahren Haft wegen schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Beihilfe zur Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Der Haftbefehl gegen den 24-jährigen Franzosen wurde aufgehoben. Er hat bereits 16 Monate in Untersuchungshaft gesessen. Eine Fluchtgefahr bestehe aufgrund seiner familiären Bindungen nicht, sagte Richterin Anne Meier-Göring. Sie gehe davon aus, dass Loïc S. seine Reststrafe antreten werde. Ein 26-Jähriger aus Hessen erhielt eine Haftstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, ein 24-Jähriger wurde zu einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Strafen der beiden Hessen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Zwei weitere junge Männer, ebenfalls Hessen, müssen 20 Arbeitsstunden erbringen. Sie waren zur Tatzeit noch minderjährig. Daher verlief der Prozess teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wohl aber auch, um Solidaritätsbekundungen zu unterbinden. Die Verteidiger hatten für alle Beschuldigten Freispruch gefordert. (…) Demnächst werden die Vorkommnisse am Rondenbarg am Hamburger Volkspark juristisch aufgearbeitet. Obwohl dort viele Demonstranten schwer verletzt wurden, werden zahlreiche Teilnehmer eben jener Demo angeklagt. (…) Bisher kam es zu keiner Anklage gegen Beamte, denen Übergriffe gegen friedliche Demonstranten und Unbeteiligte vorgeworfen werden.“ Artikel von Reinhard Schwarz vom 11.7.2020 in neues Deutschland online - G20-Prozesse: Skandalurteil bedeutet Angriff auf Grundrechte!
„Am heutigen Freitag wurde im Hamburger Elbchaussee-Prozess nach über eineinhalb Jahren das Urteil gefällt und die fünf angeklagten Gipfelgegner verurteilt. (…) Schon im Verlauf des Verfahrens war unübersehbar geworden, dass es dem Gericht ausschließlich um eine Verurteilung ging: offensichtliche Pfuschereien bei den Ermittlungen, systematische Beweisfälschungen seitens der SoKo „Schwarzer Block“ und manipulierte Zeug*innenaussagen riefen beim Gericht zwar Verärgerung hervor, führten aber keineswegs zur sofortigen Einstellung des Verfahrens. Die angeklagten Aktivisten selbst waren im Sommer 2018 bei brutalen Razzien von martialischen Polizeikommandos verhaftet und nach Hamburg in Untersuchungshaft verschleppt worden, in der drei über viele Monate festgehalten wurden; der fünfte Betroffene kam erst nach sechzehn Monaten frei. „Durch diesen politischen Prozess, der lehrbuchhaft die Prinzipien der politischen Justiz und den unbedingten staatlichen Verfolgungswillen zeigt, will der Staat erneut ein Exempel an G20-Gegnern statuieren, linke Bewegungen delegitimieren und alle Aktivist*innen einschüchtern“, merkte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. an. „Indem Menschen, die sich an einem Protestzug beteiligen, aus ihrem Leben gerissen, in Untersuchungshaft genommen und mit so offensichtlich manipulierten Beweisen zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt werden, sollen andere Linke davon abgehalten werden, sich an politischen Aktionen zu beteiligen.“ Abschließend fügte Sommerfeld hinzu: „Mit diesem Urteil wird der Kriminalisierung weiterer Demonstrationen Tür und Tor geöffnet. Aus der Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit wird nach Ansicht des Gerichts die Mitgliedschaft in einer kriminellen Bande – Demonstrationen sind damit also kein grundgesetzlich geschütztes hohes Gut mehr, sondern werden zur Bedrohung und zur potenziellen Straftat erklärt. Ein solcher Angriff auf elementare Rechte kann nicht hingenommen werden, und es ist von größter Bedeutung, dass dieses Urteil in zweiter Instanz gekippt wird.“ Stellungnahme der Rote Hilfe e.V. vom 10. Juli 2020 - „Elbchaussee-Ausschreitungen: Fünf junge Männer verurteilt“
„Drei Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg ist am Freitag das erste Urteil im Zusammenhang mit dem gewalttätigen Aufmarsch an der Elbchaussee gefallen. Das Landgericht verurteilte die fünf Angeklagten wegen Landfriedensbruchs und Beihilfe zu Brandstiftung. Der Hauptangeklagte, ein 24-Jähriger aus Frankreich, bekam eine Haftstrafe von drei Jahren. Ein 26-Jähriger aus Hessen erhielt ein Jahr und fünf Monate Haft auf Bewährung, ein 24-jähriger Hesse eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die beiden anderen, zwei junge Männer aus Hessen im Alter von 20 Jahren, müssen wegen Landfriedensbruchs 20 Arbeitsleistungen erbringen. Mit ihrem Urteil würde sie sicher beide Seiten enttäuschen, sagte die Vorsitzende Richterin. Sowohl den Staatsanwalt, der deutliche höhere Strafen verlangt hatte, als auch die Verteidigung. Die hatte auf Freispruch für die Männer plädiert. Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass sie dennoch einen Landfriedensbruch begangen hätten. Der Aufmarsch sei von Anfang an nicht friedlich und auf Einschüchterung angelegt gewesen, so die Richterin. Dem Staatsanwalt hielt sie entgegen, dass nicht alle Teilnehmer Gewalttäter gewesen seien, die eine Schneise der Verwüstung hinterlassen wollten. Er habe politische Stimmung gemacht, kritisierte die Richterin. Aber auch den Angeklagten und deren Verteidigung hielt sie ideologische Stimmungsmache vor. Die Welt, sagte sie, sei durch diesen Aufmarsch auf der Elbchaussee sicher keine bessere geworden. (…) Unterstützer der fünf Angeklagten wollen heute demonstrieren. Die Polizei spricht von einer „Provokation“ der Sicherheitsbehörden und der Anwohner in Altona. Die Route der sogenannten „Antirepressionsdemo“ entspricht genau der Route, die die Randalierer vor drei Jahren genommen hatten. Die Polizei rechnet heute mit 300 bis 500 Teilnehmern aus dem linksextremistischen Spektrum. Mit dabei sind auch Demonstranten aus dem Ausland…“ NDR-Meldung vom 10.07.2020 - Katharina Schipkowski twittert dazu: „Die Richterin spart nicht mit Kritik an polizeilichen Ermittlungen und politischer Stimmungsmache durch die Staatsanwaltschaft und den ersten Strafsenat des OLG. Deren These von einem paramilitärischen Aufmarschs in der #Elbchaussee sei eine Mär.“
- detailiert berichtet auch Rote Hilfe Frankfurt am Main
- Siehe für weitere Kommentare #Elbchaussee
- G20-Demonstrant über Untersuchungshaft: „Die erste Zeit ist schmerzhaft“
„Loïc S. ist angeklagt, 2017 bei Krawallen gegen den G20-Gipfel in der Hamburger Elbchaussee gewesen zu sein. Ein Gespräch über Gerechtigkeit…“ Interview von Katharina Schipkowski vom 10.7.2020 in der taz online
- [G20-Elbchausse-Urteil] »This is not justice, this is shit«
- [Verhandlung am 15. Juli] G20-Proteste in Hamburg: Campverbot vor Gericht – Massive Verletzung der Versammlungsfreiheit darf sich nicht wiederholen
„Das globalisierungskritische Netzwerk Attac wehrt sich gegen die massive Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit während der G20-Proteste 2017 in Hamburg. Dazu hat Attac 2018 mit weiteren Klägern beim Hamburger Verwaltungsgericht Klage gegen die zeitweilige Verhinderung und die Beschränkungen des Protestcamps im Altonaer Volkspark eingereicht. Am Mittwoch steht die Verhandlung an. „Von dem versprochenen Festival der Demokratie war Hamburg während des G20-Gipfels im Jahr 2017 Lichtjahre entfernt. Nicht genug damit, dass die Stadtregierung ganze 38 Quadratkilometer mit einem totalem Versammlungsverbot zur demokratiefreien Zoneerklärte. Der damalige Bürgermeister Olaf Scholz und G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde versuchten auch mit allen Mitteln, Schlaf- und Protestcamps sogar außerhalb der Sperrzone zu verhindern. Das zeigt, dass es ihnen weniger um den Schutz der Gipfelteilnehmer*innen ging, als darum, den Protest gegen die G20 aus der Stadt zu halten“, sagt Maria Wahlevom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Dirk Friedrichs, ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis ergänzt: „Wer umstrittene Staatschefs wie Trump, Putin, Erdogan und Xi Jinping einlädt, der steht auch in der Pflicht, Versammlungen dagegen zu ermöglichen. Dazu gehören auch Orte zum Essen und Schlafen, ohne die Bürger*innen, die von auswärts anreisen, nicht an mehrtätigen Proteste teilnehmen können. Ein solcher Angriff auf politische Grundrechte wie 2017 in Hamburg darf sich nicht wiederholen. Das klarzustellen ist auch drei Jahre nach dem G20-Gipfelwichtig.“…“ Attac-Pressemitteilung vom 9. Juli 2020 zur Verhandlung am 15. Juli, 11 Uhr, Verwaltungsgericht Hamburg, Raum 6.02, Gebäude Lübeckertordamm 4 - Demos zum Urteil im Elbchaussee-Verfahrens und dem 3. Jahrestag des G20-Gipfels in Hamburg
- [Demo in Frankfurt/M. am 9.7.20] United we stand!
Demonstration in Frankfurt/M. anlässlich des bevorstehenden Urteils im Elbchaussee-Verfahrens und dem 3. Jahrestag des G20-Gipfels in Hamburg am Donnerstag, 9. Juli 2020 – 19:00, siehe den Aufruf - Hamburg: Freitag 10. Juli: Urteil im Elbchausee-Prozess (G20) – 17:00 Uhr: Angemeldete Antirepressionsdemo: Es muss ein Zeichen gesetzt werden! Solidarität mit den Angeklagten im Elbchaussee-Prozess! Siehe Aufruf und Infos bei United we stand
- [Demo in Frankfurt/M. am 9.7.20] United we stand!
- Methoden getestet: Drei Jahre nach G-20-Gipfel in Hamburg kein Ende der Prozesswelle gegen linke Aktivisten in Sicht
„… Für die exzessive Polizeigewalt vor und während des G-20-Gipfels, die mit zahlreichen Videos und Fotos dokumentiert ist, musste sich bis heute kein Beamter verantworten. (…) Der offensichtliche Unwille der Justiz, die Prügler in Uniform zur Rechenschaft zu ziehen, steht im scharfen Kontrast zur Strafverfolgung von Gipfelgegnern, die mehr an einen Rachefeldzug von Polizei und Justiz erinnert. Nach Zahlen, die die Staatsanwaltschaft am Montag gegenüber junge Welt nannte, sind bis zum Stichtag 31. Mai 2020 Verfahren gegen 1.284 »identifizierte Beschuldigte« geführt worden und 1.666 gegen Unbekannt, von denen die meisten bereits eingestellt wurden. Aus den Verfahren gegen namentlich bekannte Personen hätten sich 449 Anklagen und 76 Strafbefehle ergeben. 446 dieser Verfahren seien bereits eingestellt worden. Bis heute wird mit riesigen Aufwand, mit großer Akribie und Ausdauer noch dem kleinsten Verdacht nachgegangen. (…) Am Freitag soll nach eineinhalb Jahren vor dem Landgericht Hamburg der sogenannte Elbchaussee-Prozess zu Ende gehen. Nach der Urteilsverkündung soll noch in diesem Sommer das Mammutverfahren gegen insgesamt 86 Angeklagte im »Rondenbarg-Komplex« beginnen. Beide Verfahren sind von übergeordneter politischer Bedeutung, weil sie über die Zukunft des Versammlungsrechts entscheiden. Keinem der Angeklagten im Rondenbarg-Verfahren werden konkrete Straftaten vorgeworfen. Wie im Elbchaussee-Prozess vertritt die Staatsanwaltschaft die Ansicht, dass es sich nicht um eine Demonstration handelte, sondern um eine »von vornherein auf Gewalt ausgerichtete« Aktion. Daher könnten allen Teilnehmern die aus dem Aufzug begangenen Straftaten zugerechnet werden. Sollte die Staatsanwaltschaft sich mit dieser Rechtsauffassung durchsetzen, würde das auf eine massive Einschränkung der Versammlungsfreiheit hinauslaufen. Jeder Demonstrant könnte belangt werden, wenn irgendwo aus dem Aufzug Steine fliegen…“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 7. Juli 2020 – da bekannt ist, dass sich auch als Demonstrant verkleidete Polizisten unerkannt unter die Versammlungsteilnehmer mischten, kann der fliegende und die Polizeigewalt auslösende Stein übrigens auch vom einem verkleideten Polizisten stammen. Vieles spricht dafür, dass in Hamburg eine ausgeklügelte Agent-Provokateur-Strategie gegen das Demonstrationsrecht angewendet wurde. - [Solidaritätsaufruf] G20-Massenprozesse: 86 Anklagen – Aktuelles zu den „Rondenbarg“- Verfahren
„… Im September vergangenen Jahres ging die erste Anklageschrift an 19 Demonstrant*innen raus, die zum Zeitpunkt des Gipfeltreffens in Hamburg noch unter 21 Jahre alt waren. Mittlerweile ist die Zahl der Angeklagten insgesamt auf 86 Personen, verstreut über das gesamte Bundesgebiet, gestiegen. Aufgeteilt in 8 Verfahrensgruppen, werden ihnen mehrere Straftaten wie schwerer Landfriedensbruch, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, versuchte gefährliche Körperverletzung und Bildung bewaffneter Gruppen vorgeworfen – einige dieser Strafgesetze wurden erst kurz vor dem Gipfel verschärft. Mehrjährige Haftstrafen stehen im Raum. Aufgrund der umfangreichen Anklageschrift und der darin enthaltenen hohen Anzahl an Zeug*innen, hauptsächlich Polizist*innen, wird von einer Prozessdauer von mindestens einem, eher jedoch mehreren Jahren ausgegangen. Die Betroffenen werden während dieses Zeitraumes wahrscheinlich ein bis zwei Mal pro Woche in Hamburg vor Gericht erscheinen müssen. Für viele wird dies wegen der weiten Entfernung zum Wohnort weitreichende sozialen Konsequenzen wie Arbeits- und Ausbildungsplatzverlust und Trennung vom derzeitigen Umfeld, von Freund*innen und Familie, mit sich bringen. Wann die Prozesse losgehen und mit welchen Gruppenverfahren begonnen wird, ist bisher nicht bekannt. Die Anklageschriften selbst ähneln sich. Mithilfe des Konstrukts der „gemeinschaftlichen Tat“ wird eine Verurteilung ohne konkret individuellen Strafnachweis anvisiert. Diese Vorgehensweise soll demnächst bereits beim Elbchaussee-Verfahren, dessen Urteilsverkündung auf den 10. Juli 2020 datiert ist, durchgesetzt werden. Ähnliche Argumentationsmuster gab es in jüngster Vergangenheit auch bei Gerichtsverfahren zu Hausbesetzungen. (…) Nur mit praktischer Solidarität können wir die Verfahren in Verbindung mit konsequenter Aussageverweigerung zu einem Desaster für Polizei und Staatsanwaltschaft machen…“ Beitrag von und bei gemeinschaftlich.noblogs.org vom 4. Juli 2020 - Polizeigewalt beim G20: Keine einzige Anklage
„Kein einziger Polizist wurde wegen Polizeigewalt beim G20-Gipfel in Hamburg angeklagt. Die Straflosigkeit ist eine Bankrotterklärung des vielbeschworenen Rechtsstaats und ein Freibrief für Täter:innen in Uniform. Unmittelbar nach dem G20-Gipfel in Hamburg tauchten dutzende Videos, Fotos und Augenzeugenberichte auf, in denen Fälle von mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt dokumentiert sind. Die teilweise brutalen Videos lösten eine bundesweite Debatte über Polizeigewalt aus. Drei Jahre später sind die Ermittlungen so gut wie abgeschlossen. Die traurige Bilanz: Von den 169 eingeleiteten Verfahren, 133 davon wegen Körperverletzung im Amt, hat bislang kein einziges zu einer Anklage geführt. Täter:innen konnten oftmals entweder nicht identifiziert werden oder die Ermittlungsbehörden hielten den Gewalteinsatz für gerechtfertigt. Mittlerweile sind 120 Verfahren eingestellt. Das geht aus den Antworten auf eine Große Anfrage der Fraktion der Linken in Hamburg hervor. Der einzige erlassene Strafbefehl richtete sich gegen einen Polizeibeamten, der einen anderen Polizeibeamten am Finger verletzte. (…) Der Republikanische Anwaltsverein (RAV) spricht bei der Aufarbeitung der Polizeigewalt beim G20-Gipfel von einer „Farce“. Es seien keine Ermittlungen, sondern es gehe um die „umfassende Immunisierung der Polizei gegen jede Strafverfolgung“. Philipp Krüger von Amnesty International nennt die bisherige Aufarbeitung „eine Bankrotterklärung des Rechtsstaats“. Deniz Celik von der Fraktion der Linkspartei in Hamburg sagt gegenüber netzpolitik.org, es sei „unfassbar, dass nach wie vor kein einziger Polizist angeklagt wurde.“ Die derzeitigen Strukturen zur Aufarbeitung und Verfolgung von Polizeigewalt seien offenbar völlig ungeeignet. Das Signal, das von Hamburg ausgeht, ist fatal: Polizist:innen können sich sicher sein, dass sie selbst in eindeutigen Fällen keine Strafverfolgung zu befürchten haben und dabei die Rückendeckung der Politik genießen. Während gegen mutmaßliche Gewalttäter:innen unter den Demonstrierenden immer wieder die „ganze Härte des Rechtsstaates“ in Stellung gebracht wird, bleibt dieser in der Verfolgung von Straftaten von Polizist:innen windelweich und zahnlos…“ Kommentar von Markus Reuter vom 30. Juni 2020 bei Netzpolitik.org - Kraftvoll und mit Schwung. G-20-Proteste: Expolizist droht wegen Dosenwurfs Bewährungsstrafe
„Am 6. Juli ist der dritte Jahrestag der »Welcome to Hell«-Demonstration, mit der die Proteste gegen den G-20-Gipfel in Hamburg in ihre heiße Phase traten. Das Treffen von Staats- und Regierungschefs im Sommer 2017, zu dem rund 33.000 Polizeibeamte aus der ganzen BRD und dem benachbarten Ausland zusammengezogen waren, wird auch und vor allem wegen der exzessiven Polizeigewalt bei dieser Demo und an den Tagen danach in Erinnerung bleiben. Zu den Absurditäten der juristischen Aufarbeitung des Gipfels gehört: Ein einziger Polizeibeamter wurde bisher angeklagt – der Münchner war privat in Hamburg gewesen und hatte seine Kollegen am Rande der »Welcome to Hell«-Demo aus Wut über ihr Vorgehen von einer Fußgängerbrücke aus mit einer Bierdose beworfen. Für diesen Wurf, der niemanden traf, forderte der Staatsanwalt am Freitag vor dem Amtsgericht Altona ein Jahr Haft auf Bewährung für den Angeklagten, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Der 38jährige, der inzwischen aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist und ein Medizinstudium aufgenommen hat, habe sich der versuchten gefährlichen Körperverletzung und eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte schuldig gemacht, so der Staatsanwalt. Es sei »ein sehr kraftvoller Wurf mit sehr viel Schwung« gewesen, sagte er. (…) In seinem Schlusswort beklagte der Angeklagte eine Vorverurteilung in den Medien. Er räumte ein: »Das war eine Scheißaktion, da sind wir uns alle einig.« Es gehöre sich aber auch nicht, gegen die Teilnehmer einer Demonstration, darunter ältere Menschen und Kinder, ohne Vorankündigung mit dem Schlagstock vorzugehen, sagte er mit Blick auf die »Welcome to Hell«-Demo, die von der Polizei brutal aufgelöst worden war. Durch das Vorgehen der Polizei entstand eine Panik in der Menge, die zwischen Häuserwänden und einer Flutschutzmauer eingeklemmt war. Das hätte durchaus zu Todesopfern führen können. »Diese Bilder erschüttern mich bis heute«, sagte der Angeklagte. Auch dies habe dazu beigetragen, dass er den Dienst quittiert habe…“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 27. Juni 2020- Anm.: Der ehemalige Polizist hat mit seiner Kritik völlig recht: Nur weil nicht alle Demoteilnehmer ihre Vermummung abnahmen – einschließlich einiger als Demonstrant verkleidete Polizisten – antwortete die Polizei mit einem brutalen, völlig unverhältnismäßgen Vorgehen gegen Demonstranten. Dass die Gerichte, nicht nur bei Rassismus, sondern auch bei Massenprotesten wie in Hamburg den Polizeistaat mehr verteidigen als den Rechtsstaat, scheint leider eine nicht zu leugnende Tatsache zu sein.
- Freispruch für Ex-Polizisten nach Dosenwurf bei G-20-Demo
„… Auf den Tag genau drei Jahre nach seinem Bierdosenwurf bei einer Demonstration gegen den G-20-Gipfel in Hamburg ist ein ehemaliger Polizist aus München freigesprochen worden. Dem 38-Jährigen sei nicht nachzuweisen, dass er bei dem Wurf in Richtung Polizei billigend in Kauf genommen habe, dass seine damaligen Kollegen verletzt werden könnten, sagte Richter Reinhard Kloß am Montag bei der Verkündung des Urteils vor dem Amtsgericht Altona. Gleiches gelte für die ebenfalls angeklagte 31 Jahre alte Freundin des Mannes, die auch eine Dose geworfen hatte. (…) „Dies ist kein Freispruch aufgrund erwiesener Unschuld, sondern Ergebnis des Rechtsgrundsatzes in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten)“, sagte der Richter. (…) Die Angeklagten hatten ausgesagt, dass sie damit ihren Unmut über den aus ihrer Sicht völlig überzogenen Polizeieinsatz zum Ausdruck bringen, aber niemanden treffen und verletzen wollten. (…) Der Angeklagte hatte angegeben, dass er sich privat in Hamburg aufgehalten habe und sich die Demonstration anschauen wollte. Seine damaligen Kollegen seien ohne Vorankündigung mit Schlagstöcken auf die Demonstranten losgegangenen, sagte er am vorletzten Prozesstag. „Diese Bilder erschüttern mich bis heute“ und sie hätten dazu „beigetragen, dass ich nicht mehr Polizeibeamter sein wollte und nicht mehr bin“.“ Bericht vom 6. Juli 2020 von und bei der Süddeutschen Zeitung online – angemerkt sei dazu, dass die ganzen Anzeigen wegen Polizeigewalt, von denen keine einzige zur Verurteilung führte, auch keine Freisprüche „aufgrund erwiesener Unschuld“ sind!
- Tag X – Gemeinschaftlicher Widerstand. Dezentraler Aktionstag gegen Repression am Samstag vor dem Prozessauftakt zu den G20-Protesten am Rondenbarg
„In diesem Jahr sollen Massenprozesse gegen Aktivist*innen beginnen, die im Juli 2017 gegen das Treffen der G20 auf die Straße gegangen sind. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat bereits gegen 37 Aktivist*innen rund um die Proteste am Rondenbarg Anklage erhoben – mindestens drei politische Massenprozesse stehen bevor. Ihnen wird die bloße Teilnahme an einer Demonstration zur Last gelegt. Deswegen werden sie unter anderem wegen „gemeinschaftlichem schweren Landfriedensbruch“ angeklagt. Eine Verurteilung würde einen massiven Angriff auf das Versammlungsrecht bedeuten. Bundesweit rufen Gruppen und Initiativen unter dem Motto „Gemeinschaftlicher Widerstand“ zu Protesten am Tag X, dem Samstag vor dem vor dem Prozessauftakt zu den G20-Protesten am Rondenbarg auf.“ Ankündigung auf der Aktionsseite und dazu:- »In solchen Fällen scheut der Staatsapparat keine Mühen«. Vor neuen Mammutprozessen zu Hamburger G-20-Gipfel: Aktivisten planen Proteste am »Tag X«
Im Interview von Kristian Stemmler bei der jungen Welt vom 3. Februar 2020 begründet Gesine Schwarz als Sprecherin der Kampagne »Gemeinschaftlicher Widerstand« ihre Position: „… In Berlin werden wir eine Demo organisieren. Neben der Repression gegen die G-20-Proteste in Hamburg sollen die vielfältigen linken Bewegungen thematisiert werden, die immer wieder mit staatlicher Unterdrückung konfrontiert sind: wie die Besetzer der Bornsdorfer Straße in Berlin, gegen die aktuell Prozesse laufen, oder auch das 129-b-Verfahren gegen die kurdische Feministin Yildiz Aktas. Wir hoffen, dass am »Tag X« bundesweit Aktionen stattfinden. (…) Am Morgen des 7. Juli 2017 wurde in der Straße Rondenbarg ein Demonstrationszug, der auf dem Weg zu Blockaden von Protokollstrecken war, von der sogenannten Beweis- und Festnahmeeinheit Blumberg sowie von Wasserwerfern eingekesselt und ohne vorherige Durchsage binnen wenigen Minuten brutal zerschlagen. Polizisten prügelten Demonstrierende mit den Worten »Das ist euer Frühstück, ihr Antifafotzen!« eine hohe Mauer herunter. 14 Menschen erlitten schwere Verletzungen wie offene Brüche, angebrochene Halswirbel und bleibende Schäden – bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Der Kommentar eines Polizisten hierzu: »Die hamse ja schön plattgemacht alle.« (…) Kommt es auf dieser Grundlage zu Verurteilungen, ist das ein erneuter schwerer Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Die Staatsanwaltschaft will die bloße Teilnahme an einer Demonstration kriminalisieren, ohne den einzelnen Personen individuelle Straftaten nachzuweisen. So soll Protest, ob gegen Gipfeltreffen oder faschistische Aufmärsche, künftig kleingehalten werden. (…) Das Ganze soll den politischen Protest gegen die herrschende Politik delegitimieren…“ - [G20] Mitgegangen, mitgefangen? Michèle Winkler über das Rondenbargverfahren, in dem es um die Grundfesten des Demonstrationsrechts gehen wird
Michèle Winkler vom Grundrechtekomitee im Gespräch mit Carina Book bei ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 656 vom 21. Januar 2020 zum Versuch der Konstruktion einer Kollektivschuld bei der G20-Demonstration am 7. Juli 2017 beim Rondenbargkomplex: „… Der [Polizei-]Einsatz zählt neben dem Angriff auf die Welcome-To-Hell-Demo am Abend zwei Tage zuvor zu den brutalsten während des G20-Treffens in Hamburg. Die erwähnten Strafprozesse laufen aber natürlich gegen die namentlich bekannten Demonstrant*innen, nicht etwa gegen die Polizei. (…) Zunächst mal ist es für die Beteiligten aus Staatsanwaltschaft, Sicherheitsbehörden und Politik wichtig, bezüglich des Rondenbargkomplexes ihr Gesicht zu wahren. Die Situation im Rondenbarg zeigt sehr anschaulich, wie brutal die Polizei über die gesamten Gipfeltage agiert hat. Mit diesem Mammutprozess sollen in gewisser Weise auch diese Szenen von Polizeigewalt gerechtfertigt werden. Der Prozess gegen Fabio V. war ein Desaster für Staatsanwaltschaft und Polizeiführung. Die Anklage fiel in sich zusammen. Es wurde überdeutlich, dass eine Art Schauprozess stattfand und dass die Konstrukte der Staatsanwaltschaft nicht durch Fakten belegt werden konnten. Die ganze Brutalität des Einsatzes wurde in die Öffentlichkeit gezerrt. Die nun anstehenden Prozesse mit Verurteilungen abzuschließen, würde der Erzählung, dass die Polizei und die Landespolitik alles richtig gemacht hätten, öffentlich ein Stück mehr Legitimität verleihen. Es wird spannend, wie Staatsanwaltschaft und Polizei die Geschichte des Einsatzes im Gericht erzählen werden. (…) Vor allem aber ist der Prozess auch aus versammlungsrechtlicher Sicht von Bedeutung. Wenn sich die Staatsanwaltschaft hier mit ihrem »Mitgegangen-Mitgefangen«-Konstrukt durchsetzt, dann hätte das schlimme Konsequenzen für die Versammlungsfreiheit. Als Demonstrant*in könnte ich dann künftig nicht mehr sicher sein, ob ich nicht im Nachhinein für Taten von anderen bestraft werde. Das schreckt potenziell viele Menschen ab, ihre Meinung auf die Straße zu tragen. Damit geht ein Stück Demokratie verloren. (…) Die Staatsanwaltschaft behauptet, es habe sich nicht um eine Demonstration gehandelt. Was bedeutet das für die Verhandlung und für künftige Fälle? Das behauptet die Staatsanwaltschaft, weil sie nur so das BGH-Urteil anwenden kann. Denn darin wurden Demonstrationen explizit ausgenommen, um das Versammlungsrecht nicht unzulässig zu beschneiden. (…) Bis Ende 2019, also mehr als zwei Jahre nach dem G20-Treffen, war kein einziger Polizist angeklagt worden. Zum 11. Oktober 2019 waren von 168 eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Beamt*innen 107 bereits eingestellt. (…) Es offenbaren sich die strukturellen Probleme im Umgang mit Polizeigewalt: das schlichte Negieren ihrer Existenz; die systematische Täter-Opfer-Umkehr; die Nichtidentifizierbarkeit der Täter*innen; die fehlende Unabhängigkeit der Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen und der fehlende Verfolgungswille durch die Staatsanwaltschaften.“ – da es hier ausschließlich gegen „Links“ geht, wird dieser ganze Prozess auch zu einem Maßstab dafür, wie weit sich bereits, neben Politik und Exekutive, auch die Judikative sich nach rechts entwickelt hat und die Gefahr einer diktatorischen Herrschaftsform des Kapitals zugenommen hat… - der Aufruf : „… Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nun auch gegen 37 Aktivist*innen rund um die Proteste am Rondenbarg Anklage erhoben – mindestens drei politische Massenprozesse stehen bevor. Am Morgen des ersten Gipfeltages brachen hunderte Menschen auf, um die Zufahrtswege zum Austragungsort zu blockieren. Im Gewerbegebiet Rondenbarg attackierten Polizeieinheiten ohne Vorwarnung einen Demonstrationszug. Bei diesem Angriff wurden 14 Demonstrierende schwer verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Bei einigen kam es zu bleibenden Verletzungen, deren Behandlung noch andauert. 59 weitere Aktivist*innen wurden festgenommen. Fabio saß fast fünf Monate in Untersuchungshaft. Gegen 19 soll das Verfahren aufgrund des damaligen Alters unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Ihnen wird gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt*innen, Sachbeschädigung und Bildung bewaffneter Gruppen vorgeworfen. Wie auch beim Elbchaussee-Prozess geht es um keine individuellen Handlungen der Aktivist*innen. Gegenstand der Anklageschrift ist die Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Handlung. Hierbei wird sich auf einen gemeinsamen Tatplan in Verbindung mit den Blockaden verschiedener „Finger“ am Freitagmorgen berufen. Eine Verurteilung würde einen massiven Angriff auf das Versammlungsrecht bedeuten. (…) Diese Entwicklungen nehmen wir nicht einfach hin. Bleiben wir gemeinschaftlich widerständig und stellen wir uns der massiven Repression geschlossen entgegen. Lasst uns durch dezentrale Aktionen am Samstag vor dem Rondenbarg-Prozessauftakt zeigen, dass wir uns weder vereinzelt angreifen, noch spalten, noch kriminalisieren lassen. Diesem System mitsamt seiner Repression antworten wir mit praktischem Widerstand. Solidarität mit allen emanzipatorischen Kämpfen! Freiheit für die Gefangenen! Stopp aller Verfahren! Unsere Solidarität gegen ihre Repression! United We Stand!„
- »In solchen Fällen scheut der Staatsapparat keine Mühen«. Vor neuen Mammutprozessen zu Hamburger G-20-Gipfel: Aktivisten planen Proteste am »Tag X«
- Im Zeichen des Fischerhuts: Ein Kieler wurde wegen eines Flaschenwurfs beim G20-Gipfel zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Ein Hut soll ihn belastet haben
„Noch ist er frei, weil das Urteil nicht rechtskräftig ist: Der 31-jährige Kieler Toto, so lautet sein Spitzname, wurde zu einem Jahr und vier Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. (…) Im März erreichte ihn die Anklage: Widerstand, tätlicher Angriff, Landfriedensbruch und versuchte schwere Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft Toto vor. Eine Soli-Gruppe schreibt auf dem Blog „Free Toto“: „Da die Anklage sich recht schwammig anhörte und es laut dieser eigentlich keinen richtigen Beweis für die Tat gab, gingen wir erst mal positiv an den Prozess heran.“ In den ersten Verhandlungen im Mai 2019 zeigte die Staatsanwaltschaft mehrere Videos, aber auf keinem sei Toto zu erkennen gewesen, sagen Prozessbeobachter*innen der Soligruppe. Das bestätigt auch Gerichtssprecher Wantzen. Ein Polizist sagte aus, er habe den Angeklagten anhand seines schwarzen Fischerhutes identifiziert. Nur war davon in den Berichten, die der Polizist angefertigt hatte, nichts zu lesen. (…) „Warum steht das dann nicht in den Protokollen?“, fragt Totos Verteidigerin Kristin Pietrzyk. (…) Dem Richter reichte das aber. Am neunten Verhandlungstag verurteilte er Toto zu einem Jahr und vier Monaten Haft. „Ich bin vom Glauben abgefallen“, sagt Pietrzyk. Wie das Gericht trotz der Videos und der dazu widersprüchlichen Aussagen der Polizei, trotz des plötzlich als Identifikationsmerkmal aus dem Hut gezauberten Fischerhuts und der insgesamt dünnen Beweislage den Vorwürfen folgen könne, sei ihr unverständlich. Ein politischer Richterspruch? „Ich glaube, dass alle G20-Urteile mit so hohen Strafen unter Eindruck des Gipfels gefällt wurden“, sagt sie. Dass damit Exempel statuiert werden sollen, sei offensichtlich. Toto und seine Verteidigerin haben mittlerweile Berufung eingelegt. Auch die Staatsanwaltschaft ihrerseits hat Berufung eingelegt. Die Soligruppe erklärt unterdessen den Fischerhut zum Symbol des Widerstands: „Der Fischerhut ist das Symbol für die Absurdität des Prozesses gegen Toto“, steht auf dem Blog. Und: „Dieser Prozess ist genau wie die anderen G20-Prozesse und die extreme Polizeigewalt während der Proteste ein Mittel der Repression und Abschreckung gegenüber linken Aktivist*innen. Kampf ihrer Klassenjustiz!“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 31. Dezember 2019 bei der taz online - Polizei ignoriert Löschanordnung des Datenschützers – Eigentlich sollte die Hamburger Polizei eine Datenbank mit Bildern von G20-Demonstranten löschen, doch sie nutzt sie munter weiter
„Die Polizei Hamburg nutzt weiter rege eine biometrische Referenzdatenbank auf der Suche nach Randalierern rund um den G20-Gipfel im Juli 2017 in der Hansestadt. Der Landesdatenschutzbeauftragte Johannes Caspar hatte Ende 2018 angeordnet, dass das IT-System gelöscht werden muss, in dem die Fahnder Gesichter Tausender Bürger gespeichert haben. Trotzdem haben Strafverfolger seitdem in 92 Fällen in der biometrischen Datenbank recherchiert und einschlägige Maßnahmen nicht zumindest auf Eis gelegt. (…) Die Zahlen stammen aus einer jetzt veröffentlichten Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linksfraktion der Hamburgischen Bürgerschaft. (…) Caspar hatte die umstrittene Fahndungsaktion bereits vor über einem Jahr als rechtswidrig eingestuft und die Polizei vor Ort aufgefordert, die „ohne Rechtsgrundlage erhobenen biometrischen Daten“ zu löschen und den Einsatz der automatisierten Gesichtserkennungssoftware Videmo 360 zu stoppen. Seine spätere Anordnung begründete er vor allem damit, dass die automatisierte Erfassung „unterschieds- und anlasslos“ geschehe. Sie betreffe massenhaft Personen, die nicht tatverdächtig seien. (…) Die Innenbehörde der Stadt Hamburg klagte im Januar gegen die Aufforderung Caspars, da sie das eigens angeschaffte Analyseprogramm dauerhaft nutzen will. Vor dem Verwaltungsgericht soll darüber am 23. Oktober mündlich verhandelt werden. Der Senat will aber parallel noch vor einem Urteil auf Nummer sicher gehen: obwohl der Datenschutzbeauftragte das vergleichsweise scharfe Mittel der Anordnung bislang erst einmal genutzt hat, soll es ihm laut dem Entwurf der schwarz-grünen Landesregierung für eine Reform des Polizeigesetzes gegenüber der Verwaltung ganz entzogen werden. Er könnte dieser gegenüber dann nur noch Warnungen oder Beanstandungen aussprechen, die oft unbeachtet bleiben…“ Beitrag von Stefan Krempl vom 23. September 2019 bei heise online - [Film] HAMBURGER GITTER – Der G20 Gipfel als „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“ nun online und gratis verfügbar
„170 Ermittler arbeiten an hunderten Verfahren gegen militante Demonstranten und Menschen, die sich an Ausschreitungen und Plünderungen beteiligten. Harte Strafen wurden gefordert und in bisher über 40 Fällen auch verhängt. Der Staat verlor im Sommer 2017 die Kontrolle in Hamburg und versucht sie nun zurück zu gewinnen. Die Dokumentation konzentriert sich auf den Umgang mit den Protesten und die staatliche Sicherheitspolitik. Versammlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit und Pressefreiheit spielen in den Betrachtungen eine ebenso große Rolle wie die Veränderung der polizeilichen Strategien. Konnten während der Proteste Grundrechte außer Kraft gesetzt werden? Gibt es in der Judikative und Legislative Akteure und Überzeugungen, welche auf gewaltsame Proteste anders reagieren als in der Vergangenheit? Welche Methoden der „Ausnahmesituation G20″ in Hamburg könnten zur Normalität werden? Dem sind wir nachgegangen, indem wir die relevanten Geschehnisse nachzeichneten, mit Betroffenen auf beiden Seiten sprachen und Experten zu Protestgeschichte, Grundrechten, Sicherheitspolitik und der politischen Gesamtsituation befragten.“ Film von leftvision (1:17) seit dem 20.8.2019 bei youtube – und bereits über 20. Tausend mal geschaut… - Repressionen gegen G-20-Gegner: »Da bleibt die Rechtsstaatlichkeit auf der Strecke«
Kristian Stemmler im Gespräch mit Uwe Maeffert und Lino Peters bei der jungen Welt vom 17. August 2019 über „einen selbstherrlichen Richter und die Hamburger Justiz nach dem G-20-Gipfel von 2017. (…) Uwe Maeffert: Wir haben Berufung eingelegt, weil wir die Strafe für viel zu hoch halten und gehen davon aus, dass wir Erfolg haben werden. Der Richter Krieten ist sogar über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgegangen, die drei Jahre gefordert hatte. Höher hätte die Strafe übrigens nicht ausfallen können, weil vier Jahre die Grenze für Amtsgerichte ist. Nach unserer Auffassung sind die Flaschenwürfe in dem Verfahren nicht bewiesen worden. Zahlreiche Videos vom Geschehen haben eine solche Tat gerade nicht gezeigt. Das Urteil stützt sich auf die Aussage von sogenannten Tatbeobachtern der Polizei. Deren Aussagen sind problematisch. (…) L. P.: Entscheidend ist aus meiner Sicht gar nicht, ob Richter sich populistisch oder liberal verhalten, sondern etwas anderes: Wir verzeichnen eine Abnahme an Rechtsstaatlichkeit. Die grundsätzlichen Verfahrensgarantien werden in den Verfahren teilweise kaum noch beachtet. Gerade wenn man sich die Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts im Fall des italienischen Gipfelgegners Fabio V. oder in anderen Prozessen ansieht, dann ist das nicht mehr mit der Gewaltenteilung zu vereinbaren. Bei Fabio V. gab es die Argumentation des OLG, wer die Polizei als Teil des Staates angreife, der lehne auch die Justiz ab und werde sich dem Verfahren entziehen. Bei solch einer Argumentation bleibt die Rechtsstaatlichkeit auf der Strecke. (…) Es ist absurd, zwei Jahre nach dem G-20-Sommer Jugendliche anzuklagen, von denen viele gar nicht in Hamburg leben. Man reißt sie aus ihren sozialen Bezügen, überzieht sie mit einem Verfahren. Das ist wider den Grundgedanken des Jugendstrafrechts. (…) Praktisch erleben wir es so, dass in der Moderne immer mehr die Macht – sei es in Form von Ausstattung, politischem Einfluss, Durchsetzung von Interessen – auf die Seite der Polizei verlagert wird. Wenn man über die Sinnhaftigkeit des Verfahrens in Sachen Rondenbarg spricht, dann liegen Sie sicher richtig, wenn Sie fragen: Was ist dabei das Interesse der Polizei? Vermutlich ist das die entscheidende Frage“ (Lino Peters und Uwe Maeffert sind Rechtsanwälte in Hamburg)
- Angriff auf Versammlungsrecht. Nächstes Kapitel bei Verfolgung von Hamburger G-20-Gegnern: Berichte über neue »Mammutverfahren« im Rondenbarg-Komplex
„Bei der Verfolgung von Gegnern des G-20-Gipfels vor gut zwei Jahren in Hamburg scheut die Justiz weder Kosten noch Mühen. Die Staatsanwaltschaft der Hansestadt will offenbar mit riesigem Aufwand rund 100 Gipfelgegner vor Gericht stellen, die von der Polizei am 7. Juli 2017 im Industriegebiet Rondenbarg festgesetzt worden waren. Es seien mehrere »Mammutverfahren« gegen eine jeweils niedrige zweistellige Zahl von Angeklagten geplant, berichtete die Welt am Wochenende. (…) Hintergrund der geplanten Verfahren: Am frühen Morgen des 7. Juli 2017, dem ersten Tag des Gipfels, waren vom Protestcamp am Volkspark mehrere Züge von Demonstranten – sogenannte »Finger« – Richtung Innenstadt aufgebrochen, um Protokollstrecken zu blockieren. Einer dieser Aufzüge mit rund 200 Teilnehmern wurde von der brandenburgischen Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) »Blumberg« der Bundespolizei am Rondenbarg gestoppt und zerschlagen. Beim Einsatz der für ihre Brutalität bekannten Einheit wurden 14 Personen verletzt, einige davon schwer. Zum politischen Skandal geriet der Vorgang spätestens, als die Justiz sich ausgerechnet den 19 Jahre alten Italiener Fabio V., der zu den am Rondenbarg Festgesetzen gehörte, als sprichwörtlichen Prügelknabe erwählte. Obwohl ihm keine konkrete Straftat vorgeworfen wurde, hielt man den Italiener mit grotesken Begründungen viereinhalb Monate lang in Untersuchungshaft fest. Ein Verfahren gegen V. vor dem Amtsgericht Altona platzte im April 2018, weil die Richterin in Mutterschaftsurlaub ging. Offensichtlich sind die jetzt geplanten Verfahren der nächste Versuch der Staatsanwaltschaft, ihre umstrittene Rechtsauffassung durchzusetzen. Nach der Devise »Mitgegangen, mitgehangen« soll das reine Mitlaufen in einem Aufzug, aus dem heraus Straftaten begangen werden, als schwerer Landfriedensbruch bestraft werden…“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 23.07.2019
- Bisher höchste Freiheitsstrafe wegen G20-Protest: Vier Jahre Haft.
„Zwei Jahre nach den Protesten am Rande des G20-Gipfels in Hamburg hat das Amtsgericht die bisher höchste Freiheitsstrafe gegen einen Tatverdächtigen verhängt. Ein 36-Jähriger wurde am Montag zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag bestätigte. Der Angeklagte, der bereits mehrere Vorstrafen hat, soll am 7. Juli 2017 im Bereich des linksautonomen Kulturzentrums Rote Flora sechs leere Flaschen auf Polizeibeamte geworfen haben. Außerdem habe er andere zum Mitmachen aufgefordert. Deshalb sei er laut dem Gericht für die »Gewaltexzesse mit verantwortlich« und müsse dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Bei dem Urteil nahm allerdings eine weitere Körperverletzung, die der Angeklagte unabhängig von den G20-Protesten im März 2017 begangen hatte, einen hohen Anteil an der Gesamtstrafe ein. Dabei hatte der 36-Jährige einen Mann mit Schlägen und Tritten schwer verletzt. Mit 50 Prozesstagen und fast 15 Monaten Verhandlungsdauer war es nach Angaben des Gerichtssprechers der bisher längste G20-Prozess. Bis Ende Mai hatte die Staatsanwaltschaft mehr als 900 Verfahren gegen 1228 Beschuldigte eingeleitet. Dabei wurden 310 Anklagen erhoben und mehr als 180 Urteile gesprochen. Sechs Angeklagte wurden bisher zu Haftstrafen ohne und 59 zu Haftstrafen mit Bewährung verurteilt. Gegenüber den Sicherheitsbehörden scheint der Aufklärungswille dagegen weniger stark ausgeprägt: 94 von 154 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wurden eingestellt, in keinem einzigen Fall wurde Anklage erhoben…“ Meldung von und bei neues Deutschland vom 10. Juli 2019
- G20-Gipfel in Hamburg: Ein Viertel ohne Polizei ist noch nicht die Morgenröte der Revolution
Der Hamburger Autonome Andreas Blechschmidt kritisiert im Gespräch mit Gaston Kirsche bei neues Deutschland vom 6. Juli 2019 : „die Aufstandsromantik, die sich zwei Jahre nach den Protesten gegen den G20-Gipfel in linken Publikationen immer wieder findet. (…) Vor zwei Jahren hat mit dem G20-Gipfel der größte Polizeieinsatz in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands stattgefunden. Erwartungsgemäß hat es im Nachgang bei den politisch und polizeilich Verantwortlichen für die systematischen Rechtsbrüche und die massive Polizeigewalt keinerlei erkennbare Selbstkritik gegeben. Was mich aber dann doch überrascht hat, war die Tatsache, dass auch innerhalb der radikalen Linken in den öffentlich wahrnehmbaren Analysen und Reaktionen überwiegend nur Erfolgsmeldungen verbreitet wurden. (…) Für mich drückte sich darin ein grundlegendes Defizit linksradikaler Debatten aus, in denen nämlich politischer Widerspruch zu oft als unsolidarisch, spalterisch und als Ausdruck von Renegatentum abgetan wird. Diese unerfreuliche Erfahrung durfte ich leider auch persönlich machen, da hatte ich keine Lust, das so stehen zu lassen. (…) Mir wurde im Nachhinein aus der Szene vorgeworfen, ich hätte hier als Altkader persönlich meinem Geltungsbedürfnis Raum verschaffen wollen. In der Sache haben wir jedenfalls geäußert, dass wir Militanz für berechtigt halten, aber Widerspruch zu den Ausdrucksformen hatten, womit wir natürlich die Brandstiftungen an Geschäften, über denen sich Wohnungen befanden, meinten, die uns tatsächlich entsetzt haben. In der Nacht haben wir aus taktischen Gründen diese Brandstiftungen, von denen wir eben wussten, bewusst nicht aktiv benannt. Deswegen klang im Nachhinein diese Kritik der Militanz mit der sehr allgemeinen Formulierung, sie habe sich an sich selbst berauscht, natürlich altbacken und beleidigt. (…) Das Gerede der Politik vom »Festival der Demokratie«, gefolgt von den offenen Rechtsbrüchen der Polizei und der krassen Polizeigewalt, das überwiegende Schweigen der sogenannten Zivilgesellschaft und die Komplizenschaft der Leitmedien mit dieser Machtdemonstration hat zu einer großen Wut auf der Straße geführt. Wenn es so etwas wie »die« Politik der Herrschenden gibt, dann waren die militanten Auseinandersetzungen während des G20 in Hamburg eine Antwort auf die Arroganz dieser Herrschenden. Das wundert mich angesichts des Eskalationskurses der Polizeiführung nicht. Aber dann müssen wir weiterreden: Deshalb gibt es keinen Grund, Geschäfte, über denen Menschen wohnen, anzuzünden. Wer das nicht auseinanderhalten kann, wer das kleinredet oder bitte nur szeneintern besprechen möchte, hat ein echtes politisches Problem…“ Von Andreas Blechschmidt erschien kürzlich im Unrast Verlag »Gewalt. Macht. Widerstand. G20 – Streitschrift um die Mittel zum Zweck«, 160 Seiten, zum Preis von 12,80 Euro
- Staatsanwaltschaft will G20-Prozess platzen lassen. Ist die Richterin zu milde?
„… In der vorigen Woche hat die Staatsanwaltschaft einen Befangenheitsantrag gegen die drei Berufsrichter der Strafkammer um die Vorsitzende Anne Meier-Göring gestellt. Das bestätigte ein Sprecher des Hamburger Landgerichts dem SPIEGEL. (…) Im Kern geht es offenkundig darum, dass die Staatsanwaltschaft die Kammer um Meier-Göring für zu milde hält. Diesen Schluss legen zumindest mehrere Gerichtsdokumente nahe, die der SPIEGEL einsehen konnte. (…) Die Verhandlung, die im Dezember begann, läuft seit Januar unter Ausschluss der Öffentlichkeit (…) Im Prozess behauptet die Staatsanwaltschaft, der Aufzug sei strikt organisiert gewesen – auch wenn man die Drahtzieher nicht kenne. Einziges Ziel, von allen gewollt, war demnach Gewalt auf ganzer Strecke. (…) In dieser Lesart spielt es keine Rolle, dass man zumindest den vier deutschen Angeklagten keine eigene Gewalthandlung vorwirft. (…) Die Richterin zerpflückt auch Aussagen von G20-Polizeichef Dudde. Der Polizist hatte vor dem Sonderausschuss der Bürgerschaft gesagt: Man gehe „fest davon aus“, dass die Teilnehmer bewusst in Abwesenheit der Polizei randalierten. Sie hätten gewusst, dass es an Kräften mangele. Dafür, so die Richterin, gebe es keine Belege. Die Aussage von Dudde sei eine persönliche Schlussfolgerung. Im März ordnete Meier-Göring jedem Angeklagten einen zweiten Pflichtverteidiger bei. Und löste so den nächsten Eklat aus. Der NDR machte den entsprechenden Beschluss publik, in dem die Richterin die Arbeit der Polizei rügte. Auf das in der Akte geschriebene Wort sei wenig Verlass. Mehrfach hätten sich Zeugen vor Gericht anders geäußert als es in Vermerken stehe. Im Abschlussbericht der Polizei würden Ermittlungsergebnisse aufgeführt, die nicht mehr seien als Arbeitshypothesen. Überwachungsvideos seien von der Polizei suggestiv bearbeitet worden, was ihren Wert vor Gericht schmälere. Meier-Göring kündigte an, mehr Zeugen zu hören. Der Prozess verlängere sich bis September. Eigentlich sollte das Verfahren im Mai nach 26 Tagen enden…“ Beitrag von Ansgar Siemens vom 13. Juni 2019 beim Spiegel online , siehe dazu den Kommentar von Armin Kammrad und neue Entwicklung:- Staatsanwaltschaft wird umstrittene G20-Richterin nicht los – Befangenheitsantrag erneut abgelehnt
„Die Hamburger Staatsanwaltschaft wollte einen prominenten G20-Prozess platzen lassen. Offenbar war den Ermittlern das Gericht zu milde. Doch aus dem Ansinnen wird nichts. In einem prominenten Prozess um Randale beim G20-Gipfel 2017 ist die Staatsanwaltschaft Hamburg mit einem Befangenheitsantrag gegen das Gericht gescheitert. Es gebe „keine Anhaltspunkte dafür, dass die abgelehnten Berufsrichter gezielt Gespräche an der Staatsanwaltschaft vorbei“ geführt hätten, teilte der Sprecher des Hamburger Landgerichts mit. (…) Über den Befangenheitsantrag mussten bis dato unbeteiligte Richter des Landgerichts entscheiden. Dem Sprecher zufolge unterstrichen die Richter in ihrem ablehnenden Beschluss: Meier-Göring habe mit den Telefonaten nur in Erfahrung bringen wollen, ob Einlassungen der Angeklagten zu erwarten seien. Das habe der Planung des nächsten Verhandlungstermins gedient. Der Inhalt der Telefonate sei in Vermerken festgehalten. Darüber sei die Staatsanwaltschaft informiert worden. Meier-Göring sei „der erforderlichen Transparenz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten“ nachgekommen. Im Fall einer Befangenheit der Kammer wäre der Prozess geplatzt und hätte von vorn beginnen müssen. Nun kann der nächste Verhandlungstag am Mittwoch wie geplant stattfinden. (…) SPIEGEL-Informationen zufolge geht es in der nicht-öffentlichen Verhandlung bisher vor allem darum, mit welcher Gewalt Teilnehmer rechnen mussten – und ob sie für sämtliche Schäden zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Staatsanwaltschaft geht von einem homogenen Mob aus. Auch wer nicht selbst Gewaltakte begangen habe, ist in dieser Lesart Mittäter. Meier-Göring ließ dagegen durchblicken, dass sie Teilnehmergruppen unterscheidet…“ Beitrag vom 18.06.2019 beim Spiegel online - Kommentar von Armin Kammrad vom 15. Juni 2019
„Dieser Angriff auf die unabhängige Justiz durch eine, von politischen Anweisungen abhängige Staatsanwaltschaft, reiht sich sehr organisch in den bisherigen rechten Umgang mit dem G20-Protesten ein. Versagt die Politik bei rechter Gewalt genauso wie bei Polizeigewalt, ist hier der Versuch linken Protest zur reinen Gewaltorgie zu entpolitisieren nicht zu übersehen. Die Kammer unter Vorsitz von Anne Meier-Göring verfuhr scheinbar zu sehr nach rechtstaatlichen Kriterien, weshalb sie nun entmachtet werden soll. Man hofft auf eine passende Gesinnung der nächsten Instanz bezüglich einer angeblichen Befangenheit, die sich – laut Meldung – allein auf „Milde“ aufgrund berechtigter Kritik an den angebotenen Beweisen reduziert. Tatsächlich stellte sich das OLG bereits vor Prozessbeginn gegen die Entscheidung von Meier-Göring, der Aufhebung des Haftbefehls zweier Verdächtiger, mit der Begründung, Frau „Meier-Göring verkenne die Dimension des Falls. (…) Die Angeklagten müssten mit hohen Freiheitsstrafen rechnen.“ Unter Ignoranz der Unschuldsvermutung, wusste das OLG also bereits vor Beweisaufnahme, mit was die Angeklagten rechnen müssen. Weimar lässt grüßen. Und man achte auch bei der Justiz bitte mehr als bisher auf mögliche unangenehme Folgen für den demokratischen Rechtsstaat.
Dass der Prozess möglichst geheim ablaufen soll, passt dazu. Denn eine kritische Öffentlichkeit stört nur. Sie wurde ausgeschlossen, nicht auf Wunsch der Angeklagten, sondern auf gerichtliche Anordnung. Auch bei der Verteidigung läuft es eher nach dem Prinzip „Geheimprozess“ ab. Als nämlich Frau Meier-Göring im März den Angeklagten einen zweiten Pflichtverteidiger zuordnen wollte, schien sich die Staatsanwaltschaft, in ihren Bestreben die Angeklagten durch möglichst weitgehende Isolation besser gefügig machen zu können, behindert zu fühlen. Es kam zu einem Eklat.
Der Wunsch nach Geheimhaltung gründet sich jedoch nicht allein auf den Umstand, dass man kaum ernstzunehmende Beweise hat und permanent manipuliert bzw. rechtswidrig in Geheimprozessen agiert. Es scheint ein durchgehendes Grundanliegen zu sein. Denn wie mir gegenüber die Hamburger Staatsanwaltschaft vor einem halben Jahr bestätigte, waren Polizisten heimlich als vermummte Demonstranten bei einer Demo aktiv, die wegen Vermummung gewaltsam aufgelöst wurde. Dies kam nur durch Zufall heraus. In wiefern die Demonstrationen anlässlich G20 überhaupt durch verkleidete Polizisten infiltriert waren, ist unbekannt, und so soll es auch bleiben.
Allerdings sagte der G20-Polizeichef Dudde – laut Meldung – vor dem Sonderausschuss der Bürgerschaft: „Man gehe „fest davon aus“, dass die Teilnehmer bewusst in Abwesenheit der Polizei randalierten. Sie hätten gewusst, dass es an Kräften mangele.“ Ja, woher wussten sie das? Die Richterin Meier-Göring sah hierfür keine Belege und bezeichnet Duddes Behauptung deshalb als „persönliche Schlussfolgerung“. Dabei wusste sie natürlich nicht, dass mir gegenüber die heimliche Infiltration von Demos durch verkleidete Polizisten mit dem Zweck des Informationssammelns begründet wurde. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass der Kontakt zwischen Elbchaussee-Randale und Polizei sehr eng war und Dudde tatsächlich so über Informationen aus erster Hand verfügte. Um das zu klären müsste Dudde gezwungen werden offenzulegen, wo und wie viele als Demonstrant verkleidete Polizisten im Einsatz waren und ob sie vielleicht sogar straffällige Handlungen geduldet, gefördert oder sogar selbst betrieben haben – wie die nun bekannte Vermummung bei einer Demo, die wegen Verstoß gegen das Vermummungsverbot brutal aufgelöst wurde. War die Randale in der Elbchaussee vielleicht tatsächlich organisiert, nur nicht von denen, die man vor Gericht zerren will? Protest ist jedenfalls angebracht. Offensichtlich muss nicht nur das Grundrecht auf Versammlung, sondern auch auf die Unabhängigkeit der Justiz gegen verfassungsfeindliche politische Bestrebungen verteidigt werden.“ Wir danken und schliessen uns an!
