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Ruanda

Großbritannien baut weiter Mauern: Neue Gesetzesvorlage erschwert den Zugang zu Asyl, kriminalisiert die Antragsteller – und schiebt nach Ruanda ab

Dossier

Care4Calais gegen das Abschiebeabkommen zwischen Großbritannien und Ruanda… »Nationalitäts- und Grenzvorlage« (…) Bürger- und Menschenrechtsgruppen schlagen Alarm: Die Reform sei unmenschlich, unfair und rücksichtslos. (…) Auch könnten der Zugang zu Sozialleistungen und das Recht auf Familiennachzug begrenzt werden. Zudem wird die Höchststrafe für »illegale Einreise« von derzeit sechs Monaten Gefängnis auf vier Jahre erhöht. (…) Das Gesetz zielt auch darauf ab, andere Länder zu bestrafen, die den britischen Behörden nicht behilflich sind bei der Abschiebung von Asylbewerbern oder Straftätern (…) Ominös ist eine Klausel, die besagt, dass jemand, der Flüchtlingen dabei behilflich ist, nach Großbritannien zu kommen, keinen finanziellen Anreiz braucht, um sich strafbar zu machen. Organisationen, die in Seenot geratenen Flüchtlingen im Ärmelkanal helfen, könnten also strafrechtlich verfolgt werden…“ Artikel von Peter Stäuber vom 7. Juli 2021 in neues Deutschland online externer Link, siehe dazu:

  • A dark day for Britain: Der Deal zwischen Großbritannien und Ruanda ist rechtswidrig und menschenverachtend, dennoch verabschiedet und die Proteste erneut anfeuernd New
    • UK-Ruanda-Deal: Rechtswidrig, menschenverachtend und dysfunktional
      „… Der Deal zwischen Großbritannien und Ruanda ist eindeutig rechtswidrig, nicht menschenrechtskonform umsetzbar und darüber hinaus extrem teuer. Zudem beruht er auf der falschen Annahme, durch ein solches Modell ließe sich Flucht nach Großbritannien unterbinden. Dennoch heizen seit einigen Monaten auch deutsche Politiker*innen Diskussionen über eine mögliche Auslagerung von Flüchtlingsschutz in Länder außerhalb der Europäischen Union an, und präsentieren das britische Abkommen mit Ruanda als vorbildhaft. Diese Debatte wird rechte Kräfte in Deutschland weiter stärken, denn sie schürt unrealistische Erwartungen, die zwangsläufig enttäuscht werden müssen. Das ist das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik, die nachhaltige und menschenrechtskonforme Lösungen für die bestehenden Herausforderungen finden sollte. Der Deal mit Ruanda zeigt überdeutlich, welche Gefahr Auslagerungsmodelle für Schutzsuchende sowie für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa darstellen…“ Meldung von Pro Asyl vom 22. April 2024 externer Link und dazu:

      • Britische Regierung mit Ruanda-Gesetz auf gefährlichem Kollisionskurs mit Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten
        „… „Die britische Regierung treibt den Deal mit Ruanda auf Teufel komm raus voran, obwohl Abschiebungen in das Land eindeutig rechtswidrig sind, die Zusammenarbeit extrem teuer ist und der Deal in der Praxis absehbar nicht funktionieren wird. Das ist ein dunkler Tag für den Flüchtlingsschutz und für den britischen Rechtsstaat. Es ist erschreckend, dass auch deutsche Politiker und Politikerinnen diesem zerstörerischen Plan nacheifern und die Illusion nähren, durch solche Modelle ließe sich Flucht verhindern. Vorausschauender wäre es, sich stattdessen für eine effektive Unterstützung der Kommunen und für mehr sichere Fluchtwege einzusetzen“, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. (…) Mit dem Gesetz über die Sicherheit von Ruanda (Asyl und Einwanderung) wird rechtlich festgeschrieben, dass Ruanda ein „sicherer Drittstaat“ für Flüchtlinge sei. Dabei hat der britische Supreme Court erst im November 2023 die konkrete Gefahr festgestellt, dass Flüchtlinge von Ruanda aus in ihre Heimatländer und damit in die Verfolgung abgeschoben werden könnten. Geklagt hatten unter anderem Geflüchtete aus Syrien und dem Iran. Genau solche Kettenabschiebungen in die Verfolgerstaaten sind im Zuge einer früheren ähnlichen Zusammenarbeit zwischen Israel und Ruanda passiert, wie der Supreme Court feststellte. Darüber hinaus soll mit dem Gesetz die Wirkung der Europäischen Menschenrechtskonvention für Ruanda-Abschiebungsfälle außer Kraft gesetzt werden. Die Einhaltung von einstweiligen Anordnungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der im Juni 2022 einen ersten Abschiebungsversuch nach Ruanda in letzter Minute gestoppt hatte, soll für die britische Regierung nur noch optional sein. Nachdem der Gesetzentwurf in den letzten Wochen zwischen Unter- und Oberhaus feststeckte, hat das Oberhaus nun nachgegeben. Bis zuletzt hatte es unter anderem Ausnahmen für britische Ortskräfte, etwa aus Afghanistan, sowie einen unabhängigen Expert*innenausschuss gefordert, der die Sicherheit Ruandas beurteilen sollte. Diese Forderungen wurden in der Nacht aufgegeben. (…) PRO ASYL verurteilt Versuche der Auslagerung des Flüchtlingsschutzes wie den der britischen Regierung als Verstoß gegen die internationale Verantwortungsteilung, der sich Staaten mit der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet haben. In der Praxis führen solche Deals regelmäßig zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen, wie etwa Abschiebungen trotz drohender Gefahren für Leib und Leben („refoulement“ genannt) oder auch willkürliche Inhaftierungen. In England zeigt sich zudem, welche negativen Auswirkungen solche Politikansätze bereits heute haben – selbst wenn noch keine einzige Person nach Ruanda abgeschoben wurde…“ Pressemitteilung von  Pro Asyl vom 23. April 2024 externer Link
    • Fünf Menschen ertrinken im Ärmelkanal, Stunden nachdem die britische Regierung das Gesetz zur Sicherheit in Ruanda verabschiedet hat
      Heute ist ein „düsterer Tag für Menschen, die in Großbritannien Asyl suchen“, sagen Aktivisten
      Ein vierjähriges Mädchen gehörte zu den mindestens fünf Menschen, die heute Morgen bei dem Versuch, von Frankreich aus den Ärmelkanal nach Großbritannien zu überqueren, ums Leben kamen – am selben Tag, an dem die britische Regierung die Verabschiedung ihres weithin verurteilten Gesetzes zur Sicherheit in Ruanda feierte.
      „Gegen 5 Uhr heute Morgen stach ein kleines Boot (mit mehr als 110 Personen) vom deutschen Strand (in Wimereux) in See“, teilte die französische Küstenwache heute Morgen mit. „Nach einer ersten Strandung auf einer Sandbank stach das Boot wieder in See. Dabei kam es offenbar zu einer Massenbewegung in dem überladenen Boot, die mehrere Opfer forderte.“ Unter den Toten sind drei Männer, eine Frau und das vierjährige Mädchen.
      Die britische Regierung schlug erstmals im April 2022 vor, Menschen, die den Ärmelkanal zwischen Frankreich und England in kleinen Booten überqueren, zwangsweise nach Ruanda zu schicken. Nach einem langen Streit zwischen der Regierung und dem House of Lords (dem nicht gewählten britischen Oberhaus) wurde das Gesetz 2023 verabschiedet. Doch nach einer juristischen Kampagne der Menschenrechtsorganisationen Detention Action und Care4Calais sowie der Gewerkschaft Public and Commerical Services (PCS) entschied der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs im November 2023, dass Ruanda kein sicheres Land für Asylsuchende sei und die Politik der Regierung daher gegen internationale Menschenrechtsvorschriften verstoße…“ engl. Meldung vom 23.4.24 von The Civil Fleet externer Link (maschinenübersetzt) mit vielen Kommentaren aus der Bewegung, siehe auch:

      • Wie furchtbar symbolisch: Mindestens fünf Menschen sterben bei der Überquerung des Ärmelkanals an dem Tag, an dem das Ruanda-Gesetz verabschiedet wird. Was werden die Regierung und die Rechten als Nächstes tun, wenn die Ruanda-Regelung nichts dazu beiträgt, die Boote und den Tod auf See zu stoppen?“ engl. Tweet von The Civil Fleet vom 23. Apr. 2024 externer Link zur BBC-Meldung externer Link
    • BREAKING: Das grausame Ruanda-Gesetz der Regierung wurde soeben verabschiedet. Sie hat das Völkerrecht und den Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs völlig missachtet. Das ist schlichtweg kriminell – deshalb sind wir zum Parlament gefahren, um den Tatort einzurichten“ engl. Tweet von Freedom from Torture vom 23. Apr. 2024 externer Link mit Video des Protestes
    • Wenn Sie sich heute wegen der Verabschiedung des Ruanda-Gesetzes niedergeschlagen fühlen, denken Sie an Folgendes: Bisher sind noch keine Flüge nach Ruanda gestartet, und wir haben dieser Regierung gezeigt, dass unsere Volksbewegung eine Kraft ist, mit der man rechnen muss. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln…“ engl. Tweet von Freedom from Torture vom 23. Apr. 2024 externer Link mit Video des Aufrufs zur Petition:
    • AIRTANKER: DON’T END UP ON THE WRONG SIDE OF HISTORY /AIRTANKER: NICHT AUF DER FALSCHEN SEITE DER GESCHICHTE LANDEN)
      Zurzeit wird berichtet, dass die Fluggesellschaft AirTanker Gespräche mit der Regierung führt, um Flüchtlinge im Rahmen ihres grausamen Programms „Bargeld für Menschen“ nach Ruanda zu fliegen. Das Ruanda-Programm der Regierung verstößt gegen internationales Recht, den Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs und den allgemeinen menschlichen Anstand. Es ist grausam, und es ist falsch. Wir sehen den Schrecken, den es den Überlebenden von Folterungen zufügt, jeden Tag in unseren Therapieräumen. 2022 schloss AirTanker sich selbst aus, an diesem Programm teilzunehmen. Es ist an der Zeit, dass sie wieder das Richtige tun. Sagen Sie AirTanker, dass sie sich JETZT ausschließen müssen…“ engl. Petition von Freedom from Torture externer Link
    • #SafePassage #StopRwanda
  • Flüchtlingspolitik ad absurdum: Ruander erhalten Asyl in Großbritannien
    „Während die britische Regierung Asylsuchende in das vermeintlich sichere Ruanda abschieben will, erhalten Ruander Asyl in Großbritannien. (…) Die britische Regierung muss sich wegen ihres Vorhabens, Asylsuchende künftig ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda abzugeben, neuen Fragen stellen. Wie der das britische Blatt „Observer“ am Sonntag unter Berufung auf Dokumente des Innenministeriums berichtete, erhielten in den vergangenen Monaten mehrere Oppositionelle aus dem ostafrikanischen Land wegen Verfolgung Asyl in Großbritannien zugesprochen. Die konservative Regierung von Rishi Sunak will Ruanda aber derzeit per Gesetz zum sicheren Drittland erklären. Die Argumentation dafür dürfte ihr nun noch schwerer fallen, zumal das Vorhaben auch international stark in der Kritik steht. (…) Die geplante Maßnahme soll nach Angaben der britischen Regierung Menschen von der Überfahrt über den Ärmelkanal abschrecken. (…) Doch der Plan wurde vom obersten Gericht für rechtswidrig erklärt. Die Richter des Supreme Courts haben Bedenken hinsichtlich des Asylverfahrens in Ruanda. Es sei nicht auszuschließen, dass die Schutzsuchenden von dort wieder in ihre Herkunftsländer abgeschoben würden. Die Regierung will diese Bedenken per Gesetz als unbegründet erklären. An diesem Montag soll im Oberhaus in Zweiter Lesung über den Gesetzentwurf beraten werden. Um das Vorhaben umzusetzen, so hieß es in der Debatte bisher, sollten zur Not Menschenrechte ausgesetzt werden.“ Meldung vom 29. Januar 2024 im MiGAZIN externer Link
  • Asyl-Plan in der Sackgasse: Ruanda ist nicht der sichere Hafen
    „… Obwohl sie von britischen und europäischen Gerichten gerügt wurde, hat die Regierung des britischen Premierministers Rishi Sunak beschlossen, ein neues Abkommen mit der ruandischen Regierung zu unterzeichnen. Das Abkommen verbiegt die Gesetze so, dass Migranten und Asylsuchende, die im Vereinigten Königreich ankommen, nach Ruanda abgeschoben werden können. Obwohl das Projekt noch weit von der Umsetzung entfernt ist, ist es Sunak gelungen, seine Schlüsselvorlage durch das Unterhaus zu bringen, nachdem eine Rebellion der Konservativen Partei gescheitert war. Während die unnachgiebige Verfolgung dieser Politik durch die Downing Street Nr. 10 mit ihrem zentralen Wahlversprechen zusammenhängt, die illegale Einwanderung mit allen Mitteln zu bekämpfen, ist das Geschäft für den ruandischen Präsidenten Paul Kagame nicht nur ein Goldesel. Sie hilft ihm auch, der Verantwortung für seine eigene Politik gegenüber Hunderttausenden von ruandischen Flüchtlingen und ihren Nachkommen zu entgehen, die seine Regierung in den letzten drei Jahrzehnten nicht wieder ins Land gelassen hat. Noch wichtiger ist, dass die Ernennung Großbritanniens zum sicheren Zufluchtsort für seine eigenen Migranten die von Kagame sorgfältig aufgebaute Fassade des Potemkinschen Dorfes eines wohlhabenden und stabilen Ruandas unter seiner Führung festigt. (…) Die britische Regierung verteidigt ihren Plan, Ruanda als Abladeplatz für unerwünschte Migranten und Asylsuchende zu nutzen, als Lösung für die Krise der illegalen Einwanderung in Großbritannien. Der Plan beruht jedoch auf der Fähigkeit der ruandischen Regierung, ausländische Flüchtlinge und Migranten in einem Land aufzunehmen und zu halten, das nach wie vor zu den ärmsten und am dichtesten besiedelten Ländern der Welt gehört. (…) Die Ruander haben noch nie freie und faire Wahlen gehabt und können auch ihre Führer nicht frei bestimmen. Aber eine große Zahl von Ruandern hat mit den Füßen abgestimmt, um vor politischer Unterdrückung, Arbeitslosigkeit und mangelnden Chancen aufgrund der Konzentration von Macht und Reichtum in den Händen einer winzigen kleptokratischen Elite zu fliehen. Trotz des ganzen PR-Glanzes um die sogenannte Erfolgsgeschichte Ruandas ist die traurige Wahrheit, dass sich Ruanda unter Kagame nicht wirklich mit sich selbst ausgesöhnt hat. Stattdessen ist die Erinnerung an den Völkermord zu einem politischen Instrument für das Kagame-Regime geworden, um sich zu bereichern und sich auf unbestimmte Zeit an die Macht zu klammern. (…) Die Briten sollten sich von Kagame nicht vorgaukeln lassen, dass Ruanda ein sicheres oder praktikables Ziel für die Migranten ist, die das Vereinigte Königreich zurückweist. Mehr noch als das Geld ist der Deal ein Geschenk, das es Kagame ermöglicht, das Gespräch über die Rückkehr seiner eigenen Flüchtlinge ein für alle Mal zu unterbinden. Schlimmer noch: Indem er das Problem der ruandischen Flüchtlinge ignoriert und es wie frühere Führer versäumt, die Voraussetzungen für ihre sichere Rückkehr zu schaffen, bereitet Kagame Ruanda auf die nächste Runde gewalttätiger Auseinandersetzungen im Land vor, die sowohl die Ruander als auch die Migranten gefährden werden, die das Vereinigte Königreich dorthin schickt. Das Vereinigte Königreich und die internationalen Partner Ruandas tragen einen Teil der Verantwortung, wenn sie nicht genug tun, um dies zu verhindern.“ Artikel von Norman Ishimwe Sinamenye in deutscher Übersetzung in merkur.de am 28. Januar 2024 externer Link
