“Seenotrettung” als Teil des Problems: Dass Menschen ihr Leben riskieren müssen
Beitrag von Christoph Marischka bei der Informationstelle Militarisierung vom 21. April 2015
„… Der Zehn-Punkte-Plan der Kommission, dem die EU-Innen- und Außenminister am Montag nach der Katastrophe grundsätzlich zustimmten, stellt entsprechend nichts anderes dar, als die erneute Instrumentalisierung der Flüchtlingskatastrophe für die Zwecke der Sicherheitspolitiker. Unter Punkt “1. Mehr Seenothilfe” sollen die Mittel für die Grenzüberwachungsprojekte “Triton” und “Poseidon” erhöht und das überwachte Gebiet ausgeweitet werden. Die Ermittlungsbehörden Europol und Eurojust sowie Frontex sollen gestärkt, Asylanträge an den Grenzen schneller bearbeitet und “illegale Einwanderer” schneller abgeschoben werden können. Demgegenüber befassen sich zwei Punkte eher vage mit neuen Mechanismen zur “Verteilung” anerkannter und zuvor geretteter Flüchtlinge. Zuletzt sollen die Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Staaten verbessert, Boote von Schleppern beschlagnahmt und zerstört und in wichtigen Drittstaaten “Verbindungsbeamte für Immigrationsfragen eingesetzt werden, die zum Beispiel Informationen zu Flüchtlingsbewegungen sammeln.”
Insbesondere die letzten Punkte verstärken genau die Gründe, warum es für viele lebensgefährlich ist und sein muss, nach Europa einzureisen. Die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitstaaten illegalisiert bereits die Ausreise und verstellt den Weg zu legalen Einreisepapieren. Verbindungsbeamte – eine besondere deutsche Spezialität – stellen nicht nur Verstöße gegen diese Zusammenarbeit fest, sondern unterrichten auch Grenzbeamte und das Personal von Transportunternehmen darin, keine Menschen ohne gültige Papiere durchzulassen oder mitzunehmen. Dabei handelt es sich im Zusammenspiel mit den sogennannten Carrier Sanctions – Sanktionen gegen Unternehmen, die Menschen ohne entsprechende Visa mitnehmen – um den effektivsten Weg der Illegalisierung. Die nun anvisierte Beschlagnahmung und Zerstörung von “Schleuser-Booten” stellt dabei nur eine Exterritorialisierung einer an Südeuropas Küsten längst gängigen Praxis dar, die diese Sanktionen auf die Spitze treibt – und wesentlich dazu beiträgt, Migrant_innen auf seeuntüchtige Boote ohne Besatzung zu zwingen…“ Siehe dazu: