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Updated: 18.12.2012 16:09

Privatisierung und Widerstand

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Wasser - ein Kampf in der Mitte der Gesellschaft

Aus Anlaß des sogenannten Weltwasserforums in der Türkei im März bildeten sich mehrere Protestnetze, von denen am Ende zwei übrig blieben, die zahlreiche Aktionen organisierten. Jenes Widerstandsforum, in dem zahlreiche Einzelgewerkschaften und andere soziale Organisationen die Arbeit prägten veröffentlichten eine Plattform, die nicht nur in der Frage des Wassers gegen die Privatisierung Stellung bezieht, sondern auch die gesamte Bedeutung der Wasserfrage, und alles, was damit zusammenhängt, bis hin zur Nahrungserzeugung analysiert und für die autonome Selbstorganisation zentraler gesellschaftlicher Bereiche Position bezieht. Die Plattform "No to the commercialization of water" pdf-Datei in Englisch publiziert im April 2009.

Plattform gegen Privatisierung

Die Privatisierungsprojekte der türkischen Regierung gehören zu den weitestgehenden ihrer Art: beispielsweise soll alles Wasser des Landes, inklusive der Quellen privatisiert werden. Angesichts dieser Pläne und der Tatsache, dass trotz erheblichen Widerstands die sogenannte Reform der Sozialversicherung durchgepeitscht wurde hat sich nun eine "Plattform gegen Privatisierung" gebildet, der bisher rund ein halbes Dutzend Gewerkschaften, ebensoviele Berufsorganisationen und der Verbraucherverband angehören. In ihrer "DECLARATION OF THE PLATFORM AGAINST PRIVATIZATION" vom 25. August 2008 unterstreichen die Organisationen, dass öffentliche Betriebe und Einrichtungen auch wirklich öffentlich sein müssen, mit den entsprechenden Einflussmöglichkeiten der Bürgerschaft. Aktuell wendet sich die Plattform vor allem gegen die Privatisierung im Energiebereich.

Busfahrer gegen Privatisierung

Die Busfahrer von Gaziantep im Süden der Türkei leisten gegen einen abermaligen Versuch des Bürgermeisters, den öffentlichen Nahverkehr zu privatisieren, weiterhin Widerstand. Vor anderthalb Jahren war der erste versuch am Widerstand der Fahrer und der Bevölkerung, die 35.000 Unterschriften gegen Privatisierung sammelte gescheitert. Damals wurde versprochen, die Privatisierung abzublasen. Jetzt sollen auf 10 Jahre Busse von Privatfirmen ausgeliehen werden, um die "Qualität" zu verbessern - nach Ansicht der Gewerkschaft Tüm-Tis ein erster Schritt zu einem erneuten Privatisierungsversuch. Eine Gewerkschaftsdemonstration gegen diesen Versuch mobilisierte auch viele andere gesellschaftliche Sektoren. Der (englische) Bericht "Mass Transit Drivers React to Privatization" externer Link vom 28. Februar 2006 bei "Sendikanet.org".

"Die Privatisierungspolitik hat die türkischen Gewerkschaften geschwächt, während eine autoritäre Gesetzgebung den Unternehmern weitgehend freie Hand lässt.

Das soziale Leben und die Arbeitsverhältnisse in der Türkei bergen, zusammen mit den Spannungen und Widersprüchen, die von tief verwurzelten und anhaltenden Problemen verursacht werden, das Chaos und eine durch den raschen Wandel verursachte Unsicherheit in sich. Weiterhin gibt es in der Sozial- und Beschäftigungsstruktur, aber auch in der Gesetzgebung große Unterschiede zu den Verhältnissen in der EU." Artikel von Aziz Çelik in Jungle World externer Link vom 14. September 2005

Liste staatlicher Betriebe zur Privatisierung "aufgetaucht"

