[Buch] Gute Arbeit gegen Rechts – „Je mehr Beteiligung, desto weniger rechte Einstellungen“
„Die Bände der Reihe »Arbeitspolitik: Theorie, Praxis, Strategie« werden sich den Fragen zuwenden, wie verhindert werden kann, dass die aggressiven Weltverhältnisse im Zeitalter der Transformationen in aggressive Betriebsverhältnisse umschlagen. Konkret geht es darum, welche Möglichkeiten Beschäftigte und Gewerkschaften haben, zu Subjekten der Veränderungen zu werden und die Interessen der abhängigen Arbeit in die Veränderungsprozesse einzubringen. Dazu gehört schließlich die Frage, wie im vordemokratischen Politikfeld Betrieb Einflusskanäle auf das Was, das Wie und das Wofür der Produktion geöffnet und genutzt werden können. Die Beiträge des ersten Bands behandeln das Thema, wie dem zunehmenden Rechtspopulismus entgegengetreten und Demokratie und Gerechtigkeit im Betrieb gestärkt werden kann.“ VSA-Verlag zum von Hans-Jürgen Urban herausgegebenen Buch – siehe dazu mehr Informationen und als Leseprobe im LabourNet ein Interview mit Carsten Büchling und Rhonda Koch aus dem Werk Volkswagen-Baunatal und nun auch eine Rezension:
- Gewerkschaften und das AfD-Problem: Gegen Extremisten anarbeiten
„Ein schmaler Band aus der Werkstatt der IG Metall verbindet Theorie mit vielen Beispielen aus der Praxis.
Demokratiepolitik in Betrieben ist angesichts der Tatsache, dass sich Rechtspopulismus und menschenfeindlicher Autoritarismus in politischen Institutionen auf allen Ebenen zwischen der EU und den Kommunen festgesetzt haben, von enormer Bedeutung. Vor Jahren starteten deutsche Gewerkschaften aus dem Umfeld der IG Metall die Buchreihe „Gute Arbeit“, die mittlerweile eingestellt wurde. Kürzlich erschien jedoch der Band „Gute Arbeit gegen Rechts“. Er beruht auf der Kooperation eines Teams um Hans-Jürgen Urban vom IG-Metall-Vorstand (mit Dirk Neumann, Klaus Pickshaus und Jürgen Reusch). Dieses Team bemüht sich um die Formulierung einer „Arbeitspolitik“, die gewerkschaftliche mit wissenschaftlicher Politik und Praxis zur „Stärkung der Demokratie“ verbindet, wie Christiane Benner, die Vorsitzende der IG Metall, in ihrem Geleitwort schreibt. Das schmale Buch ist eine gelungene Mischung aus theoretisch orientierter Analyse und weniger bekannten Berichten aus dem gewerkschaftlichen Alltag in den Betrieben. Im Zentrum von Urbans brillantem Lageüberblick steht die wissenschaftliche Einsicht, dass es sich bei der aktuellen Multikrise um eine fundamentale Bedrohung handelt, die den Kern der kapitalistischen Produktionsweise tangiert: das wirtschaftliche Wachstum, das im Wesentlichen auf steigendem Rohstoffverbrauch und fossilen Energieträgern beruht. Beide – Energieproduktion und wachsender Rohstoffverbrauch – gefährden die Naturbasis, das menschen- und naturverträgliche Klima und damit die Koexistenz von Mensch und Natur, also beider Leben und Überleben. (…) Der Kampf um Demokratie bleibt davon nicht unberührt. Während dieser in der liberalen Gesellschaft unter verbürgten Freiheitsrechten stattfindet, ist jener in den Betrieben herrschaftlich eingeschränkt – trotz Mitbestimmung und Betriebsräten. Das Gefälle zwischen Eigentümerrechten auf der einen und jenen von Lohnabhängigen auf der anderen Seite bleibt immer bestehen, weil „Arbeitsorganisation und Kooperation“ in Betrieben „der Form nach despotisch“ waren und sind, wie Karl Marx 1867 feststellte. (…) In der IG Metall gelten für die Auseinandersetzung mit der AfD zwei Devisen: „klare Kante“ gegen alle Infiltrations- und Propagandaaktionen von rechts und „offene Türen“ für Angebote an solidarische Gegenbewegungen in Betrieben und Gesellschaft. Gemeint sind damit nicht halbgare Strategien der „Rückgewinnung“ von AfD-Wählern, wie sie von Konservativen und Liberalen bis hin zur Kapitulation befeuert werden, sondern um aufrichtige Partizipationsangebote, die sich im Rahmen demokratischer Interessenpolitik bewegen. So ist es etwa den Betriebsräten Carsten Büching und Rhonda Koch im VW-Werk Baunatal mit gezielten