Asyl-Verschärfungen 2019: „Geordnete-Rückkehr“ – und ungestörte Abschiebungen (das „Gute-Abschiebungs-Gesetz“)
Dossier
„Das Bundeskabinett hat am Mittwoch mehrere Asyl-Änderungen beschlossen, darunter die Speicherung von Fingerabdrücken von Kindern ab sechs Jahren. Seehofer bezeichnet das Gesetz als „Meilenstein“. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch Änderungen beim Austausch der Daten von Asylsuchenden beschlossen. Wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Anschluss in Berlin mitteilte, soll damit eine schnellere und zuverlässigere Erfassung der Daten möglich gemacht werden. Die Pläne sehen unter anderem vor, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge künftig schneller registriert werden. Zudem sollen künftig auch Fingerabdrücke von Kindern ab einem Alter von sechs Jahren gespeichert werden. Derzeit ist das erst ab 14 Jahren möglich. Änderungen sieht das Gesetz auch beim Austausch der Sicherheitsdaten vor. Zudem soll es für die Bundespolizei künftig möglich sein, Asylsuchende auch außerhalb der Zone von 30 Kilometern ab der deutschen Grenze erkennungsdienstlich zu behandeln. Um Fehler bei der Registrierung etwa durch unklare Namensschreibweisen auszuschließen, soll in den Dokumenten künftig auch immer die zugehörige Nummer aus dem Ausländerzentralregister aufgenommen werden…“ Meldung vom 31. Januar 2019 beim Migazin : „Kabinett beschließt Speicherung von Fingerabdrücken sechsjähriger Kinder“, siehe zum Hintergrund „Härtere Regeln für Geflüchtete: Innenministerium will Zahl der Abschiebungen erhöhen – auch nach Syrien?“ und hier dazu:
- Ein Jahr „neues“ AsylbLG: Verfassungswidrigkeit bestätigt
„Vor gut einem Jahr wurden Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingeschränkt. Ein Rückblick auf die Rechtsprechung bundesdeutscher Sozialgerichte zeigt: Es bestehen Zweifel an der Verfassungskonformität vieler Leistungskürzungen. Im Zuge des „Hau-Ab-Gesetzes“, offiziell unter dem Namen „Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ bekannt, sind vor gut einem Jahr umfassende Gesetzesverschärfungen in Kraft getreten, die unter anderem auch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) betreffen. Leistungen nach dem AsylbLG, ein Sondersozialhilfesystem, stehen bestimmten ausländischen Personengruppen, darunter Asylbewerber, geduldete und vollziehbar ausreisepflichtige Personen, zur Deckung ihres Lebensunterhalts zu. Die mit den Gesetzesänderungen („Drittes Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes“) einhergehenden Verschärfungen sind bereits vor Inkrafttreten von flüchtlingspolitischen Organisationen scharf kritisiert worden. Ein Jahr später bestätigt der Rückblick auf die Rechtsprechung diverser bundesdeutscher Sozialgerichte diese Einschätzung und stellt die Verfassungskonformität der „neuen“ Leistungskürzungen zunehmend infrage…“ Artikel von Lisa Pollmann vom 25.09.2020 beim Migazin (ab da im Abo) - Hau-ab-Gesetz ab (heute) in Kraft – Neuregelungen des »Migrationspakets« im Überblick
„Am 21. August tritt das umstrittene Hau-ab-Gesetz in Kraft, weitere Gesetze des sogenannten »Migrationspakets« gelten bereits oder kommen noch. Diese neue Rechtslage wird hier vorgestellt…“ Beitrag vom 20.08.2019 von und bei Pro Asyl , siehe dazu auch die Doku verschiedener Proteste gegen das »Hau-ab-Gesetz« in der jungen Welt vom 21.8.19
- Abschiebungen mit »Herz und Härte«. Bundesrat winkt das Migrationspaket samt Geordnete-Rückkehr-Gesetz ohne Vermittlungsausschuss durch
„Das Hau-ab-Gesetz hat die letzte parlamentarische Hürde genommen, Horst Seehofer kann einen weiteren politischen Erfolg verbuchen. Das Regelwerk, besser als das Geordnete-Rückkehr-Gesetz bekannt und unter Kritikern ätzend als Hau-ab-Gesetz bezeichnet, passierte am Freitagvormittag den Bundesrat, ohne wenigstens noch auf eine Strafrunde geschickt worden zu sein. Denn für eine Weiterberatung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat fand sich keine Mehrheit in der Länderkammer. Nicht einmal auf der formellen Feststellung, dass es sich hier um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handele, bestand das Parlament dank Union und SPD in den Landesregierungen, obwohl diese Frage für heftige Debatten gesorgt hatte, nachdem Bundesinnenminister Seehofer die Zustimmungspflicht des Bundesrates in Abrede gestellt hatte. Am Ende freilich hätte ein Zustimmungsgesetz nichts am Ergebnis geändert. Angesichts der Mehrheiten wäre wohl auch die dann nötige Abstimmung zugunsten des Gesetzes ausgegangen. Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz war eines von insgesamt sieben, die als Migrationspaket zur Abstimmung standen. Der Bundesrat billigte auch die übrigen sechs, so etwa das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Asylbewerberleistungsgesetz oder das Ausländerausbildungsförderungsgesetz. Insgesamt versuchten die Befürworter unter den Ländervertretern, das Bild eines akzeptablen Gesetzeswerks mit kleineren Einschränkungen zu zeichnen…“ Beitrag von Uwe Kalbe vom 29.06.2019 beim ND online
- Der 7. Juni 2019 – ein rabenschwarzer Tag für die Menschenrechte in diesem Land
„Trotz geballter Proteste der Zivilgesellschaft, von Verbänden und Opposition und erheblicher verfassungs- und unionsrechtlicher Bedenken, hat der Bundestag am 7. Juni 2019 in einem unwürdigen Schnell-Verfahren mit Mehrheit insgesamt sieben Gesetzesentwürfe aus den Bereichen Asyl- und Aufenthaltsrecht beschlossen. Darunter auch das »Hau-Ab-Gesetz«, in der verniedlichenden offiziellen Regierungssprache »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« genannt. Die SPD hat mit 130 Stimmen dafür gestimmt, nur acht SozialdemokratInnen haben diesem Entrechtungs-Gesetz am Ende ihre Zustimmung verweigert. Die Gesetze sehen weitreichende Einschnitte in die Grund- und Menschenrechte von Geflüchteten und Migranten vor, so werden etwa die Voraussetzungen für Freiheitsentzug im Rahmen einer Abschiebung erheblich abgesenkt, das Trennungsgebot zwischen Straf- und Abschiebungsgefangenen aufgehoben und die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums für eine Gruppe von Geflüchteten in Frage gestellt. Auch Kinder werden von diesen Verschärfungen betroffen sein. Die Änderungen schließen an eine Serie von restriktiven Rechtsänderungen aus den letzten Jahren an.