Um einen Kredit von der Weltbank zu bekommen hat die türkische Regierung in einem "Geheimbrief" von Finanzminister Unakitan, der nicht geheim blieb, zugesichert, bis zum Jahr 2009 insgesamt 21 staatliche Betriebe zu privatisieren - was dem Brief zufolge 29.000 Arbeitsplätze weniger bedeutet. Die staatliche Tabak- und Alkoholmanfukatur steht obenan auf der Liste, gefolgt von der Telekom. Ein Vorgang, der sowohl die "Qualität" des türkischen Nationalismus als auch des "Krieges gegen Drogen" zeigt... Der (englische) redaktionelle Bericht "21 Public Corporations to be sold" externer Link vom 22. Juni 2005 beim gewerkschaftlichen Portal "Sendika.org"

Aluminiumwerk blockiert

"Die Auseinandersetzung um die geplante Privatisierung einer Aluminiumfabrik im türkischen Konya eskaliert. 48 Arbeiter und ihre Angehörigen wurden verletzt, als sie am Montag potentielle Käufer der Seydisehir Aluminium-Fabrik an einer Betriebsinspektion hinderten" - so beginnt der Bericht "Keine Fabrik zu verkaufen" externer Link von Nick Brauns in der "Jungen Welt" vom 26.Mai 2005

Besetzung der Papierfabrik SEKA in Izmit gegen Privatisierung

  • Teilsieg für die SEKA-Arbeiter
    Nach 50 Tagen Kampf gegen die Schließung der Papierfabrik SEKA in Izmit haben die Arbeiter einen Teilsieg errungen. Zum ersten Mal nach vielen Jahren musste die Regierung den Protesten der Arbeiter nachgeben. Die Fabrik bleibt staatliches Eigentum und die rund 700 Arbeiter werden nicht entlassen. Artikel aus der Zeitung Evrensel pdf-Datei vom 11. März 2005.

  • Betriebsbesetzung dauert an- "Trotz Polizeiangriffen kämpfen Beschäftigte der Papierfabrik SEKA in Ismit weiter gegen Privatisierung" - so der erste Absatz des Berichts "Betriebsbesetzung dauert an"externer Link von Serdar Deventli in der "Jungen Welt" vom 7.März 2005 über den Kampf der SEKA-Belegschaft.

  • "Der Widerstand der SEKA-Arbeiter wächst" - und jetzt hat die Gewerkschaftsföderation Türk-Is beschlossen den Kampf gegen diese Privatisierung landesweit zu unterstützen. Ein Artikel aus der Zeitung "Evrensel" vom 3.März 2005

  • SEKA: Türkische Arbeiter halten seit 6 Wochen ihren privatisierten Betrieb besetzt. Artikel von Mehmet Calli in Evrensel pdf-Datei. Aus dem Text: „… Hunderttausende neuer Arbeitslosen, die in den letzten Jahren in Folge von Privatisierungen auf die Straße gesetzt und somit ohne staatliche Absicherungen der Armut ausgesetzt wurden, stellen die Bediensteten der staatlichen Betriebe, deren Privatisierung bereits beschlossene Sache oder in Planung ist, vor die Wahl, sich der drohenden Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Armut zu ergeben oder für den Erhalt ihres Betriebs in öffentlicher Hand einzusetzen.
    Das beste Beispiel für die letztere Wahl zeigen die Arbeiter und Angestellten bei den staatlichen Papierproduktionsbetrieben SEKA in Izmit. Der Name dieser rund 100 Kilometer südöstlich von Istanbul gelegenen Industriestadt ist in den letzten Wochen zu einem Synonym für den unerbitterten Kampf gegen Privatisierungen geworden. Rund 750 SEKA-Beschäftigte besetzten vor knapp 6 Wochen ihren Betrieb, schlossen sich dort ein und fordern nun die Rücknahme des Privatisierungsbeschlusses
    ….“

  • Erneuter Angriff auf die Pressefreiheit: Ministerpräsident Tayyip Erdogan verklagt zum zweiten Mal die Tageszeitung EVRENSEL.
    Seit 36 Tagen halten Arbeiter der Papierfabrik SEKA in Izmit ihre Fabrik besetzt. Sie protestieren damit gegen die Pläne der AKP-Regierung, die unter der Leitung von Ministerpräsident Tayyip Erdogan den staatlichen Betrieb schließen und die rund 700 Arbeiter vor die Tür setzen will. Artikel von Kurtulus Mermer von der Zeitung Evrensel vom 28.Februar 2005.

