„Erklärung 2018“ – Offenbarung des alltäglichen Rassismus
Dossier
„Der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller hat mit Unverständnis auf die „Erklärung 2018“ reagiert, die unter anderem von dem Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp unterzeichnet worden war. Die Art und Weise, wie die Unterzeichner in der Erklärung die Schuld an Verunsicherungen und Ängsten den Migranten in die Schuhe schiebe, sei „unterkomplex und einer intellektuellen Auseinandersetzung nicht angemessen“, kritisierte die Vorsitzende Eva Leipprand in Berlin. Das Papier reduziere die Debatte auf das Phänomen der Migration, das „nur eine Facette und eher Folge als Auslöser der gesamten Krise“ sei, kritisierte Leipprand. Migranten zu Sündenböcken zu machen, löse jedoch kein einziges Problem. Es trage im Gegenteil zu weiterer gesellschaftlicher Spaltung bei“ – aus der Meldung „Kritik an der „Erklärung 2018″“ am 24. März 2018 beim Deutschlandfunk zur Kritik des Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) an der Erklärung, die auch von Personen wie Thilo Sarrazin, Henryk Broder, Matthias Matussek, Dieter Stein, Michael Klonovsky und Vera Lengsfeld unterzeichnet worden war. Zur Auseinandersetzung um die Erklärung der gutbürgerlichen rechten Intellektuellen siehe weitere Beiträge:
- Wieviel „Mitte der Gesellschaft“ ist in der rassistischen Erklärung 2018?
„… Die »Antwort« hingegen soll dokumentieren, dass die Unterzeichner der »Erklärung« nicht die »Mitte der Gesellschaft« abbilden, wie Lengsfeld jüngst in einem Interview behauptet hat. Wie die Initiatorin der »Erklärung« spielt auch die Autorin Anja Wiens, die die »Antwort« mit gestartet hat, auf die DDR-Geschichte an: »Die DDR-Bürger haben es 1989 vorgemacht! Wenn der Macht die Legitimation entzogen wird, ist sie machtlos!«, schreibt Lengsfeld zur »Erklärung«. Und Wiens fragt in einer Erklärung zur »Antwort«: »Wollt ihr neue Mauern und einen Schießbefehl?«…“ – aus dem Beitrag „Humanistischer Gegenentwurf zur rechten Intelligenzia“ von Velten Schäfer am 05. April 2018 in neues deutschland über die „Antwort 2018“ (die auch LabourNet Germany unterzeichnet hat, siehe unseren letzten Beitrag in diesem Dossier). Aber: So sehr klar ist, dass den „ErklärerInnen“ ein Wassergraben Mittelmeer ebensowenig ausreicht, ihr Deutschtum zu verteidigen, wie ein „Ertrinken lassen“-Befehl, so wenig ist klar, was denn nun die „Mitte der Gesellschaft“ abbildet. Denn es ist ja nun so, dass – trotz allem Geschrei über ihre angebliche Verfolgung – nicht gerade Hunderte der UnterzeichnerInnen im Gefängnis sitzen, sondern es ganz im Gegenteil genügend „offizielle Bekundungen“ gibt, die diesem Erklärungs-Rassismus zu mindestens nahe stehen… Siehe zur Debatte um die Bedeutung der „Erklärung 2018“ und zu ihren Sympathisanten drei weitere Beiträge, sowie zwei Beiträge zum Kampf gegen diese ideologische Offensive:- „Ostbeauftragter hat Verständnis für Skepsis gegen Ausländer“ am 31. März 2018 in neues deutschland ist eine Meldung, die Nähe zeigt: „Der neue Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU), hat Verständnis für die Skepsis vieler Ostdeutscher gegenüber Ausländern. »Auch heute noch ist der Osten des Landes deutlich homogener als der Westen«, sagte Hirte der »Welt«. »Die Erfahrung ist einfach nicht da. Es ist menschlich verständlich, wenn man auf Fremdes aus Angst vor Veränderung zunächst mit Ablehnung reagiert.« Dies müsse die Politik akzeptieren und diejenigen »ernst nehmen, die sich – auch lautstark – äußern«, verlangte der CDU-Politiker“.