  • Sunak droht Revolte wegen Ruanda-Abschiebegesetz
    Ruanda und kein Ende: Der Streit innerhalb der Tory-Partei über das Abschiebegesetz von Premier Sunak legt die britische Politik lahm. Nun kommt es zum Showdown. Aber auch wenn Sunak seinen Entwurf durchs Parlament bringt – die Debatte wird ihn weiter belasten…“ Beitrag von Benedikt von Imhoff vom 17.01.2024 im Migazin externer Link
  • Während britisches Parlament für das Ruanda-Abschiebegesetz stimmt, begeht ein Geflüchteter Selbstmord auf dem Gefängnis-Schiff „Bibby Stockholm“
    • Nach dem offensichtlichen Selbstmord eines Bewohners wird die Forderung nach Schließung der Bibby Stockholm lauter
      Das Schiff ist laut Wohlfahrtsverbänden zu eng, ein Brandrisiko und eine ungeeignete Unterkunft für Menschen mit Traumata
      Die Minister werden aufgefordert, das Schiff „Bibby Stockholm“ zu schließen, nachdem sich ein Asylbewerber, der auf dem Schiff untergebracht war, umgebracht haben soll. Die Polizei untersucht den „plötzlichen Tod“ auf dem riesigen Schiff in Portland, Dorset, das von der ehemaligen Innenministerin Suella Braverman gemietet wurde, um Neuankömmlinge im Vereinigten Königreich unterzubringen. Der Mann, der in den 20er Jahren gewesen sein soll, wurde am frühen Dienstagmorgen von seinem Zimmerkollegen gefunden. Wohltätigkeitsorganisationen forderten am Dienstagabend die Regierung auf, den Kahn zu schließen, da sie befürchten, dass es sich um eine beengte, unsichere und isolierte Unterkunft für Menschen handelt, von denen viele ein Trauma erlitten haben. Enver Solomon, der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, forderte eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls. „Aus unserer Arbeit zur Unterstützung von Männern, Frauen und Kindern im Asylsystem wissen wir, dass viele von ihnen zutiefst traumatisiert sind und sich isoliert und unfähig fühlen, die Hilfe zu bekommen, die sie brauchen. Einige sind so verzweifelt, dass sie sich selbst verletzen und selbstmordgefährdet sind. „Es ist zwingend erforderlich, dass dieser Todesfall von unabhängiger Seite untersucht wird, damit daraus Lehren gezogen werden können“, sagte er…“ engl. Artikel von Rajeev Syal, Diane Taylor, Pippa Crerar und Amelia Gentleman vom 12.12.2023 im Guardian online externer Link („Calls grow for Bibby Stockholm barge to close after apparent suicide of resident“, maschinenübersetzt) mit umfangreicher Schilderung der Zustände und der Kritik daran, siehe dazu auch:

    • Britisches Parlament für Ruanda-Gesetz: Rishi Sunak kommt noch einmal davon
      Großbritanniens Premier setzt sich gegen innerparteiliche Kritiker durch. Nun wandert das Ruanda-Gesetz in die Ausschüsse. (…) Am Ende gewann Sunak die Abstimmung am Dienstagabend souverän: 313 zu 269 Stimmen, keine einzige Gegenstimme in der eigenen Fraktion und nur 37 konservative Enthaltungen. Genau vier Jahre seit dem kolossalen konservativen Wahlsieg Boris Johnsons im Dezember 2019 hat Rishi Sunak scheinbar die Kurve gekriegt.
      Ruanda ist noch weit weg
      Der Sieg ist ein kleiner Schritt weiter im Vorhaben, Asylsuchende, die ohne Einreiseerlaubnis auf kleinen Booten von Frankreich aus den Ärmelkanal nach Großbritannien überqueren, nach Ruanda abzuschieben, bevor sie in Großbritannien Asyl beantragen können. Asyl sollen sie dann in Ruanda beantragen und erhalten. Ruanda wird dafür per Gesetz als sicherer Drittstaat definiert. Dies widerspricht zwar der Auffassung des Supreme Court in London, das den ersten Ruanda-Deal im November gekippt hatte. Aber laut Innenminister James Cleverly hat der neue Staatsvertrag mit Ruanda, den er vergangene Woche in der ruandischen Hauptstadt Kigali unterzeichnete, die vom Supreme Court identifizierten Mängel alle beseitigt, mit neuen Garantien und internationaler Überwachung für die ruandischen Asylverfahren. Auf dieser Grundlage brachte Cleverly nach seiner Rückkehr aus Ruanda einen Gesetzentwurf ins britische Parlament ein. (…) Nachdem am Dienstagmittag Blitz und Donner über das Regierungsviertel gezogen waren, stimmte das Unterhaus schließlich nach mehrstündiger Debatte mit einer Mehrheit von 44 Stimmen für den Ruanda-Gesetzentwurf. Eine Niederlage hätte Sunaks politische Zukunft als Premierminister bedroht, vielleicht auch die Zukunft der konservativen Regierung insgesamt. Doch es ist keineswegs das Ende der Rangeleien. Mit den 313 „Ayes“ geht der Gesetzentwurf lediglich in den zuständigen Parlamentsauschuss, wo er Zeile für Zeile debattiert werden wird und wo das Verfahren des Einbrigens von Änderungsanträgen beginnt. Dann ist das Oberhaus dran und danach geht es mit oder ohne Änderungen zurück ins Unterhaus, wo wieder über die Gesetz- und Änderungsvorschlägen abgestimmt werden muss. Das alles geschieht erst im nächsten Jahr…“ Artikel von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski vom 13.12.2023 in der taz online externer Link, siehe zuvor:
    • Flüchtlingspolitik: London will für Ruanda-Pläne ausdrücklich Menschenrechte aussetzen
      Die britische Regierung will sich bei ihren umstrittenen Plänen zur Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda ausdrücklich nicht von Menschenrechten stoppen lassen. Premierminister Sunak will mit einem neuen Gesetz zentrale Teile der britischen Menschenrechte aushebeln…“ Beitrag vom 07.12.2023 im Migazin externer Link
    • Verschärftes Zuwanderungsrecht: London schließt neuen Asylpakt für Abschiebungen nach Ruanda
      Etwa 745.000 Menschen wanderten im Vorjahr unterm Strich nach Großbritannien ein – viel mehr als vor dem Brexit, mit dem das Land die Migration besser kontrollieren wollte. Premier Sunak steht daher unter Druck – und schmiedet Pläne. Vor allem ein Vorhaben hat es in sich…“ Artikel von Benedikt von Imhoff vom 05.12.2023 im Migazin externer Link
  • Der Oberste Gerichtshof stoppt den „vorbildlichen“ Asyl-Pakt mit Ruanda, den die britische Regierung per „Notfall-Gesetzgebung“ dennoch durchsetzen will
    • Krachende Niederlage: Gericht stoppt Sunaks Asyl-Pakt mit Ruanda
      Er werde Flüchtlinge stoppen, hatte Premierminister Sunak versprochen. Doch sein Plan, Asylverfahren nach Ruanda auszulagern, wird vom Obersten Gericht zerpflückt. Nun dürfte der Druck auf den Regierungschef aus den eigenen Reihen weiter steigen.
      Bei einem seiner wichtigsten politischen Projekte hat der britische Premierminister Rishi Sunak eine krachende Niederlage vor Gericht erlitten. Der Oberste Gerichtshof verwarf externer Link am Mittwoch die Pläne des konservativen Regierungschefs als rechtswidrig, irregulär eingereiste Migranten ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda abzuschieben und dort einen Asylantrag stellen zu lassen. Trotzig kündigte Sunak daraufhin an, seine Pläne per «Notfall-Gesetzgebung» doch noch durchsetzen zu wollen und Ruanda zum sicheren Drittland zu erklären. In einer Pressekonferenz nahm Sunak Forderungen des rechten Flügels seiner Konservativen Partei auf, einen Einspruch von Betroffenen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abzublocken. Die Abschiebeflüge nach Ruanda würden im Frühjahr abheben, sagte der Premier. „Ich werde nicht zulassen, dass ein ausländisches Gericht diese Flüge verhindert.“ Als möglich gilt auch, dass Großbritannien die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verlässt.
      Gericht sieht erhebliche Probleme für Flüchtlinge in Ruanda
      Das oberste britische Gericht machte in seiner Urteilsbegründung umfassend deutlich, dass es das ostafrikanische Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet. Dabei berief sich der Supreme Court vor allem auf Berichte des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sowie frühere britische Angaben über außergerichtliche Hinrichtungen, Todesfälle in Haft sowie Folter und eine hohe Ablehnung von Asylanträgen aus Konfliktgebieten wie Syrien. Es besteht demnach die Gefahr, dass Geflüchtete keine Chance auf ein faires Asylverfahren in Ruanda haben und ihnen eine Abschiebung in ihr Heimatland droht. Das Gericht betonte, nicht nur die EMRK, sondern auch die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen und andere Abkommen würden die Rückführung von Asylsuchenden verbieten. (…)
      Die Gerichtsentscheidung hatte Sunak in seiner Partei unter Druck gesetzt. Vor der Presse zeigte er nun Verständnis für „emotionale“ Forderungen wie die von Vize-Geschäftsführer Lee Anderson, er solle das Urteil ignorieren und Migranten kurzerhand ins nächste Flugzeug setzen. Die Briten hätten genug davon, dass ihr Parlament nicht das tun dürfe, für das es gewählt worden sei, sagte Sunak. (…) Im Parlament kündigte Bravermans Nachfolger James Cleverly nun einen neuen Vertrag mit Ruanda an. Dabei solle verankert werden, dass Asylsuchende nicht in ein anderes Land weitergeschoben werden können. Doch selbst im Falle eines neuen Vertrags gilt als unwahrscheinlich, dass bald ein Flugzeug nach Ruanda abhebt. Kommentatoren betonten, der Supreme Court habe institutionelle Probleme in Ruanda kritisiert…“ Beitrag von Benedikt von Imhoff und Christoph Meyer vom 15.11.2023 im Migazin externer Link, siehe (von vielen) auch:
    • „Notfallgesetz“ geplant: Sunak hält an Ruanda-Plänen fest
      Asylbewerber nach Ruanda abschieben – nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in London ist das illegal. Der britische Premier Sunak will aber an dem Vorhaben festhalten – und plant, Ruanda als sicheres Drittland einstufen zu lassen…“ Meldung vom 15.11.2023 in tagesschau.de externer Link
    • Zum vielfachen (rechten) Bezug auf das „Ruanda-Modell“ siehe unser Dossier: “Menschenfeindlicher Unsinn”: (Nicht nur) Seehofer will „Erstprüfung“ von Asylanträgen an EU-Außengrenzen
  • „No Prison Ships“: Die brutalen privaten Sicherheitskräfte konnten vorübergehend beim Transport von Geflüchteten zum Gefängnis-Schiff „Bibby Stockholm“ blockiert werden
    • Just Stop Oil verzögert die Inhaftierung von Flüchtlingen auf der Bibby Stockholm
      Just Stop Oil“-Anhänger blockierten vorübergehend den Reisebus, der Asylbewerber zur Bibby Stockholm bringt, die an der Isle of Portland in Dorset angedockt hat. Heute um 12.45 Uhr blockierten 23 Personen den Verkehr auf der Portland Beach Road, bevor sie sich vor den Bus mit den Asylbewerbern stellten. Vor dem Bus wurde ein Transparent mit der Aufschrift „No Prison Ships“ (keine Gefängnisschiffe) entrollt, auf der Rückseite stand „Demand Humanity“ (Menschlichkeit fordern). Just Stop Oil“-Anhänger, die sich auf der Straße befanden, wurden wiederholt angefahren, so dass sie zu ihrer eigenen Sicherheit die Fahrbahn verlassen mussten. Drei von ihnen wurden verhaftet. (…) Die Unterstützer von Just Stop Oil wurden aufgrund eines offenen Briefes der ersten Bewohner des Bibby Stockholm aktiv, in dem sie den katastrophalen Zustand der Unterkunft schilderten und um „Unterstützung und Einigkeit“ baten. Am 25. Oktober um 19:00 Uhr findet ein öffentlicher Vortrag statt, der von Just Stop Oil veranstaltet wird. Referenten wie Asad Rehman (War On Want) und Tara Povey (Refugee Action) werden eine Diskussion über Klima- und Migrantengerechtigkeit führen. Unterstützer von Just Stop Oil werden über ihre Erfahrungen mit gewaltfreiem zivilem Widerstand berichten.