Im Kern beinhalten die Gesetzesänderungen: Ausbau des Lagerregimes und Duldung light, massive Erweiterung von Haftgründen, Leistungseinschränkungen, Leistungsstreichung, vollständige Leistungsausschlüsse für in anderen EU-Staaten anerkannte international Schutzberechtigte, Ausweitung der Sanktionstatbestände im AsylbLG auf zahllose Fälle, Arbeitsverbote, Ausbildungsbeschränkungen, Erklärung von Abschiebungsterminen zum „Dienstgeheimnis“, Verhinderung von Integration. Mit diesen Rechtsänderungen werden Grund- und Menschrechte mit Füßen getreten. Diese geplanten Änderungen verstoßen vielfältig gegen deutsches und internationales Recht. Besonders erbärmlich ist die fast vollständige Zustimmung der SPD zu diesem Gesetzespaket…“ Aus dem Thomé Newsletter 23/2019 vom 16.06.2019
- Bundesrat: Widerstand gegen das Geordnete-Rückkehr-Gesetz
„Der Rechtsausschuss der Länderkammer will das umstrittene Seehofer-Gesetz in den Vermittlungsausschuss überweisen – obwohl zehn der 16 Landesjustizministerien von der Union geführt werden. (…) Grund für den Widerstand dort ist ein Passus, der seit Monaten heftig diskutiert wird: Geht es nach dem im Bundestag vergangenen Freitag mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedeten Gesetz, sollen künftig Abschiebehäftlinge auch in normalen Justizvollzugsanstalten inhaftiert werden. Dies verstoße nach Ansicht vieler Experten gegen Europarecht. Dieses sehe separate Abschiebegefängnisse vor, da Abschiebekandidaten nicht wegen einer Straftat inhaftiert sind. (…) Ob sich dafür im Plenum des Bundesrates eine Mehrheit findet, ist allerdings offen, da dort große Länder mehr Stimmen haben als kleine…“ Artikel von Bernd Kastner und Ronen Steinke vom 13. Juni 2019 in der Süddeutschen Zeitung online
- Bundestag beschließt Verschärfung des Abschieberechts / Rückkehrgesetz soll in Vermittlungsausschuss
„Mit dem Bundestagsbeschluss können abgelehnte Asylbewerber leichter abgeschoben werden. Abgestimmt wird auch über ein Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung. Der Bundestag hat mit einer Reihe von Gesetzesänderungen das Asyl- und Aufenthaltsrecht verschärft. In namentlicher Abstimmung beschloss das Parlament ein Gesetz zur „besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“. 372 Abgeordnete stimmten dafür, 159 dagegen, 111 enthielten sich…“ Agenturmeldung vom 7. Juni 2019 bei der Zeit online , siehe aber auch:- Rückkehrgesetz soll in Vermittlungsausschuss
„Zum „Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“, dem sogenannten „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, erklären die Justizsenatoren Dr. Till Steffens (Hamburg) und Dr. Dirk Behrendt (Berlin) sowie der Justizminister Dieter Lauinger (Thüringen): „Zukünftig können sogar ausreisepflichtige Familien mit Kindern mit Straftätern in derselben Justizvollzugsanstalt untergebracht werden. Die Unterbringung von Abschiebungs- und Strafgefangenen in derselben Justizvollzugsanstalt bedeutet, sich vom Trennungsgebot zu verabschieden. Sie belastet den Justizvollzug unvertretbar und verstößt gegen europäisches Recht. Die die Abschiebungshaft begründende `Fluchtgefahr´ wird durch das Gesetz übermäßig ausgedehnt. So kann zukünftig schon eine Fluchtgefahr angenommen werden, wenn erhebliche Geldbeträge zur Einreise gezahlt wurden. Dies verkennt, dass Bezahlung für Flüchtlinge oft der einzige Weg ist, Verfolgung im Heimatland zu entkommen. Auch für Personen, die sich hier legal aufhalten, hält das Gesetz abzulehnende Verschärfungen bereit. Personen mit ungeklärter Identität werden durch das Gesetz zu Geduldeten ´zweiter Klasse´ degradiert. Sie dürfen nicht mehr arbeiten oder zur Schule gehen und sind von Integrationsangeboten ausgeschlossen. Davon sind auch Personen betroffen, die gar keinen Identitätsnachweis beschaffen können, weil sie beispielsweise nie eine Geburtsurkunde besessen haben. Das im Rechtsausschuss des Bundesrates verabschiedete sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz begegnet somit in vielerlei Hinsicht verfassungs-, europarechtlichen und völkerrechtlichen Bedenken. Aus rechtspolitischer Sicht ist es abzulehnen. Deshalb werden wir im Rechtsausschuss des Bundesrats die Überweisung in den Vermittlungsausschuss beantragen, um das Gesetz grundlegend zu überarbeiten.“ Pressemitteilung vom 07.06.2019 der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung bei Berlin.de
- Rückkehrgesetz soll in Vermittlungsausschuss
- Anhörungen verkommen zur Farce – PRO ASYL prangert in letzter Minute eingefügte Verschärfungen an
„Noch während der gestern im Bundestag laufenden Anhörungen haben Union und SPD offenbar daran gearbeitet, die »Hau-ab-Schraube« weiter anzuziehen. Kurz vor der Abstimmung im Bundestag werden dem Hau-ab-Gesetz, bekannt als »Geordnetes-Rückkehr-Gesetz«, jetzt noch weitere bislang umstrittene Verschärfungen, wie die längere Aufenthaltsdauer in AnkER-Zentren und die Ausweitung des Ausreisegewahrsams, hinzugefügt. Die Isolierung von Geflüchteten in AnkER-Zentren und anderen Aufnahmeeinrichtungen soll bundesweit von sechs auf 18 Monate erhöht werden. Dazu sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL: »Die weitere Verschärfung des Hau-ab-Gesetzes ist ein Skandal. Mit der Verlängerung der Unterbringung in AnkER-Zentren auf bis zu anderthalb Jahre werden die betroffenen Menschen bewusst isoliert, dies ist integrationspolitisch eine Katastrophe.« Bereits jetzt sieht man, dass in AnkER-Zentren untergebrachte Personen kaum Unterstützung bekommen können, insbesondere der Zugang zu rechtlichem Beistand ist aufgrund der Abgelegenheit der meisten AnkER-Zentren stark erschwert – damit besteht auch die Gefahr, dass die Zahl der zu Unrecht im Asylverfahren Abgelehnten ansteigen wird. Die gesellschaftliche Isolierung wird zudem mit einem Arbeitsverbot von bis zu neun Monaten und einer Verweigerung von normalen Sozialleistungen während der 18 Monate untermauert. Besonders brisant: Die Änderungsvorschläge setzen noch nicht einmal die im Koalitionsvertrag versprochene unabhängige Asylverfahrensberatung konsequent um. Stattdessen wird festgeschrieben, dass das BAMF – die staatliche Behörde also, die selbst an dem Verfahren beteiligt ist – »unabhängig« beraten soll, wie es bereits in den bisherigen AnkER-Zentren eingeführt wurde. Tatsächlich unabhängige Akteure wie die Wohlfahrtsverbände dürfen nur in einem zweiten Schritt eine individuelle Beratung anbieten, es ist aber fraglich wie das in der Praxis aussehen wird. Hinzu kommt, dass bereits vor Antragstellung und damit vor jeglicher Prüfung etwaiger Erfolgsaussichten, der Betroffene gleichzeitig vom BAMF zur Rückkehr beraten werden soll. Extrem problematisch ist außerdem die neue Möglichkeit, ausreisepflichtige Personen schon 30 Tage nach Ablauf ihrer Ausreisefrist ins Ausreisegewahrsam zu nehmen – unabhängig davon, ob sie Anzeichen dafür zeigen, untertauchen zu wollen…“ Pressemitteilung vom 4.6.2019 von und bei Pro Asyl
- [RAV] Keine Geordnete-Rechtlosigkeit! Weiterer Angriff auf den Rechtsstaat in Vorbereitung / Marathonanhörung im Bundestag am 3. Juni
„Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz, das morgen im Innenausschuss des Bundestages verhandelt werden soll, ist ein fundamentaler Angriff auf den Rechtsstaat. Das Gesetz sieht systematische Inhaftierungen und existenzielle Einschnitte bei den Sozialleistungen und der Integration von Geflüchteten vor. Rechtsanwältin Berenice Böhlo vom Vorstand des RAV sagt: »Dieses Gesetz stellt unsere Mandant*innen rechtlos. Es wird zu massenhaft rechtswidrigen Inhaftierungen und Abschiebungen kommen, ohne dass die Betroffenen einen Anwalt oder eine Anwältin einschalten können. Wir werden für unsere Mandantinnen vor den Sozialgerichten wieder um jede Windel kämpfen müssen«. Die Regierungsparteien behaupten, das Gesetz sei eine Reaktion auf ein angebliches Defizit im Vollzug von Abschiebungen. Tatsächlich ist das Gesetz die Reaktion auf die Angriffe von rechts und zeigt, wie die Entrechtung von Flüchtlingen nicht nur ein Thema von Rechtsaußen ist, sondern von CDU und SPD zentral vorangetrieben wird. Ein dauerhafter Aufenthalt von bis zu 18 Monaten in Anker-Einrichtungen verhindert systematisch und gezielt den Zugang zum Recht. Das Asylrecht ist, wie es das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, in besonderer Weise ein verfahrensabhängiges Recht. Verfahrensrecht hat Verfassungsrang. Alle bisherigen anwaltlichen Erfahrungen mit Anker-Zentren zeigen, dass gerade dort das Verfahrensrecht systematisch verletzt wird. (…) Nach wie vor ist ein Großteil der Gesellschaft in der Unterstützung mit Geflüchteten aktiv. Das Gesetz ist eine schallende Ohrfeige für alle hier aktiven Bürger*innen. Die neue ›Härte‹ von der der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor so begeistert spricht, basiert auf struktureller Entrechtung und ist eine Katastrophe, die die Gesellschaft an sich betrifft…“ RAV-Pressemitteilung Nr. 3 vom 2. Juni 2019
- Marathonanhörung im Bundestag am 3. Juni
„Am Montag (3. Juni) finden im Bundestag gleich fünf Anhörungen in zwei Ausschüssen zu – größtenteils – Verschärfungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht statt. Es steht zu befürchten, dass diese Gesetze im Eiltempo durch den Bundestag gebracht werden. (…) Das FORUM MENSCHENRECHTE, ein Netzwerk deutscher Nichtregierungsorganisationen, zeigt in einer Übersicht über die aktuellen Gesetzgebungsverfahren, dass die geplanten Regelungen in ihrer Gesamtwirkung die Situation von Asylsuchenden, geduldeten Menschen und anerkannten Flüchtlingen in Deutschland stark verschlechtern würden. Die Vorschläge erschweren einer Vielzahl an Menschen Bleiberechte und bauen systematisch die Rechte geflüchteter Menschen ab. (…) 22 Anwalts- und Richtervereinigungen, Kinderrechts-, Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen, darunter PRO ASYL, haben sich deswegen in einem offenen Brief an die Abgeordneten des Bundestags gewendet. Sie protestieren insbesondere gegen das Zweite Hau-ab-Gesetz und fordern den Bundestag dazu auf, gegen das Gesetz zu stimmen. Auch die Menschenrechtskommissarin des Europarates Dunja Mijatović hat jüngst schwere Kritik an dem Gesetz geübt, vor allem an der Bedrohung der Zivilgesellschaft durch die Einstufung des Ablaufs einer Abschiebung als »Dienstgeheimnis«. PRO ASYL hat die Stellungnahme zum Zweiten Hau-ab-Gesetz aktualisiert und zur Sachverständigenanhörung eingereicht. (…) Wie problematisch diese Regelung ist, hat die Menschenrechtskommissarin des Europarates Dunja Mijatović in einem offenen Brief an die Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestags dargelegt: laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte haben zivilgesellschaftliche Organisationen eine wichtige Rolle in einer demokratischen Gesellschaft inne, indem sie Regierung und Behörden zum menschenrechtskonformen Handeln auffordern und in ihren Rechten verletzten Individuen helfen. Hierfür müssen Organisationen über relevante Themen berichten und die Behörden zur Transparenz auffordern können. Deswegen dürfen auch Gesetze zu Staatsgeheimnissen nicht implizit zu einer Zensur führen. Durch die Möglichkeit zivilgesellschaftliche Organisationen wegen Anstiftung oder Beihilfe anzuklagen, könnte die Meinungsfreiheit verletzt werden. Die Menschenrechtskommissarin ruft deswegen das Parlament dazu auf, von solchen Maßnahmen Abstand zu nehmen.“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 31. Mai 2019 – Im gewissen Sinne stellt die strafrechtlich orientierte Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Organisationen und Personen auch eine Chance für Widerstand dar. Verpflichtet doch Art. 1 Abs. 1 GG den Gesetzgeber bindend auch bei Flüchtlingen die Menschwürde „zu achten und zu schützen“. Gleichzeitig erlaubt (fordert) Art. 1 Abs.2 GG ein Bekenntnis und Handeln aller Deutschen „zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte“. Was der Gesetzgeber nicht beachtet, darf in sofern, sogar verfassungsrechtlich garantiert, jeder Deutscher für sich in Anspruch nehmen: Sich aktiv gegen jede Abkehr des Gesetzgebers von der sog. „Ewigkeitsgarantie“ von Art. 1 GG zu stellen!