- „Mit Rechten reden“ von Aert van Riel am 09. April 2018 in neues deutschland ist ein Beitrag zur rechten Sammlung in der CDU, worin unter anderem fest gehalten wird: „Seit dem Aufstieg der AfD ist das anders. Einige Basismitglieder der Union in Schlips, Kragen und feinem Zwirn haben vor einem Jahr die »Werteunion« gegründet und gelten seitdem als Parteirebellen. Am Samstag haben sie sich in Schwetzingen, das im Norden Baden-Württembergs liegt, getroffen und dort einen Forderungskatalog ausgearbeitet. Darin heißt es, dass die Ehe und Familie sowie das Leitbild »Vater, Mutter, Kinder« die wichtigsten Grundlagen der Gesellschaft seien. Die »Werteunion« hat aber nicht nur für christlich-konservative Kreise etwas zu bieten, sondern auch für Unternehmer, Zuwanderungsgegner und Freunde des Militärs sowie der Extremismustheorie. Die Wehrpflicht solle wieder eingeführt, die doppelte Staatsbürgerschaft abgeschafft und für »Entlastungen« bei den Sozialabgaben gesorgt werden, fordert die »Werteunion«. Zudem müssten rechte, linke und islamistische Extremisten »mit Nachdruck bekämpft werden«“. Die CDU Generalsekretärin will den Dialog mit dieser Strömung prägen
- „Der Begriff „christliches Abendland“ ist geistiger Müll“ von Michael Wolffsohn am 03. April 2018 in der Süddeutschen Zeitung ist ein Beitrag des Geschichtsprofessors, der vor allem an eine Reihe historischer Fakten erinnert, die nicht recht(s) ins (verbreitet gemeinsame konservative) Bild einer zu verteidigenden Tradition passen wollen: „Schauen wir auf die Religion (Theologie). Wieder werden Abendländer wie „Patriotische Europäer“ schockiert. Schock eins: Das Christentum stammt aus dem Morgenland. Schock zwei: Am Anfang, bis ins 4. Jahrhundert, war das Abendland nicht nur heidnisch, sondern – noch „schlimmer“ – jüdisch. Lange bevor die Germanen Christen wurden, gab es in Europa Juden. Jahrhunderte vor den Kirchen standen in Germanien, Gallien und Britannien Synagogen. Die heidnischen Abendländer wurden zudem nicht durchweg freiwillig zu Christen. Missionare wie Kilian und Bonifatius wurden von den Vorfahren des deutschen Michels ermordetet, und Frankenkönig Karl „der Große“ taufte um 800 die Sachsen auf seine Art: blutig. Und heute? Wo ist das Abendland noch wirklich christlich? Überspitzt könnte man Deutschland, besonders im Osten, eine Heidenrepublik nennen. Selbst Spanien und Italien haben sich im kirchlichen Sinne entchristlicht. Die jüngere Demografie des Abendlandes wird manche erneut schockieren. Sie ist eine Folge der Entkolonialisierung im Morgenland, und sie entbehrt nicht der geschichtsethischen Ironie. Die zuvor Kolonisierten suchten Schutz oder (etwas mehr) Wohlstand bei den einstigen Kolonisten. Aus den ehemaligen Kolonien strömten nach 1945 Menschenmassen freiwillig ins jeweilige Land der einstigen Kolonialmächte“.