      Im November rufen wir zu täglichen Märschen in London auf, bis die Regierung zur Vernunft kommt und neues Öl stoppt. Wir rufen alle dazu auf, sich uns im zivilen Widerstand anzuschließen. (…) Am 18. November wird es einen NO PRISON SHIPS-Block auf dem People VS Oil-Massenmarsch geben.“ engl. Pressemitteilung vom 19.10.2023 von Just Stop Oil externer Link („Just Stop Oil delays refugees from being detained on the Bibby Stockholm“, maschinenübersetzt), siehe auch:
    • BREAKING: Stoppen Sie einfach den Ölblockbus, der Flüchtlinge zum Lastkahn BIBBY STOCKHOLM bringt. Um 12:45 Uhr blockierten 23 Unterstützer von Just Stop Oil den einzigen Straßenzugang zum Boot auf der Isle of Portland. (…)
      Tötungsabsicht
      Mit Bedauern müssen wir berichten, dass wir den Transport von Flüchtlingen zum Gefängnis nicht stoppen konnten – der Fahrer rammte durch den Block und riskierte dabei, die Menschen vor ihm zu töten. Wir brauchten mehr Leute. Wir können das nicht alleine schaffen. Nehmen Sie am Anruf teil: http://tinyurl.com/noprisonships
      externer Link …“ engl. Thread von @JustStop_Oil vom 19. Okt. 2023 externer Link mit Videos
    • Keine Gefängnisschiffe mehr. Das Bibby Stockholm ist ein grausames, rassistisches Gefängnis. Menschen verdienen ein Zuhause und Würde, keine Inhaftierung. Klimagerechtigkeit ist Flüchtlingsgerechtigkeit. Burn Grenzen, nicht der Planet.
      Gut gemacht @JustStop_Oil
      Ein privater Sicherheitsdienst am Steuer des Busses, der Menschen zum Gefängnisschiff Bibby Stockholm brachte, fuhr über Menschen, die auf der Straße saßen.  Die Regierung eskaliert und setzt private Sicherheitskräfte ein, um gegen Menschen vorzugehen, die sich widersetzen. Dies sind einige der privaten Sicherheitskräfte, die Menschen überrannt und aus dem Weg gestoßen haben, um Migranten auf das Gefängnisschiff zu bringen. Sie wurden vom Innenministerium eingestellt und bezahlt.“ engl. Thread von Stop Deportations vom 19. Okt. 2023 externer Link mit Fotos und Video
    • Chaotische Szenen bei der Rückkehr der ersten Asylbewerber auf den Kahn Bibby Stockholm
      Just Stop Oil“-Demonstranten blockieren den Damm und halten kurzzeitig einen Bus an, der Männer zum Schiff im Hafen von Portland bringt
      Chaotische Szenen spielten sich ab, als die britische Regierung Asylbewerber zur Rückkehr auf den Kahn Bibby Stockholm in Dorset zwang, nachdem dieser mehr als zwei Monate zuvor evakuiert worden war, nachdem in der Wasserversorgung Legionellen entdeckt worden waren. Den Demonstranten von Just Stop Oil gelang es, den Reisebus, der die Männer zum Schiff im Hafen von Portland brachte, zu stoppen, indem sie den Damm zur Insel blockierten und behaupteten, das Fahrzeug habe ihr Leben in Gefahr gebracht, indem es durch sie hindurchgefahren sei. Etwa 50 weitere Anwohner und Aktivisten versammelten sich vor den Toren des Hafens, um gegen die Rückführung der Männer in die Anlage zu protestieren, aber auch, um sie in ihrer Gemeinde willkommen zu heißen…“ engl. Artikel von Steven Morris and Diane Taylor vom 19.10.2023 in The Guardian online externer Link (maschinenübersetzt)
    • Die britische Regierung hat Asylsuchende gezwungen, auf den Lastkahn „Bibby Stockholm“ zurückzukehren. Letzten Monat veröffentlichte @hrw @JustFairUK einen Bericht, in dem er zu dem Schluss kam, dass Lastkähne angesichts gravierender Mängel nicht als Asylunterkünfte genutzt werden sollten. Der Lastkahn wurde als Todesfalle bezeichnet. (…) Er fordert die #UK dringend auf, alle Pläne zur Unterbringung von Asylbewerbern auf Lastkähnen aufzugeben, und enthält weitere wichtige Empfehlungen, um sicherzustellen, dass Menschen, insbesondere Kinder und Familien, in Würde leben und ihre Grundrechte gewahrt bleiben können.“ engl. Tweet von Emilie McDonnell vom 20. Okt. 2023 externer Link, siehe
    • “I Felt So Stuck”
      Unzureichende Unterbringung und soziale Unterstützung für asylsuchende Familien im Vereinigten Königreich. engl. Studie vom 14. September 2023 vom und bei Human Rights Watch externer Link
  • Die Feuerwehrgewerkschaft FBU erhebt Klage gegen Bibby Stockholm-Schiff
    Die Feuerwehrgewerkschaft hat nun rechtliche Schritte gegen die Bibby Stockholm eingeleitet. In einem am Freitag von Anwälten an den Innenminister gesandten Schreiben (Pre-Action Protocol) hat die Gewerkschaft ihre Bedenken hinsichtlich der Sicherheit an Bord des Schiffes dargelegt. Eine Antwort ist bis Donnerstag, 31. August, 16 Uhr, erforderlich.  Die Gewerkschaft hatte zuvor in einem Schreiben an den Innenminister um ein Treffen gebeten, um ihre Bedenken zu erörtern, was jedoch Anfang des Monats abgelehnt wurde. Der Generalsekretär der Feuerwehrgewerkschaft, Matt Wrack, sagte: „Die Feuerwehrgewerkschaft ist die professionelle Stimme der Feuerwehrleute, und wir haben die Pflicht, uns in Fragen des Brandschutzes Gehör zu verschaffen, insbesondere wenn Politiker unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit im Stich lassen. Wir schlagen schon seit Wochen Alarm wegen der Bibby Stockholm. „Es ist eine Schande, dass der Innenminister nicht einmal bereit ist, sich mit uns zu treffen, um diese Bedenken zu besprechen. Während dieser ganzen Episode hat die Regierung einen Mangel an Transparenz und eine gefühllose Missachtung der Sicherheit sowohl der Feuerwehrleute als auch derjenigen, die auf dem Kahn untergebracht werden sollen, an den Tag gelegt. „Brände diskriminieren nicht aufgrund des Einwanderungsstatus, und Brandschutzvorschriften können das auch nicht. Jeder Mensch, egal woher er kommt, hat das Recht, in einer sicheren und angemessenen Unterkunft zu leben, und Feuerwehrleute haben das Recht zu erwarten, dass sie nicht rücksichtslos gefährdet werden…“ engl. Meldung der Fire Brigades Union vom 27.8.2023 externer Link („FBU launches legal challenge over Bibby Stockholm barge“, maschinenübersetzt)
  • Großbritannien will Geflüchtete mit GPS-Fußfesseln überwachen
    Großbritannien erwägt, Geflüchtete mit elektronischen Fußfesseln zu überwachen. Innenminister Bravermann dementierte Medienberichte nicht. Es gibt allerdings Bedenken gegen das Vorhaben: zu teuer, zu wenige Geräte, Menschenrechte. Die konservative britische Regierung erwägt laut einem Bericht der Zeitung „Times“ externer Link, ankommende Geflüchtete mit GPS-Sendern zu überwachen. Menschen, die ohne entsprechende Papiere einreisen, sollen einem umstrittenen Gesetz zufolge in Gewahrsam genommen und abgeschoben werden. Allerdings reichen die Platzkapazitäten dafür nicht aus, wie das Blatt berichtete. Beamte seien deswegen aufgefordert worden, alternative Wege zu finden, um Menschen daran zu hindern, in der Zwischenzeit in Großbritannien unterzutauchen. (…) Nach Informationen der „Times“ haben Beamte Bedenken angemeldet bei der Idee, ankommende Geflüchtete mit GPS-Geräten zu überwachen – es könne viel Geld kosten, gebe womöglich nicht genug Geräte und sei auch mit Blick auf Menschenrechte schwierig…“ Meldung vom 28.08.2023 im Migazin externer Link
  • Mehrere tote Geflüchtete bei Unglück im Ärmelkanal. Britische Entscheidungsträger machen schnell die Schuldigen aus – und geraten selbst in Bedrängnis 
    „Bei einem Bootsunglück im Ärmelkanal sind erneut mehrere Menschen ums Leben gekommen. Sechs Menschen starben bei der versuchten Überquerung des Kanals von Frankreich nach Großbritannien. Nach Angaben der französischen Staatsanwaltschaft handelte es sich bei allen um afghanische Staatsbürger. Es werden mehrere Menschen vermisst. (…) Das Boot war in der Nacht zum Samstag nahe der nordfranzösischen Stadt Calais in Seenot geraten und gesunken. Mehr als 50 Menschen wurden von französischen und britischen Einsatzkräften gerettet. (…) Auf beiden Seiten des Kanals wurden schnell die Schuldigen für das erneute Unglück ausgemacht. „Hinter diesem menschlichen Drama sind Schleuser, Kriminelle“, sagte der französische Meeresstaatssekretär Hervé Berville im Sender BFMTV. Diese schickten Frauen, Jugendliche und Erwachsene in den Tod. Auch die britische Regierung erklärte: „Dieser Vorfall ist leider eine weitere Erinnerung an die extremen Gefahren der Überquerung des Ärmelkanals in kleinen Booten und wie wichtig es ist, dass wir das Geschäftsmodell der Menschenschmuggler durchbrechen und die Boote stoppen.“ Die britische Regierung des konservativen Premierministers Rishi Sunak gerät durch das Unglück unter weiteren Druck, die Überquerungen des Kanals in den Griff zu bekommen. Sunak versucht seit langem, Menschen davon abzuhalten – bisher ohne Erfolg. Vergangene Woche wurden an einem einzigen Tag 755 Menschen in 14 Booten registriert, die mit kleinen Booten über den Ärmelkanal kamen – so viele wie noch nie in diesem Jahr. (…) Die Konservativen hatten angekündigt, mit dem Abschied Großbritanniens aus der Europäischen Union werde die Migration nachlassen. Allerdings gibt es seitdem kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU. Auch bei einer umstrittenen Maßnahme im Inland gab es jüngst Ärger: 39 Geflüchtete mussten am Freitag von einem Lastkahn im südenglischen Portland gebracht werden, nachdem bei Wasserproben Legionellenwerte festgestellt wurden, die weitere Untersuchungen erforderlich machten…“ Meldung vom 14. August 2023 im MiGAZIN externer Link („Britische Regierung unter Druck“)

  • Britische Regierung droht Asylrechtsanwälten: „Betrügerische Einwanderungsanwälte müssen ausgemerzt werden“
    „Die britische Regierung will schärfer gegen Anwälte vorgehen, die Migranten mit Falschangaben bei Asylanträgen helfen (…) Lebenslange Haft – eine so drastische Strafe droht die britische Regierung Anwälten an, die Migranten bei betrügerischen Asylrechtsanträgen unterstützen. Einem offiziellen Regierungsstatement zufolge soll eine neue Arbeitsgruppe aus verschiedenen staatlichen Stellen die entsprechende Strafverfolgung vorantreiben. „Betrügerische Einwanderungsanwälte müssen ausgemerzt und vor Gericht gestellt werden“, sagte Innenministerin Suella Braverman. Zwar würde sich die große Mehrheit von Anwälten profesionell und redlich verhalten. „Aber wir wissen, dass einige lügen, um illegalen Einwanderern dabei zu helfen, das System auszutricksen“, sagte Braverman gegenüber der Daily Mail. Die konservative Hardlinerin erklärte, dass die britische Bevölkerung von ihr erwarte, dass sie die illegale Migration beende: „Ich bin entschlossen, hart gegen diese unmoralischen Anwälte durchzugreifen und die Boote zu stoppen“. Ausgangspunkt der Debatte war ein Bericht der Daily Mail über den Fall eines Undercover-Journalisten: Gegen Zahlung von mehreren Tausend Pfund bot ein Anwalt ihm an, sich für ihn eine asylrechtstaugliche Hintegrundgeschichte auszudenken. Die Regulierungsbehörde für Anwälte schloss in Folge des Skandals drei Anwaltskanzleien. Der Branchenverband Law Society, der Anwälte in England und Wales vertritt, kritisiert die britische Regierung, weil es bereits ausreichend Regeln bei einem solchen Fehlverhalten von Rechtsbeiständen gebe. Der Verband wirft dem Innenministerium vor, sich auf eine sehr kleine Minderheit von Anwälten zu konzentrieren. Es gehe der Regierung vielmehr darum, von dem Rückstand bei der Bearbeitung von Aslyanträgen und den Problemen beim Illegale-Migration-Gesetz (Illegal Migration Act) abzulenken. Das umstrittene Illegale-Migration-Gesetz ist seit Ende Juli in Großbritannien in Kraft. Die Vereinten Nationen kritisieren das Gesetz ungewöhnlich scharf als Bruch internationalen Rechts. (…) Der Ton in der britischen Asylpolitik wird derweil rauer. Das betrifft nicht nur Einschüchterungsversuche gegenüber Anwälten, sondern auch politische Äußerungen. Der stellvertretende Parteivorsitzende der Konservativen Partei (Tories) Lee Anderson sagte in Bezug auf Beschwerden über schlechte Unterbringungsbedingungen von Geflüchteten: „Sie sollen sich zurück nach Frankreich verpissen“ („fuck off back to France“).“ Beitrag von Leonie Ott vom 8. August 2023 bei LTO externer Link
  • Britische Regierung bringt erste Asylsuchende auf Lastkahn unter: Die Maßnahme ist so umstritten wie die gesamte Asylpolitik 
    „Die britische Regierung hat damit begonnen, Asylsuchende auf einem dreistöckigen Lastkahn vor der Küste unterzubringen. Wie mehrere Medien berichteten, kamen am Montag die ersten Männer am Hafen der südenglischen Stadt Portland an. Dort protestierten mehrere Menschen gegen den Ankerplatz des „Bibby Stockholm“ genannten Schiffs, andere gegen die Asylpolitik der konservativen Regierung. Premierminister Rishi Sunak will Migranten mit drastischen Gesetzen abschrecken. Wer ohne Erlaubnis das Land betritt, wird in Haft genommen, soll so schnell wie möglich abgeschoben werden und darf nicht mehr Asyl in Großbritannien beantragen – ohne Rücksicht auf die persönlichen Umstände. (…) Schließlich sollen 500 Männer im Alter zwischen 18 und 65 Jahren an Bord auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten. (…) „Es scheint, dass diese Regierung alles tun wird, um Asylsuchenden das Gefühl zu geben, in diesem Land unwillkommen und unsicher zu sein“, sagte Steve Valdez-Symonds von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Er warnte vor einer „Retraumatisierung“ von Flüchtlingen, die Krieg und Vertreibung entkommen sind. „Es sollte große Bedenken geben, jede Person auf Wohnräume von der typischen Größe eines Autoparkplatzes zu beschränken“, sagte Valdez-Symonds. Die Flüchtlingshilfe Care4Calais teilte mit, Einsprüche von Anwälten hätten verhindert, dass mehrere Asylsuchende an Bord mussten. (…) Die „Bibby Stockholm“ wurde zuletzt als schwimmende Unterkunft für Ölarbeiter genutzt. Sie hatte Mitte der 1990er Jahre in Hamburg auch Asylsuchende und Obdachlose beherbergt. Damals war sie für etwa 200 Insassen ausgelegt. Wie die BBC berichtete, wurde die Kapazität nun auch mithilfe von Stockbetten auf 500 erhöht. Die Feuerwehrgewerkschaft warnte deshalb vor Risiken. Zur Abschreckung kündigte die Regierung zudem an, die Geldstrafen für Unternehmen und Vermieter deutlich zu erhöhen, die irregulär eingereiste Migranten beschäftigen oder unterbringen. Schwarzarbeit und illegale Vermietungen seien wesentliche Anziehungsfaktoren für Menschen, die meist in kleinen Booten den Ärmelkanal überqueren. Die Strafen sollen von 15.000 auf 45.000 Pfund (52.000 Euro) je illegal beschäftigtem Arbeiter steigen. Wohnungsbesitzer sollen statt 1.000 künftig 10.000 Pfund je unerlaubtem Mieter zahlen.“ Meldung vom 7. August 2023 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Brandschutzbedenken und nicht Menschenrechte verzögern die Pläne der britischen Regierung, Asylsuchende auf Lastkähnen unterzubringen
    • Britische Pläne verzögern sich – Gefährliche Unterkunft: Asylsuchende auf Lastkähnen? Der Regierung wird vorgeworfen, das Leben von Menschen zu gefährden
      „Das umstrittene Vorhaben der britischen Regierung, Asylsuchende auf Lastkähnen unterzubringen, verzögert sich – offenbar aus Sorge um die Sicherheit an Bord. Das dreistöckige Schiff „Bibby Stockholm“ durchlaufe derzeit „letzte Kontrollen“, sagte Regierungsmitglied Richard Holden am Dienstag dem Sender Sky News. Er könne keinen Zeitplan nennen. Eigentlich sollten die ersten Menschen am Dienstag auf das Boot gebracht werden, das im südenglischen Hafen Portland vor Anker liegt. Zuvor hatten die Zeitungen „Times“ und „Guardian“ über Probleme bei der Feuersicherheit an Bord berichtet. Daraufhin wurde der Regierung vorgeworfen, sie gefährde das Leben von Menschen, die vor Not und Krieg geflohen seien. Die Rede war von einem „schwimmenden Grenfell“ – ein Verweis auf den verheerenden Brand 2017 im Londoner Sozialbau Grenfell Tower, bei dem 72 Menschen gestorben waren. (…) Die „Bibby Stockholm“ bietet Platz für 500 Menschen. (…) Drastische Gesetze, die nach Ansicht von Kritikern einem Ende des Asylrechts gleichkommen, sollen die Flucht auf die Insel stoppen. Kritiker werfen den Tories vor, das Problem aufzubauschen und mit demonstrativ hartem Vorgehen Wähler zurückgewinnen zu wollen. Wegen des Brexits hat London kein Rücknahmeabkommen mit der EU mehr.“ Meldung vom 1. August 2023 im MiGAZIN externer Link
    • Innenministerium verzögert Verlegung von Asylbewerbern auf Lastkahn wegen Brandschutzbedenken
      Beamte führen in letzter Minute Inspektionen durch, nachdem berichtet wurde, dass die Bibby Stockholm zum „schwimmenden Grenfell“ werden könnte…“ engl. Artikel von Diane Taylor und Rajeev Syal vom 31.7.2023 im Guardian online externer Link („Home Office delays moving asylum seekers to barge over fire safety fears“)
    • Vorwurf: „Todesfalle“. London verweist auf Hamburg in den 1990ern
      Großbritannien will Geflüchtete auf Lastkähnen unterbringen. Die Kritik, die Kähne seien Todesfallen, weist die britische Regierung zurück – mit Verweis auf Deutschland in den 90er Jahren: Damals hatte Hamburg Geflüchtete auf dem Lastkahn untergebracht…“ Meldung vom 03.08.2023 im Migazin externer Link – muss mensch gelten lassen, es gab auch andere Vorläufer weltweit (macht es natürlich nicht besser)
  • Verhaftung, Unterbringung auf einem Kahn und Abschiebung (nach Ruanda): Britisches Parlament schafft Asylrecht faktisch ab – Proteste von Gewerkschaften und NGOs 
    Das britische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das das Recht auf Asyl faktisch abschafft. Danach sollen alle „irregulär“ einreisende Menschen festgenommen und unabhängig von der Herkunft nach Ruanda abgeschoben werden. UN-Hochkommissare kritisieren das Abschiebegesetz scharf.
    Trotz heftiger Kritik hat das britische Parlament in der Nacht zum Dienstag ein Gesetz verabschiedet, das geflüchteten Menschen das Recht auf Asyl entziehen soll. Das „Gesetz gegen illegale Migration“ kann damit noch vor der parlamentarischen Sommerpause in Kraft treten. Das Oberhaus, das zunächst knapp zwei Dutzend Änderungen gefordert hatte, gab dem Druck der konservativen Regierung von Premierminister Rishi Sunak im Gegenzug für kleinere Zugeständnisse nach. Das neue Gesetz ermöglicht es beispielsweise, Menschen sofort in Haft zu nehmen, die in kleinen Booten über den Ärmelkanal auf die britische Insel gelangen. Im vergangenen Jahr kamen auf diesem Weg mehr als 45.000 Menschen ins Vereinigte Königreich. Sie sollen künftig ohne Gelegenheit auf einen Asylantrag in ihre Heimat oder ein Drittland abgeschoben werden. Kritiker sprechen von einer Abschaffung des Asylrechts.
    Nach dem Willen der Regierung sollen die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft unter anderem nach Ruanda geschickt werden können. Ein bereits geschlossenes Abkommen mit dem ostafrikanischen Land liegt jedoch auf Eis. Der Pakt sieht vor, dass Großbritannien seine Verantwortung zum Schutz von Asylsuchenden gegen Geld an Ruanda abgibt. Die Richter des Court of Appeal erklärten dies für rechtswidrig. Nun soll das oberste Gericht entscheiden, der Supreme Court. Fast zeitgleich mit der Verabschiedung des Gesetzes erreichte am Dienstag ein Kahn, auf dem künftig 500 Asylbewerber untergebracht werden sollen, seinen Zielort in der Grafschaft Dorset. Die Regierung will eigenen Angaben zufolge damit die Kosten für Unterbringungen senken, die derzeit jeden Tag mit knapp sieben Millionen Euro für Hotelzimmer zu Buche schlagen soll, weil nicht genügend Aufnahmeeinrichtungen vorhanden sind. Wie die Regierung zuletzt einräumen musste, ist die Abschiebung von Geflüchteten teurer als die Unterbringung in Großbritannien…“ Meldung vom 19.07.2023 im Migazin externer Link („Verhaftung und Abschiebung: Britisches Parlament schafft Asylrecht faktisch ab“), siehe auch:

    • Parlament winkt Asylverbot durch. Großbritannien: »Gesetz zur illegalen Migration« vor Inkraftreten. Widerstand angekündigt
      „… Das neue Gesetz »steht im Widerspruch zu den Verpflichtungen des Landes im Rahmen des internationalen Menschenrechts- und Flüchtlingsrechts und wird weitreichende Folgen für Menschen haben, die internationalen Schutz benötigen«, erklärten der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte Volker Türk und deren Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi am Dienstag. (…) Der Gewerkschaftsverband TUC warnte in einer Mitteilung, dass mit dem Gesetz Opfer von Menschenhandel und moderner Sklaverei »gezielt abgeschoben werden sollen«. Während eines Protests vor dem Parlament bezeichnete Charlotte Khan von der NGO Care4Calais das Gesetz als »Asylverbot«. Auch PCS-Mitglieder nahmen an dem Protest teil. PCS-Sprecher Paul O’Connor sagte, dass auch Gewerkschaftsmitglieder im Innenministerium zunehmend gegen Rassismus zu kämpfen hätten und das neue Gesetz entsprechend ablehnten. Er drohte damit, dass man seine Umsetzung verhindern werde: »Der öffentliche Dienst wird den Anweisungen von Ministern nicht blind folgen.« Um mehr Schutzsuchende aufhalten zu können, plant die Regierung daher, zusätzlich 750 Soldaten im Ärmelkanal einzusetzen, wie am Montag bekanntwurde.“ Artikel von Dieter Reinisch in der jungen Welt vom 19.07.2023 externer Link
    • Asylbewerberkahn “ Bibby Stockholm“ legt in Portland an, während das Migrationsgesetz voranschreitet – Proteste von Anwohnern und Menschenrechtsgruppen
      Ein Lastkahn, der im Rahmen der Regierungspläne zur Senkung der Kosten für die Unterbringung von Asylbewerbern eingesetzt werden soll, hat in einem Hafen in Dorset angelegt. Die Bibby Stockholm legte am Dienstag im Hafen von Portland an und wird dort 18 Monate lang 500 alleinstehende Männer beherbergen, die Asyl beantragen. Dies führte zu Protesten von Anwohnern und Menschenrechtsgruppen. Die Ankunft des Schiffes erfolgte wenige Stunden, nachdem der Gesetzentwurf der Regierung zur illegalen Einwanderung die entscheidenden Hürden im Oberhaus genom men hatte und nun in Kraft treten soll. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle über den Ärmelkanal und andere „illegale“ Routen eintreffenden Personen kein Asyl beantragen können und in Drittländer wie Ruanda abgeschoben werden. Premierminister Rishi Sunak hat die Bekämpfung der illegalen Einwanderung im Vorfeld der Parlamentswahlen im nächsten Jahr zu einer Priorität erklärt. Zu diesem Zeitpunkt erklärte die Regierung, dass derzeit etwa 51.000 „mittellose Migranten“ in Hotels in ganz Großbritannien untergebracht seien, was den Steuerzahler täglich mehr als 6 Millionen Pfund koste. Viele Einwohner von Portland befürchteten, dass der Zustrom von Hunderten von Menschen in die Inselgemeinde Druck auf die örtlichen Dienste wie Schulen und den NHS ausüben würde. Die Regierung erklärte jedoch, sie stelle „beträchtliche Mittel für die lokalen Dienste, einschließlich der Polizei und des NHS“ zur Verfügung, um die Asylbewerber zu unterstützen und „die Auswirkungen auf die Gemeinde zu minimieren„…“ engl. Artikel von Maria Zaccaro vom 19.7.2023 bei BBC News externer Link („Bibby Stockholm: Asylum seeker barge docks in Portland as migration bill progresses“, maschinenübersetzt)
  • Kein „Willkommenszentrum“: Einwanderungsminister ließ Bilder im Asylbewerberheim übermalen, da sie den Kindern vermitteln, sich willkommen zu fühlen… 
    „Der Tory-Minister Robert Jenrick wurde dafür kritisiert, dass er das Personal eines Asylbewerberheims angewiesen hat, Bilder von Cartoons und Tieren zu übermalen, um sicherzustellen, dass sich die Kinder nicht willkommen fühlen. Jenrick soll nicht gewollt haben, dass das Asylzentrum als „Willkommenszentrum“ wahrgenommen wird, sondern wollte klarstellen, dass es sich um eine „Strafverfolgungsumgebung“ handelt, ganz im Sinne der von der Tory-Regierung vorangetriebenen Politik der feindlichen Umgebung. Nach Angaben von Enver Solomon, dem Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, gab Jenrick die Anweisung, als er Anfang des Jahres die Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Kent besuchte. Er sagte der Zeitung i: „Der Einwanderungsminister sagte, dass Bilder mit Karikaturen und Tieren entfernt werden müssen und dass das Personal dafür sorgen soll, dass sie übermalt werden, da sie einen Eindruck von Willkommenheit vermitteln, den Herr Jenrick nicht zeigen wollte. „Das zeigt, dass sich die feindselige Umgebung so sehr verfestigt hat, dass wir heute die Menschlichkeit aus den Augen verloren haben.“ Herr Solomon sagte auf einer Veranstaltung zur Flüchtlingswoche, die letzte Woche in der Wiener Holocaust-Bibliothek stattfand, dass die Bilder dazu gedacht sind, einsame Kinder zu beruhigen.
