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„So wird manipuliert“ – Der schwarze Freitag der spanischen Fernsehjournalistinnen von RTVE
Es gibt sie noch, oder wieder: Journalistinnen und Journalisten, die gegen Gleichschaltung, Zensur und die verantwortlichen Programmdirektionen rebellieren – zumindest beim spanischen Staatsfernsehen RTVE. Der „schwarze Freitag“ 11. Mai 2018 war der dritte dieser Reihe, in der Journalistinnen und sie unterstützende Journalisten komplett schwarz gekleidet vor die Kameras traten. Im Protest gegen Zensur, ungleiche Bezahlung und einen weiteren ganzen Katalog von Alltäglichkeiten, inklusive der Produktion von Fake News. „Asi se manipula“ ist der Twitter-Kanal, über den zu solchen Aktionen mobilisiert wird – und die „Geschichten“, die zu solchem leider unüblichen Protest geführt haben, sind einfach. Beispiel? Wenn ein Sprecher der Regierung von demonstrierenden Rentnern sagt „die sollen sich selber…“ (ihr wisst schon, was), dann darf das nicht gesendet werden. Mit solch genialen Begründungen wie, es widerspreche dem Bestreben nach politisch korrekter Sprachverwendung. Entstanden aus der Beteiligung vieler Journalistinnen der RTVE am Frauenstreiktag 8. März 2018 ist die Aktion „Schwarzer Freitag“ zum Sorgenkind einer Regierung geworden, die beispielsweise konsequent vermeiden möchte, dass Berichte und Beiträge über die wachsende Armut in Spanien veröffentlicht werden. Oder über die Zunahme serienweiser Prozesse gegen die Meinungsfreiheit, inklusive Musiker, Künstler und Beschäftigten des Bildungswesens. Die Blockade der Regierungspartei PP im April 2018 gegen die Umsetzung personeller Veränderungen, die bereits im Oktober 2017 beschlossen worden waren, wurde dann zum letzten auslösenden Ereignis dieser Aktion. Zum schwarzen Freitag bei RTVE vier aktuelle Beiträge (zum schwarzen Freitag bei ARD und ZDF usw. keine) und ein Hintergrundbeitrag von menschen machen medien (ver.di)
- „#AsíSeManipula, la campaña de denuncia de las trabajadoras de RTVE“ von José Rodriguez am 03. Mai 2018 bei El Salto ist ein ausführlicher Beitrag über Gründe und Verlauf der bisherigen Aktionen, sowie ihrer gesamten Vorgeschichte. Der Beitrag, verfasst am Tag der Pressefreiheit, verweist auch auf die konkreten Entwicklungen aus den Erfahrungen des Streiktages 8. März heraus, die zu diesen Protestaktionen geführt haben.
- „#AsiSeManipula“ ist der Twitter-Kanal der protestierenden Journalistinnen bei RTVE , der zu einem regelrechten Dokumentationszentrum unterdrückter Nachrichten geworden ist – und auf dem die Journalistinnen mit namentlich gekennzeichneten Beiträgen – „wir haben nichts zu befürchten, wir kämpfen dafür, das tun zu dürfen, wofür wir bezahlt werden“ – serienweise und täglich die Praktiken der Manipulation enthüllen.
- „Los trabajadores de RTVE dedican a Montoro su tercer „Viernes negro“ al grito de „¡No cambies de canal!““ von M. Mendez am 11. Mai 2018 bei El Diario ist ein Beitrag über den dritten „schwarzen Freitag“ der unter dem Motto stand „wechsele den Kanal nicht!“. Das war die Reaktion der Beteiligten auf die Gegenoffensive der Regierung, die nicht nur allerlei Drohungen ausstieß und weiterhin ausstößt, sondern auch versuchte, durch den zuständigen Minister Montoro, eine Öffentlichkeitskampagne zu organisieren unter dem Leitthema, wem die RTVE Berichterstattung nicht passe, könne ja zu einem der anderen Fernsehkanäle wechseln. Gegenüber den Drohungen der Regierung, so wird in dem Beitrag ausführlich und konkret berichtet, wächst nun auch die Solidarität inklusive der Gewerkschaftsbewegung mit den Journalistinnen.
- „Spanish newsreaders wear black in protest against ‘political interference’“ von Sam Jones am 11. Mai 2018 im Guardian ist der erste größere ausländische Bericht über die Aktion der RTVE Journalistinnen, worin die Gründe und Entwicklungen der Aktion nochmals zusammenfassend dargestellt werden.
- „Spanischer Rundfunk: Protest gegen Gängelung“ von Reiner Wandler am 09. Mai 2018 bei mmm hebt in der ausführlichen Darstellung unter anderem hervor: „„Egal ob Sozialisten oder Konservative, immer wieder versuchte die Regierung in die Berichterstattung einzugreifen“, erinnert sich Paco Audije. Der 64-Jährige ist Mitglied im Exekutivkomitee des Dachverbandes der Journalistengewerkschaften, der Internationalen Journalisten Föderation (IJF). Bis zu seiner Frühverrentung 2008 gehörte er zum harten Kern der Auslandsredaktion bei TVE. Er war Korrespondent in Paris, berichtete aus dem Bürgerkrieg in Algerien und vom Balkankonflikt. „Wir sollten nicht vergessen, dass RTVE unter der Franco-Diktatur gegründet wurde“, erklärt er die fehlende Distanz zur Politik. Das, was jetzt geschehe, sei allerdings mit das „Schlimmste in Sachen fehlender Presseethik seit Ende der Diktatur“. Audije erinnert sich an Zeiten, als es noch keine Strukturen innerhalb der Redaktion gab, um die Proteste zu artikulieren. Ab 1982 gab es mehrere Versuche einen Redaktionsrat ins Leben zu rufen. 1996 bis 2006 gab es ein „Komitee gegen Manipulation“. 500 Journalisten unterstützten das Komitee, das außerhalb jedes rechtlichen Rahmens agieren musste. 2006 schließlich entstand der Redaktionsrat der Nachrichtenprogramme. Die jüngsten Proteste überraschen Audije. „Als 2008 über 4000 Mitarbeiter in Vorruhestand geschickt wurden, war dies nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine politische Entscheidung“, ist er sich sicher. Es war die Generation, die den Übergang von der Diktatur zur Demokratie mitbestimmt hatte und „keinen Konflikt scheute“. RTVE stellte 1200 jüngere und schlechter bezahlte Kräfte ein, unter ihnen auch Lara Prieto von CdI. „Doch die Neuen wehren sich nicht nur gegen die Manipulation, sie machen es auch noch viel besser, als wir das je gemacht haben“, zollt der alte Hase Audije der Generation Anerkennung“.