- Asylverschärfung: 22 Organisationen warnen in einem offenen Brief
„Verfassungsrechtlich höchst bedenklich und menschenunwürdig“: Die Regierung will strengere Abschieberegeln durchsetzen. Nun wollen mehrere Organisationen verhindern, dass das Gesetz im Bundestag verabschiedet wird. Das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ von Innenminister Horst Seehofer (CSU) ist umstritten und soll in Kürze dennoch den Bundestag passieren. Dagegen stellt sich nun ein Bündnis von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Mit einem offenen Brief will es die geplanten Verschärfungen im Abschieberecht verhindern. In dem Schreiben fordern sie die Abgeordneten des Bundestags auf, das Gesetz nicht zu verabschieden. Auch ein Migrationsexperte der mitregierenden SPD kritisierte die Pläne des Innenministeriums scharf. (…) Organisationen wie die Diakonie, Amnesty International, Pro Asyl und das Deutsche Kinderhilfswerk lehnen dies ausdrücklich ab. „Sollte dieses Gesetz in Kraft treten, werden Zehntausende in Deutschland permanent in Angst vor Haft und vor Abschiebung in einem Zustand der Perspektivlosigkeit leben“, heißt es in dem Brief. Darüber hinaus äußern die Unterzeichner auch rechtliche Bedenken: Abschiebehaft sei keine Strafhaft und dürfe deshalb nur in getrennten Einrichtungen erfolgen…“ Agenturmeldung vom 30.05.2019 beim Spiegel online – siehe den offenen Brief und die PM dazu bei Pro Asyl
- Drakonisches Gesetzespaket treibt Entrechtung von Schutzsuchenden voran
„Das »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« ist ein Ausgrenzungs- und Entrechtungsgesetz. Die Prognose: Zehntausende werden in Deutschland permanent in Angst vor Haft und vor Abschiebung in menschenunwürdige Zustände leben. Heute findet die erste Lesung des »Geordnete-Rückkehr-Gesetzes« im Bundestag statt. Bereits Anfang Juni sollen die miteinander verflochtenen Gesetzesvorhaben im Bereich Flucht und Migration vom Bundestag verabschiedet werden. Ein Durchpeitschen dieser drakonischen Gesetze wird fatale Folgen für die betroffenen Schutzsuchenden und für die Zivilgesellschaft haben. Mit dem »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« wird die Sozialpolitik instrumentalisiert, um Flüchtlinge aus Deutschland hinauszuekeln. Das Hau-ab-Gesetz setzt durch den Entzug von Sozialleistungen auf die Verdrängung in andere EU-Staaten, obwohl Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht Abschiebungen in Länder wie Italien, Bulgarien und Griechenland gestoppt haben , weil dort für Asylsuchende und Flüchtlinge elende Zustände herrschen. In Griechenland beispielsweise werden aktuell Anerkannte aus ihren Wohnungen getrieben ; fliehen sie nach Deutschland, werden sie durch die im Gesetz vorgesehenen Verschärfungen unter das Existenzminimum gedrückt. Das ist verfassungswidrig . (…) Schwerwiegende Bedenken äußert auch das FORUM MENSCHENRECHTE in einer Übersicht zu den negativen Folgen und Wechselwirkungen der aktuellen Gesetzgebungsverfahren.“ Pro Asyl am 16.05.2019
- Das Hau-ab-Gesetz
„Humanitäre Organisationen, Kirchen und Wohlfahrtsverbände laufen Sturm gegen von der Bundesregierung neuerlich geplante drastische Verschärfungen des Ausländerrechts. Erst in der vergangenen Woche forderte das renommierte Flüchtlingshilfswerk Pro Asyl die Abgeordneten der sozialdemokratischen Regierungsfraktion in einem Offenen Brief auf, den Novellierungen nicht zuzustimmen. Im Zentrum der Kritik steht das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz. Es sieht unter anderem vor, zur Abschiebung ausgeschriebene Migranten bis zum Jahr 2022 in regulären Haftanstalten zu internieren – obwohl der Europäische Gerichtshof dies explizit untersagt hat. Auch sollen Personen, die in anderen EU-Staaten als schutzbedürftig anerkannt wurden, entgegen der geltenden Rechtsprechung nur noch kurzzeitig Leistungen erhalten – unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Bundespolizisten bei der zwangsweisen „Rückführung“ von Asylbewerbern Folterpraktiken angewandt haben…“ Eigener Bericht vom 14.05.2019 von und bei german-foreign-policy
- Menschenrechtler kritisieren Gesetzesvorhaben im Asylrecht
„Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen haben mehrere neue Gesetzesvorhaben der Bundesregierung im Asylrecht kritisiert. „Zurzeit liegen eine ganze Reihe von Gesetzentwürfen im Bereich des Asyl-, Aufenthalts- und Sozialrechts vor, die parallel und in extrem kurzer Zeit im Bundestag verhandelt werden sollen“, kritisierte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, am Donnerstag in Berlin. Dazu gehörten neben dem am Donnerstag im Parlament diskutierten Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch das geplante „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ sowie das Beschäftigungsduldungsgesetz. Bis zur parlamentarischen Sommerpause sollen den Angaben zufolge insgesamt 14 Gesetze in dem Bereich vom Bundestag verabschiedet werden. Die Gesamtwirkungen der ineinander verschachtelten Gesetzesvorhaben führten „zu einer maßlosen Ausweitung der Inhaftierungsgründe und zur Unterbringung in regulären Strafgefängnissen – entgegen den klaren Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs“, kritisierte Kerstin Becker, Referentin für Flüchtlingspolitik im Paritätischen Gesamtverband. Becker warnte insbesondere vor den Auswirkungen des „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“, das