    Jenrick wurde für seinen Mangel an Menschlichkeit gerügt.
    Jo Maugham, Direktor des Good Law Project, tweetete: „Stell dir vor, du wärst RobertJenrick: ein Mann, dem es so sehr an Menschlichkeit mangelt, dass er alles daran setzt, das Leben der verletzlichsten Kinder der Welt noch unangenehmer zu machen.“ Die Labour-Abgeordnete Stella Creasy tweetete: „Er kann einfach nicht anders – Robert Jenrick fordert, dass Wandbilder für Flüchtlingskinder übermalt werden, weil er befürchtet, dass sie sich dadurch „willkommen“ fühlen… „Wenn Micky Maus unter dieser Regierung problematisch ist, ist klar, wer die wahren Cartoon-Bösewichte sind …“ engl. Artikel von Basit Mahmood vom 7. Juli 2023 auf Left Foot Forward externer Link („‘Inhumane’ Tory minister slammed for ordering children’s artwork be painted over at asylum centre”)
  • Britischer Abschiebe-Pakt mit Ruanda scheitert vor Gericht, Regierung will Berufung und die ruandische widerspricht, ein unsicheres Land zu sein: Es geht um viel Geld
    • Asyl? Nicht bei uns! Britischer Abschiebe-Pakt mit Ruanda scheitert vor Gericht
      Die britische Regierung will ungebetene Asylsuchende abschrecken, indem sie die Leute einfach ins ostafrikanische Ruanda weiterleitet. Die sollen dort um Schutz bitten. Doch vor Gericht scheitert London damit vorerst. Erzkonservative fordern nun eine Eskalation. (…) Der Justizstreit geht weiter, die Regierung will Berufung beim obersten britischen Gericht einlegen. „Obwohl ich das Gericht respektiere, bin ich mit seinen Schlussfolgerungen grundsätzlich nicht einverstanden“, sagte Sunak. Er steht auf dem Standpunkt, dass solche Entscheidungen nur von gewählten Volksvertretern und nicht von Richtern getroffen werden dürfen. Auch die ruandische Regierung kritisierte die Entscheidung. „Wir widersprechen dem Urteil, Ruanda sei kein sicheres Land für Asylbewerber und Flüchtlinge“, teilte die Regierungssprecherin mit. „Ruanda ist eines der sichersten Länder der Welt, und wir wurden vom UN-Flüchtlingskommissar und anderen internationalen Institutionen für unsere vorbildliche Behandlung von Flüchtlingen anerkannt.“ Trotz des Urteils wolle Ruanda an der Partnerschaft festhalten. Für Kigali ist das äußerst lukrativ: Für das Abkommen wurde zunächst eine einmalige Zahlung von 140 Millionen Pfund (163 Millionen Euro) vereinbart. Für jeden Abgeschobenen kommt noch mehr hinzu…“ Beitrag von Benedikt von Imhoff und Christoph Meyer vom 29.06.2023 im Migazin externer Link mit umfangreichen Hintergründen (diese aber auch hier unten)
    • [Wird Unmenschlichkeit an Geld scheitern?] Plan rechnet sich nicht: Abschiebung nach Ruanda teurer als Unterbringung in Großbritannien
      „… Die Kosten für die Pläne der britischen Regierung, den Schutz für asylsuchende Menschen auf Ruanda abzuwälzen, werden auf 169.000 Pfund, umgerechnet 197.000 Euro, pro Person geschätzt. Das geht aus einem Dokument des Innenministeriums in London hervor, das am Montagabend veröffentlicht wurde. Demgegenüber stehen geschätzt zwischen 106.000 und 165.000 Pfund an Kosten für die Unterbringung der Menschen in Großbritannien, die eingespart werden können. Die Zahlen riefen neue Kritik an dem umstrittenen Vorhaben hervor, über dessen Rechtmäßigkeit am Donnerstag ein Berufungsgericht in London entscheiden soll. Die konservative Abgeordnete Caroline Nokes bemängelte, der Plan der Regierung rechne sich nicht. (…) Geplant ist, dass „irregulär“ nach Großbritannien eingereiste Menschen künftig ohne Prüfung ihres Asylantrags und ungeachtet ihrer Herkunft in das ostafrikanische Land abgeschoben werden. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen. Ein entsprechendes Abkommen hatte London bereits im April vergangenen Jahres mit der ruandischen Regierung geschlossen. Dafür wurde zunächst eine einmalige Zahlung von 140 Millionen Pfund (163 Millionen Euro) vereinbart. Die nun errechneten Kosten kommen noch obendrauf. Die Pläne sollen zudem mit dem geplanten Gesetz „Illegal Migration Bill“ untermauert werden, das am Mittwoch im Oberhaus debattiert werden soll. (…) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte den einzigen geplanten Flug nach Ruanda im vergangenen Sommer per einstweiliger Verfügung gestoppt.“ Meldung vom 28. Juni 2023 im MiGAZIN externer Link
  • Großbritannien will Schutzsuchende auf Lastkahn unterbringen 
    „Die britische Regierung will schutzsuchende Menschen übergangsweise in einer schwimmenden Behausung unterbringen und hat dafür trotz Kritik aus den eigenen Reihen ein erstes Schiff organisiert. Das Innenministerium bestätigte, in der Grafschaft Dorset den Lastkahn „Bibby Stockholm“ geleast zu haben, auf dem etwa 500 Menschen untergebracht werden sollen. Zuvor hatten verschiedene Medien über die Pläne berichtet. Lokale konservative Abgeordnete hatten diese scharf kritisiert und sogar Klagen angedroht. Die Unterbringung auf Lastkähnen ist Teil des Plans, unerwünscht in Großbritannien ankommende Schutzsuchende zunächst in speziell für sie vorgesehene Unterkünften zu internieren und sie dann entweder in ihre Herkunftsländer oder nach Ruanda auszuweisen. Mit dem ostafrikanischen Land hat London ein entsprechendes Abkommen. Aufgrund von Klagen und ausstehenden Prüfungen ist bislang jedoch keine einzige Person ausgeflogen worden. (…) Die konservative Regierung will mit aller Macht gegen unerwünschte Schutzsuchende vorgehen. Das Recht auf einen Asylantrag soll den meisten verwehrt werden. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) kritisiert das Vorhaben scharf. Kritiker werfen den Tories vor, das Problem aufzubauschen und mit demonstrativ hartem Vorgehen Wähler zurückgewinnen zu wollen. Wegen des Brexits hat London kein Rücknahmeabkommen mit der EU mehr. (…) Derweil hat der Ex-Fußballstar und BBC-Moderator Gary Lineker mitgeteilt, an seiner Kritik der britischen Asylpolitik festzuhalten. Er sei weiter der Meinung, dass sein Tweet über die „grausame“ Asylpolitik „faktisch zutreffend“ sei, sagte Lineker der Zeitschrift „Men’s Health UK“. Der 62-Jährige hatte zuvor getwittert, die Rhetorik von Innenministerin Suella Braverman sei der Sprache im Deutschland der 1930er Jahre „nicht unähnlich“, und dafür bei den Konservativen für Empörung gesorgt. Die BBC suspendierte den beliebten Moderator – musste aber zurückrudern, als sich zahlreiche Kommentatoren und auch die Premier League mit Lineker solidarisierten. „Ich habe jahrelang mit Flüchtlingshilfsorganisationen gearbeitet“, sagte der englische Ex-Nationalspieler nun. „Als ich Suella Bravermans Videoclip sah, fand ich ihn ziemlich furchtbar.“ Er habe dann auf einen Kommentar, dass er sich um Fußball kümmern und aus der Politik heraushalten solle, geantwortet. Innenministerin Braverman hatte Schutzsuchende, die unerwünscht über den Ärmelkanal einreisen, unter anderem als „Invasion“ bezeichnet. (…) Ich war nicht bereit einzuknicken, vor allem da ich den Eindruck hatte und habe, dass das, was ich getwittert habe, fair und wahr ist“, sagte Lineker der Zeitschrift. „Ich war nicht beleidigend, ich habe (Braverman) nicht einen Nazi genannt. Ich habe über die Nutzung von Wörtern wie „Invasion“, „Schwärme“, „Kriminelle“ und „Vergewaltiger“ gesprochen, mit denen wir sehr vorsichtig sein sollten, weil sie Konsequenzen im echten Leben haben.“ Meldung vom 10. April 2023 im MiGAZIN externer Link
  • Neues Asylgesetz soll TransportarbeiterInnen zu Hilfe bei Abschiebeverfahren zwingen – sie und Gewerkschaften verweigern, „die Drecksarbeit der Minister zu machen“ 
    Gesetzentwurf zur illegalen Einwanderung: Busfahrer befürchten, dass sie gezwungen werden könnten, Asylbewerber auf dem Weg zur Abschiebung festzuhalten
    Der Trades Union Congress erklärte, die Klausel bedeute, dass die Arbeitnehmer „die Drecksarbeit der Minister machen“.
    Wütende Transportarbeiter haben behauptet, dass sie vom Innenministerium gezwungen werden könnten, Migranten bei Abschiebungen festzuhalten, und drohen, sich den neuen Vorschriften zu widersetzen, wenn sie in Kraft treten.
    Der von Innenministerin Suella Braverman in diesem Monat vorgestellte Gesetzentwurf zur illegalen Einwanderung würde bedeuten, dass jeder, der mit einem kleinen Boot im Vereinigten Königreich ankommt, inhaftiert und abgeschoben wird, auch wenn er Opfer von Menschenhandel ist oder Asyl beantragen möchte. Eine Klausel in dem Gesetzentwurf externer Link besagt, dass jeder Transportarbeiter, der ein Fahrzeug bedient, das im Abschiebeverfahren eingesetzt wird, die Abzuschiebenden an der Ausreise hindern muss, auch indem er sie in Gewahrsam nimmt. Die Gewerkschaften sind besorgt, daß dies bedeutet, daß Arbeitnehmer, die einen Kleinbus mit Asylbewerbern zum Flughafen fahren oder ein Flugzeug nach Ruanda steuern, verpflichtet sein könnten, diese selbst in Gewahrsam zu nehmen.
    Mick Lynch, Generalsekretär der Gewerkschaft Rail, Maritime and Transport Workers, bezeichnete das Gesetz als „reaktionär und unmenschlich“ und erklärte, er beabsichtige, seine Mitglieder anzuweisen, es nicht zu befolgen. Er sagte, die Klausel würde darauf hinauslaufen, dass „Transportarbeiter Asylbewerber festhalten und in Gewahrsam nehmen“ müssten. „Dies ist nicht nur völlig unmoralisch, sondern könnte auch dazu führen, dass Transportarbeiter in Konfliktsituationen geraten, und wir werden daher dringend rechtlichen Rat einholen, um unseren Mitgliedern zu raten, diese Bestimmungen nicht zu befolgen“, sagte er. Es ist nicht klar, für welche Arbeitnehmer die Klausel gelten würde, aber es wird vermutet, dass sie sich auf diejenigen auswirkt, die von der Regierung mit der Durchführung von Abschiebetransporten beauftragt werden, wie z.B. privat angestellte Minibusfahrer und Flugbegleiter. Beamte der Border Force oder private Sicherheitsbeamte, die im Auftrag der Border Force handeln und über eine spezielle Sicherheitsausbildung verfügen, begleiten alle Personen auf Abschiebeflügen und wären auch in den Bussen anwesend, die die Migranten in die Flugzeuge eskortieren. (…) Matt Creagh, Beauftragter für Arbeitsrechte beim Trades Union Congress, der 48 Gewerkschaften im Vereinigten Königreich vertritt, sagte, der Gesetzentwurf würde „Transportarbeiter – wie LKW-Fahrer, Busfahrer oder Zugführer – dazu zwingen, die Drecksarbeit der Minister zu erledigen“. „Wenn Fahrer Asylbewerber zu ihrer Abschiebung transportieren müssen, könnten sie gezwungen sein, die Anordnungen von Einwanderungsbeamten auszuführen und sie gewaltsam festzuhalten und zu fixieren. Dies ist eindeutig nicht ihre Aufgabe und setzt sich über die ethischen Ansichten und rechtlichen Verpflichtungen, die Einzelpersonen haben könnten, hinweg“, sagte er.