Qualifizierungsangeboten für Vertrauensleute der Gewerkschaft gelungen, im Betrieb ein 700 Köpfe starkes Vertrauensleutegremium aufzustellen, das in der Lage ist, der demagogischen AfD-Rhetorik eine wirksame, weil glaubhafte Alternative demokratischer Teilhabe entgegenzusetzen, um dem Unbehagen über und Ängsten vor zu rascher Transformation in der Automobilproduktion zu begegnen. (…) Auch Thomas Knabel, Geschäftsführer der IG Metall in Zwickau, wo das weltweit erste Fahrzeugwerk steht, das vollkommen auf den Elektrobetrieb umgestellt wurde, berichtet von positiven Erfahrungen mit dem Zusammenhang von Selbstermächtigung und Demokratieerfahrung im Betrieb. Während bei den Betriebsratswahlen 2018 ein AfD-U-Boot-Kandidat gegen IG-Metall-Kandidaten antrat und auf Anhieb 20 Prozent der Stimmen gewann, erreichte die IG-Metall-Kandidatenliste vier Jahre später 93 Prozent der Stimmen, nicht zuletzt wegen der demokratischen Urwahl der IG-Metall-Kandidaten durch alle Gewerkschaftsmitglieder. (…) In der IG Metall macht man sich keine Illusionen über die beschränkte Reichweite von Bildung und politischer Aufklärung bei der Demokratisierung der Betriebe. Charlotte Boebel, Bildungsreferentin bei der IG Metall, betont in ihrem Beitrag, dass das nicht ausreicht, um die AfD-Propagandastrategie von abgehobenen Gewerkschaftseliten wirksam zu kontern, „solange männliche Betriebsratsvorsitzende noch in der Lage sind, einsame Entscheidungen top-down durchzustellen“. Rezension von Rudolf Walther vom 22. September 2024 in der Süddeutschen Zeitung online - Buch „Gute Arbeit gegen Rechts“
- 136 Seiten
- September 2024
- EUR 10.00
- ISBN 978-3-96488-225-7
- Siehe mehr Informationen und Bestellung beim VSA-Verlag
- Dort auch Inhalt und Geleitwort sowie Vorwort als Leseprobe
Je mehr Beteiligung, desto weniger rechte Einstellungen
Erfahrungen aus dem Werk Volkswagen-Baunatal
Interview mit Carsten Büchling und Rhonda Koch
Wie schätzt ihr den Einfluss der AfD auf die Belegschaft derzeit ein? Wann und wie hat das angefangen und gibt es da Veränderungen? Wie agieren die rechten Kräfte bei Euch im Werk und in der Region, wo die Kolleginnen und Kollegen wohnen?
Das Volkswagen Werk Kassel ist zunächst einmal ein Spiegel der Gesellschaft. Insofern ist anzunehmen, dass der Anteil an AfD-Sympathisannt:innen und -Wähler:innen auch in unserem Werk zugenommen hat. Für unsere betriebliche Arbeit ist daher essentiell, die politische Entwicklung in unserem Einzugsgebiet eng nachzuverfolgen. Besorgniserregend ist hier, dass das Potential der AfD im Umkreis von unserem Werk deutlich über dem Hessentrend liegt, wenn man sich das Wahlverhalten zur Hessenwahl 2023 anguckt. In der Stadt Baunatal selbst lag die AfD bei 21,8 Prozent und konnte damit über 10 Prozentpunkte zulegen. Die SPD hingegen hat über 17 Prozentpunkte in der letzten Wahl verloren und liegt heute bei knapp 30 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung sehen wir im Schwalm-Eder-Kreis und im Wahlkreis Kassel Land II, aus denen die Mehrzahl unserer Beschäftigten kommen.[1] Bisher konnten wir nicht feststellen, dass die AFD strategisch auf die Anliegen unserer Kolleg:innen orientiert, sondern zumindest derzeit noch in ihrer Öffentlichkeitsarbeit ihren Schwerpunkt in der Ansprache der Landwirte hat. Zugleich sind einige unserer Kolleg:innen auch nebenberuflich in der Landwirtschaft tätig. An einer Autobahneinfahrt zum Werk beispielsweise sind große Heuballen aufgestellt mit der klassischen Anti-Ampel-Hetze. Ob diese von der AFD selbst aufgestellt worden sind, können wir nicht beurteilen. Jüngst hat eine AFD-Landtagsabgeordnete, die Ehefrau eines ranghohen AfD-Funktionärs mit uns Kontakt aufgenommen, weil sie kritisierte, die Gewerkschaft würde Flyer verteilen, die gegenüber der AfD diskriminierend seien. Dieser Flyer stammte aus anderen Kreisen. Aber es zeigt, dass die AfD auch auf unseren Betrieb ein Auge geworfen hat. Festzuhalten ist, dass ein weiterer Aufwärtstrend der AfD sich auch im Werk niederschlagen kann.