- „Rechtsruck im deutschen Bildungsbürgertum“ von Christoph Vandreier am 09. April 2018 bei wsws unterstreicht zur Ausbreitung der Erklärung: „Die Personen, die sich der „Gemeinsamen Erklärung“ angeschlossen haben, reichen vom rechten Rand der SPD und der Union bis tief in den braunen Sumpf hinein. Sie bilden, so der NDR, „eine erstaunliche Allianz bürgerlicher und nationaler Konservativer und neurechter Verschwörungstheoretiker“. Unter anderen finden sich der Ideologe der Identitären Bewegung, Martin Lichtmesz, und der AfD-Wahlkampfberater Thor Kunkel auf der Unterschriftenliste. Eine derart breite Solidarisierung mit ultrarechten Positionen gab es seit dem Ende des Nazi-Regimes nicht mehr. Die „Gemeinsame Erklärung“ wäre trotzdem eine Randnotiz geblieben, wenn ihr die Medien nicht große Publizität verschafft hätten. Von der ARD, die ihr am Ostersonntag in den Tagesthemen einen langen Beitrag widmete, über zahlreiche Rundfunkkanäle und Zeitungen wurde der rechtsextreme Aufruf als ernsthafter Beitrag zur politischen Debatte gewürdigt. Eine zentrale Rolle spielte dabei Die Zeit. Sie widmete der Erklärung am 22. März ihr Titel-Thema, „Was ist heute konservativ?“, und insgesamt fünf Artikel, die sich über drei volle Seiten erstreckten. Darin rechtfertigte die liberale, der SPD nahstehende Wochenzeitung die rechtsradikale Erklärung. (…) Als erstes weist Die Zeit nach, dass die „Gemeinsame Erklärung“ nicht spontan entstanden ist, sondern eine lange Vorgeschichte hat, die mindestens drei Jahre zurückreicht. Der Kreis der Erstunterzeichner sei „sich bestens vertraut“, berichtet die Wochenzeitung. Viele zählten „zu den Teilnehmern einer fernab der Öffentlichkeit agierenden Gesprächsrunde, eines Debattenkreises, der sich zweimal jährlich in Berlin trifft, immer mit mindestens 30, oft aber deutlich mehr Teilnehmern“. Man treffe sich „mal in der Bibliothek des Konservatismus in Westberlin, dann wieder in der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus im Osten der Stadt“ jeweils zu einem Impulsvortrag, einem Gedankenaustausch und einem Essen“.
- „»Die meisten Autoren halten das Recht auf Asyl hoch«“ am 09. April 2018 in der jungen welt ist ein Interview von Gitta Düperthal mit Lena Falkenhagen (Stellvertretende Vorsitzende des Berliner Verbandes deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in Verdi), worin diese etwa zur Frauendiskriminierung unterstreicht: „In der Tat. Obgleich die Unterzeichner hauptsächlich Männer sind, haben sie ihr Pamphlet mit einem Foto des rechten Frauenmarsches am 17. Februar in Berlin aufgemacht. Damit ist wohl intendiert, die Assoziation hervorzurufen, dass Frauen, quasi in guter deutscher alter Ritterlichkeit zu schützen wären – freilich vor Männern aus fremdartigen Kulturen. Ich persönlich muss allerdings sagen: Noch nie bin ich etwa von afghanischen, pakistanischen oder türkischen Männern diskriminiert worden, sondern immer nur von weißen deutschen Männern. Die Verfasser nutzen das Foto als Schild für ihre Fremdenfeindlichkeit und instrumentalisieren die Frauen für ihre Selbstdarstellung, um sich als weiße, vermeintlich moralisch überlegene Männer mit Beschützergestus in Szene zu setzen. Um Frauen geht es in der Erklärung gar nicht. Wenn die Unterzeichner nicht bereit dazu sind, ihre eigenen Gesichter dem voranzustellen, ist das ein schwaches Zeichen“ – was sicher auch damit zu tun hat, dass Männer aus den genannten Ländern eher die Frauen aus denselben Ländern diskriminieren…
- [Unterschriftensammlung] Unsere Antwort für Demokratie und Menschenrechte
„Die Menschenrechte enden an keiner Grenze dieser Welt. Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Armut in unserem Land Zuflucht suchen, und wenden uns gegen jede Ausgrenzung.“ Unterschriftensammlung vom 29. März 2018 von Schriftstellern , mittlerweile zum Mitzeichnen für alle – wir haben schon! Siehe zum Hintergrund:- Die Erklärung 2018 braucht eine Antwort. Antwort Rechtsabbieger um Lengsfeld, Broder, Tellkamp und Sarrazin sammeln Unterschriften. Wir auch