in der kommenden Woche im Bundestag behandelt werden soll. Die damit verbundenen Sanktionen griffen in eklatanter Weise in die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen. So verstießen die geplanten Streichungen von Asylbewerberleistungen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Die Ausweitung der Abschiebehaft verletze das Grundrecht auf Freiheit der Person und lasse „die Abschiebehaft quasi zum Normalfall werden“, sagte Becker. (…) Mit dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ werde zudem eine „Duldung light“ geschaffen, die ein pauschales Arbeitsverbot für die Betroffenen zur Folge habe und denen „so der Weg in ein Bleiberecht versperrt bleibt“, argumentierte Martina Maurer vom Berliner Flüchtlingsrat. Alle Flüchtlingsräte der 16 Bundesländer sowie Pro Asyl haben dazu einen offenen Brief an die SPD-Bundestagsabgeordneten geschrieben, in dem sie die Parlamentarier auffordern, das Gesetzesvorhaben abzulehnen…“ Beitrag vom 10. Mai 2019 von und bei MiGAZIN
- [DGB] Migrationspolitik und Asylpolitik: Neue Gesetze bringen Arbeitsverbote statt Integration in Arbeit und Ausbildung
„Neben dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ von Bundesinnenminister Horst Seehofer plant die Bundesregierung aktuell neun weitere Gesetze in der Migrations- und der Asylpolitik. Eine Analyse des DGB zeigt: So, wie diese zehn einzelnen Gesetze mit ihren Maßnahmen zusammenwirken, würden sie die Integration in Deutschland deutlich erschweren – vor allem die Integration in den Arbeitsmarkt. „Im Ergebnis würden damit weniger Geflüchtete in gute Arbeit integriert werden können. Im letzten Jahr hatte die Bundesregierung noch das Gegenteil versprochen“, kritisiert DGB-Vorstand Annelie Buntenbach. „Das Ergebnis veranlasst den DGB zu großer Besorgnis“, heißt es in einer Zusammenfassung der Analyse mit dem Titel „Arbeitsverbote statt Integration in Arbeit und Ausbildung“. „Gerade in den für den DGB besonders entscheidenden Themenfeldern Zugang zum und gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt, Rechtssicherheit für Betroffene und Unternehmen, Zugang zu Ausbildung, Ausbildungsförderung, Vermeidung von Ausbeutbarkeit und soziale Sicherheit sieht der DGB in den Gesetzesinitiativen der Bundesregierung kaum Potenzial für eine Verbesserung der bisherigen Situation – vielmehr führen die Vorschläge der Bundesregierung überwiegend zu teilweise drastischen Verschlechterungen. (…) Was die Gesetzesinitiativen nun enthalten, lässt sich aber kaum noch Beschäftigungsduldung nennen. Die Hürden werden so hoch gesteckt, dass sie nur von einer geringen Anzahl von Personen erfüllt werden können. Das halten wir für falsch. Es wäre ein Verlust für die Gesellschaft und ausgesprochen kurzsichtig in Zeiten des Fachkräftebedarfs.“ Und auch beim Thema Ausbildung würde sich die Situation verschlechtern und Integration erschwert: „Die Ausbildungsduldung war gemeinsam von Kirchen, Arbeitgebern und Gewerkschaften mühsam errungen worden. Ziel war, jungen Geflüchteten den Weg in Ausbildung und Arbeit zu eröffnen und gleichzeitig den Betrieben die dafür nötige Sicherheit zu bieten“, so Buntenbach. „Mit den vorliegenden Gesetzentwürfen wird die 3+2-Regelung praktisch untertunnelt. Zu befürchten ist, dass mit der neuen Sub-Duldung, also einer Duldung noch unterhalb des bisherigen Status, und anderen Einschränkungen, am Ende jeder Spurwechsel zur Sackgasse wird.“ DGB-Stellungnahme vom 26. April 2019 mit Link zur detaillierten DGB-Analyse zu den aktuellen Gesetzesvorschlägen der Bundesregierung zu Migration und Asyl
- Kabinett beschließt massive Verschlechterungen für Geflüchtete – erste Kommentare
„In der Kabinettssitzung am 17. April 2019 hat die Bundesregierung mit gleich zwei Gesetzen die Entrechtung von geflüchteten Menschen vorangetrieben – mit dem Geordnete-Rückkehr-Gesetz und einer Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes. (…)Auch das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, dem ebenfalls am 17. April 2019 zugestimmt wurde, ist sehr problematisch. Auf Kosten asylsuchender Menschen wird in dem Gesetz ein Nullsummenspiel betrieben, um auf keinen Fall mehr Geld auszugeben – obwohl die Mehrausgaben verfassungsrechtlich vorgeschrieben sind! Im Folgenden werden die Regelungen und Auswirkungen der zwei Gesetze detaillierter beschrieben…“ Pro-Asyl-Meldung vom 17.04.2019 , siehe dazu:- Das steht im Abschiebe-Gesetz: Leichtere Inhaftierung, geheime Abschiebetermine, weniger Sozialhilfe
„Das neue „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ beschneidet die Rechte von Asylbewerbern: Abschiebetermine werden zu Dienstgeheimnissen, Ausreisepflichtige werden in regulären Gefängnissen inhaftiert. Was das Gesetz außerdem vorsieht fasst MiGAZIN zusammen…“ Überblick von Corinna Buschow vom 18. April 2019 beim Migazin - „Kräftige Dinge“. Bundeskabinett bringt Gesetz für Verschärfungen bei Abschiebungen auf den Weg
„Das Bundeskabinett hat dem sogenannten Geordnete-Rückkehr-Gesetz von Innenminister Seehofer grünes Licht gegeben. Über die Verschärfungen bei Abschiebungen muss im Bundestag entschieden werden. Dort deuten sich bereits jetzt Diskussionen an…“ Beitrag vom 18. April 2019 beim Migazin - DGB: „Geordnete Rückkehr-Gesetz“ widerspricht Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit
„Am heutigen Mittwoch hat das Kabinett den Entwurf des Bundesinnenministeriums zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, das so genannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, beschlossen. Auch wenn dieser Gesetzentwurf gegenüber der ersten Fassung des Bundesinnenministeriums (BMI) bereits in einigen Passagen entschärft worden ist, würde seine Umsetzung fatale Folgen haben. Dazu sagt Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied: „Es wäre das Beste, wenn der Gesetzentwurf noch vor dem Eintritt ins weitere parlamentarischer Verfahren seine geordnete Rückkehr in die Heimat, das BMI, antreten würde. Er nimmt in Kauf, unter den Geduldeten eine Gruppe von Entrechteten zu schaffen. Statt ihnen die Möglichkeit zu geben, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, werden sie vom Arbeitsmarkt abgeschnitten oder sollen im Gefängnis auf ihre Abschiebung warten. Einziger Grund dafür ist, dass Innenminister Seehofer Härte demonstrieren und die Ausreisepflicht in Zukunft verschärft über Abschiebungen durchsetzen will, obwohl diese im Zweifelsfall aber genau wie heute gar nicht stattfinden kann: weil Afghanistan zu unsicher ist, weil der EU-Staat, in dem der Geflüchtete seinen Asylerstantrag gestellt hat, ihn nicht zurücknimmt, oder weil gesundheitliche Hindernisse oder familiäre Bindungen der Ausreise im Weg stehen…“ DGB-PM vom 17.04.2019
- Das steht im Abschiebe-Gesetz: Leichtere Inhaftierung, geheime Abschiebetermine, weniger Sozialhilfe
- Unsicherheit, Entrechtung, Haft – PRO ASYL warnt vor Wirkung des »Geordnete-Rückkehr-Gesetzes«
„PRO ASYL appelliert an die Bundesregierung, das ins Kabinett eingebrachte »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« nicht im Hau-Ruckverfahren durchzupeitschen. »Es gibt keine Rechtfertigung für derart weitreichende Eingriffe«, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. »Das Gesetz zielt auf Entrechtung, mehr Haft und einem Verdrängen aus Deutschland durch Entzug von Sozialleistungen!« Das Gesetz baut somit systematisch die Rechte geflüchteter Menschen ab. Es schadet der Integration durch jahrelange Unsicherheit aufgrund der Verlängerung der Frist für Widerrufsverfahren auf fünf Jahre. Mit der Einführung einer neuen Duldungsart, einer »Duldung light«, werden die betroffenen Menschen stigmatisiert und der Weg in ein Bleiberecht stark erschwert. Außerdem wird das Gesetz zur Verunsicherung der Zivilgesellschaft aufgrund der weiterhin bestehenden Gefahr der Kriminalisierung führen. Denn in der Flüchtlingsarbeit Tätige könnten durch die Weitergabe von bestimmten Informationen im Rahmen einer Beratung der »Beihilfe zum Geheimnisverrat« bezichtigt werden. Zu Kernpunkten der Kritik im Einzelnen…“ Pressemitteilung vom 17.04.2019 , siehe auch die vollständige Stellungnahme von PRO ASYL zum »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« im Rahmen der Verbändeanhörung
- Es ist ein „Menschen-ohne-Rechte-Gesetz“
„Das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ ist ein Tiefpunkt für unseren Rechtsstaat. Der Gesetzesentwurf entrechtet Betroffene quasi komplett. Begründet wird es mit dem Bild der Notlage, die es nicht gibt. Am Mittwoch berät das Kabinett das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Dieser Gesetzentwurf wird in der aktuellen Form ein Katalog an Inhumanität und Entrechtung. Er enthält unverhältnismäßige gesetzliche Verschärfungen, die gegen unsere Grundrechte und gegen Europarecht verstoßen. Die Verfassungskonformität weiter Teile dieses Gesetzentwurfs ist fraglich. Es scheint fast so, als wolle Bundesinnenminister Seehofer auf Biegen und Brechen austesten, wie weit er den Rechtsstaat beugen kann und ignoriert dabei selbst das Nein der CDU-, SPD und Grünen-Landesjustizminister. Das ist ein Tiefpunkt für unseren Rechtsstaat…“ Gastbeitrag von Filiz Polat vom 17.4.2019 beim Migazin – Filiz Polat ist seit 2017 migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen
- Herausekeln als Staatsräson. Bis zuletzt reißt die Kritik an Seehofers Asylverschärfungsplänen nicht ab
„… Selbst die Landesjustizminister hatten Bedenken deutlich gemacht. Die enthaltenen Abschiebehaftpläne von Minister Horst Seehofer lehnten sie in einem Beschluss ab. Die Justizminister der SPD-geführten Bundesländer schrieben zudem an Seehofer einen Brief, in dem sie den Gesetzentwurf »insgesamt undifferenziert … und in weiten Teilen verfassungsrechtlich und rechtspolitisch bedenklich« nennen. Zuvor hatten sich auch die Innenminister der sogenannten A-Länder in einem Schreiben an Seehofer ablehnend geäußert. Doch es sind mehrere Gesetzentwürfe, die zur Debatte stehen und die Minister Seehofer in den Verhandlungen mit dem SPD-Koalitionspartner offenbar im Sinne eines Junktims miteinander verknüpft. Der SPD liegt besonders am geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Die SPD-Minister Hubertus Heil (Arbeit, Soziales) und Katarina Barley (Justiz), scheinen sich dafür Seehofer in mehreren Punkten gebeugt zu haben, was ihnen nun aus den eigenen Reihen übel genommen wird. Derzeit seien es mehr als zehn Gesetzgebungsverfahren im Asyl- und Migrationsrecht, die von den Ministerien der Bundesregierung diskutiert werden – und scheinbar werde dabei alles in einen Topf geworfen, argwöhnt Pro Asyl…“ Artikel von Uwe Kalbe vom 16.04.2019 beim ND online
- Petition: Kein „Geordnetes-Rückkehr-Gesetz“ sondern Seehofers Rücktritt!