Zentral: Betriebliche Mitbestimmung
Es gibt jedoch auch einen entscheidenden Unterschied von unserem Werk zu einem üblichen Wahlkreis: Die betriebliche Mitbestimmung. Sie verstehen wir als Herzstück unserer Arbeit als Betriebsrat und als Gewerkschaft. Als einziger Standort von Volkswagen organisieren wir in Kassel beispielsweise nicht nur zwei große Betriebsversammlungen im Jahr für alle Beschäftigten. Wir organisieren zusätzlich zweimal im Jahr dezentrale Betriebsversammlungen. Unser Ziel ist, dass wir möglichst viel im Dialog mit den Kolleg:innen stehen und uns nicht nur – wie bei den großen Betriebsversammlungen – über hallenübergreifende Entwicklungen austauschen, sondern die spezifischen Anliegen der Kolleg:innen aus den einzelnen Bereichen Gehör finden. Zentral für die Herstellung dieses Dialogs auch zwischen den Betriebsversammlungen ist darüber hinaus die Arbeit der 700 Vertrauensleute der IG Metall im Betrieb. Für sie gibt es ein besonderes Qualifizierungsprogramm, das die Vertrauenskörperleitung aufsetzt. Das beinhaltet unter anderem Tagesschulungen im Werk, Wochenendseminare und auch Wochenseminare, die die Kolleg:innen als Bildungsurlaub beantragen können. Wir haben derzeit kein explizites Programm zum Umgang mit rechten Gesinnungen im Betrieb für unsere Vertrauensleute, aber die Strukturen für derlei Weiterbildungen liegen bereit. Meine Hoffnung ist, dass wir durch solche und andere Wege der betrieblichen Weitebildung, Rückkopplung und Mitbestimmung der Rechtsentwicklung entgegenwirken können. Das hat auch die Studie der Otto Brenner Stiftung (2023) „Erfahrungen demokratischer Handlungsfähigkeit am Arbeitsplatz“ gezeigt: demokratische Teilhabe reduziert menschenfeindliche Einstellungen.
Frage: Ein typisches Einfallstor für die extreme Rechte ist ja – das zeigen verschiedene Befragungen und Untersuchungen – die Mischung aus Abstiegsängsten, Vertrauensverlust in die Politik und eigene Ohnmachtsgefühle. Registriert Ihr bei Euch in der Belegschaft solche Stimmungen, also z. B. auch Gefühle der Verletzung von Würde, der mangelnden Anerkennung, Angst vor Verlust von Schutz (durch Tarif, betriebliche Regelungen usw.)?
Unser Eindruck von den Gesprächen mit den Kollegen ist, dass sie keine Unsicherheiten haben in Bezug auf ihre Beschäftigung bei VW. Das ist das Resultat unserer tarifpolitischen Arbeit aus den vergangenen Jahren. Als IG Metall haben wir mit dem Volkswagen Konzern eigene Tarifverträge. Darunter unter anderem auch den sogenannten Zukunftstarifvertrag, der vor betriebsbedingten Kündigungen bis 2029 schützt. Unsere Wahrnehmung von den Kollegen deckt sich auch mit der Studie, die Klaus Dörre und sein Team letztes Jahr bei uns im Werk durchgeführt haben. Das Ergebnis ihrer Befragung war unter anderem, dass trotz des absehbaren Stellenabbaus wenig Angst vor Arbeitsplatzverlusten vorherrscht. Im Bereich der Abgasanlagen-Fertigung, die es nicht mehr lange am Standort geben wird, werden bereits jetzt und auch perspektivisch alle dort arbeitenden Kolleg:innen für die Herstellung von E-Antrieben qualifiziert und umgeschult. Das schafft Vertrauen in die Transformation im Werk. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich Kollegen, die ein Unbehagen gegenüber der Transformation und auch gegenüber der E-Mobilität haben. Die Wissenschaftler:innen aus Jena haben das so zusammengefasst: „Weil die Transformation politisch vorgegeben ist und möglicherweise bedroht, was das eigene Leben angenehm macht, wird sie von Teilen der Belegschaften als zusätzliche Verunsicherung erlebt oder gar als Eingriff in individuelle Freiheiten betrachtet. Der Wandel geht vielen zu rasch. Dementsprechend widersprüchlich sind die Haltungen der Belegschaften zu Antriebswende und E-Mobilität.“[2] Besonders kritisch sehen solche Kolleg:innen die Antriebswende, die direkt in der Produktion, wir sagen dazu „auf dem Hallenboden“ arbeiten. Das ist ein Auftrag für uns, diese Kolleg:innen in der Transformation besonders zu unterstützen. Und das bedeutet auch, ihre bisherige Arbeit anzuerkennen, sie wertzuschätzen.