- Staatsanwaltschaft wird umstrittene G20-Richterin nicht los – Befangenheitsantrag erneut abgelehnt
- Prozess zu G20-Krawallen: Richter zweifeln an Polizeiarbeit
„Der Prozess um Krawalle auf der Hamburger Elbchaussee beim G20-Gipfel wird deutlich länger dauern. Die Richter wollen sich laut NDR-Recherchen nicht mehr auf Polizeivermerke verlassen und laden daher mehr Zeugen vor. Im Strafprozess um die gewalttätigen Ausschreitungen auf der Elbchaussee während des G20-Gipfels im Jahr 2017 äußert das Gericht Zweifel an der Ermittlungsakte der Polizei. In einem Beschluss der zuständigen Strafkammer des Landgerichts Hamburg soll es heißen, auf das „geschriebene Wort“ sei „wenig Verlass“. Angeklagt sind vier Deutsche und ein Franzose. Gegen sie wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Nach Recherchen des NDR sollen Zeugen bei ihrer Vernehmung während der Hauptverhandlung Aussagen entschieden bestritten haben, die die Polizei in deren Namen in der Ermittlungsakte vermerkt hatte. Zeugen sollen Polizeivermerke gar als „Quatsch“ bezeichnet und beteuert haben, sie hätten solche Aussagen nie gemacht. Den Recherchen zufolge wollen sich die Richter darum nicht mehr auf „weitere Polizeivermerke“ verlassen und laden stattdessen deutlich mehr Zeugen vor als ursprünglich geplant.(…) Die Richter sind nach der Vernehmung des Ermittlungsführers der Polizei außerdem zu dem Schluss gekommen, dass auf dessen Abschlussbericht „nur wenig gestützt werden kann“, nachdem der Beamte in seiner Vernehmung selbst angebliche Ermittlungsergebnisse als „Arbeitshypothesen“ bezeichnet hatte. Auch die Videos vom Aufmarsch auf der Elbchaussee während des G20-Gipfels seien nicht so aussagekräftig, wie es zuerst schien. Das gelte besonders dann, wenn man die Videos ohne die – aus Sicht der Richter – „suggestiven Bearbeitungen“ der Polizei anschaue. Für die Identifizierung des Angeklagten Franzosen sei nun ein Sachverständigengutachten geboten…“ Beitrag von Stella Peters, NDR, vom 25. April 2019 bei tagesschau.de
- G20-Gipfel: Ingewahrsamnahme des Italieners in „szenetypische Kleidung“ war rechtswidrig
„Die Ingewahrsamnahme eines Italieners während des G20-Gipfels im Juli des vergangenen Jahres war nach Überzeugung des Hamburger Verwaltungsgerichts rechtswidrig. Das hat die Kammer am Dienstag in einem Urteil festgestellt, wie NDR 90,3 berichtete. (…) Dem Kläger sei schwerwiegendes Unrecht geschehen, erklärte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Der 31-Jährige war zusammen mit Landsleuten – darunter auch eine EU-Abgeordnete – von der Polizei am Holstenwall festgehalten worden. Der Grund: Die Gruppe habe szenetypische Kleidung getragen und italienisch gesprochen, wie ein Polizist als Zeuge sagte. Kurz zuvor habe man über Funk von einer Warnung des Verfassungsschutzes vor gewaltbereiten Italienern erfahren. Und das SOG sähe ja vor, dass jemand in Gewahrsam genommen werden darf, um die Begehung von Straftaten zu verhindern, so die Auffassung des leitenden Beamten vor Ort. (…) Zum einen sei so eine Warnung aber keine Aufforderung, alle Italiener unabhängig von möglichen Beweisen sofort in Gewahrsam zu nehmen, so der Richter. Zum anderen sei die im Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit ohnehin deutlich höher zu bewerten. Auch für EU-Bürger. Ob der Mann von der Stadt Hamburg für die 25 Stunden in der Gefangenensammelstelle jetzt Schadensersatz fordert, wollte er mit seinem Anwalt in den kommenden Tagen entscheiden…“ Meldung vom 5. April 2019 bei NDR online
- G20-Gipfel: Bisher kein Polizist angeklagt
„Etwa anderthalb Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg ermittelt die Staatsanwaltschaft noch gegen 60 Polizisten. Gegen weitere 94 Polizisten wurden die Verfahren dagegen eingestellt. Eine Anklage gegen einen Polizisten habe es bislang nicht gegeben, hieß es. Nach den Ausschreitungen während des Gipfels hatten Protestierende Vorwürfe gegen Polizisten erhoben. (…) In vielen Fällen habe der Tatverdacht gegen die beschuldigten Beamten nicht ausgereicht, erklärte die Sprecherin der Anklagebehörde. In elf dieser Fälle habe es keine weiteren Ermittlungen gegeben, weil die Namen der Polizisten nicht herausgefunden werden konnten. Problem bei der Aufklärung ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft zudem, dass Aussagen von mutmaßlich Geschädigten und Zeugen fehlen. (…) Gegen mutmaßliche Randalieren hat die Staatsanwaltschaft dagegen bislang 856 Ermittlungsverfahren gegen 1.156 bekannte Beschuldigte eingeleitet. Diese Zahlen von Ende Februar nannte eine Sprecherin am Freitag, zuvor hatte der Newsletter „Elbvertiefung“ der Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet. Hinzu kommen nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch 1.587 Verfahren gegen unbekannte Beschuldigte. Insgesamt seien 276 Anklagen erhoben worden…“ Meldung vom 15. März 2019 beim NDR Hamburg Journal – sehr typisch veröffentlich die Polizei wieder Fotos, auf denen KEINE straftätigen Personen zu erkennen sind. Offensichtlich hat man einfach jede Menge Fotos gemacht und erklärt die Personen, unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts, zu möglicherweise Straftätern. Es fehlt überhaupt auf, dass die Polizei auch bisher schon, kaum Fotos von Straftaten besitzt, während es durchaus Aufnahmen von wild prügelnden Polizisten gibt. Offensichtlich sind bereits Versammlungsteilnehmer grundsätzlich immer „böse“, und Polizisten – egal, was sie tun – grundsätzlich „gut“. Polizeistaat halt, statt demokratischer Rechtsstaat.
- The Empire strikes back – Rachejustiz bei G20-Prozessen
„In Hamburger Gerichtsälen ist zu beobachten, wie im Zuge des allgemeinen Rechtsrucks auch die Justiz immer mehr abkippt. Die Verfahren nach dem G-20-Gipfel 2017 sind geprägt vom Bedürfnis nach Rache für die Tage staatlichen Kontrollverlustes. Das gilt auch für das im Dezember gestartete und bis Mai terminierte Verfahren am Landgericht Hamburg zu den Ausschreitungen an der Elbchaussee, bei dem Mitte Januar die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde. Das Strafjustizgebäude liegt in Hamburg zentral. Gleich nebenan erstrecken sich die Messehallen, in denen sich die Herrschenden der Welt beim G20 zum Kungeln trafen, auf der andere Seite befindet sich der Gebäudekomplex des Springer-Verlags. Noch ein paar hundert Meter weiter kommen die edlen Hamburger Adressen, Große Bleichen, Neuer Wall usw., mit ihren Luxusläden, schweineteuren Hotels, Nobelrestaurants. Da laufen sie frei herum, die Wirtschaftsanwälte und Banker, die Makler und Investoren. Im Strafjustizgebäude interessiert man sich für die Verbrechen dieser Klientel kaum – hier werden Leute verknackt, die sich gegen das System wehren. Zum Beispiel Can, Loïc und Halil. (…)Das Verfahren hat für Polizei und Staatsanwaltschaft deshalb eine so große Bedeutung, weil der Kontrollverlust während G20 zu keiner Zeit und an keinem Ort deutlicher war als an diesem Morgen des 7. Juli 2017 in Altona, mal abgesehen von der Nacht darauf im Schanzenviertel, wo die Polizei die Ausschreitungen allerdings ein Stück weit evoziert hat. Trotz der mehr als 30.000 Polizist*innen in der Stadt konnte sie den Zug von der Elbchaussee zur Großen Bergstraße nicht stoppen. Die Beamten waren in der Mehrheit damit beschäftigt, die Protokollstrecken der Mächtigen zu bewachen. Diese Momente des Kontrollverlustes im Besonderen aber auch die Proteste bei G20 insgesamt stellen eine Niederlage und eine Schmach für die Repressionsbehörden dar. Und nur so ist der Verfolgungsfuror zu begreifen, den die Sonderkommission „Schwarzer Block“, mittlerweile zu einer Ermittlungsgruppe abgeschmolzen, an den Tag legte, um jeden und jede zu jagen, die bei dem Gipfel auch nur in der Nähe von Vermummten war…“ Beitrag vom 1. Februar 2019 von und bei Lower Class Magazine
- Liberal war einmal: Im Prozess um die Hamburger Elbchaussee zeigt sich eine Abkehr von der Versammlungsfreiheit
„… Die strafrechtliche Aufarbeitung der G20-Proteste widmet sich nun diesem „Elbchausseekomplex“. Konkret sind vor dem Landgericht Hamburg fünf junge Männer wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall, Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz angeklagt. Das Besondere an diesem Fall: Die Staatsanwaltschaft kann den Angeklagten die konkreten Taten gar nicht nachweisen. Das ist auch nicht das Ziel ihrer Anklageschrift. Bereits die bloße Anwesenheit der Angeklagten reiche aus, argumentiert sie, um ihnen die Taten im Rahmen der Mittäterschaft zuzurechnen. Auch eine psychische Beihilfe könnte in Betracht kommen, meinte das Gericht im Dezember, am ersten von über 30 Verhandlungstagen. Die Strategie der Staatsanwaltschaft ist kein Einzelfall, sondern folgt einer Tendenz innerhalb des Straf- und Versammlungsrechts, einzelne für das Verhalten anderer haftbar zu machen und dafür eine Einschränkung der Grundrechte hinzunehmen. (…) Die in den 1970er und -80er Jahren im Parlament und vor Gericht erkämpften Rechte und Entkriminalisierungen werden nicht erst seit der strafrechtlichen Aufarbeitung der G20-Proteste infrage gestellt. Die Sicherheitsbehörden arbeiteten nach 1970 zusammen mit Teilen der Rechtsprechung daran, den Gewaltbegriff des Landfriedensbruchs extensiv auszudehnen. Einen vorläufigen Höhepunkt markiert dabei das Urteil des Bundesgerichtshofs von 2017 zu einer Schlägerei zwischen Fußballfans. Der strafrechtliche Umgang mit Hooligans ist häufig ein Experimentierfeld der Exekutive, um erprobte Repressionen auf andere Bereiche anzuwenden – etwa stadtweite Aufenthaltsverbote für potenzielle Demonstrationsteilnehmende. Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass eine Strafbarkeit wegen Landfriedensbruchs selbst dann gegeben sei, wenn die Beklagten nicht selbst die Gewalthandlungen begangen haben, sondern lediglich psychische Beihilfe getätigt hätten. Eine Argumentation, die im Elbchausseeprozess genutzt wird. Es geht jedoch noch weiter. Der Bundesgerichtshof fügte hinzu, dass auch derjenige zu bestrafen sei, der die Menschenmenge verlässt. Die Hamburger Staatsanwaltschaft knüpft hier an: Den Angeschuldigten sollen nicht nur Straftaten zugeordnet werden, die während ihrer Teilnahme an der Demonstration verübt wurden, sondern auch jene, die nach ihrem Verlassen noch verübt worden sind. Argumentiert wird hier mit einem „gemeinsamen Tatentschluss“ der über 200 Menschen umfassenden Gruppe. Die Staatsanwaltschaft geht aber noch weiter als der BGH, weil sie die Beklagten als Mittäter bestrafen will…“ Beitrag von Maximilian Pichl aus ‚der Freitag‘ Ausgabe 03/2019
- Nebelkerzen im Gerichtssaal – G-20-Prozess in Hamburg: Richterin schließt Öffentlichkeit aus
„Eines der wichtigsten Verfahren gegen Gegner des G-20-Gipfels in Hamburg im Juli 2017 wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Im Prozess um die Ausschreitungen in Altona am 7. Juli 2017 – »Elbchaussee-Verfahren« genannt – schloss die Große Strafkammer 17 des Landgerichts Hamburg am Dienstag auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit bis zum Ende der Beweisaufnahme aus. Das ist möglich, weil zwei der fünf Angeklagten zur Tatzeit noch minderjährig waren. In solchen Fällen kann laut Jugendgerichtsgesetz die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, wenn dies »im Interesse der Erziehung« geboten ist. Zur Begründung zog die Kammer ausgerechnet die große Solidarität für die fünf Angeklagten heran, die sie zu einem »erziehungsschädlichen Einfluss« umdeutete. Die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring verwies auf Aktivitäten von Unterstützern, etwa eine Demonstration am Vorabend des ersten Verhandlungstags und die Anwesenheit »zahlreicher Sympathisanten« am ersten Verhandlungstag im Gerichtssaal, die die Angeklagten mit »tosendem und lang anhaltendem Applaus« begrüßt hätten. (…) Die Hamburger Anwältin Gabriele Heinecke kritisierte die Argumente der Staatsanwaltschaft als »aggressiv pauschalisierend«. Es sei »Blödsinn«, den Angeklagten vorzuwerfen, sie würden sich für Taten feiern lassen, deren Begehung sie gerade von sich wiesen. Der Beschluss der Kammer sei »bedenklich und diffamierend«, Solidarität werde umgedeutet in eine Befürwortung von Randale. Auch wenn die Öffentlichkeit draußen bliebe, bleibe »die Politik drin«…“ Beitrag von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 16. Januar 2019 – Ein klarer Fall von Befangenheit, weil das Gericht bereits im Vorfeld gegen die Interessen der Angeklagten und ausschließlich im Sinne der Interesse der Staatsanwalt handelt…
- “Ein Festival der Demokratie” – Broschüre zur Aufarbeitung des G20-Gipfels
„Als „Festival der Demokratie“ kündigte Innensenator Andy Grote im Mai 2017 den bevorstehenden G20-Gipfel in Hamburg an. Die Realität war dann eine riesige Demonstrationsverbotszone, ein von vornherein auf Eskalation ausgelegter Polizeieinsatz und eine fragwürdige Ausweitung polizeilicher Befugnisse bei den Ermittlungen gegen Gipfelgegner_innen. Unsere Abgeordnete Christiane Schneider war als Obfrau im Sonderausschuss „Gewalttätige Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel in Hamburg“, der ein Jahr lang die Ereignisse aufarbeiten sollte. Von Seiten des Senats gab es allerdings kein Interesse an einer wirklichen Aufarbeitung: Der Ausschuss diente der Innenbehörde vor allem dazu, ihre eigene Deutung der Ereignisse publik zu machen. Parallel zu unserer Arbeit im Sonderausschuss haben wir mit mehreren Kleinen und Großen Anfrage versucht, abseits der öffentlichen Verlautbarungen staatliches Handeln aufzuklären. Wir haben die Ergebnisse unserer Arbeit in einer 48-Seitigen Broschüre zusammengefasst. Darin nehmen wir das Vorgehen von Polizei und Innenbehörde bei verschiedenen Protestereignissen kritisch unter die Lupe. Wir analysieren die Rolle des Verfassungsschutzes und gehen der Frage nach welche langfristigen Auswirkungen auf Grundrechte und Demokratie zu befürchten sind.“ Info vom 16. Dezember 2018 zum pdf-Download bzw kostenlosen Bezug der Broschüre bei der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
- G20-Gipfel in Hamburg: V-Mann des Verfassungsschutzes blockierte Regierungskonvois
„… Der im November enttarnte V-Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes ist gemeinsam mit Göttinger Autonomen zum G20-Gipfel nach Hamburg gereist und hat dort mit Straßenblockaden Regierungskonvois behindert. Wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe unter Verweis auf Zeugenaussagen und interne Dokumente berichtet, war der V-Mann an diversen Aktionen der „Basisdemokratischen Linken“ beteiligt, die er für den Verfassungsschutz ausspionierte. (…) Der V-Mann blockierte Konvois und ließ sich wegtragen. Zweimal wurde er vorübergehend in Gewahrsam genommen, seine Personalien nahm die Polizei aber nicht auf. Anschließend berichtete er dem Verfassungsschutz von den Einsätzen…“ Beitrag von und bei Spiegel online vom 4. Januar 2019
- G20: Was wurde aus Anzeigen gegen Polizisten?
„Kurz nach dem G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 rasierte sich Lola Diaz die langen Locken ab. Ihr Bein war gebrochen, sie musste mehrere Wochen im Bett verbringen. Ein Polizist habe sie während einer friedlichen Feierei am Rande des Gipfels so heftig mit dem Knüppel geschlagen, dass es brach, sagt sie. Mittlerweile hat sie wieder Locken. Sie arbeitet als Lehrerin an einem Gymnasium und hat nun im Herbst schließlich doch Anzeige gegen die Polizei erstattet. (…) Nachdem das Fernsehmagazin Panorama und NDR Info über ihren Fall berichtet hatten, bekam Diaz eine Vorladung von der Staatsanwaltschaft. Sie solle als Zeugin aussagen. Es gibt Videos von dem Übergriff und andere Zeugen. Deshalb hat die 28-Jährige sich nun getraut, das juristische Verfahren anzuschieben. Angst habe sie trotzdem noch, sagt sie. Sie zeige schließlich nicht ihren Nachbarn oder jemanden von der Straße an, sondern die Polizei. „Es klingt schon heftig und es ist sehr heftig für mich, weil es gibt auf jeden Fall einen Machtunterschied hier.“ (…) Laut Hamburger Staatsanwaltschaft laufen aktuell 66 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte zum G20-Einsatz. 84 Verfahren wurden mittlerweile eingestellt. Entweder weil die Tat nicht nachweisbar oder nicht strafrechtlich relevant war. Anklagen wurden bisher nicht erhoben. Dieter Magsam vertritt Lola Diaz als Anwalt. Er sagt: „Wenn Straftaten im Amt begangen werden und das war hier offensichtlich so, haben andere Polizeibeamte, die das mitbekommen, die Pflicht, das innerhalb kürzester Zeit ihren Vorgesetzten, der Staatsanwaltschaft, zur Kenntnis zu bringen.“ Doch da passiere nichts. „Und ich frage mich, was ist das für eine Polizeikultur?“.(…) Generell wird in Deutschland aus Anzeigen gegen Polizeibeamte nur sehr selten eine Anklage. Nach einer Auswertung der Uni Bochum für das Jahr 2016 wurden in 90 Prozent der Fälle die Verfahren eingestellt, in nur 2,3 Prozent der Fälle wurde Anklage erhoben oder Strafbefehl erlassen. Doch Lola Diaz und ihr Anwalt hoffen nun, dass ihre Anzeige zu einer Anklage führt…“ Beitrag von Elisabeth Weydt vom 4. Januar 2019 beim NDR
- Terror-Verfahren nach G20-Gipfel eingestellt
„Knapp anderthalb Jahre nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg hat die Rostocker Staatsanwaltschaft ein Terror-Verfahren gegen drei Beschuldigte aus Mecklenburg-Vorpommern eingestellt. Die drei standen in Verdacht, Waffen und Sprengstoff gehortet zu haben, um beim Treffen der Staats- und Regierungschefs gegen eingesetzte Polizisten vorzugehen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte auf Anfrage von NDR 1 Radio MV jetzt, dass es keinen ausreichenden Tatverdacht für eine Anklage gegeben hat. (…) Unterdessen hat eine Kleine Anfrage des Linksabgeordneten Peter Ritter ergeben, dass die Staatsanwaltschaften des Landes seit Mitte 2012 insgesamt 15 Terror-Verfahren wegen des Verdachts einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat geführt haben, darunter mehr als doppelt so viele Ermittlungen gegen mutmaßlich Rechtsextreme als gegen Linksextreme. In einem Fall erfolgte eine Anklage und schließlich eine Verurteilung, allerdings am Ende wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz. Für Ritter sind die Zahlen ein weiterer Beleg dafür, dass der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit weiter der rechtsextremen Szene gelten müsse und „kein Strategiewechsel nach links“ erfolgen dürfe…“ Beitrag von Stefan Ludmann 3. Januar 2019 beim NDR
- Keine Rechtsgrundlage. Dürftige Anklagekonstruktion, fragwürdige Ermittlungsmethoden: Verteidiger stellen G-20-Verfahren in Hamburg grundsätzlich in Frage
„Mit Blick auf den Prozess um die G-20-Proteste in Altona am 7. Juli 2017, der am Dienstag vor dem Landgericht Hamburg begann, hat die Strafverteidigerin Gabriele Heinecke scharfe Kritik an Teilen der Justiz geübt. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Hamburg und des 1. Senats des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in dem Verfahren bezeichnete die Anwältin, die einen der fünf Angeklagten vertritt, am Mittwoch im Gespräch mit jW als »Angriff auf das Demonstrationsrecht«. In dem Prozess stünden Grundrechte auf dem Spiel, die für die Demokratie essentiell seien. (…) Im Zentrum steht dabei erneut die Interpretation eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH), das im Mai 2017 ein »ostentatives Mitmarschieren« in einer gewaltbereiten Gruppe für strafbar erklärte. Für den OLG-Senat steht fest, dass dieses Urteil auch auf G-20-Gegner anwendbar ist. Aus Heineckes Sicht wird dabei unterschlagen, dass es vor dem BGH um Fußball-Hooligans ging, die sich per Whats-App zu einer Prügelei verabredet hatten. Und dass das Urteil politische Demonstrationen ausnahm, bei denen es zu Gewalt kommt, die aber nicht von allen Teilnehmern unterstützt wird. (…) Wie gerufen kam der Verteidigung eine Entscheidung des Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar, die er am Dienstag pünktlich zum Prozessbeginn traf. Caspar ordnete die Löschung der biometrischen Datenbank an, mit deren Hilfe die inzwischen auf eine Ermittlungsgruppe reduzierte Sonderkommission (Soko) »Schwarzer Block« der Polizei nach Randalierern beim G-20-Gipfel im Juli 2017 fahndet. Eine Steilvorlage für die Verteidiger, denn die bestreiten die Rechtmäßigkeit dieser Fahndungsmethode, mit der auch die fünf Angeklagten ermittelt wurden…“ Prozessbericht von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 20. Dezember 2018
- G20: Hamburger Polizei muss biometrische Daten tausender Bürger löschen
„Der Hamburger Datenschutzbeauftragte hat die Löschung einer Referenzdatenbank der Hamburger Polizei angeordnet, in der diese biometrische Daten tausender Bürger:innen erfasst hatte. In diese Datenbank sind nicht nur Bilder und Videos der Polizei, Material aus öffentlichen Verkehrsmitteln und aus Medien eingeflossen, sondern auch private Aufnahmen, die Bürger über ein Fahndungsportal hochgeladen hatten. Insgesamt umfasst die Datenbank über 100 Terabyte bei 32.000 Video- und Bilddateien. Nach Auskunft des Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar sei die biometrische Erfassung „unterschieds- und anlasslos“ geschehen. Sie betreffe massenhaft Personen, die nicht tatverdächtig seien…“ Meldung von Markus Reuter vom 18.12.2018 bei Netzpolitik
- G20-Prozess zum „Elbchaussee-Komplex“: Wenn die Anwesenheit in einer Menschenmenge bei der Begehung einer Straftat strafbar sein soll
„In Hamburg hat heute der Prozess gegen fünf Aktivisten aus Frankfurt, Offenbach und Frankreich begonnen. Die drei Erwachsenen und zwei Jugendlichen sind angeklagt, bei Ausschreitungen auf der Elbchaussee während des G20-Gipfels im vergangenen Jahr in Hamburg „dabei gewesen“ zu sein. (…) Nach der Verlesung der Anklageschriften bekam die Verteidigung das Wort. Es wurde festgestellt, dass die Anwesenheit in einer Menschenmenge bei der Begehung einer Straftat nicht strafbar ist und diese ohnehin nur auf Indizien gestützt sei. Das Verfahren diene der Verschleierung des politischen Versagens bei der Organisation des G20-Gipfels und solle die Öffentlichkeit beruhigen. Weiterhin kritisiert die Verteidigung die unterbleibende Haftverschonung für die Angeklagten Halil und Can. Den beiden war vor drei Wochen von der Richterin eine Haftverschonung zugestanden worden. Daraufhin wurden sie auf freien Fuß gesetzt und mussten nach stattgegebenem Einspruch der Staatsanwaltschaft nach zwei Stunden in die Haft zurückkehren. Die Inhaftierung wird mit Fluchtgefahr begründet, was durch die freiwillig erfolgte Rückkehr in die Haftanstalt hinreichend widerlegt sein sollte. Die Verteidigung ging außerdem auf die Überschreitung von Kompetenzen der „Soko Schwarzer Block“ mit ihren 180 Beamten bei den Ermittlungen ein. (…) Die nächsten Termine sind am 8. und 10. Januar 2019. Am kommenden Samstag findet ab 12 Uhr eine Kundgebung vor dem Untersuchungsgefängnis Holstenglacis statt…“ Bericht vom 18. Dezember 2018 beim Bündnis „United we stand“
- Verfahren gegen Prügel-Polizisten eingestellt. Beamte schlugen Ordner bewusstlos – Anwalt legt Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft ein
„Der massive Angriff Braunschweiger Polizisten vor einem Jahr auf Demonstranten in Göttingen bleibt nach dem Willen der Göttinger Staatsanwaltschaft ohne strafrechtliche Konsequenzen. Die Behörde stellte das Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt ein. Der Anwalt des Hauptbetroffenen gab am Freitag bekannt, dass er Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt hat. (…) Auf einem Video ist zu sehen, wie R. von Polizisten mehrere Schläge ins Gesicht bekommt und zu Boden geht. Er wird am Kopf im Würgegriff hinter die Polizeikette gezogen und auf den Boden fallen gelassen. Ein Beamter kniet auf seinem Nacken. R. ringt nach Luft. Seine Hände werden mit Kabelbindern auf dem Rücken fixiert. Polizisten schleifen ihn an den Armen über die Straße und legen ihn vor einem Polizeibus ab. R.s Mutter wird nicht zu dem Verletzten durchgelassen. (…) Der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der R. vertritt, zeigt die an der Prügelei beteiligten, namentlich nicht bekannten Beamten der Braunschweiger Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) an. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahren verfügt. Sie erklärt, dass der Ordner keine bemerkenswerten Schläge mit einem Schlagstock erhalten habe und sich das Handeln der Beamten als Notwehr darstelle. Für Adam lässt das Video »wenig Interpretationsspielraum«. Es zeige insbesondere einen Polizisten, der mit mehreren Tonfa-Schlägen auf die Demonstration, vor allem aber auch auf den Ordner einschlage. Während dieser kaum noch stehe, treffe ihn ein Faustschlag mitten im Gesicht, und er geht zu Boden. »Was hieran Notwehr sein soll erschließt sich mir nicht«, sagte Adam am Freitag. »Das ist brutale und unverhältnismäßige Gewalt.« Ebenfalls straflos soll laut Staatsanwaltschaft das weitere Vorgehen der Polizei gegen R. Bleiben. »Auch diese Maßnahme soll laut Staatsanwaltschaft nicht übertrieben gewesen sein«, so Adam. »Das Video spricht allerdings auch hier für sich.«…“ Artikel von Reimar Paul vom 14.12.2018 beim ND online
- Prozess um G20-Protest: Landgericht nicht hart genug. Hamburger Richter haben die U-Haft in einem G20-Prozess ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hält sie nun für befangen
„Nie in der „Nachkriegsgeschichte“ seien in Hamburg solch schwere „Gewalt- und Sachbeschädigungshandlungen“ verübt worden wie während der Proteste gegen den G20-Gipfel am Morgen des 7. Juli 2017. Entlang der Elbchaussee und in der Großen Bergstraße habe ein „schwarz uniformierter Mob“ gewütet. So begründet das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG), warum zwei mutmaßliche Teilnehmer des gewaltsamen Aufmarschs im Stadtteil Altona in Untersuchungshaft bleiben müssen. Das OLG hebt damit eine Entscheidung des Landgerichts auf. Dieses hatte zwei der insgesamt fünf Angeklagten am 9. November unter strengen Meldeauflagen freigelassen und den Vollzug der Untersuchungshaft ausgesetzt. Die Richter der 17. Großen Strafkammer halten die 22 und 24 Jahre alten Männer aus Hessen zwar des schweren Landfriedensbruchs für dringend verdächtig. Sie müssten sehr wohl mit einer Strafe rechnen. Allerdings sei ihnen eine „Mittäterschaft“ im engeren Sinne wahrscheinlich nicht nachzuweisen. (…) Gegen diese Entscheidung laufen OLG und Staatsanwaltschaft nun Sturm. Das OLG setzte den Haftbefehl schon nach wenigen Stunden wieder in Vollzug. Die 17. Strafkammer des Landgerichts habe „die Dimension der Taten“ vollständig aus den Augen verloren, heißt es zur Begründung. Nun setzt die Staatsanwaltschaft noch eins drauf: Sie lehnt die drei Richter der 17. Großen Strafkammer des Landgerichts ab und hat einen Befangenheitsantrag eingereicht. „Es liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen“, heißt es in dem Antrag, der der taz vorliegt…“ Bericht von Stefan Buchen vom 7.12.2018 bei der taz online
- Gericht rügt Polizei Hamburg: G20-Knast-Schikane war illegal
„Die Ingewahrsamnahme von italienischen G20-Demonstranten war unrechtmäßig. So urteilte nun das Verwaltungsgericht. Das Urteil am Dienstag konnte nicht überraschen: „Rechtswidrig“, so befand Dietrich Hölz, Vorsitzender der 17. Kammer des Hamburger Verwaltungsgerichts, sei die fast 24 Stunden andauernde Ingewahrsamnahme von drei Italienern während des G20-Gipfels gewesen. Das Verfahren habe „keine Anknüpfungspunkte“ für bevorstehende Straftaten der Männer erbracht, die deren Festsetzung hätten rechtfertigen können. Zudem sei „keine richterliche Anordnung eingeholt“ worden, die die juristische Voraussetzung für den Vollzug einer solchen Maßnahme gewesen wäre, sagte Hölz. Und es sei „nicht nachvollziehbar“, auf welchen Erkenntnissen eine Gefahrenprognose des Verfassungsschutzes beruht habe, nach der am Abend des 8. Juli, mitten während des G20-Gipfels, Straftaten speziell von italienischen Staatsangehörigen, zu erwarten gewesen seien…“ Bericht von Marco Carini vom 5.12.2018 bei der taz online
- Gesichtserkennung der G20-Ermittlungen kommt vor Gericht
„Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Caspar will die automatisierte Gesichtserkennung, die im Rahmen der Ermittlungen zum G20-Gipfel eingesetzt wird, gerichtlich untersagen lassen. Herr Caspar hatte bereits Ende August bekannt gegeben, dass er die Nutzung dieses Instruments für unzulässig hält. Die Innenbehörde sieht dies jedoch anders. (…) Die Software mit dem Namen Videmo 360 kann laut Caspar Bewegungsprofile erstellen, Beziehungsstrukturen und Verhaltensmuster dokumentieren. Die Software macht dabei keinen Unterschied zwischen Tatbeteiligten und unbeteiligten Personen. Innensenator Andy Grote möchte an dem Projekt festhalten, und setzt auf eine gerichtliche Entscheidung. Seiner Meinung nach hätte es ohne die Software kaum Ermittlungserfolge für die Polizei gegeben. Für ihn geht es bei der Software nicht um Gesichter und personenbezogene Daten, sondern um mathematische Formeln…“ Meldung vom 26. Oktober 2018 von und bei Amnesty International
- G20-Gipfel: Polizeigewalt ohne Konsequenzen – Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein
„Mit weiß-pinken Turnschuhen, knallroter Stretchhose und blauem T-Shirt stand die Künstlerin Fiona O. während der G20-Proteste Juli 2017 in Hamburg alleine auf einem Räumpanzer. Beamte der hessischen Bereitschaftspolizei reagierten darauf völlig überzogen und sprühten die junge Frau mit Pfefferspray ein. Konsequenzen für das überzogene Handeln der Beamten gibt es: keine. Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion in der hamburgischen Bürgerschaft, sieht sich in dem Eindruck bestärkt, dass die Staatsanwaltschaft mit unterschiedlichem Maß misst. Auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau (FR) berichtet die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft Nana Frombach, dass drei Anzeigen vorgelegen hätten und drei Staatsanwälte unabhängig voneinander ermittelten. Die Verfahren wurden »eingestellt, weil das Handeln der Polizeibeamten rechtmäßig war«, teilte die Staatsanwaltschaft der FR mit. Die Verfahren waren bereits im März und April eingestellt worden, aber bisher nicht öffentlich bekannt. (…) Aus einer kleinen Anfrage der Hamburger LINKEN geht hervor, dass bis März 2018 gegen 118 Polizeibeamte von der Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet worden waren. Daraus resultierten weder Anklagen noch Strafbefehle. Schneider sagt gegenüber »nd«: »Das Problem ist komplex. Zum einen trauen sich Betroffene gar nicht erst Anzeige zu erstatten. Zum anderen ist die Staatsanwaltschaft von der Zusammenarbeit mit der Polizei abhängig. Diese tut sich daher schwer Verfahren gegen Polizisten zu eröffnen.«…“ Beitrag von Ulrike Kumpe bei der neue Deutschland vom 16. Oktober 2018
- [G20] Der lange Arm der Repression
„… Mitarbeiter der Hamburger Sonderkommission „Schwarzer Block“ sind nach dem G20-Gipfel mehrmals für einen „Erkenntnisaustausch“ in Nachbarländer gereist. Das teilte der Hamburger Senat auf Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider in einem Schreiben mit, das der Redaktion vorliegt. Um welche Maßnahmen und besuchte Behörden es sich handelt, schreibt der Senat nicht. Vor zwei Wochen hatte die Hamburger Polizei die Auflösung der Sonderkommission bekannt gemacht. Sämtliche strafrechtlichen Ermittlungen zum G20-Gipfel werden jetzt von einer Ermittlungsgruppe weitergeführt, die bei der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts (LKA) angesiedelt ist. Bislang war nur bekannt, dass die Soko „Schwarzer Block“ zur Vollstreckung deutscher richterlicher Beschlüsse im Ausland war. Am 29. Mai hatten die Beamten Durchsuchungen bei sieben Personen in Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz veranlasst, um dort mögliche Beweismittel zu sichern. Neun Objekte wurden durchsucht und dabei Rechner und Laptops, Mobiltelefone, Speichermedien und Bekleidung beschlagnahmt. Zwei der Beschuldigten waren zunächst unbekannt und wurden durch eine Öffentlichkeitsfahndung identifiziert. Die Fotos und Beschreibungen der Betroffenen hatte die Soko „Schwarzer Block“ zur Identifizierung auch an ausländische Behörden geschickt. (…) Die Funktion des BKA wird vom Bundesinnenministerium als „Unterstützung“ bezeichnet. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bundesinnenministerium mitgeteilt, dass „Personendaten über polizeibekannte linke Aktivisten mit dem Ausland ausgetauscht“ wurden. Dieser Austausch erfolgte unter anderem über die informelle „Police Working Group on Terrorism“ (PWGT), in der sich alle EU-Mitgliedstaaten organisieren. Anfragen zu Tatverdächtigen erfolgten aber auch in Island, Kanada, der Schweiz, und in den USA. Das BKA übernahm in den G20-Ermittlungen außerdem die Funktion einer Zentralstelle…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 13. Oktober 2018 bei Telepolis
- Razzien bei Antikapitalisten: Polizei durchsucht Wohnungen in drei Bundesländern / Eine Festnahme in Hamburg / Europaweite öffentliche Fahndung
„Die Polizei durchsucht im Zusammenhang mit den Ereignissen beim G20-Gipfel in Hamburg vor mehr als einem Jahr seit den frühen Morgenstunden Wohnungen in der Hansestadt, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die Razzien richteten sich gegen zwölf Beschuldigte. Im Fokus des Einsatzes stehen Tatverdächtige, die bei der »Welcome to Hell«-Demonstration Straftaten begangen haben sollen. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstagmorgen mit. Bei den angeblichen Straftaten soll es sich demnach unter anderen um schweren Landfriedensbruch, Widerstand gegen Polizeibeamte und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte handeln. Im Hamburger Stadtteil Winterhude wurde indes ein 35-Jähriger verhaftet, wie eine Polizeisprecherin am Dienstagmorgen bestätigte. (…) Parallel zu den neuen Razzien veröffentlichte die Polizei am Dienstag in verschiedenen europäischen Sprachen internationale Fahndungsaufrufe mit Bildern von vier weiteren Beschuldigten im Internet. (…) Bei der Suche nach Verdächtigen stützen sich die Ermittler unter anderem auf eine umfangreiche Datenbank von Film- und Videoaufnahmen, die während der Ausschreitungen entstanden und mittels einer Gesichtserkennungssoftware analysiert werden. Außerdem wird öffentlich und in polizeiinternen Datenbanken nach Beschuldigten gesucht. Hamburgs Datenschützer und die LINKE beanstandeten den Einsatz der Software jüngst. Es gebe keine gesetzliche Grundlage…“ Meldung von und bei neues Deutschland vom 18. September 2018
- Soziologische Forschung über G20-Protest: „Wann knallt es endlich?“
„Forscher aus Berlin und Hamburg haben die Protest- und Polizeidynamik beim G20-Gipfel in Hamburg ergründet. Sie kritisieren die fehlende Reflexion bei der Polizei.“ Interview von Katharina Schipkowski mit dem Soziologen Simone Teune vom 6. September 2018 bei taz online . Simone Teune: „… Der Anlass war für uns nicht, dass es gewalttätige Konfrontationen gab, das ist bei Gipfelprotesten relativ berechenbar. Was uns interessiert hat ist: Wie konnte es zur Entgrenzung kommen? Dass Umstehende und Anwohner*innen Teil der Auseinandersetzungen wurden und die Polizei mit niedrigschwelliger Schussfreigabe bis zum Äußersten geht, das wollten wir verstehen. (…) Die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei ist in Kontinuität mit anderen Gipfelprotesten zu betrachten: Erst mal wird sie intensiv und offensiv betrieben und dann ist die Gewalt der Demonstrierenden das Hauptthema gegenüber den Medien. Dass es zu Gewalt kommt, wird als unausweichlich dargestellt, damit eröffnet man sich einen größeren Handlungsspielraum. Die fast magische und überall verbreitete Zahl von 10.000 Gewaltbereiten ist so ein Beispiel. Da fragt im Nachhinein niemand mehr, wo waren die? Mit der Zahl wurde die „Welcome to Hell“-Demonstration im Vorfeld dämonisiert. Am Ende sprach die Polizei selbst von 10.000 friedlichen Teilnehmenden. (…) Alle, die Protest organisiert haben, wurden immer wieder auf Gewalt angesprochen, ein anderes Thema gab es nicht. Das ist eine Polizeiperspektive, eine Entpolitisierung…“ Der komplette Report des Hamburger Instituts für Sozialforschung „Eskalation – Dynamiken der Gewalt im Kontext der G20-Proteste in Hamburg 2017″ ist als kostenloser Download verfügbar
- Evgenii: Freispruch für G20-Gegner rechtskräftig
„… Das Amtsgericht Hamburg-Altona hat einen 32-jährigen Angeklagten nach 15 Verhandlungstagen in sämtlichen Punkten freigesprochen. Ihm war vorgeworfen worden, während des G20-Gipfels drei Flaschen auf Polizeibeamte geworfen zu haben. Am Samstag ist die Berufungsfrist verstrichen. Die Staatsanwaltschaft hat das Urteil akzeptiert. Damit ist es rechtskräftig. Das Gericht hat die Arbeit der verdeckt ermittelnden Polizeibeamten deutlich kritisiert. Gleich sechs dieser sogenannten „Tatbeobachter“ gaben an, dem Angeklagten gefolgt zu sein – für zuverlässig hielt das Gericht ihre Angaben jedoch nicht. Die Beamten waren im Gerichtssaal verkleidet aufgetreten. Auf wesentliche Fragen des Gerichts verweigerten sie die Aussage, wobei sie sich auf nicht erteilte Aussagegenehmigungen beriefen. Richter genauso wie Staatsanwältin stellten fest, dass die Polizei auf diese Weise die gerichtliche Sachaufklärung behindere. Die AnwältInnen haben dem Gericht ein Video vom Tatort und -zeitraum präsentiert, dass den Angaben der Polizeizeugen widersprach. Ob die Zeugen gelogen oder sich geirrt hatten, konnte das Gericht nicht mehr aufklären. Selbst die Staatsanwaltschaft hatte daher Freispruch beantragt.(…) Der Angeklagte erhält eine Entschädigung in Höhe von fast 4.000 € für die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft von über vier Monaten…“ Pressemitteilung der Verteidigung Evgeniis bei United We Stand am 28. August 2018
- G20-Sonderausschuss in Hamburg endet: Ein Jahr nach G20 ist noch nichts klar
„… Die meisten Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft blieben am Donnerstagabend unzufrieden zurück. Der G20-Sonderausschuss hatte zum 15. und letzten Mal getagt. Einzig die SPD feierte in ihrem Abschlussstatement den Ausschuss als „gelungen“. Ihr Koalitionspartner, die Grünen, zogen ein eher gemischtes Fazit. Eine richtige Bilanz wollen die Ausschussmitglieder aber erst in den kommenden Wochen ziehen, Ende September sollen die Abschlussstatements in der Bürgerschaft debattiert werden. Schon jetzt ist klar: Viele Erkenntnisse hat der Ausschuss nicht gebracht. (…) Die Aufgabe des vor einem Jahr gestarteten Sonderausschusses war es gewesen, in 15 Sitzungen die „gewalttätigen Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel in Hamburg“ aufzuklären. Die Themenschwerpunkte der oft zähen Sitzungen im Rathaus waren das Sicherheitskonzept des Senats, die Ausschreitungen und die Auflösung der „Welcome to Hell“-Demo, die Krawalle in der Schanze und der Elbchaussee sowie eine Demonstration am Rondenbarg. (…) Fakten, die vorher nicht bekannt waren, hat der Ausschuss kaum zutage gefördert. Neuigkeiten waren immer eher am Rande aufgetaucht. So hatte beispielsweise Christiane Schneider im Mai in einer Sitzung öffentlich gemacht, dass vermummte Polizist*innen undercover im Schwarzen Block der „Welcome to Hell“-Demo gewesen waren. Im Juli war dem Soko-Chef Jan Hieber herausgeplatzt, dass die Polizei jetzt dauerhaft eine Gesichtserkennungssoftware zur Strafverfolgung einsetzen will. (…) So geht nun die Arbeit eines Gremiums unspektakulär zu Ende, das sich viel vorgenommen hatte. Aufzuklären bleibt noch viel.“ Beitrag von Katharina Schipkowski vom 16. August 2018 bei taz online
- Ein Jahr nach dem G-20 Gipfel in Hamburg – Eine kleine Auswahl an Rückblicken
- Ein Jahr G20 Hamburg – Ein Rückblick
ND-Video bei youtube - Ein Jahr nach G20 in Hamburg: Mehr als Gewalt
„Über die Tage und Nächte von Hamburg und dem, was von ihnen bleibt. Eine Spurensuche in der radikalen Linken (…) Anne vom »ums Ganze«-Bündnis benennt auch negative Auswirkungen der Gipfelproteste: »Soziale und politische Konflikte werden zunehmend polizeilich bearbeitet.« Die Entwicklungen stehen für sie im Kontext einer »insgesamt zu beobachtenden autoritären Wende der westlichen Demokratien.« Erschreckend, wenn auch nicht überraschend, fand sie es, mit welcher Lust sich in der Folge der Proteste Hass auf die Protestierenden Bahnen brach. »Darin zeigt sich eine Brutalisierung der Gesellschaft, wie sie sich auch in der Diskussion um Geflüchtete feststellen lässt.«…“ Artikel von Fabian Hillebrand vom 09.07.2018 beim ND online - Polizeiwissenschaftler über G20-Proteste: „Linke zu Chaoten abgestempelt“
„Ein Jahr nach dem G20-Gipfel sieht die Polizei alle Schuld an der Gewalt bei den DemonstrantInnen. Rafael Behr über Heldengeschichten und pauschale Abwertungen. taz: Herr Behr, als Dozent an der Hamburger Polizeiakademie haben Sie eine Innensicht: Wie bewertet die Polizei den G20-Gipfel ein Jahr danach? Rafael Behr: Das Bild, das mir Polizisten von den Tagen des G20-Gipfels zeichnen, setzt sich von dem der Einwohner des Schanzenviertels deutlich ab. Ich höre durchaus viele Heldengeschichten. Es gibt eine große Selbstbestätigung, wenig Reflexion und noch weniger praktizierte Fehlerkultur. Das ist wie eine eigene polizeiliche Parallelwelt. Ein Narrativ unter Polizisten ist: Es hätte alles viel schlimmer kommen können. (…) Der Begriff des „Rechtsstaats“ heißt ja nicht, dass der Staat immer Recht hat, sondern dass man als Bürger auch Rechte gegen den Staat hat. Schon im Zuge der Vorbereitungen auf den G20-Gipfel aber wurden aus den Bürgern nach und nach wieder die klassischen Herrschaftsunterworfenen. Die Polizei verabschiedete sich von ihrem Selbstverständnis als Bürgerschutzpolizei und wurde zur Staatsschutzpolizei, mit martialischem Law-and-Order-Anspruch…“ Interview von Jean-Philipp Baeck vom 9.7.2018 bei der taz online - Ein Jahr nach dem G-20 Gipfel in Hamburg: Der Schock sitzt
„Bei der G20-Aufarbeitung stehen sich zwei Wahrheiten gegenüber: Der Senat sieht einen Erfolg, die Gipfel-Gegner die Demokratie suspendiert. (…) Ganz anders hört es sich an, wenn Aktivist*innen, Bürgerrechtler*innen, linke Anwält*innen aber viele der Bürger*innen aus den betroffenen, alternativen Stadtteilen über das G20-Treffen sprechen. Für sie war der Gipfel ein Desaster: Die Demokratie wurde schon vor dem Gipfel suspendiert, als die Polizei eine 38 Quadratkilometer große Demoverbotszone einrichtete. Die Tage selbst waren ein einziger Ausnahmezustand, von dem viele Hamburger*innen noch immer traumatisiert sind. Auf der Straße Polizeitruppen, am Himmel Hubschrauber. Tag und Nacht. Die Schulen und Kitas im Zentrum: geschlossen, Schwimmbäder, Sparkassen und Supermärkte: verrammelt. Zeltlager, die das Gericht genehmigt hatte, verhinderte die Polizei. Sie missachtete das Recht, betrachtete auch friedlichen Protest als Störung, machte aber wenig Gefangene, sondern prügelte auf Blockierer*innen ein. Bis heute, ein Jahr nach dem Ereignis, stehen sich diese beiden Erzählungen immer noch diametral gegenüber. Versuche, beide Sichtweisen in ein Gesamtbild zu bringen, gibt es wenig. Die Vertreter*innen beider Seiten begegnen sich höchstens vor Gericht. 61 G20-Gegner*innen wurden bisher verurteilt. Das Strafmaß reicht von Geldstrafen und geringen Bewährungsstrafen bis zu Haftstrafen von drei Jahren und drei Monaten. Der Hamburger Rechtsanwalt Matthias Wisbar vom Republikanischen Anwaltsverein spricht auf der Pressekonferenz der G20-Gegner zum ersten Jahrestag von „Feindstrafrecht“…“ Artikel von Jean-Philipp Baeck vom 6.7.2018 bei der taz online - Unter der Oberfläche. Autonome diskutieren, Ladenbesitzer schimpfen und manche vermissen die Offenheit – Hamburg ein Jahr nach G20
„… Die linksradikale Gruppe Grow hat im Rahmen des »Festivals der grenzenlosen Solidarität«, das mit Podien und Vorträgen, Filmvorführungen, einer Radtour und einer Rave-Demo an den Jahrestag erinnern will, den Autor Achim Szepanski geladen, um über die Theorie des Aufstandes zu diskutieren. Knapp Hundert Leute sind gekommen. Der angebliche »Schwarze Block« erscheint an diesem Tag eher bunt und gut gekleidet: Adidas-Jacken und teure Turnschuhe bestimmen die Szenerie. Eine Verständigung aber, wie man als radikale Linke zu den Riots des Freitag Abend steht, gibt es nicht. Am Jahrestag des Gipfels ist man, so scheint es, immer noch überfordert. Verlegen reagieren auch die dezidiert linken Orte auf der Schanze. »Wir haben als Kollektiv keine einheitliche Meinung zu den Protesten« – so oder so ähnlich ist es mehrfach aus Läden und Cafés zu hören, in denen man heute noch G20-Protest-Plakate findet. (…)Spaziert man heute durch das Schanzenviertel, fällt vor allem die veränderte Geräuschkulisse auf. Das dauernde Dröhnen der Polizeihubschrauber und die Martinshörner der Hundertschaften des letzten Jahres sind verschwunden. An ihre Stelle ist wieder ganz normaler Autolärm getreten. Während des Gipfels waren die Straßen vollständig gesperrt und somit als öffentlicher Raum für die Protestierenden nutzbar. Sie saßen zusammen und kamen ins Gespräch. Haustüren standen offen, viele Soli-Küchen boten Kaffee und Essen an, in Kneipen wurden Verletzte versorgt – oder einfach nur Schlafplätze angeboten. Die Türen sind nun wieder verschlossen und anstelle der Gipfelgegner*innen bestimmen Junggesellenabschiede und Fußballfans die Atmosphäre im Viertel. Doch unter dieser Oberfläche haben sich Beziehungen von Menschen entwickelt, die sich die Erfahrung der Solidarität und die Möglichkeit des Widerstands bewahrt haben…“ Artikel von Christopher Wimmer vom 08.07.2018 beim ND online - 1 Jahr G20 – das Schweigen brechen
„Vor einem Jahr fand der G20-Gipfel in Hamburg statt. Er war der Anlass für Proteste und Ausschreitungen. Für mich persönlich endete der Gipfel bereits Freitagnacht während großen Ausschreitungen vom Schulterblatt. Gegen 21:30 Uhr begann ein siebentägiger internationaler Shitstorm gegen mich, iniitiert von US-Amerikanischen Rechten. Das Finale waren Hetze, öffentliche Outings, Morddrohungen, Solidarität, aber auch ein großes Schweigen. Bislang gab es nur wenige Menschen, die mich direkt fragten, wie ich die Zeit erlebte. Besonders in der Zeit nach dem Gipfel wurde nur über und nicht mit mir gesprochen. Lange hatte ich überlegt, ob ich mich äußern sollte, doch seit einem Jahr ist das Arbeiten nicht mehr wie vorher. Es vergeht keine Woche, in der Rechte mich nicht wissen lassen, dass der G20-Gipfel mich mein Leben lang wohl begleiten wird. (…) Ein Kollege bei ver.di meinte, wenn der Sturm vorbeigezogen ist, wird sich die neugewonnene Aufmerksamkeit positiv auszahlen. Vielleicht erst ein halbes Jahr später, vielleicht ein ganzes. Nun ist ein ganzes Jahr vergangen. Die Erde dreht sich weiter. Die Rechten hetzen ebenfalls weiter. Es ist ein wenig wie vor dem G20. Mit einem Unterschied. Ich weiß auf wen ich mich in Zukunft verlassen kann und für wen ich diese Arbeit mache. An dieser Stelle nochmal Danke an die Menschen, die mir in dieser schweren Woche im Juli 2017 beistanden, mich nicht alleine ließen. Ich werde dies nicht vergessen. Di eingeschränkte Solidarität war aber auch erschreckend. Gerade in der Zeit es Rechtsrucks, ist es wichtig, dass die emanzipatorischen, antifaschistischen Kräfte solidarisch zueinander sehen, auch wenn es inhaltliche Differenzen geben mag.“ Beitrag vom 7.7.2018 von und bei Sören Kohlhuber - G20-Aufarbeitung: Eine vertane Chance
„Vor einem Jahr brannten in Hamburg Barrikaden – zwei Bücher widmen sich den Krawallen während des G20-Gipfels aus linker Perspektive. Klären die Autoren auf? Oder wiederholen sie nur die eigene Version der Geschehnisse? (…) Jetzt sind zwei Bücher erschienen, die die Gipfelgeschichte aus unterschiedlichen Perspektiven der G20-Gegner erzählen: „G20 – Verkehrsprobleme in einer Geisterstadt“ vom Autorenkollektiv „Komitee 17“ und der Sammelband „Riot – Was war da los in Hamburg? Theorie und Praxis der kollektiven Aktion“ von Karl-Heinz Dellwo…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 07.07.2018 beim Spiegel online - Tanz-Demo erinnert in Hamburg an G20
„Ein Jahr nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat die linke Szene an das konfliktreiche Treffen erinnert. Vom Neuen Pferdemarkt zogen laut Polizei am Sonnabend bis zu 2.500 Menschen durch das Schanzenviertel und durch St. Pauli. Die Veranstalter der Tanz-Demo sprachen von rund 3.000 Teilnehmern. Sie zogen mit lauter Musik an zentralen Orten der damaligen Proteste vorbei. Stationen waren die Rote Flora, die Messehallen, Landungsbrücken, der Fischmarkt, das Millerntorstadion und der Neue Pferdemarkt, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Am Sievekingplatz wurde nach der Demo eine kleine Rauchbombe im Eingang des Strafjustizgebäudes gezündet, so ein Sprecher der Polizei zu NDR.de. Die Demo selbst verlief friedlich. (…) Vor dem Tanz-Demo-Start hatten sich rund 100 Menschen an einer Fahrrad-Demo beteiligt. Auf Transparenten forderten die Teilnehmer „Freedom of movement“ und „Freie und solidarische Stadt Hamburg“. Einige solidarisierten sich auch mit Geflüchteten…“ NDR-Bericht vom 08.07.2018
- Ein Jahr G20 Hamburg – Ein Rückblick
- Korpsgeist bei G20: Verblendete Kollegen
„Polizisten müssen sich aufeinander verlassen können, wenn es gefährlich wird. Doch mehrere Strafverfahren nach dem G20-Gipfel vor einem Jahr zeigen, was passiert, wenn Solidarität zu weit geht. Die Zeile klang dramatisch: „Mord-Versuch mit Laser“, schrieb die „Hamburger Morgenpost“ am 12. Juli 2017. Ein Mann, Nico B., solle einen schwebenden Polizeihubschrauber geblendet haben. Den Tod der beiden Piloten und den Absturz der Maschine habe er billigend in Kauf genommen, hieß es. Ein Amtsrichter schickte den Verdächtigen in U-Haft, in der er fünf Monate blieb. Fluchtgefahr. Vor wenigen Tagen endete der Prozess gegen B. Und anders als im Haftbefehl war von einem versuchten Mord keine Rede mehr. Das Gericht glaubte den beiden Polizeipiloten nicht, dass der Laser sie geblendet hat. Eine behauptete Absturzgefahr habe nie bestanden. Das Urteil: sechs Monate auf Bewährung, unter anderem wegen versuchter Körperverletzung. (…) Der Hamburger Polizeiforscher Rafael Behr sieht das Verhalten der beiden Hubschrauberpiloten als „Ausdruck des sogenannten Korpsgeistes“ in der Polizei. Man verabrede sich, einen Menschen durch alle Instanzen als Täter zu identifizieren, selbst wenn man Zweifel habe. „Ein einzelner Polizist kann dann nichts Abweichendes zu Protokoll geben, ohne Gefahr zu laufen, aus der Kameradschaft ausgeschlossen zu werden.“ Ein Jahr nach dem Hamburger G20-Gipfel mehren sich die Indizien dafür, dass Korpsgeist die Aufklärung mutmaßlicher Straftaten während des Gipfels behindert. (…) Mehr als 680 Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Randalierer hat die Staatsanwaltschaft inzwischen eingeleitet. Die Bilanz: 160 Anklagen, 59 Strafbefehle, 58 Verurteilungen. Gegen Polizisten wurden 138 Verfahren eröffnet, überwiegend wegen Körperverletzung im Amt. Die Bilanz: 67 Einstellungen mangels Tatverdacht. Null Anklagen, null Strafbefehle, null Urteile. In keinem Fall meldete ein Polizist im Einsatz einen Kollegen. „Wir wissen, dass Polizisten sich gegenseitig nicht oft anzeigen“, sagt Forscher Behr. „Vor allem nicht, wenn es um eine Situation geht, in der man als Gemeinschaft angegriffen wird. Da wird alles gerechtfertigt.“…“ Artikel von Ansgar Siemens vom 07.07.2018 beim Spiegel online
- Ein Jahr nach G20 – Festival der grenzenlosen Solidarität am 5. + 6. Juli in Hamburg
„Ein Jahr nach dem G20-Gipfel in Hamburg wird das nächste Stelldichein von Kriegstreibern, autoritären Führern und kalten Neoliberalen im November 2018 in Argentinien stattfinden. Die Oberhäupter der mächtigsten und reichsten Staaten werden sich wie seit 1999 erneut das Recht herausnehmen, Entscheidungen für die ganze Welt zu treffen. Und schon jetzt ist sicher, dass die Ergebnisse des millionenteuren Gipfelspektakels in Buenos Aires ebenso mager sein werden wie in Hamburg. Nichts wird vereinbart werden, das irgendwie dabei helfen würde, die weltweiten Ungerechtigkeiten zu überwinden, die Klimakrise zu bewältigen oder die mörderischen Kriege zu beenden. Kein Wunder, ist es doch der von den G20 repräsentierte globale Kapitalismus selbst, der für diesen Zustand unserer Welt verantwortlich ist. (…) Die G20-Proteste sind nicht Ursache, sondern nur ein weiterer willkommener Anlass, um immer mehr Bewaffnung der Polizei, immer schärfere Gesetze und immer mehr Überwachung durchzusetzen. Bayern hat gerade trotz massenhafter Proteste sein Polizeigesetz verschärft, Sachsen, NRW und Niedersachsen wollen folgen. Die G20-Proteste haben aber nicht nur einschüchternde und traumatisierende Erlebnisse der Repression gebracht, sondern wir haben auch viel Positives und Bestärkendes miteinander erlebt. An vielen Orten unserer Stadt wurde die oft beschworene Solidarität praktisch (…) Ein Jahr nach G20 stehen wir gemeinsam gegen die Repression. Wir fordern die Einstellung aller Verfahren gegen Gipfelgegner_innen und die sofortige Freilassung aller, die immer noch sitzen. Wir fordern stattdessen Konsequenzen für die politisch Verantwortlichen im rot-grünen Senat für die polizeiliche Eskalationsstrategie – am dringendsten die sofortige Entlassung des damaligen Einsatzleiters und jüngst zum Schutzpolizeichef beförderten Hartmut Dudde sowie von Innensenator Andy Grote (SPD). Und wir stehen gemeinsam gegen alle Verschärfungen des Polizeirechts, den Ausbau des Überwachungsstaats und die weitere Aushöhlung demokratischer Grundrechte…“ Der Aufruf und das Programm – Festival der Solidarität
- Die Blaupause für den Polizeistaat – „Ohnmacht, Angst, Wut“: Der Hafengeburtstag in der Gesellschaft der Hilfspolizisten – eine Bilanz des G20
„Pünktlich zum ersten Geburtstag dieses „Hafengeburtstags“ (Olaf Scholz, damals noch Erster Bürgermeister von Hamburg), hat die Polizei vor wenigen Tagen in Frankfurt und Offenbach vier Personen verhaftet. Pünktlich hat jetzt auch das „Komitee 17“ eine sehr lesenswerte, insgesamt hervorragende Darstellung der Ereignisse aus Sicht des Protests veröffentlicht. Das „Komitee 17“ besteht nach eigenen Angaben „aus Zeugen, Aktivisten und Beobachtern, die sich für die Nachbesprechung des G20-Gipfels in Hamburg gesammelt haben, Frauen und Männer mit dem Bedürfnis, dieses Großereignis, seine Voraussetzungen und seine Konsequenzen in Worte zu fassen.“ Was dabei herauskommt, ist nicht unbedingt überraschend, aber spannend und vor allem für all jene lesenswert, die die „Gewalt“ von Protestseite ganz schrecklich finden und sich vor allem dafür sorgen, dass sie Anliegen des Protests verdrängen würde. Dass das Gegenteil der Fall ist, dass ohne die „Gewalt“ sich heute niemand mehr erinnern würde, dass es überhaupt einen Protest gab, zeigt dieses Buch…“ Rezension von Rüdiger Suchsland vom 2. Juli 2018 bei Telepolis , die Rezension bezieht sich auf die Nautilus Flugschrift „G20. Verkehrsprobleme in einer Geisterstadt“ vom Komitee 17 Juni 2018, 98 Seiten, Preis: 10 Euro
- Presseerklärung der RH Frankfurt zu den Razzien am 27. Juni 2018
„Am Morgen des 27. Juni wurden in Frankfurt und Offenbach mehrere Wohnungen durchsucht und vier Personen festgenommen. Sie sollen sich an gewalttätigen Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 beteiligt haben. Die vier Personen wurden noch am Morgen nach Hamburg gefahren und dem Haftrichter vorgeführt. Einer der Betroffenen ist 17 Jahre alt. An der Durchsuchung in Frankfurt war auch der Leiter der SOKO Schwarzer Block, Jan Hieber, beteiligt. Jona Fritz von der Roten Hilfe Frankfurt kritisiert das Vorgehen der Polizei: „Mit solchen PR-Veranstaltungen wie heute in Frankfurt und Offenbach will die Polizei die Schlagzeilen bestimmen und die Deutungshoheit zurückerhalten. Durch reißerisch inszenierte Razzien und Pressemeldungen soll von den massiven Grundrechtsverletzungen, der Polizeigewalt, der Behinderung von Journalist*innen und den eigenen Fehlern abgelenkt werden. Viele ihrer Maßnahmen während des G20-Gipfels wurden zwischenzeitlich von Gerichten als rechtswidrig erkannt.“ In ihrem Eifer gehe der Polizei dabei jedes Maß verloren, so Fritz. „Jetzt sollen zwei zum Tatzeitpunkt 16- und 17-jährige der Öffentlichkeit als Schuldige an den Ereignissen in der Elbchaussee präsentiert werden. Das erinnert fatal an den Fall eines 17-jährigen Italieners, dem die Justiz auch in einem mehrmonatigen Prozess trotz medialer Vorverurteilung keine Beteiligung an gewalttätigen Aktionen nachweisen konnte.“ – aus der Presseerklärung „Jedes Maß verloren“ der RH Frankfurt vom 27. Juni 2018 über die Einschüchterungs- und Propagandashow der polizeistaatlichen Avantgarde Truppe Soko Schwarzer Block mit den Hausdurchsuchungen in Frankfurt und Offenbach (und anderswo) am Mittwoch, 27. Juni 2018.
Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag zu den Razzien in Hessen und anderswo – Demonstrationsgruppen sollen zu kriminellen Vereinigungen gestempelt werden- „Der Feind steht links“ von Peter Schaber am 28. Juni 2018 in der jungen welt hebt zu den willkürlichen Razzien hervor: „Die so berühmt-berüchtigte wie bislang chronisch erfolglose »Soko Schwarzer Block« schlug am Mittwoch erneut in mehreren Bundesländern zu. Wie einer Pressemitteilung der eigens zur Verfolgung von G-20-Gegnern gebildeten Sonderkommission der Hamburger Polizei zu entnehmen war, habe man in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg »insgesamt 13 Objekte durchsucht und sechs Haftbefehle vollstreckt«. Im Fokus der Ermittlungen stehen vier Jugendliche und junge Männer aus Frankfurt und Offenbach, die während der Gegenveranstaltungen zum G-20-Gipfel Anfang Juli 2017 in Hamburg schwere Straftaten begangen haben sollen. Am frühen Morgen drangen Beamte in die Wohnung der Beschuldigten ein, berichtet ein Angehöriger eines Festgenommen gegenüber junge Welt. »Sie haben Kleidung mitgenommen. Und alle elektronischen Geräte: USB-Sticks, Festplatten, Laptops«, so Hüseyin D. Die Familie seines Cousins habe sich gerade auf dem Weg in die Türkei befunden, musste den Urlaub abbrechen. »Natürlich sind sie sehr besorgt. Ich habe auch mit Angehörigen der anderen Beschuldigten geredet. Sie sind eingeschüchtert, auch schockiert, mit welchem Aufwand der Staat gegen diese Kids vorgeht. Ich meine, die sind alle zwischen 18 und Anfang 20«, berichtet D. Die »Soko Schwarzer Block« dagegen jubelt. Die Verhaftung der vier jungen Männer sei »herausragend«, heißt es in der Pressemitteilung. Tatsächlich hängt die Hamburger Polizei den Fall hoch. In einem der Haftbefehle, der dieser Zeitung vorliegt, ist nicht nur – wie bislang in Verfahren zu den G-20-Protesten – die Rede von »Landfriedensbruch«, sondern auch von der »Bildung einer kriminellen Vereinigung«…“
- „Dem Staat ist zu misstrauen ist ein Kommentar von Lena Kaiser 22. Juni 2018 bei taz online worin es zum Rechts-Staat heißt: „… Wenn die Polizei eine öffentliche Versammlung infiltriert, ohne sich an klare Regeln zu halten, wird sie zum Borderliner des Rechtsstaates. Geschehen ist das am Vorabend des G20-Gipfels in Hamburg. Gegenstand vielfältiger Missachtung an diesem Tag: das Versammlungsrecht. Untermauert wird diese Lesart nun von einer Expertise der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, in Auftrag gegeben vom Linken-Abgeordneten Andrej Hunko. (…) Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages machen in ihrer Ausarbeitung nun deutlich: Die Beamten hätten bei dieser Angelegenheit, die den Anlass für die Demo-Auflösung lieferte, nicht die Finger im Spiel haben dürfen. Und sie hätten den Demo-Leiter und Flora-Aktivisten Andreas Blechschmidt informieren müssen. Dass das nicht geschah, sei ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht. Was ,lernt’uns das? Haben wir uns schon daran gewöhnt, dass noch nicht mal die Staatsgewalt die Gesetze ernst nimmt – aus ermittlungstaktischen Erwägungen, versteht sich? (…) Die Lektion ist also: Misstraue dem Staat. Dass er sich an Recht und Gesetz hält, ist leider nur ein frommer Wunsch“.
- Landgericht Hamburg: Erste Entscheidungen über nachträgliche Beschwerden gegen G20-Ingewahrsamnahmen
„In einer Reihe von Beschwerdeverfahren hat das Landgericht Hamburg über polizeiliche Ingewahrsamnahmen während des G20-Gipfels entschieden und die damit verbundenen Maßnahmen teils für rechtmäßig und teils für rechtswidrig erklärt. Die Beschwerdeführer waren nach ihrer Festnahme zunächst in der Gefangenensammelstelle der Polizei und dann aufgrund richterlicher Entscheidung in Justizvollzugsanstalten bis zum Ende des Gipfelwochenendes festgehalten worden. In den bislang entschiedenen Fällen waren die Ingewahrsamnahmen nach Ansicht des Landgerichts zwar erforderlich, um die unmittelbar bevorstehende Begehung von Straftaten durch die Betroffenen zu verhindern. Allerdings war es in diesen Fällen zu erheblichen Verzögerungen zwischen der Festnahme der Betroffenen und deren Vorführung zur richterlichen Anhörung gekommen. Darin sieht das Landgericht einen Verstoß gegen das Gebot, unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Freiheitsentziehung herbeizuführen und erklärte die Ingewahrsamnahmen in der Zeit zwischen den Festnahmen der Betroffenen und der jeweiligen richterlichen Entscheidung für rechtswidrig. Etwas anderes gilt nach Auffassung der zuständigen Zivilkammer für die Fortdauer der Freiheitsentziehung nach dem jeweiligen amtsgerichtlichen Beschluss. Soweit diese Entscheidungen bis zum Ende des Tages nach der jeweiligen Festnahme vorlagen, war der weitere Vollzug der Ingewahrsamnahmen rechtmäßig…“ Pressemitteilung vom 18. Juni 2018
- [Film] Hamburger Gitter – G20 HH als Schaufenster moderner Polizeiarbeit
Der Film Hamburger Gitter zieht ein Jahr nach G20 Bilanz und stellt Polizei und Justiz in den Mittelpunkt. Ein Jahr geprägt durch öffentlichen Druck, Fahndungen und Ausnahmezustand… Siehe die Homepage zum Film samt Trailer
- G20-Polizeigewalt nicht zu ermitteln: „Kein gezielter Wurf“
„… Ein Großteil der Fälle von mutmaßlich strafbarer Polizeigewalt beim G20-Gipfel bleibt voraussichtlich unaufgeklärt. 52, fast die Hälfte der 124 Verfahren wegen Körperverletzung im Amt, sind bereits eingestellt. Aus einer Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft gehen nun erstmals die Gründe dafür vor: In 20 Fällen sei die Tat nicht nachweisbar gewesen. Elfmal sei es unmöglich gewesen, mutmaßliche Täter*innen zu ermitteln, in lediglich drei Situationen sei ein Gewalteinsatz gerechtfertigt gewesen. Bei weiteren Fällen fehlten Anhaltspunkte für Straftaten, Strafanträge oder weitere Dinge. Lediglich in sechs der eingestellten Fälle wurden Zeugen vernommen, viermal mussten beschuldigte Polizist*innen aussagen. Zudem sei in den insgesamt 155 Ermittlungsverfahren die Identität von 69 Geschädigten nicht bekannt. (…) 15 Ermittler*innen sind seitdem bei den Internen Ermittlungen mit der Aufarbeitung mutmaßlicher Polizei-Straftaten befasst – zur Verfügung stand ihnen dabei genau so viel Videomaterial, rund 100 Terabyte, wie der Soko „Schwarzer Block“, die allerdings mit 144 Polizist*innen mutmaßliche G20-Straftäter*innen jagen – teilweise sogar mit internationalen Öffentlichkeitsfahndungen unter großflächiger Unterstützung von Boulevardmedien. 714 Strafverfahren allein rund um die autonomen „Welcome-To-Hell“-Demo stellte Soko-Chef Jan Hieber dem G20-Sonderausschuss kürzlich in Aussicht. Die Zwischenbilanz der internen Ermittler*innen fällt im Vergleich dazu eher mager aus, obwohl der Polizeieinsatz bei dieser autonomen Demo besonders umstritten war. Ein Verfahren gegen einen Polizisten etwa, der bei „Welcome To Hell“ einen Feuerlöscher in Richtung von Demonstrant*innen geworfen haben soll, ist bereits eingestellt. Begründung: Es sei „kein gezielter Wurf in Richtung der Demonstranten nachweisbar“, zudem niemand geschädigt worden. Schneider regt der Fall auf: „Gegen Protestierende wird jeder Flaschenwurf angeklagt – da wird nicht der gleiche Maßstab angelegt.“ Artikel von Gareth Joswig vom 6. Juni 2018 in der taz online
- G20-Gipfel: Ingewahrsamnahme rechtswidrig [wegen italienischer Sprache und szenetypischer Kleidung]
„Die Ingewahrsamnahme eines Italieners während des G20-Gipfels im Juli des vergangenen Jahres war nach Überzeugung des Hamburger Verwaltungsgerichts rechtswidrig. Das hat die Kammer am Dienstag in einem Urteil festgestellt, wie NDR 90,3 berichtete. Geklagt hatten acht Italiener, eine Entscheidung wurde aber zunächst nur in einem Verfahren getroffen. In den Fällen der sieben anderen Kläger soll das Urteil schriftlich ergehen, wie das Gericht mitteilte. Die acht Kläger waren am Rande einer Demonstration gegen den G20-Gipfel von der Polizei kontrolliert und eine Nacht in der Gefangenensammelstelle festgehalten worden. Sie waren zum Teil erst am Nachmittag des Folgetages und ohne richterliche Entscheidung wieder auf freien Fuß gekommen. (…) Dem Kläger sei schwerwiegendes Unrecht geschehen, erklärte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Der 31-Jährige war zusammen mit Landsleuten – darunter auch eine EU-Abgeordnete – von der Polizei am Holstenwall festgehalten worden. Der Grund: Die Gruppe habe szenetypische Kleidung getragen und italienisch gesprochen, wie ein Polizist als Zeuge sagte…“ Meldung vom 05.06.2018 beim NDR
- Jagd auf G20-Krawallanten: Seltsame Einblicke ins Schaufenster der Polizeiarbeit
„… Die Polizei war mit dem Schutz der Staatsgäste derart überfordert, dass ein Stosstrupp vermummter Systemgegner in einem Nobelviertel wüten konnte. Weil von den Krawallanten jede Spur fehlt, versucht es die Polizei nun mit der Methode Brechstange. Auf Gesuch der verzweifelten Hamburger Kollegen verhafteten Schweizer Polizisten einen jungen Schweizer und durchsuchen öffentlichkeitswirksam das Kulturzentrum Bremgarten. Der Mann und das Kulturzentrum stehen am Pranger. Später zeigte sich: Offenbar liegt gegen den Mann einzig vor, dass er sich in der Nähe des Krawalls umgezogen habe. Nach einer Befragung wurde er freigelassen. Das sind seltsame Einblicke ins Schaufenster der Polizeiarbeit. Während mutmassliche Aargauer Krawallmacher gnadenlos gejagt werden, sind unsere Nachbarn mit den politischen Verantwortlichen weitaus nachsichtiger…“ Kommentar von Pascal Ritter vom 2.6.2018 in der Aargauer Zeitung online
- Tiefe Gräben in Hamburg. Anwohner übten bei einer öffentlichen Sitzung des G20-Sonderausschusses scharfe Kritik an Polizei und Senat
„… »Es war eine absurd schlechte Idee, so ein Ereignis hier stattfinden zu lassen«, stellte Henning Brauer vom Stadtteilbeirat Sternschanze in einem umjubelten Wortbeitrag gleich zu Beginn fest. Der Senat habe alle Warnungen der Anwohner ignoriert und wolle nun keine Verantwortung übernehmen. »Falls Grote und Dudde Anstand besessen hätten, dann wären sie zurückgetreten«, so der Anwohner. Zahlreiche Wortmeldungen zeigten an diesem Abend ebenso ihr Unverständnis, dass der SPD-Innensenator Andy Grote und der mittlerweile zum Chef der Schutzpolizei beförderte G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde noch in Amt und Würden sind. »Keine Strafvorwürfe gegen einzelne Personen« und Zurückhaltung mit den »Emotionen« forderte der Vorsitzende Pein. Er wurde ausgebuht. (…) In einem Teil der folgenden Beiträge empörten sich Anwohner darüber, dass sie von der Polizei während der Krawalle im Stich gelassen wurden. »Wir waren es, die immer wieder Barrikaden gelöscht und weggeräumt haben«, sagte Brauer vom Stadtteilbeirat. Gemeinsam mit anderen Anwohnern habe man sich gegen den Mob verteidigen müssen, während die Polizei danebenstand. Das später einrückende SEK sei eine Bedrohung statt Hilfe gewesen…“ Artikel von Sebastian Bähr vom 02.06.2018 beim ND online
- Sollen sie doch Kuchen essen. Zum G20 Sonderausschuss im Schanzenviertel und der Aktualität einer Kultur des Sich-Wehrens
„Am Dienstag den 29.05. fanden unmittelbar vor einer Anhörung des G20 Sonderausschusses in mehreren europäischen Ländern zeitgleich Durchsuchungen und 7 Festnahmen von linken Aktivist*innen statt. Nach Aussage der Polizei fanden die Durchsuchungen auf Grundlage der Öffentlichkeitsfahndung, der Auswertung von Videomaterial und DNA-Proben statt. Polizeipräsident Meyer äußerte zur Motivation der Durchsuchungen, ob und wieviele Festnahmen es würden, darauf käme es nicht an: Die Aktion wenige Tage vor dem Sonderausschuss im Schanzenviertel solle vor allem zeigen, dass der Arm der Hamburger Justiz von Deutschland aus durch ganz Europa reiche. Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien. Stadtteilaktivist*innen und autonome Gruppen rufen inzwischen dazu auf, am Donnerstag den 31. Mai ab 16:30 zum Ort des Sonderausschusses, dem ehemaligen Ausweichcamp an der Johanniskirche zu kommen und dort auch selbstorganisiert Solidarität mit den Betroffenen der aktuellen Durchsuchungen und Festnahmen in Europa im Zusammenhang mit dem G20 zu demonstrieren. Die Wiese muss wieder zum Zeltplatz werden! Im Folgenden ein Artikel zu den Hintergründen…“ Beitrag von Anwohner*innen und Aktivist*innen aus dem Schanzenviertel vom 30.05.2018 bei indymedia , darin: „… Gegen einen Sicherheitsapparat, der sich militarisiert und sich selbst eine Hegemonie der Unangreifbarkeit und Unantastbarkeit verleiht, ist in der Perspektive breites gesellschaftliches Aufbegehren notwendig. Die Demonstration von 40 000 Menschen in München gegen das neue Polizeigesetz in Bayern war dabei ein richtiges Signal des Protestes. Es braucht massenhafte Verweigerung und Widerstand gegen Polizeigewalt und Gesetzesverschärfungen, Solidarität mit Betroffenen von staatlicher Repression und neue Formen des Protestes ebenso wie die Verteidigung von Großdemonstrationen als Orte unseres Zusammenkommens und selbstbestimmten Protestes.“
- G20-Prozess in Göttingen: Geldstrafe für vermeintliche Polizistenbeleidigung. Verfahren gegen Göttingerin wegen Beleididigung eines Polizisten eingestellt / Ihr Sohn war zuvor von Beamten zusammengeschlagen worden
“ »Nicht sanktionslos, aber auch nicht strafwürdig«: So fasste der Göttinger Amtsrichter Julian Oelschlägel am Donnerstag seinen Urteilsspruch gegen eine G20-Gegnerin aus der Universitätsstadt zusammen. Das Verfahren gegen sie wegen Beleidigung eines Polizisten wurde gegen eine Erklärung der Beschuldigten sowie eine Geldauflage eingestellt – die 61-jährige Annette R. muss 200 Euro an den Arbeitskreis Asyl in Göttingen zahlen. Sie soll zu dem Beamten »Sie sind das Allerletzte!« gesagt haben. Der Prozess fand statt, weil die Frau zuvor Widerspruch gegen einen Strafbefehl in Höhe von 400 Euro eingelegt hatte. (…) Bereits früh ließ Richter Oelschläger durchblicken, dass eine Verurteilung für ihn kaum in Betracht komme, eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen aber auch nicht. Der die Anklage vertretende Rechtsrefrendar bestand nach telefonischer Rücksprache mit seiner Behörde zunächst auf einer formellen Entschuldigung der Angeklagten, was sie und ihr Anwalt aber ablehnten…“ Artikel von Reimar Paul vom 31.05.2018 beim ND online
- Razzien nach dem G20-Gipfel: Einseitiger Ermittlungseifer
„Über hundert PolizistInnen waren im Einsatz, als am frühen Dienstagmorgen im aargauischen Bremgarten eine Wohnung und das dortige autonome Kulturzentrum durchsucht wurden. Mehrere Computer sollen dabei beschlagnahmt worden sein. Die Aargauer Staatsanwaltschaft war damit einem Ersuchen der Hamburger «Sonderkommission Schwarzer Block» nachgekommen: Diese ermittelt gegen einen jungen Mann, der sich im letzten Juli angeblich an G20-Krawallen beteiligt haben und sich dabei des «schweren Landfriedensbruchs» und der «schweren Brandstiftung» schuldig gemacht haben soll. Nach der Einvernahme durch die Aargauer Staatsanwaltschaft und zwei Hamburger Polizeibeamte wurde er wieder freigelassen. (…) Wer während der Gipfeltage im zur Festung ausgebauten Hamburg den über 30 000 eingesetzten PolizeibeamtInnen gegenüberstand, stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Ermittlungen in den eigenen Reihen mit demselben Eifer vorangetrieben werden. Kaum eine Demonstrantin, kaum ein Aktivist wurde nicht Ziel oder ZeugIn polizeilicher Schikanen, die zuweilen weit über rüdes Schubsen und verbale Beleidigungen hinausgingen. Gemäss Angaben des Hamburger Parlaments von Anfang März wurden seit dem Gipfel denn auch 138 Verfahren gegen BeamtInnen eröffnet; zumeist wegen Körperverletzung, aber auch wegen Freiheitsberaubung, Nötigung, sexueller Belästigung oder Diebstahl. Zu Anklagen kam es bisher jedoch nicht. 33 Verfahren wurden bereits eingestellt – meistens weil «Täterschaft, Tat oder Tatumstände nicht nachweisbar» seien. Der damalige Hamburger SPD-Bürgermeister und heutige Vizebundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits unmittelbar nach dem Gipfel verlauten lassen: «Polizeigewalt hat es nicht gegeben.» Leider fehlen bisher Anhaltspunkte dafür, dass diese Behauptung mit derselben Gewissenhaftigkeit überprüft wird wie die Akten von Tausenden linken AktivistInnen in ganz Europa.“ Beitrag von Raphael Albisser bei der WOZ Nr. 22/2018 vom 31. Mai 2018
- Nach G20-Krawallen: Razzien in vier europäischen Ländern
„Die Polizei hat am Morgen nach Informationen des NDR Wohnungen in vier europäischen Ländern durchsucht. Hintergrund sind die Krawalle auf der Hamburger Elbchaussee beim G20-Gipfel im vergangenen Juli. Bei ihrer Suche nach Verdächtigen im Zusammenhang mit den schweren G20-Ausschreitungen in Hamburg hat die Polizei nach Informationen des NDR in vier europäischen Ländern Wohnungen und linke Szenetreffs durchsucht. Mit der Maßnahme erhofft sich die Polizei vor allem neue Erkenntnisse zu den Krawallen an der Elbchaussee. Dort hatte am frühen Morgen des 7. Juli 2017 eine Gruppe von ca. 220 vermummten Personen schwere Zerstörungen angerichtet. Grundlage für die Durchsuchungen ist laut Soko-Leiter Jan Hieber die Auswertung von Videomaterial, das mehrere Verdächtige mit den Ausschreitungen der Elbchaussee in Verbindung bringt. Zudem ist es den Ermittlern nach eigener Aussage gelungen, durch Auswertung von DNA-Spuren Tatverdächtigen ihre Beteiligung an den Krawallen nachzuweisen. (…) Unterstützt wurden die Zugriffe von der europäischen Behörde Eurojust in Den Haag. Im Laufe des Tages will die Hamburger Polizei weitere Fotos von Tatverdächtigen der Elbchaussee-Ausschreitungen präsentieren.“ Beitrag vom 29. Mai 2018 bei tagesschau.de
- [Protestbrief] Ihre rechtlich fragwürdige G20-Öffentlichkeitsfahndung
„Sehr geehrter für diese Aktion Verantwortlicher, auch wenn ich nicht – oder vielleicht treffender – gerade weil ich beim G20-Gipfel nicht in Hamburg war, fühle auch ich mich durch Ihre Foto-Aktion ganz persönlich angegriffen. Wird es hier im Land zur polizeistaatlichen Übung, dass man bei unerwünschter Demo-Teilnahme mit Polizeifotos öffentlich ohne Nachweis als Straftäter gebrandmarkt wird? Richtig. Es handelt sich um ein Ermittlungsverfahren, d.h. ob es sich bei den Personen auf Fotos überhaupt um einen Straftäter handelt, muss gerichtlich erst noch geklärt werden. Aber auf welcher Rechtsgrundlage werden hier Menschen in Öffentlichkeit bereits als Straftäter vorverurteilt? So habe ich mir die 22 Fotos unter der Überschrift: „Straftaten im Bereich der Straße Rondenbarg am Morgen des 7. Juli 2017“ angeschaut (https://www.polizei.hamburg/g20-fahndungen/9921558/02-rondenbarg-a/ ). Und ich bin entsetzt! Obwohl von Straftaten die Rede ist, ist auf keines der Fotos überhaupt der Ansatz einer Straftat zu sehen. Die Abgebildeten vermitteln nicht einmal den Eindruck, dass sie überhaupt demonstriert haben. Aus einige Fotos kann man evtl. herauslesen, dass manche der Abgebildeten schnell gelaufen sind. Aber das war es dann schon und es beweist, dass die Überschrift falsch und reine Unterstellung ist: Die Fotos enthalten keine „Straftaten im Bereich der Straße Rondenbarg“. Nicht einmal jemanden mit Vermummung ist zu sehen, obwohl solche Angriffe auf das Persönlichkeitsrecht der Demonstranten durch Polizeifoto sogar eher eine Vermummung mittlerweile naheliegt. Offensichtlich missbraucht die Polizei das Vermummungsgebot für Angriffe auf friedliche (Beweis: Fotos) Demonstranten. Dass überhaupt hier entsprechend StPO ermittelt wird, diesen Beweis bleibt die Polizei nicht nur schuldig, sondern sie beweist mit den Rondenbarg-Fotos sogar das Gegenteil: Nur friedliche Menschen, die (vermutlich) am Morgen des 7. Juli 2017 in der Straße Rondenbarg demonstriert haben (nicht mal das beweisen die Fotos). Mir ist durchaus bekannt, dass da teilweise versucht wird, jeden, der an der Demonstration am Rondenbarg teilnahm, auch dann als Gewalttäter verurteilt werden soll, selbst wenn er überhaupt gar keine Gewalt ausgeübt hat (anders wie der Polizist übrigens, der auf einem Video einen bereits auf dem Pflaster liegenden Demonstranten tritt). Diese fragwürdige Strategie gegen unerwünschte Demonstranten findet für mich mit Ihrer Fotokampagne jedoch einen Höhepunkt: Obwohl zu dieser versuchten Erweiterung des Gewaltbegriffs auf Pazifisten noch gar kein endgültiges Urteil existiert, machen Sie daraus bereits einen Angriff auf das Versammlungsrecht durch öffentliche Vorverurteilung, in dem Sie nicht verurteilte Menschenr zu Straftätern machen. Ich hoffe allerdings, dass dies auch rechtlich nicht einfach hingenommen werden wird. Jemanden öffentlich Straftaten zu unterstellen, die dann gar nicht bewiesen werden können, wäre üble Nachrede. Rechtswidrig ist für mich bereits die Einschüchterung der Öffentlichkeit, durch Fotos ohne Straftat (hier sogar ganz friedlicher Menschen). Das Bundesverfassungsgericht hat Ihre Methode der Einschüchterung bezüglich Wahrnehmung des Grundrecht aus Art. 8 GG, bereits als verfassungswidrig bezeichnet. Beenden Sie deshalb diese verfassungswidrige Foto-Aktion. In diesem Sinne MfG, Armin Kammrad“ (17.5.2018)
- Verdeckter Polizeieinsatz bei G20: Undercover im Schwarzen Block
„Ein Polizist soll sich unter die „Welcome to Hell“-Demo gemischt haben – vermummt. Doch Vermummung war der Grund, die Demo aufzulösen. Stimmt es, ist es ein Skandal: Sächsische Zivilpolizist*innen sollen undercover bei der G20-“Welcome to Hell“-Demonstration gewesen sein – vermummt im schwarzen Block. Die autonome Großdemonstration am Vorabend des G20-Gipfels in Hamburg war von der Polizei am Losgehen gehindert und auseinander geschlagen worden, weil Teilnehmer*innen der Demo vermummt gewesen waren. Die Aussage, unter den vermummten Demonstrant*innen seien sächsische Polizist*innen gewesen, kommt von einem beteiligten Beamten selbst: In einem Gerichtsprozess gegen einen G20-Gegner sagte er am Dienstag als Zeuge aus. Der Anwalt des Angeklagten, Lino Peters, schilderte der taz, er habe den Zeugen gefragt, wo dieser bei der „Welcome to Hell“-Demo eingesetzt gewesen sei. „Als ziviler Tatbeobachter, in der Demo-Gruppe drin, im Bereich der vermummten Personen“, habe der Polizist geantwortet. „Und was hatten Sie an?“, habe Peters gefragt. „Ein Tuch, das ich bis unter die Nase hochgezogen hatte, und ansonsten dunkle Kleidung“, habe die Antwort gelautet. Der Polizist habe außerdem erklärt, dass er und drei weitere Kollegen sich extra umgezogen hatten – von bürgerlicher Kleidung zum Black-Block-Dress wechselten – ehe sie sich vermummt in den schwarzen Block einreihten. Genau diesen schnellen Kleidungswechsel hatten Polizei, Innenbehörde und Staatsanwaltschaft im Nachgang des G20-Gipfels bei den Demonstrant*innen kritisiert…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 18.5.2018 in der taz online
- Selbst die spanische Guardia Civil als Partner: Das BKA fahndet europaweit nach DemonstrantInnen
„Laut den Antworten des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hat das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) bereits am 13. April eine Fahndungsliste mit 24 Verdächtigen an zahlreiche europäische Staaten übersandt. Das berichten die Zeitungen die Funke Mediengruppe. Die Fahndungsliste soll an 15 europäische Sicherheitsbehörden geschickt worden sein, darunter etwa die „Guardia Civil Counter Terrorism Unit“ in Spanien, die „State Security Division“ in Griechenland, sowie das „SO15 Counter Terrorism Command“ in Großbritannien. Außerdem sollen weitere Sicherheitsbehörden in Frankreich, Polen, Ungarn, Tschechien, den Niederlanden, Belgien, Österreich, Schweden, Dänemark, Finnland, Italien und der Schweiz einbezogen worden sein. Bei den Fahndungen soll es sich um Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs, Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung handeln. Nachdem es zunächst eine massiv umstrittene Öffentlichkeitsfahndung von mehr als 100 Personen in Deutschland gegeben habe, werde diese nun auf Europa ausgeweitet. Unter den mit Bildern gesuchten Verdächtigen sollen sich auch zahlreiche Minderjährige befinden“ – aus dem Bericht „Europaweite G20-Fahndung“ am 12. Mai 2018 bei Perspektive Online , worin auch noch darüber informiert wird, dass am Mittwoch, 16. Mai 2018 erste Ergebnisse der europaweiten Hetzjagd bekannt gegeben werden sollen. Zur europaweiten Fahndung gegen Demonstrations-TeilnehmerInnen ein weiterer aktueller Beitrag:- „G-20-Fahndungsfieber“ von Claudia Wangerin am 14. Mai 2018 in der jungen welt , worin unter anderem hervor gehoben wird: „Mehrere Dutzend Tatverdächtige hatte die Polizei im Juli in Untersuchungshaft genommen. Seither werten die Beamten ihre eigenen Videos von Demonstrationen und Menschenansammlungen aus, aber auch Bilder von Kameras in Bussen und Bahnhöfen. 5.000 bis 6.000 Personen sollen sich laut Polizei an Gewaltaktionen beteiligt haben – und sei es nur in Form von »psychologischer Unterstützung« als Teil einer größeren Gruppe, was beispielsweise Fabio V. rund fünf Monate Untersuchungshaft einbrachte. Der Prozess gegen den jungen Italiener platzte Anfang April und muss neu aufgerollt werden. Die zuständige Sonderkommission »Schwarzer Block« hat in den Monaten nach dem Gipfel insgesamt rund 3.000 Verfahren in die Wege geleitet. Bis heute sollen 145 Beamte in der Einheit arbeiten. 41 Personen wurden bisher im Zusammenhang mit den Ausschreitungen verurteilt“.
- Nach Hamburger G-20-Krawallen: Durchsuchungen in Berlins linksextremer Szene
„Weil die Polizei eine Öffentlichkeitsfahndung nach Gewalttätern des G-20-Gipfels vornahm, „fahndeten“ Vertreter der linken Szene auch nach Politikern und Polizisten. Nun der Gegenschlag – wegen Verleumdung. (…) ist die Berliner Polizei mit einem größeren Aufgebot gegen Mitglieder der linksextremistischen Szene vorgegangen. Es geht nach dem G-20-Gipfel um den Vorwurf der Verleumdung von Hamburger Politikern und Polizeiführern. Es gab fünf Durchsuchungen am Mittwochmorgen in Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Polizei beschlagnahmte Datenträger wie Computer oder Telefone sowie eine verbotene Waffe und illegale Böller…“ Agenturmeldung vom 10.5.2018 bei der Welt online
- Urteil zu U-Haft für Aktivisten: G20-Gegner bekommt Entschädigung
„Konstantin P. wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er sich bei seiner Festnahme wehrte. Der Staat muss ihn nun für die U-Haft entschädigen. Er ist der erste im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel Angeklagte, dem eine staatliche Entschädigung zugesprochen wurde: Der 21-jährige G20-Gegner Konstantin P. wurde am Dienstag zu einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt. Da er bereits vier Monate in Untersuchungshaft saß, sprach ihm die Richterin einen finanziellen Ausgleich von 2.600 Euro zu. Ob davon etwas übrig bleibt, nachdem P. einen Teil der Verfahrenskosten tragen muss, ist allerdings unklar. Die Anwält*innen kündigten zudem an, in Berufung zu gehen. P. war anfänglich vorgeworfen worden, am 8. Juli zwei Glasflaschen auf Polizist*innen geworfen zu haben. Nachdem die Hauptbelastungszeugen, vier Beamte einer hessischen Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE), ihn aber weder auf Videos identifizieren, noch den Tathergang schildern konnten, blieb nur der Vorwurf bestehen, P. habe Widerstand bei seiner Festnahme geleistet: Als die vier Polizisten den schmächtigen jungen Mann zu Boden gebracht hatten, habe er mit den Beinen gestrampelt…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 8.5.2018 bei der taz online
- Medien und die G20-Straftäterverfolgung: Der Journalist, dein Freund und Helfer
„Bei der Verfolgung mutmaßlicher G20-Straftäter leisten einige Hamburger Medien der Polizei gute Dienste und fungieren als willfährige Hilfssheriffs. Die Zeugin fühlte sich nicht wohl. Sie sei, so ließ die Polizeireporterin der Hamburger Morgenpost (MoPo), Anastasia I., ihren Arzt dem Amtsgericht in Hamburg-Altona mitteilen, derzeit „arbeitsunfähig“. Das hatte die seit Langem krankgeschriebene Journalistin allerdings schon vor Wochen der Richterin mitgeteilt, ihre Aussage aber trotzdem zugesagt. Erst nachdem ihre Vorgesetzten in der Redaktion durch einen taz-Artikel davon Wind bekommen hatten, dass die Reporterin und ihr Kollege Rüdiger G. sich als Zeugen im „G20-Prozess“ gegen Nico B. angedient hatten, zog die Journalistin es vor, sich hinter ihrer Krankschreibung zu verstecken. Das war am vergangenen Mittwoch. Dass die beiden KollegInnen sich ohne Absprache mit der Redaktionsspitze aus eigenem Antrieb bei der Staatsanwaltschaft als Belastungszeugen angeboten hatten, kam in der MoPo nicht gut an – verstößt es doch gegen alle journalistischen Grundsätze und Gepflogenheiten. Vor Gericht haben Journalisten ein umfangreiches Zeugnisverweigerungsrecht. Sie sollen über Prozesse berichten, nicht aktiv in sie eingreifen.(…) Kein Einzelfall: Seit dem G20-Gipfel im vergangenen Juli wurde in vielen Hamburger Redaktionen der Grundsatz, dass Journalisten Staatsanwaltschaft und Polizei kontrollieren, über Bord geworfen. Viele Medien signalisieren den Strafverfolgungsbehörden stattdessen: der Journalist, dein Freund und Helfer. Immer mehr Medienschaffende gefallen sich darin, bei der Enttarnung mutmaßlicher G20-„Krawallmacher“ mitzumischen…“ Beitrag von Marco Carini vom 3. Mai 2018 bei der taz online
- [Er will die Geschichtsschreibung nicht der Polizei überlassen] Flora-Sprecher über G20-Demo: „Eine beachtliche Kaltschnäuzigkeit“
Rote-Flora-Aktivist Andreas Blechschmidt im Gespräch mit Lena Kaiser und Katharina Schipkowski bei taz online vom 17. April 2018 . Frage: „Was ist der Anlass, dass Sie sich ausgerechnet jetzt zu Wort zu melden?“. Andreas Blechschmidt: „Das, was die Hamburger Polizei und Innenbehörde in der letzten Sitzung des G20-Sonderausschuss zum Ablauf der „Welcome to Hell“-Demo gesagt hat. Es gibt aus meiner Sicht die Notwendigkeit, dieser polizeilichen Version, die ich für wahrheitswidrig halte, die Wahrnehmung der Versammlungsleitung des Abends entgegenzusetzen. (…) Die „Welcome to Hell“-Demonstration ist als eine organisierte und angemeldete Gefahr für Sicherheit und Ordnung stigmatisiert worden. (…) Wenn die Polizei behauptet, dass sie Hinweise gehabt hätte, dass es Depots an der Strecke gäbe, dann wäre es aus ihrer Sicht zwingend notwendig gewesen, die Route zu ändern – und zwar auch kurzfristig. Ebenso bei der Behauptung, auf der Reeperbahn hätte es angeblich Gewalt geben sollen. Das wäre fast schon eine Standardauflage gewesen. (…) Konkret hat die Einsatzführung der Polizei zuletzt im Sonderausschuss behauptet, es sei alternativlos gewesen, wegen Vermummung gegen die Demonstration vorzugehen – mit Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcken. Das stellt die Abläufe auf den Kopf. Entscheidend ist, dass die Versammlungsleitung angehalten ist, Vermummung zu unterbinden, dass die Polizei aber ebenso angehalten ist, dieses Unterbinden zu ermöglichen. (…) Es war nicht so, dass wir keinen Einfluss auf den vermummten Block hatten und das polizeiliche Vorgehen deshalb notwendig war. Die Polizei hat das gar nicht mehr zugelassen. Für die Aufarbeitung des polizeilichen Agierens ist das von entscheidender Bedeutung, denn die Polizei hat durch ihr Einschreiten völlig unnötig die Situation eskaliert…“
- Kurioses G20-Verfahren: Wacklige Anklage
„Der G20-Gegner Konstantin P. soll Flaschen geworfen und sich gegen seine Festnahme gewehrt haben. Doch dafür gibt es keine Belege. (…) Ein halbes Jahr nach Beginn des Verfahrens im vergangenen Oktober und nach mehr als ein Dutzend Prozesstagen ist von dem staatlich geschmiedeten Konstrukt wenig übrig, der Haftbefehl gegen P. ist nach vier Monaten Untersuchungshaft aufgehoben worden. Die Hauptanklagepunkte der Flaschenwürfe sind nach Äußerungen von Amtsrichterin Katrin Fischer vom Tisch. Zwar habe es diese Würfe nach der bisherigen Beweisaufnahme wohl gegeben, bei der Verhaftung von Konstantin P. habe aber wegen der Bekleidung eine Verwechselung vorgelegen, sodass er nicht der Flaschenwerfer gewesen sein könne. Seit mehreren Wochen geht es im Verfahren allein noch um die Frage, durfte oder konnte Konstantin P., daraus, dass er zu Unrecht von den Polizisten angegriffen wurde, das Recht ableiten, sich gegen seine Festnahme zu wehren. Und konnte er das überhaupt, als er am Boden von drei Polizisten fixiert worden war. (…) Überhaupt sorgte das Verfahren gegen Konstantin P. von Anfang an für rechtsstaatliche Kuriositäten. So stellte sich heraus, dass die hessischen BFE-Beamten zur Vorbereitung ihrer Aussage vor Gericht einen Ordner einsehen konnten, in dem alle Vernehmungsprotokolle der Kollegen, Zeugenaussagen, Vorladungen und Anweisungen im Zusammenhang mit dem G20-Einsatz gesammelt waren. Eine derartige Zeugenbeeinflussung widerspricht den Grundsätzen der Strafprozessordnung…“ Bericht von Kai von Appen vom 9. April 2018 bei der taz Hamburg online
- Unbedingter Verfolgungswille. G-20-Prozesse: Gericht will Verfahren gegen Fabio V. trotz fehlenden Tatvorwurfs fortführen. Ermittlungen gegen Polizisten laufen schleppend
„Spielt Hamburgs Justiz im Verfahren gegen den Italiener Fabio V. auf Zeit? Ende Februar war der am meisten beachtete G-20-Prozess vor dem Amtsgericht Altona unterbrochen worden, offiziell mit Verweis auf eine Erkrankung der schwangeren Richterin. In den Medien war spekuliert worden, der Prozess müsse neu aufgerollt werden. Das ist aber nach wie vor offen.Nach Informationen von junge Welt hat das Gericht Mitte März einen Beschluss gefasst, mit dem die Frist, in der die Hauptverhandlung fortgesetzt werden muss, »gehemmt« wird. Darin bezieht sich das Amtsgericht auf den Paragraphen 229 der Strafprozessordnung (StPO) , der die Höchstdauer der Unterbrechung einer Verhandlung regelt. Der Prozess gegen Fabio darf danach höchstens für einen Monat unterbrochen werden. Bei Krankheit des Angeklagten oder der Richterin kann diese Frist für die Dauer der Verhinderung »gehemmt« werden, längstens für sechs Wochen. Ist die Richterin also Anfang/Mitte Mai nicht wieder da, müsste das Verfahren neu begonnen werden. Ein Knackpunkt dürfte sein, ob eine Schwangerschaft im Sinne der StPO als Krankheit zu verstehen ist oder ob die Richterin tatsächlich erkrankt ist. Um diese Frage zu klären, hat Gabriele Heinecke, Anwältin von Fabio V., Akteneinsicht beantragt, wie sie jW am Dienstag mitteilte. Dass die Staatsanwaltschaft die Anklage »fallen lässt«, wie bereits spekuliert wurde, ist laut Heinecke in der StPO nicht vorgesehen. (…) Bisher wurde mehr als 40 Gipfelgegnern der Prozess gemacht. Sie erhielten zum Teil absurd hohe Strafen. So wurde der Niederländer Peike S. für zwei Flaschenwürfe auf Polizisten zu 31 Monaten Haft verurteilt. Vor dem Landgericht läuft derzeit sein Berufungsverfahren. Hamburgs Polizei führt nach Angaben des NDR vom 16. März derzeit mehr als 3.300 Ermittlungsverfahren, 1.420 davon wurden bereits an die Staatsanwalt weitergeleitet. Was die Übergriffe von Polizeibeamten gegen Gipfelgegner angeht, ist man nachsichtiger. 138 Ermittlungsverfahren sind gegen Polizisten geführt worden, die meisten wegen Körperverletzung. (…) ATTAC hat unterdessen beim Hamburger Verwaltungsgericht Klagen gegen die Verbote von drei Aktionen des globalisierungskritischen Netzwerks am 7. Juli 2017 eingereicht. Ziel sei es dabei auch, die Rechtswidrigkeit der 38 Quadratkilometer großen Versammlungsverbotszone während des Gipfels feststellen zu lassen, teilte die Organisation am Dienstag mit...“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 04.04.2018
- [23.3.2018 in Berlin] „Jagdszenen aus Hamburg – der G20-Gipfel und die Folgen“. Nun Nachbereitung, auch der (erneuten) Intervention der GdP über den DGB
- ver.di-Medien-Galerie zu G20-Nachlese bis auf den letzten Platz besetzt
„Fast 90 Interessierte waren am Freitag, den 23. März, in die ver.di-Medien-Galerie gekommen, um von der Hamburger Rechtsanwältin Gabrielle Heinicke zu erfahren, welche Erfahrungen sie während des G20-Gipfels mit polizeilicher Gewalt machen konnte, wie es um die Beweisaufnahme von Rechtsbrüchen seitens der Demonstrierenden aussieht und welche Ergebnisse zu Anzeigen der G20-Gegner/innen gegen willkürliche Gewalt durch staatliche Sicherheitsorgane vorliegen. Mit Unverständnis und Empörung reagierten die Anwesenden darauf, dass die urspürünglich im IGM-Haus geplante Veranstaltung nach einer Intervention des DGB abgesagt wurde. Bekanntlich hatte der ehemalige Hamburger Bürgermeister und heutige Finanzmisters der SPD, Olaf Scholz, nach Ende des G20-Gipfels öffentlich erklärt: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben“. Leider sieht die Realität anders aus. Dies jedenfalls lässt sich klar aus den beiden Dokumenten entnehmen, die wir hiermit ins Netz stellen: 1. Vortrag von Gabriele Heinicke in Berlin 2. Ergebnis der G20-Demonstrationsbeobachtungen durch das „Komitee für Grundrechte und Demokratie“...“ Bericht der Veranstaltung von und beim Arbeitskreis Internationalismus in der IG Metall Berlin (AKI) – der AKI vermeldete die Raumänderung vor der Veranstaltung mit der Begründung „Nach Protesten des DGB und v.a. aus der GdP (Gewerkschaft der Polizei) hat die Geschäftsführung der IG Metall Berlin uns augefordert, die Veranstaltung abzusagen“ und auch der RAV meldete am 23.3. per twitter: „Die Gewerkschaft der Polizei zeigt sich einmal mehr autoritär, demokratiefeindlich und kritikunfähig. Aufgrund massiven Drucks der GdP hat die IG Metall die Raumzusage für die NoG20-Veranstaltung der VDJ zurückgezogen.“ Uns liegt dazu ein – (noch) nicht verabschiedeter Resolutionsentwurf an den DGB Berlin vor: Die Versammlungsfreiheit von Gewerkschafter*innen und gesellschaftlich Arbeitenden darf nicht angetastet werden! - Und wir erinnern an das Dossier: DGB-München verbietet Antifa-Kongress in ihren Räumen nach radikal rechter Gegenkampagne – auch der Gewerkschaft der Polizei
- Veranstaltung des AKI – Arbeitskreis Internationalismus in der IG Metall Berlin und unser „Untermieter“ – mit Gabriele Heinecke, Rechtsanwältin in Hamburg. Sie vertritt Angeklagte in den Prozessen. und ist Mitglied im Bundesvorstand des Republikanischen Anwaltsvereins(RAV) Während des G20-Gipfels war sie Pressesprecherin des Anwaltlichen Notdienstes G20.
Achtung ! Neuer Ort und neue Anfangszeit !! Die Veranstaltung findet nicht wie angekündigt im IG Metall-Haus statt, sondern am Freitag den 23. März ab 19.00 Uhr in der Mediengalerie , Dudenstraße 10, 10965 Berlin-Kreuzberg (2 Minuten vom Platz der Luftbrücke (U 6) entfernt). Siehe die Ankündigung
- ver.di-Medien-Galerie zu G20-Nachlese bis auf den letzten Platz besetzt
- »Es könnte weitere Razzien geben«. Interview mit Kim König von der Roten Hilfe Hamburg zur Repression nach dem G20-Gipfel in Hamburg
„… Sicherlich wird es durch die Ermittlungen der Soko noch viele, allerdings wesentlich kleinere Strafverfahren geben. Es besteht nach wie vor ein sehr deutlicher Verfolgungs- und auch Verurteilungswille gegen vermeintliche G20-Gewalttäter_innen. Außerdem wäre eine Soko, die so im öffentlichen Interesse steht, kaum zu rechtfertigen, wenn sie keine Ergebnisse liefern kann. Nach eigenen Angaben führt sie derzeit über 3.000 Ermittlungsverfahren. Nicht alle Ermittlungen führen auch zu Prozessen, aber einige Hundert dürften es schon werden. Die Justiz in Hamburg geht davon aus, dass die Serie der G20-Prozesse nicht vor Ende 2019 abgeschlossen wird. Was jetzt langsam zu Ende geht, sind die Verfahren gegen die Leute, die seit G20 in der U-Haft saßen. Jetzt kommen die Prozesse gegen Aktivisten, die nach G20 wieder nach Hause gefahren sind. Es ist also noch längst nicht vorbei. Deshalb dürfen auch die Aufmerksamkeit und die Solidarität der linken Szene nicht nachlassen. (…) Hausdurchsuchungen im Rahmen laufender Ermittlungen wirken ja immer in zwei Richtungen. Zum einen geht es darum, Erkenntnisse im Sinne der Ermittlungen zu sammeln. Zum anderen geht es aber auch darum, einzuschüchtern und Leute aus der Reserve zu locken. Wobei das Sammeln von Beweismitteln aus unserer Sicht im Laufe der Zeit immer weiter zurücktritt…“ Interview von Gaston Kirsche vom 22.03.2018 beim ND online
- [17.03.2018 in Hamburg] United we stand! Gemeinsam gegen Repression und autoritäre Formierung!