„In einem Interview behauptet Vera Lengsfeld, die Initiatoren und die ersten 2018 Unterzeichner der Erklärung 2018 seien die „Mitte der Gesellschaft“. Das sind sie nicht. Die Mitte ist nicht rechts. Aber sie gehören zu Deutschland und sind Teil dieser Gesellschaft. Geübt verschaffen sie sich Gehör. Sie haben sich in Internetkreisen und im realen Leben versammelt und gesammelt. Wir haben das gesehen und gewusst. Als gute Gutmenschen haben wir mit ihnen diskutiert – wenn das denn ging – oder sie ignoriert oder geächtet, jeder von uns nach seiner Fasson. (…) Die intellektuellen Fürsprecher der „Merkel-muss-weg“-Demonstranten zeigen jetzt einmal mehr, wie ernst zu nehmen sie sind. Ihre Erklärung ist eine politische Provokation und auch als solche gedacht. Wir widersprechen ihnen, wir sind nicht der Meinung, dass in Deutschland – wie es in der Erklärung 2018 unterstellt wird – keine rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen herrscht, eine solche also wiederhergestellt werden müsse. Wollt ihr neue Mauern und einen Schießbefehl? Wir widersprechen ihnen, wir sind nicht der Meinung, dass es eine „illegale Masseneinwanderung“ gäbe, der uns die Regierung schutzlos ausgeliefert hätte. Wir dagegen sind überzeugt, dass es unwahre Behauptungen wie diese sind, die der Demokratie und dem friedlichen Zusammenleben in unserem Land Schaden zufügen…“ Blog aus der Freitag-Community von Maja Wiens vom 03.04.2018
- Die Erklärung 2018 braucht eine Antwort. Antwort Rechtsabbieger um Lengsfeld, Broder, Tellkamp und Sarrazin sammeln Unterschriften. Wir auch
- Die rassistische „Erklärung 2018“ der „Leistungsträger“ – in (nicht nur) sächsischem Regierungsgeist?
„Nach einer Woche haben mehr als 1000 Menschen die Erklärung unterzeichnet. Die bescheidene Zahl begründet Lengsfeld mit einer Begrenzung der Adressaten. »Es sind die Leistungsträger in unserem Land, die dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft trotz chaotischer Einwanderung immer noch funktioniert, die sich hier artikulieren«, so Lengsfeld. Deswegen sollten Wissenschaftler, Dozenten, Professoren, Mediziner und Schriftsteller als Unterzeichner gewonnen werden. Prominente wie der Publizist Henryk M. Broder und der Schriftsteller Uwe Tellkamp sorgten für die nötige Publicity. Dabei geriet in den Hintergrund, dass ein Teil der Erstunterzeichner der Erklärung 2018 zu den langjährigen Autoren der rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit« gehören. Neben dem Historiker Herbert Ammon sind es die Publizisten Heimo Schwilk und Ulrich Schacht. Sie haben 1994 den Sammelband »Die selbstbewusste Nation« herausgegeben, in dem sie ein Ende der Scham über die NS-Verbrechen in Deutschland propagierten. Schacht und Schwilk sorgten bereits 1995 mit einem Aufruf für Schlagzeilen, in dem sie erklärten, dass der 8. Mai 1945 kein Tag der Befreiung für Deutschland gewesen sei. Damals war der Kreis der Unterstützer noch recht bescheiden. Doch wichtiger war die Diskussion, die der Aufruf auslöste. Daran knüpfen sie mit der Erklärung 2018 wieder an. Anders als Mitte der 1990er Jahre gibt es mit der AfD in den Parlamenten und mit vielen flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen heute einen viel größeren Resonanzboden für solche Aufrufe“ – aus dem Beitrag „Werben um rechte Intellektuelle“ von Peter Nowak am 28. März 2018 in neues deutschland , in dem die (natürlich: Selbsternannte) Leistungsträgerin Frau Lengsfeld mit den üblichen Aussagen über in jedem Sinne des Wortes unglaubliche Verfolgung ihres teutonischen Standpunkts hausieren geht (die ganze Kohle vom Staat kriegen ja angeblich andere)… Siehe dazu auch zwei Beiträge über die Verfolger der armen Frau