Frage: Auf die Automobilindustrie – und damit auch Euer Werk – kommen gewaltige Veränderungen zu, sind schon längst im Gange. Dass damit auch Ängste und Sorgen bei vielen Menschen verbunden sind, ist ja verständlich. Die AfD greift diese Gefühle demagogisch auf und inszeniert sich als Bewahrer der „guten alten Zeit“, in der die Welt vermeintlich noch in Ordnung war, die es tatsächlich aber so gar nicht gab. Gibt es das bei Euch auch? Wie setzt Ihr Euch damit auseinander?
Wir versuchen das Gegenteil. Wir wollen Vertrauen in eine starke Gewerkschaft und damit in eine gute Zukunft für alle aufbauen, auch oder gerade weil wir hier enorme Beschäftigungspotentiale sehen. Deswegen geht es uns um eine offensive Beschleunigung der Veränderungsdynamik. Wir wollen, dass die Umstellung vom Verbrenner auf die Elektroantriebe schneller umgesetzt wird, denn das schafft auf lange Sicht Beschäftigungssicherung an unserem und allen anderen Standorten. Was derzeit viel mehr Unruhe schafft, ist der langsame Weg nach vorn und das ständige Infragestellen der Transformation seitens der konservativen politischen Parteien. Dass uns das derzeit ganz gut gelingt, zeigt auch eine Studie von Prof. Pfeiffer von 2023 zu „Arbeit und Qualifizierung bei VW“, die bei den Beschäftigten bei VW eine grundlegende Transformationsbereitschaft festgestellt hat. Aber auch hier sind wir uns natürlich im Klaren, wie diese Befragung ebenso herausgestellt hat, dass Veränderung immer auch Abschied von Bekanntem bedeutet: „schmerzhafte Abschiede von Bereichen mit Tradition und voller gelebtem Produzierendenstolz, von gewachsenen Teams in jahrelang gelebtem und kollegialem Miteinander; individuelle Unsicherheiten und Sorgen des Ob und des Wie; zeitweise holprige Umsetzungen mit unerwarteten Rückschlägen und individuell auszuhaltenden Enttäuschungen.“[3] Außerdem, wer von der „guten alten Zeit“ bei Volkswagen schwärmt, der muss sich auch der Rolle vom Unternehmen zur Zeit des Faschismus im Klaren sein. In Kassel erinnern wir beispielsweise mit einem Gedenkstein an die zur Zwangsarbeit gezwungenen Kollegen von damals. Diese und andere Erinnerungsarbeit ist in Zeiten wie diesen, wo eine vermeintlich schöne Zeit heraufbeschwört wird, essentiell, denn sie legt auch die Gewerkschaftsfeindlichkeit solcher politischen Spektren offen.
Frage: Manchmal verbinden sich Wut und Frust mit dem rebellischen Gestus gegen „die da oben“, gegen „das Establishment“, gerne auch gegen die Klimabewegung, die Grünen, die Ampel. Wie schätzt Ihr das für Baunatal ein?
Einen derart rebellischen Gestus, von Toiletten-Schmierereien einmal abgesehen, erleben wir derzeit nicht im Werk. Gleichwohl ist uns bewusst, dass Arbeitszeitverdichtung, Leistungsanforderungen und anderes sich auf das eigene Verhältnis von Arbeit und Freizeit auswirken. Und vor diesem Hintergrund ist es sehr einleuchtend, wie Dörre et al. stark gemacht haben, dass gerade mit Blick auf die freie Zeit nach der Arbeit, die Beschäftigten sich nichts „vorschreiben“ lassen wollen. Dass in diesem Kontext eine Kritik an „den Grünen“, die größtenteils als Verbotspartei wahrgenommen wird, gedeihen kann, ist vorstellbar.