  • Zu der ersten Klage siehe die Pressemitteilung von Evrensel externer Link vom 23.09.04 sowie die Pressmitteilung samt der beanstandeten Karrikatur.externer Link

"Illegale" Siedler in Istanbul wehrten sich erfolgreich

Schon im November 2004 gab es im Bezirk Pendik im (asiatischen) Großraum Istanbul tagelange Auseinandersetzungen zwischen (illegalen) Bewohnern eines "Gecekondu" im Stadtteil Ertugrulgazi und den "Ordnungskräften", bei denen es auf beiden Seiten mehrere (leicht) Verletzte gab. Anlaß war der Abriß von 14 Häusern, der auf staatseigenem Land gebauten Siedlung. Solche Auseinandersetzungen gibt es in der Türkei oft - aber die heutigen politischen Bedingungen sind andere. Während es bisher - in der Regel - so war (wie in vielen anderen Ländern auch), dass diese illegalen Hüttensiedlungen nach und nach legalisiert wurden und verbessert (meist mit einer Amnestie durch die jeweilige Regierung vor Wahlen) hat die Regierung Erdogan ein Gesetz verabschiedet, das Strafen bis zu 5 Jahren Gefängnis für illegalen Hüttenbau vorsieht und der Premierminister hat öffentlich eine weitere Amnestie ausgeschlossen. Dennoch kam es nach dem militanten Auseinandersetzungen - von Seiten der BewohnerInnen vor allem von rund 1.000 jugendlichen mit Stöcken und Steinen geführt - zu einem kompromiß, der diese Siedlung legalisierte. Eines der Grundprobleme für die Erdogan-Regierung ist dabei, dass rund 38 Prozent aller Wohnbauten in der Türkei ohne Erlaubnis gebaut wurden. Der Überblick "Squatter riots, then a solution" externer Link aus AFP-Meldungen zwischen 28.Oktober und 1.November 2004 wurde von Robert Neuwirth am 15.März 2005 in seinen Blog "Squattercity" gestellt.

Mehr als Hundertausend Arbeiter protestierten am vergangenen Wochenende in der Hauptstadt der Türkei gegen den Privatisierungskurs der AKP-Regierung

Das Privatisierungsprogramm der konservativen türkischen Regierung ist nicht neu: wohl aber der breite Widerstand der Belegschaften. Ein übersetzter redaktioneller Artikel aus der Zeitung "Evrensel" vom 19.Mai 2003

Specials
Grundinfos

Überlegungen zu einem Arbeitskongress gegen Privatisierung. Kongress-Vorschlag der Redaktion LabourNet Germany

Die Überarbeitung dieser Seite wurde durch eine freundliche Spende der Roa-Luxemburg-Stiftung in Berlin ermöglicht. Wir danken!
Siehe auch

Privatisierung und Widerstand allg. im LabourNet Germany (demnächst mit internationalen Übersichten):

Bildung
(siehe auch Diskussion: Arbeitsalltag / Aus-Um-Weiter-BILDUNG )

Dienstleistungen

Gesundheit
(siehe auch Diskussion: Wirtschaftspolitik und Gewerkschaften / Gesundheitswesen )

Wasser, Strom, Gas

GATS, Privatisierung und Widerstand allgemein

Hungerkrise und IWF
im LabourNet

Labournet Germany zu den Teuerungs- protesten ab Oktober 2007 . Übersicht unserer Meldungen aus vielen Ländern unter "Internationales"


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