Lengsfeld:- „Der CDU-Staat“ von Volkmar Wölk am 28. März 2018 in der jungen welt weist beispielsweise darauf hin, dass es eine Tradition gibt, die nicht gerade als Verfolgung gekennzeichnet werden kann: „Die 2015 veröffentlichten drei Bände der Tagebücher Kurt Biedenkopfs aus den Jahren 1989 bis 1994 haben zwar den sächsischen Steuerzahler mehr als 300.000 Euro gekostet, geben aber immerhin Einblick in das Denken des damaligen Ministerpräsidenten und seines direkten Umfelds sowie in die politische Entwicklung Sachsens in den Jahren der »Transformation«. Insofern handelt es sich tatsächlich, wie zur Rechtfertigung der Förderung behauptet, um ein staatspolitisch bedeutsames Werk. Es klingt wie ein Nachhall aus der Vergangenheit, wenn Biedenkopf im ersten Band der Tagebücher fragt: »Was sagen wir dem Mann, der mit 650 DM in den vorzeitigen Ruhestand geschickt worden ist, dass die Asylbewerberfamilie mit Kind rund 1.700 DM zur Verfügung hat – für Nichtstun, wie er empört hinzusetzen wird.« Lange vor Uwe Tellkamp und dessen Lamento über Diskussions- und Frageverbote erklärte der damalige Ministerpräsident: »Wenn wir nicht zulassen, dass diese Fragen gestellt und diskutiert werden können, werden wir die Ursache für die Aggression nicht ausräumen können.« Die Ängste müssten ausgesprochen werden können, um sie so »erst handhabbar, begreifbar« zu machen. Es ist die alte Geschichte von der Notwendigkeit des Dialogs mit den Kritikern von rechts, die seit Biedenkopfs Zeiten erzählt wird – bis heute: Im Januar 2015 traf sich der damalige Innenministers Markus Ulbig mit der Spitze von Pegida. Und jüngst wurde bekannt, dass Ministerpräsident Kretschmer den NPD-Mann Marco Wruck, den er als »vermeintlichen Rechten« verharmlost, »ganz herzlich« zum »Bürgerdialog« am 5. Mai nach Bautzen eingeladen hat. Es gehört untrennbar zur Geschichte Sachsens und der sächsischen CDU, dass dieser Dialog signalisierte, man habe Verständnis für die Anliegen des Gesprächpartners und arbeite im übrigen längst an der Umsetzung seiner Wünsche. Dabei werden gewisse Punkte dann doch nicht angesprochen: zum Beispiel die Frage, warum denn jemand – tatsächlich Abertausende – mit 650 DM in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wird“.
- „»Offensiv verschwiegen«“ von Claudia Wangerin ebenfalls am 28. März 2018 in der jungen welt über die auch nicht ganz so brutale Verfolgung – hier durch das LKA Berlin – jener, die den Geist der Erklärung 2018 umsetzen: „Mit der Behauptung, es habe in Berlin-Neukölln keinen rechts motivierten Mord gegeben, unterschlägt sie allerdings zwei Fälle, in denen alles auf das Gegenteil hindeutet – und in einem wurde der Täter bereits verurteilt. Nach Zeugenaussagen hatte Luke Hollands Mörder Rolf Z. sich beschwert, dass in seiner ehemaligen Stammkneipe kaum noch Deutsch gesprochen werde, kurz bevor er den jungen britischen Anwalt am 20. September 2015 mit einer Schrotflinte erschoss. In der Wohnung des rechten Waffenfreaks wurden eine Hitler-Büste und andere Nazidevotionalien gefunden. Dies wurde in der Urteilsbegründung als »Sammelleidenschaft« deklariert; ein ausländerfeindliches Motiv hielt das Berliner Landgericht nicht für erwiesen, schloss es aber auch nicht aus. Der Angeklagte hatte beharrlich geschwiegen. Anders als das Gericht scheint sich die Leiterin der Abteilung »Rechtsextremismus« im Berliner LKA jedoch sicher zu sein, dass es kein solches Motiv gab – nicht in diesem und auch nicht in einem anderen, bisher nicht aufgeklärten Fall. »Wir finden es erschreckend, dass in einem Interview zu rechten Straftaten in Neukölln sowohl der Mord an Burak Bektas am 5. April 2012 gegenüber dem Krankenhaus Neukölln als auch der Mord an Luke Holland am 20. September 2015 in der Ringbahnstraße offensiv verschwiegen wird«, kritisierte am Freitag die Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektas“.
- „Deutscher Anstand“ von Volker Weiß am 22. März 2018 in der jungle world hebt unter anderem hervor: „Unmittelbar nach Tellkamps Tiraden hatte sich aus den Sitzreihen des Dresdner Kulturpalastes auch der anwesende Götz Kubitschek zu Wort gemeldet. Dieser leitet den neurechten Antaios-Verlag, und auch mit ihm meinen manche, reden zu müssen, um die Gefahr von rechts zu bannen. Kubitschek freilich bewies erneut, wie egal ihm die Integrationsangebote sind. Er betete sein Mantra von der heilsamen Krise herunter, sprach von einem »Riss« in der Gesellschaft, der noch vertieft werden müsse. Sein Prinzip, so erläuterte er anschließend auf dem Blog seines Magazins Sezession, sei die »Revolte für den Staat, die Revolte für die Ordnung« (Hervorhebung im Original). Motive, die Tellkamp übrigens vertraut sein müssen. 2005 hatte er für seinen Roman »Der Eisvogel« einen Protagonisten als »konservativen Revolutionär« konstruiert. Umgekehrt kennt Kubitschek die spezifische Dresdner Melange nicht erst seit Pegida. Sein Verlag veröffentlichte 2014 »Hirnhunde«. Der Roman, von dessen Urheber nur das Pseudonym »Thalheim« bekannt ist, griff dem Geschehen fiktiv vor: Dresdner Flüchtlingsabwehr gegen mörderische Gutmenschendiktatur, gepaart mit Selbstmitleid und ostdeutscher Provinzialität. Allerdings ging es in dem Buch noch gegen Roma und nicht gegen Muslime. Von Tellkamp war an diesem Abend also kein Widerspruch gegen Kubitschek zu erwarten. Seine Fans nahmen zudem jede Gegenrede zum Anlass, über Gesinnungsdiktatur und »Meinungskorridore« zu klagen“.
- „Mit Rechten reden. Oder besser mal nicht“ von Rüdiger Suchsland am 25. März 2018 bei telepolis dazu: „Man muss schon einmal zurückkommen zum Ausgangspunkt, zu dem Anlass der ganzen Debatte, zu jenem Abend in Dresden, der unter dem Motto „Streitbar“ im Kulturpalast stattfand, und der als Ganzes ein trauriges Dokument deutscher Kultur ist und dabei ein besonders beschämendes Licht auf Ostdeutschland wirft. Denn es waren ja alles Ostdeutsche, die da diskutierten, und dazu der eingewanderte Rittergutsbesitzer aus Ravensburg, der gern Lichtgestalt einer Rechten Revolution wäre und doch nur wie ein ganz gewöhnlicher Rechtsextremist erscheint. Es sollte in der Diskussionsrunde um Meinungsfreiheit gehen, ging dann aber vor allem um Tellkamps krude und verschwörungstheoretisch eingefärbte Ansichten zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Man kann das alles selbst komplett hier nachgucken.Nach einer nicht gerade überzeugend und in einem schwachen Deutsch gehaltenen Einleitung einer Dresdener Kulturfunktionärin, die vor allem den von der Charta 2017, dem nach rechts weit offenen Bündnis rechter Wut-Bürger und PEGIDA-Sympathisanten mit seit 30-Jahren „neu“-rechten Halbintellektuellen wie Heimo Schwilk und Cora Stephan, getragenen Begriff „Gesinnungsdiktatur“ salonfähig zu machen versuchte, redeten die Schriftsteller Grünbein und Tellkamp eigentlich von Anfang an aneinander vorbei. Tellkamp allerdings vor allem, weil er sich um Dialog gar nicht weiter bemühte“.