„Im Sommer 2017 sind wir zu Tausenden international in Hamburg zusammengekommen und haben gegen den G20 Gipfel demonstriert. Nicht die offizielle Gipfelinszenierung, sondern die Proteste dagegen haben die Bilder bestimmt. Unsere Vielfältigkeit und Entschlossenheit haben es im Juli geschafft, die Propagandaveranstaltung nachhaltig zu behindern. Das ist auch gelungen, weil unterschiedlichste Gruppen und Zusammenhänge spektrenübergreifend ein gemeinsames Ziel verfolgt haben. Wir wollen rund um den „Tag der politischen Gefangenen“ ein solidarisches Zeichen gegen Repression setzen. Mit der Demonstration werden wir zeigen, dass das staatliche Kalkül von Kriminalisierung, Einschüchterung und Spaltung scheitern wird…“ Aufruf von United we stand! zur Antirepressionsdemo am 17.03.2018 um 14.00 Uhr, Gänsemarkt. Auf der Aktionsseite auch weitere Aufrufe und alle Infos zum Ablauf
- Übergriffe bei G20: Polizei geht von 127 Prügel-Opfern aus
„Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Polizisten im Zusammenhang mit G20 ist seit Dezember 2017 von 115 auf 138 gestiegen. Eine Anklage wurde jedoch noch nicht erhoben. Das geht aus einer Anfrage der Linken an den Senat hervor. Den meisten der betroffenen Beamten wird Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) bei der Polizei hat bislang Verfahren gegen 138 Kollegen aufgenommen. 107 Beamten wird Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Das DIE geht nach Sichtung der Hinweise aktuell von 127 mutmaßlichen Opfern von Polizeigewalt aus, von denen allerdings 57 noch nicht identifiziert wurden…“ Artikel von Stephanie Lamprecht vom 10.03.18 bei der Morgenpost online
- [Film] „Festival der Demokratie“: „Wenn man nicht hingegangen wäre, wäre das eine Bankrotterklärung gewesen“ Gespräch mit den Filmemachern Lars Kollros und Alexandra Zaitseva
„Der Journalist Lars Kollros und die Künstlerin Alexandra Zaitseva legen mit Festival der Demokratie einen Film vor, der die Ausschreitungen rund um den Hamburger G20 Gipfel im Jahr 2017 in teils dramatischen Aufnahmen bebildert und die juristischen und politischen Folgen mittels Interviews aufarbeitet…“ Interview von Frank Jödicke vom 06. März 2018 bei telepolis und Infos zum Film
- G20ApUA: Innenbehörde missachtet rechsstaatliche Grundrechte
„Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) kritisiert das Verhalten der Hamburger Innenbehörde. Diese hat dem vor Gericht stehenden Konstantin P. während seines laufenden Verfahrens eine Ausweisungsverfügung zugestellt – ohne das Urteil des Amtsgerichts abzuwarten. Die Behörde fordert Konstantin P. auf, Deutschland umgehend zu verlassen. Zudem soll es ihm für fünf Jahre verboten sein, nach Deutschland und erweitert auch in den Schengenraum einzureisen. Dieses Verhalten steht im Gegensatz zu den Prinzipien des Rechtsstaats. Der Prozess wird morgen, am 2. März um 9 Uhr fortgesetzt. (…) Ob P. freigesprochen oder für schuldig befunden wird, ist für die Behörde nicht relevant, schließlich lasse alleine sein Verhalten „auf eine gewaltorientierte politische Gesinnung schließen, bzw. auf eine Gesinnung, die auch die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele einschließt und die Ausübung von Gewalt befürwortet. Dies birgt auch für zukünftige politische Begebenheiten und Veranstaltungen ein fortdauerndes Gefahrenpotenzial, das jedenfalls nicht nach dem G20-Gipfel einfach entfallen sein wird, sondern auch im Hinblick auf zukünftige andere vergleichbare politische Ereignisse, Veranstaltungen oder sonstige Anlässe, die von einer politisch motivierten gewaltbereiten Szene aufgegriffen und politisiert werden, weiterhin gegenwärtig sein dürfte, und zwar für einen noch deutlich langfristigen Zeitraum.“ Die Behörde bewertet eine von ihr erkannte „Gesinnung“ höher als das abzuwartende Urteil eines Gerichts – in einem Verfahren, in dem sich bislang bereits der Großteil der erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt hat. (…) Die Hamburger Innenbehörde macht damit im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Politik. Sie verurteilt und bestraft jenseits der Strafgerichte vor, damit verlässt sie den Boden des Rechtsstaats…“ Pressemitteilung vom 1. März 2018 von und bei G20ApUA – ein Zusammenschluss von Personen und Gruppen mit dem Interesse, die Vorgänge rund um den G20- Gipfel aufzuarbeiten
- G20 und kein Ende: Der Prozess gegen Fabio V. in Hamburg ist geplatzt, doch es gibt noch viele weitere G20-Verfahren
„In jedem der bisher abgeschlossenen Prozesse wegen der Proteste gegen den G20-Gipfel kam es zu einer Verurteilung. Doch nun ist der vielbeachtete Prozess gegen den jungen Italiener Fabio V. vorläufig geplatzt. (…) Doch das Verfahren gegen Fabio V. ist nur eines von vielen. »Es sind 43 Urteile und Strafbefehle ergangen. 26 Entscheidungen sind rechtskräftig«, heißt es in der Antwort des Hamburger Senats auf eine kleine Anfrage zu rechtskräftigen Urteilen gegen G20-Demonstranten des Linkspartei-Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft, Martin Dolzer. Die Antwort ist auf dem Stand des 1. Februar. Seither endeten vier weitere Prozesse ebenfalls mit Verurteilungen, zudem kam es mittlerweile zu den ersten Urteilen in Berufungsverfahren in zweiter Instanz, in denen erstinstanzliche Urteile abgemildert wurden… Der rot-grüne Hamburger Senat beharrt darauf, dass es sich bei den G20-Verfahren keineswegs um politische Prozesse handle, sondern ausschließlich um die Ahndung von Straftaten. (…) Und weil es so gut lief, plant Hamburgs Polizeiführung, nach weiteren rund 100 angeblichen Delinquenten öffentlich zu fahnden. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) erklärte die öffentliche Fahndung mit Porträtfotos zu einem Erfolg – weil es gelungen sei, viele Tatverdächtige zu identifizieren. Auch das Feindbild des umherreisenden militanten Autonomen aus dem Ausland, das nach Polizeipressekonferenzen durch viele Medien geisterte, versucht die Polizeiführung am Leben zu erhalten…“ Artikel von Gaston Kirsche in der Jungle World vom 01.03.2018
- Angriff auf die Versammlungsfreiheit: Der G20-Prozess gegen Fabio V. zeigt, wie ein Grundrecht angegriffen wird. Das haben auch ein Doktorand und ein Student erfahren
„… Polizei und Gerichtsbarkeit in Hamburg vertreten die Ansicht, dass jener Protestzug vor dem G20-Gipfel keine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes war. Den Teilnehmern der Demonstration sprechen sie politische Anliegen ab. Keine Demonstranten eben, sondern Kriminelle. Kriminell ist demnach auch Simon Ernst, einer der mehr als 70 Beschuldigten, die auf derselben Demonstration wie Fabio V. waren. Auf mehreren Polizeivideos ist der groß gewachsene Mann zu erkennen, wie er, mit einer roten Jacke bekleidet, im Strahl eines Wasserwerfers steht und eine Frau beschützt. Dem 32-jährigen Bonner politische Anliegen abzusprechen, scheint vermessen. Seit mehr als 10 Jahren ist er in der Gewerkschaft Verdi engagiert. Mehrfach meldete Ernst Demonstrationen gegen Rechtsradikale an. Am frühen Morgen des 5. Dezember klopft es bei ihm an der Wohnungstür. „Polizei! Machen Sie auf!“. Einen Augenblick später tummeln sich zehn Beamte in seiner 2-Zimmer-Wohnung. Ein Polizist bugsiert den splitternackten Promotionsstudenten auf das Wohnzimmersofa und hält ihm einen Durchsuchungsbeschluss aus Hamburg unter die Nase, Vorwurf „Landfriedensbruch“. (…) Ernst ist da einer von 22 Teilnehmern der Demonstration am „Rondenbarg“, deren Wohnungen in einer bundesweiten Razzia zeitgleich durchsucht werden. Die Beamten beschlagnahmen Computer, Festplatten und USB-Sticks. Auf den Datenträgern befindet sich die fast fertige Doktorarbeit von Simon Ernst. „Das ist meine Arbeitsgrundlage, meine Lebensgrundlage“, sagt der Promovent fast drei Monate später, entgeistert. Am 31.12.2017 war Abgabetermin. Den konnte er nicht einhalten, weil die Datenträger in der Asservatenkammer der Soko „Schwarzer Block“ liegen. Sie handelt von der Erdölindustrie in Venezuela. Ob die Kenntnis des Inhalts helfen wird, den dringenden Tatverdacht gegen Simon Ernst zu erhärten? Sein Doktorvater ist sauer. „Sind Sie sich über die Konsequenzen im Klaren?“ schreibt Michael Zeuske, Professor am Historischen Seminar der Universität zu Köln an die Hamburger Staatsanwaltschaft. Wegen der Beschlagnahmung könne „Herr Ernst sein Dissertationsvorhaben nicht wie geplant umsetzen. Die fortdauernde Konfiszierung entzieht Herrn Ernst damit auch die Möglichkeit seines angestrebten Berufsabschlusses.“…“ Beitrag von Stefan Buchen vom 27. Februar 2018 bei taz online
- [Referat] Rechtsanwältin Gabriele Heinecke zu den G20-Prozessen: Gipfel der Grundrechtsverletzungen
„… Es gab viele Gründe, gegen die G20 und ihren Gipfel auf die Straße zu gehen. Die 20 „wichtigsten Industrie- und Schwellenländer“ dieser Erde tragen Verantwortung für Hunger und Krankheit, für die Zerstörung der Umwelt, der Infrastrukturen vieler Länder und (Bürger-) Kriege. Die Intervention der reichen Länder führt in den ärmeren zu Krisen und Massenflucht. Der Reichtum Weniger und die Armut Vieler sind zwei Seiten einer Medaille. In der Woche des Gipfels haben mehr als 100.000 Menschen in Hamburg gegen diese Politik protestiert. (…) Wie aus einer entfernten anderen Welt klingen die Worte des Bundesverfassungsgerichts der 1980er Jahre, in denen das Versammlungsrecht als Möglichkeit der freien, offenen, unreglementierten Einflussnahme auf den ständigen Prozess der politischen Meinungsbildung charakterisiert wird, die sich grundsätzlich staatsfrei vollziehen können muss. Die Respektierung der Versammlungsfreiheit als ein Stück „ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, weil sie als ein „politisches Frühwarnsystem“ notwendig ist, „Kurskorrekturen der offiziellen Politik“ möglich zu machen („Brokdorf- Beschluss“ 1985). Nach § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz sind alle Gerichte und Behörden an diese Entscheidung gebunden. Kann es diese Freiheit geben, wenn man bei jedem zweiten Schritt über einen Polizeistiefel stolpert? Wenn polizeiliche Beobachtungs- und Dokumentationstrupps alle 50 Meter die Szenerie aufnehmen, ist das noch Demokratie? (…) Viel ist von bürgerkriegsähnlichen Zuständen geschrieben worden. Die gab es in Hamburg nicht. Im Schanzenviertel haben in der Nacht des 7. Juli keine politisch denkenden Menschen gewütet, sondern die Dummheit. Von der Politik und manchen Gazetten findet ein Missbrauch dieser Vorfälle statt, um einen Teil der G20-Gegner zu diskreditieren. Was es gab, war eine paramilitärisch auftretende Polizei, die für die Tage des Gipfels im Stadtbild allgegenwärtig, beherrschend war. Was es gab, waren vielfache, massive und rechtswidrige Angriffe der Polizei auf die Grundrechte. Es gab die Demonstration eines totalen Staates im Gewande der Legalität, der den Demonstranten gegenüber nicht als Bürgerinnen und Bürgern, sondern als Feinde aufgetreten ist. Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Es blitzte – um Georg Benz auf dem Kongress „Notstand der Demokratie“ im Jahre 1966 zu zitieren – „die Diktatur hinter der Fassade formaler Demokratie“ hervor. Diese Entwicklung müssen wir bekämpfen.“ Auszüge aus dem Referat von Gabriele Heinecke, der Anwältin von Fabio V., vom 31. Januar 2018 bei Jour Fixe – Gewerkschaftslinke Hamburg vom 23. Februar 2018 , siehe dazu:- Höchstrichterliche Strafgebühr wegen der Verteidigung von Grundrechten
„Ergänzend zu den Aussagen von Gabriele Heinecke möchte ich darauf hinweisen, dass – anders als beim „Brokdorf- Beschluss“ 1985 – das BVerfG sich Sommer 2017 gegenüber Gabriele Heinecke ziemlich skandalös verhielt. So lehnte die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht nur den Eilantrag einer Beschwerde von Gabriele Heinecke wegen der U-Haft von Fabio V. mit fragwürdigen Argumenten am 23. August 2017 ab, weil sie angeblich den „Substantiierungsanforderungen nicht gerecht“ wurde (BVerfGE 2 BvR 1691/17). Die Kammer bestrafte Gabriele Heinecke für diese Beschwerde am 27. September 2017 sogar noch mit einer „Missbrauchsgebühr“ von 600 Euro mit der Begründung: „Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar substanzlose [sic!] Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden.“ (vgl. BVerfG-Pressemitteilung Nr. 87/2017 vom 12. Oktober 2017 zu Beschluss 2 BvR 1691/17). Damit versagte die 1. Kammer nicht nur bei der Grundrechtsverteidigung im Falle einer verfassungsrechtlich fragwürdigen Untersuchungshaft. Sondern es bestraft eine Anwältin mit 600 Euro, weil sie ihre Rechtsstaatsgarantie aus dem Grundgesetz wahrnimmt. Das stellt schon einen ziemlichen Tiefpunkt der Rechtsprechung des BVerfG dar – auch wegen der Begründung: Denn abweichend von den Erkenntnissen öffentlicher Medien, die – wie z.B. Panorama am 4. August 2017 – auf dem Polizeivideo keinen „‚massiven‘ Bewurf mit ‚Steinen‘ und ‚Flaschen‘, wie in dem Polizeibericht behauptet“, entdecken konnten, begründet die Kammer ihre Strafgebühr mit der Behauptung: „Dieses Video lässt deutlich erkennen, dass aus der Menschenmenge auch mehrere Steine in Richtung der eingesetzten Polizeibeamten geworfen worden sind“ (BVerfG-PM Nr. 87/2017). Es kann es sich hierbei jedoch allein schon deshalb nicht um ein (missbräuchliches) Vorenthalten von „für die Entscheidung offensichtlich bedeutsamen Tatsachen“ durch Gabriele Heinecke handeln, weil diese nachweislich nicht von Jedermann, sondern nur für die Richter der Kammer überhaupt erkennbar sind. Es stellt sich eher die Frage, wie die Kammer zu ihrer, von der Allgemeinheit völlig abweichenden Sichtweise des maßgeblichen Polizeivideos überhaupt kommt (das Video ist übrigens immer noch öffentlich zugänglich). Es gibt dort nämlich keine geworfenen Steine, die man „ deutlich erkennen“ könnte. Es ist skandalös, wenn heute das BVerfG, statt das Versammlungsgrundrecht und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verteidigen, nun sogar eine Anwältin bestraft, weil sie gemäß der Verfassung die Grundrechte ihres Mandaten verteidigt. Man kann nur hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht bei der Verteidigung von Grundrechten gegenüber „polizeilichem Notstand“ anlässlich G20 (zur staatlichen Notstandslogik vgl. bereits Carl Schmitt) nicht auch in Zukunft völlig versagt.“ Kommentar von Armin Kammrad vom 27.2.2018
- Höchstrichterliche Strafgebühr wegen der Verteidigung von Grundrechten
- Prozess gegen G20-Gegner Fabio V. geplatzt / Interview mit Fabio V.
„Am Dienstag sollte eigentlich das Urteil im Verfahren gegen den 19-jährigen Italiener Fabio V. gesprochen werden. Aber nun hat sich die Richterin, die der Jugendschöffengericht am Amtsgericht Hamburg-Altona vorsitzt, krank gemeldet. Der letzte Verhandlungstag fällt aus. Das erfuhr „Panorama“ von den Verteidigern des Angeklagten. „Der Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung vom 27. Februar 2018 (…) wird aufgehoben. Grund: Erkrankung der Vorsitzenden,“ heißt es in der offiziellen Terminabsage des Amtsgerichts Altona (…) Weitere Verhandlungstage sind nicht anberaumt. Die Richterin ist hochschwanger, wie vergangene Woche bekannt wurde. Das bedeutet, dass das Gericht in der bestehenden Besetzung den Prozess wohl nicht fortführen kann. Theoretisch könnte das Verfahren unter dem Vorsitz eines anderen Richters komplett neu aufgerollt werden...“ Beitrag von Stefan Buchen vom 26.02.2018 beim NDR , siehe u.a. Interview mit Fabio V.:- NoG20: 1. Rondenbarg-Prozess gegen Fabio geplatzt!
„… Das erste und wegweisende Verfahren um den sogenannten Rondenbarg-Komplex wird somit unterbrochen. Die Staatsanwaltschaft hat scheinbar nicht damit gerechnet, dass Fabio und seine Verteidiger_innen das gesamte Hirngespinnst des „vermummten Schwarzen Blocks“, der geschlossen zu krassen Ausschreitungen morgens um 6 Uhr im ödesten Industriegebiet verabredet war, um Polizeieinheiten – die erst später dazu kamen – anzugreifen – selber oder in psychischer Beihilfe -, in monatelanger Kleinarbeit zerlegen würden. Selbst das Konstrukt einer geschlossenen Hooligan-Gruppe, die natürlich keine Demonstration durchführen und einfach grundsätzlich schwere Landfriedensbrecher sind, ließ sich dann doch nicht mal so eben als Trumpfkarte der Repression ausspielen. Fabios entschlossenes Eintreten für seine politischen Überzeugungen und sein Festhalten an der Notwendigkeit gegen den gesamten G20 Humbug auf die Straße gegangen zu sein, haben unser aller Respekt mehr als verdient…“ Kommentar vom 27.2.2018 von und bei United We Stand - Fabio V. über G20-Protest: „Es war das, was ich tun musste“
„… Frage: Die Staatsanwaltschaft rechnet mit einer Jugendstrafe auf Bewährung.
Fabio V.: Wenn ich am Ende verurteilt werde, muss man sagen, dass das Recht zu demonstrieren in Deutschland mit Füßen getreten wird.
Frage: Der Prozess ist jetzt geplatzt, wie geht es weiter?
Fabio V.: Es wird es wahrscheinlich einen neuen Prozess geben, alles noch mal von null, mit einer anderen Richterin. Wir hören alle Zeugen noch mal, sehen alle Videos noch mal. (…) Die Erfahrung, die ich gemacht habe, hat mich in Entscheidungen bestärkt, die ich schon vorher getroffen hatte. Die Welt, in der wir leben, ist sehr ungerecht. Wir Linke kennen manchmal nicht die Lebensrealitäten derer, die wirklich marginalisiert sind. Im Gefängnis habe ich die kennengelernt, die von der kapitalistischen Gesellschaft vergessen werden. Das hat mir vor Augen geführt, dass es eine Pflicht für uns alle ist, weiter dagegen auf die Straße zu gehen…“ Interview von Katharina Schipkowski vom 26.2.2018 bei der taz online
- NoG20: 1. Rondenbarg-Prozess gegen Fabio geplatzt!
- G20: Angriff auf die Versammlungsfreiheit?
„Auf die Frage, wann Demonstranten zu Straftätern werden, haben Polizei und Justiz in Hamburg eine einmütige Antwort: Auch wer gewaltfrei an einem Protestmarsch teilnimmt, kann sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schnell verwirken, wenn die gesamte Kundgebung zum Zweck der Gewalt stattfindet. Es genügt demnach schon, an einem Protestmarsch teilzunehmen, aus dem heraus einige wenige Personen Gegenstände in Richtung herannahender Polizisten werfen. Dann hat man die Gewalttäter durch seine bloße Anwesenheit „unterstützt“ und macht sich des schweren Landfriedensbruchs schuldig – Strafmaß: bis zu zehn Jahre Haft. (…) Aber auch ohne Urteil im Fall Fabio ist der „Rondenbarg-Komplex“ keineswegs erledigt. Ob der Prozess vor einem anderen Richter neu aufgerollt wird, ist unklar. Hinzu kommt: Mehr als 70 weitere Beschuldigte, die auch an der Demonstration teilgenommen haben und deren Lage mit der von Fabio V. vergleichbar ist, warten auf ihre Anklage. Das Führungspersonal der Hamburger Polizei hält sie alle des Landfriedensbruchs für schuldig…“ Beitrag von Stefan Buchen und Philipp Hennig vom 27.02.2018 beim NDR
- [Video: G20 Doku] Aussage gegen Aussage
Eine Doku über die Rolle von Polizei und Politik beim G20 Gipfel in Hamburg 2017, u.a. mit der Rechtsanwältin Ulrike Donat und der Strafverteidigerin von Fabio V., Gabriele Heinecke, mit fast allen zur rechtlichen Beurteilung des Vorgangs wichtigen Infos. Veröffentlicht von Anne Nüm am 16. Februar 2018 bei YouTube (Videolänge: 28:34 Min.)
- Das Komitee für Grundrechte und Demokratie fordert Freispruch für Fabio V. Rechtswidrige Auflösung der Versammlung durch die Polizei am Rondenbarg. Lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes erforderlich
„Aus Sicht des Komitees für Grundrechte und Demokratie ist Fabio V. von sämtlichen Vorwürfen, die gegen ihn wegen der Teilnahme an einem G20-Protestzug verhandelt werden, freizusprechen. Der Prozess hat nach mittlerweile 12 Verhandlungstagen keine Beweise für sein Wissen über oder seine Billigung etwaiger Gewalttätigkeiten aus der Menschenmenge heraus erbracht. Genau darauf gründet sich aber die Anklage, die ihm durch vermeintliche psychische Beihilfe schweren Landfriedensbruch, versuchte schwere Körperverletzung und tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamt*innen nachzuweisen sucht. Fabio V. wollte während der Gipfelproteste sein in der europäischen Menschenrechtskonvention und im Grundgesetz verbrieftes Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlung wahrnehmen. Dafür darf er nicht bestraft werden. (…) Winkler dazu: „Im Prozess kamen viele erschreckende Details über den Polizeieinsatz ans Licht, dennoch sind wir meilenweit von einer Aufklärung entfernt. Was machten zum Beispiel zeitgleich vier bis fünf verschiedene Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der Eingreifkräfte vor Ort? Wie passt das Verhalten der Polizei zum angeblichen Befehl, die Gruppe nur visuell aufzunehmen? Auch wenn man sich die Einsatzvideos anschaut, die Schläge in Gesichter oder Tritte gegen am Boden Liegende dokumentieren, kann von der behaupteten Verhältnismäßigkeit gar keine Rede sein. Es scheint, als hätte es für die Polizei einen Freifahrtschein für Gewaltanwendung und Prügelei gegeben. Es kann nicht sein, dass über Tage hinweg Grundrechte missachtet wurden und die Öffentlichkeit noch nicht einmal das Wort Polizeigewalt in den Mund nehmen soll, geschweige denn eine auf Fakten basierende Nachbereitung der Geschehnisse erfolgt…“ Pressemitteilung vom 23. Februar 2018 von und bei Grundrechtekomitee
- G20: Staatsanwaltschaft stellt weitere Verfahren ein
„Die bekanntesten Köpfe der linken Szene in Hamburg müssen nach dem G20-Gipfel vorerst keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr fürchten: Die Staatsanwaltschaft hat die Verfahren gegen den Rechtsanwalt Andreas Beuth, Rote-Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt und Emily Laquer von der Interventionistischen Linken (IL) sind eingestellt worden. Das bestätigte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Montag auf Anfrage. Es hätte sich jeweils kein hinreichender Tatverdacht für eine Anklage wegen Aufrufs zu Straftaten oder der Billigung von Straftaten ergeben…“ Artikel von Christoph Heinemann und Daniel Herder vom 12.02.18 beim Hamburger Abendblatt online
- Rote Flora: Weitere Verfahren gegen bekannte G20-Kritiker eingestellt
„… Rund sieben Monate nach dem Hamburger G20-Gipfel hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen einen Anwalt eingestellt, der das Autonomenzentrum Rote Flora öffentlich vertritt. Dies teilte die Behörde am Montag mit. Dem Juristen Andreas Beuth war die öffentliche Billigung von Straftaten vorgeworfen worden, nachdem er sich in einem Fernsehinterviews zu den Krawallen geäußert hatte. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war das Verfahren aber einzustellen. (…) Außerdem stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Organisatoren der »Welcome to Hell«-Demonstration am Vorabend des ersten Gipfeltags ein. Diese kamen aus dem Umfeld der Roten Flora. Während und nach der Demonstration gab es schwere Ausschreitungen. Allerdings stand auch die Polizeiführung aufgrund ihrer repressiven Strategie schwer in der Kritik. Es sei nicht nachweisbar, dass die Organisatoren durch Handlungen oder Äußerungen »bei einem Dritten einen konkreten Tatentschluss hervorgerufen hätten«, hieß es nun…“ Beitrag bei neues Deutschland vom 12. Februar 2018
- »Großübung in Aufstandsbekämpfung«. Gegen die Eroberung der Deutungshoheit für die Proteste um den G-20-Gipfel hilft nur Aufklärung. Ein Gespräch mit Elke Steven
„… In Hamburg war der Staat vorbereitet auf eine Großübung in städtischer Aufstandsbekämpfung. Ich hatte den Eindruck, man wollte ausprobieren, wie das Zusammenspiel von Polizeikräften funktionieren kann und wie es gelingt, Protest so einzubinden, dass er nicht erkennbar ist als das, was er sein wollte und war: ein legaler Protest gegen die herrschenden Verhältnisse. In Hamburg hat sich die Polizei außerdem extrem bemüht, die Deutungshoheit über die Ereignisse zu behalten und ihre eigene Wahrnehmung zur Wahrheit zu machen. Sie ist auf dem Gebiet der eigenen Öffentlichkeitsarbeit immer versierter geworden, was dem Wahrheitsgehalt der Informationen nicht gedient hat. In den 1990er Jahren bei den Castor-Transporten begann das bereits. Aber damals waren es nur zwei, drei Leute von der Polizei, die die Medien mit Informationen versorgten: Heute sind ein paar hundert Beamte für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, geben Pressemitteilungen am laufenden Band heraus und twittern unermüdlich.
Gibt es Lehren aus den Hamburger Ereignissen?
Es ist wichtig, den Zusammenhalt eher zu organisieren. Der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei muss eine eigene Öffentlichkeitsarbeit entgegengesetzt werden.“ Interview von Christa Schaffmann in der jungen Welt vom 13.02.2018
- Bislang 43 Urteile [und kein Freispruch] wegen G20-Krawallen
„Nach den schweren Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg sind in Strafverfahren gegen mutmaßliche Gewalttäter bis Ende Januar 43 Urteile und Strafbefehle ergangen. Wie aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft weiter hervorgeht, sind 26 der Entscheidungen bereits rechtskräftig. (…) Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich hatte im Januar dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gesagt, er gehe davon aus, dass seine Behörde noch bis Ende 2019 mit den G20-Verfahren beschäftigt sein werde. (…) Derzeit laufen mehrere Strafprozesse parallel. Einen Freispruch hat es bislang in keinem der Verfahren gegeben…“ NDR-Beitrag vom 10.02.2018
- Vor Gericht: G20-Prozess unter Polizeischutz
„Unter den Augen von Polizisten in Schutzkleidung ist der Berufungsprozess gegen Peike S. (24) gestartet. Der junge Niederländer war im August 2017 in einem bundesweit beachteten Prozess als erster G20-Flaschenwerfer zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt worden – ein überaus hartes Urteil für einen bisher unbestraften Angeklagten, dem zwei Flaschenwürfe auf einen Polizeibeamten in Schutzkleidung vorgeworfen werden. Zahlreiche Sympathisanten aus der linken Szene sind gekommen, um den Prozess auch in der zweiten Instanz zu verfolgen, darunter auch G20-Symbolfigur Fabio V., und viele junge Niederländer. Vor dem Strafjustizgebäude sind ein Infostand, Plakate, Musikboxen aufgebaut. Mehrfach muss der Prozess unterbrochen werden, weil die Verteidigung Anträge gestellt hat. Die Anwälte nennen das erstinstanzliche Urteil von Amtsrichter Johann Krieten eine „subjektive Generalabrechnung mit den G20-Protesten“, versuchen vergeblich, die Verlesung des Urteils zu verhindern. (…) Peike S. wird wie in der ersten Instanz schweigen. Seine Verteidiger wollen einen Freispruch erreichen…“ Bericht von Stephanie Lamprecht vom 09.02.18 bei der MoPo online
- G20-Öffentlichkeitsfahndung wird auf das Ausland ausgeweitet
„… Trotz der starken Kritik an der Öffentlichkeitsfahndung nach mutmaßlichen Beteiligten an den Krawallen beim Hamburger G20-Gipfel wollen die Hamburger Ermittlungsbehörden sie auf andere Länder ausweiten. »Wir arbeiten derzeit daran, mit entsprechendem Bildmaterial auch im europäischen Ausland öffentlich zu fahnden«, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) dem »Hamburger Abendblatt«. Die Bilder sollen etwa in Spanien und Italien verbreitet werden, da aus diesen Ländern besonders viele militante Demonstranten zum G20-Gipfel angereist sein sollen. Mit dem Schritt betrete man »Neuland«, sagte Grote. Die bisherige Öffentlichkeitsfahndung in Deutschland sieht er als »erfolgreich« an. »Es ist bereits gelungen, viele Täter zu identifizieren«, sagte Grote der Zeitung. Nach Polizeiangaben sind bislang 23 Tatverdächtige ausfindig gemacht worden, nach denen mit Fotos gefahndet wurde…“ Beitrag von und bei neues Deutschland vom 2. Februar 2018
- Don’t Try to Break Us – We’ll Explode. Der G20 2017 in Hamburg – umfassender Bericht und Analyse
„Der G20 Gipfel 2017 provozierte die bislang heftigsten Auseinandersetzungen in Deutschland in diesem Jahrhundert. CrimethInc. war vor Ort und hat kontinuierlich berichtet; seit dem haben sie die Berichte aus Hamburg zusammengebracht und einen komplette Chronologie und Analyse hergestellt. Herausgekommen ist eine epische Geschichte von Staatsgewalt und breitem Widerstand dagegen, welcher auf diesem Level bislang sowohl in den USA wie auch in Nordeuropa kaum beobachtet werden konnte…“ Broschüre (46 S.) von Crimethinc in der Kurzversion und zum Download
- G20: Haftbefehl gegen Fabio V. aufgehoben
„Der Haftbefehl gegen den im Zusammenhang mit den G20-Ausschreitungen angeklagten Italiener Fabio V. ist aufgehoben worden. Das Amtsgericht Altona traf diesen Beschluss am Mittwoch, wie ein Justizsprecher „Panorama“ auf Anfrage bestätigte. Seit Ende November war der Vollzug des Haftbefehls gegen den 19-Jährigen gegen harte Auflagen ausgesetzt gewesen. Der Angeklagte aus Norditalien musste 10.000 Euro Kaution hinterlegen, in Hamburg eine Wohnung nehmen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei melden. Diese Auflagen entfallen nun. Die Kaution muss dem Angeklagten zurückgezahlt werden. Die Hamburger Staatsanwaltschaft teilte Panorama auf Anfrage mit, dass sie keine Rechtsmittel gegen die Aufhebung des Haftbefehls einlegen wolle…“ Bericht von Stefan Buchen vom 28.01.18 beim NDR- Die nächsten Prozesstermine im Verfahren gegen unseren italienischen Genossen Fabio: Amtsgericht Altona, Max-Brauer-Allee 91. am 01.2., 9 Uhr 13.2., 9 Uhr 20.2., 9 Uhr
- Diesen Mittwoch ab 18.30 im Curiohaus: Veranstaltung der Gewerkschaftslinke Hamburg mit Fabio, seiner Mutter und seiner Anwältin: Die Prozesse nach dem G20-Gipfel in Hamburg. Warum saß Fabio V. vier Monate in Haft? Polizeistaat Hamburg. Oder: Das Fehlen politischer Streiks. Siehe Infos bei der Gewerkschaftslinken Hamburg
- Aufruf zu Aktionstagen vom 28.1. – 4.2.2018: „Society has failed – Feuer und Flamme der Repression“
„Nach dem erfolgreichen Widerstand gegen die Politik des G20 im Sommer rufen wir in der Woche vom 28.01. – 04.02.2018 zu Aktionstagen auf. Wir waren mit vielen von euch während des G20 in Hamburg aktiv. An diese Erfahrung wollen wir sichtbar an möglichst vielen Orten mit unterschiedlichen Aktionen anknüpfen. Es ist bereits 2018 und noch immer sitzen unsere Freund*innen und’Genoss*innen seit dem G20-Gipfel in U-Haft. Noch immer wird ein Bild der gefährlichen Gewalttäter*innen stilisiert. Die brutalen Polizeiübergriffe vor, während und nach dem G20 Gipfel sollen heruntergespielt oder vergessen werden…“ Aufruf zu Aktionstagen bei der Roten Hilfe Berlin und die Sonderseite dazu bei united we stand- [Kundgebung am 3. Februar in Stuttgart] Nach den G20-Protesten – Verfolgung, Einschüchterung, Strafverfahren – Solidarität mit den Betroffenen!
„… Im Nachgang der Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg sieht sich die Linke mit einer massiven Repressionswelle konfrontiert. Jetzt gilt es zusammenzustehen, gegen die Etablierung von neue Repressionsstandards, gegen den Versuch der Einschüchterung. Solidarität mit den von der Repression Betroffenen! Wir lassen uns den legitimen Protest gegen die Politik der G20 nicht verbieten! Kundgebung gegen Repression am Samstag den 3. Februar um 16 Uhr vor dem Justizministerium am Stuttgarter Schillerplatz…“ Aufruf des Stuttgarter Solikreises „G20 Repression“ vom 26. Januar 2018 - [Demonstration am 3. Februar in Flensburg] Gegen den Rechtsruck in Gesellschaft und Politik!
„2018 – der seit Jahren stattfindende Rechtsruck der Gesellschaft hat einen neuen Höhepunkt erreicht. (…) Es kann nur eine Selbstverständlichkeit sein, sich gegen diese menschenfeindliche Partei, gegen den Rechtsruck und die nationalistische Formierung in der Gesellschaft zu erheben. Rechtspopulist_innen dürfen in Flensburg, in Schleswig-Holstein, in Deutschland und weltweit zu keiner Macht gelangen. Nur durch einen Kampf gegen die Faschisten kann der Faschismus verhindert werden. Dies muss unser aller Aufgabe sein. (…) Ein anderer deutlich sichtbarer Ausdruck der autoritären Formierung der Gesellschaft ist die Repression gegen die G20-Gegner_innen. (…) Staat und Medien betreiben Menschenjagt und rufen zur öffentlichen Denunziation auf. (…) Gemeinsam kämpfen wir für eine solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, für eine klassenlose Gesellschaft ohne die kapitalistische Verwertungslogik und für die Abschaffung des Staates und seiner strukturellen Gewalt. Daher rufen wir euch alle zu einer Demonstration gegen Faschismus, Rassismus, Kapitalismus und Militarismus auf. Zeigen wir Haltung gegen eben jene Strömungen, die uns überwachen, selektieren und vernichten wollen. Der Kapitalismus bietet keine Lösung, der Kapitalismus ist das Problem. Gemeinsam – Solidarisch – Widerständig – United We Stand!“ Aufruf vom 14. Januar 2018 von und bei United We Stand , die Demo findet am 3. Februar 2018 um 13 Uhr auf dem Bahnhofsplatz in Flensburg statt.
- [Kundgebung am 3. Februar in Stuttgart] Nach den G20-Protesten – Verfolgung, Einschüchterung, Strafverfahren – Solidarität mit den Betroffenen!
- G20ApUA: Aktenmanipulation und Zeugenabsprachen unter Berliner Polizeizeugen
„Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) kritisiert das Urteil gegen Christian R. und weist auf die im Prozessverlauf bekannt gewordenen Versuche der Aktenmanipulation und Zeugenabsprachen hin. Während der Verhandlung kam es bei einem Beamten zu Widersprüchen zwischen dessen mündlicher Aussage und seinem Zeugenbericht in der Akte. Diese betrafen die Art der Verletzung eines Polizeikollegen sowie das Verhalten des Beschuldigten. Bei der Befragung durch die Verteidigung stellte sich heraus, dass der Polizist versucht hatte, einen Bericht, der im Widerspruch zu dem seiner Kollegen stand, heimlich gegen einen veränderten Bericht auszutauschen. Diesen Bericht hatte er mit der Bemerkung „Jetzt sollte es passen…“ an die Sonderkommission in Hamburg geschickt, wo der aufgrund eines Versehens aber nicht in die Akte gelangt ist. Alle fünf Zeugen haben von einem einzigen gemeinsamen Treffen kurz vor dem ersten Hauptverhandlungstermin berichtet. Drei haben ausgesagt, dass die Zeugen bei diesem Treffen ihre Erinnerungen an das Geschehen ausgetauscht und abgeglichen hätten (…) Während der Hauptverhandlung wurde weiterer E-Mail-Verkehr zwischen Soko und Polizeizeugen bekannt, der Hinweise auf die Bereitschaft zur Manipulation der Akte gibt…“ Beitrag vom 16. Januar 2018 vom und beim Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA)
- Grundrechte verteidigen! Das Narrativ von den gewaltsamen Ausschreitungen gegen G20 soll den systematischen Angriff auf das Versammlungsrecht verschleiern.
„Am 11. Januar 2017 reichen vier Anwält*innen Klage gegen das polizeiliche Vorgehen beim G20 in Hamburg ein. Damit wird ein wichtiger Schritt in die Offensive gemacht. Den Protesten gegen die Politik der G20, die Politiker*innen tagten am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg, ist von Anfang an rechtswidrig begegnet worden. Noch immer bleiben viele Vorgehensweisen und deren Hintergründe unaufgeklärt. Die Prozesse werden hoffentlich ein wenig Licht in diese Dunkelheit bringen. (…) Die Aufarbeitung der vielen Einzelheiten wird noch lange dauern und muss an vielen Stellen fortgeführt werden. Die demokratische Öffentlichkeit muss sensibel auf die vielen Verletzungen der Grundrechte und die Verunglimpfung von linkem Protest reagieren. Der Angriff auf die Freiheitsrechte erfolgt in kleinen Schritten und in den vielen Erweiterungen der Befugnisse. Die Praxis geht immer noch darüber hinaus. Wachsamkeit ist jetzt geboten, wenn es nicht eines Tages zu spät sein soll.“ Kommentar von Elke Steven vom 11. January 2018 beim Grundrechtekomitee- Siehe dazu: Verfassungsbruch durch Hamburger Senat und Polizei beim G20-Gipfel – O-Ton der Pressekonferenz von Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein, Komitee für Grundrechte und Demokratie sowie Attac Deutschland am 11.01.2018 zum Thema „Verfassungsbruch durch Hamburger Senat und Polizei beim G20-Gipfel“ beim Radio FSK, Hamburg
- G20: Dreieinhalb Jahre Haft für Flaschenwurf
„Das Hamburger Amtsgericht hat am Dienstag die bislang höchste Strafe im Zusammenhang mit den Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel verhängt. Der Angeklagte muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Nach Überzeugung des Schöffengerichts hatte der 28-Jährige in der Nacht nach der „Welcome to Hell“-Demonstration am 6. Juli am Schulterblatt im Hamburger Schanzenviertel eine Bierflasche gegriffen, den Boden abgeschlagen und die Flasche auf Beamte geworfen. Ein Polizist wurde getroffen und leicht an der Hand verletzt. Der Angeklagte habe sich damit der gefährlichen Körperverletzung, eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und des schweren Landfriedensbruchs schuldig gemacht. (…) Da der 28-Jährige bereits einschlägig vorbestraft ist, unter anderem saß er wegen Körperverletzung im Gefängnis, muss er nun für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Mit dem Urteil ging das Gericht noch deutlich über die Forderung der Staatsanwältin hinaus, die zwei Jahre und zehn Monate Haft gefordert hatte. Verteidiger Matthias Wisbar hatte auf Widersprüche in den Aussagen der vier Polizeizeugen und den angeblichen Versuch einer Aktenfälschung hingewiesen. Er plädierte auf Freispruch...“ NDR-Meldung und Video vom 09.01.2018
- Gefängnis für Flaschenwürfe – G20-Urteil ist rechtsstaatswidrig und politisch begründet
„Das Urteil schockierte. Es löste Protest und eine bundesweite Diskussion aus. Wut auf der einen Seite, Genugtuung auf der anderen: In einem sogenannten G20-Prozess verurteilte das Amtsgericht Hamburg einen 21 Jahre alten mutmaßlichen Flaschenwerfer zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis. Bewährung ist schon wegen der Höhe der Strafe ausgeschlossen. Was nun erneut schockiert, sind die Gründe, die das Gericht zum Urteil vom 28. August verfasst hat: Es bemisst die Strafe ausdrücklich politisch. Der Richter zieht strafschärfend heran, dass der Gesetzgeber rohes Verhalten gegen Polizisten härter bestrafen wolle. Dieser Punkt ist aber schon in der Spanne zwischen Mindest- und Höchststrafe enthalten. Er fließt doppelt in das Urteil ein. Das ist rechtswidrig. Und es ist nicht das Einzige, das an dieser Entscheidung falsch ist…“ Artikel von Dirk Lotze und Rechtsanwältin Andrea Groß-Bölting vom 08. Januar 2018 bei telepolis
- Polizeieinsatz vor Gericht? Wegen des brutalen G20-Einsatzes haben einige Aktivisten die Stadt verklagt. Sie wollen ein Gegengewicht in der Debatte schaffen.
„Mehrere Demonstrant*innen, die bei den G20-Protesten dabei waren, wollen die Stadt Hamburg wegen des brutalen Polizeieinsatzes verklagen. Konkret geht es um die beiden Einsätze an den Protestcamps sowie ein Aufeinandertreffen von Polizei und Demonstrant*innen am 7. Juli in der Nähe der Außenalster. Dort hatten einige Demonstrant*innen versucht, in die Innenstadt zu gelangen, die zur Demo-Verbotszone erklärt worden war. Dabei habe es eine regelrechte Jagd der Polizei auf Demonstrant*innen gegeben, sagt der Rechtsanwalt Dieter Magsam, der drei der Kläger*innen vertritt. Polizist*innen seien aus ihren Autos gesprungen und hätten die Demo auseinandergeprügelt. Bei Youtube gibt es mehrere Videos von der Szene. (…) „Wir wollen nicht über die individuellen Entgleisungen einzelner Polizisten reden, sondern über die Strategie dahinter“, sagt Magsam…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 4.1.2018 bei der taz online
- G20: Gewaltverhältnisse vor Gericht – Zwischenbericht zum Prozess gegen Fabio V.
„… Sechs Monate nach dem G20-Gipfel und zweieinhalb Monate nach Prozessbeginn ist also vieles noch ungeklärt. Zeugenaussagen, Polizeiberichte und Videoaufnahmen widersprechen sich in wichtigen Details. Mindestens die Aussagen des Zeugen der Blumberger Einheit sind extrem zweifelhaft. Bei anderen Aussagen steht zumindest die unausgesprochene Vermutung polizeilicher Absprachen im Raum. Aufklärung versprechende Dokumente wurden von der Sonderkommission bisher nicht freigegeben. Weitere wesentliche Fragen wurden noch gar nicht behandelt – zum Beispiel, ob der Demonstrationszug von Artikel 8 des Grundgesetzes als Versammlung geschützt war oder warum die Polizeieinheiten zunächst die Fliehenden verfolgten, bevor sie begannen, sich um die Schwerverletzten zu kümmern, die unter dem abgebrochenen Geländer lagen. (…) Am 3. Januar 2018 wird der Prozess fortgeführt. Mindestens vier weitere Zeugen sollen noch gehört werden, aktuell sind weitere fünf Verhandlungstermine bis zum 20. Februar 2018 angesetzt. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie wird auch an den kommenden Prozesstagen im Gerichtssaal anwesend sein, denn schon der aktuelle Zwischenstand aus der Prozessbeobachtung macht deutlich, dass es sich hier um einen Prozess handelt, der politischer und öffentlicher Aufmerksamkeit bedarf. Denn hier wird mehr als ein möglicherweise individuell nachweisbarer Straftatbestand verhandelt. Und es bleibt zu befürchten, dass Fabio V. allein wegen der Bedeutung seines Prozesses für die öffentliche (und politische) Geschichtsschreibung verurteilt wird. Zudem könnten sich für das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ganz grundlegende Zukunftsfragen ergeben, sollte das Amtsgericht der durch das Oberlandesgericht vorgegebenen Argumentation folgen.“ Zwischenbericht von Michèle Winkler vom 2. Januar 2018 beim Grundrechtekomitee (die Quellennachweise befinden sich in der verlinkten PDF-Version des Zwischenberichts)
- Datenweitergabe von Medien an die Polizei: Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union unterstützt Radio Dreyeckland gegen Polizei Hamburg
„Die Hamburger Polizei sorgte diese Woche mit der öffentlichen Massenfahndung nach mutmaßlichen StraftäterInnen bei den G20 Protesten für einigen Wirbel: Monitor Chefredaktuer Georg Restle äußerte dazu: „Rechtsbrüche von Demonstranten rechtfertigen keinen Rechtsbruch der Strafverfolger. Öffentliche Massenfahndung nimmt contra legem auch Unbeschuldigte ins Visier.“ Zuvor hatte die Hamburger Polizei, wie wir berichtet haben, nicht nur grundgesetzwidrig zahlreiche Medien gebeten, Rohmaterial für polizeiliche Ermittlungen zu Verfügung zu stellen, sondern auch Radio Dreyeckland kontaktiert, um Daten von Freien Journalisten zu erhalten. Wir weisen dieses Ansinnen der Hamburger Polizei entschieden zurück. Wie aus folgendem Interviewabschnitt mit Cornelia Haß, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di hervorgeht, hat Radio Dreyeckland dabei auch die Unterstützung der dju“ Interview vom 20. Dezember 2017 von und bei Radio Dreyeckland
- G20ApUA: Polizeibeamte sprechen Gerichtsaussagen untereinander ab
„Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 bringt der Öffentlichkeit Folgendes zur Kenntnis: Beim G20-Gipfel in Hamburg eingesetzte Polizeibeamt*innen werden von ihren Dienststellen dabei unterstützt, ihre Aussagen vor Gericht untereinander abzugleichen. In zumindest einer Dienststelle einer Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE-Einheit) existieren Aktenordner, in denen die Vernehmungsprotokolle von vor Gericht geladenen Beamten gesammelt und anderen vorgeladenen Beamten zugänglich gemacht werden. Das bedeutet: Ein Beamter, der zu einer Aussage vor Gericht geladen wird, weiß um die vorhergehenden Aussagen seiner Kollegen – eine unabhängige, der Wahrheitsfindung dienende Befragung ist also nicht möglich und wird aktiv verhindert. In einem Fall hat ein Beamter sogar privat einen Ordner mit Aussagen angelegt. Das LKA Hamburg hat den Beamten sogar deren Vernehmungsprotokolle ausgehändigt. All dies ist im höchsten Maße rechtswidrig…“ Meldung vom 19.12.2017 von und bei G20ApUA (Außerparlamentarischer Untersuchungsausschuss G20: „ein Zusammenschluss von Personen und Gruppen mit dem Interesse, die Vorgänge rund um den G20- Gipfel aufzuarbeiten. Da von offizieller Seite keine Aufklärung zu erwarten ist, werden wir das selbst in die Hand nehmen“)
- [Ab 18.12.] G20: Polizei will erstmals mit Fotos fahnden
„Mehr als fünf Monate nach den schweren Ausschreitungen während des G20-Gipfels startet die Hamburger Polizei am Montag die größte Öffentlichkeitsfahndung seit Jahren: Die Ermittler werden mehr als 100 Fotos und Videosequenzen von mutmaßlichen Gewalttätern veröffentlichen, die bisher nicht identifiziert werden konnten. Für die Fahndung hatte die Sonderkommission „Schwarzer Block“ riesige Mengen von Bild- und Videodateien gesichtet. Dabei wurden auch Aufnahmen von Privat-Handys, Journalisten und Überwachungskameras in Bussen und Bahnen ausgewertet. (…) Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft will am Montag um 11 Uhr im Polizeipräsidium das Vorgehen erläutern, damit Bürger bei der Identifizierung der Verdächtigen helfen können. Die Polizei will auch über Facebook und Twitter nach den G20-Randalierern fahnden. Wer Hinweise geben will, kann dies auch anonym tun. Eine Telefon-Hotline wird ebenfalls eingerichtet…“ NDR-Beitrag vom 16.12.2017 – auch eine Gesichtserkennungssoftware soll zum Einsatz kommen… Also auf zur Hetze und Denuziantentum, was ist schon das Recht am eigenen Bild, scheiss auf Unschuldsvermutung! Zu Recht ruft United We Stand für den Zeitpunkt der Pressekonferenz am Mo 18.12., 10 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Polizeigebäude auf. Siehe dazu:- Ermittlungen: G 20 ist keine Lizenz zum Rechtsbruch
„Die Ermittler haben zur Fahndung nach G-20-Chaoten 100 Fotos und Videos ins Netz gestellt. Dieser Internet-Pranger ist gesetzeswidrig. (…) Die Ermittler haben zur Fahndung nach sogenannten G-20-Chaoten 100 Fotos und Videosequenzen ins Netz gestellt. Das ist eine gigantische Öffentlichkeitsfahndung, ein Massenscreening, eine Aufforderung zur öffentlichen Rasterfahndung. Diese Präsentation von echten oder angeblichen Beschuldigten hat mit Steckbriefen nichts mehr zu tun. Es handelt sich um die umfassende Aufforderung an die Bevölkerung, Hilfssheriff zur spielen. Es handelt sich um die Aufforderung, eine Vielzahl von Menschen zu jagen, deren Tat oder Tatbeitrag völlig ungeklärt ist. Diese Art von Fahndung geht über das, was der Paragraf 131b Strafprozessordnung erlaubt, weit hinaus. Die Ermittler dehnen den Paragrafen bis zur Unkenntlichkeit aus. Sie unterscheiden nicht zwischen Beschuldigten und Nichtbeschuldigten, sie machen alle abgebildeten Personen zu Beschuldigten…“ Kommentar von Heribert Prantl vom 18. Dezember 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online - Hamburg: Terroristen-Jagd wie in den 1970ern?
„Um die Bevölkerung in die Aufklärung der Vorkommnisse rund um den G20-Gipfel Anfang Juli 2017 mit einbeziehen zu können, präsentiert die Polizei mehr als 100 Fotos und Videosequenzen…“ Kommentar von Birgit Gärtner vom 18. Dezember 2017 bei telepolis - Rigaer94: Aufruf zum Widerstand und Veröffentlichung von Fahndungsbildern von Polizist_innen
„Der Polizeistaat entfesselt seine Möglichkeiten: Montag früh werden voraussichtlich 100 Gesichter von Menschen veröffentlicht, die im Juli an den Geschehnissen von Hamburg beteiligt waren. Die staatliche Kampagne hat den Deckmantel der Strafverfolgung vollständig abgeworfen und lanciert eine Hetze, die jeglichen Widerstand brechen soll. Schweigen wir nicht zu den Ereignissen, diesem Generalangriff auf das letzte Soziale und Widerständige. Die Gesellschaft der Denunzianten und Mörder und den Faschismus auf den Scheiterhaufen zu tragen, ist eine nicht erledigte Aufgabe…“ Aufruf vom 17.12.2017 von und bei Rigaer94 - Keine Beteiligung an Denunziation und der groß inszenierten Menschenjagd!
„Bereits die letzte Pressekonferenz zu bundesweiten Hausdurchsuchungen bei Betroffenen, die im Rondenbarg von der Polizei festgestellt worden waren, war eine einzige PR-Show. Sie diente dazu, die Deutungshoheit über die Ereignisse zu gewinnen und ist Blendwerk, um von dem brutalen eigenen Vorgehen mit 14 Schwerverletzten abzulenken. Es geht um den Rettungsversuch der Polizei am Rondenbarg nicht als brutal und in geschlossener Formation agierende gewalttätige Horde in dem Verfahren gegen Fabio dazustehen. Denn dort zeichnet sich immer deutlicher ab, dass es keinerlei Anlass gab die Demo anzugreifen, noch dazu ohne jegliche Ankündigung. Aus Sicht der Polizei und der Staatsanwaltschaft naht dort ein absolut peinlicher Gesichtsverlust. Jetzt sollen Medienvertreter*innen in der bislang größten öffentlichen Fahndungsaktion „in 100 Fällen“ polizeiliche Aufgaben übernehmen und als willige Hilfspolizei dienen. (…) Zu guter Letzt an Alle – auch Journalist*innen, die meinen im veröffentlichten Bildmaterial abgebildet zu sein: Bewahrt Ruhe, handelt nicht voreilig und nehmt im Zweifel Kontakt zu örtlichen Antirepressionsstrukturen oder Rechtsanwält*innen auf…“ Aufruf vom 17. Dezember 2017 von und bei United we stand
- Ermittlungen: G 20 ist keine Lizenz zum Rechtsbruch
- G20-Ermittlungsverfahren: Noch keine Anklage gegen Polizeibeamt*innen
„Die Hamburger Morgenpost berichtet über eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider der Partei Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft. Danach werden durch das Hamburger Dezernat für interne Ermittlungen (DIE) mittlerweile 115 Strafverfahren gegen Beamte geführt, die während des G20-Gipfels in Hamburg im Einsatz waren. Während es in Vefahren gegen Teilnehmer*innen der Proteste gegen den G20-Gipfel bereits zu diversen Anklagen und Verurteilungen mit außerordentlich hohen Freiheitsstrafen kam, ist bis jetzt noch gegen kein*e Polizeibeamt*in öffentliche Klage durch die zuständige Staatsanwaltschaft erhoben worden. Es steht zu befürchten, dass dies auch daran liegt, dass viele der eingesetzten Polizeibeamt*innen nicht gekennzeichnet waren. Sollten aus diesem Grund am Ende viele, wenn nicht sogar alle Verfahren gegen Polizeibeamt*innen eingestellt werden, so würde dies das Vertrauen in den Rechtsstaat massiv beschädigen. Daher fordern wir auch weiterhin, dass alle Bundesländer in Deutschland die Kennzeichnungspflicht einführen.“ Pressemitteilung von und bei Amnesty International vom 16. Dezember 2017
- Bundesweite Großrazzia gegen G-20-Aktivisten: Polizei durchsucht 24 Wohnungen und linke Stadtteilzentren
„Rund fünf Monate nach den Protesten gegen den G-20-Gipfel in Hamburg hat es am Dienstag morgen bundesweite Razzien gegen linke Aktivisten gegeben. Seit sechs Uhr wurden Wohnungen und Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht, wie die Hamburger Polizei mitteilte. Nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks (NDR) habe die Polizei konkrete Anhaltspunkte, dass die Auseinandersetzungen mit der Polizei vom Juli von »Linksautonomen« teilweise gezielt geplant und organisiert wurden. Nach NDR-Informationen durchsuchte die Polizei seit dem Morgen insgesamt 24 Objekte in acht Bundesländern, darunter private Wohnungen und linke Stadtteilzentren unter anderem in Göttingen und Stuttgart. Nach einem Bericht der Zeitung Die Welt gab es auch Razzien in Köln, Bonn und Stuttgart. In Hamburg durchsuchten Beamte demnach die Wohnung eines mutmaßlichen Mitglieds der Gruppe »Roter Aufbau Hamburg«….“ Agenturmeldung vom 05.12.2017 in der jungen Welt online- Polizei-Zugriff bei Demonstration: 27-Jähriger stellt Anzeige wegen Körperverletzung gegen Beamte – Anwalt macht auch ein Video öffentlich
„Die Demonstration gegen die Razzia nach dem G20-Gipfel hat ein juristisches Nachspiel: Ein Mann, der kurz festgenommen worden war, hat Strafanzeige erstattet. Außerdem gibt es ein Video, dass den umstrittenen Vorfall bei der Demo zeigt. Das berichtet der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der den Betroffenen vertritt. Laut Adam zeigt das Video, wie der „friedliche 27-jährige Göttinger“ mehrfach geschlagen wird und nach einem direkten Kopftreffer zu Boden geht. „Das Video zeigt weiter, wie der junge Mann am Boden liegend und um Atem ringend von den Beamten durch ein Knie im Genick fixiert wird und von anderen Beamten derart abgeschirmt wird, dass niemand Hilfe leisten kann“, so Adam. Aus Sicht des Rechtsanwalts spricht das Video für sich. „Es wurde nun Strafanzeige wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung im Amt erstattet und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Göttingen gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser enthemmten Gewalt erhoben“, sagt Rechtsanwalt Sven Adam zu den juristischen Maßnahmen. Gegen den 27-Jährigen wird laut einer Pressemitteilung der Polizei wegen Verdachts des Landfriedensbruches, des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Körperverletzung ermittelt. Adam: „Auf dem Video ist viel zu sehen. Eine Straftat des Verletzten nicht…“ Artikel von Bernd Schlegel vom 13.12.17 bei HNA online und das Video bei youtube samt der Pressemitteilung des Anwalts - [Interview mit RA Gabriele Heinecke] »Razzien rechtlich unzulässig«
„G-20-Durchsuchungen: Die BRD ist zum Polizeistaat geworden. Jeder, der zu einer Demonstration geht, soll fürchten, ins Fadenkreuz zu geraten. Ein Gespräch mit Gabriele Heinecke
(…) Mit Erstaunen habe ich Dienstag mittag gehört, die Razzia sei geführt worden, um Hintergründe und Strukturen offenzulegen. Hausdurchsuchungen dienen aber dem Zweck, Beweismittel aufzufinden. Die Razzia ist damit nicht ein Akt der Strafverfolgung, sondern der Ausforschung gegen Personen mit vermuteter linker Gesinnung gewesen. Das halte ich rechtlich für unzulässig. (…) In dem Panorama-Beitrag haben die Verdi-Mitglieder deutlich gemacht, dass es sich am 7. Juli am Rondenbarg um eine Demonstration handelte, die es in ihrer Mehrheit ablehnte, dass einzelne Gegenstände warfen. Es ist sogar geschildert worden, dass aus dem Demonstrationszug aufgefordert wurde, das zu lassen, weil es das politische Ziel gab, an den Blockadeaktionen in der Innenstadt teilzunehmen. Es ist sehr merkwürdig, dass wenige Tage nach der Ausstrahlung dieser Sendung unter anderem bei diesen Personen durchsucht wurde. (…) Der Ausgang des Verfahrens gegen Fabio V. ist sicherlich schon deshalb von Bedeutung, weil die Staatsanwaltschaft ihm keine konkreten Handlungen vorwirft und es lediglich um die Anwesenheit am Rondenbarg geht. Es wird damit die niedrigstschwellige Form einer Beteiligung verfolgt. Soweit ich weiß, gibt es bisher keine weiteren Anklagen bezüglich des Rondenbargs. Sollte es bei Fabio V. zu einer Verurteilung kommen, sind weitere Verfahren zu erwarten. Wenn er freigesprochen wird, wird sich die Staatsanwaltschaft das hoffentlich noch einmal überlegen…“ Interview von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 08.12.2017 - Frontalangriff auf die Versammlungsfreiheit
„Am Dienstag, dem 5. Dezember 2017, hat die Polizei in den frühen Morgenstunden auf der Grundlage von 25 Durchsuchungsbeschlüssen 23 Wohnungen in acht Bundesländern durchsucht. Die Durchsuchungen stehen im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Politik der G20. (…) Allein die Anwesenheit bei einer Versammlung, von der die Polizei behauptet, dort wäre hohe Gewaltbereitschaft festzustellen gewesen, soll strafbar sein. Das ist der Versuch, den Brokdorf-Beschluss außer Kraft zu setzen. Das Bundesverfassungsgericht hat 1985 erstmals die fundamentale Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit für die Demokratie hervorgehoben (…) Bei den Hausdurchsuchungen sind vor allem Computer, Laptops, Handys und weitere Speichermedien beschlagnahmt worden. Es geht darum, die Szene auszuspionieren, Daten zu sammeln und Zusammenhänge für die Polizei sichtbar zu machen. Es geht sicherlich auch um Einschüchterung und Abschreckung von der Teilnahme an Versammlungen. Und vielleicht geht es darum, wenigstens Bestrafung mit polizeilichen Mitteln durchzuführen. Der Verlust der eigenen Kommunikationsmöglichkeiten ist ein harter Eingriff, die Beschlagnahme der Dissertation kurz vor dem Abgabetermin erst recht. Betroffen waren in NRW all diejenigen, die mit der verdi-Jugend nach Hamburg gefahren waren. Alle brauchen nun die Solidarität aller Demokratinnen und Demokraten…“ Beitrag von Elke Steven vom 8. Dezember 2017 beim Grundrechtekomitee - Schluss mit Repression: G20-GegnerInnen sind nicht kriminell! Wir rufen alle auf: Geht auf die Straße! Zeigt Solidarität!
„Am Mittwoch den 05.12.2017 kam es bundesweit zu mehreren Hausdurchsuchungen gegen Linke, die Polizei sprach selbst von einer „Großrazzia“. Auch Gewerkschaftsjugendliche sind betroffen. Das Bündnis Grundrechte verteidigen! ruft zu Aktionen und breiter Solidarität auf. Anstehende Aktionen: 09.12.: 16 Uhr #Göttingen, Platz der Synagoge, 09.12.: 14 Uhr #Bonn, Friedensplatz/Ecke Sternstraße…“ Aufruf des Bündnisses Grundrechte verteidigen! leider nur bei Fratzebuch - RAV: Verteidigt das Demonstrationsrecht! Zu den bundesweiten Durchsuchungen der Polizei Hamburg – SoKo ›Schwarzer Block‹ am 5. Dezember 2017
„Wenn der Polizeipräsident der Stadt Hamburg unter Verletzung der Grundsätze der Unschuldsvermutung und der Gewaltenteilung Verdächtige öffentlich als »bekannte Täter« betitelt, ist dies rechtsstaats- und menschenrechtswidrig und geeignet, eine Atmosphäre des Prangers und der Vorverurteilung zu schaffen. Aktuell führe die Soko ›Schwarzer Block‹ 3.000 Ermittlungsverfahren, mehrere hundert gegen namentlich bekannte Beschuldigte, die Zahl steige kontinuierlich an, erklärte gestern der Hamburger Polizeipräsident Meyer auf einer Pressekonferenz, von einem »in seiner Gesamtheit gewalttätig handelnden Mob« war die Rede. Die inzwischen bekannten und in öffentlicher Hauptverhandlung vor Gericht gezeigten Videos indes sprechen dafür, dass es sich hierbei um eine Falschbehauptung handelt. (…) Die nunmehr erfolgten Durchsuchungen sind offensichtlicher Vorwand zum Ausspionieren linker Zusammenhänge. Die der Durchsuchung zu Grunde gelegten Beschlüsse sind bereits vor zwei Monaten erlassen worden, die vorgeworfenen Taten stammen von Juli 2017. Hier wird vorrangig Skandalisierung betrieben, mit dem Ziel, das kritisierte, gewalttätige Verhalten der Polizei gegenüber Demonstrierenden zu rechtfertigen. Die Proteste sollen durch die Behauptung einer zentral gesteuerten Militanz diskreditiert werden. Wenn weiter suggeriert wird, man werde mit dem Mittel der Wohnungsdurchsuchung näher an den »Kern der autonomen Szene« herankommen, und wenn man die Zahl von 3.000 Ermittlungsverfahren bedenkt, wird deutlich, dass sich diese Verdachtskonstruktion und Maßnahmen als ein Schlag gegen das Demonstrationsrecht erweisen. Das erhellt sich auch aus der Ankündigung der Anwendung eines ›Recherchetools‹, das ab Dezember 2017 die Öffentlichkeitsfahndung ermöglichen soll. (…) Rechtsanwältin Gabriele Heinecke, Mitglied des Bundesvorstands des RAV und während G20-Gipfels Pressesprecherin des Anwaltlichen Notdienstes erklärt dazu: »Wem an dem Erhalt der Demokratie liegt, sollte durch die Erfahrungen während des G20-Gipfels gewarnt sein. Im Juli herrschte in Hamburg polizeilicher Ausnahmezustand mit einer flächendeckenden Aushebelung von Grundrechten für Gipfelgegner. Die Eskalationsstrategie eines Herrn Dudde war provokant, die Folgen bedacht und offenbar gewollt. Die nun erfolgte pauschale Ächtung von Demonstranten als ›Mob‹ ist maßlos. Und der wiederholte Ruf nach dem harten Staat hat bisher nur zu weniger Demokratie, nicht aber Lösungen geführt«.“ Aus der Pressemitteilung des RAV vom 6.12.2017 (noch nicht online) - Schill-Justiz und Polizei konstruieren sich Landfriedensbruch für von ihnen Schwerverletzte
„… Die Durchsuchungswelle wurde koordiniert von der selbst betitelten „Sonderkommission Schwarzer Block“ unter der SoKo-Leitung von Jan Hieber und dem Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer. Nach Polizeiangaben erfolgte das Eindringen in die Privatwohnungen von Aktivist*innen im Zuge der Ermittlungen zu einem Demonstrationszug im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld. Dort sind Bundespolizist*innen in der Strasse Rondenbarg gegen 200 Demonstrierende vorgegangen denen Landfriedensbruch vorgeworfen wird. Dabei ging es nicht um Beweise in laufenden Ermittlungsverfahren zu finden, sondern so Soko Leiter Hieber, Beweise für die jetzt „Beschuldigten“ für ihre „Planung, Vorabsprache und Ausführung“ dieser Demonstration (!) zu liefern. (…) Ziel der Durchsuchungen sei es Beweise für strafbare Handlungen zu finden sowie Informationen über die Kommunikationsnetzwerke Linker Aktivist*innen zu sammeln, welche angeblich Straftaten vorbereitet hätten. Von der Sonderkommission ist außerdem geplant, dass vor dem Jahreswechsel noch eine Öffentlichkeitsfahndung stattfinden soll. Insgesamt sollen 3 Tausend Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Dafür werden 25 Tausend Einzelvideos von der Sonderkommission ausgewertet sowie 7 Tausend Dateien von Privatpersonen und 100 Festplatten aus öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Behörden gehen von 5000 Aktivist*innen aus welche angeblich Straftaten begangen hätten. Damit will sich die von dem AfD Vorläufer Schill-Partei geprägte Hamburger Justiz und Polizei ( Einsatzplaner: Dudde) ein Denkmal der präventiven Illegalisierung jeglichen Protest gegen die herschender Poltik setzen…“ Text der Sendung vom 5. Dezember 2017 von und bei Radio Dreyeckland mit dem Update: Mittwoch 18 Uhr Freiburg-Bertoldsbrunnen: Kundgebung nach bundesweiter Razzia gegen G20-Gegner*Innen Auf Indymedia findet ihr den Demonstrationsaufruf: Kundgebung am 6.12. in FR: Fight Repression – United we stand ! - Rote Hilfe e.V. verurteilt Razzien gegen G20-Gegner*innen
„Heute ab sechs Uhr morgens durchsuchte die Polizei 25 Objekte in acht Bundesländern. Betroffen waren 23 Privatwohnungen sowie das Linke Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart und das Rote Zentrum in Göttingen.Den Beschuldigten wird vorgeworfen, während der Proteste gegen den G20 Gipfel an einer gewalttätigen Demonstration am Rondenbarg teilgenommen und sich des Landfriedensbruchs schuldig gemacht zu haben. Die Razzien wurden durchgeführt, um Informationen über angebliche Vorbereitungen gewalttätiger Proteste zu bekommen, so die offizielle Version der Polizei. Es wurden zahlreiche Laptops und Speichermedien beschlagnahmt. (…) Hier wird wohl offenbar versucht, eine Demonstration gegen den G20-Gipfel zu einer insgesamt gewalttätigen Gruppe zu stilisieren, um alle Aktivist*innen auch ohne konkrete Beschuldigung wegen Landfriedensbruchs verurteilen zu können. Es wird auf eine diesbezügliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom vergangenen Jahr verwiesen. Nicht erwähnt auf der heutigen Pressekonferenz der Polizei wurde allerdings, dass sich diese BGH-Entscheidung auf gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Gruppen von Fußball-Hooligans bezieht und ganz explizit nicht auf politische Demonstrationen. Damit steht diese Argumentation noch nicht einmal auf wackligen Füßen. Die Verfahren gegen Angeklagte wie zum Beispiel Fabio V. müssten demnach sofort mit Freispruch beendet werden…“ Pressemitteilung vom 05.12.17 - Hausdurchsuchungen bei SprecherInnen des Bündnis „Grundrechte vereidigen!“ und GewerkschafterInnen
„Der Koordinierungskreis des Bündnis „Grundrechte verteidigen“ verurteilt die bundesweiten Hausdurchsuchungen gegen die Anti-G20-DemonstrantInnen. Unter den Durchsuchten befinden sich auch die beiden SprecherInnen unseres Bündnisses, Julia Kaufmann und Nils Jansen. (… ) Um diese Angriffe auf die Demonstrations- und Pressefreiheit zu rechtfertigen, versucht sie nun, uns per Hausdurchsuchungen als gefährliche Kriminelle darstellen. Doch kriminell ist die Einschränkung unserer Grundrechte und die Politik der G20 – nicht der Protest dagegen. (…) Die aktuellen Hausdurchsuchungen sind ein Versuch, aus dieser Defensive herauszukommen. Die Polizei versucht, die dortige politische Demonstration als Aufmarsch von Hooligans darzustellen. Das Vorgehen der Polizei zielt darauf ab, in Zukunft jeden Demonstranten für Eskalationen bei Demonstrationen verantwortlich zu machen – auch wenn er selbst gar nicht beteiligt war, oder die Eskalation von der Polizei ausging. Von dieser repressiven Entwicklung sind alle betroffen, die vorhaben, sich irgendwann einmal an Demonstrationen zu beteiligen. Die Hausdurchsuchungen reihen sich ein in einen Generalangriff auf demokratische Rechte in der BRD.“ Unser Bündnis „Grundrechte verteidigen“ steht solidarisch an der Seite der von den Durchsuchungen betroffenen Menschen. Weitere Informationen über unsere geplante Aktivitäten folgen.“ Aus der Pressemitteilung des Bündnisses „Grundrechte verteidigen!“ vom 5.12.2017 (vorerst per e-mail)- Im Rahmen der Großrazzia gegen Links wurden heute früh 6 Wohnungen von Bonner ver.di KollegInnen durchsucht. Die Polizei drang um 6:00 Uhr früh in die privaten Wohnungen der KollegInnen und ihrer Familien ein, es wurden Handys, Laptops und weitere private Gegenstände beschlagnahmt. Siehe zum Hintergrund unser Dossier „Demonstrationsrecht verteidigen! Aufruf zum Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte“ – eine Initiative der Ver.di Jugend NRW-Süd nach ihren Erfahrungen bei G20: Mehrere waren vorübergehend festgenommen worden…
- Siehe auch: »Die Hausdurchsuchungen sollen uns als gefährliche Kriminelle darstellen«. Interview mit einer jungen Gewerkschafterin aus Bonn über die Razzia in ihrer Wohnung von Kevin Hoffmann vom 05.12.2017 beim ND online
- Für das brutale Vorgehen auch in Göttingen siehe den Artikel mit vielen O-Tönen vom 05.12.2017 bei Göttinger Tageblatt online : Polizei durchsucht Wohnungen der Göttinger linken Szene
- Stuttgart: Hausdurchsuchung im Linken Zentrum und mindestens einer weiteren Wohnung in Stuttgart – Soli-Kundgebung nach G20-Hausdurchsuchungen. Siehe Infos vom 5.12.2017 auf der Homepage des Linken Zentrums Lilo Herrmann
- Und zur Darstellung durch die Hamburger Polizei siehe den kritischen Beitrag von Stefan Buchen vom 05.12.2017 beim NDR : „G20-Razzia: Durchbruch bei den Ermittlungen oder PR-Bluff?“ Die darin behauptete Kollektivschuld durch „ostentatives Mitmarschieren“ ist u.E. ein bewusster Angriff auf das Demonstrationsrecht, kein PR-Gag, der zudem zu Lasten vieler verübt wurde!
- Die interventionistische Linke verurteilt in ihrer Pressemitteilung vom 5.12.2017 die Hamburger Polizeitaktik und erklärt sich solidarisch mit den Durchsuchungsbetroffenen sowie verweist auf das Gewaltproblem der Hamburger Polizei, das sich auch bei dem Einsatz rund um den AfD Parteitag in Hannover am 2. Dezember zeigte und schlußfolgert: „… Es ist überfällig, dass der Hamburger Senat und die Hamburger Polizei endlich das Scheitern ihrer Eskalationsstrategie und des G20 Gipfels eingestehen. Die iL fordert die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Aktivist*Innen, die Freilassung der G20 Gefangenen, und eine ernsthafte Aufarbeitung der Polizeigewalt…“ Dem schliessen wir uns an!
- Polizei-Zugriff bei Demonstration: 27-Jähriger stellt Anzeige wegen Körperverletzung gegen Beamte – Anwalt macht auch ein Video öffentlich
- Fabio: „Ich habe gegen die G20 protestiert, weil es gerecht ist, das zu tun!“
„Ein Interview mit Fabio Vettorell, der während der Anti-G20-Proteste in Hamburg verhaftet wurde und danach mehr als fünf Monate in Untersuchungshaft sitzen musste, obwohl ihm selbst im nun laufenden Gerichtsverfahren keine Gewaltanwendung gegen Polizisten oder ähnliches vorgeworfen wird…“ Interview vom 4.12.2017 bei Pespektive online – der nächste Verfahrenstermin ist am 3.1. um 8:30 am Amtsgericht Altona
- Prozess gegen Fabio – Bericht vom 27.11.2017
„Das Wichtigste: Fabio ist gegen eine Kaution von 10.000 € und Auflagen (3mal wöchentlich bei der Polizei melden, ladefähige Zustelladresse, Wohnsitz in Hamburg) von der Haft verschont. Es folgt eine Erklärung der RAin Heinecke: Die Vorgabe bis ins Detail ans Gericht vom OLG ist vom Stil her autoritär und eine Missachtung dieses Gerichts. Es enthält Unterstellungen („schädliche Neigung, Erziehungsfehler…,) sowie falsche Angaben (Maria Rocco ist nicht Fabios Lebensgefährtin). Sie enthält den Vorwurf des Schweren Landfriedensbruchs, wenn dieser wegen fehlender Tat nicht nachweisbar sei, solle die Verurteilung wenigstens auf Beihilfe zum schweren Landfriedensbruch hinauslaufen. Diese Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz ist nicht hinnehmbar wegen Bevormundung des Gerichts. Die RAin hofft, dass das Gericht zwischen Vorgabe, Suggestion und Wahrheitsfindung unterscheiden kann und wird…“ Bericht vom 2.12.2017 bei UNITED WE STAND
- Proteste gegen G20: Falkin gewinnt Prozess gegen Polizei – und soll zahlen
„… Das Hamburger Verwaltungsgericht hat auch in einer zweiten Entscheidung den Polizeieinsatz gegen den Bus der jungsozialistischen Jugendgruppe »Die Falken« vor den G20-Protesten für rechtswidrig erklärt. Die Klägerin muss laut Gerichtsurteil aber trotzdem die Kosten des Verfahrens bezahlen, wie das NDR am Dienstag berichtete. (…) Wie der NDR berichtet, begründet das Gericht seine Entscheidung damit, dass sich Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) im Juli bereits im Innenausschuss der Bürgerschaft für das Vorgehen der Polizei entschuldigt habe – und die Innenbehörde deshalb »keine Veranlassung für die Klage gegeben« habe. Die Klägerin hätte deshalb zunächst bei der Innenbehörde nachfragen müssen, ob sie ihr Verhalten beim G20-Gipfel als rechtswidrig anerkenne, und weil sie das nicht tat, müsse sie jetzt die Kosten zahlen. Der Anwalt der Jungsozialistin zeigte sich darüber verwundert und kündigte Widerspruch gegen die Entscheidung an…“ Meldung von und bei neues Deutschland vom 29. November 2017
- G20-Gegner Fabio V. ist frei – Winter in Hamburg
„Nach fast fünf Monaten wurde der 18-jährige Italiener Fabio V. heute aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Prozess wird noch Monate dauern. (…) Über seine Haftverschonung hatte das Oberlandesgericht schon am Freitag entschieden – allerdings so spät am Nachmittag, dass seine Verteidiger*innen die Entlassung nicht mehr vor dem Wochenende und dem heutigen Gerichtstermin organisieren konnten. Die Richter*innen haben hohe Auflagen verhängt: V. muss sich drei Mal pro Woche bei der Polizei melden. (…) Den Winter werden V. und seine Mutter, die aus dem norditalienischen Bergstädtchen Belluno kommen, in Hamburg verbringen müssen – der Prozess wird sich noch bis Mitte Februar hinziehen. Auf die Frage der Richterin, wie viele Termine die Verteidiger*innen noch für nötig hielten, sagte V.‘s Anwältin Gabriele Heinecke heute, beim fünften Prozesstermin: „Die Verteidigung hat ja noch gar nicht richtig angefangen zu verteidigen.“..“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 27.11.2017 bei der taz online
- Grundrechtekomitee fordert unverzügliche Freilassung von Fabio V. – Amtsgericht Altona dafür, Staatsanwaltschaft dagegen
„Das Komitee für Grundrechte und Demokratie kritisiert die unvermindert andauernde Untersuchungshaft des 18-jährigen Fabio Vettorel scharf. Wir fordern das Gericht auf, dem heute erneut durch die Verteidigung gestellten Antrag auf Beendigung der U-Haft zu folgen. Auch am vierten Verhandlungstag konnte Fabio V. keine unmittelbare Beteiligung an Würfen oder sonstigen strafrechtlich relevanten Tatbeständen nachgewiesen werden. Keiner der bisher vier vernommenen Polizeizeugen konnte Fabio belasten oder sich auch nur an seine Anwesenheit im Demonstrationszug erinnern. Des Weiteren konnten diese auch keine einheitliche Schilderung der Situation abgeben. Vor allem bezüglich eines vermeintlich „kurzen und massiven“ Steinwurfes an der Kreuzung „Schnackenburgallee – Rondenbarg“ unterscheiden sich die Aussagen der Polizisten untereinander und weichen zudem von dem in der Hauptverhandlung gezeigten Videomaterial ab. Ein weiterer junger Mann, Konstantin P., wurde am Montag aus der Haft entlassen, da es keinen hinreichenden Tatverdacht mehr gebe. Dies trifft ebenso auf Fabio V. zu, auch wenn die Staatsanwaltschaft verbissen an den sichtbar konstruierten Vorwürfen festhält…“ Pressemitteilung vom 15. November 2017 von und beim Komitee für Grundrechte und Demokratie – Am 16.11. hat Amtsgericht Altona entschieden, dass der 18-jährige G20-Demonstrant eigentlich aus der Untersuchungshaft entlassen werden kann. Da die Staatsanwaltschaft jedoch Beschwerde eingelegt hat, bleibt er aber erstmal in Haft… Am Mo. 27.11. ist der nächste Prozesstag im Verfahren gegen #Fabio. Freinehmen & 8.30 Uhr zum Amtsgericht Altona kommen!
- Erklärung von Fabio V. anlässlich der Sitzung am 07. November 2017 im Amtsgericht Hamburg-Altona
„Frau Richterin, Frau Schöffin, Herr Schöffe, Frau Staatsanwältin, Herr Jugendgerichtshelfer, Sie müssen heute über einen Mann urteilen. Sie haben ihn als „aggressiven Kriminellen“ und als „respektlos gegenüber der Menschenwürde“ bezeichnet. Mich persönlich kümmert es nicht, mit welchen Attributen Sie mich benennen. Ich bin nur ein Junge mit einem starken Willen. Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Herrschaften Politiker, Polizeikommissare und Staatsanwälte wahrscheinlich glauben, dass sie den Dissens auf den Straßen aufhalten können, indem sie ein paar Jugendliche festnehmen und einsperren. Wahrscheinlich glauben diese Herrschaften, dass das Gefängnis ausreicht, um die rebellischen Stimmen aufzuhalten, die sich überall erheben. Wahrscheinlich glauben diese Herrschaften, dass die Repression unseren Durst nach Freiheit aufhalten wird. Unseren Willen, eine bessere Welt zu erschaffen…“ Lesenwerte Erklärung von Fabio V. dokumentiert am 8. November 2017 bei UNITED WE STAND , siehe dazu auch:- G-20-Verfahren: Überfordert ein junger Italiener die Hamburger Justiz?
„… Aber selbst die Staatsanwaltschaft beschuldigt Fabio nicht, eigenhändig Gewalt ausgeübt zu haben. Die Anklage beruht allein darauf, dass der junge Fabrikarbeiter aus Italien an jenem Protestzug teilgenommen habe. Der Angeklagte schweigt also zu den konkreten Umständen der Demo am Morgen des 07. Juli. Dennoch widerspricht seine heutige Erklärung vor Gericht einer Kernaussage der Ankläger: dass es Leuten wie Fabio um die „Ausübung von Gewalt“, „die Begehung von Straftaten“ und nicht um die „Vermittlung politischer Botschaften“ gehe. (…) Die Staatsanwaltschaft setzt auf das Druckmittel der Untersuchungshaft. Die dauert für Fabio nun schon vier Monate. In einem Schreiben an seine Verteidigerin schlägt die Staatsanwaltschaft einen Deal vor: wenn der Angeklagte sämtliche Tatvorwürfe eingestehe, sei seine Freilassung aus dem Gefängnis „wahrscheinlich“. (…) Bleibt die schwierige Frage: was soll der Angeklagte genau gestehen? (…) Ist man ein Straftäter, der ins Gefängnis gehört, wenn man die Überzeugung hat, dass nicht nur Putin, Erdogan und Xi Jinping, sondern auch die liberale Demokratie „bei der Lösung unserer Probleme“ versagt? Das ist die Frage, um die es ab jetzt bei diesem Strafprozess geht. Für die Hamburger Justiz scheint das eine schwierige geistige Herausforderung zu sein…“ Beitrag von Stefan Buchen vom 8. November 2017 bei Panorama online - Es ist jetzt schon ein juristischer Skandal! Auch zu den nächsten Gerichtsterminen wird es vor dem Amtsgericht Hamburg-Altona, Max-Brauer-Allee 91, eine Kundgebung „Freiheit für Fabio und alle anderen G20-Gefangenen!“ geben: am Di. 14. Nov. 2017 ab 11:30 Uhr und am Mi. 15. Nov. 2017, ab 08:30 Uhr
- G-20-Verfahren: Überfordert ein junger Italiener die Hamburger Justiz?
- G20: Polizei soll rechtswidrig Granatpistole eingesetzt haben
„Während der G20-Krawalle verschossen Polizisten Reizgas und Gummimunition mit einer Mehrzweckpistole. Womöglich hätten sie das in Hamburg nicht gedurft. Den Verantwortlichen droht juristischer Ärger. (…) Laut Angaben der Innenbehörde verschossen auswärtige Polizisten in 15 Fällen Gummimunition und in 67 Fällen Reizgas aus einer Mehrzweckpistole (MZP1). (…) Linken-Politikerin Schneider beruft sich auf eine Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums, die dem SPIEGEL vorliegt. Demnach fallen HK69 und HK169 unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Sie firmieren in der Kriegswaffenliste der Bundesrepublik unter der Kategorie „Granatmaschinenwaffen, Granatgewehre, Granatpistolen“. Ein Sprecher von Heckler & Koch bestätigte dem SPIEGEL, eine MZP1 sei eine Granatpistole. „Sie zählt nicht zur Kategorie der Pistolen, sondern zur Kategorie der Granatwerfer.“ (…) Die Linken-Politikerin Schneider sagte, vor diesem Hintergrund prüfe ihre Fraktion „eine Strafanzeige gegen Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde und weitere Polizeiführer wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz“. Ob das Gesetz für die Polizei anwendbar ist, dürfte dabei zu klären sein…“ Beitrag von Ansgar Siemens vom 7. November 2017 bei Spiegel online , siehe dazu:- Einsatz von Granatpistolen beim G20-Protest
„… „Ich finde, es muss wirklich an die Öffentlichkeit gelangen mit welcher Brutalität dort vorgegangen wurde. Ich selbst bin als demomedic vor Ort gewesen. Wir waren zu dritt. In der zweiten Nacht räumten Polizisten mit granatpistolen im Kaliber 40mm (…) die Straßen der Stadt. Schossen sogar auf Leute die friedlich auf Dächern saßen. Nicht auszudenken was passiert wäre wenn eine Person auf dem Dach getroffen worden wäre. Wir waren am Schulterblatt Ecke neuer Pferdemarkt als es aus der Schanze mehrfach laute Schüsse gab. Ein Kollege und ich rannten, unter Begleitung dreier usk beamte Richtung der Schüsse. Wir zogen einen verletzten von der Straße der stark am Kopf blutete. Die usk beamten rannten plötzlich los und waren weg. Plötzlich kam ein Polizist einer BFE Einheit auf mich zu, drückte mir eine dieser Hülsen bzw. Patronen in die Hand und sagte:“ Hier, das hat ihn getroffen. Sorgt dafür dass die Leute erfahren was hier abgeht“ Mein Kollege und ich waren sehr perplex, da wir so ein Verhalten absolut nicht erwartet haben. Ich gab dem Polizist, der sichtlich mitgenommen war, eine Flasche Wasser und er bedankte sich und meinte noch wir würden hier einen super Job machen. Wir begriffen erst später was dies bedeutete… Der Polizist war Teil DER Einheit die in Abstand hinter den granatschützen herliefen und die illegale Munition einsammelten.. wir waren baff“…“ Beitrag von Laura Stern vom 8. November 2017 bei Ramba Zamba
- Einsatz von Granatpistolen beim G20-Protest
- DON’T TRY TO BREAK US – WE’LL EXPLODE Der G20 2017 in Hamburg
„Der G20 Gipfel 2017 provozierte die bislang heftigsten Auseinandersetzungen in Deutschland in diesem Jahrhundert. Wir waren vor Ort und haben kontinuierlich berichtet; in dem Monat, der seitdem vergangen ist, haben wir die Berichte aus Hamburg zusammengebracht und einen komplette Chronologie und Analyse hergestellt. Herausgekommen ist eine epische Geschichte von Staatsgewalt und breitem Widerstand dagegen, welcher auf diesem Level bislang sowohl in den USA wie auch in Nordeuropa kaum beobachtet werden konnte…“ umfassender Bericht und Analyse vom 24.10.2017 von und bei CrimethInc. in der Kurzversion und der Langversion von 48 Seiten
- Wir Müssen Reden. G20-Gipfel in Hamburg, Grundrechte und die Gewerkschaften
„Wir sind Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und haben an den verschiedenen Aktivitäten gegen den G20-Gipfel in Hamburg teilgenommen. Wir haben uns an den Demonstrationen beteiligt, haben auf dem Gegengipfel diskutiert, zivilen Ungehorsam erprobt oder Menschen untergebracht, die zu den Hamburger Gegenaktivitäten angereist waren, haben vor Ort in den Betrieben mit Kolleginnen und Kollegen kritisch über den Gipfel diskutiert und vieles mehr. Auch als Gewerkschafter*innen sehen wir die Notwendigkeit einer persönlichen, organisationsinternen, institutionellen und politischen Aufarbeitung der Geschehnisse um den G20 in Hamburg als unerlässlich an; sie hat gerade erst begonnen. Einen Beitrag hierzu haben wir im Rahmen einer gewerkschaftlichen Auswertungsveranstaltung geleistet, in der die folgenden Positionen entstanden sind….“ Erklärung gewerkschaftlicher Aktivist*innen zu den G20 Protesten vom 23. Oktober 2017 zum Mitzeichnen: „Als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter werden wir uns an der Verteidigung unserer demokratischen Grundrechte beteiligen!“
- [7.11.2017] Freiheit für Fabio und alle anderen G20-Gefangenen!
„Am 7.11.2017 geht der Prozess gegen unseren italienischen Genossen Fabio weiter, der seit dem G20-Gipfel in Untersuchungshaft sitzt. Gemeinsam mit der Kampagne #UnitedWeStand rufen wir am 7.11. zu einer Kundgebung vor dem Amtsgericht Hamburg-Altona auf. Wir wollen unsere Solidarität mit Fabio zeigen und ihm zurufen: Danke, dass du nach Hamburg gekommen bist, um mit uns gemeinsam gegen den Wahnsinn der Welt aufzustehen! Daran gibt es nichts zu bereuen. Sie haben dich eingesperrt und angeklagt, aber sie meinen uns alle! Das Verfahren gegen Fabio zeigt besonders deutlich, dass es bei den G20-Prozessen nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine Abschreckungs- und Gesinnungsjustiz geht…“ Aufruf von und bei IL zur Kundgebung am Di. 07. Nov. 2017 in Hamburg ab 08:30 Uhr am Amtsgericht Hamburg-Altona, Max-Brauer-Alee 91
- »Demokratie abschaffen ist kein Schutz vor Terror«. Über Aufstandsbekämpfung ohne Aufstand, Feindstrafrecht und die Instrumentalisierung vermeintlicher Gefahren
Ein Interview von Kristian Stemmler mit Gabriele Heinecke bei der jungen Welt vom 28. Oktober 2017 , in dem die Rechtsanwältin aus Hamburg und Mitglied im Bundesvorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins e. V. (RAV) zum G20-Gipfel feststellt: „… Es war eine interessengeleitete Verursachung von Hysterie. »Bürgerkriegsszenario« suggeriert einen organisierten, bewaffneten Kampf um die Herrschaft. Das war erkennbar nicht der Fall. Allerdings hat es mit einer über 30.000 Beamte zählenden Polizeiarmee, Tausenden Einsatzfahrzeugen, Räumpanzern, Wasserwerfern, Hubschraubergeschwadern, Polizeihunden die Demonstration eines Polizeistaatsszenarios gegeben. Prof. Hans Alberts von der Hochschule der Polizei in Münster hat in der Süddeutschen Zeitung kommentiert, dass der in Hamburg agierenden Einsatzleitung wohl bekannt war, dass eine harte Linie zur Eskalation führt. Die war gewollt…“ Und zum 18 Jahre alten Italiener Fabio V., den Gabriele Heinecke verteidigt: „Bei mir trägt der Fall den Titel »Feindstrafrecht«. Es wird nicht behauptet, dass Fabio selbst Steine geworfen hätte, sondern dass er sich in der Demonstration befunden hätte, als andere geworfen hätten. (…) Die Richter haben ihn nie gesehen, nie mit ihm gesprochen, sie wissen nichts von ihm. Die Entscheidung ist hasserfüllt wie gegen einen Feind, sie hat – bildlich gesprochen – Schaum vor dem Mund…“
- Aufarbeitung der G20-Protesttage: »Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen«
Der Sozialwissenschaftler Peter Ullrich im Interview über die schleppende Aufarbeitung der G20-Protesttage: „… Auch im europaweiten Vergleich war das kein besonders herausragendes Ereignis. In vielen Ländern gibt es häufigere und stärkere Konfrontationen. Drittens muss man die Gewalt in den Kontext der Protestwoche stellen. Dort hat sich eine Gewaltspirale ereignet, an der verschiedene Akteure mitgedreht haben. Gerade der Polizei muss man eine Teilverantwortung an dieser Zuspitzung geben. (…) Es ist nicht unplausibel anzunehmen, dass der Einsatz des SEK beispielsweise auch Teil dieser Machtdemonstration war. Dazu gehören aber auch die zahlreichen Wasserwerfer und der Panzer, der extra zuvor angeschafft worden war. Man kann den G20-Gipfel als eine Art Zurschaustellung von zu Technik geronnener männlicher, autoritärer Macht begreifen. (…) Ich habe das Gefühl, dass da Unprofessionalität und eine extrem autoritäre Linie zusammenkamen. Wir konnten bisher nicht abschließend feststellen, ob schlicht vergessen wurde, Beweise zu sichern oder es diese niemals gegeben hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass an beiden Szenarien etwas dran ist. (…) Was wir in Hamburg gesehen haben, waren völlig entgrenzte Sicherheitsorgane…“ Interview von Sebastian Bähr vom 24.10.2017 beim ND online
- G20-Prozess gegen Aktivisten Fabio V. vertagt
Befangenheitsantrag sorgt für Aussetzung der Hauptverhandlung / Italiener bleibt weiterhin in Untersuchungshaft. Artikel von Samuela Nickel vom 16.10.2017 beim ND online – nach unseren Informationen findet die nächste Kundgebung für G20-Gefangenen am 18.10. um 13h am Amtsgericht Mitte in Hamburg statt, nicht am 17.10.!
- Verfahren gegen G20-Demonstrant: Aus Mitläufer wird Gewalttäter
„… Die „Bevölkerung“, die laut Oberstaatsanwalt „einen Anspruch“ auf die Bestrafung von Fabio und den anderen G-20-Tätern habe, könnte von dem Angeklagten allerdings einen weitaus negativeren Eindruck bekommen, wenn sie das „Hamburger Abendblatt“ liest. Dort heißt es am 17.10.: „Fabio V. soll laut Anklage 14 Steine und vier pyrotechnische Gegenstände geworfen haben…“. Dabei teilte die Staatsanwaltschaft mit, aus der Demonstration seien insgesamt „mindestens 14 Steine und vier pyrotechnische Gegenstände“ geworfen worden. Auf Anfrage wollte sich das Abendblatt zu der Falschdarstellung nicht äußern. Die Zeitung teilte lediglich mit, man wolle in der Ausgabe vom 18.10. eine Richtigstellung veröffentlichen. Ein absichtlicher Fehler ist tatsächlich unwahrscheinlich, aber dass der Fehler niemandem auffiel, passt schon etwas in die Zeit. Wie gesagt: Nicht einmal die Staatsanwaltschaft wirft Fabio vor, eigenhändig Gegenstände geworfen zu haben – und dann gleich mindestens 18! Angesichts der kurzen Zeit, die zwischen der Einkesselung der Demo und dem Sturm der Polizei verging, laut Polizeivideo waren es 39 Sekunden, hätte selbst ein vielarmiges Wesen seine Mühe gehabt, 18 Gegenstände zu werfen und an vier davon noch Feuer zu legen. Der Diskurs um die G-20-Täter scheint in Hamburg so weit von jeglicher Rationalität abgedriftet zu sein, dass man ganz grundsätzliche Dinge in Erinnerung rufen muss: Fabio V. ist keine Krake, sondern ein Mensch…“ Beitrag von Stefan Buchen vom 17.10.17 beim NDR
- »Von Fairness kann keine Rede sein«. Kim König von der Roten Hilfe Hamburg über die Verfahren gegen G20-Gipfelgegner
„Bisher war in den Medien die Rede von 2000 Straftaten, die während der Gipfelproteste verzeichnet worden seien. Diese Zahl erscheint mir immens hoch. Die vermeintlichen Straftaten wurden bisher nicht weiter differenziert und nichts über die Schwere geäußert. Dass diese Zahl wahrscheinlich nach oben korrigiert wird und alle Straftaten auch Ermittlungsverfahren nach sich ziehen, halte ich für wenig verwunderlich. Es passt zum repressiven Vorgehen vor und während des Gipfels. Die Zielrichtung hierbei ist klar: Es geht um die Delegitimierung und Entpolitisierung der Proteste, die einzig und allein als einzudämmendes Sicherheitsrisiko behandelt wurden. (…) Wir haben es also eher mit einer doppelten Signalwirkung zu tun: Einerseits sollen die hohen Urteile in den ersten Verfahren auch für alle künftigen Gelegenheiten abschrecken bis hin zu der Frage, ob man es überhaupt noch wagen kann, an einer Demonstration teilzunehmen. Andererseits sollen die Aktivist_innen durch Repression davon abgehalten werden, sich zu organisieren und zu artikulieren. Hier sollen Personen dafür abgestraft werden, dass sie ihre Stimme und ihr Gesicht einer breiten Mobilisierung gegen den G20-Gipfel zur Verfügung gestellt haben. Ihnen tatsächlich Straftaten nachzuweisen, dürfte schwierig werden…“ Interview von Gaston Kirsche vom 16.10.2017 beim ND online
- »Der Gipfel – Performing G20« (Nachbericht)
„Gut drei Monate ist es her, dass der G20-Gipfel in Hamburg zu Ende ging und eine Aufarbeitung der Geschehnisse ist noch nicht in Sicht. Nun fanden erstmals Bewegtbilder des Gipfelgeschehens den Weg auch ins Kino. Im Film „Der Gipfel – Performing G20“ zeigt der Filmemacher und Regisseur Rasmus Gerlach auf großer Leinwand viele der bislang noch unveröffentlichten Bilder vom Juli diesen Jahres und beeindruckt damit sowohl Publikum als auch teilnehmende Protagonisten…“ Ein Nachbericht von Max Bryan vom 15. Oktober 2017 mit Infos zum Film (leider) bei Fratzebuch
- Initiative „Demonstrationsrecht verteidigen!“ ruft auf: Stärken wir Fabio V. und den anderen politischen Gefangenen den Rücken!
„Der Kongress erklärte sich solidarisch mit den politischen Gefangenen von NAV-DEM und G20, und will in den aktuellen G20-Verfahren eine Prozessbegleitung organisieren. Die nächste wichtige Gelegenheit dafür ist der Prozess von Fabio V., der seit G20 in U-Haft sitzt, weil es keinen deutschen Pass hat. Fabio ist der erste Aktivist, der am Rondenbarg festgenommen wurde, wo auch die Mitglieder der ver.di Jugend NRW-Süd inhaftiert wurden. Zu Fabio’s Prozessterminen wird es Solidarität vor dem Gericht geben, gemeinsam mit „United we Stand“ – die bisherigen Termine: Mo. 16.10, Di. 17.10, Di. 07.11.
Wir rufen außerdem auf zum Aktionstag am Tag X der Urteilsverkündigung: Mit einer Kundgebung mit Pressekonferenz vor dem Gerichtssaal sowie vielfältiger, kreativer Solidarität aus den Städten werden wir den Prozess politisch kommentieren und klare Kante zeigen gegen die politischen G20-Verfahren. Wir rufen alle auf: Beteiligt euch! Zeigt eure Solidarität mit Grußbotschaften, Fotos und Videos für Fabio und sendet sie an info@demonstrationsrecht„. Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Demonstrationsrecht verteidigen! Aufruf zum Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte
- G20-Krawalle: Staatsanwaltschaft stellt erste Verfahren gegen Polizisten ein
„Rund 100 Strafverfahren gegen Polizisten laufen wegen des G20-Einsatzes – meist geht es um den Vorwurf der Körperverletzung im Amt. Nun haben die Ermittler erste Entscheidungen gefällt. (…) Es habe sich in beiden Fällen kein Tatverdacht ergeben. Insgesamt ermittelt die Behörde in etwa 100 Fällen gegen Polizisten, überwiegend wegen des Vorwurfs Körperverletzung im Amt. (…) Am Montag beginnt vor dem Amtsgericht Hamburg-Altona ein weiterer Prozess. Angeklagt ist der 18-jährige Italiener Fabio V. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm schweren Landfriedensbruch vor, außerdem versuchte gefährliche Körperverletzung und einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte…“ Artikel von Ansgar Siemens vom 13.10.2017 beim Spiegel online – wann hören die auf, von „Krawallen“ zu reden?
- Digitale Aufrüstung. Nach dem G20-Gipfel nimmt der Verfolgungswille gegen radikale Linke weiter zu
„Mindestens 3 000 Ermittlungsverfahren will die Hamburger Polizei wegen Straftaten während der Proteste gegen den G20-Gipfel eröffnen. Eine Sonderkommission sichtet umfangreiches Bildmaterial…“ Artikel von Gaston Kirsche in der jungle World vom 05.10.2017
- Prozesse nach dem G20-Gipfel: „Missbrauchsgebühr“ für Anwältin
„Waren auf einem Video Steinwürfe von Demonstranten zu erkennen? Eine Strafverteidigerin verneinte das und muss nun 600 Euro bezahlen. Das Bundesverfassungsgericht hat der linken Hamburger Anwältin Gabriele Heinecke eine „Missbrauchsgebühr“ in Höhe von 600 Euro auferlegt. Sie habe in einem Verfahren zum G20-Gipfel „unrichtige“ Angaben zum Inhalt eines Polizei-Videos gemacht. (…) Die Richter behaupten nicht, dass Heinecke sie bewusst angelogen hätte. Eine absichtliche Täuschung sei für die Verhängung einer Missbrauchsgebühr aber auch nicht erforderlich. Letztlich gehe es nicht um Strafe, sondern um Erziehung. Die Missbrauchsgebühr sei angemessen, um die Anwältin „nachdrücklich zur sorgfältigen Prüfung der Richtigkeit ihres Beschwerdevortrags anzuhalten“…“ Artikel von Christian Rath vom 12.10.2017 bei der taz online zum Urteil Az.: 2 BvR 1691/17. Das Bundesverfassungsgericht scheint sich letzter Zeit hauptsächlich erzieherisch zu betätigen, siehe: Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen Ablehnung des Eilantrags gegen die Abschiebung nach Afghanistan und Auferlegung einer Missbrauchsgebühr. Beschwerde von Armin Kammrad vom 1.10.2017
- Aufarbeitung der G20-Polizeigewalt: Die Narben bleiben
„Polizeigewalt hat es nicht gegeben“, behauptete Hamburgs Regierungschef Scholz nach den G20-Krawallen. Doch immer mehr Zweifel kommen an dieser Darstellung auf, je mehr Betroffene mutmaßliche Übergriffe melden. Eine Strafverfolgung ist aber schwierig.“ Beitrag von Jan Liebold vom 6. Oktober 2017 bei Tagesschau.de – ein sehr sehenswerter Beitrag zu der Polizeigewalt und den schwierigen Ermittlungen gegen rechtswidrig handelnde Polizisten (Videolänge: 3:14 Min.) und weitere neue Informationen v.a. zu Polizeiverhalten und -informationspolitik:
- G20-Randale: Polizei hat keine Beweise für Hinterhalt im Schanzenviertel
„… In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider hat die Hamburger Innenbehörde eingeräumt, dass sich ihre Darstellung der G20-Krawalle in wesentlichen Punkten nicht beweisen lässt. Außerdem musste die Behörde frühere Angaben zu Vorfällen während des Gipfels Anfang Juli korrigieren. Das Dokument liegt dem SPIEGEL vor. (…) Es habe Lebensgefahr für die Beamten bestanden, so rechtfertigte die Polizeiführung das Zögern. Man habe Erkenntnisse gehabt, wonach sich Gewalttäter auf Dächern in der Straße Schulterblatt versammelt hätten, um die Polizei mit Steinen, Gehwegplatten, Eisenstangen und Molotowcocktails zu bewerfen. Auf die Frage, wie viele dieser Gegenstände als Beweismittel gesichert wurden, teilte die Behörde nun mit: „nach derzeitigem Kenntnisstand keine“. Eisenstangen, Paletten und große Steine, mit denen die Spezialkräfte aus einem umkämpften Haus am Schulterblatt 1 beworfen worden sein sollen, habe man ebenfalls nicht gefunden. Hinweise auf „selbstgemachte Eisenspeere“, mit denen sich Gewalttäter angeblich bewaffnet hatten, seien nicht bestätigt worden. (…) Polizeipräsident Ralf Martin Meyer sagte am 19. Juli vor der Bürgerschaft, dem Parlament des Stadtstaats, ein Wagen sei abgebrannt. In der Antwort auf die Linken-Anfrage heißt es nun: „Entgegen den zunächst bei der Polizei Hamburg vorliegenden Erkenntnissen“ sei es „nicht zu einem Brand der Fahrzeuge gekommen“…“ Beitrag von Ansgar Siemens vom 6. Oktober 2017 bei Spiegel online . Siehe dazu auch:- G20-Krawalle: Kritik an Polizeiangaben
„… Die Polizei hatte ihr damaliges Zögern und das lange Gewährenlassen der Randalierer damit begründet, dass sie annahm, dass militante G20-Gegner womöglich Gehwegplatten und Molotowcocktails von Dächern auf die Beamten werfen wollten. „Die Zweifel an der Begründung der Polizei für ihren Rückzug aus dem Schulterblatt sind enorm gewachsen“, sagte Schneider am Freitag. „Dieser Komplex muss zweifelsfrei aufgeklärt werden, gerade weil es ja massive Vorwürfe von Anwohnern gab, dass sie im Stich gelassen worden sind.“ (…) Polizeisprecher Timo Zill betonte am Freitag, dass die Polizei an der grundsätzlichen Darstellung der Abläufe an jenem Abend ausdrücklich festhalte: „Es hat massive Angriffe aus dem Viertel heraus auf die eingesetzten Beamten gegeben. Es hat den Hinweis des Verfassungsschutzes auf einen Hinterhalt gegeben. Es liegt auch Videomaterial vor, wie Personen von Dächern Gegenstände werfen“, sagte Zill. (…) Polizeisprecher Ulf Wundrack sagte, die Beamten seien noch dabei, die Vorgänge komplett auszuwerten. Die Polizei sei mitten in einem Prozess. „Wir haben sehr viel Asservate sichergestellt. Die Auswertung und Zuordnung dauert noch an“, sagte er.“ Beitrag vom 6. Oktober 2017 beim Hamburg Journal NDR mit Video (Länge: 1 Min.)
- G20-Krawalle: Kritik an Polizeiangaben
- „Die Herrschaft über die Wirklichkeit hat die Polizei“. Gespräch mit dem Kriminologen Prof. Dr. Fritz Sack anlässlich der Ereignisse während des G20-Gipfels über Gewalt und Polizei
„Der Ablauf des einwöchigen Protestgeschehens während des G20-Gipfels in Hamburg hat die Frage der Gewalt auf die Tagesordnung gesetzt. Die Aufarbeitung der Ereignisse, wie sie im Nachgang vom Hamburger Innensenat beabsichtigt ist – nämlich eine Konzentration auf die Gewalt seitens der Demonstranten -, versucht vollständig auszublenden, dass die Polizei eine Strategie des „konsequenten Durchsetzens“ verfolgt hat. Diese Strategie wurde im Vorfeld durch den „Rahmenbefehl G20 – Gipfeltreffen“ schriftlich festgelegt und hat in nicht geringem Umfang zur Eskalation der Gewalt beigetragen. Im Gespräch mit dem Kriminologen Prof. Dr. Dr. h.c. Fritz Sack, er war der erste Soziologe auf einem kriminologischen Lehrstuhl in Deutschland und Leiter des Hamburger Instituts für Kriminologische Sozialforschung, untersuchen die Autoren Funktionsmechanismen des autoritären Staats und das Verhältnis von Gesellschaft und Gewalt. Fritz Sack zieht dabei eine Linie vom 2. Juni 1967 bis in die Gegenwart. Fritz Sack ist Verfasser einer ebenso grundlegenden, wie heftig umstrittenen Studie zur „Pathologie politischer Konflikte“, die vom Innenministerium beauftragt und unter dem Titel „Protest und Reaktion“ 1984 veröffentlicht wurde. Sack hat in den vergangenen 40 Jahren zahllose, teils provokante Texte verfasst, in denen er die Bedingungen für das Umschlagen eines politischen Konflikts in einen gewaltförmigen Konflikt und die damit verbundenen politischen Interessen beschreibt…“ Diskussion unter Leitung von Olaf Arndt vom 6. Oktober 2017 bei Telepolis (weitere Gesprächsteilnehmer: Janneke Schönenbach, Kuratorin von „embedded art. Kunst im Namen der Sicherheit“ und Herausgeberin des gleichnamigen Textbandes und Moritz Kerb, Redakteur der „Rote Hilfe Zeitung“). Dazu ein Hinweis von Olaf Arndt: „Immer neue Gesetze und Regelungen zum Schutz von Polizeibeamten und eine zunehmend auf Härte setzende Einsatzstrategie, die selbst vor Rechtsbruch nicht zurückschreckt, stellen mitten in Deutschland grundlegende Menschenrechte infrage. Die polizeiliche Reaktion auf das Protestgeschehen rund um den G20-Gipfel hat dies überdeutlich gezeigt. Der Streit um das Demonstrationsrecht und das Recht auf Versammlungsfreiheit beginnt notwendig auf der Straße. Zugleich müssen die Bürger trotz einer massiven Propaganda über Gewaltbereitschaft und Gefährdungen, die abschrecken soll, für demokratische Anliegen sensibilisiert werden. Auf dem Kongress „Demonstrationsrecht verteidigen“ in Düsseldorf am 7. Oktober 2017 wird deswegen beraten, was zu tun ist, um Demonstrationsrecht, Streikrecht und Pressefreiheit zu verteidigen.“ – siehe dazu unser Dossier „Demonstrationsrecht verteidigen! Aufruf zum Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte„
- Nachwirkungen des G20-Gipfels in Hamburg: „Wir überwachen keine Studierenden“
„Die CDU-Anfrage zur Teilnahme von Studierenden aus Baden-Württemberg am G20-Gipfel in Hamburg löste auch im Wissenschaftsministerium Befremden aus. Derzeit lägen keine Erkenntnisse über eine Mitfinanzierung von Reisen vor. „Wie viele Züge wurden gezielt für Fahrten von Studierenden nach Hamburg anlässlich des G20-Gipfels eingesetzt?“. Und: „Sind den Universitäten Aufrufe unter Studierenden bekannt, im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel nach Hamburg zu fahren? Welche Gruppierungen, Vereinigungen, Organisationen haben diese Aufrufe verfasst und verteilt?“ Das sind Fragen an die Universitäten, die die CDU-Landtagsfraktion in einer Großen Anfrage an die Landesregierung gerichtet hat. Damit möchte die CDU-Fraktion mehr über die aktuelle Situation des Linksextremismus in Baden-Württemberg erfahren. (…) Lediglich in Freiburg habe die Universität einen entsprechenden Antrag abgelehnt. „Wir überwachen keine Studierenden“, sagte ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Freitag. Es gebe das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung. (…) Studierende reagierten entsetzt auf die Anfrage: „Wer zum G20-Gipfel gefahren ist, um dort zu demonstrieren, friedlich seine Meinung auszudrücken, geht eine demokratische Fraktion nichts an. Wir haben Verständnis, dass die Polizei die Gewalttäter finden will – aber wer an Demos teilnimmt, ist noch lange kein Straftäter. Diese Unterstellung ist schädlich für unsere Demokratie“, sagte Tenko Bauer vom Studierendenrat in Heidelberg.“ Beitrag von Marc Feuser vom 5. Oktober 2017 bei SWR Aktuell (Videolänge: 2:25 Min-) Sehr bezeichnet, dass für die CDU bereits die Wahrnehmung des Versammlungsrechtes als Ausdruck von “ Linksextremismus“ gilt.
- G20-Gipfel: Polizei durchsucht zehntausende Dateien mit Gesichtserkennungssoftware
„Nach dem Gipfelprotest in Hamburg verfügt die Polizei über eine Menge an Bild- und Videodaten, die in der deutschen Kriminalgeschichte einmalig ist. Das Gleiche gilt für die Werkzeuge zur Verarbeitung der Massendaten. Eine Software zur Gesichtserkennung nutzt auch Geodaten der aufgenommen Bilder. Die Erkenntnisse sollen zu einer Welle von Durchsuchungen führen. Die Hamburger Polizei verfügt mittlerweile über eine “zweistellige Terrabyte-Zahl an Daten“, die von ErmittlerInnen mit Software durchforstet wird. Das teilte der Kriminaldirektor Jan Hieber gestern auf einer Pressekonferenz mit. Anlass waren Razzien bei mutmaßlichen TeilnehmerInnen des G20-Protestes, bei denen acht Durchsuchungsbeschlüsse in Hamburg und sechs in Schleswig-Holstein vollstreckt wurden. Ermittelt wird wegen schweren Landfriedensbruchs und Hehlerei. (…) Laut Hieber habe man „Bildmaterial in einem Umfang, wie es ihn noch nie in der deutschen Kriminalgeschichte gab“. Die Polizei hatte nach dem Gipfel ein Hinweisportal gestartet, bei dem auch Bild- und Videomaterial hochgeladen werden konnte. Nach eigenen Angaben seien dort 7.000 Dateien hochgeladen worden. Zuvor war von über 10.000 Dateien die Rede gewesen. Das Material soll jetzt mit Gesichtserkennungssoftware durchsucht werden. Auch rund 25.000 „Einzelvideos“ von PolizistInnen werden mit der Software zur Verarbeitung von Bild-Massendaten ausgewertet. Das Gleiche gilt für den Inhalt von mehr als 100 Festplatten aus Bussen, Bahnen und Bahnhöfen. (…) Es ist nicht bekannt, ob die Gesichtserkennung lediglich zum Auffinden von Personen im Bildmaterial dient, oder ob auch ein Abgleich mit vorhandenen Fotos in Polizeiakten oder bei Meldeämtern erfolgt. Mit „FaceVACS“ wäre dies technisch möglich. Den Äußerungen des Kriminaldirektors zufolge würde die Polizei gern mehr können, als bislang erlaubt: „Ich glaube, dass wir noch ein paar Wochen oder Monate warten müssen, bis die Konzeption voll einsatzfähig ist“. Weitere Razzien sind zu erwarten….“ Beitrag von Matthias Monroy vom 28. September 2017 bei Netzpolitik
- G-20-Gegner vor Gericht: Sieben Haftstrafen verhängt, nur zwei ohne Bewährung. Vier weitere Verhandlungen in dieser Woche
„… Seit Ende August verurteilen Amtsrichter wie am Fließband Gegner des G-20-Gipfels zu Haftstrafen – wegen Flaschenwürfen auf Beamte, die keinerlei Verletzungen verursacht, zum Teil sogar niemanden getroffen haben. Am Montag wurde der 31 Jahre alte Spanier David V. schuldig gesprochen (…). Wegen schweren Landfriedensbruchs, versuchter gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verurteilte das Amtsgericht den Verwaltungsangestellten aus Bilbao zu 18 Monaten Haft auf Bewährung. Er hatte in der Verhandlung eingeräumt, bei der »Welcome to Hell«-Demo am 6. Juli zwei Flaschen in Richtung Polizei geworfen zu haben. Wie in fast allen Verhandlungen gegen festgenommene G-20-Gegner zuvor argumentierten Staatsanwältin und Richterin politisch. Der Angeklagte habe die »öffentliche Sicherheit in besonders schwerwiegender Weise gestört«, erklärte die Staatsanwältin laut Hamburger Abendblatt vom Montag. Die Menschen hätten befürchten müssen, dass man sich in der Stadt »nicht mehr frei von Sorgen über Eigentum und Gesundheit bewegen kann«.Die Richterin verstieg sich zu der Aussage, V. sei es ums Ausüben »blanker Gewalt« gegangen, seine Tat sei »Terror«. Sie ordnete die Entnahme einer DNA-Probe an, eine Maßnahme, die bei schweren Straftaten zum Einsatz komme, so das Abendblatt. Keinerlei Berücksichtigung im Plädoyer der Staatsanwaltschaft und in der Urteilsbegründung fand der Umstand, dass die Polizei bei der Demo am 6. Juli den Aufzug grundlos und brutal angegriffen, Demonstranten zusammengeprügelt und ihnen Reizgas ins Gesicht gesprüht hatte…“ Beitrag von Kristian Stemmler bei der jungen Welt vom 27. September 2017
- Tscheche erhält Bewährungsstrafe für Stein- und Flaschenwürfe
„… Wegen Flaschen- und Steinwürfen auf Polizisten beim G20-Gipfel hat das Amtsgericht Hamburg einen 29-Jährigen zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der tschechische Angeklagte gestand am Dienstag, am Abend des 7. Juli im Stadtteil St. Pauli fünf Steine und zwei Flaschen auf Polizisten geworfen zu haben. »Ich habe mich von der aggressiven Stimmung, die zwischen Polizisten und Demonstranten herrschte, hinreißen lassen«, sagte er in einer Erklärung, die sein Verteidiger verlas. Das Gericht sprach den Barmann aus Prag des schweren Landfriedensbruchs, der versuchten gefährlichen Körperverletzung und des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte schuldig. Als Bewährungsauflage muss er 1600 Euro an die Staatskasse zahlen und zudem eine DNA-Probe abgeben. Nach knapp drei Monaten Untersuchungshaft ordnete der Richter die Freilassung an. Nach Aussage eines verdeckt eingesetzten Polizisten war der Angeklagte schwarz gekleidet gewesen und hatte sich mit einem roten T-Shirt auffällig maskiert. Wenigstens zwei der faustgroßen Steine habe der 29-Jährige bei sich gehabt. Er habe die Steine und Flaschen innerhalb von zehn Minuten auf die Polizisten geworfen und mindestens dreimal getroffen. Ob jemand verletzt wurde, konnte das Gericht nicht feststellen. (…) Wegen zweier Flaschenwürfe auf Polizisten beim G20-Gipfel hat das Amtsgericht Hamburg auch einen 31-Jährigen zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. »Ich bin davon überzeugt, dass es sich um keine Spontantat gehandelt hat«, sagte die Richterin am Montag in ihrer Urteilsbegründung. Der spanische Verwaltungsangestellte sei Anfang Juli zur Demonstration »Welcome to Hell« nach Hamburg gereist und habe nach Ende der Kundgebung gezielt zweimal eine Flasche auf Beamte geworfen. Mit seiner Tat habe er Angst und Schrecken verbreitet. »Das ist nach meiner Überzeugung Terror«, sagte die Richterin…“ Beitrag vom 27. September 2017 bei Neues Deutschland
- Rechtswidrige Aktion der Polizei: G20-Gegner verlangen Schadensersatz von Stadt Hamburg
„… Eine Gruppe von G20-Gegnern aus Nordrhein-Westfalen, die zur sozialistischen Jugendorganisation „Die Falken“ gehört, fordert von der Stadt Hamburg 15.000 Euro Schadenersatz. Die Summe nannte der regionale „Falken“-Verbandschef Paul Erzkamp dem SPIEGEL. Hintergrund sei „die unrechtmäßige Behandlung unserer Mitglieder“ durch die Polizei während des Gipfels Anfang Juli. Beamte hatten einen Bus der „Falken“ stundenlang festgehalten und die 44 Mitglieder zur Gefangenensammelstelle in den Stadtteil Harburg gebracht. Vor wenigen Tagen stellte das Hamburger Verwaltungsgericht in zwei exemplarisch verhandelten Klagen fest, die sogenannte Ingewahrsamnahme sei rechtswidrig gewesen. (…) Erzkamp kündigte zugleich zwei weitere Klagen vor dem Verwaltungsgericht an. Hintergrund sei, dass mehrere „Falken“-Mitglieder im Gewahrsam besonders entwürdigend behandelt worden seien. „In einigen Fällen gab es körperliche Gewalt, einige von uns mussten sich total entkleiden.“ Manche Mitglieder hätten beim Toilettengang die Tür nicht schließen dürfen. „Die Polizei hat rechtsstaatliche Standards bewusst unterlaufen.“ Falken-Anwalt Jasper Prigge sagte, es gehe „um schwerwiegende Grundrechtseingriffe, die nicht gerechtfertigt waren“. Das betreffe nicht allein die Ingewahrsamnahme, „sondern auch die Behandlung im Gewahrsam“. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt im Zusammenhang mit den „Falken“ gegen mehrere Polizisten. „Wir prüfen die Vorwürfe Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung im Amt“, sagte eine Sprecherin…“ Beitrag von Ansgar Siemens vom 27. September 2017 bei Spiegel online
- G20: Ermittlungen gegen Rote-Flora-Aktivisten
„Nach den Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels im Juli hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen mehrere führende Mitglieder der linken Szene in Hamburg aufgenommen. Es gehe um den Vorwurf der Beteiligung oder der Anstiftung zum schweren Landfriedensbruch, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach am Mittwoch. Konkret wurden laut „Hamburger Abendblatt“ Ermittlungen gegen Andreas Beuth und Andreas Blechschmidt aufgenommen. Beuth ist der Anwalt des linksautonomen Zentrums Rote Flora und Blechschmidt der Sprecher. Beide hatten als Organisatoren der „Welcome to Hell“-Demo mit rund 12.000 Teilnehmern gegen den G20-Gipfel mobilisiert und Gewalt als „unter Umständen legitimes Mittel“ bezeichnet. Wenige Tage vor der Demo, die am 6. Juli wenige Meter nach dem Start von der Polizei am Hamburger Fischmarkt gestoppt wurde, hatte Beuth gesagt: „Wenn wir angegriffen werden, (…) dann werden wir uns natürlich auch zur Wehr setzen mit Mitteln, die wir uns selbst suchen.“ Nach den Ausschreitungen im Schanzenviertel hatte er in einem Interview mit dem NDR erklärt, er habe „gewisse Sympathien für solche Aktionen“. Die Staatsanwaltschaft prüft nach Angaben von Frombach, ob es sich bei dieser Äußerung um die Billigung von Straftaten handelt. (…) Auch gegen Emily Laquer von der Interventionistischen Linken und Sprecherin der Demonstration „Grenzenlose Solidarität statt G20“ wird demnach ermittelt. Laut „Abendblatt“ wird gegen einen weiteren Mann ermittelt, dessen Identität die Staatsanwaltschaft bisher aber nicht preisgeben wollte. Offenbar erstatteten mehrere Menschen aus Braunschweig und Bielefeld Strafanzeige und die dortigen Staatsanwaltschaften übergaben die Verfahren nun an die Hamburger Ermittler.“ Beitrag von Joachim Weretka beim NDR vom 27. September 2017
- G20-Einsatz gegen Jugendliche rechtswidrig
„Das Hamburger Verwaltungsgericht hat den Polizeieinsatz gegen eine Jugendgruppe beim G20-Gipfel für rechtswidrig erklärt. Die 44 Jugendlichen waren stundenlang festgehalten worden. Was war geschehen? Ein Bus der Jugendgruppe „Die Falken“ aus Nordrhein-Westfalen war von der Polizei auf der Anreise zum G20-Gipfel in Hamburg gestoppt und zur Gefangenensammelstelle nach Harburg eskortiert worden. Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil die Gruppe anschließend berichtete, Jugendliche seien geschlagen und mit gefesselten Händen abgeführt worden. Auch seien Telefonate mit Rechtsanwälten von den Beamten unterbunden worden…“ Meldung vom 23.09.2017 beim NDR
- Polizeibefehl zum G20-Gipfel veröffentlicht. Dokumente waren Sonderaussschuss nur geschwärzt vorgelegt worden / Einsatzbefehl forderte »Trennung kontrovers ausgerichteter« Demonstranten
„Nachdem die Stadt Hamburg dem Sonderausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wichtige Dokumente zum G20-Gipfel Anfang Juli nur geschwärzt vorgelegt hatte, wurde am Donnerstag der komplette Rahmenbefehl der Polizei zum Einsatz veröffentlicht. Man habe »alles protokolliert, um parlamentarische Kontrolle zu ermöglichen«, behauptete Einsatzleiter Hartmut Dudde vor dem Sonderausschuss. Doch dann legten die Behörden nur umfangreich geschwärzte Akten vor. Die LINKE-Abgeordnete Christiane Schneider kritisierte dieses Vorgehen am vergangenen Wochenende auf dem Kurznachrichtendienst Twitter noch ironisch als »Festival der Aufklärung«. Am Donnerstagabend veröffentlichte »Die Welt« dann den kompletten Rahmenbefehl zum G20-Gipfel. Er ist überschrieben mit »Nur für den Dienstgebrauch«. In dem 40-seitigen Dokument werden die Planungen für den Polizeieinsatz rund um das Treffen der Staats-und Regierungschefs der Gruppe der 20 am 7. und 8. Juli in Hamburg detailliert beschrieben…“ Artikel von Moritz Wichmann beim ND online vom 22.09.2017 und das Dokument bei der Welt online
- Kundgebung am 15.09.2017 in Berlin: „Nach G20 ist vor G20: Rebellische Kieze – United we stand!“
Am 15.09.17 findet in Berlin eine Kundgebung unter dem Motto „Nach G20 ist vor G20: Rebellische Kieze – United we stand!“ statt. Auf der Kundgebung wird es, begleitet von Live-Musik, verschiedene Redebeiträge geben, in denen unter anderem die Mechanismen und Folgen globaler Ausbeutung, die Verhältnisse in verschiedenen G20-Ländern, die von steigender Armut und hohen Mieten geprägte Lebensrealität in Berlin, die zunehmende Polizeirepression in Deutschland sowie die Situation der G20-Gefangenen thematisiert wird. Als Abschluss der Kundgebung wird gegen 19:30 ein Film über die Proteste gegen G20 und die damit verbundene Polizeigewalt gezeigt… Kundgebung: „Nach G20 ist vor G20: Rebellische Kieze – United we stand!“ am Freitag, 15.09.2017, Kottbusser Tor, Berlin-Kreuzberg ab 17:30 Uhr, eine Veranstaltung des Anti G20 Buendnis Berlin
- „Eskalation als Polizeikonzept“
„Nach G20 intensiviert sich die staatliche Repression gegen Links (…) Zur Hetze gegen Links“ ein Gespräch von Philipp Schmidt mit Andreas Blechschmidt vom 29. August 2017 in konkret 8/17 , in dem Andreas Blechschmidt, als Sprecher des autonomen Zentrums Rote Flora und Anmelder der Demonstration »Welcome to Hell«, das Vorgehen der Polizei wie folgt bewertet: „… Es war von einer extrem versammlungsfeindlichen Strategie geprägt. Schon im Vorfeld des Gipfels wurde die Botschaft ausgesandt, dass kritischer Protest nicht erwünscht ist und nach Kräften behindert werden sollte. Mit dem Versammlungsrecht wurde umgegangen, als handelte es sich nicht um ein verbrieftes Grundrecht, sondern um einen Gnadenerweis der Herrschenden. Bei einigen der Demonstrationen wurden Routen nicht genehmigt und so verhindert, dass Protest in Sicht- und Hörweite der Veranstaltungen der G20 stattfinden konnte. Ausgerechnet bei der Demonstration »Welcome to Hell« war es aber absurderweise so, dass die Polizei die gesamte Route mit einer Abschlusskundgebung in unmittelbarer Nähe der Hamburger Messehallen, in denen der offizielle Teil des G20-Gipfels stattfand, anstandslos bestätigt hat. Es hat außerdem keine Auflagen für die Demonstration, die im Vorfeld öffentlich stark kriminalisiert worden war, gegeben. (…) Zum Zeitpunkt des polizeilichen Angriffs, und so muss man, was dann geschah, einfach nennen, ist von der Demonstration keinerlei Verstoß gegen das Versammlungsgesetz – bis auf sehr wenige vermummte Personen – und erst recht keine Gewalt ausgegangen. Eine Berliner Polizeieinheit ist sehr brutal in die Demonstration reingegangen. Das hat dazu geführt, dass Menschen sich zur Wehr gesetzt haben. Die Situation ist vollkommen eskaliert. (…) In der Roten Flora hat sich niemand darüber Illusionen gemacht, dass es jederzeit wieder eine Mobilisierung gegen das Projekt geben kann. Wir sollten dieser Kampagne mit entschlossener Gelassenheit entgegentreten und dafür eintreten, dass ein besetzter Ort, ein Ort der Gegenöffentlichkeit, nun nicht kampflos aufgegeben wird. Es wird jedenfalls keine Rote Flora geben, die, um die eigene Haut zu retten, faule Kompromisse eingeht“
- G-20: Der Rechtsstaat zeigt, was er kann. Zwei G-20-Gegner wurden vor dem Amtsgericht zu harten Strafen verurteilt. Dass sie Straftaten begangen haben, konnte jedoch nicht zweifelsfrei bewiesen werden
„Endlich! Endlich! Endlich greift die Justiz entschieden gegen subversive Elemente durch: Nachdem kürzlich die linke Internet-Plattform linksunten.indymedia.org verboten wurde, verurteilten Richter am Amtsgericht Hamburg zwei 21 und 24 Jahre alte Männer aus den Niederlanden und aus Polen zu harten Strafen. Der eine soll in der Chaosnacht im Hamburger Stadtteil Sternschanze einen Polizeibeamten mit Bierflaschen beworfen und der andere mit Pfefferspray, Feuerwerkskörpern und Murmeln bewaffnet auf dem Weg zur „G20 not welcome: Grenzenlose Solidarität statt G20“-Demo gewesen sein. Zweifelsfrei bewiesen ist weder, dass der eine die Bierflaschen geworfen hat, noch dass der andere zu der besagten Demo unterwegs war. (…) Die Hamburger Richter werden noch so manche Gelegenheit haben, kernige Urteile zu fällen: Insgesamt wurden 51 Haftbefehle aufgrund der Auseinandersetzungen beim G-20-Gipfel erlassen, 32 Beschuldigte sitzen noch in Untersuchungshaft und die Polizei ermittelt wegen mutmaßlicher Straftaten in mehr als 2.000 Fällen. (…) Die Urteile wurden hart kritisiert. Aber wir alle sollten froh sein, dass der Rechtsstaat so wachsam ist. Am Ende würde sonst ein Trupp Nazis 10 Jahre lang quer durchs Land reisen und Migranten ermorden, fundamental-islamische Terroristen von Geheimdienstmitarbeitern durch die Gegend kutschiert, bevor sie Attentate auf belebten Plätzen verüben, und womöglich Rechtsradikale im Verbund mit Polizeibeamten und Politikern Todeslisten von Linken und aktiven Antifaschisten erstellen, die sie in einem zeitnah erwarteten Bürgerkrieg umbringen wollen. Das kann doch niemand ernsthaft wollen…“ Kommentar von Birgit Gärtner vom 30. August 2017 bei Telepolis , siehe weitere Infos und Kommentare dazu:- Kurzbericht zum 1. G20 Prozess in HH am Mo 28.8.