    „Es wird angenommen, dass fast 200.000 Asylbewerber von der Gesetzgebung betroffen sind – eine beträchtliche Anzahl von Transportarbeitern könnte in diese unangenehme Lage gebracht werden. Die Arbeitnehmer sollten nicht gezwungen werden, sich an den beschämenden Maßnahmen der Regierung zu beteiligen
    „….“ Aus dem engl. Artikel von Molly Blackall vom 28.3.2023 in i newspaper externer Link („Illegal Migration Bill: Bus drivers fear they could be forced to detain asylum seekers en route to deportation“, maschinenübersetzt)
  • Erst Abschiebung, dann Asylantrag: Londons radikale Asyl-Pläne verstossen gegen das internationale Recht auf Asyl
    • Britische Regierung will Asylrecht verschärfen: Einwanderer ohne Papiere sollen in Großbritannien künftig einfacher abgeschoben werden können
      „Die britische Regierung um Premierminister Rishi Sunak will nach übereinstimmenden Medienberichten am kommenden Dienstag einen Entwurf für ein verschärftes Asylrecht vorlegen. Wie unter anderem die Times und die Daily Mail in ihren Montagsausgaben berichten, sieht der seit Wochen erwartete Text vor, dass illegal über den Ärmelkanal ins Land gekommene Migranten einfacher festgenommen und abgeschoben werden können. Parallel dazu sollen der Times zufolge neue „legale und sichere Wege“ für Asylsuchende eröffnet werden. „Unsere Maßnahmen werden im Prinzip und in der Anwendung einfach sein: Der einzige Weg nach Großbritannien wird ein sicherer und legaler Weg sein“, sagte Innenministerin Suella Braverman am Sonntag der Zeitung The Sun zu den Plänen. Genauere Informationen zu diesen legalen Einreisemöglichkeiten wurden jedoch zunächst nicht bekannt. (…) Den von mehreren Medien veröffentlichten Plänen zufolge will die Regierung illegal eingereisten Menschen lebenslang die Rückkehr nach Großbritannien untersagen. Zudem sehen sie Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber ins ostafrikanische Ruanda vor. Entsprechende Pläne waren bisher gescheitert. So wurde ein für Juni 2022 geplanter Flug nach Ruanda nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kurzfristig gestrichen. Im Dezember urteilte jedoch der Londoner High Court, die Abschiebungen nach Ruanda seien rechtmäßig.“ Meldung vom 6. März 2023 in der Zeit online externer Link
    • Gesetzesentwurf: Londons radikale Asyl-Pläne
      Mit einem neuen Gesetz will die britische Regierung die Zahl der Geflüchteten im Land reduzieren. Die Pläne würden allerdings das internationale Recht auf Asyl aushebeln. Der Widerstand von Menschenrechtlern ist daher schon einkalkuliert. (…) Mit dem neuen Gesetzentwurf würde man Zehntausende davon abhalten, nach Großbritannien zu kommen, sagte Braverman. Allerdings baute die Ministerin, die politisch sehr weit rechts steht, später noch eine Zahl ein, die eine ganz andere Größenordnung nahelegt: „Es gibt weltweit hundert Millionen Menschen, die nach unseren derzeitigen Gesetzen Schutz bei uns suchen könnten. Wir sollten uns im Klaren sein: Sie kommen hierher. Wir haben innerhalb von zwei Jahren bei den Kanalüberquerungen einen Anstieg um 500 Prozent gesehen. Sie werden nicht aufhören zu kommen, bis alle wissen: Wenn Du illegal nach Großbritannien kommst, wirst Du eingesperrt und zügig abgeschoben.“ (…) Der neue Gesetzentwurf sieht konkret vor, fast alle illegal ins Land gekommenen Flüchtlinge abzuschieben. Die Betroffenen sollen ohne richterliche Überprüfung in Gewahrsam genommen und dann ausgeflogen werden – entweder in ihr Heimatland oder in ein Drittland wie Ruanda, mit dem Großbritannien ein entsprechendes Abkommen hat. Erst nach der Abschiebung sollen sie das Recht haben, Asyl zu beantragen. Die britische Regierung weiß, dass ihr Unterfangen heikel ist. Innenministerin Braverman hatte vorab schon eingestanden, dass sie mit ihren Plänen internationales Recht ausreizt, will sich davon aber nicht aufhalten lassen. (…)Die Regierung rechnet offenbar damit, dass ihre Asylpolitik vor Gericht angefochten wird. Auch kann es in der Tat sein, dass die Regierungspläne gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Oppositionsführer Keir Starmer hat bezweifelt, dass das Vorhaben rechtlich Bestand haben wird, und der britische Flüchtlingsrat verwies auf die Verpflichtung, die das Königreich im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention hat: Menschen unabhängig von ihrem Ankunftsweg eine faire Anhörung zu gewähren.“ Beitrag von Imke Köhler, ARD-Studio London, vom 07.03.2023 bei tagesschau.de externer Link
    • Britische Asylrechtsreform: Wie Sunak die Boote stoppen will. Seine Vorschläge widersprechen internationalem Recht
      „Die Festung Großbritannien soll nun also noch wehrhafter werden. Den konservativen Tories scheint keine Rhetorik zu hoch gegriffen. Schließlich konnten sich die britischen Inseln doch noch gegen jede Invasion wehren – und es wäre doch gelacht, wenn man nun nicht der Schlauchboote Herr werden könnte. Der Ex-Fußballer und BBC-Fernsehkommentator Gary Lineker verglich die Rhetorik der Regierung bereits mit jener in den 1930er-Jahre in Deutschland. Das ist in der Formulierung sicherlich übersteigert, zeigt aber, dass der Kulturkampf um die Flüchtlinge nun auch den Fußball erreicht hat. Prompt stand Linekers Entlassung im Raum. (…) Mit dem neuen Asylgesetz will Sunak nun einen simpleren Weg gehen. Wer illegal ins Vereinigte Königreich einreist, wird interniert und innerhalb von 28 Tagen abgeschoben. Das Ermessen hierzu liegt beim Innenministerium, unabhängige Gerichte werden nicht mehr befragt. Eine Prüfung der Asylgründe ist somit gar nicht mehr nötig. Die Härte der Gesetzgebung ist kaum mehr zu steigern, denn neben Haft und Deportation sieht die neue Asylgesetzgebung auch vor, dass die Abgeschobenen niemals nach Großbritannien zurückkehren dürfen und ihnen lebenslang die Chance auf eine britische Staatsbürgerschaft verwehrt bleibt. (…) Zuvor durfte, wer Opfer von Menschenhandel und Sklaverei geworden war, sich in Großbritannien zumindest eine Zeit lang von „seelischen und physischen Schäden“ erholen und im Land verbleiben. Der Regierung gefiel nicht, dass das Gesetz zur „Verhinderung moderner Sklaverei“ immer wieder herangezogen wurde, um Aufenthaltsverlängerungen zu erwirken. Weil der Regierung die richterlichen Urteile nicht gefielen, sorgte sie kurzerhand dafür, dass die gerichtliche Prüfung ausgesetzt wird und das Ministerium entscheidet. Ganz durchdacht hatte man das im Detail aber nicht. (…) Die Labour-Abgeordnete Jess Phillips fragte mit sehr deutlichen Worten nach. Einer Frau, die Opfer von Menschenhandel ist und in einem Bordell zur Sexarbeit gezwungen wird, signalisiere der Premierminister nun, dass sie aufgrund der „Illegalität“ mit ihrer Abschiebung rechnen muss, sobald sie die Täter anzeigt. Kein Opfer der „modernen Sklaverei“ wird es folglich mehr wagen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Damit unterstütze die Regierung die Menschenhändler. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR kommentierte den neuen Gesetzesentwurf als eine de facto Aufhebung des Asylrechts und als Verstoß gegen die Flüchtlingskonvention. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ist mit dem geplanten Gesetz wohl ebenso verletzt. Die britische Regierung gibt in der Formulierung des Entwurfs selbst zu, dass es möglicherweise gegen die Konvention verstößt. (…) Braverman macht keinen Hehl daraus, dass sie nichts von der Europäischen Menschenrechtskonvention hält und gerne aus dieser aussteigen würde. Nur braucht Großbritannien bei der praktischen Umsetzung des neuen Asylgesetzes die Unterstützung anderer Staaten. Wie sollen diese jenseits von Gesetzen und Konventionen ausgehandelt und abgesichert werden? Auch Tory-Hinterbänkler fragen sich, ob der Ausstieg aus der EMRK den gerade erst geschlossenen Deal mit der EU gefährden würde. Ebenso würde dies von den USA kaum goutiert werden, die sich um das Karfreitagsabkommen sorgen. (…) Rund 60 Prozent der Geflohenen im Land haben den rechtlich legitimem Anspruch auf einen Flüchtlingsstatus. Schon seit Zeiten von Boris Johnson wird zwischen zwei Kategorien unterschieden. Jene, die aus Ländern stammen, in denen ihr Leben bedroht ist und die sich unmittelbar bei den Behörden gemeldet haben, dürfen länger im Land verweilen, die anderen nicht. Durch das neue Gesetz würden fast alle in die zweite Kategorie fallen. Die Opposition kritisiert die Politik in der Parlamentsdebatte zunächst auf moralischer Ebene, weil gegen die Migranten rhetorisch gehetzt werde. Abgeordnete mit familiärer Fluchterfahrung halten dem Gesetzentwurf entgegen, dass deren eigene Eltern oder Großeltern wohl auch abgeschoben worden wären. Noch entschiedener prangert die oppositionelle Labour-Partei aber die geringe Praktikabilität an. Die „Ruanda-Lösung“ ist mehr als ungewiss und auch die Rücknahmeabkommen mit Frankreich sind noch nicht beschlossen. Laut UN gibt es weder illegale Asylbewerber noch ist es rechtens, Menschen in ein anderes, zuvor bei der Flucht durchreistes Land zurückzuschicken…“ Beitrag von Frank Jödicke vom 13. März 2023 bei Telepolis externer Link
  • Oberstes Gericht erklärt Ruanda-Abschiebeabkommen der britischen Regierung für legal – PCS (Gewerkschaft für Grenzschutz und Küstenwache) fordert trotzdem Streichung
    • PCS bezeichnet Urteil als unmenschlich, aber erleichtert, weil acht bisher geplante Abschiebungen aufgehoben wurden
      „Unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Ruanda-Abschiebepolitik der Regierung, die heute vom Obersten Gerichtshof für rechtmäßig erklärt wurde, bleibt sie moralisch verwerflich und absolut unmenschlich, und PCS fordert das Innenministerium auf, dies anzuerkennen und sie aufzugeben. Wir wollen, dass das Innenministerium seine feindselige Haltung gegenüber Geflüchteten aufgibt und mit uns zusammenarbeitet, um ein humanes System aufzubauen, das unseren Mitgliedern die Zeit, den Raum und die Mittel gibt, ihre Arbeit richtig zu machen. Von dem vorgeschlagenen Push-Back-Manöver über die Abschiebung aus Ruanda bis hin zu den entsetzlichen Bedingungen in Manston – der Ansatz der Regierung ist ein chaotischer Fehlschlag. Wir waren froh, dass wir uns der Pushback-Politik der Regierung widersetzen konnten, die im Sommer zu ihrer Aufgabe führte, und dass das Migrant:innenabfertigungszentrum in Manston nach einer rechtlichen Drohung der PCS wegen der unwürdigen Bedingungen, die Geflüchtete und unsere Mitglieder in letzter Zeit ertragen mussten, geräumt wurde. PCS-Generalsekretär Mark Serwotka sagte: „Wir sind enttäuscht, dass das Gericht nicht zu unseren Gunsten entschieden hat, was die generelle Rechtmäßigkeit der Politik angeht, aber wir freuen uns, dass die Entscheidungen für acht Geflüchtete aufgehoben wurden und sie vorerst nicht nach Ruanda abgeschoben werden.“ „Das gesamte Vorgehen der Regierung in Bezug auf die Überquerung des Ärmelkanals ist moralisch verwerflich und absolut unmenschlich und zeigt eine völlige Missachtung der Geflüchteten und unserer Mitglieder, die in einem humanen und fairen System arbeiten wollen, das sowohl den Geflüchteten als auch den Arbeitenden Würde und Respekt entgegenbringt. „Wir lesen das lange und komplexe Urteil und überlegen, ob wir in Berufung gehen sollen.“ (…) „Die Politik ist nicht abschreckend. Die einzige Möglichkeit, Menschenleben zu schützen und zu verhindern, dass Menschen im Ärmelkanal ertrinken, besteht darin, ihnen eine sichere Überfahrt zu ermöglichen. PCS wird unsere Kampagne fortsetzen, um dies zu gewährleisten.“ Pressemitteilung der PCS vom 19. Dezember 2022 externer Link („PCS reaction to High Court judgement on Rwanda deportation policy“)
    • Großbritannien will sämtliche Geflüchtete nach Ruanda abschieben – auch Dänemark will ein ähnliches Abkommen
      „… Internationale Menschenrechtsorganisationen, lokale Aktivist:innen, Asylsuchende und die oppositionelle Labour-Partei haben sich gegen den „obszönen“ und „schädlichen“ Plan der britischen Regierung ausgesprochen, Asylsuchende nach Ruanda zu schicken, nachdem ein britisches Gericht am Montag entschieden hatte, dass dies legal sei. Die Richter:innen wiesen einen Antrag von Asylsuchenden, Hilfsorganisationen und der Gewerkschaft der Grenzbeamten ab, der die konservative Regierung von Rishi Sunak daran hindern sollte, ein Abschiebeabkommen mit der zentralafrikanischen Regierung umzusetzen. Das im April [2022] geschlossene Abkommen soll Großbritannien den Weg dafür ebnen, einen Teil der Menschen, die mit Booten oder als blinde Passagiere im Vereinigten Königreich ankommen, nach Ruanda abzuschieben, wo ihre Asylanträge bearbeitet werden sollen. Diejenigen, denen Asyl gewährt wird, würden dann in Ruanda bleiben. (…) Großbritannien hat im Rahmen der Vereinbarung bereits 140 Millionen Pfund (170 Millionen Dollar) an Ruanda gezahlt, aber es wurde noch niemand dorthin geschickt. Im Juni zwang ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte das Vereinigte Königreich, den ersten geplanten Abschiebeflug nach Ruanda abzusagen. Während sowohl die britische als auch die ruandische Regierung die Entscheidung begrüßten, sagte einer der Richter des Obersten Gerichtshofs, dass das britische Innenministerium die Umstände der acht Personen, die im Juni abgeschoben werden sollten, „nicht angemessen berücksichtigt“ habe. Die Bootsmigration in das Vereinigte Königreich ist in diesem Jahr wieder in die Schlagzeilen geraten. Mehr als 44.000 Menschen haben in diesem Jahr die gefährliche Reise an die britische Küste unternommen und vier Menschen sind letzte Woche bei eisigen Temperaturen im Ärmelkanal ertrunken. Asylsuchende, die mit dem Boot in Großbritannien ankommen, fliehen in der Regel vor einer Kombination aus Konflikten, wirtschaftlicher Not, politischer Unterdrückung und Klimakatastrophen. Viele sprechen Englisch, haben Familienangehörige in Großbritannien oder haben eine andere Verbindung zu dem Land. Ein kurdischer Flüchtling aus dem Iran, der derzeit in den Napier Barracks in Kent untergebracht ist und dort auf die Bearbeitung seines Asylantrags wartet, sagte gegenüber Middle East Eye: „Wenn ich nach Ruanda wollte, würde ich nach Ruanda gehen. Ich weiß, in welche Richtung der Weg nach Ruanda führt.“ (…) „Was sie interessiert, ist die Teilnahme an einem obszönen Theater der Grausamkeit, bei dem sie Millionen von Pfund an Steuergeldern verschwenden, um so hart wie möglich gegenüber denjenigen zu erscheinen, denen wir eigentlich Freundlichkeit und Schutz bieten sollten.“ Chapman sagte, dass die britische Regierung versuche, das internationale Recht zu untergraben und dass „man auf diese Zeit der Geschichte mit Scham, Bestürzung und Entsetzen zurückblicken wird.“
      Beziehungen zwischen Großbritannien und Ruanda
      Die britische Regierung ist jedoch entschlossen zu zeigen, dass sie eine harte Haltung gegenüber der Einwanderung in ihr Land einnimmt und hat ihren Verbündeten Ruanda um Hilfe gebeten. Paul Kagame, Ruandas Präsident seit dem Jahr 2000, war mit mehreren britischen Ministern von Tony Blair bis Boris Johnson befreundet, obwohl er sich dem Vorwurf des Autoritarismus ausgesetzt sah. Die britische Innenministerin Suella Braverman kommentierte die Entscheidung des Gerichts und lobte Londons Abkommen mit Kigali: „Unsere bahnbrechende Migrationspartnerschaft mit Ruanda wird den umgesiedelten Personen Unterstützung bieten, damit sie sich dort ein neues Leben aufbauen können, und gleichzeitig das Geschäftsmodell von Schlepperbanden unterbrechen, die durch gefährliche und illegale Überfahrten mit kleinen Booten Menschenleben gefährden“, sagte sie. Braverman hat die Überquerung des Ärmelkanals bereits als „Invasion unserer Südküste“ bezeichnet und die britische Souveränität im Zuge des Brexit als Grund für das Abkommen mit Ruanda angeführt. „Ich würde gerne auf der Titelseite des The Telegraph ein Flugzeug sehen, das nach Ruanda abhebt. Das ist mein Traum. Das ist meine Besessenheit“, sagte sie im Oktober. (…)
      Der Sprecher erklärte gegenüber MEE, dass Ruanda derzeit mit der dänischen Regierung über ein ähnliches Abkommen wie mit dem Vereinigten Königreich verhandelt, die Details aber noch nicht endgültig geklärt sind. Gleichzeitig hat Ruanda seine militärische Präsenz im zentralen und südlichen Afrika ausgeweitet und unterstützt nach Angaben der Vereinten Nationen die Rebellengruppe M23 in der Demokratischen Republik Kongo. (…) „Im Gegensatz zur US-Regierung hat Großbritannien nichts zu den UN-Berichten über Ruandas Unterstützung der M23 im Kongo gesagt“, sagte Patrick Smith, Redakteur von Africa Confidential, gegenüber MEE. „Für viele in der Region sieht es so aus, als ob London in einem bizarren Wettbewerb mit Paris steht, um Kigalis bester Freund zu sein.“ „Menschen Tausende von Kilometern weit weg nach Ruanda zu transportieren – ein Land mit eigenen Asyl- und Menschenrechtsproblemen – ist teuer, ungerecht und zutiefst grausam“, sagte Steve Valdez-Symonds, der Direktor für Flüchtlings- und Migrantenrechte bei Amnesty International UK. Valdez-Symonds bezeichnete die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als „bittere Enttäuschung“ und sagte, dass das Abkommen insgesamt „das internationale Flüchtlingsrecht ernsthaft untergräbt und die Rechte von Menschen, die in Großbritannien Asyl suchen, mit Füßen tritt“. „Trotz dieses Urteils sollte das Ruanda-Programm in seiner Gesamtheit aufgegeben werden“, sagte Valdez-Symonds. „Es ist eine zynische Ablenkung von der dringenden Notwendigkeit, die chronisch scheiternden Asylverfahren radikal zu reformieren, die langsam und zunehmend chaotisch sind und Tausende von Menschen jahrelang in der Schwebe halten.
      Unpraktikabel, unethisch und unverschämt teuer
      Yvette Cooper, Schatten-Innenministerin der Labour-Partei, kommentierte das Urteil des Obersten Gerichtshofs über das Ruanda-Abschiebungsprogramm: „Die Ruanda-Regelung ist eine schädliche Ablenkung von den dringenden Maßnahmen, die die Regierung ergreifen sollte, um gegen kriminelle Banden vorzugehen und das Asylsystem in Ordnung zu bringen. Es ist undurchführbar, unethisch und unverschämt teuer. „Die Minister:innen haben Ruanda bereits einen Scheck in Höhe von 140 Millionen Pfund ausgestellt, ohne dass die Maßnahme überhaupt begonnen hat, und weitere Millionen versprochen, obwohl das Innenministerium sagt, dass es keine Beweise für eine abschreckende Wirkung gibt und die Gefahr besteht, dass der Menschenhandel noch schlimmer wird.“ „Die ruandische Regierung hat erklärt, dass sie nur 200 Menschen pro Jahr abfertigen kann – das sind 0,5 Prozent der Kanalüberquerungen in diesem Jahr. Es ist keine Überraschung, dass die Innenministerin selbst das Programm als Fehlschlag bezeichnet hat.“ Artikel von Oscar Rickett vom 19. Dezember 2022 auf Middle East Eye externer Link („Rwanda plan: UK’s ‚obscene‘ scheme for asylum seekers condemned after court finds it legal“)
    • Der Flüchtlingsrat in Großbritannien kritisiert Entscheidung – Argumente des Gerichts hinken
      „… Der britische Flüchtlingsrat kritisierte die Entscheidung scharf: „Die Strategie, schutzsuchende Menschen wie menschliche Fracht zu behandeln und sie in ein anderes Land zu verladen, ist grausam und wird großes Leid verursachen“, erklärte der Leiter der Organisation, Enver Solomon. Die Menschenrechtsorganisation JCWI sprach von einem enttäuschenden Urteil. „Aber unser Widerstand endet nicht hier“. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und der Vereinten Nationen verletzt das Abkommen die Genfer Flüchtlingskonvention. Sie befürchten zudem, dass sich weitere Länder ihrer Verantwortung gegenüber Asylsuchenden auf diese Weise entziehen könnten. Gegen das Abkommen hatten acht Asylsuchende geklagt, die bereits im Juni abgeschoben werden sollten, ebenso wie Hilfsorganisationen und die Gewerkschaft für staatliche Angestellte, die 80 Prozent der Grenzschützerinnen und Grenzschützer vertritt. (…) Laut der Forschungsgruppe an der Oxford-Universität, Migration Observatory, hinkt die Argumentation des Gerichts. Es gebe einen wichtigen Unterschied zwischen einer als legal eingestuften Maßnahme und ihrer als Ziel formulierten Wirksamkeit, die nicht bewiesen sei. Die Regelung soll laut britischer Regierung vor einer Einreise in das Vereinigte Königreich ohne Erlaubnis abschrecken. Laut BBC sind die Zahlen illegal Einreisender seit Unterzeichnung des Abkommens im April aber nicht zurückgegangen.“ Artikel von epd/mig vom 19. Dezember 2022 auf Migazin externer Link („Großbritannien-Ruanda-Deal für Abschiebungen legal“)
    • Siehe dazu auch zu den Protesten #RwandaNotInMyName #RwandaPlan #RefugeesWelcome #Rwanda
  • London will Asylrecht verschärfen: Immer wieder sterben Menschen bei der Flucht ins Vereinigte Königreich / Augenzeugenbericht aus einem britischen Frauen-„Einwanderungszentrum“
    • London will Asylrecht verschärfen: Immer wieder sterben Menschen bei der Flucht ins Vereinigte Königreich
      „Der Notruf kam kurz nach drei Uhr in der Früh. Ein kleines Boot war mitten im Ärmelkanal in Schwierigkeiten geraten, wenige Minuten später machten sich britische und französische Rettungsboote auf den Weg, unterstützt durch mehrere Helikopter und ein Fischerboot. Es war eine eisige Nacht, die Temperaturen bewegten sich um den Gefrierpunkt. In den folgenden Stunden konnten die Teams über 40 Menschen retten. Die meisten von ihnen wurden aus dem Wasser geborgen, aber nicht alle überlebten: Die britischen Behörden bestätigten am Mittwoch, dass vier Menschen zu Tode gekommen waren. (…) Die Regierung sieht das in erster Linie als ein politisches Problem. Denn eines der wichtigsten Brexit-Versprechen war die Beschränkung der Einwanderung. Die unzähligen Bootsüberfahrten erinnern jedoch regelmäßig daran, dass die Regierung dieses Versprechen nicht halten kann. Downing Street fürchtet den Frust der konservativen Wähler – diese halten irreguläre Bootsüberfahrten für einen Skandal und fordern eine härtere Migrationspolitik. So hat sich die Regierung in den vergangenen Jahren immer wieder daran gemacht, die Asylbestimmungen zu verschärfen. Erst am Dienstag, nur einen Tag vor der Tragödie im Ärmelkanal, hatte Sunak die neuesten Pläne vorgestellt. Demnach soll Albanien künftig als »sicheres Land« eingestuft werden. 35 Prozent der Migranten, die auf irregulärem Weg per Boot nach Großbritannien gelangen, stammen aus diesem Land – es ist die größte Gruppe von Einwanderern. Wenn jedoch Albanien als sicheres Land gelten würde, könnten Asylanträge »innerhalb von Wochen anstatt Monaten« abgefertigt werden, sagte Sunak. Weiterhin kündigte der Premierminister an, die Zahl der Sachbearbeiter im britischen Asylsystem zu verdoppeln. So soll der riesige Rückstau an unbearbeiteten Anträgen – weit über 100 000 – bis Ende 2023 bewältigt werden. Zudem will er die Bestimmungen zu moderner Sklaverei verschärfen; das heißt, es soll in Zukunft schwieriger werden, mit Verweis auf Sklaverei Asyl zu erhalten. Und schließlich hat Sunak angekündigt, im nächsten Jahr einen Gesetzesentwurf vorzulegen, laut dem jemand, der »auf illegale Weise« ins Land kommt, überhaupt kein Anrecht auf Asyl hätte. Bei vielen Parlamentsmitgliedern der Tories sind diese Vorschläge gut angekommen. Der Abgeordnete Simon Clarke aus Middlesbrough sagte, es sei ein »ernst zu nehmendes Maßnahmenpaket«. Das Uno-Flüchtlingshochkommissariat äußerte hingegen, mit den umrissenen Plänen entferne sich Großbritannien von seiner »vorbildlichen humanitären Tradition«. Der Vorsitzende der Flüchtlingsstiftung Refugee Action, Tim Naor Hilton, nahm noch deutlichere Worte in den Mund: »Die meisten dieser Vorschläge sind grausam, wirkungslos und gesetzeswidrig, und sie werden nichts erreichen, um die wirklichen Probleme im System zu beheben.« Er fordert stattdessen sichere, regulierte Asylrouten, sodass Flüchtlinge den gefährlichen Weg über den Ärmelkanal gar nicht erst in Kauf nehmen müssen…“
      Artikel von Peter Stäuber vom 14. Dezember 2022 in Neues Deutschland online externer Link
    • „Es hat eine Narbe bei mir hinterlassen“: Eingesperrt in einem Frauen-Einwanderungszentrum in Großbritannien