„… Die repressive und autoritäre Politik im Inneren Europas, wie Seehofer sie praktiziert, geht einher mit dem massiven, teilweise militärischen Ausbau der Außengrenzen Europas gegen Flüchtende. Wie bereits jetzt Zivilen Seenotretter*innen 20 Jahre Haft droht, weil sie andere Menschen vor dem ertrinken gerettet haben, soll auch hier in Deutschland, Solidarität mit geflüchteten Menschen mit der Verhängung von Haftstrafen, verhindert werden. Dieses Gesetzespaket ist inhuman und unerträglich und ich werde mich dafür stark machen, dass es nicht durchkommt. Diesen Samstag, am 30.03 gehen wir gemeinsam auf die Straßen in Berlin: Für Sichere Hafen und solidarische Städte: #SeehoferWegbassen“ Petition von Liza von der SEEBRÜCKE bei change.org
- „Giftliste“: Neues Gesetz setzt Ausweisungsschutz auf Minimum
„Deutschland soll Abschiebungen nach dem Willen Seehofers künftig notfalls mit mehr Härte durchsetzen. In der Bundesregierung wird über einen Entwurf aus seinem Haus diskutiert, der erleichterte Inhaftierung und andere Sanktionen vorsieht. (…) Bei geschätzten vier von fünf Geduldeten sei die Abschiebung an fehlenden Reisepapieren gescheitert. Künftig sollen daher jene, die selbst Schuld daran sind, dass sie nicht ausgewiesen werden können, schlechtergestellt werden gegenüber jenen, die wegen Krankheit, einer Ausbildung minderjähriger Kinder oder anderen humanitären Gründen nicht abgeschoben würden. (…) Geschaffen werden soll dafür eine gesonderte Rechtsstellung für Menschen mit Ausreiseaufforderung. Dieser neue Status wirkt sich unter anderem auch negativ auf staatliche Leistungen aus. (…) Gescheitert seien viele Abschiebungen aus dem Grund, dass die betreffenden Personen nicht anwesend gewesen seien. Daher sollen die Voraussetzungen für die Sicherungshaft insofern abgesenkt werden, als dafür der Ablauf der Ausreisefrist hinreichend ist. Eine weitere Fluchtgefahr soll dafür nicht mehr erforderlich sein. (…) Für Straftäter soll der Ausweisungsschutz auf ein europa- und völkerrechtliches Minimum abgesenkt werden. Jene Straftäter, die wiederum nicht abgeschoben werden können, sollen besser überwacht werden: zum Beispiel mit Meldepflichten, einer räumlichen Beschränkung oder der elektronischen Fußfessel. „Gefährder“ und Terrorverdächtige wie auch Personen, die eine andere Identität vortäuschen, sollen vor ihrer Abschiebung leichter in Haft oder Gewahrsam genommen werden können. (…) Da es nicht genügend Abschiebungshaftplätze gebe, solle zudem das Trennungsgebot von Abschiebungs- und Strafgefangenen zeitweise ausgesetzt werden. Das bedeutet, dass Menschen, die abgeschoben werden sollen, auch in Justizvollzugsanstalten festgehalten werden dürfen. (…) Strafbar können sich nach den Plänen künftig auch jene Personen machen, die abgelehnte Asylbewerber vor einer bevorstehenden Abschiebung warnen und dabei den konkreten Termin nennen. (…) Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen, Filiz Polat, bezeichnet den Entwurf als „Giftliste“. Unterstützer von Geflüchteten würden kriminalisiert. „Wir haben erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität weiter Teile dieses Referentenentwurfs. Es scheint fast so, als wollte Innenminister Seehofer austesten, wie weit er den Rechtsstaat beugen kann“, so die Grünen-Politikerin…“ Beitrag vom 15. Februar 2019 von und bei MiGAZIN
- Seehofers Angriff auf die Anti-Abschiebe-Industrie. Gesetzesentwurf des BMI kriminalisiert Unterstützer*innen, Berater*innen, Anwält*innen und Ehrenamtliche und versucht ihnen einen Maulkorb zu verpassen
„… Der Gesetzesentwurf sieht zusätzlich harte Strafen für Unterstützer*innen und professionelle Berater*innen von Geflüchteten vor. Sollten diese beispielsweise geplante Termine zu Sammelabschiebungen verbreiten bzw. Geflüchtete in der individuellen Beratung darüber in Kenntnis setzen, drohen Freiheitsstrafen bis zu 3 Jahren. So sollen laut dem Entwurf „Veröffentlichungen von geplanten Abschiebeterminen unter Strafe gestellt [werden]; dies gilt ebenso für die Verbreitung an einen unbekannten Personenkreis, etwa in einem geschlossenen Newsletter oder sozialen Netzwerken, oder gegenüber einem ausreisepflichtigen Ausländer.“ Der Entwurf ist somit ein massiver Angriff auf den Grundsatz der individuellen und ergebnisoffenen Beratung von Sozialarbeiter*innen und Rechtsanwält*innen dar, der ein wesentlicher Eckpfeiler des Rechtsstaats darstellt. Bundesinnenminister Seehofer führt seine Kriminalisierungskampagne gegen Unterstützer*innen und Berater*innen von Geflüchteten fort und droht damit auch hunderten Ehrenamtlichen mit Bestrafungen. „Wer Unterstützer*innen, Berater*innen, Anwält*innen und Ehrenamtliche mundtot macht, erklärt den Rechtsstaat zur Makulatur. Anstatt die waghalsige Abschiebepraxis z.B. nach Afghanistan zu beenden, soll nun die sogenannte ‚aggressive Anti-Abschiebe-Industrie‘ kriminalisiert werden. Als Menschenrechtsorganisation sind wir den Menschenrechten der Geflüchteten verpflichtet, nicht dem übersteigerten Abschiebeinteresse von Horst Seehofer“, erklärt Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Wir lassen uns nicht das Recht nehmen, Geflüchtete über ihre (mögliche) Abschiebung in unsichere Kriegsgebiete oder lebensunwürdige Zustände zu informieren!“ Pressemitteilung des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 06.02.2019 – siehe dazu auch:- Seehofer bleibt sich treu. Der Innenminister setzt auf Abschreckung: Wer auf geplante Abschiebeflüge hinweist, soll künftig mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können.
„… Wer, wie etwa der Bayerische Flüchtlingsrat, im Netz darauf hinweist, wann der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan geht, soll künftig mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden. So steht es im Referentenentwurf für ein Gesetz zur „besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ , in Klammern: „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Wohlklingende Namen haben ja Konjunktur in dieser Großen Koalition. Der ehrlichere Name wäre wohl: „Unerwünschte-Solidarität-Gesetz“. Man wolle verhindern, dass Menschen vor ihrer Abschiebung untertauchen, heißt es. Aus diesem Grund teilen die Behörden Betroffenen schon seit 2015 bevorstehende Abschiebetermine nicht mehr mit. Doch so einfach ist es nicht. Nur, wer über eine angeordnete Abschiebung Bescheid weiß, kann sich zum Beispiel juristisch dagegen wehren – also sich auf den Rechtsstaat stützen. (…) Und es geht um mehr: um Einschüchterung der Menschen, die gegen die immer restriktivere Asylpolitik aufbegehren. Ganz im Sinne Alexander Dobrindts (CSU) mit seinem Gerede von der „Anti-Abschiebe-Industrie“ – bestehend aus jenen Anwält*innen, die Geflüchtete vor Gericht vertreten…“ Kommentar von Dinah Riese vom 7.2. 2019 bei der taz online - Im Klartext: Nach § 95 AufenthG soll bestraft werden, wer »ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde geplante Zeitpunkte oder Zeiträume einer bevorstehenden Abschiebung veröffentlicht, an einen unbestimmten Personenkreis gelangen lässt oder einem ausreisepflichtigen Ausländer mitteilt.«
- Seehofer bleibt sich treu. Der Innenminister setzt auf Abschreckung: Wer auf geplante Abschiebeflüge hinweist, soll künftig mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können.
- Gesetzentwurf im Innenministerium: Weitere Asylrechtsverschärfungen?
„Geduldete könnten ihren Status bei fehlender Mitwirkung verlieren. Die Verbreitung von Abschiebungsterminen soll verboten werden. Das Bundesinnenministerium plant weitere Verschärfungen des Asylrechts. In der vergangenen Woche wurde ein Referentenentwurf des „Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“, auch „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ bekannt. Demnach soll geduldeten Flüchtlingen, denen vorgeworfen wird, nicht ausreichend an der Passbeschaffung mitgewirkt zu haben, der Duldungsstatus entzogen werden. Duldungen werden bislang meist erteilt, wenn Abschiebehindernisse vorliegen. Dies können fehlende Papiere sein, aber auch Krankheit oder die Ablehnung der Aufnahme durch die Herkunftsländer. Nach dem Entwurf sollen staatliche Leistungen und Erlaubnisse für Geduldete zukünftig „umfänglich an die Pflicht des Betroffenen geknüpft“ werden, „in zumutbarem Umfang selbst notwendige Handlungen zur Erlangung eines Passes oder Passersatzes vorzunehmen.“ Die Menschen, die den Status als Geduldete aufgrund fehlender Passbeschaffung verlieren, sollen nach dem Wunsch des Innenministeriums zukünftig sanktioniert werden können. Dies betrifft Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und auch die Erlaubnis, einer Erwerbstätigkeit oder Ausbildung nachzugehen. Obwohl die Betroffenen gerade nicht abgeschoben werden können, dürfen sie dem Gesetzentwurf nach nicht arbeiten…“ Artikel von Frederik Schindler vom 6.2.2019 bei der taz online
- [Pro Asyl] Das »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« ignoriert rechtsstaatliche Grundsätze
„Heute wurde ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums (BMI) bekannt. Voraussetzungen für Inhaftierungen, wie die richterliche Anordnung oder der Nachweis eines Haftgrundes werden darin ignoriert. Abgelehnte Asylbewerber*innen, die nie eine Straftat begangen haben, werden wie Straftäter behandelt. Eine erste Analyse der Pläne. Der, noch nicht mit anderen Ministerien abgestimmte, Gesetzentwurf des BMI ist inhuman und mit dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen. Darüberhinaus sollen damit auch die – lange erstrittenen und in der Praxis ohnehin restriktiv gehandhabten – Bleiberechtsmöglichkeiten für Geduldete versperrt werden. (…) Noch deutlicher wird die Ignoranz dieser rechtsstaatlichen Vorgaben, wenn in dem Entwurf des § 58 AufenthG zur Abschiebung hinzugefügt wird, dass die abzuschiebende Behörde den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang verbringen und (ohne Übernachtung) festhalten darf, »ohne dass es einer richterlichen Anordnung bedarf«. Ebenfalls klar muss sein, dass für eine Inhaftierung überhaupt ein Grund vorliegen muss, der dieser Person nachgewiesen wird. Der Entwurf benennt als einen Grund die Fluchtgefahr und führt dann Fallgruppen auf, wann genau »widerleglich vermutet« wird, wann diese Gefahr vorliegen soll (Entwurf zu § 62 Abs. 3 AufenthG). Diese Vermutungsregelung führt aber dazu, dass nicht die Behörde das Vorliegen der Gefahr, sondern der/die Betroffene das Nicht-Vorliegen einer etwaigen Gefahr nachweisen muss – eine Beweislastumkehr, die haftrechtlichen Grundprinzipien widerspricht. (…) Abschiebungshaft ist keine Strafhaft. Genau aus diesem Grund gilt das Trennungsgebot von Straf- und Abschiebungshaft, die Betroffenen dürfen grundsätzlich nicht in Einrichtungen der Strafhaft untergebracht werden. Jemand, der in Abschiebungshaft genommen wird, muss nicht einmal jemals einer Straftat verdächtig gewesen sein oder als Gefährdung für die öffentliche Sicherheit gelten. Das Trennungsgebot gilt nach der europarechtlichen Rückführungsrichtlinie (Art. 16 RL 2008/115/EG) und auch das deutsche Recht hat es derzeit im § 62a Abs. 1 AufenthG umgesetzt. Das Bundesinnenministerium will derzeit diesen Absatz streichen und sich so seiner Verpflichtung entziehen…“ Beitrag vom 01.02.2019 bei Pro Asyl
- Einzug der »bayerischen Art« in ganz Deutschland. PRO ASYL und der Bayerische Flüchtlingsrat warnen: Neuer Vorstoß aus dem BMI führt zu Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit
„Während die Große Koalition im aktuellen Entwurf zur Fachkräftezuwanderung die Stärkung der Geduldeten bewirbt, geht das Bundesinnenministerium (BMI) nun den umgekehrten Weg: Die Zeitung WELT berichtet von einem Referentenentwurf des BMI, nach dem geduldeten Flüchtlingen, denen vorgeworfen wird, nicht hinreichend an der Passbeschaffung mitgewirkt zu haben, der Duldungsstatus entzogen werden soll.PRO ASYL und der Bayerische Flüchtlingsrat warnen vor der Ausgrenzungsinitiative des BMI. »Bayerische Verhältnisse werden in ganz Deutschland zur Normalität. (…) Schon jetzt zeigt die willkürliche Praxis in Bayern: Auch mit Duldung bekommen viele Asylsuchende Arbeits- und Ausbildungsverbote auferlegt, in vielen Landkreisen dürfen geduldete Flüchtlinge nicht einmal ein Praktikum absolvieren, in AnkER-Zentren werden Flüchtlinge isoliert und entrechtet. »Die Betroffenen werden in die Illegalität getrieben. (…) Dem Betroffenen soll sogar die Unmöglichkeit der Abschiebung zugerechnet werden, allein weil er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates ist. Vom persönlichen Verhalten des Betroffenen ist die Versagung der Duldung dann nicht mehr abhängig. Der Mensch wird aufgrund der Nationalität völlig unabhängig von seinem Verhalten diskriminiert und mit Sanktionen belegt…“ Pressemitteilung vom 1. Februar 2019 von Pro Asyl
- Siehe gleichzeitig: Erhöhung der Asylbewerberleistungen: Die Regierung steht in der Pflicht [denkste!]
- Siehe auch als „Vorbild“: Bayern: Kabinett beschließt Asylplan – kann man das noch “Asyl” nennen?
- und als „Vorgeschmack“ das Dossier „Harter Kurs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik: Zurückweisungen an der Grenze wären europafeindlich und rechtswidrig“