„Der junge Angeklagte aus den Niederlanden wurde von Richter Krieten, der bekannt dafür ist ein Linkenhasser zu sein, zu 2 Jahren und 7 Monaten verurteilt. Außerdem ordnete er eine DNA Entnahme an. Mit diesem Urteil ging er deutlich über die ohnehin überzogene Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte 1 Jahr und 9 Monate gefordert…“ Anonymer Bericht vom 29.08.2017 bei indymedia - G20-Krawalle: Lange Haftstrafe für 21-Jährigen
„Knapp zwei Monate nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg hat am Montag der erste Prozess gegen einen mutmaßlichen Gewalttäter stattgefunden. Ein 21-jähriger Niederländer wurde vom Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung, schwerem Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, am 6. Juli nach dem Ende der Demonstration „Welcome to Hell“ zwei Flaschen auf Polizisten geworfen zu haben. Der Richter fällte ein deutlich härteres Urteil als die Staatsanwältin gefordert hatte. Die Anklagevertreterin hatte ein Jahr und neun Monate Haft beantragt. (…) Zu Prozessbeginn war der 21-Jährige in Handschellen in den Gerichtssaal geführt worden. Von den Zuschauern war er mit Beifall begrüßt worden, wie NDR 90,3 berichtete. Viele Angehörige und Freunde des Angeklagten waren anwesend. Der 21-Jährige, der seit dem 7. Juli in Untersuchungshaft sitzt, äußerte sich in dem Prozess nicht. Das Urteil löste im Gerichtssaal einen Schock aus, so Prozessbeobachter. Mit dem Strafmaß von mehr als zwei Jahren ist auch eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung nicht vorgesehen. „Unser Sohn muss für das büßen, was an den vier Tagen in Hamburg passiert ist“, sagte der Vater des Angeklagten…“ Meldung vom 29. August 2017 beim NDR online
- Kurzbericht zum 1. G20 Prozess in HH am Mo 28.8.
- G20: Macht man die Falschen zum Sündenbock?
„Es geht um kaum zwei Minuten am frühen Morgen des 7. Juli 2017. In einem Gewerbegebiet im Westen Hamburgs treffen Anti-G20-Demonstranten auf Polizisten, am Ende bringen die Einsatzkräfte 73 Personen zu Boden, wie es später im Polizeibericht heißt. (…) Doch inzwischen gibt es konkrete Anhaltspunkte, dass der Demonstrationszug am Rondenbarg nicht so gefährlich gewesen ist, wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Haftrichter behaupten. Ein von der Polizei selbst aufgenommenes Video zeigt das Aufeinandertreffen von Beamten und Demonstranten um 6.27 Uhr morgens. Panorama 3 liegt das Video vor. „Schwerste Ausschreitungen“ und „massiven Bewurf“ mit Gegenständen, wie von den Strafverfolgern behauptet, sieht man darin nicht. (…) Panorama 3 hat das Video jetzt Experten gezeigt. Professor Rafael Behr, ein Soziologe, der früher selbst als Polizist gearbeitet hat und an einer Polizeiakademie lehrt, findet darin nichts Überraschendes, „weder auf Polizei- noch auf Demonstrantenseite“. „Ich möchte jetzt nicht zu sehr relativieren oder entschuldigen. Aber tatsächlich erlebt man dieses Ausmaß der Gewaltintensität bei jedem Zweitliga-Fußballspiel“, sagt er. „Schwerste Ausschreitungen“ oder gar „bürgerkriegsähnliche Zustände“ erkenne man in dem Video „eindeutig nicht“…“ Beitrag von Stefan Buchen, Philipp Hennig und Andrej Reisin bei Panorama 3 vom 22. August 2017 (in der ZDF-Mediathek abrufbar bis zum 22. August 2018, Länge: 8:50 Min.)
- [Audio] Interview mit dem EA – Was passiert mit den Gefangenen fünf Wochen nach G20?
„Im Interview mit einer Vertreterin des Hamburger Ermittlungsausschusses, der der sich um die Dokumentation von Polizeiübergriffen, rechtswidrigen Maßnahmen und die Solidarität mit Gefangenen kümmert, sprechen wir darüber, wie viele Menschen immer noch im Knast sitzen und was denen vorgeworfen wird. Die Meisten sitzen wegen eines polizeilichen Angriffs auf einen Blockadefinger am Rondenbarg in Stellingen. Zu diesem Angriff hat die Polizei massiv gelogen und ist von Panorama und Süddeutscher Zeitung dabei erwischt worden. In einem Fall greift der zuständige Richter Dr. Marc Tully auf juristisches Vokabular aus dem Wörterbuch des Unmenschen zurück, um den Haftbefehl gegen einen achtzehnjährigen Italiener aufrecht zu erhalten…“ Nachmittagsmagazin für subversive Unternehmungen am Freitag dem 18. August 2017 beim Audioportal Freier Radios (Länge: 34:42 Min.)
- G20: Ermittlungen wegen Reizgas-Beschuss. Entgegen der Vorgabe der Einsatzleitung verschoss Polizei 67 mal Tränengas / In acht Fällen wird gegen Beamte ermittelt
„… Ob der Einsatz von Reizgas bei G20 rechtmäßig war, wird derzeit in acht Fällen beim Dezernat Interne Ermittlungen der Innenbehörde ermittelt. Es werde geprüft, ob es sich hierbei nicht vielmehr um eine Straftat handelte, gibt der Senat an. Insgesamt wird in 60 Fällen wegen Körperverletzung gegen Polizeibeamte ermittelt. Der Protestforscher Simon Teune weist jedoch darauf hin, dass der Umgang mit Tränengas keineswegs skandalöser ist als der mit dem in allen Bundesämtern genutzten Pfefferspray. »Wenn der illegale Einsatz von Reizgas zum Aufreger wird, sollte man von dem unverhältnismäßigen Einsatz von Pfefferspray nicht schweigen«, so Teune. Das Pfeffer wurde als Verteidigungsmittel angeschafft, mittlerweile sei die Schwelle, dies zu nutzen, »rapide gesunken«: »Es gibt viel zu viele Beispiele für einen Einsatz, wo andere Mittel angemessen wären.«...“ Artikel von Elsa Koester vom 17.08.2017 beim ND online
- Polizisten ignorierten Reizgas-Vorgabe des Hamburger Einsatzchefs
„Beim G20-Gipfel schossen Polizisten dutzendfach mit Reizgaspistolen auf Demonstranten – obwohl Hamburgs Einsatzchef das untersagt hatte. Die Einheiten stammten unter anderem aus Sachsen und Bayern. Während der Proteste beim G20-Gipfel haben Polizeieinheiten in 67 Fällen Reizgas verschossen und sich damit über eine Vorgabe des Hamburger Einsatzführers Hartmut Dudde hinweggesetzt. Das geht hervor aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider. (…) Einsatzchef Dudde hatte sämtliche Einsatzleiter aus anderen Bundesländern angehalten, MZP mit Reizstoffen nicht gegen Demonstranten zu verwenden. Die Waffen seien zwar rechtlich erlaubt, würden in Hamburg aber grundsätzlich nicht verwendet. Das hatte die Polizei bereits im Vorfeld des Gipfels offiziell mitgeteilt. (…) Laut Senat laufen im Dezernat Interne Ermittlungen der Innenbehörde derzeit 60 Verfahren gegen Polizeibeamte, überwiegend wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt. In acht Verfahren gehe es um den Einsatz von Reizstoffen durch die Beamten…“ Artikel von Ansgar Siemens vom 16.08.2017 bei Spiegel online
- Geschichte der Eskalation eines einwöchigen Protestgeschehens. Demonstrationsbeobachtung des Komitees für Grundrechte und Demokratie vom 2. bis 8. Juli 2017 in Hamburg zum G20
„Das Komitee für Grundrechte und Demokratie legt auf der Grundlage der Demonstrationsbeobachtungen von 43 Beobachter*innen einen ersten ausführlichen Bericht über die Proteste gegen G20 in Hamburg vor und schließt sich der Forderung nach einer unabhängige Untersuchungskommission an. Anders als in der ersten medialen Berichterstattung waren die Blicke der Demonstrationsbeobachter*innen auf die angekündigten Versammlungen gerichtet und nicht auf die Riots, die Randale oder den Aufstand, der die Freitagnacht im Schanzenviertel prägte. Damit stand vor allem die polizeiliche Gewalt im Mittelpunkt der Wahrnehmung, die Zumutungen vom Ignorieren des Gerichtsbeschlusses auf das Recht, ein Camp in Entenwerder zu errichten (Sonntag, 2. Juli 2017), über die gewaltsame Auflösung der friedlichen „Welcome to hell“-Demo bis zur teilweise rücksichtslosen Gewalt gegen Gruppen und Einzelne am Tag des Zivilen Ungehorsams. Und auch noch bei der Großdemonstration am Samstag musste feststellt werden, dass der Schutz des Versammlungsrechts missachtet wurde. In die Versammlung wurde immer wieder polizeilich eingegriffen. Wir gehen davon aus, dass noch immer viele Fragen gestellt werden müssen: Wie war es möglich, dass die Polizei dermaßen außerhalb der Rechtsordnung agieren konnte? Wo ist die politische Kontrolle des Polizeiapparats geblieben? (…) Zu fragen ist auch, welche Bundesbehörden – vom Bundesministerium des Inneren, über Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz bis hin zum Kanzleramt – in welchem Maß Einfluss auf die Planungen im Umgang mit dem Protest genommen haben. (…) Es muss eine unabhängige Kommission gebildet werden, die frei von parteipolitischen Interessen die Vorgänge aufklärt, analysiert und Schlussfolgerungen zieht. (…) Zugleich muss sich aber auch die linke Bewegung fragen, wie sie die Diskussionen über legitime Proteste, über Ausdrucksformen und Mittel miteinander diskutieren will…“ Meldung vom 15. August 2017 zur Veröffentlichung des Berichtes: Geschichte der Eskalation eines einwöchigen Protestgeschehens. Demonstrationsbeobachtung des Komitees für Grundrechte und Demokratie vom 2. bis 8. Juli 2017 in Hamburg zum G20
- Nach dem G20-Gipfel: Die „Extremistendatei“ gibt es offenbar schon. Mit Fake-News gegen das Grundgesetz
„Das Portal G20-Doku berichtete – Stand 20. Juli – von rund 90 Fällen von Grundrechtsverletzungen und 450 Hinweisen während des G20-Gipfels Anfang Juli in Hamburg. Doch der Persilschein des Regierenden Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) für die Beamten, es habe keine Polizeigewalt gegeben, bleibt bestehen. Auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) ergriff Partei für Vorgänge, die man nur als Grundrechtsverletzungen bewerten kann. In einer Talkrunde am 13. Juli bei Markus Lanz entwarf er ein Schreckensszenario über die Reisenden im Sonderzug aus Basel und forderte eine europaweite „Extremistendatei“. Doch die gibt es offenbar längst…“ Kommentar von Franziska Stier vom 13. August 2017 bei Beobachternews
- #NoG20 -Warum griff die Polizei stundenlang nicht ein?-„Es war kein vorbereiteter Hinterhalt“-A.Pina
„Alvaro Pina – Geschäftsführer CARMAGNOLE – Schanzenviertel (Hamburg) „Es war kein vorbereiteter Hinterhalt“ – Das Erste Panorama – Vermummte Autoanzünder & Plünderer von Supermärkten usw. sind für mich entweder reaktionäre Vollidioten (mit „linkem“ Mäntelchen), ‚unpolitische` „Krawalltouristen“, bezahlte Provokateure von Geheimdiensten oder clevere Neonazis (in Genua 2001 gerichtlich nachgewiesen) aber keine wirklichen antikapitalistischen Linken!“ Doku einer Panorama-Sendung (ohne Datum) bei youtube
- G20: Scharfe Kritik an Untersuchungshaft von Fabio V. Linke Abgeordnete erheben schwere Vorwürfe / Maria R. aus Untersuchungshaft entlassen / Noch fünf italienische Demonstranten im Gefängnis
„… Im Falle des noch immer in Haft sitzenden Aktivisten Fabio V. hatten die Richter des Oberlandesgerichts ganz anders geurteilt. Wie Maria R. wurde er in der Situation am Rondenbarg festgenommen. Die Begründung der Richter für seinen Verbleib in Untersuchungshaft wurde medial bereits stark kritisiert. Der leitende Richter des 1. Strafsenats, Marc Tully, schreibt darin von einer Tatausführung, die auf eine »erkennbar rücksichtslose und auf eine tief sitzenden Gewaltbereitschaft« schließen lasse, wie die »Welt« aus dem Beschluss zitiert. Seine mutmaßliche Teilnahme an den Ausschreitungen zeuge von »schädlichen Neigungen«, der Richter stellte zudem »erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel fest, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen«, so das Blatt weiter. Auch im Fall Fabio V.s ist also keine Rede davon, dass ihm Steinwürfe nachgewiesen werden können. (…) Auch gegenüber »nd« hatten während der Proteste in Hamburg italienische Aktivisten der Polizei vorgeworfen, sie lediglich aufgrund ihrer italienischen Sprache festgehalten zu haben. Unter den Festgenommenen hatte sich auch die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Eleonore Forenza befunden. Die Polizei hatte ihre Festnahme damit begründet, dass sie Wechselklamotten bei sich getragen habe. (…) Nach den G20-Protesten ermittelt die Polizei insgesamt in 160 Fällen, davon in 53 Fällen gegen Unbekannt. Der erste Prozess gegen einen 24-Jährigen wird am 29. August in Hamburg beginnen. Auch Maria R. erwartet weiterhin ein Prozess wegen besonders schweren Landfriedensbruchs und des tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte.“ Artikel von Elsa Koester (Berlin) und Giuseppe Caccia (Venedig) vom 14.08.2017 beim ND online
- G20-Aktivistin Maria R. in Freiheit: Oberlandesgericht hebt Untersuchungshaft auf / Studentin bereits auf dem Rückweg nach Italien
„… Die 22-jährige Maria R. gehört wie der noch immer in Untersuchungshaft sitzende Fabio V. zu den Aktivisten, die während der G20-Proteste am frühen Morgen des 7. Juli im Stadtteil Bahrenfeld festgenommen worden waren. (…) Tatsächlich liest sich diese Problematik auch aus der schriftlichen Begründung für den nun hinfälligen Beschluss des Landgerichts zur Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft heraus, die »nd« vorliegt. Die Richter werfen der Aktivistin darin keineswegs vor, selber Gegenstände geworfen zu haben, sondern greifen zu einer interessanten Konstruktion: Die reine Anwesenheit und der Verbleib der Aktivistin in der Gruppe seien Indiz für ihre Beteiligung am Landfriedensbruch. Maria R. habe das Vorgehen der Täter als Teilnehmerin der Menge unterstützt und die mögliche Verletzung von Polizisten billigend in Kauf genommen. Die Richter sprechen hier von einer »psychischen Beihilfe«. (…) Fabio V. ist ebenfalls ein Aktivist italienischer Herkunft, der in der fraglichen Situation am Rondenbarg festgenommen wurde. Anders als im Fall Maria R. urteilten die Richter des Oberlandesgerichts – allerdings drei andere Richter – dass er weiter in Untersuchungshaft verbleiben müsse. Die Urteilsbegründung wurde medial bereits stark kritisiert. Der leitende Richter des 1. Strafsenats, Marc Tully, schreibt darin von einer Tatausführung, die auf eine »erkennbar rücksichtslose und auf eine tief sitzenden Gewaltbereitschaft« schließen lasse, wie die »Welt« aus dem Beschluss zitiert. Seine mutmaßliche Teilnahme an den Ausschreitungen zeuge von »schädlichen Neigungen«, der Richter stellte zudem »erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel fest, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen«, so das Blatt weiter. Auch im Fall Fabio V.s ist also keine Rede davon, dass er selber Steine oder Flaschen geworfen haben soll…“ Beitrag von Elsa Koester bei neues Deutschland vom 12. August 2017
- Haftverlängerung: Sind Hamburgs Richter überhart gegen die G-20-Häftlinge?
„Ein 18-jähriger Italiener sitzt seit den G-20-Krawallen in Untersuchungshaft und soll dort bleiben. Ein Richter sieht „tief sitzende Gewaltbereitschaft“ und „Erziehungsmängel“. Nun soll Karlsruhe entscheiden. (…) Nun hat die Hamburger Strafverteidigerin Gabriele Heinecke eine Verfassungsbeschwerde für ihren Mandanten Fabio V. eingelegt und die sofortige Aufhebung der Untersuchungshaft beantragt. (…) Erstaunlich ist, auf welche faktische Grundlage die Richter ihren Beschluss stellen. Denn der Inhaftierte hat sich bislang überhaupt nicht geäußert. Wie der Senat angeblich „Anlagefehler“ beim nicht vorbestraften Italiener ermitteln konnte, bleibt völlig offen. Überhaupt ist die mehrfach vorgenommene Behauptung, hier prägten „Neigungen“ oder „Anlagen“ den Charakter, höchst fragwürdig. Trotzdem weiß der OLG-Senat schon, was am Ende des Verfahrens herauskommen wird: „Eine absehbar empfindliche Freiheitsstrafe“, heißt es im Beschluss – als ob eine Hauptverhandlung nun verzichtbar wäre…“ Artikel von Per Hinrichs vom 09.08.2017 bei der Welt online
- Erste Anklage nach G20 wegen Böllern und Reizgas in Rucksack
„Hamburger Staatsanwaltschaft stellt 24-Jährigen vor Gericht / Prozessauftakt für den 29. August geplant (…) Die Hamburger Staatsanwaltschaft führt nach eigenen Angaben 162 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel. 33 Verdächtige sitzen derzeit in Untersuchungshaft. 56 Verfahren laufen gegen Polizeibeamte, in den meisten Fällen (45) wegen des Vorwurfs der Körperverletzung…“ Meldung vom 08.08.2017 beim ND online
- Betroffenenbericht von Mitgliedern der ver.di Jugend NRW-Süd zu den Grundrechtsverletzungen durch Polizei und Justiz beim G20-Gipfel
„Fast der gesamte Jugendvorstand der ver.di Jugend NRW-Süd, mehrere weitere ver.di-KollegInnen und andere Bonner MitstreiterInnen wurden beim G20-Gipfel Opfer von politischer Verfolgung, von tagelanger Freiheitsberaubung und massiver Aushebelung der demokratischen Grundrechte durch Polizei und Staatsanwaltschaft. (…) Nach der ersten Nacht auf dem Camp wollten wir am Freitag den 7. Juli gemeinsam an den angekündigten Blockaden gegen das Gipfeltreffen teilnehmen. Doch soweit kam es nicht: Nach nur 20 Minuten stoppte die Polizei den Zug von 200 Menschen, dem wir uns angeschlossen hatten, dann ging alles blitzschnell. Von zwei Seiten wurde unser Demonstrationszug von gepanzerten und schwer bewaffneten Polizisten und zwei Wasserwerfern angegriffen und regelrecht zerschlagen. Für uns kam der Angriff der Polizei völlig aus dem Nichts, die Menschen flohen in Panik. Wer nicht rechtzeitig wegkam, bekam den Polizeiknüppel zu spüren, wurde auf den Boden gedrückt und zum Teil sogar dann weiter mit dem Schlagstock traktiert. Man schrie uns an: „Halt die Schnauze sonst kriegst du noch eine rein!“ „Ein solches Ausmaß von Polizeigewalt habe ich noch nicht erlebt. Das war keine Festnahme, sondern ein regelrechter Überfall der Polizei auf unsere Demonstration.“ erinnert sich Nils Jansen, Mitglied im Jugendvorstand der ver.di Jugend NRW-Süd. Im verzweifelten Versuch, vor den um sich schlagenden Beamten zu flüchten, kletterten DemonstrantInnen in Panik über einen Zaun und stürzten anschließend eine mehrere Meter tiefe Mauer hinunter, wobei sie sich zum Teil schwer verletzten. Niemand von uns hatte so etwas je erlebt: Menschen lagen mit zum Teil offenen Brüchen auf dem Asphalt, Polizisten schlugen immer weiter auf DemonstrantInnen ein. Es waren acht (!) Rettungswagen nötig, um die verletzten Aktivisten ins Krankenhaus zu bringen. Nachdem die Polizei uns vor Ort zum Teil mehrere Stunden festgehalten hatte, wurden wir dann in die sog. „Gefangenensammelstelle“ (Gesa) gebracht. Die Zustände in der Gesa waren entwürdigend. (…) Wir alle mussten uns vor der Polizei nackt ausziehen, viele dann auch noch eine Kniebeuge machen. Eine junge Kollegin wurde gezwungen, unter den Augen der Beamten ihren Tampon herauszunehmen, und bekam anschließend keinen neuen. Einer weiteren Kollegin wurde von der Polizei bei der Festnahme ihre Brille entzogen, ohne die sie kaum etwas erkennen kann. Im Gefangenentransport wurden wir Zeuge, wie eine Gefangene von der Polizei verprügelt wurde, um ihr anschließend Fußfesseln anzulegen. Das sind nur einige Beispiele, für die Demütigungen und Erniedrigungen, denen wir und unsere Mitgefangenen in der Gesa ausgesetzt waren. Am Ende ist das provisorische Hamburger Amtsgericht der Forderung der Staatsanwaltschaft sogar soweit nachgekommen, dass drei KollegInnen in Untersuchungshaft gesteckt wurden! Unter Fadenscheinigen Gründen wurden den Bonnern „Fluchtgefahr“ attestiert, zwei von ihnen saßen von Freitag bis zum nächsten Freitag, also mehr als 170 Stunden, hinter Gittern. Die ver.di Jugend NRW-Süd steht hinter den betroffenen MitstreiterInnen und ruft zu breiter Solidarität auf!…“ Bericht der Ver.di Jugend NRW-Süd vom 4. August 2017 mit Bildern bei Fratzebuch
- G-20-Gipfel: Drei Bengalos reichten für die Polizei-Attacke
„… Ein Polizeivideo von einem Zusammenstoß zwischen Demonstranten und Polizei am Rondenbarg legt nahe, dass die Sicherheitsbehörden den Vorfall im Nachhinein anders darstellten als er tatsächlich war. (…) Wegen der gesamten G-20-Krawalle laufen etwa 160 Ermittlungsverfahren, 32 Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft. Aber diese eine Auseinandersetzung an der Straße Rondenbarg in Altona sticht heraus. Mindestens 59 Ermittlungsverfahren beziehen sich allein hierauf, 13 Demonstranten von dort kamen in Untersuchungshaft. Mindestens vier von ihnen sitzen noch heute, drei Männer und eine Frau aus Italien. Ein Polizeivideo des Einsatzes allerdings, das bislang unter Verschluss blieb und nun von der Süddeutschen Zeitung und dem NDR-Magazin Panorama eingesehen werden konnte, weckt Zweifel an der bisherigen öffentlichen Darstellung der Behörden. (…) Von einem „Angriff“ von Gewalttätern, der „abgewehrt“ werden muss, ist auf den Aufnahmen der Polizei nichts zu sehen. (…) In Hamburgs Parlament soll am 31. August erstmals der Sonderausschuss „Gewalttätige Ausschreitungen rund um den G-20-Gipfel“ tagen. Politiker der Oppositionsparteien CDU und Linke sind damit aber nicht zufrieden: Sie wollen einen Ausschuss, der nicht nur Fragen stellen, sondern auch in Akten sehen darf.“ Artikel von Ronen Steinke vom 4. August 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online
- G20: Aufmarsch des Militärs
„Die zunehmend militärisch agierende Polizei wurde in Hamburg auch durch die Bundeswehr unterstützt. Schon im Vorfeld des G20-Gipfels stellte die Stadt Hamburg mehr als 40 Amtshilfe-Ersuchen an die Bundeswehr. Neben logistischer Hilfe wurden durch die Bundeswehr unter anderem „Experten mit ABC-Technik zum Aufspüren von chemischen oder biologischen Kampfstoffen“ (Spiegel Online, 5.7.2017), ein Mehrzwecklandungsboot, drei Hubschrauber, zwei Unterwasserdrohnen, sowie mehrere Abfangjäger zur Sicherung des Luftraums bereitgestellt (taz, 5.7.2017). Am Freitag wurden zwei Eurofighter-Abfangjäger sowie ein Tankflugzeug zur Luftbetankung der Kampfjets auch tatsächlich eingesetzt, um den Luftraum in und um Hamburg zu überwachen. (…) Diese Vorfälle zeigen, dass Polizei und Bundeswehr eng zusammenarbeiten und die Bundeswehr auf einen Einsatz im Inneren vorbereitet war.“ Meldung von Alexander Kleiß vom 3. August 2017 bei IMI-Standpunkt 2017/024
- Demokratie und Grundrechte verteidigen! Offener Brief an den Hamburger Senat und die Leitmedien
„… die Reaktionen und Berichterstattung der letzten Wochen rund um den G20-Gipfel erfüllen uns mit großer Sorge, um den Zustand von Demokratie und Grundrechten. Während Autoritarismus und undemokratische Tendenzen in anderen Ländern, wie jüngst in der Türkei oder in den USA, zu Recht verurteilt werden, werden ähnliche Entwicklungen hierzulande wegen Ausschreitungen und brennender Autos während des G20-Gipfels in Hamburg als gerechtfertigt angesehen. Bereits im Vorfeld der Proteste wurde durch das Verbot der Protestcamps deutlich, dass jede Form des Protests schon im Keim erstickt werden sollte. Die polizeiliche Räumung eines höchstrichterlich genehmigten Camps war eines der Zeichen dafür, wie demokratische Grundwerte und rechtsstaatliche Verhältnisse in den folgenden Tagen systematisch missachtet werden sollten. (…) Wenn brennende Flüchtlingsheime und Morde an Migrant_innen mit kaputten Fensterscheiben und brennenden Autos gleichgesetzt werden, dann zeigt das eine gefährliche Indifferenz gegenüber der Wirklichkeit. (…) Wir fordern die Verantwortlichen in Politik und Medien dazu auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und personelle wie politische Konsequenzen aus dem Scheitern der Sicherheitsstrategie bei G20-Gipfel zu ziehen – anstatt Demokratie und Grundrechte auf dem Altar konservativer Beißreflexe und innerer Sicherheit zu opfern…“ Offener Brief samt umfangreicher Liste von Erstunterzeichner_innen über 350 WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen sowie Kulturschaffende, darunter auch LabourNet Germany (Mag). Der Brief kann auf der Aktionsseite auch weiterhin unterzeichnet werden.
- Amnesty fordert umfassende Aufklärung der Grundrechtseinschränkungen während des G20-Gipfels in Hamburg
„Amnesty International erkennt die Herausforderung an, vor der die Polizei und die Stadt Hamburg in den Tagen des G20-Gipfeltreffens stand: die Teilnehmer*innen und Veranstaltungen der G20 zu schützen und gleichzeitig friedlichen Protest zu ermöglichen, war eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Presse- und Augenzeugenberichte legen aber nahe, dass es auf Seiten der Polizei zu strafrechtlich relevantem Verhalten kam: insbesondere im Kontext der „Welcome to Hell“-Demonstration, aber auch in anderen Situationen sollen Polizist*innen unverhältnismäßige Gewalt gegen friedliche Demonstrierende sowie Medienvertreter*innen angewendet haben. Diesen Vorwürfen müssen Polizei und Staatsanwaltschaft nachgehen: wo nötig, müssen straf- und dienstrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden. Amnesty International befürchtet, dass Vorwürfen gegen Polizist*innen teilweise nicht nachgegangen werden kann, weil die Bundespolizei sowie zahlreiche Länderpolizeien keine individuelle Kennzeichnung tragen. Deshalb fordert Amnesty International die Bundesregierung sowie alle Landesregierungen, in denen die Polizei bisher noch nicht individuell gekennzeichnet ist, dazu auf, eine solche Kennzeichnung umgehend einzuführen. [Und nicht abschaffen, wie in NRW] Der G20-Gipfel zeigt auch, wie sich das Fehlen unabhängiger Untersuchungsmechanismen für polizeiliches Fehlverhalten auswirkt…“ Stellungnahme vom 30. Juli 2017 von und bei Amnesty International
- Gummi gegen den kommenden Aufstand
„Für den G20-Gipfel kündigte der Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde den Einsatz von „allem, was Polizeien so besitzen“, an. Bisher war nicht bekannt, dass hierzu auch Gummigeschosse gehören. Mehrere Bundesländer planten in den 80er Jahren die Anschaffung von Gummigeschossen für ihre Polizeien. Sie sollten den Beamten einen Vorteil bei den teilweise heftigen Auseinandersetzungen wie in Wackersdorf verschaffen. Entsprechende Überlegungen existierten beispielsweise in Baden-Württemberg und in Bayern im damaligen Kabinett von Franz-Josef Strauß. Die Innenministerkonferenz hatten einem Bericht des Spiegel zufolge beim Rüstungskonzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm eine Studie zur Entwicklung eines polizeilichen „Wirkwurfkörpers“ bestellt. Als mögliche Varianten galten großkaibrige Gummipatronen oder Gummischrot. Schließlich entschied sich die Innenministerkonferenz jedoch, die neue Bewaffnung in Deutschland nicht einzuführen. Befürchtet wurde, dass die Streubreite der Munition zu groß sei. Weder kann genau auf eine Körperpartie gezielt werden, noch ist ausgeschlossen dass Unbeteiligte getroffen werden. Ähnlich hatte sich damals auch das Europaparlament 1982 und 1984 in zwei Entschließungen geäußert. In den meisten EU-Mitgliedstaaten werden seitdem keine Gummigeschosse eingesetzt, Ausnahmen bilden die Schweiz, Spanien und Nordirland. (…) Trotz einer fehlenden gesetzlichen Bestimmung haben Polizeikräfte beim G20-Gipfel in Hamburg mit Gummigeschossen auf Personen gefeuert. (…) Die Spezialeinsatzkommandos beim G20-Gipfel wurden von dem Hannoveraner Polizist Michael Zorn koordiniert. (…) Zorn zufolge habe der Gesamteinsatzleiter in einem Gespräch „nicht ausgeschlossen, dass, würde er zu einem Vorrücken gezwungen sein, es zu einem Schusswaffengebrauch kommen könnte“.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 29. Juli 2017 bei Telepolis
- G20 heißt auch: Gipfel der Überwachung
„Beim G20-Gipfel nutzten Polizei und Verfassungsschutz ein großes Arsenal an Überwachungsmaßnahmen. Sie hörten Gespräche mit, setzten IMSI-Catcher ein und führten Funkzellenabfragen durch. Daneben las die Polizei Handys aus und fragte Daten bei Hostels ab. Über die Details schweigt sie, eine Kontrolle ist so kaum möglich. (…) In welchem Umfang, das will der Hamburger Senat auf Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider in den meisten Fällen nicht beantworten. Das sagt er bereits vor der ersten Frage und fügt immer wieder einen Verweis auf diese Generalentschuldigung ein. Zur Häufigkeit verdeckter Maßnahmen müssten Akten händisch ausgewertet werden, das sei in der Antwortfrist einer parlamentarischen Anfrage nicht zu machen. Anderes lasse Rückschlüsse auf die Taktik der Polizei zu, auch dann könne man Details nicht offenlegen. Und einige Akten seien noch nicht bei der Staatsanwaltschaft erfasst, daher sei noch keine zuverlässige Auswertung möglich. Aus der Zuständigkeit des Hamburger Senats ergibt sich außerdem, dass die Antworten nur Aussagen über die Hamburger Polizei und den Landesverfassungsschutz enthalten können. Was Bundespolizei, Bundesverfassungsschutz und andere Länderbehörden an Technik nach Hamburg gebracht haben, kann man ihr nicht entnehmen. (…) Die vielen offenen Fragen und die unzureichenden Antworten verdeutlichen, dass die Aufarbeitung des G20-Gipfels noch lange nicht vorbei ist. Es werden noch viele parlamentarische Anfragen und viel journalistische Arbeit notwendig sein, um die Geschehnisse aufzuarbeiten und zu einer Einschätzung zu gelangen, inwieweit sich die deutschen Sicherheitsbehörden in den Grenzen des Rechtsstaates bewegt haben – sei es bei Überwachung, bei Eingriffen in die Versammlungsfreiheit oder beim Einsatz von Gewalt.“ Beitrag von Anna Biselli vom 28. Juli 2017 bei Netzpolitik.org
- G-20-Gipfel: Festgenommen wegen Pfefferspray im Rucksack
„Knapp drei Wochen nach dem G-20-Gipfel sind noch 35 Menschen in U-Haft, die in die Krawalle verwickelt gewesen sein sollen. Die Polizei ermittelt mit enormem Aufwand weiter, doch die strafrechtlichen Vorwürfe bröseln dahin. Vier festgenommene Russen entpuppten sich als Filmemacher, ein Pole sitzt in Haft, weil er Pfefferspray dabei hatte…“ Artikel von Ronen Steinke vom 27. Juli 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online
- Polizeigewalt beim G20 wird zum Dauerbrenner im Sommerloch
„Die Debatte um Polizeigewalt beim G20-Gipfel in Hamburg hat in den letzten Tagen noch einmal Fahrt aufgenommen. Nach Informationen von Spiegel Online gibt es mittlerweile 49 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte, sechs davon beruhen auf Ermittlungen, die die Polizei selbst gestartet hat. Tendenz steigend…“ Artikel von John F. Nebel vom 27 Juli 2017 bei Metronaut
- Juristisch mehr als zweifelhaft. Nach G-20-Protesten in Hamburg: U-Haft wegen »psychologischer Unterstützung« mutmaßlicher Gewalttäter
„In der dritten Woche nach den G-20-Protesten sitzen noch 36 Festgenommene in Untersuchungshaft. Nach Einschätzung der Rechtsanwälte Lino Peters und Maja Beisenherz vom anwaltlichen Notdienst und des justizpolitischen Sprechers der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, Martin Dolzer, sind die Haftgründe mehr als zweifelhaft. Einigen wird nicht einmal eine konkrete Straftat vorgeworfen. Betroffen ist zum Beispiel die 23jährige Italienerin Maria R., »die inhaftiert ist, da sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten hat«, so Dolzer am Mittwoch im Pressegespräch. (…) R. wird vorgeworfen, Gewalttäter psychologisch unterstützt zu haben, weil sie sich nicht entfernt habe. Dies reicht aus, um Maria R. mit der Begründung, es bestünde Fluchtgefahr, in U-Haft zu behalten und sie daran zu hindern, ihrem Studium und ihrem Job in einer Rechtsanwaltskanzlei nachzugehen. (…) Neben Maria R. sitzen noch weitere 19 EU-Ausländer in U-Haft. Sieben von ihnen wird ähnliches vorgeworfen – und anderen zwar Straftaten, aber solche, die im Normalfall höchstens mit Bewährungsstrafen geahndet werden. Beispielsweise Landfriedensbruch. Doch auch hier sind die Tatvorwürfe fraglich. So soll ein Flaschenwurf auf einem Video einer Person zugeordnet werden, die darauf selbst nicht zu sehen ist. (…) Wegen der Vorwürfe des Landfriedensbruchs, schweren Landfriedensbruchs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte steht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren im Raum. Nach einem Bericht des Lower Class Magazine handelt es sich um Menschen, die durch eine Treibjagd der Polizei teilweise schwer verletzt wurden. Sie seien von einem Baugerüst geschubst worden…“ Artikel von Lina Leistenschneider in der jungen Welt vom 27. Juli 2017
- An alle, die gegen die G20 auf der Straße waren. Über die kollektive Erfahrung zehntausender Demonstranten in Hamburg
„… Der Kampf um die Deutungshoheit der Ereignisse in Hamburg ist ein Versuch, uns unsere Erfahrungen auszureden. Er ist ein Angriff auf unsere Erinnerung, der uns an unser Wahrheit zweifeln lässt. Schwer auszuhalten, wenn wir nicht andere haben, die mit uns in Hamburg waren, die uns bestätigen können, dass nicht wir es sind, die verrückt sind. Gegen den Zweifel, lasst uns vertrauen: Die kollektive Erfahrung von Zehntausenden, die wir waren, kann man nicht löschen. Wir haben eine Stadt im Ausnahmezustand erlebt. Überall Polizei in Kampfmontur, gepanzert, vermummt, gesichtslos, wie eine Armee imperialer Sturmtruppen. Die riesigen Wasserwerfer, unwirkliche, bedrohliche Maschinen zur Aufstandsbekämpfung. Wir haben Gewalt erlebt, sind geschlagen und getreten worden, hatten Pfefferspray in den Augen. Manchen wurden die Knochen gebrochen. Die meisten von uns sind wieder aufgestanden und haben neue Demonstrationen und Blockaden gebildet. Unser kollektiver Mut hat die Ohnmacht besiegt. (…) In vielen Städten finden jetzt Auswertungstreffen statt. Geht dort hin. Verarbeitet eure Erlebnisse nicht alleine. Vergesst die Gefangenen nicht. Schließt euch zusammen gegen den Wahnsinn der Welt. Hamburg kann überall sein, weil wir überall sind. Wir sehen uns wieder: auf der Straße.“ Gastbeitrag von Emily Laquer bei neues Deutschland vom 26. Juli 2017 (Emily Laquer ist Sprecherin der Großdemonstration »Grenzenlose Solidarität statt G20« und aktiv in der »Interventionistischen Linken« (IL).)
- „Polizeibekannte linke Aktivisten“: Umfangreicher Datentausch zum G20-Gipfel
„Für den G20-Gipfel in Hamburg haben BKA und Bundespolizei von etlichen Staaten Personendaten erhalten. Womöglich handelt es sich dabei nicht um Angaben zu StraftäterInnen, sondern um Verdachtsdateien zu vermuteten „Extremisten“. Auch zur Strafverfolgung werden Daten getauscht…“ Artikel von Matthias Monroy vom 26.07.2017 bei Netzpolitik
- G20, Hamburg: Einsatz von Gummigeschossen und Zerschlagung der „Welcome to Hell“-Demonstration
„Während des G20-Gipfels in Hamburg kam es zu massiver Polizeigewalt in unterschiedlichen Formen. Eine Form dieser Gewalt, die bisher erstaunlicherweise öffentlich noch nicht skandalisiert wurde, war der offensichtlich rechtswidrige Einsatz von Gummigeschossen durch die Polizei gegen Demonstrant*innen. In Bezug auf den äußerst brutalen Angriff der Polizei auf die völlig friedliche Demonstration am Donnerstag, 06.07.17 ist nun ein planmässiges Vorgehen der Polizei mit dem Ziel, möglichst viele Demonstrant*innen zu verletzen, zu traumatisieren und einzuschüchtern, belegbar…“ Pressemitteilung vom 26.07.2017 von und bei Initiativkreis gegen Polizeigewalt, Berlin
- G20-Gipfel: Europäischer Datentausch zur Kriminalisierung von linkem Aktivismus
„„Vor dem G20-Gipfel in Hamburg haben das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei von zahlreichen internationalen Partnerbehörden Personendaten eingesammelt. Informationen kamen dabei sogar aus den USA. Die Angaben wurden wohl dazu genutzt, Einreiseverbote auszusprechen. Wie bei vergangenen Protestereignissen dürfte dies in Teilen rechtswidrig sein“, kritisiert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion Andrej Hunko. Das Bundeskriminalamt hat mit 19 europäischen Ländern sowie mit Kanada und den USA Personendaten über linke Aktivisten ausgetauscht. Dabei wurde das Format der „Police Working Group on Terrorism“ (PWGT) genutzt. Die PWGT ist ein informelles Netzwerk der Staatsschutzbehörden aller EU-Mitgliedsstaaten, der Schweiz, Norwegens und Islands. Es wurde in den 70er Jahren zur Bekämpfung bewaffneter linker Gruppen ins Leben gerufen…“ Pressemitteilungen von Andrej Hunko vom 25. Juli 2017
- »Man kann froh sein, dass es keine Toten gab« – Zwei Demo-Sanitäter im Gespräch über ihren Einsatz bei den G20-Protesten in Hamburg
Im Gespräch mit Moritz Wichmann bei neues Deutschland vom 24. Juli 2017 berichten die beiden Demo-Sanitäter Elisa und Kiko: „… Der Einsatz war auf alle Fälle anders, anders als alle Einsätze, die ich bisher hatte. Es war sehr anstrengend, sowohl nervlich als auch körperlich. (…) In Hamburg ist vorübergehend viel medizinische Infrastruktur einfach zusammengebrochen. (…) Bei Demos geht es klassisch um: Augen ausspülen nach Pfefferspray-Einsatz, Platzwunden, Schürfwunden, umgeknickte Füße durch Hinfallen. Das gab es auch in Hamburg. Wenn die Polizei frontal auf eine Menschenmenge zurennt und relativ ziellos auf Leute einprügelt, kommt es auch zu Prellungen, Platzwunden, teilweise auch zu Blutungen und Knochenbrüchen. (…) Anders war das Tränengas. Das wird in Deutschland selten eingesetzt. Zudem gab es diverse Knalltraumata. Auch ein Mitglied unserer Gruppe war davon betroffen. Ich kann mich zum Beispiel nicht mehr an eine so gezielte Massenpanik erinnern, wie sie auf der »Welcome to Hell«-Demo zu beobachten war. Dabei haben sehr viele Leute Prellungen und Quetschungen erlitten, weil die Polizei mit Wasserwerfern, Tränengas und massivem Schlagstockeinsatz in die Seite der Demo reingedrückt hat – an einem Ort, wo es keinen Ausweichkorridor gab, außer eine Kaimauer hinaufzuklettern. Dabei ist es zu Armbrüchen und Brustkorbquetschungen gekommen. Das sind keine schlimmen Verletzungen, aber wenn dann eine Kreislaufinstabilität dazukommt, wird es lebensbedrohlich. Und wenn man dann als Sanitäter 112 nicht mehr erreichen kann, bekommt man Angst. Das war ein ganz, ganz anderes Ausmaß als das, was wir aus Berlin kennen…“ – ein grosser Dank an die Sanis!!!
- Die Gewalt kommt nach Hause – abweichende Meinungen zum Thema Hamburg
„Das Bürgertum ist schockiert, die Presse entsetzt. Politikerinnen und Politiker aller Parteien schütteln die Köpfe und distanzieren sich von der „sinnlosen“ Gewalt, die in Hamburg am Rande des G20 Gipfels eskalierte. Sie tun das, als ob sie jemals einen Ausbruch von Gewalt als sinnvoll anerkennen würden. Martin Schulz weigert sich den Randalierenden und „marodierenden Banden“ das Linkssein anzuerkennen und tut dabei so, als ob er selbst noch irgendetwas Linkes an sich hätte. Die Republik steht Kopf, weil ein paar Tausend losgezogen sind, bewaffnet mit nicht viel mehr als Steinen und Flaschen und ein bisschen Benzin gegen eine militärisch hochgerüstete Polizeimaschinerie. Worauf man eigentlich nur eines sagen müsste: wenn es wirklich so einfach ist, mit so geringen Mitteln die Staatsmacht zum Wanken zu bringen, dann ist das Ding mit der Revolution offenbar einfacher als wir denken. Doch so weit ist es wohl noch nicht. Leider. (…) Das Ohnmachtsgefühl im Angesicht dieser hochgerüsteten Armeen, die abgestellt waren ein paar Staatenlenker zu beschützen, war überwältigend und steigerte sich hin bis zur ohnmächtigen Wut: Man wollte diesen Schweinen weh tun. Ganz einfach weh tun und wer nicht dabei war, weiß es einfach nicht und wer etwas anderes sagt, war nicht dabei. Ganz Hamburg hasst die Polizei – nie war dieser Spruch wahrer als in dieser Nacht. Es war so eklig, sich so schwach zu fühlen, und es war klar – da musste noch was kommen. (…) Nun geht er also los, der Kampf um die Deutungshoheit der Ereignisse des G20-Wochenendes und auch hier stehen wir einer geballten Übermacht gegenüber, die aus allen Propagandarohren schießt. Ganz vorne mit dabei, die alte Parole von „Linksextremismus gleich Rechtsextremismus“. Wer das grölt, hat den Unterschied zwischen Autos anzünden und vermeintliche Ausländer durch die Stadt jagen noch immer nicht verstanden und will den auch nicht verstehen. (…) Ob diese Menschen tagtäglich unterm Terror des Arbeitsamtes zu leiden haben oder in den gesamten letzten Wochen vor G20 die Schikanen der Polizei ertragen mussten, spielt im Normalfall keine Rolle. Ob sie unter ihren Chefs knuffen müssen, ob sie nicht wissen wie sie die nächste Mieterhöhung bezahlen sollen oder ob das Hartz IV reicht wird erst dann relevant, wenn das Auto im Arsch ist und sie als Beleg herhalten dürfen, dass der linke Mob die falschen Ziele ausgewählt hat. (…) Das die plötzlich mitmachen bei so einem Gewaltexzess, das verwundert Euch? Ein Wunder ist es, dass so etwas nicht öfter passiert. Ein Wunder ist es, dass da nicht mehr passiert ist. Ein Wunder ist es, dass die meisten Menschen die ganze Scheiße so ruhig und gelassen und voll innerem Selbsthass ertragen anstatt auf die Barrikaden zu gehen und den Frust raus zu lassen. (…) Die Vorboten der Apokalypse sind schon jetzt zu spüren. Ein System wie das, in dem einige Wenige prächtig leben, viele so lala und sehr viele richtig beschissen, so ein System wird sich weder wegtanzen noch wegbassen lassen. Die Mächtigen werden sich ihre Macht auch nicht aus der Hand diskutieren lassen…“ Beitrag von Jens Ulfkotte vom 22. Juli 2017 beim Lower Class Magazine
- Der G20-Gipfel, die Polizei und viele offene Fragen
„Nach dem Protest gegen den G20-Gipfel entpuppen sich viele Behauptungen der Polizei als falsch. Was ist in Hamburg wirklich passiert? Gibt es eine neue Welle der Gewalt gegen die Polizei? Wie viele Verletzte gab es? War die Polizei das Opfer einer nicht mehr beherrschbaren Situation? Der Faktenfinder mit Infografik zum »G20-Protest« gibt Antworten…“ Faktenfinder von und bei Marx21
- G20: Schanzen-Anwohnerin schildert Polizei-Schläge
„Die Diskussion über die Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg läuft weiter. Am Mittwoch befasste sich der Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft stundenlang mit den Vorkommnissen. Auch die Frage, ob die Polizei immer verhältnismäßig gehandelt hat, steht im Raum. Im Netz kursieren viele Videos und Augenzeugen-Berichte über Polizisten, die übermäßige Härte und Gewalt angewendet haben sollen. NDR Info hat eine Frau getroffen, die sagt, Polizisten hätten sie ohne jeden Grund verprügelt…“ Beitrag von Elisabeth Weydt vom 20. Juli 2017 bei NDR online (Audio und Manuskript)
- Exklusiv: Neonazis geben Teilnahme an G20-Protesten zu
„… Die Gewalttäter hätten sich wie Neonazis verhalten, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maiziére noch kurz nach den Krawallen in Hamburg am Rande des G20-Gipfels. Gemeint waren damit die vermeintlich linken Randalierer, die laut Versicherungen einen Sachschaden von rund zwölf Millionen Euro verursachten. Nun wird klar, dass sich tatsächlich Neonazis unter die hauptsächlich eher linken Demonstranten gemischt haben. Thüringen24 liegen exklusiv zwei Bestätigungen von rechtsextremen Gruppen vor, dass ihre Mitglieder sich an den Anti-G20-Protesten beteiligt und zum Teil auch Sympathien für die gewalttätigen Ausschreitungen haben…“ Beitrag von Jan-Henrik Wiebe vom 19. Juli 2017 bei Thüringen24
- [19.7.17 in Hamburg] Demo „Gipfel der Hetze – Gegen die autoritäre Formierung der Gesellschaft“
„Der G20 ist vorbei und was bei uns bleibt, ist der Schrecken über die öffentlichen Reaktionen auf Proteste, Ausschreitungen im Schanzenviertel und Gewalt seitens der Polizei. Im Nachklapp offenbart sich eine autoritäre Formierung der Gesellschaft, die sich im Internet in Gewaltfantasien gegenüber vermeintlichen ‚Linksextremisten‘, auf der Regierungsbank als verbale Aushebelung der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung und auf der Straße als spontane Massenmobilisierung zum Wiederaufbau der ‚kriegszerstörten‘ Schanze zeigt. Gemeinsames Moment ist die Identifikation mit der Staatsgewalt, die jedes Zeichen des Widerstands bestrafen, unterdrücken und wieder auslöschen muss. Diese Haltung kulminiert in dem Slogan ‚Danke Polizei!‘, unter dem in der letzten Woche völlig unkritisch Unterstützung von vielen Politiker_innen, aber auch ganz normalen Bürger_innen bekundet wurde. (…) Wir werden uns dieser absurden Hetzjagd entgegenstellen! Gegen die autoritäre Formierung der Gesellschaft! Dudde muss weg, gegen Polizeigewalt und Repression! Hände weg von der Roten Flora, dem Gängeviertel und allen anderen angegriffenen Projekten!“ Aus dem Aufruf zur Demo am 19. Juli ab 16:30 Uhr am Hachmannplatz/HBF in Hamburg: Autoritärer Backlash, Polizeigewalt feiern, Flora schließen, Schanze putzen? Nicht mit uns!
- Chefduzen goes G20
„Wir haben uns vorbereitet und wollten bei den G20 Protesten uns mit Veranstaltungen und Diskussionen (in einem eigenen Cafézelt) mit dem Gipfel und mit Alternativen zur herrschenden Politik inhaltlich auseinandersetzen. Das ist von den Behörden unterbunden worden. Wir sind entsetzt, wie sehr Demokratie und Bürgerrechte hierzulande zur Disposition gestellt werden, wie Grundrechte im Rahmen des G20 Gipfels von Politik und Polzei mit Füßen getreten wurden und wie sehr die Medien versagten, diesen Tendenzen als „4. Gewalt“ mutig entgegenzutreten. Die Dominanz der Krawallbilder in den Veröffentlichungen, wirkte eher wie eine sympathiserenden Orchestrierung des Demokratieabbaus. Wir haben in der Chefduzenredaktion länger diskutiert, wie wir auf diese Situation reagieren sollen und haben uns zu folgender Stellungnahme entschieden…“ Stellungnahme vom 18.7.2017 von und bei Chefduzen
- Video (12 min) über die G 20 Proteste in HH am 08.07.17
Video von Martin Keßler (12 min) bei youtube ein Auszug aus dem neuen Dokumentarfilm „Reise in den Herbst“ (ca 90 min, 2017)
- G20: Sondereinsatzkommando zielte auf Sanitäter. Ehrenamtliche medizinische Helfer nach Polizeieinsatz in Hamburg traumatisiert
„»Das Spiel ist jetzt vorbei«, rufen die Mitglieder des Sondereinsatzkommandos, als sie ihre Maschinengewehre auf die Sanitäter richten. Sie halten die grünen Laserzielhilfen auf die Oberkörper von mehreren Menschen, die im Treppenhaus vor ihnen kauern. Sie sind durch ihre Leibchen klar als Sanitäter erkennbar, stehen nun aber mit erhobenen Händen da und müssen sich kurz darauf durchsuchen lassen. Daneben: Ein schwer verletzter Demonstrant, mit laufender Infusion. Diese Szene wird in einer Mitteilung der Gruppe »Riot Medics Berlin« beschrieben…“ Artikel von Moritz Wichmann vom 16.07.2017 beim ND online
- Bilanz der G20-Proteste: ›Feindbild Demonstrant‹
„Während der G20-Proteste in der vergangenen Woche haben staatliche Stellen systematisch Grundrechte verletzt und rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft gesetzt. Eine erste Bilanz offenbart mit einigen Tagen Abstand in der Summe, die weitgehende Missachtung von Bürger*innenrechten bei gleichzeitiger Dominanz repressiven polizeilichen Handelns. Es bedarf daher einer rückhaltlosen und genauen Aufklärung aller Sachverhalte. (…) Gleichzeitig ist es unerträglich, wie Politik und Polizei im Nachhinein mit dem Geschehen umgehen: Statt einer offenen und selbstkritischen Aufarbeitung des schon im Grundsatz autoritär-repressiven Vorgehens gegen die Proteste und der Gewaltexzesse mancher Polizeieinheiten, findet reflexartig eine bedingungslose Verteidigung und gar Glorifizierung der Polizeiarbeit statt. Die vollständige Abwesenheit einer Fehlerkultur bestätigt nicht nur die Polizist*innen in ihrem rechtswidrigen und strafbaren Vorgehen. Das nun faktisch bestehende Verbot, Kritik an der Polizei zu üben, die als Exekutivinstanz das Gewaltmonopol ausübt, setzt auch einen zentralen Grundsatz des Rechtsstaats außer Kraft: Wer besondere Befugnisse zum Gewalteinsatz hat, muss durch die Gesellschaft und die anderen Gewalten permanent und intensiv kontrolliert sein. Alles andere ist der Weg in den Obrigkeitsstaat…“ Pressemitteilung des Anwaltlichen Notdienstes zum G20 in Hamburg vom 14. Juli 2017
- Während der G20-Proteste wurden weniger Polizisten verletzt, als die Polizei behauptet
„… Von den offiziell 476 bei G20 verletzten Polizisten wurden deutlich weniger Beamte während der Proteste verletzt, als bisher angenommen. Mehr als die Hälfte der Verletzungen meldeten die Polizisten schon vor den Protesten. Das geht aus Anfragen von BuzzFeed News an alle 16 Landespolizeibehörden und die Bundespolizei hervor. Zudem sind etliche Verletzungen nicht auf die Demonstranten zurückzuführen. So zählte die Polizei zum Beispiel Kreislaufprobleme ebenfalls zu den gemeldeten Verletzungen. Die allermeisten Polizisten konnten spätestens am nächsten Tag wieder am Einsatz teilnehmen, häufig auch deutlich eher. (…) Mehr als 95 Prozent der als verletzt erfassten Polizisten konnten bereits nach kurzer Behandlung vor Ort wieder weiter arbeiten, zeigen die Recherchen von BuzzFeed News. Von den 476 gemeldeten Polizisten wurden insgesamt 21 Beamte so verletzt, dass sie auch noch am Folgetag oder länger nicht einsatztauglich waren. Offiziell als schwer verletzt gelten zwei Beamte der Bundespolizei. Die 16 Bundesländer meldeten auf Anfrage keine schwer verletzten Polizisten…“ Beitrag von Marcus Engert vom 14. Juli 2017 bei den BuzzFeedNews
- 44 Strafanzeigen gegen Polizisten nach G-20-Einsatz
„… Christoph Lührs von der Hamburger Innenbehörde hatte der WELT Freitagvormittag 35 laufende Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete bestätigt. Er ging davon aus, dass die Zahl weiter steigen werde. In 27 der 35 von der Innebehörde bestätigten Fälle gehe es um Körperverletzung im Amt. Von diesen 35 Fällen basieren 28 auf Strafanzeigen von Dritten. Die restlichen sieben Verfahren wurden von Amts wegen durch das Dezernat Interne Ermittlungen (D.I.E.) eingeleitet, darunter vier Fälle wegen Körperverletzung im Amt. Für die Verfolgung der Ermittlungsverfahren ist in allen Fällen das D.I.E. zuständig. Zu den neun nun hinzugekommenen Fällen gibt es bisher keine weiteren Details. Beim Verwaltungsgericht Hamburg haben unterdessen zwei Anti-G-20-Demonstranten Klage gegen Polizeimaßnahmen eingereicht. Einer der Kläger fechte seine Ingewahrsamnahme in der Gefangenensammelstelle im Stadtteil Harburg an. Die zweite Klage richte sich laut einer Gerichtssprecherin gegen ein Aufenthaltsverbot, das während des Gipfels von der Polizei ausgesprochen wurde…“ Artikel von Christina Brause vom 14.7.2017 bei der Welt online
- Hamburger Gefangenensammelstelle: Rechte von in Gewahrsam Genommenen und Rechtsanwälten systematisch verletzt
„Hamburger Justiz und Polizei haben in der Gefangenensammelstelle (GeSa) in Hamburg-Harburg systematisch die Rechte von in Gewahrsam Genommenen und Rechtsanwälten verletzt
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein fordert umfassende Untersuchung der Grundrechtsverletzungen in der Gefangenensammelstelle und Konsequenzen bei Polizei, Justiz und politisch Verantwortlichen. (…) Konkret bedeutete dies, dass mehr als 100 Anwältinnen und Anwälte in 24-Stunden-Schichten in der Gefangenensammelstelle (GeSa) in Hamburg-Harburg präsent waren. Insgesamt wurden mehr als 250 Personen betreut. »Wir sind bei dem Versuch, von der Polizei in Gewahrsam genommene Personen rechtlichen Beistand zu leisten, blockiert, beschimpft und physisch attackiert worden«, kritisiert Rechtsanwalt Lino Peters vom AND. »Dass hier rechtsstaatliche Prinzipien über vier Tage willkürlich außer Kraft gesetzt werden konnten, muss personelle und politische Konsequenzen bei den Verantwortlichen nach sich ziehen«, so Rechtsanwältin Daniela Hödl. Die nachfolgenden Vorfälle zeigen einige der Rechtsverstöße exemplarisch auf…“ Pressemitteilung des RAV vom 14.07.2017
- [weitere] Doku der Polizei-Brutalitäten beim G20-Treffen
Auf der Aktionsseite mit dem Namen Police Brutality at G20 summit (Polizei-Brutalitäten beim G20-Treffen) werden dokumentierte Fälle von Polizeigewalt mit den jeweiligen Belegen zusammengestellt
- Die Schuld der anderen
„Für Randale gibt es keine Rechtfertigung? Richtig. Nur sind die G20 selbst organisierte Gewalt. Deutschland hat einen neuen Staatsfeind Nummer eins: den Linksterroristen. Aktivist oder Randalierer, selbst Gewalttäter genügt nicht. Es muss schon der Linksterrorist sein. Der Linksterrorist konnte Hamburg in Schutt und Asche legen, so geht das neue Narrativ weiter, weil sich Politik und Öffentlichkeit in der Vergangenheit viel zu sehr auf die rechte Gewalt konzentriert hätten. Nun aber, nach dem G20-Gipfel, wird dringend ein Kurswechsel verlangt. (…) Wer nun unbedingt rechte mit linker Gewalt vergleichen will, muss zur Kenntnis nehmen, dass seit 1990 in Deutschland – je nach Quelle – zwischen 80 und 180 Menschen durch rechte Gewalt den Tod fanden. Über Todesopfer linker Gewalt gibt es in diesem Zeitraum keine Informationen. (…) Die Gewaltdemonstranten haben Autos angezündet. Das ist eine Straftat. Vorstellbar wäre noch der Hinweis, dass die Besitzer dieser Autos, die sich unschuldig und unbeteiligt wähnen, plötzlich daran erinnert werden, dass sie beides eben nicht sind – unschuldig und unbeteiligt. Denn das Auto, das eine Familie in Hamburg-Ottensen gekauft und bezahlt hat und das da am Wochenende angezündet wurde, ist selber kein wertneutraler Gegenstand, sondern ein politisches Objekt. Es besteht aus Rohstoffen, die unter den Terms of Trade einer von den G20 beherrschten Welt gefördert und gehandelt wurden: Kupfer aus Chile, Bauxit aus Guinea oder Seltene Erden aus China – geschürft, transportiert, verarbeitet unter Bedingungen, die man mit gutem Gewissen weder den Menschen noch dem Planeten zumuten kann. Aber die Familie aus Ottensen hat kein schlechtes Gewissen. Wir alle haben kein schlechtes Gewissen. Wir erkennen die Gewalt nicht, die wir selber ausüben. Nur die, die wir selber erfahren.“ Beitrag von Jakob Augstein vom 13. Juli 2017 beim Freitag online
- Häuserkampf zum G20: Spezialeinheiten hätten schießen dürfen
„… Den im Hamburger Schanzenviertel eingesetzten Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurde die Freigabe für den Einsatz von Schusswaffen erteilt. Dies hat der Kommandoführer des sächsischen SEK, Sven Mewes, der dpa heute in einem Interview bestätigt. Die Einheit habe hiervon zwar keinen Gebrauch gemacht, jedoch seien Türen mittels Schusswaffen „mit spezieller Munition“ geöffnet worden. (…) „Gefühlsmäßig“ sei der Einsatz im Schanzenviertel laut dem sächsischen SEK-Chef kein Vorgehen gegen Demonstranten, „sondern gegen Rechtsbrecher, mögliche Verbrecher“ gewesen. Mit automatischen Waffen im Anschlag wurden nach Zeugenaussagen aber auch Demosanitäter und Journalisten sowie Umstehende bedroht…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 13. Juli 2017 bei Telepolis
- Was die Gewalt bei den G-20-Protesten verdrängt: Weit über Hunderttausend kamen zu Gegengipfel und Massenprotesten. Auch ihre Forderungen und Vorschläge fallen den Krawallen zum Opfer
„Während des G-20-Gipfels in Hamburg gab es umfangreiche und vielfältige Proteste. Doch in vielen Medien waren und sind nur die in Dauerschleife gesetzten Bilder einer brachialen Gewalt zu sehen, die schockiert, die aufgearbeitet und vor allem aufgeklärt werden muss. Diese Bilder lenken aber auch von dem friedlichen Protest und Engagement hunderttausender Menschen ab, der sich vier Tage lang ebenso gegen die Politik der G-20-Staaten gestellt haben wie gegen die Gewalt, die von deren Regierungen ausgeht. Als „parlamentarische Beobachterin“ konnte ich während der Proteste in der Hansestadt zahlreiche Aktivitäten und politische Diskussionen mitverfolgen. Völlig aus der medialen Berichterstattung fiel ein zweitägiger, international besetzter „Gipfel der Solidarität“, der auf zwölf Podien und über 70 Workshops mit WissenschaftlerInnen, AktivistInnen und PolitikerInnen aus über 20 Ländern die Kritik an der herrschenden Politik der G20 erörterte und über Alternativen und Strategien zur Durchsetzung einer solidarischen Weltordnung diskutierte. Die G20 verteidige ein System, das die soziale Ungleichheit auf die Spitze treibt. Der stets überfüllte Kampnagel-Saal, ein ehemaliges Industriegebäude in Hamburg-Winterhude, war ein Zeichen der ernsthaften Auseinandersetzung mit den globalen Problemen von Krieg, Klimazerstörung, ausbeuterischen Handelsstrukturen oder Migration als Ausdruck der sich verschärfenden Krise des Kapitalismus. (…) Ein Höhepunkt für mich war die eindrückliche Auftaktrede der 92-jährigen Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano an den Deichhallen. Bejerano wandte sich mit fester Stimme, an den Ersten Bürgermeister Olaf Scholz: „Wo ist denn die hanseatische Gastfreundlichkeit geblieben, wenn junge Menschen nicht einmal mehr das Schlafen, das Essen, das Waschen in Camps erlaubt wird? Die Botschaft ist eindeutig: Für Euch ist kein Platz!“ Gastkommentar von Heike Hänsel vom 13. Juli 2017 bei Telepolis
- Die rebellische Hoffnung von Hamburg – Eine erste, vorläufige Bilanz der Interventionistischen Linken
„Sagen wir zuerst das Allerwichtigste: Hamburg befand sich nicht nur eine Woche im polizeilichen Ausnahmezustand, der uns eine Warnung sein sollte. Nein, ebenso wichtig: Zehntausende haben ihm getrotzt. (…) Am Ende traten gezählte 76.000 Menschen gegen eine Welt der Angst ein. Sie waren dem gemeinsamen Aufruf zur Demonstration gefolgt. (…) Ja, zu den Bildern des Widerstands gehören auch jene, bei denen Menschen der Kragen geplatzt ist, bei denen sie sich gewehrt haben – und bei denen diese Gegenwehr umschlug in Aktionen, die sich nicht mehr gegen den Gipfel oder die Staatsmacht, sondern auch gegen Anwohner_innen und Geschäfte richtete. Es waren nicht unsere Aktionen. (…) Wir haben schon vorher gesagt, dass wir uns nicht distanzieren werden und dass wir nicht vergessen werden, auf welcher Seite wir stehen. Wir stimmen nicht in den Chor derer ein, die jetzt von „Straftätern“ reden und die Mischung aus organisierten Militanten und zornigen Jugendlichen in die Nähe von Neonazis rücken. Die Unterbrechung und Zurückweisung ihrer Ordnung, die in den Aktionen lag, auch wenn wir sie in den Formen und den Zielen vielfach falsch finden, hat unser Verständnis. Soweit die Aktionen von organisierten Gruppen ausgingen, finden wir es problematisch, dass sie dafür keine politische Verantwortung übernehmen, sondern es anderen politischen Spektren überlassen, mit, für und über sie zu reden. Über das politische Konzept des Insurrektionalismus wird kritisch zu reden sein, das zwar den Hunger nach Rebellion bedient, aber von dem eben keine Hoffnung und keine Solidarität ausgeht…“ Stellungnahme und Bilanz vom 12. Juli 2017 von und bei der der Interventionistischen Linken
- Drei Tage Chaos in Hamburg
„Vom Vorabend des G20-Gipfels bis zu seinem Ende musste Hamburg drei schwere Tage durchstehen: immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei, heftige Krawalle, Autos gehen in Flammen auf, über mehrere Stunden verliert die Polizei die Kontrolle über einen Stadtteil, das Schanzenviertel. Wie konnte es dazu kommen? Wer sind die Täter? Und wer trägt die Verantwortung? Es sind noch viele Fragen offen. Reporter von NDR und „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) konnten nun Notizen von Polizisten einsehen und haben mit Anwohnern, weiteren Augenzeugen und mutmaßlichen Randalierern gesprochen. So wird klarer, was sich tatsächlich in diesen Tagen in Hamburg ereignet hat…“ Text und Video des Beitrags vom 12.07.2017 beim NDR von Thomas Berbner, Jan Liebold, Georg Mascolo, Christian Baars
- Geschäftstreibende aus dem Schanzenviertel berichten: Stellungnahme zu den Ereignissen vom Wochenende
„Wir, einige Geschäfts- und Gewerbetreibende des Hamburger Schanzenviertels, sehen uns genötigt, in Anbetracht der Berichterstattung und des öffentlichen Diskurses, unsere Sicht der Ereignisse zu den Ausschreitungen im Zuge des G20-Gipfels zu schildern. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2017 tobte eine Menge für Stunden auf der Straße, plünderte einige Läden, bei vielen anderen gingen die Scheiben zu Bruch, es wurden brennende Barrikaden errichtet und mit der Polizei gerungen. Uns fällt es in Anbetracht der Wahllosigkeit der Zerstörung schwer, darin die Artikulation einer politischen Überzeugung zu erkennen, noch viel weniger die Idee einer neuen, besseren Welt. (…) Aber die Komplexität der Dynamik, die sich in dieser Nacht hier Bahn gebrochen hat, sehen wir weder in den Medien noch bei der Polizei oder im öffentlichen Diskurs angemessen reflektiert. Ja, wir haben direkt gesehen, wie Scheiben zerbarsten, Parkautomaten herausgerissen, Bankautomaten zerschlagen, Straßenschilder abgebrochen und das Pflaster aufgerissen wurde. Wir haben aber auch gesehen, wie viele Tage in Folge völlig unverhältnismäßig bei jeder Kleinigkeit der Wasserwerfer zum Einsatz kam. Wie Menschen von uniformierten und behelmten Beamten ohne Grund geschubst oder auch vom Fahrrad geschlagen wurden. Tagelang. (…) Der weit größere Teil waren erlebnishungrige Jugendliche sowie Voyeure und Partyvolk, denen wir eher auf dem Schlagermove, beim Fußballspiel oder Bushido-Konzert über den Weg laufen würden als auf einer linksradikalen Demo. Es waren betrunkene junge Männer, die wir auf dem Baugerüst sahen, die mit Flaschen warfen – hierbei von einem geplanten „Hinterhalt“ und Bedrohung für Leib und Leben der Beamten zu sprechen, ist für uns nicht nachvollziehbar. (…) Es sind zwar apokalyptische, dunkle, rußgeschwärzte Bilder aus unserem Viertel, die um die Welt gingen. Von der Realität eines Bürgerkriegs waren wir aber weit entfernt. Anstatt weiter an der Hysterieschraube zu drehen sollte jetzt Besonnenheit und Reflexion Einzug in die Diskussion halten. (…) Wir hatten als Anwohner mehr Angst vor den mit Maschinengewehren auf unsere Nachbarn zielenden bewaffneten Spezialeinheiten als vor den alkoholisierten Halbstarken, die sich gestern hier ausgetobt haben. Die sind dumm, lästig und schlagen hier Scheiben ein, erschießen dich aber im Zweifelsfall nicht…“ Stellungnahme vom 12.7.2017 auf der Fratzebuch-Seite eines der Geschäfte- Anwohner über G20-Krawalle: „Mit den Kids ging die Randale los“
„Haben Autonome das Hamburger Schanzenviertel verwüstet? Ein Anwohner sagt, die Randale ging von Gaffern aus, während die Polizei eingeschüchtert wirkte…“ Interview von Malene Gürgen vom 14.7.2017 bei der taz online mit Alvaro Piña Otey , Geschäftsführer der Cantina Popular, die auf dem Schulterblatt südamerikanische Küche anbietet
- Anwohner über G20-Krawalle: „Mit den Kids ging die Randale los“
- G20 Doku – Der Gipfel der Polizeigewalt
„… Gesucht werden vor allem Links zu Quellen, auf denen mutmaßlich rechtswidrige Polizeigewalt gegen Demonstrierende zu sehen ist. Es kann sich hierbei um Videoaufnahmen, Fotos aber auch Augenzeugenberichte handeln. Außerdem suchen wir Quellen, die Übergriffe und/oder Behinderungen von Anwält/innen, Demo-Beobachter/innen und Vertreter/innen der Presse zeigen. (…) Wir sind eine Gruppe von Menschen, die gegen den G20-Gipfel in Hamburg protestiert haben. Wir sind alle der Ansicht, dass der G20-Gipfel eine völlig neue Dimension in Sachen Verletzung von Grundrechten und rechtswidriger Polizeigewalt darstellt. So etwas war in Deutschland in den letzten Jahren, auch beim G8-Gipfel in Heiligendamm, nicht zu beobachten. Besorgt um die Grundrechte und um den Zustand der Demokratie haben wir uns entschlossen, die unzähligen Materialien zu dokumentieren, zu kategorisieren und zu verschlagworten. Wir wollen damit das Ausmaß der Übergriffe zeigen und unseren Beitrag für die Aufklärungsarbeit rund um den G20-Gipfel zu leisten. Diese Seite wird fortlaufend aktualisiert. Das was bislang hier dokumentiert ist, ist erst der Anfang…“ Siehe und unterstütze die G20-Doku-Site mit den Kategorien Polizeigewalt, Pressefreiheit und Legal Team
- Ausnahmezustand – Polizeistaat – Aufstandsbekämpfungsübung?
Interview von Radio LoraMuc, München, vom 11.07.2017 mit Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie über die Ereignisse rund um den G20-Gipfel beim Audioportal Freier Radios
- Marc-Uwe Kling – Der Unterschied
„„Ob Links- oder Rechtsterrorismus – da sehe ich keinen Unterschied“
„Doch, doch“, ruft das Känguru, „die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos sind schlimmer, denn es hätte meines sein können. Ausländer besitze ich keine.“
Aus „Die Kängeru-Offenbarung“ von Marc-Uwe Kling, vorgelesen auf youtube
- Zum Riot im Schanzenviertel. Nicht distanzieren!
„… Ist der Riot auch das, womit man sich nicht identifizieren kann, so ist es doch falsch, sich von ihm zu distanzieren. Denn er enthält etwas, was über ihn hinaus geht und zu verteidigen ist. Diejenigen, die heute glauben, die Distanzierung erzwingen zu können, spielen falsch. Der Riot ist in seiner anarchistischen Eruption zum einen sicher Abbild der anderen Seite der Medaille, die als »freier, sich selbst regulierender Markt« hochgehalten wird und jene barbarische Welt produziert hat, in der wir heute leben, auch wenn das in den nördlichen Metropolen der Welt, die den größten Anteil an Ausbeutung von Menschen und Natur in sich hineinsaugen, noch mit hierarchisiertem Luxus verpackt wird…“ Aus dem Beitrag von Karl-Heinz Dellwo vom 10. Juli 2017 bei #NoG20 2017
- Wir haben diesen G-20-Gipfel verdient – Fast scheinen wir froh, über sinnlose Gewalt und nicht über komplizierte Politik reden zu müssen.
„Bin ich froh, dass es vorbei ist. Ich konnte es schon lange nicht mehr sehen, die Bilder, die Gewalt, die Empörung, mehr Gewalt. Auf allen Kanälen, Titelseiten, Timeline. Dieser ganze jämmerliche Protest-Porno: Feuer und Rauch, Ton, Steine, Scherben. Eine Katastrophe. Die wir als Gesellschaft leider nicht anders verdient haben. Denn der G-20-Gipfel ist ein Musterbeispiel für die schwarze Magie kognitiver Dissonanz: Weltpolitik kann komplex, inhuman, ungerecht sein. Ein teures Treffen von Regierungschefs und Despoten ist deshalb eine zynische Show. Doch statt sich dieser schmerzhaften Wahrheit zu stellen, schmeißen die einen Steine – und die anderen stehen kopfschüttelnd daneben. Danach streiten alle. Der schwarze Block hat Recht mit seinem: „Erst wenn’s kracht, schaut ihr hin“. Fast scheinen jetzt alle froh, dass sie über die sinnlose Gewalt und nicht über Gerechtigkeit, Globalisierung, Afrika, Migration, Klima und das ganze komplizierte Zeug reden müssen. (…) Für Hamburg ist der Wahnsinn vorbei. Für die Welt geht er weiter. Selber schuld.“ Kommentar von Friedemann Karig vom 10. Juli 2017 bei jetzt.de, Partner der Süddeutschen Zeitung
- Mehrere Rechtsbrüche der Polizei bei G20
„G20 ist vorbei und Wellen der Empörung brechen nun über Hamburg und Deutschland herein. Gewalt und Eskalation rund um das Gipfeltreffen dominieren die Medien, während die Inhalte des G20-Treffens in den Hintergrund geraten. Wie konnte es zu solchen extremen Ausschreitungen kommen? Viele geben dem linksradikalen Spektrum die Schuld für das Chaos, aber die Kritik an den übertriebenen Polizeieinsätzen ist fast noch lauter. Auch der Anwaltliche Notdienst des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins war schließt sich dieser Kritik an. Wir haben mit der Rechtsanwältin Gabriele Heinecke gesprochen, die sich live vor Ort ein eigenes Bild machen konnte.“ Interview von Radio LoraMuc, München, vom 10.07.2017 beim Audioportal Freier Radios
- Ausnahmezustand – Polizeistaat – Aufstandsbekämpfungsübung? Demonstrationsbeobachtung in Hamburg vom 2. – 8. Juli 2017
„Mit insgesamt 43 Demonstrationsbeobachter*innen hat das Komitee für Grundrechte und Demokratie viele Versammlungen in der Zeit vom 2. bis 8. Juli 2017 in Hamburg begleitet. Wir wollen den einseitigen Polizeiberichten genaue Darstellungen der Abläufe entgegenstellen. (…) Wir haben beobachtet, in welchem Maße die Polizei in diesen Tagen die Macht über das Geschehen in der Stadt übernommen hat. Sie hat eskaliert, Bürger- und Menschenrechte ignoriert, sie informierte die Öffentlichkeit falsch und ging mit großer Gewalt gegen die Menschen vor. Schon seit Monaten warnen wir vor dem Ausnahmezustand, der anlässlich des G20 in Hamburg produziert wird. Das, was wir in dieser Woche vorgefunden haben, geht sogar über das, was wir befürchtet haben, noch hinaus. Nicht nur wurden die Grund- und Menschenrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch die Allgemeinverfügung außer Kraft gesetzt. Die Polizei hat, gedeckt von der Hamburgischen Regierung und vermutlich auch im Sinne der Interessen der/des Innminister/-senators und der Sicherheitsbehörden den Ausnahmezustand geprobt. Die Versammlungsfreiheit als Grund- und Menschenrecht galt in Hamburg nicht…“ Erklärung von und beim Grundrechtekomitee vom 9.7.2017
- Festival der Grundrechtsverletzungen: Hamburg im Zustand polizeilicher Belagerung
„… Rechtsanwältin Gabriele Heinecke vom Anwaltlichen Notdienst G20 erklärt zu den Vorgängen der letzten Woche: „Wem an dem Erhalt der Demokratie liegt, sollte durch die Erfahrungen der letzten Tage gewarnt sein. Es herrschte ein Ausnahmezustand mit einer flächendeckenden Aushebelung des Versammlungsrechts und mit einer erschreckenden Rücksichtslosigkeit von Seiten der Polizei gegenüber Leib und Leben der Demonstranten. Es kann nicht richtig sein, unter Hinweis auf Straftaten am Rande von Demonstrationen oder auf Krawalle im Schanzenviertel, die Unverbrüchlichkeit von Grundrechten in Frage zu stellen. Und es kann nicht richtig sein, jetzt unter dem Ruf nach hohen Strafen für Gewalttäter von den massiven Fehlern und Rechtsbrüchen der Polizei abzulenken.Wenn die Jugend massenhaft wütend ist, muss man sich über die Ursachen Gedanken machen. Der Ruf nach dem harten Staat hat bisher nur zu weniger Demokratie, nicht aber zu einer Lösung geführt.“ Aus der Erklärung der Pressegruppe des Anwaltlichen Notdienst beim RAV e.V. vom 09.07.2017- Gespräch mit Gabriele Heineke
Gabriele Heineke vom Anwaltlichen Notdienst über ihre Arbeit rund um die Demonstrationen gegen G20. Video des internationalen Medienzentrums FCMC vom 08.07.2017 bei youtube - Das sagt der Anwaltliche Notdienst
Gabriele Heinecke vom Anwaltlichen Notdienst kritisiert die Polizei. Video des internationalen Medienzentrums FCMC vom 07.07.2017 bei youtube
- Gespräch mit Gabriele Heineke
- Protestforscher über G-20-Chaos: „Die Strategie der Polizei ist kolossal gescheitert“
„Der Soziologe und Protestforscher Simon Teune erklärt, wer sich hinter dem Schwarzen Block verbirgt und wie die Lage beim G-20-Gipfel in Hamburg so eskalieren konnte. (…) Die Ausschreitungen in Hamburg kann man ohne die Vorgeschichte nicht verstehen. Die Polizei hat von Anfang an Signale ausgesendet, dass Proteste in Hamburg keinen Raum haben. Sie hat die Übernachtungscamps nicht zugelassen. Sie hat eine Verbotszone eingerichtet, in der Protest nicht möglich sein sollte und am Donnerstag dann als Höhepunkt zerschlägt sie eine genehmigte Demonstration – aus nichtigen Gründen und in einer Form, die wahllos Menschen verletzt und gefährdet hat. Diese Vorgeschichte hat dazu geführt, dass die Leute, die die Polizei als Gegner sehen und ein Zeichen des Widerstands setzen wollen, angespitzt wurden…“ Interview von Thomas Hummel vom 9. Juli 2017 bei der Süddeutschen online
- Körperlicher Angriff auf Anwalt in der Gefangensammelstelle (GESA)
„Einer unserer Anwälte des Anwaltlichen Notdienstes (AND) wurde heute, Samstag, 8. Juli 2017, gegen 01.30 Uhr, von mehreren Polizeibeamten gepackt, ihm wurde ins Gesicht gegriffen, der Arm verdreht und dann aus der GESA geschleift. Zuvor befand er sich in einem Beratungsgespräch mit einem Mandanten, der sich nach dem Gespräch komplett entkleiden sollte. Leibesvisitationen werden aktuell vermehrt an den Gefangenen, sowohl vor als auch nach dem Kontakt zu AnwältInnen, vorgenommen. Die Polizei begründet diese Maßnahme damit, dass die AnwältInnen ihren MandantInnen gefährliche Gegenstände übergeben könnten. Der Anwalt widersprach dieser Leibesvisitation entschieden und wurde dafür körperlich angegriffen. Bereits die Annahme, dass unsere KollegInnen gefährliche Gegenstände mit in die GESA schmuggeln könnten, zeigt erneut, dass die Polizei AnwältInnen nicht als Garanten eines rechtsstaatlichen Verfahrens sieht, sondern als Gefahr. Wir verurteilen diesen Angriff auf unseren Kollegen aufs Schärfste. Eine Polizei, die gegen Anwälte körperlich vorgeht, die sich für ihre Mandanten einsetzen, hat jeden Bezug zum Rechtsstaat verloren.“ Pressegruppe des Anwaltlichen Notdienst beim RAV e.V. am 08.07.2017
- 5. Pressekonferenz am 08.07.2017
Video des internationalen Medienzentrums FCMC vom 08.07.2017 bei youtube
- G20-Protest: Wieder Auseinandersetzungen in der Schanze
Bunt und politisch breit gefächert: 76.000 demonstrierten gegen den Gipfel / Gewerkschaften kritisieren Entzug von G20-Akkreditierungen. Guter Überblick vom 08.07.2017 beim ND online von Elsa Koester, Sebastian Bähr (Hamburg), Samuela Nickel, Robert D. Meyer (Berlin)
- Die Hölle liegt also in der Schanze
„Hamburg: In der vergangenen Nacht verwüstet der zur „Welcome to Hell“-Demo am Donnerstag angereiste „schwarze Block“ den Stadtteil Sternschanze komplett…“ Bericht von Birgit Gärtner vom 08. Juli 2017 bei telepolis
- [Videotagebuch] G20 – Alles, außer Kontrolle!
„Am Freitagmorgen sammelten sich an mehreren Punkten Hamburgs Tausende Aktivist*innen zur Hafenblockade und „Color the Red Zone“. Wie schon am Vortag griffen die Polizeikräfte mit maximaler Gewalt jede und jeden an, der es wagte, den Versuch zu unternehmen, den „reibungslosen Ablauf“ des G20-Gipfel zu stören. So wurden am Freitagmorgen erneut viele Menschen verletzt und es gab mindestens 13 Schwerverletzte. Bereits am Vortag gab es drei Schwerverletzte und eine Person, die in Lebensgefahr schwebt. Trotzdem jeglicher Versuch der Meinungsäußerung immer wieder gewalttätig unterbunden wurde, verlor die Polizei bereits am Vormittag die Kontrolle über die gesamte Hamburger Innenstadt. Überall formierte sich Protest. Die massive Polizeigewalt und die vielen Schwerverletzten, sowie die Unterbindung von zentralen Demonstrationen ließen die Eskalation am Abend endgültig eskalieren und die Polizei musste sich über Stunden aus der Schanze zurückziehen. Selbst mit mehreren Wasserwerfern und Tränengas konnten die militanten Aktivist*innen nicht zurückgedrängt werden und griffen statt dessen ihrerseits immer wieder organisiert an. Einkaufsketten und Boutiquen wurden geplündert, lokale Laden verschont. Erst spät in der Nacht und mit Hilfe von schwer bewaffneten SEK-Kräften konnte die Polizei in die Schanze eindringen. Zu diesem Zeitpunkt waren dort allerdings fast ausschließlich Schaulustige zurückgeblieben.“ Videotagebuch vom 08.07.2017 von Udo Karbrüggen & Karl Plumba (Lower Class Magazine) bei youtube
- [Videotagebuch] G20 Gipfel Hamburg – Wellcome to Hell!
Videotagebuch von Lower Class Magazine vom 07.07.2017 bei youtube
- [#g20demo] Großdemonstration am 8. Juli in Hamburg: Grenzenlose Solidarität statt G20!
„… Am 7. und 8. Juli wollen sich die politisch Verantwortlichen für dieses menschliche und soziale Desaster in Hamburg treffen. Auf ihrem jährlichen Gipfel reden die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten über „Bekämpfung von Fluchtursachen“, aber keines der großen Herkunftsländer sitzt am Tisch. Sie reden über „Partnerschaft mit Afrika“, aber es fehlt fast der gesamte Kontinent. Sie reden über den Klimawandel, vertreten aber die Interessen der Erdöl-, Kohle- und Autoindustrie. Sie reden über Frieden, sind aber selbst die größten kriegführenden und rüstungsproduzierenden Staaten. (…)Der G20-Gipfel wird Hamburg über Tage hinweg lahmlegen und die Stadt als Kulisse für ein inszeniertes Schauspiel der Macht missbrauchen, während die dort lebenden Menschen an den Rand gedrängt werden sollen. Aber dieser Plan wird nicht aufgehen. Mögen sich die Staatsgäste und ihre Delegationen in den Messehallen verbarrikadieren. Die Straßen werden den Menschen gehören, die den Gipfel nicht eingeladen haben. Unsere Kritik richtet sich nicht nur gegen einzelne Personen und Repräsentanten, sondern gegen die Verhältnisse und Strukturen, die diese hervorbringen. (…) Wir laden alle Menschen ein, die unsere Empörung und unsere Hoffnung teilen, mit uns gemeinsam am 8. Juli 2017 in Hamburg zu einer lauten, bunten und vielfältigen Demonstration auf die Straße zu gehen.“ Aufruf des Demo-Bündnisses gegen das G20-Treffen in Hamburg (auch bei #NoG20 2017 ) aus unterschiedlichen Gruppen und Organisationen zu Großdemonstration am 8. Juli in Hamburg auf der Bündnisseite – LabourNet Germany unterstützt selbstverständlich den Aufruf
- Brennende Autos beim G20: Nationalfetisch Auto. Wenn die Polizei in Hamburg die Regierungsgeschäfte führt, kann man ihr die Stadt auch ganz überlassen, meint Leo Fischer
„Es gibt für Deutsche keine schlimmere Kränkung, als wenn man ihre Autos angreift. In den Kommentaren zu den G20-Protesten jedenfalls werden »brennende Autos« regelmäßig vor zertrümmerten Ladenfenstern und verletzten Personen erwähnt; letztere sind ersetzbar, aber der Nationalfetisch Auto ist mehr noch als Hymne und Flagge unabdingbar – als ein symbolisches Zentrum kleinbürgerlicher Aufstiegsideologie. Wer Autos anzündet, stellt exakt die Lebensentwürfe in Frage, in denen der Besitz des Autos eins ist mit Erfolg, Dazugehören und Glück im Winkel; eben deshalb gelten solche Angriffe fast schlimmer als versuchter Mord. (…) Bei besonders schlimmen Exzessen kann der Innenminister zurücktreten, um die symbolische Ordnung wiederherzustellen. Kurz und schlecht: Wenn in Hamburg de facto ohnehin die Polizei die Regierungsgeschäfte führt, dann kann man ihr die Stadt auch ganz überlassen. »Polizeistadt Hamburg«, das hat sogar einen guten Klang. Die Sicherheit der Autos wäre jedenfalls garantiert.“ Kommentar von Leo Fischer bei neues Deutschland vom 7. Juli 2017
- [#HamburgCityStrike und #shutdowntheharbour] g20 am 7.7.: Social Strike im Hafen – Shut down the harbour!
„Wir wollen gemeinsam mit vielen Menschen in einer Massenaktion während des G20-Gipfels in Hamburg gegen die Logistik des Kapitals vorgehen und für offene Grenzen für alle Menschen eintreten. Dafür wollen wir mit dem Hamburger Hafen den drittgrößten Container-Hafen Europas blockieren. Der Boom des Hamburger Hafens steht symbolisch für das deutsche Exportmodell und die vermeintlich erfolgreiche deutsche Krisenpolitik, die einen wesentlichen Teil zu den sozialen Verwüstungen innerhalb und außerhalb Europas des letzten Jahrzehnts beigetragen hat…“ Meldung von hamburcitystrike vom 19.04.2017 und dazu:- „Shut down the logistics of capital“ – FAQ – Frequently Asked Questions
„Bis zum 07. Juli und damit zum Beginn unserer Aktion im Rahmen der Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg dauert es nicht mehr all zu lange. In den letzten Wochen und Monaten haben eine Vielzahl von Informations- und Diskussionsveranstaltungen stattgefunden – sowohl in Deutschland als auch in vielen europäischen Ländern. Einige Fragen sind uns dabei immer wieder begegnet – wir haben sie versucht euch noch einmal in einer Übersicht hier zu beantworten…“ FAQ vom 23.06.2017 von und bei shut down the logistics of capital!
- „Shut down the logistics of capital“ – FAQ – Frequently Asked Questions
- [#w2h /#WelcomeToHell] »Welcome to Hell«: Polizei stoppt »Welcome to Hell«-Protest
„12.000 protestieren auf dem Fischmarkt (…) Update 19:10 Uhr: Polizei lässt Wasserwerfer auffahren. In diesen Minuten lässt die Polizei mehrere Wasserwerfer auffahren. Der Protest darf sich nicht weiterbewegen. Wie ein »nd«-Reporter vor Ort berichtet, soll der Einsatzleiter der Polizei ihr Vorgehen mit der Vermummung einiger Demonstrierender begründet haben…“ Laufende Berichterstattung vom 06.07.2017 beim ND online von Elsa Koester, Sebastian Bähr und René Heilig (Hamburg), Robert D. Meyer (Berlin) und der CCC-Livestream . Siehe auch:- Hamburg: Eskalation bei „Welcome to hell“-Demo
„Nachdem tagelang vielfältig, bunt und phantasievoll gegen den G-20-Gipfel demonstriert wurde, geriet die Situation am Donnerstagabend komplett außer Kontrolle...“ Artikel von Birgit Gärtner vom 06. Juli 2017 bei telepolis – nach unserem Überblick die beste Zusammenfassung der polizeilichen Eskalation - Siehe auch „G20: Welcome to Polizeistaat Hamburg„. Kommentar vom 07.07.2017 beim ND online von Elsa Koester über die Strategie der Behörden, Gewalt durch Beamte und die Delegitimierung von Protest durch Wasserwerfer
- Hamburg: Eskalation bei „Welcome to hell“-Demo
- [#SoliGipfel] 5. und 6. Juli 2017: Gegen-Gipfel in Hamburg – „Gipfel für globale Solidarität“
“Mehr als 50 Initiativen und Organisationen aus dem In- und Ausland rufen anlässlich des kommenden G20-Gipfels in Hamburg zu einem zweitägigen „Gipfel für globale Solidarität“ auf. Dieses Treffen, zu dem bisher 1.500 Teilnehmende erwartet werden, findet am 5. und 6. Juli 2017 in Hamburg statt und versteht sich als Alternative zum anschließenden Gipfel der G20“ – so beginnt die Attac-Pressemitteilung „Bündnis will globale Solidarität statt G20-Politik“ vom 20. März 2017 , dokumentiert bei Pressrelations, worin zum dazugehörigen „Aufruf zum Mitmachen“ informiert wird: „Der „Aufruf zum Mitmachen“ lädt weitere Initiativen und Organisationen, den Alternativgipfel durch eigene Veranstaltungen zu bereichern. Bisher sind 11 große Podienveranstaltungen in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel geplant. Gäste aus der ganzen Welt wie die renommierte Ökonomin Jayati Gosh, die Globalisierungskritikerin Vandana Shiva aus Indien und der führende kurdische Politiker Salih Müslim aus Rojava haben ihre Teilnahme bereits zugesagt…“ Siehe dazu auch:- Siehe das Programm des Alternativgipfels mit 12 Podienveranstaltungen und über 70 Workshops
- und die Zeitung zum Alternativgipfel
- die Webseite des Gegengipfels , auf der auch der „Aufruf zum Mitmachen“ dokumentiert ist
- Hamburg: Nachtaktive Ordnungsmacht
„Nach einem einigermaßen ruhigen Tag begann die Polizei am späten Dienstagabend rigoros Versammlungsorte zu räumen…“ Artikel von Birgit Gärtner vom 05. Juli 2017 bei telepolis
- Hamburg auf den Barrikaden. Gibt es noch Widerstand gegen die Zumutungen der Oberen, der nicht bereits Opfer von Kriminalisierung oder Repressionen ist?
„Gibt es Parallelen zwischen dem Barrikadenbau in Hamburg 1848 und dem Protest gegen den G20-Gipel in Hamburg 2017? Was sind die historischen Unterschiede? Was sind Barrikaden gegen Zelte? Und überhaupt: Warum würde keine einzige Zeitung im Land heute mehr die „Anleitung zum Barrikadenbau“ von 1848 veröffentlichen? Ein persönlicher Brief an einen jungen Freund…“ Artikel von Jörg Becker vom 05. Juli 2017 beim Rubikon
- Hamburger Polizei greift freie Advokatur an: Mitgliedschaft in bürgerrechtlichem Anwältinnen- und Anwälteverein als ›Gefahr‹?
„Die Hamburger Polizei greift im Rahmen der rechtlichen Auseinandersetzungen um die Proteste gegen den G20-Gipfel die freie Advokatur und damit ein tragendes Prinzip des Rechtsstaates an. In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertritt die Behörde die Auffassung, die Mitgliedschaft von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen im RAV sei Indiz für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Die Polizei hat per Allgemeinverfügung in weiten Teilen der Hansestadt Versammlungen untersagt. Vier ehemalige Jura-Studierende aus Hamburg – früher Mitglieder in der Initiative Hamburger aktive Jura-Student_innen (HAJ) – klagen derzeit gegen das von der Hamburger Polizei erlassene Verbot von Demonstrationen am 7./8. Juli 2017. Gegen diesen Eilantrag geht nun die Polizei mit einem Angriff auf die freie Anwaltschaft vor (…) Das Vorgehen der Polizei hat auch deshalb besondere Brisanz, weil unter dem Dach des RAV der Anwaltliche Notdienst während der G20-Proteste organisiert ist. (…) Der RAV ruft alle Demokrat_innen auf, sich an den Protesten und für die Stärkung der Bürgerrechte zu beteiligen. Es darf nicht sein, dass die Stadt Hamburg und die Bundesregierung rechtsstaatliche Grundsätze über Bord werfen und einen faktischen Ausnahmezustand schaffen, um ausländische Staats- und Regierungschefs – darunter Vertreter verschiedener autoritärer Regime – zu hofieren.“ RAV-Presseerklärung vom 4. Juli 2017
- die aktion – 1000 GESTALTEN entern die Stadt
„Formationen verkrusteter Gestalten bewegen sich schweigend und langsam durch die Straßen Hamburgs. Sie haben an ihrer panzerhaften Kleidung schwer zu tragen, sind ausdruckslos und wirken unangreifbar. Sie stehen für eine Gesellschaft, die sich ihrer Hilflosigkeit vor den komplexen Zusammenhängen der Welt ergeben hat und nur noch für das eigene Vorankommen kämpft. Anfangs sind es nur kleine Gruppen, aber über die Tage vor dem G20-Gipfel werden es immer mehr. (…) Aber plötzlich bleibt eine von ihnen stehen. Eine Transformation beginnt: Die Gestalten befreien sich von ihren Panzern, gewinnen ihre Menschlichkeit und ihren individuellen Ausdruck zurück. Sie stehen für eine Gesellschaft, in der Veränderung nicht von oben kommt, sondern von jedem Einzelnen ausgeht. In der die Menschen sich den politischen Herausforderungen stellen und gemeinsam für Solidarität, Toleranz und konstruktiven Diskurs kämpfen. Werde ein Teil von uns! Hast du Lust, am 5. Juli 2017 in Hamburg eine von den 1000 GESTALTEN zu werden?…“ Siehe die Aktionsseite . Siehe dazu:- Die Menschen sind an der Grenze der Belastbarkeit«.
»1.000 Gestalten« werden am 5. Juli durch Hamburg schlurfen, um damit gegen Arbeitshetze protestieren. Interview von Jakob Roth in der jungen Welt vom 04.07.2017 mit Rita Kohel , die zu den Initiatoren der Aktion »1.000 Gestalten« gehört
- Die Menschen sind an der Grenze der Belastbarkeit«.
- Die Tage in Hamburg zur »dritten Option« machen. Der Protest gegen den G20-Gipfel müsse sich mit anderen Wellen von Bewegung verbinden, meint Beppe Caccia
„… Damals, im »goldenen Zeitalter« der globalisierten Wirtschaft, dienten die Gipfeltreffen der G8 dazu, eine »neue Weltordnung« zu entwerfen, verbunden mit dem Versprechen eines immer breiteren Schichten der Menschheit zugute kommenden kapitalistischen Wachstums. Wir haben diese Gipfel belagert und so die diesem Versprechen innewohnende Lüge bloßgestellt. Heute, rund zehn Jahre nach dem Beginn der großen Finanzkrise, sind die unerträglichen sozialen und ökologischen Folgen des neoliberalen Modells der Globalisierung offensichtlich. (…) Die Tage in Hamburg können mehr sein als ein einzelnes Ereignis, ein isoliertes Aufflackern des Protests, wenn sie dazu beitragen, im Zusammenwirken der verschiedenen Wellen von Bewegung die mögliche politische Flut sichtbar zu machen, in der eine »dritte Option« aufscheint. Einer solchen kraftvoll eine politische Perspektive zu eröffnen, ist zugleich die effektivste Art, die Logik des Ausnahmezustands zu durchkreuzen, die sich in Hamburg als Militarisierung und als das Außerkraftsetzen verfassungsmäßiger Rechte sowie anderswo und tagtäglich als Herrschaft durch Angst zeigt.“ Beitrag von Beppe Caccia in der Übersetzung von Thomas Atzert bei neues Deutschland vom 3. Juli 2017 (der italienische Philosoph Beppe Caccia ist in sozialen Bewegungen wie Blockupy, EuroNomade und European Alternatives aktiv)
- Kommentar zum Umgang mit G20-Protestlern: Ein Versagen des Senats
„Hamburg startet in die Gipfel-Woche – und der Senat liefert eine empörende Show ab. Der Bürgermeister rollt den Autokraten, Königen und Demokratieverächtern dieser Welt den roten Teppich aus, wird sie per Handschlag begrüßen, sich im Blitzlichtgewitter sonnen und stolz die Elbphilharmonie präsentieren. Er lädt Donald Trump ins Gästehaus des Senats ein – aber für die Bürger, die gegen Erdogan und Co. demonstrieren wollen, hat er nicht mal eine Wiese zum Zelten übrig…“ Kommentar von Mathis Neuburger, Ressortleiter Lokales, vom 3.7.2017 bei der Hamburger Morgenpost online
- NoG20: Polizei stürmt Protestcamp. Verletzte bei Räumung von »Übernachtungszelten« / Camp-Organisatoren: Beamte agieren in rechtsfreiem Raum
„Polizisten haben in der Nacht eines der Protestcamps gestürmt. Sie beschlagnahmten dort Zelte, es kam zu Pfeffersprayeinsatz. Mindestens zwei Menschen wurden zunächst festgenommen, so der Anwaltliche Notdienst. Vor Ort war von Verletzten die Rede. (…) Der Anwalt der NoG20-Camps-Organisatoren, Mark Nerlinger, sagte in der Nacht, der Polizeieinsatz sei »völlig unverhältnismäßig« gewesen: »Es ist rechtswidrig, es war martialisch« (…) In einer neuen Verfügung sei den G20-Kritikern ein 16.000 Quadratmeter großes Areal auf Entenwerder zugewiesen worden, auf dem demonstriert, aber nicht übernachtet werden dürfe, sagte Polizeisprecher Timo Zill am Sonntagabend. Die Entscheidung über die neue Verfügung liege nun wieder beim Verwaltungsgericht. Hamburgs Innensenator Andy Grote twitterte am Montagmorgen, das Verwaltungsgericht Hamburg habe die »Linie der Versammlungsbehörde« bestätigt: »Kein Übernachtungscamp. Eilantrag der Camper heute Nacht abgelehnt.«…“ ND-Bericht vom 03.07.2017
- Start in die Protestwoche. Tausende demonstrieren in der Hamburger Innenstadt gegen G 20. Beamte behindern Aufbau von Zelten der Gipfelgegner
„Während in der Hamburger City am Sonntag Tausende Menschen gegen die Politik der »G 20« demonstriert haben, hat sich die Polizei der Hansestadt im Viertel Rothenburgsort erneut über Urteile der Gerichte hinweggesetzt. Obwohl das Verwaltungsgericht Hamburg am Sonnabend den Aufbau des »Antikapitalistischen Camps« im Elbpark genehmigt und auch das Errichten von Schlafzelten befürwortet hatte, hinderten die Beamten die Aktivisten am Betreten des Platzes. Die Uniformierten erklärten, dass noch kein Auflagenbescheid vorliege, weshalb der Aufbau nicht beginnen könne. Allerdings lag auch kein schriftliches Verbot vor, so dass den Organisatoren auch eine juristische Intervention verwehrt blieb…“ Bericht von André Scheer und Georg Hoppe in der jungen Welt vom 03.07.2017
- Protestwelle erreicht die G20: Zehntausende zur Großdemonstration gegen die Politik der mächtigsten Staats- und Regierungschefs erwartet
„Sechs Tage vor dem Treffen der führenden Staats- und Regierungschefs in Hamburg starten die Gegner der G20-Politik am Sonntag mit der «G20 Protestwelle» in ihre erste große Demonstration. Der Marsch durch die Innenstadt beginnt um 11.30 Uhr auf dem Rathausmarkt, wo um 15.00 Uhr auch die Abschlusskundgebung geplant ist. Parallel dazu seien rund 200 Kanus, Kajaks, Ruderboote und selbstgezimmerte Flöße auf der Binnenalster unterwegs, teilten die Veranstalter mit. Bei der Demonstration kämen zudem jene vor rund zwei Wochen in 44 Städten gemalten Schilder und Transparente mit Slogans und Botschaften in mehreren Sprachen zum Einsatz. Sie sollen zusammen «ein Meer aus Bannern» ergeben. Zu dem «familienfreundlichen Protesttag» erwarten die Organisatoren nach eigenen Angaben Zehntausende Teilnehmer. Dem Bündnis der G20 Protestwelle gehören Umwelt-, Landwirtschafts- und Verbraucherschutzorganisationen, Gewerkschaften, Bürgerrechts- und kirchliche Organisationen an. Organisiert wird der Protest unter anderem von den Umweltorganisationen Greenpeace und BUND, von Campact, vom DGB Nord und dem Verein Mehr Demokratie…“ Beitrag vom 02.07.2017 beim ND online , siehe alle Infos auf der Aktionsseite der G20 Protestwelle
- Verfassungsschutz spielt Demo-Türsteher: Inlandsgeheimdienst warnt »gute Demokraten« vor »bösen Linksextremisten«
„Kurz vor dem umstrittenen Gipfel der G20 in Hamburg, zu dem zahlreiche Proteste angekündigt sind, spielt der Verfassungsschutz den politischen Türsteher – und erklärt, mit wem »gute Demokraten« demonstrieren dürfen und mit wem nicht. Die verbale Aufmunitionierung vor den Demonstrationen, die mit weitgehenden Verbotsverfügungen belegt sind, geht damit unverdrossen weiter. Nun hat Hamburgs Verfassungsschutz vor der Teilnahme an bestimmten Demonstrationen gewarnt – weil diese von seiner Ansicht nach Linksextremen mitorganisiert werden…“ Beitrag vom 01.07.2017 beim ND online
- G20-Proteste – Warum die FAU nicht zu Protesten aufruft: Kritisch, aber solidarisch
„Der G20-Gipfel in Hamburg und der dazugehörige Protest werden ein riesiges Spektakel sein. Sich den Protesten anschließen zu wollen, ist durchaus ein richtiger Impuls, schließlich treffen sich dort mit Wladimir Putin, Recepp Tayyip Erdoğan, Donald Trump und anderen Prominenten autoritäre Menschenfeinde, gegen die es sich eigentlich immer zu demonstrieren lohnt. An den Protestveranstaltungen werden einige von uns auch teilnehmen, als Einzelpersonen. Als FAU Hamburg stehen wir den stattfindenden Gipfelprotesten allerdings kritisch gegenüber und haben daher nicht zur Teilnahme aufgerufen. Dies liegt vor allem an dem Anspruch und der Rhetorik der Gipfelproteste. (…) Eine konkrete Verbesserung für uns Lohnabhängige wird dadurch nicht erkämpft. Das sollte aber der Maßstab sein, an dem sich eine Aktion messen muss. Kernstück der syndikalistischen Praxis ist die direkte Aktion. Dieses Konzept folgt nicht dem Anspruch, die Herrschenden um eine Verbesserung der Lebensumstände anzubetteln. Nichts anderes aber tun Gipfelproteste, egal wie militant sie ausfallen. (…) Zum anderen gefällt uns die von den meisten Organisationen vorgetragene Kritik am G20-Gipfel nicht. Die Rhetorik vom Treffen der Herrscher der Welt, die Ränke schmieden, um das arme Volk auszubeuten, ist uns zuwider. Die derzeitigen politischen Verwerfungen zeigen, dass die vermeintlich Herrschenden keine so homogene »Elite« sind, die einem unschuldigen »Volk« gegenüber steht. Diese Vorstellung bietet unangenehmste Anknüpfungspunkte für Verschwörungstheorien und Antisemitismus – kein Wunder, dass neue und alte Rechte den Kapitalismus ebenso erklären…“ Stellungnahme von FAU Hamburg vom 29. Juli 2017 bei jungle world
- Gespräche über G20-Protestcamp in Hamburg geplatzt. Nach Karlsruher Eilentscheidung: Polizei will Versammlung der G20-Kritiker immer noch verbieten – aus Sicherheitsgründen
„Die Hamburger Polizei will das Protestcamp der G20-Kritiker im Stadtpark weiterhin verbieten. Wie die Versammlungsbehörde mitteilte, will sie den »weiten Entscheidungsspielraum« nutzen, den ihr Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Mittwoch einräumte. »Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es insofern auch zu einer versammlungsrechtlichen Untersagung des Camps kommen kann«, so die Polizei. »Die Versammlungsbehörde hält das Camp im Stadtpark unter Sicherheitsaspekten weiterhin für unvertretbar.«…“ Artikel vom 29.06.2017 (updated) von und bei ND
- Bundesverfassungsgericht: G20-Protestcamp muss vorsorglich den Regeln des Versammlungsrechts unterstellt werden, kann aber beschränkt werden
„… Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung der Stadt Hamburg aufgegeben, über die Duldung des im Stadtpark geplanten Protestcamps versammlungsrechtlich zu entscheiden. Die Entscheidung der Kammer beruht auf einer Folgenabwägung. Nicht Gegenstand der Entscheidung ist die Frage, ob und wieweit das Protestcamp in Blick auf die öffentliche Sicherheit beschränkt oder möglicherweise auch untersagt werden kann…“ Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Juni 2017 zum Beschluss vom 28. Juni 2017 (1 BvR 1387/17) zum G20-Protestcamp auf der großen Festwiese des Hamburger Stadtparks, siehe dazu:- Verfassungsgericht: Das Antikapitalistische Camp ist eine politische Versammlung
Pressemitteilung der Vorbereitungsgruppe vom 29.6.2017 zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.06.2017, darin auch die PM des Antikapitalistischen Camps: „zum unverhältnismäßigen Polizeieinsatz während unserer Kundgebung“
- Verfassungsgericht: Das Antikapitalistische Camp ist eine politische Versammlung
- Anwalts-Notdienst zum G20-Gipfel: „Die Polizei betreibt Stimmungsmache“
„120 Anwälte haben sich für den G20-Gipfel zu einem Notdienst zusammengeschlossen. Sie wollen Demonstranten zu ihrem Recht verhelfen – und der Polizei nicht die Deutungshoheit überlassen…“ Interview von Alexander Schulz mit RA Matthias Wisbar vom anwaltlichen Notdienst vom 28. Juni 2017 bei Spiegel online mit wichtigen Hinweisen an die Versammlungsteilnehmer (trotz spiegeltypischer teilweise verdrehter Fragestellungen). So z.B.: „Sie müssen auf sich aufpassen. Die Erfahrung zeigt, dass von polizeilicher Seite aus in das Versammlungsrecht eingegriffen werden wird. Und das nicht immer mit einer rechtlichen Grundlage. Deshalb ist es sinnvoll, sich mit dem geltenden Recht vertraut zu machen und die Telefonnummer des Ermittlungsausschusses dabei zu haben.“- Anwaltlicher Notdienst zum G20-Gipfel in Hamburg
- Der anwaltliche Notdienst des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. ist auch in Eilfällen über den Hamburger Ermittlungsausschuss zu erreichen: +49 (0)40 432 78 778
- Gelebte Alternativen zur Politik der G20. Auf dem Gipfel für globale Solidarität wird am 5. und 6. Juli diskutiert, mit welchen Strategien und Bündnissen Alternativen zur Politik der G20 umgesetzt werden.
„Die breite Beteiligung an den Vorbereitungen zum Alternativgipfel, die auch viele im Civil20-Prozess engagierte Organisationen einschließt, zeigt die Notwendigkeit für einen Alternativgipfel. „Beim Gipfel für globale Solidarität geht es um Alternativen zur G20-Politik. Und es geht um Strategien und Bündnisse innerhalb verschiedener politischer Spektren der Zivilgesellschaft und sozialer Bewegungen, um politische Alternativen zu erarbeiten“, erläutert Christian Kruse aus dem Vorbereitungskreis des „Gipfels für globale Solidarität“. Soziale Bewegungen, Gewerkschaften, kirchliche und Bürger*innen-Organisationen haben detaillierte Vorschläge und politische Praxen entwickelt, wie soziale, ökonomische und ökologische Probleme auf lokaler, nationaler, europäischer und globaler Ebene angegangen werden können, jenseits einer Politik, die soziale Ungleichheit und die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen verschärft. In einer Hauptveranstaltung mit internationalen Gästen widmet sich der Gipfel für globale Solidarität am Abend des 5. Juli der entscheidenden Frage: Wie lassen sich bestehende, gelebte Lösungsansätze zu einer umfassenden Alternative entwickeln?...“ Pressemitteilung vom 28. Juni 2017 zum Programm des „Gipfel für globale Solidarität“
- 19.000 Polizisten, 3000 Fahrzeuge, 11 Hubschrauber bei G20
„… Wie viele Wasserwerfer werden bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg im Einsatz sein? Die Polizei will damit nicht herausrücken: »Aus einsatztaktischen Gründen« könne man dazu keine genaue Zahl nennen, erklärte ein Sprecher dem »nd«. Insgesamt seien für die 19.000 Polizisten aber 3000 Fahrzeuge im Einsatz, vom Streifenwagen über Mannschafts- und Übertragungswagen – bis hin zu Wasserwerfern. Die »Glitzer-Antifa Hamburg« nimmt sich der Recherche nun an und ruft über Twitter dazu auf, ihnen Fotos gesichteter Wasserwerfer zu schicken. (…) Derweil haben CDU- und SPD-Innenpolitiker ermöglicht, dass die Bundespolizei zur Lageklärung in Hamburg auch Drohnen einsetzen darf. Das berichtete die in Halle erscheinende »Mitteldeutsche Zeitung« am Mittwoch. (…) Nach Informationen der Zeitung bekommen die Leibwächter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, die bei dessen Washington-Besuch in Schlägereien verwickelt waren, zudem keine Visa für den Gipfel…“ Infos von und bei neues Deutschland vom 28. Juni 2017
- Im Namen der Demokratie: Hamburg rüstet auf
„Beim „Festival der Demokratie“ (G-20-Gipfel) „feiern“ 15.000 Polizeibeamte und die GSG-9 mit – flankiert von Eurofightern und voraussichtlich einem Kriegsschiff. (…) Um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten, wird allerhand aufgeboten: 15.000 Polizeibeamte, 3.000 Einsatzwagen, Wasserwerfer, Panzer, Eurofighter in der Luft in Alarmbereitschaft und – so wird gemunkelt – womöglich ein Kriegsschiff im Hafen. Das Hafenbecken soll nach Sprengsätzen abgesucht werden. (…) Die erwarteten Regierungschefinnen und -chefs bringen allerdings nicht nur jene auf die Straße, die gegen sie sind, sondern auch ihre Getreuen. Damit ist zumindest im Falle des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu rechnen. Bekanntlich nutzt er jede Gelegenheit, zu seiner Gefolgschaft zu sprechen und sich von ihnen bejubeln zu lassen. (…) Das größte Fragezeichen in dem Sicherheitskonzept aber ist der Einsatz eines Kriegsschiffs im Hamburger Hafen. Zumindest ließ der Focus am vergangenen Freitag verlautbaren, von „hochrangigen Sicherheitskreisen erfahren“ zu haben, dass derzeit „geplant wird, ein Kriegsschiff der deutschen Marine in den Hamburger Hafen zu verlegen. Es soll im Fall eines Anschlags die Regierungschefs und weitere Gipfelteilnehmer aufnehmen und vor weiteren Attacken schützen. (…) Wenn aber die Gefährdungslage so akut ist, dass schwimmende Operationssäle bereit gehalten werden müssen, mit denen die illustre Versammlung aufs Meer hinaus verschwinden kann, dann stellt sich die Frage: Was wird eigentlich getan, um die normale Bevölkerung in diesen Tagen erhöhter Gefährdung vor Terroranschlägen zu schützen? Bis dato ist nicht zu erkennen, dass derartige Überlegungen in dem Sicherheitskonzept eine Rolle spielen.“ Beitrag von Birgit Gärtner vom 27. Juni 2017 bei Telepolis
- Organisatoren des G20-Protestcamps Altona zuversichtlich / Dauerkundgebung mit Veranstaltungen zu G20-Themen geplant
„Die Organisatoren des G20-Protestcamps im Volkspark Altona sind nach dem Kooperationsgespräch mit der Versammlungsbehörde am heutigen Montag zuversichtlich, dass der Aufbau wie geplant ab kommenden Mittwoch, dem 28. Juni stattfinden kann. Der Dauerprotest im Volkspark Altona wird die Themen der G20-Proteste aufgreifen in zahlreichen Veranstaltungen, die rund um die Uhr angesetzt sind. Das Protestcamp richtet sich an die vielen anreisenden Demonstrantinnen und Demonstranten ebenso wie die Hamburgerinnen und Hamburger, die sich an den Protesten rund um die G20 beteiligen und sich informieren und austauschen wollen…“ Pressemitteilung der Organisatoren des G20-Protestcamps Altona vom 26. Juni 2017
- »GeSa to Hell«: Hunderte demonstrieren gegen G20-Knast
„Proteste gegen Sicherheitsbehörden: »Freiheit stirbt mit Sicherheit« / Über 700 bei der »We are here«-Demo von Geflüchteten gegen den umstrittenen Gipfel…“ Bericht vom 25.06.2017 beim ND online
- G20-Camp: Aktivisten ziehen vor das Verfassungsgericht. Hamburger Oberverwaltungsgericht hat das Zeltlager im Stadtpark verboten
„… Das Hamburger Oberverwaltungsgericht hat das von den Gegnern des G20-Gipfels im Stadtpark geplante Protestcamp verboten. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass bei dem Protestcamp »bei einer Gesamtschau« das Übergewicht bei »nicht auf die Meinungskundgabe gerichteten Elemente« bestehe. »Dem Vorleben einer ‚alternativen‘ Lebensweise«, so das Gericht, »komme hier für sich genommen kein versammlungsrechtlich geschützter Kundgabecharakter zu.« »Sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht träten die auf dem Gelände des Protestcamps vorgesehenen Veranstaltungen, die auf eine Meinungskundgabe gerichtet seien, hinter den Veranstaltungen, die nicht auf eine Meinungskundgabe gerichtet seien, und hinter der Bereitstellung von Schlaf- und Versorgungszelten zurück«, argumentierten die Richter. »Bei wertender Betrachtung seien das Übernachten auf dem Gelände und die dafür erforderliche Infrastruktur, unter anderem das Aufstellen von bis zu ca. 3.000 Zelten, kein funktioneller oder symbolischer Teil der Meinungskundgabe.« (…) Das Organisationsteam des »Antikapitalistischen Camps« kündigte noch am Freitag an, den Schritt vor das Verfassungsgericht zu gehen…“ Beitrag von und bei neues Deutschland vom 23. Juni 2017
- Demonstration: We are here! Wir sind hier! am Sa 24.6.2017
„Es ist nicht zu akzeptieren, dass die G20 sich hier treffen um über uns zu sprechen – ohne mit uns zu sprechen. Es gibt viele Gründe gegen G20 zu sein, vor allem für Geflüchtete und Migrant_innen. Keine ihrer Diskussionen wird irgendeine Lösung für uns bringen. Sie sind diejenigen, die die Gründe für Flucht und Migration verursachen – sie verursachen Kriege, sie beuten unsere Länder aus… Kommt mit uns auf die Straße für soziale Rechte für alle und gegen G20! Wir – Geflüchtete, Migrant*innen und unsere Netzwerke fordern: Stoppt Kolonisierung, Ausbeutung und Krieg! Entschuldigung und Kompensation! Für das Recht zu kommen und zu gehen! Stoppt das Sterben! Migrationspolitiken ändern!“ Der Aufruf zur Demo ab 14:00 am Hachmannplatz/Hauptbahnhof HH (Es gibt auch eine Flüchtlingsdemonstration in Jena am 24.06.2017: Stopp-Deportation-Parade! Im Protest gegen den G20 Summit und die Kriege gegen Flüchtlinge!! )
- Verwaltungsgericht kippt Verbot des G20-Protestcamps
„Erneute juristische Schlappe für die Hansestadt Hamburg: Wie das zuständige Verwaltungsgericht am Mittwoch bekanntgab, ist das Verbot des von G20-Kritikern geplanten Protestcamps im Stadtpark auf Grundlage einer polizeilichen Allgemeinverfügung unzulässig. Damit bestätigte das Gericht seine eigene Entscheidung vom 7. Juni. Vor zwei Wochen war das zuständige Bezirksamt Hamburg-Nord schon einmal mit dem Versuch gescheitert, das Protestcamp im Stadtpark zu verhindern. (…) Die erfolgreiche Klage gegen das Campverbot ist jedoch nicht der einzige Fall, mit dem sich die Justiz derzeit in der Hansestadt mit bezug zu G20 auseinandersetzen muss. Auch gegen das Demonstrationsverbot in Teilen Hamburgs sind am Dienstagabend drei Eilanträge beim Verwaltungsgericht eingegangen. (…) »Es ist erschreckend, wie der autoritäre Ausnahmezustand von den Mächtigen dieser Welt zum Normalzustand erklärt wird – nicht nur von den Erdogans, Putins und Trumps dieser Welt, auch von der deutschen Bundesregierung«, so der Liedermacher Konstantin Wecker, der die Initiative unterstützt.“ Beitrag von Robert D. Meyer auf Basis von Agenturmeldungen in Neues Deutschland vom 22. Juni 2017
- Warum sich LabourNet Germany mit den G20-Protesten solidarisiert
„Wenn sich in der BRD – ein Land, das viele andere Länder auspresst und nicht nur Griechenland diktiert, dass Referenden nichts wert sind – die Mächtigsten der Welt, wie sie sich selbst nennen, treffen: Dann müssen wir dabei sein – bei jenen, die ungehorsam sind und rebellisch. Wenn die Stadt des Treffens, in diesem Fall eben Hamburg, zu einer Zone polizeilichen Notstandsregimes gemacht werden soll: Dann müssen wir dabei sein – bei jenen, die ungehorsam sind und rebellisch.Und wenn wir Tag für Tag und Woche für Woche über große und kleine Kämpfe hier und rund um die Welt berichten und sie nach Kräften unterstützen: Dann müssen wir dabei sein, müssen mit mobilisieren – all jene, die auch hierzulande kämpfen wollen, mit oder ohne Job. Ungehorsam und rebellisch. Bei den den G20-Protesten und im Alltag.“ Unsere Unterstützung zu und bei G20 Demo – Grenzenlose Solidarität statt G20
- Aufruf „Hamburg ist unsere Stadt“: G20-Gipfel darf Grundrechte nicht außer Kraft setzen!
„Seit geraumer Zeit können wir in Hamburg erleben, dass die Stadt immer mehr zur grundrechtsfreien Zone wird. Der Hamburger Senat hat sich mit dem G20-Gipfel immense Probleme in die Stadt geholt und löst sie auf Kosten der Grundrechte. Um das zu rechtfertigen, wird täglich öffentlichkeitswirksam vor den Gefahren durch angeblich etwa 8.000 gewaltbereite Protestierende gewarnt. Einen unrühmlichen Höhepunkt dieser Entwicklung stellte die Einrichtung einer etwa 38 Quadratkilometer großen Verbotszone für Demonstrationen dar – eine Bestätigung der zuvor bereits kursierenden, aber von Seiten der Polizei zunächst dementierten „blauen Zone“. Und es ist davon auszugehen, dass das nicht die letzte repressive polizeiliche Maßnahme bleiben wird. (…) Die Initiator*innen des Aufrufs „Hamburg ist unsere Stadt – Wir wollen unsere Grundrechte nicht zum G20-Gipfel abgeben!“ sehen eine ernsthafte Gefährdung für die Grundrechte. Das „Festival der Demokratie“ ist nicht mehr als ein Werbeslogan, der nicht hält, was er verspricht. „Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave“, sagte Aristoteles. Der Senat lässt den Hamburgerinnen und Hamburgern keine Wahl…“ Aus dem Aufruf auf der Aktionsseite – mit dem Aufruf wollen die InitiatorInnen klar machen: Grundrechte und Demokratie dürfen nicht einem Prestigeprojekt geopfert werden. Bereits über 40 Organisationen und über 50 Personen haben sich dem Aufruf angeschlossen.
- G-20-Gipfel: »Wir schauen der Polizei auf die Finger« – Anwältinnen und Anwälte schließen sich zusammen, um die Rechte von Protestierenden zu schützen
In einem Gespräch von Kristian Stemmler mit der Hamburger Anwältin Alexandra Wichmann in der jungen Welt vom 19. Juni 2017 weist diese u.a. daraufhin: „… Bundesweit haben sich Anwältinnen und Anwälten zusammengetan. Wir haben das Ziel, die verschiedenen Proteste gegen den Gipfel solidarisch zu begleiten. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Polizei bei solchen Ereignissen immer wieder versammlungsrechtliche Mindeststandards missachtet. Das betrifft zum Beispiel die Einkesselung von Protestierenden oder Ingewahrsamnahmen, die mit einer angeblichen Gefahrenabwehr begründet werden. Zudem rechnen wir auch mit strafrechtlichen Sanktionen gegen Protestierende. Auch dabei werden wir Beschuldigten rechtlich beistehen. (…) Ich hoffe, dass die Öffentlichkeit die Versuche durchschaut, die legitimen Proteste unzulässig zu behindern. Angeblich sollen Anreisende gewalttätig sein, Protest-Campende sollen gewalttätig sein, Demonstrierende ebenso. Protest gegen den G-20-Gipfel und auch Gegnerschaft zu ihm sind der Ausdruck einer lebendigen zivilgesellschaftlichen Streitkultur. Als solche müssen sie zugelassen werden. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass die politisch und polizeilich Verantwortlichen dieser Aufgabe in keiner Weise gewachsen sind. Das könnte auch darauf hindeuten, dass die Liste der Zumutungen noch wachsen wird…“
- Die Zivilgesellschaft darf mitspielen: Beim Civil20-Gipfel überreicht die organisierte Zivilgesellschaft ihre Forderungen an die G20. An deren Politik wird das wenig ändern.
„Drei Wochen vor dem G20-Gipfel treffen sich in der Hamburger HafenCity Universität Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft. In sechs Arbeitsgruppen wurden in den letzten Monaten Politikvorschläge für die G20-Regierungen erarbeitet. An diesem Montag sollen VertreterInnen von 200 Nichtregierungsorganisationen (NRO) aus 50 Ländern ihren Forderungskatalog an Bundeskanzlerin Angela Merkel überreichen, die nachmittags zudem eine Rede halten und an einer Podiumsdiskussion zur Gestaltung der Globalisierung teilnehmen wird. Das persönliche Erscheinen von Angela Merkel, die gegenwärtig die Vorsitzende der G20 ist, soll ein Signal setzen. Schon in einer Videobotschaft vom September 2016 unterstrich Merkel: »Ein starkes Augenmerk werden wir natürlich auch auf die Einbindung der Zivilgesellschaft legen«. (…) Wird die Beteiligung der Zivilgesellschaft echte Spielräume für progressive Politikziele eröffnen? Das scheint mehr als fraglich…“ Beitrag von Samuel Decker und Thomas Sablowski bei neues Deutschland vom 18. Juni 2017
- Die Gewerkschaften und der G20: Dreifache Bankrotterklärung
Früher, als selbst die alten Zeiten noch besser waren, gab es einmal einen einfachen Spruch, der gewerkschaftliche Positionen markierte: „Which side are you on?“, auf welcher Seite stehst Du. Heute weniger gebräuchlich, ist er dennoch von europäischen und bundesdeutschen Gewerkschaften aus Anlass von G20 erstaunlich deutlich beantwortet worden – dreifach. Der Europäische Gewerkschaftsbund verabschiedet in Rom eine Erklärung zur EU-Politik, die deren neue soziale Ausrichtung, die man als Einziger mit bewundernswertem Scharfblick erkannt hat, lobt und mehr davon einfordert. Zum Klimaabkommen (dem wenig geheimen Großthema hinter den Kulissen von G20) reiht sich der DGB in den Chor der Trump-Kritiker ein und tut wie alle diese so, als wäre das ein ganz tolles Abkommen (das jetzt natürlich die EU, also die BRD, verteidigen muss). Und zur Polizeistaats-Mobilisierung in Hamburg fordert ver.di zwar nicht leichtere Knüppel für die Einsatzkommandos, wohl aber bessere Bezahlung für Greiftrupps. In einer kleinen – aus gegebenem Anlass ausführlich kommentierten – Materialsammlung dokumentieren wir die dreifache Bankrotterklärung
- Demonstrationsverbot in Hamburg – Gipfel ohne Grundrechte
„Das Komitee für Grundrechte und Demokratie legt eine Stellungnahme vor, mit der es die Allgemeinverfügung scharf kritisiert, mit der die Stadt Hamburg das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit während des G20-Gipfels außer Kraft setzt. Fast die gesamte Innenstadt wird zu einer demokratiefreien Zone, kurzer Hand wird der Ausnahmezustand von SPD und Grünen verkündet. Der Polizei wird die Definitionshoheit darüber überlassen, wer Bürgerrechte genießt. (…) Skandalös ist, dass die Lüge über die Zahl der verletzten Polizist*innen beim Protest gegen den G7-Gipfel in Rostock erneut aufgetischt wird. Das Grundrechtekomitee kommt zu dem Schluss: „Wer jeden Protest kriminalisiert, trägt letztlich zur Eskalation bei…“ Meldung vom und beim Grundrechtekomitee vom 13.6.2017 dort auch die Stellungnahme
- G20-Proteste in gesamter Hamburger Innenstadt verboten – Demonstrationsbündnis kündigt Klage gegen »blaue Zone« an
„… Die Polizei in Hamburg hat für den G20-Gipfel Anfang Juli ein Demonstrationsverbot für eine Fläche von über 30 Quadratkilometern erlassen, die sich über die gesamte Innenstadt erstreckt. Von der Allgemeinverfügung betroffen ist die Route zwischen Flughafen und Innenstadt sowie die Stadtteile rund um die Messe und die Außenalster, wie Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer erklärten. Zeitweise soll das Demonstrationsverbot auch rund um die Elbphilharmonie und die Speicherstadt gelten, wo die Gipfelteilnehmer ein Konzert besuchen werden. Das Versammlungsverbot soll vom 7. Juli um sechs Uhr morgens bis zum 8. Juli um 17 Uhr gelten. (…) »Endlich ist die Katze aus dem Sack und der rot-grüne Senat kann aufhören, G20 als Festival der Demokratie zu verkaufen«, sagt »NoG20«-Bündnissprecherin Emily Laquer dem »nd«. Während des Gipfels würden ganze Quadratkilometer der Millionenmetropole in einem politischen Ausnahmezustand versetzt und den Bürgern ihre Stimme genommen. »Darüber sollte jeder entsetzt sein, dem etwas an Demokratie und Meinungsfreiheit liegt.« (…) Da es jetzt eine offizielle Verfügung über die Verbotszone gebe, können die Organisatoren jetzt das durchführen, was sie schon lange angekündigt hätten: »Wir können endlich vor Gericht ziehen und gegen die blaue Zone klagen.«…“ Meldung von und bei neues Deutschland vom 9. Juni 2017
- [G20] Gegen die Spaltung und Kriminalisierung der Proteste
„Genau einen Monat vor den G20-Protesten in Hamburg haben …ums Ganze!, Interventionistische Linke, Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP), queer-feministisches Bündnis gegen G20, radikale linke|berlin und weitere Gruppen bzw. Organisationen eine spektrenübergreifende Erklärung gegen die Spaltung und Kriminalisierung der Proteste veröffentlicht. Auszug: „Wir stellen uns daher gegen jede Spaltung und Kriminalisierung der Proteste. Wir erklären uns mit allen solidarisch, die das Ziel teilen, aus diesem Event der Macht ein Festival der grenzübergreifenden Solidarität zu machen. Wir kommen auf die Straßen Hamburgs um die kapitalistische Normalität und ihren Gipfel zu stören. Wir stehen für verschiedene Traditionen, Perspektiven und Ansätze, doch wir werden zusammen dafür arbeiten, dass sich die unterschiedlichen Aktionsformen nicht behindern, sondern vielmehr produktiv ergänzen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass alle Menschen nach Hamburg kommen und dort auch unterkommen können. Und wir laden alle ein, schon jetzt die Herausforderung anzunehmen und mit uns gemeinsam, kreativ und vielfältig den Aufstand gegen die Eliten und ihren Ausnahmezustand zu wagen.“ (…) Wir werden uns wehren. Ob das richtig ist, ist für uns keine Frage. Ob es möglich ist, wird nur praktisch zu ermitteln sein. Wir sind dazu bereit. We’ll come united.“ Aus der Gemeinsamen Erklärung vom 8. Juni 2017 bei indymedia linksunten
- Hamburg auf dem Weg in den Polizeistaat?
„Die These ist alt, dass wir auf dem Weg in einen Polizeistaat, in einen „Sicherheitsstaat“ sind, bei dem die Effizienz der staatlichen Macht und Machtanwendung die oberste Priorität besitzt. (…) Das deutlichste Zeichen des Versuchs, die Menschen von einer Teilnahme an den Protesten abzuhalten, ist der Versuch, jedwedes Camp in der Umgebung von Hamburg zu unterbinden. Ein Camp im Hamburger Stadtpark ist bereits verboten worden, um die Anmeldung im Altonaer Volkspark wird noch gerungen. Wer jedoch den G20 in die Stadt einlädt, lädt demokratisch zwangsläufig zugleich deren Kritiker*innen ein. Und so darf sich eine Stadt nicht nur um das körperliche Wohlergehen der Staatsgäste kümmern, sondern muss auch den Protestierenden Raum geben, in dem sie ihre Bedürfnisse befriedigen können, in dem sie ihr Leben gemeinsam organisieren können. (…) Zugleich machen die Versuche, Camps zu verhindern auch die andere Strategie offensichtlich. Wenn ein Vorgehen, ein Bündnis, die Menschen, die aktiv werden, den „Herren“ nicht genehm sind, dann behaupten sie, es handele sich um „Gewaltbereite“, um „Autonome“, es ginge diesen nicht um Kritik und öffentliche Auseinandersetzung, sondern um „Krawall“. Belegen müssen sie das nicht, können das auch nicht. Eine solidarische Gesellschaft darf diese Angstmache nicht übernehmen und selbst das Misstrauen – vor allem gegenüber allen „Fremden“ – zum Ausgangspunkt des eigenen Handelns machen…“ Beitrag von Elke Steven vom 1. Juni 2017 beim Grundrechtekomitee
- Rote Hilfe e.V ruft zur Extra-Spendensammlung wegen G20 auf: Widerstand braucht Solidarität
„Schon jetzt ist deutlich, dass der bevorstehende G20-Gipfel auch ein Gipfel der Repression sein wird: Mehrere 10.000 Polizist*innen sowie eine Reihe neu angeschaffter gepanzerter Sondereinsatzwagen werden im Einsatz sein, um gegen Demonstrant*innen vorzugehen (…) Auch die am 27.04.2017 beschlossene Verschärfung der Paragrafen §§113ff. kann erhöhte Repression zur Folge haben. Konkret weitet die Gesetzesverschärfung den Tatbestand so genannter „Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte“ auf die gesamte Dienstausübung von Polizist*innen aus (…)„Wir rechnen mit einer großen Anzahl an Fest- & Ingewahrsamnahmen sowie Strafverfahren und Verurteilungen während des Gipfels. Damit die Betroffenen mit finanziellen Folgen nicht alleine gelassen werden, sind wir alle gefordert, diese Kosten solidarisch zu teilen! Dafür benötigen wir dringend eure Unterstützung!“, so Heiko Lange, Mitglied des Bundesvorstandes der Roten Hilfe e.V.“ – aus der Starterklärung zur Spendensammlung „Widerstand braucht Solidarität- Rote Hilfe e.V. startet Spendenkampagne zum G20-Gipfel in Hamburg“ am 23. Mai 2017 bei der Roten Hilfe
- Gipfelproteste nach dem Empire: Hafenblockade, linke Gegenentwürfe und Organisationsfrage – wozu die G20-Protesttage in Hamburg gut sein sollten
„Im Bewegungsblog des neuen deutschland warfen Tadzio Müller (Rosa-Luxemburg-Stiftung) und Alexis Passadakis (attac) am 7. April die Frage auf, warum die (außerparlamentarische) Linke im Juli gegen das G20-Gipfeltreffen in Hamburg mobilisiert. Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008, so ihr Argument, sei die Hegemonie des Neoliberalismus gebrochen. Mit dem Bewegungszyklus der letzten Jahre sei zudem das linke Projekt wieder sichtbar geworden. Gipfelproteste seien, anders als in den 2000er Jahren, daher vor allem ineffektiver Symbolismus (…) Dem wäre entgegenzuhalten, dass linke Bewegungen nicht grundsätzlich von der Krise des Neoliberalismus profitieren konnten. Das politische Feld wird vielmehr von einer verschärften neoliberalen Austeritätspolitik einerseits und einer neofundamentalistischen bzw. reaktionären Tendenz andererseits bestimmt. (…) Langfristig wird es darum gehen, dass wir die Erfahrungen aus den Mobilisierungen gegen G20 in unseren Bewegungszusammenhängen zur Konstitution einer »Bewegung der Bewegungen« nutzen. Davon sind wir heute noch weit entfernt, doch wird diese strategische Übereinkunft im Angesicht der regressiven Tendenzen immer dringlicher. (…) Für die Mobilisierungen gegen G20 bedeutet das, dass beim Experimentieren mit der Protestform der Widerspruch von Kapital und Arbeit berücksichtigt werden muss. So wäre etwa mit einer Hafenblockade als Hafenstreik eine neue Qualität in breitem zivilen Ungehorsam gewonnen. Die Bewegung in Frankreich letztes Jahr gegen das neue Arbeitsgesetz (Loi Travail) konnte einzelne Momente des Zusammenschlusses von »Multituden-Subjekten« und Arbeiterklasse in Blockade und Streik sichtbar machen: Streik innen, Blockade außen, Zustimmung drumherum. Das könnte auch eine Weiterentwicklung für »zivilen Ungehorsam« sein, der in Massenbewegungen wirklichen ökonomischen Schaden anrichtet und politische Wirkung entfaltet.“ Diskussionsbeitrag David Doell vom 16. Mai 2017 in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 627
- G20 Hamburg: Die Revitalisierung der Gewerkschaftsbewegung
„In der Mobilisierung gegen den G20-Gipfel steckt die Chance, neue Mitstreiter für alltägliche Kämpfe zu gewinnen (…) Drei Aspekte können zur Revitalisierung der Gewerkschaftsbewegung im Rahmen der Proteste gegen G20 beitragen. 1. Global kämpfen statt national verzichten. Als Gewerkschaften kämpfen wir Tag für Tag, vor allem im Betrieb und in Tarifauseinandersetzungen auf nationaler Ebene gegen die kleineren und größeren Angriffe des Kapitals. Oft aber verliert sich in der betrieblichen Perspektive der Blick auf den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang der eigenen Situation. Die äußeren Einflüsse auf die eigenen Arbeits- und Reproduktionsbedingungen scheinen als gegeben und unveränderbar. Besonders verloren gehen dabei die Möglichkeiten von kollektivem Widerstand und der Blick auf das Große und Ganze, begünstigt durch systemimmanente Vereinzelungs- und Individualisierungstendenzen. Hierdurch rückt die Perspektive, internationale Kämpfe zu führen, als Alternative zum kurzfristigen Verzicht zur Sicherung von Standort und Beschäftigung, in weite Ferne. Die Notwendigkeit, Kämpfe an anderen Orten zu seinen eigenen zu machen, steigt jedoch immer mehr. Einerseits um das Elend in der kapitalistischen Peripherie zu bekämpfen, andererseits um Kämpfe in den kapitalistischen Zentren nicht durch das Prinzip der internationalen Konkurrenz zu unterlaufen. (…) Über die konkreten Kämpfe, die wir eingangs beschrieben haben, nehmen wir bei der Mobilisierung zu den Protesten derzeit wieder grundsätzlichere Diskussionen über die Verhältnisse, in denen wir leben, wahr. Dazu gehört auch die Diskussion über eine Gewerkschaftsbewegung, die ihrem Doppelcharakter (Kampf im Lohnsystem – Kampf gegen das Lohnsystem) ein Stück weit mehr gerecht wird…“ Artikel von Timo Reuter und Marvin Hopp vom 15.05.2017 beim ND online . Timo Reuter und Marvin Hopp sind aktiv in der IG Metall Jugend Niedersachsen/Sachsen-Anhalt und dem Jugendausschuss beim Vorstand der IG Metall. Sie sind Teil der bundesweiten Plattform »Jugend gegen G20«.
- Globaler Offener Brief an die Einwohnerschaft Hamburgs: „Wir kommen gegen G20, nicht als Störer“
Die Internationale Koordination gegen G20 hat in dem Offenen Brief „From across the world together against the G20: an open letter to the people of Hamburg“ am 16. Mai 2017 im Open Democracy Net sich an die EinwohnerInnen Hamburgs gewandt, um zu unterstreichen, dass alle Angstpropaganda vor den Protesten politisches Kalkül jener seien, die die tatsächliche Gefahr und nicht nur für Hamburg seien. Die sogenannten Gefahrenzonen seien deswegen eben auch nicht Ausdruck von Überlegungen der Menschen, die nach Hamburg kommen, um zu protestieren, sondern eine Vorgehensweise die Proteste gegen die Absprachen, die dort getroffen würden, zu verhindern. Siehe den Offenen Brief auch auf Deutsch
- „Feuer frei“ auf G20 Proteste?
„Fast scheint es, als ob die Hansestadt sich für Anfang Juli auf einen Krieg vorbereitet: Die Hamburger Polizei wurde rechtzeitig für den Anti-Terror-Kampf aufgerüstet, eine Gefangenen-Sammelstelle wird errichtet und Innensenator Andy Grote (SPD) ließ durchblicken, dass Blockaden der Routen der Auto-Korsos mit den Politikerinnen und Politikern, die am G-20-Gipfel am 7./8. Juli 2017 in Hamburg teilnehmen, eventuell dazu führen, dass „die bewaffneten Sicherheitskräfte der Staatsgäste, die die Kolonne begleiten, das als Ernstfall werten“. Heißt im Klartest: „Störer“ (Bild) müssen damit rechnen, dass scharf geschossen wird“ – aus dem Beitrag „Darf beim G-20-Gipfel in Hamburg scharf geschossen werden?“ von Birgit Gärtner am 12. Mai 2017 bei telepolis , worin detailliert über die Vorbereitungen der G 20 Betreiber berichtet wird, die die Repression erleichtern und Abschreckung verbreiten sollen
- Aktionen gegen G20 sind wichtiger als andere Proteste
„… Für den Literaturkritiker und linken Theoretiker Michael Hardt sind die geplanten Proteste gegen den Hamburger G20-Gipfel im Juli von immenser Bedeutung. Sie »werden womöglich noch wichtiger als andere Proteste der vergangenen Jahre sein, weil sich hier die erfolgreichen Rechtspopulisten mit den Neoliberalen verbinden«, sagt Hardt im »nd«-Interview. So wie die rechten Bewegungen eine globale Gefahr seien, müsse man als erstes eine genauso globale Protestbewegung dagegen aufbauen, so Hardt. Dem an der Duke University in Durham in North Carolina lehrenden Wissenschaftler reicht Protest nicht aus. So hätten die Platzbesetzungsbewegungen in Nordafrika, Europa und den USA vor rund fünf Jahren eins gemein gehabt: »Die irgendwann um sich greifende Enttäuschung über die mangelnde Langlebigkeit, und dass es ihnen nicht möglich war, wirkliche soziale Transformationen in die Wege zu leiten.« Hardt lehnte gleichzeitig die Schaffung stark hierarchischer Organisationen ab: »In den vergangenen 40 Jahren haben die sozialen Bewegungen und die Freiheitsbewegungen sich gegen charismatische Führer und eine zentrale Führung gewendet.« Das hätten sie auch richtig gemacht. »Sie taten dies im Namen der Demokratie und Partizipation«, so Hardt…“ Beitrag von und bei neues Deutschland vom 5. Mai 2017 (Hardt hat zusammen mit dem italienischen Philosophen Antonio Negri unter anderem das Buch »Empire« geschrieben, das als das wichtigste theoretische Werk der globalisierungskritischen Bewegung gilt. Im Oktober erscheint ihr neues Buch »Assembly«). Siehe dazu auch das Interview von Simon Poelchau mit Michael Hardt „Jetzt ist die Zeit, Großes zu tun“ bei neues Deutschland vom 9. Mai 2017 wo Hardt betont, dass für ihn, in sozialen Kooperationen jenseits kapitalistischer Verwertung ein Garanten für den Fortbestand der Demokratie besteht
- Offener Brief: Kein Ausnahmezustand in Hamburg während des G20-Gipfels!
„Mit einem Offenen Brief wenden sich das Komitee für Grundrechte und Demokratie, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen, die Humanistische Union und die Liga für Menschenrechte an die Regierungsfraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft. Sie befürchten, dass die Stadt Hamburg anlässlich des G20-Gipfeltreffens Anfang Juli 2017 in einen Ausnahmezustand versetzt wird. In einer Demokratie darf weder das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgehebelt, noch die Bewegungsfreiheit der Bürger und Bürgerinnen massiv eingeschränkt werden. Die fünf bundesweit aktiven Bürgerrechtsorganisationen schreiben: „ (…) Würden Grundrechte nur in guten und unkomplizierten Zeiten gelten, wären es keine Grundrechte und hätte ihre verfassungsmäßige Garantie keinerlei Wert. Sicherheitsinteressen des Staates können die Grundrechte, die Freiheitsrechte der Bürger*innen sind, nicht verdrängen. Demokratie verliert jede Substanz, wenn Sicherheitsinteressen die verfassungsmäßigen Freiheitsrechte aushebeln.“…“ Mitteilung vom 19. April 2017 von und beim Komitee für Grundrechte und Demokratie , siehe dazu auch den Offenen Brief an die Regierungsfraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft vom 19. April 2017
- 2. Aktionskonferenz gegen G20 im Millerntorstadion: Mehrere Hundert Menschen planen Aktionen gegen den G20-Gipfel in Hamburg
„Mehr als 800 Menschen aus ganz Europa folgten der Einladung zur 2. Aktionskonferenz gegen den G20-Gipfel und kamen am 8. und 9.4.2017 ins Millerntorstadion. In zahlreichen Arbeitsgruppen wurden konkrete Aktivitäten gegen den G20-Gipfel geplant. (…) Konkret wurden folgende Aktionen während der Konferenz vorbereitet: Klima-Aktion (7.7.), Social-Strike Aktion (7.7.): Eine international vorbereitete Aktion im Hafen die massenhaft und symbolisch südlich der Elbe „die Logistik des Kapitals unterbrechen“ will und inhaltlich auf die „soziale Frage“ zielt., Block-G20 (7.7.), Jugend gegen G20 (7.7.) und die Grossdemonstration (8.7.)...“ Aus der Pressemitteilung vom 9.4.2017 des g20hamburg-Bündnisses
- Internationale Aktionskonferenz II am 8. & 9. April Hamburg: G20: Zeit zu handeln – gemeinsam und vielfältig
„Die nächste Aktionskonferenz gegen den G20: Gipfel wird am 8. & 9. April stattfinden. Und zwar am Ort des Geschehens, mitten im Herzen von St. Pauli im Ballsaal des Millerntor-Stadions. Wir erwarten hunderte Gäste aus dem In- und Ausland um die heiße Phase der Protest-Vorbereitungen einzuläuten. Explizit wird auf der Konferenz aber auch Raum sein, damit sich Anwohner*innen weiter vernetzen und ihre vielfältigen Aktionsideen vorstellen und weiter vorantreiben können. Die Aktionskonferenz wird im Ballsaal des Millerntor-Stadions beginnen. Die Arbeitsgruppen finden dann dezentral im gesamten umliegenden Viertel statt…“ Info und Einladung beim Aktionsbündnis G20 Hamburg – dort auch Ablauf und Programm, nun ganz konkret: „… Aktive aus ganz Deutschland – darunter viele Hamburgerinnen und Hamburger – und aus vielen anderen Ländern werden ihre Planungen vorantreiben und über die Großdemonstration, den Solidaritätsgipfel, den Aktionstag sowie über die antkapitalistische Vorabenddemo im Juli diskutieren. Die Konferenz bietet dabei Raum für alle Protestaktionen, die sich solidarisch aufeinander beziehen. Vorgestellt werden etwa Blockaden der Hafenlogistik von klimaschädlicher Infrastruktur und an der Roten Zone Innenstadt sowie die Initiative von Jugendlichen für einen hamburgweiten Bildungsstreik. Das Kulturprogramm und ein Camp für Gipfelgegnerinnen und -gegner werden ebenso konkretisiert wie für die Anreise aus Süddeutschland geplante Sonderzüge. Mit der Aktionskonferenz beginnt zugleich die aktionistische Phase der G20-Mobilisierung: Am Samstagabend ziehen die Teilnehmenden in einer ersten Demonstration vom Stadion bis zum Ort des G20-Treffens an den Messehallen. Am Sonntag bereiten sie sich mit Aktionstrainings auf die Proteste im Juli vor…“ Alle Infos zur Konferenz auf der Aktionsseite
- In Vorbereitung der G20-Proteste wird auch über die Bundeswehr debattiert
Dass Handel Frieden schaffe, ist eine der zentralen Propagandathemen des Bürgertums weltweit. Dass globale Kapitalinteressen ganz im Gegensatz zu dieser Behauptung immer auch eine militärische Dimension haben ist Grund dafür, das Thema auch beim Widerstand gegen die G20 zu behandeln, was immer nötig ist, selbst wenn über das Wie Diskussionsbedarf bestehen mag: „Wir gehen davon aus, dass die Bundeswehr im Kontext der Proteste gegen den Gipfel eingesetzt wird. Kooperation von Polizei und Bundeswehr ist längst Alltag – zum Beispiel bei politischen Großereignissen wie dem G-8-Treffen in Heiligendamm 2007 oder dem OSZE-Gipfel in Hamburg vergangenes Jahr. Derzeit sind vor allem unter dem Stichwort »Terrorabwehr« Vorstöße zu beobachten, die bestehende Kooperation und den Einsatz der Armee im Inland auszubauen und sie ideologisch sowie juristisch besser abzusichern“ – aus dem Gespräch „Die Bundeswehr ist nicht die Caritas“ von John Lütten mit Alison Dorsch am 28. März 2017 in der jungen Welt über die Debatten um die Bundeswehr in Vorbereitung der Anti-G20-Proteste
- Stadt Hamburg möchte Protest gegen G20 ganz weit weg haben…
„Zusätzlich zu besagter Absage für den Platz der Abschlusskundgebung hat uns die Polizei schon mitgeteilt: So wie wir die verschiedenen Demorouten von der Moorweide zum Heiligengeistfeld angemeldet haben, wird es nicht gehen. Darüber ist am 7. April ein Gespräch im Polizeipräsidium anberaumt. Wir werden uns zunächst anhören, was sie dazu sagt. Und gegebenenfalls in beiden Angelegenheiten gerichtlich dagegen vorgehen“ – aus dem Gespräch „»Wir wollen nicht auf die grüne Wiese«“ von Gitta Düperthal mit Jan van Aken am 27. März 2017 in der jungen Welt , in dem es um die verschiedenen Vorgehensweisen geht, mit denen der Protest gegen G20 abgeschoben werden soll. Siehe dazu auch als Beispiel einen Bericht über die Mobilisierung gegen G20 in Hamburg anderswo:- „Présentation contre le G20 à Hambourg“ am 24. März 2017 bei Marseille Infos war die Einladung zu einer Mobilisierungsveranstaltung am 26. März eben in Marseille – das wir hier nur als Beispiel für mehrere solcher Veranstaltungen am Wochenende in verschiedenen Städten Frankreichs genommen haben
- Auswertungsprotokoll der 1. Berliner Vollversammlung gegen G20
„Etwa 200 Menschen kamen am 28.01.17 zur ersten Berliner „Vollversammlung gegen den G20-Gipgel in Hamburg“ im Mehringhof, um gemeinsam zu überlegen, was dieser Gipfel für uns bedeuten kann und wie wir hier aktiv werden wollen. Während die nächste Vollversammlung eigentlich erst für März geplant war, findet sie nun auf Wunsch vieler Teilnehmer*innen der ersten VV bereits am kommenden Samstag, 25.02.2017, um 13 Uhr statt, ebenfalls im Mehringhof. Neue interessierte Menschen sind herzlich eingeladen! Auch wenn die erste Berliner VV gegen den G20 angesichts der Tatsache, dass dieses miese Event bereits in einigen Monaten stattfinden soll, recht spät stattgefunden hat, so ist doch das Thema G20 schon länger ein Thema auch für Berliner Aktivist*innen. Bereits 2016 wurden diverse Aktionen in Berlin mit dem Thema G20 in Verbindung gebracht; mehr Informationen dazu finden sich etwa hier und hier. Alle Redebeiträge der VV wurden auf englisch übersetzt, eine sehr sinnvolle Maßnahme, die von nicht wenigen Teilnehmer*innen der Konferenz genutzt wurde. Zu Beginn der Veranstaltung gab es einen recht ausführlichen Input zur Veranstaltung, der hier noch mal nachgelesen werden kann, und es wurde auf anstehende Termine eingegangen. Diese haben wir am Ende dieses Textes noch mal als Überblick zusammengefasst…“ Beitrag vom 21. Februar 2017 bei Indymedia linksunten
- Von der Kriegskunst des Kapitals
„Der Neoliberalismus hat sich selbst überlebt und west doch unvermindert fort, während der globale Rechtsruck Straßen und Parlamente übernimmt: Davon ist auch die Zusammensetzung des Gipfels geprägt. So werden sich in Hamburg Despoten wie Trump, Erdoğan oder Putin mit den altbekannten Verwalter*innen des Neoliberalismus die Klinke in die Hand geben. Die Entscheidung, solche Gipfel nicht mehr irgendwo in der Pampa, sondern wieder in den Innenstädten zu veranstalten, zeigt deutlich, wie fest die Herrschenden meinem im Sattel zu sitzen. Dem inszenierten Showdown zwischen den schlechten Alternativen von autoritärem Neoliberalismus oder nationaler Wende, die sich aller Vorraussicht nach doch arrangieren werden, gilt es entschlossen entgegenzutreten – und so der falsche Entgegensetzung zu entkommt. Zum G20-Gipfel wollen wir deshalb Aufmerksamkeit der radikalen Linken auf die Logistik des Kapitals richten. Warum das keine völlig abwegige Idee ist, sondern wir damit in das Herz der gegenwärtigen Situation zielen, wollen wir im folgenden begründen…“ Beitrag vom 16. Februar 2017 beim lower class magazine
- Keine »Distanzierungsspiele« – Theorie und Praxis: Rund 400 Teilnehmer kamen am Wochenende zur Aktionskonferenz »G 20 entern« in Hamburg
„… Zufrieden mit dem Verlauf der Aktionskonferenz zeigte sich Timo von »G 20 entern« im Gespräch mit junge Welt. Man verstehe sich nicht als festes Bündnis, sondern sei offen für alle, die revolutionär und antikapitalistisch agierten. Auch halte man alle Formen von Widerstand für legitim und werde sich nicht an »Distanzierungsspielen« beteiligen. Zu den G-20-Protesten erwarte er Tausende Aktivisten aus dem In- und Ausland. Mit Blick auf die voraussichtliche Polizeistrategie und mögliche Auseinandersetzungen sagte er: »Nach meiner Einschätzung stolpert in Hamburg mindestens der Innensenator über G 20, wenn nicht der Bürgermeister.« Am Abend bekamen die Konferenzteilnehmer einen Eindruck davon, wie Hamburgs Polizei bereits knapp fünf Monate vor dem G- 20-Gipfel auf jeden linken Protest reagiert. Rund 70 Aktivisten zogen zum Messegelände, dem Veranstaltungsort des Gipfels. Die Gegenseite bot zwei Hundertschaften und drei Wasserwerfer auf.“ Artikel von Kristian Stemmler vom 13.02.2017 in der jungen Welt
- [Hamburg 11.2.] Aktionskonferenz: G20 entern – Kapitalismus versenken!
„Im Juli trifft sich die Herrschaftselite in Hamburg zum G20-Gipfel und will um die Welt schachern. Damit wir uns nicht nur im blinden Aktionismus dagegen verlieren, wollen wir euch im Vorfeld theoretischen Input bieten und mit euch über die aktuellen Entwicklungen in der Welt diskutieren. Anschließend stellen verschiedene Arbeitskreise ihre bisherige Arbeit vor, geben euch die Möglichkeit mitzuwirken, den Protest zu gestalten und die Frage „was tun?“ zu erörtern…“ Einladung von und bei „G20 entern!“ zur Aktionskonferenz am Samstag, 11.2. ab 12 Uhr an der Uni Hamburg, Von-Melle-Park 9, siehe auch den Flyer zur Aktionskonferenz
- G20: Hamburg ist bereit für die Meuterei gegen Trump. NGOs, Gewerkschaftsjugenden und die LINKE planen verschiedene Formen des Protests
„Pünktlich zur Ankündigung Donald Trumps, im Juli nach Hamburg zu kommen, nimmt der Protest zum G20-Gipfel in Hamburg Formen an: Zu der von der »NoG20«-Plattform in Hamburg geplanten Großdemonstration am 8. Juli sowie dem Alternativgipfel und Blockadeaktionen gesellt sich ein weiterer Aktionstag. Die Protestwoche startet vermutlich am 2. Juli mit einer Großaktion im Form eines Sternmarsches oder einer Menschenkette, die aus dem Spektrum von Campact, Greenpeace und den NaturFreunden organisiert wird. (…) Auf dem letzten NGO-Treffen Mitte Januar wurden die Wogen geglättet. Von Spaltung mag nun keiner mehr sprechen. Das liegt wohl daran, dass auch von einer zweiten Großdemonstration keine Rede mehr ist. Stattdessen sprechen die NaturFreunde von einer Menschenkette oder einem Sternmarsch und einer symbolträchtigen Großaktion »zu Lande – und zu Wasser«, geplant für den 2. Juli, im Vorfeld des Gipfels. Welche dieser Demonstrationsformen es wird, ist noch umstritten…“ Artikel von Elsa Koester vom 27.01.2017 beim ND online
- [Hamburg, 18.2.] Jugendrat gegen den G20-Gipfel soll gegründet werden
„… Wir sind ein Zusammenschluss aus sozialen, internationalistischen, gewerkschaftlichen und antifaschistischen, Jugendgruppen, Organisationen, Verbänden und Einzelpersonen, die im Juli 2017 gegen den G20-Gipfel in Hamburg auf die Straße gehen werden. Wir haben uns auf der Aktionskonferenz gegen den G20-Gipfel im Dezember zusammengefunden. Also kommt zum Gründungstreffen des Jugendrates gegen den G20-Gipfel! Lasst uns gemeinsam einen grenzenlos solidarischen Protest auf die Beine stellen!…“ Gründungseinladung von JugendGegenG20 vom 20. Januar 2017 bei Indymedia linksunten . Termin: 18. Februar 2017 um 14.30 Uhr. Ort: KNUST, Neuer Kamp 30, 20357 Hamburg
- Auf Gewalt angelegt: Zum G-20-Gipfel setzt Hamburgs Bürgermeister Scholz auf Eskalation. Das Bündnis gegen das Treffen debattiert über Protestformen
„Ein Sammelknast in einer früheren Großmarkthalle und eine Art Schnellgericht gleich nebenan – damit rüsten Hamburgs Behörden sich für den G-20-Gipfel am 7. und 8. Juli in der Hansestadt. Offenbar rechnet der »rot-grüne« Senat mit massiven Krawallen und Ingewahrsamnahmen in großer Zahl…“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 12.01.2017 . Aus dem Text:- „… Für Überraschung bei Gipfelgegnern und -befürwortern sorgte Hamburgs DGB-Landesvorsitzende Katja Karger mit einem Plädoyer für den Gipfel. »Mir ist es lieber, dass die alle miteinander reden, als dass sie sich beschießen«, sagte sie laut Hamburger Abendblatt vom Dienstag. Der DGB habe »die einmalige Chance, auf so einem Gipfel faire Arbeitsbedingungen zu thematisieren«. Das sieht van Aken anders: »Ich habe Verständnis dafür, dass der DGB den Gipfel nutzen möchte, um sich für Arbeitnehmerrechte einzusetzen, es ist aber blauäugig, von einer solchen Showveranstaltung hier substantielle Fortschritte zu erwarten.« (…) Für die meisten linken Gipfelgegner dürfte außer Frage stehen, dass Protest nur beim Gipfel selbst und nicht eine Woche vorher Sinn macht. Europa- und bundesweit wird bereits seit Monaten für das Wochenende vom 7. und 8. Juli mobilisiert, am 28. Januar auch in der Hauptstadt auf der »1. Berliner Anti-G-20-Vollversammlung«…„
- DGB: Gewerkschaftsbund begrüßt den G20-Gipfel in Hamburg. DGB will faire Arbeitsbedingungen thematisieren. Einzelne Gewerkschaften erwägen, an G20-kritischen Demos teilzunehmen.
„Das kommt durchaus überraschend: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt den G20-Gipfel im Juli in Hamburg. „Mir ist es lieber, dass die alle miteinander reden, als dass sie sich beschießen“, sagte die Hamburger DGB-Landesvorsitzende Katja Karger. (…) Während einzelne Gewerkschaften wie die GEW oder Ver.di darüber nachdenken, im Rahmen des Gipfels an G20-kritischen Veranstaltungen oder Demonstrationen teilzunehmen, komme das für den Dachverband DGB nicht in Frage: „Ich bin definitiv nicht gegen diese Veranstaltung„…“ Artikel von Andreas Dey vom 10.1.2017 beim hamburger Abendblatt online
- G20-Aktionskonferenz mit 600 Aktivist_innen: Aktionen gegen G20-Gipfel werden Festival des Widerstands
„Massenhafte Aktionen und Proteste werden den G20-Gipfel begleiten, der am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg stattfinden soll. Aus der Inszenierung der Macht, die Angela Merkel und Olaf Scholz in Hamburg veranstalten wollen, wird ein vielfältiges und ungehorsames Festival des Widerstandes. „Mit der Aktionskonferenz ist der Startschuss gefallen. Jetzt beginnt die Mobilisierung und die konkrete Vorbereitung, damit im Juli 2017 zehntausende Aktivist_innen aus ganz Europa nach Hamburg kommen und der Parade der Monster eine Parade des Widerstandes und der Solidarität entgegensetzen.“, sagte Emily Laquer, Pressesprecherin der interventionistischen Linken. (…) Von der erwarteten massiven Polizeipräsenz und den angekündigten Absperrungen wollen sich die Aktivist_innen nicht abhalten lassen. „Wir suchen nicht die Konfrontation mit der Polizei, aber wir werden uns auch nicht aufhalten lassen. Alle Menschen sind eingeladen und können teilnehmen, die ihr Nein zur kalten Welt des Neoliberalismus, ihr Nein zu den Kriegen der G20-Staaten, zum Klimawandel, der vom fossilen Kapitalismus verursacht wird, die stattdessen Ja sagen zu einer Welt der grenzenlosen Solidarität.“, so Laquer. Eine weitere, noch größere Aktionskonferenz ist für den März 2017 geplant…“ Pressemitteilung der interventionistischen Linken vom 4. Dezember 2016 (dokumentiert bei scharf links )
- Hochschulpräsidium unterliegt vor Gericht. G-20 Aktionskonferenz findet wie geplant statt
„Das Hamburger Amtsgericht hat die Kündigung der Räume für die G20-Aktionskonferenz aufgehoben. Damit wurde dem Antrag des AStA der HAW auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprochen. Die Aktionskonferenz, auf der die Proteste gegen den G20-Gipfel beraten werden sollen, findet damit wie geplant am 3. und 4. Dezember in den Räumlichkeiten der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften statt. Das Gericht stellte fest, dass der AStA keineswegs nur ein „Strohmann“ für andere Gruppen sei, sondern tatsächlich Veranstalterin der Konferenz. Dass andere Gruppen ebenfalls zu der Konferenz einladen, sei dem Hochschulpräsidium seit längerem bekannt gewesen. „Der eigentliche Strohmann ist der Hochschulpräsident, der mit seinem versuchten Konferenzverbot für die G20-Proteste, nicht die Interessen der Hochschule, sondern des Hamburger Senats und der Sicherheitsbehörden vertreten hat…“ Pressemitteilung des Protestbündnisses G20Hamburg vom Abend des 1. Dezember 2016
- Räume zur G20 Aktionskonferenz am 3. und 4. Dezember in Hamburg gekündigt – jetzt erst recht! Solidarisch gegen die Parade der Monster
„Eine „fristlose Kündigung“ erreichte den AStA am Dienstag in Hamburg, vier Tage bevor in den Räumen der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) die Aktionskonferenz gegen den G-20 Gipfel starten soll. Die Begründung ist derart an den Haaren herbeigezogen, dass der politische Charakter dieses Versuchs, Beratungen über Proteste und Aktionen gegen den G-20 Gipfel zu verhindern, offensichtlich ist. Der mitveranstaltende AStA der HAW sei nur ein „Strohmann“ für gefährliche linksradikale Gruppen, darunter die Interventionistische Linke. Da diese vom Inlandsgeheimdienst als „gewaltbereit“ bezeichnet werden, seien auch „Schäden“ an den Räumen der Hochschule nicht auszuschließen, schreibt Prof. Dr. Claus-Dieter Wacker, geschäftsführender Präsident der HAW allen Ernstes. Wir glauben keine Minute, dass sich das Hochschulpräsidium diese Kündigung allein ausgedacht hat. Es waren die Senatskanzlei des Möchtgern-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und die Hamburger Polizei, die hier den Stift geführt haben…“ Beitrag bei der IL vom 30. November 2016 . Siehe dazu auch: Politische Stellungnahme des Vorbereitungskreises der Aktionskonferenz gegen den G20-Gipfel am 3./4. Dezember in der HAW Hamburg
- Hamburg braucht Deeskalation statt „Hamburger Linie“
„Schon im Sommer 2016 hat der Innensenat der Stadt Hamburg begonnen, sich auf den OSZE-Gipfel Anfang Dezember 2016 und den G 20-Gipfel Anfang Juli 2017 vorzubereiten. Der Leitende Polizeidirektor Hartmut Dudde wurde zum Leiter des Vorbereitungsstabes und zum Polizeiführer der Einsätze ernannt. Damit hat der grün-rote Senat von vorneherein eine Entscheidung gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit getroffen…“ Beitrag beim Grundrechtekomitee vom 29. November 2016
- Aktionskonferenz Gegen den G20-Gipfel 2017 Hamburg 3./4. Dezember 2016
„Am 7. und 8. Juli 2017 soll in Hamburg der G20-Gipfel stattfinden. Dagegen entwickelt sich bereits jetzt ein vielfältiger Widerstand: Plattformen entstehen, Bündnisse bilden sich lokal und überregional, erste Aktionen werden durchgeführt… Um dies zusammenzuführen und gemeinsam zu beraten wie wir dem Ereignis eine passende Note geben, ist die Aktionskonferenz ein geeigneter Ort. Kommt zahlreich am 3./4. Dezember nach Hamburg und bringt Eure Ideen und Fragen mit, dann werden die Bilder, die im Juli 2017 um die Welt gehen, ganz andere sein, als sich die Gipfelstrategen dies wünschen…“ Einladung zur Aktionskonferenz von und bei G20Hamburg.org am 3./4. Dezember in Hamburg – inklusive Infos zu Programm und Anmeldung
- Eskalation schon eingeplant: Hamburg baut für G20-Gegner frühere Frauenhaftanstalt aus
„Hamburgs »rot-grüner« Senat baut vor. Weil die Behörden mit militanten Protesten beim G20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 rechnen, zu dem die Staatschefs der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer in die Hansestadt kommen, wird auf der Elbinsel Hahnöfersand ein neuer Knast gebaut, in dem festgenommene Gipfelgegner interniert werden können. Wie die taz am Mittwoch berichtete, entsteht das Gefängnis in den Mauern der ehemaligen Frauenhaftanstalt. Der Frauenvollzug wurde bereits zu Ostern nach Billwerder verlegt. Thomas Baehr, Sprecher der Justizbehörde, sagte dem Blatt, es könne sein, dass während des Gipfels so viele Menschen festgenommen und inhaftiert werden, dass kurzfristig die Haftkapazitäten nicht ausreichten. Auf der Elbinsel werde derzeit die Außensicherung der ehemaligen Frauenhaftanstalt provisorisch verstärkt. Der auf Resozialisierung ausgerichtete Frauenknast war eher sporadisch mit Zäunen gesichert gewesen. In Strafvollzugskreisen werde spekuliert, dass die Polizei Hahnöfersand als »Gefangenensammelstelle« nutzen könnte, um mittels des vorbeugenden Unterbindungsgewahrsam G-20-Gegner in großem Stil präventiv einzusperren…“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen welt vom 04.11.2016
- Siehe auch eine Link-Übersicht beim ND online
- Grundinfos: Info und Aufruf bei #NOG20_2017 – Infoportal zu den Protesten gegen G20-Gipfel 2017 in Hamburg vom 17. September 2016 und Block G20 sowie Gipfel für globale Solidarität! am 5. + 6. Juli und die internationale antikapitalistische Demo gegen G 20: Welcome to Hell am 6. Juli 2017 . Aktuelle Infos auf G20Hamburg.org (#nog20 ) und im G20-Gipfel 2017-Dossier auf Indymedia linksunten , Media Center Videostream dem Dossier vom ND und jw sowie die Website des Anwaltlichen Notdienstes (+49 (0)40 432 78 778) und die Meldungen vom Ermittlungsausschuss G20