Parteilichkeit auf Seiten der Beschäftigten
Frage: Im Management gibt es inzwischen ein Leitbild von grünem Wachstum, E-Mobilität und Klimaverträglichkeit. Der Betriebsrat tritt ein für nachhaltige Verkehrsysteme und reduzierten Autoverkehr. Viele Beschäftigte „am Hallenboden“ sehen das mit Ablehnung und Misstrauen, wollen langsamere und weniger radikale Veränderungen. Gibt es das bei Euch auch, und könnte das nicht der extremen Rechten den Vorwand liefern, eine Kumpanei von Management und Betriebsrat/IG Metall zu konstruieren, also beide als Teil „des Establishments“ dazustellen?
Wir verstehen unsere Rolle als Betriebsrat nicht als die des Schiedsrichters. Wir stehen parteiisch auf der Seite der Beschäftigten. In dieser Parteilichkeit kann es dennoch sinnvoll sein, Wege der Kooperation mit dem Management zu gehen. In Kassel arbeiten wir mit der Standortstrategie des sogenannten „Kasseler Wegs“. Wir haben uns hier mit dem Management auf drei Säulen der Standortpolitik geeinigt: die der Wirtschaftlichkeit, der sozialen Verantwortung und des Umweltschutzes. In diesem Sinne sind wir als Betriebsrat unter anderem einbezogen in die Mitbestimmung bei Zukunftsprodukten unseres Standortes. Erst letztes Jahr haben wir als Betriebsrat maßgeblich dazu beigetragen, verbindliche Zusagen des Konzerns für zentrale Zukunftsprodukte zu bekommen.
Frage: Gibt es bei euch so etwas wie eine „stille Minderheit“, die für die Gleichbehandlung der AfD ist (ein gängiges Muster: „ausgerechnet die einzige Oppositionspartei wollen sie mundtot machen!“) und die von der IG Metall parteipolitische Neutralität verlangt? Ist das eine Protesthaltung, die die Wahl der AfD nahelegt bzw. der AfD nahestehende BR-Kandidaten?
Wir verstehen die IG Metall als eine politische Organisation, die in ihrer Satzung die Grundwerte von Solidarität und Vielfalt verankert hat. Parteien, die diesen Grundwerten widersprechen, widersprechen damit der Satzung unserer Organisation. Als IG Metall und als Betriebsrat zeigen wir der AfD daher eine klare rote Karte. Für uns ist die AfD eine Gegnerorganisation. Anfang diesen Jahres haben wir bereits zweimal zu Kundgebungen für Demokratie und gegen Hass und Hetze mit aufgerufen.
Sicherlich gibt es in unserem Werk Kolleg:innen, die hier eine andere Einstellung haben. Aber als Gewerkschafter müssen wir sie davon überzeugen, dass jede Form von Spaltung die Gewerkschaft und damit die Durchsetzungsfähigkeit unserer Interessen als Arbeitnehmer schwächt.
Frage: Das ist jetzt eine sehr komplexe Problemlage. Wie agiert ihr als Betriebsrat und gewerkschaftliche Aktive angesichts dieser schwierigen Situation?
Wir handeln nach der Maxime: Je mehr Beteiligung, desto weniger rechte Einstellungen und umso stärker die Gewerkschaft im Betrieb!
Das Interview führte Klaus Pickshaus durch.
Fußnoten:
1) Vgl. Ergebnisse für Baunatal | Landtagswahl Hessen 2023 | hessenschau.de | Ergebnisse
2) Dörre, Klaus et al. (2023): Klasse gegen Klima? Transformation in der Autoindustrie, in: Berliner Journal für Soziologie, unter: https://doi.org/10.1007/s11609-023-00514-z.
3) Pfeiffer et al. (2023) Arbeit und Qualifizierung 2023, unter: Arbeit und Qualifizierung AQ2030 Studie Kurzfassung in deutsch (labouratory.de)
Siehe zum Hintergrund u.a. unser Dossier: Arbeitswelt und Demokratie (in Ostdeutschland): Erlebte Handlungsfähigkeit im Betrieb und (anti)demokratische Einstellungen