      „In ihren ersten vier Tagen im Derwentside Immigration Removal Centre verließ Jasmine* [Name von der Redaktion geändert] ihr Zimmer nur selten und ging nur ab und zu in die Kantine, um zu essen. „Ich habe ständig geweint“, sagte sie gegenüber openDemocracy. „Ich fühlte mich gefangen. Wenn ich meine Tür öffnete, starrten mich die Beamten an. Wenn ich das Fenster öffnete, ließ es sich nur einen Spalt breit öffnen. Wir waren hinter Schloss und Riegel und wurden kontrolliert.“ Jasmine empfand diesen Mangel an Freiheit als besonders belastend, da sie zuvor Opfer moderner Sklaverei war – eine Tatsache, die den Mitarbeitern des vom Innenministerium betriebenen Haftzentrums bekannt war. Als sie Anfang des Jahres nach Derwentside in der Grafschaft Durham gebracht wurde, war dies die vierte Haftanstalt, in der Jasmine in den 13 Monaten ihres Aufenthalts in Großbritannien festgehalten wurde. (…) Die Erfahrungen, die sie im krisengeschüttelten britischen Einwanderungssystem gemacht hat, obwohl sie von einem Arzt des Innenministeriums als schutzbedürftige Erwachsene eingestuft wurde, haben Jasmines psychische Gesundheit schwer beeinträchtigt und dazu geführt, dass sie mit Depressionen und Traumata zu kämpfen hat. Jasmine wurde zum ersten Mal festgehalten, als sie Anfang 2021 nach Großbritannien kam, um einen männlichen Freund aus einem Land zu besuchen(…) Ihr Gepäck wurde beschlagnahmt und sie wurde in ein Flughafen-Haltezentrum gebracht, bevor sie in das Colnbrook Immigration Removal Centre verlegt wurde. Einige Tage später wurde Jasmine nach Yarl’s Wood verlegt, dem berüchtigten Frauengefängnis in Bedfordshire, das nach jahrelangen Kontroversen – darunter Beschwerden über sexuellen Missbrauch und Misshandlungen sowie Hungerstreiks von Häftlingen, die gegen ihre unbefristete Inhaftierung protestierten – im Jahr 2020 als Zentrum für Migrant:innen „umgewidmet“ wurde. Während der Zeit, in der Jasmine in Yarl’s Wood festgehalten wurde, wurde ein Großteil des Zentrums für die Inhaftierung männlicher Migrant:innen genutzt, während Jasmine in einer separaten Abteilung für eine kleine Anzahl von Frauen untergebracht war. „Es war wie ein Gefängnis“, beschreibt Jasmine ihren sechswöchigen Aufenthalt in Yarl’s Wood. „Es war traumatisch. Es gab hohe Mauern, Stacheldraht und überall Kameras. Überall, wo man hinkam, waren die Türen verschlossen. „Zu den Mahlzeiten gab es nur wenig zu essen – zum Beispiel ein Stück Huhn und ein paar Kartoffeln. Es war, als ob man um Essen betteln würde. Überall, wo du hingehst, steht ein Beamter hinter dir.“
      Ein Bericht der Gefängnisaufsichtsbehörde ergab, dass eine von fünf Frauen in Derwentside selbstmordgefährdet war, während mehr als zwei Drittel depressiv waren. Anna Pichierri, eine Organisatorin der Einwanderungsrechtsorganisation Movement for Justice, die sich für die Schließung von Yarl’s Wood einsetzt, sagte gegenüber openDemocracy, dass Jasmines Erfahrungen in der Einrichtung nicht ungewöhnlich sind. Sie sagte: „Alle Frauen in Yarl’s Wood wurden psychisch gequält, weil sie von jeglicher Gemeinschaft weggesperrt und entmachtet wurden. Wie alle Haftanstalten war es darauf ausgelegt, ihre Lebensgeister zu brechen. „Alles, was mit ihnen geschah – mangelnde Betreuung, psychische Folter, rassistische Übergriffe durch das Wachpersonal, Gewalt, sexuelle Übergriffe und die Verweigerung von Rechtsbeistand und medizinischer Versorgung – wurde getan, um sie zu brechen und sie dazu zu bringen, nicht für sich selbst zu kämpfen.“ Jasmine wurde einige Wochen nach ihrer Ankunft in Yarl’s Wood auf Kaution freigelassen und ihr wurde gesagt, dass sie sich alle zwei Wochen bei einer Meldestelle für Einwanderer melden müsse. „Sie sagten mir nichts weiter – sie beeilten sich nur, mich rauszuholen“, sagte sie. „Ich wusste nicht, was los war.“ Nach ihrer Freilassung wurde Jasmine von einem Mann ausgebeutet, den sie kannte. Zu dieser Zeit wusste Jasmine nicht, dass sie ein Opfer moderner Sklaverei war und sagte, dass sie „nicht dachte, dass etwas falsch war“ an den Bedingungen, unter denen sie lebte. (…) Anfang 2022, knapp ein Jahr nach ihrer Freilassung aus Yarl’s Wood, ging Jasmine zu ihrem üblichen Check-in in einem Immigration Reporting Centre und erfuhr dort, dass sie erneut inhaftiert wurde, was, wie sie später herausfand, auf ein Problem mit ihrem Visumsantrag zurückzuführen war. „Ich stand unter Schock“, erinnert sich Jasmine an diesen Moment. „Ich habe mir die Schuld gegeben. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen.“ Diesmal wurde Jasmine in das Derwentside Immigration Removal Centre gebracht, das im November 2021 eröffnet wurde und Yarl’s Wood als Hauptgefängnis für inhaftierte Frauen ablöst. Ein Bericht der Gefängnisaufsichtsbehörde, der Anfang des Monats veröffentlicht wurde – fast genau ein Jahr, nachdem die ersten Gefangenen dort ankamen -, ergab, dass fast jede fünfte Frau in Derwentside während ihrer Inhaftierung suizidgefährdet war, während mehr als zwei Drittel depressiv waren. Die Ergebnisse einer unangekündigten Inspektion im August durch das HM Inspectorate of Prisons zeigten eine Reihe weiterer Probleme auf. Dazu gehörte, dass ein männlicher Mitarbeiter mit der „ständigen Beaufsichtigung“ einer Frau betraut war, deren Selbstverletzungen unter anderem durch die Anwesenheit von Männern ausgelöst wurden, sowie ein Vorfall, bei dem eine 38-jährige Frau „mit nicht genehmigten und riskanten Techniken, insbesondere im Kopf- und Nackenbereich“ gefesselt wurde. Weitere Bedenken der Inspektor:innen betrafen die Tatsache, dass schutzbedürftige Frauen weiterhin inhaftiert wurden, obwohl es Anzeichen für eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens gab, und dass die abgelegene Lage von Derwentside dazu führte, dass nur sehr wenige Frauen persönliche Besuche von Anwälten erhielten. Jasmine sagte gegenüber openDemocracy, dass sie sich durch die Abgeschiedenheit des Zentrums „wie eine Gefangene“ fühle. Sie fügte hinzu: „Es war mitten im Nirgendwo, umgeben von hohen Bäumen, mit hohen Toren. Es war, als wollten sie uns entführen…“ Artikel von Lauren Crosby Medlicott vom 14. Dezember 2022 auf openDemocracy externer Link („‘It left a scar on me’: Locked up in the UK’s women-only immigration centre“)
  • GesundheitsarbeiterInnen in Großbritannien setzen sich gegen die geplante Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda ein
    Die Gesundheitsarbeiterinnen Lianna Reynolds und Sepeedeh Saleh erzählen, was sie dazu veranlasst hat, eine Kampagne gegen die Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda durch die britische Regierung zu starten
    Lianna Reynolds und Sepeedeh Saleh sind britische Mediziner, die gemeinsam einen Appell an die ehemalige Innenministerin Priti Patel verfasst haben, in dem sie gegen den Plan der Regierung protestieren, Asylbewerber nach Ruanda zu schicken. Der Appell wurde von über 400 medizinischen Fachkräften unterzeichnet. In diesem Interview mit Peoples Health Dispatch erläutern sie die Gründe für diesen Schritt der Regierung, was sie dazu veranlasst hat, den Brief abzuschicken, und welche Verantwortung die Beschäftigten des Sektors haben, wenn sie sich mit solchen Fragen befassen.“ Maschinenübersetzung der engl. Einleitung am 22.10.2022 bei Peoples Dispatch externer Link zum Interview als Video („UK health workers take a stand against plan to deport asylum seekers to Rwanda“), siehe auch:

    • Unter Suella Braverman wird das Vereinigte Königreich eine immer härtere Politik gegenüber Flüchtlingen verfolgen
      Suella Braverman erwägt, Menschen, die den Ärmelkanal überqueren, zu verbieten, im Vereinigten Königreich Asyl zu beantragen. Sie fügte hinzu, es sei ihr „Traum“ und ihre „Besessenheit“, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben…“ Umfangreicher engl. Artikel Tanupriya Singh am 9.10.2022 bei Peoples Dispatch externer Link
  • Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte unterbindet ersten Abschiebeflug – Großbritannien und Ruanda halten an ihrem dreckigen Deal fest (die EU hat ja auch einen)
    • Erster Flug abgesagt: Großbritannien hält an umstrittenen Abschiebeflügen nach Ruanda fest
      Großbritannien will Asylwerber während des Verfahrens abschieben. Nach einer Anordnung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte fand der erste Flug aber nicht statt (…) „Wir lassen uns nicht davon abschrecken, das Richtige zu tun und die Grenzen unserer Nation zu schützen“, sagte Innenministerin Priti Patel am Dienstagabend. Man arbeite bereits daran, den nächsten Flug vorzubereiten, ergänzte Patel. „Ich bin enttäuscht, dass Klagen und Rechtsstreits in letzter Minute dafür gesorgt haben, dass der heutige Flug nicht abheben konnte“, sagte die Innenministerin. Es sei sehr überraschend, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sich eingeschaltet habe, nachdem britische Gerichte zuvor anders entschieden hätten. Der EGMR hatte zuvor angeordnet, dass einer der betroffenen Asylbewerber zunächst nicht ausgeflogen werden dürfe. Vielmehr müsse zunächst eine Frist von drei Wochen nach dem Abschluss des Rechtsweges in Großbritannien verstreichen. Stunden zuvor hatte noch der oberste Gerichtshof als letzte britische Instanz grünes Licht für das internationale umstrittene Vorhaben gegeben. (…) London hatte mit Ruanda ein Abkommen geschlossen, um illegal eingewanderte Migranten im Gegenzug für Zahlungen in das ostafrikanische Land auszufliegen. Dies soll Menschen abschrecken, die illegale Einreise nach Großbritannien zu versuchen. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen sowie die Gewerkschaft PCS, welche die britischen Grenzschutzbeamten vertritt, hatten dagegen geklagt, waren vor Gericht jedoch gescheitert. Die ruandische Regierung verteidigte das Abkommen als „Lösung für eine fehlerhaftes globales Asylsystem“. Sie halte es „nicht für unmoralisch, Menschen ein Zuhause zu bieten“, sagte Regierungssprecherin Yolande Makolo. Ruanda sei „glücklich darüber“, Tausende Migranten aufzunehmen. „Wir betrachten es nicht als Strafe, in Ruanda zu leben“, ergänzte sie.“…“ Agenturmeldung vom 15. Juni 2022 in derstandard.de externer Link, siehe Bewertungen:
    • Siehe die engl. Pressemitteilung vom 14.6.2022 externer Link beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und die erste Meldung im Tweet von Care4Calais externer Link und deren Kampagne gegen die Abschiebung #StopRwanda externer Link
    • #StopRwanda #StopRwandaFlight
    • PCS reaction to Court of Appeal decision on Rwanda flight
      Pressemitteilung vom 13.6.2022 der britsichen Gewerkschaft PCS externer Link die in Großbritannien geklagt hatte
    • Großbritannien: Abschiebungsflug nach Ruanda ist ein beschämender Bruch menschenrechtlicher Verpflichtungen
      Update vom 15. Juni 2022 um 9:36 Uhr: Laut Medienberichten wurde der ursprünglich für gestern Abend geplante erste Abschiebungsflug von Asylsuchenden nach Ruanda nach einer Intervention des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in letzter Minute abgesagt. +++
      Es ist ein höchst umstrittenes Vorhaben: Die britische Regierung hat mit Ruanda ein Abkommen geschlossen, um irregulär eingereiste Asylsuchende im Gegenzug für Zahlungen in das afrikanische Land auszufliegen – noch bevor sie Zugang zum Asylverfahren in Großbritannien hatten. Erst in Ruanda sollen die Geflüchteten, die häufig aus dem Iran, Irak oder Eritrea stammen, dann einen Asylantrag stellen. Ein Londoner Berufungsgericht hat nun einen Einspruch gegen dieses Abkommen abgewiesen. Bereits heute Abend soll das erste Flugzeug mit Asylsuchenden starten. „Das Ausfliegen von Asylsuchenden nach Ruanda – ein Land, das sich mit seinen eigenen Asyl- und Menschenrechtsproblemen auseinandersetzen muss – ist unverantwortlich, gefühllos und läuft auf eine Katastrophe hinaus“, sagt Franziska Vilmar, Expertin für Asylrecht und -politik bei Amnesty International. „Die Vereinbarung mit Ruanda stellt einen eindeutigen und beschämenden Bruch mit der Verantwortung dar, die Großbritannien gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention den Geflüchteten gegenüber obliegt. Die britische Regierung ist so fernab der Realität und es mangelt ihr so sehr an Menschlichkeit, dass sie nicht nur das britische Asylsystem zerstört, sondern auch Menschenleben. Wir fordern die Regierung nachdrücklich auf, ihr katastrophales Vorhaben zu überdenken.“ Amnesty International Deutschland am 14./15. Juni 2022 externer Link
    • „Gefährlicher Präzedenzfall“: PRO ASYL übt scharfe Kritik an Auslagerung des Flüchtlingsschutzes nach Ruanda
      „Als „gefährlichen Präzedenzfall“ bezeichnet die Menschenrechtsorganisation PRO ASYL die für den heutigen Dienstag geplante Abschiebung vom Vereinigten Königreich nach Ruanda. Macht das Beispiel Schule, würde dies das Asylsystem vollständig aushöhlen. „Wenn heute ein britisches Flugzeug mit dem Ziel Kigali abhebt, an Bord geflüchtete Menschen, wird eine asylpolitische Dystopie Wirklichkeit“, warnt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. „Es ist Kern der Genfer Flüchtlingsschutzkonvention, Verantwortung für den Schutz von Asylsuchenden und Flüchtlingen zu übernehmen. Mit der Auslagerung der Verfahren und des Schutzes nach Ruanda entzieht sich Großbritannien dieser Verantwortung. Vom Flüchtlingsschutz ist dann nicht mehr übrig als eine leere Worthülse.“ (…) „Diese Politik ist das Ergebnis der jahrelangen Darstellung von Flüchtlingen als minderwertig“, kommentiert die britische Hilfsorganisation „Care4Calais“, die Betroffene unterstützt. In letzter Zeit häufen sich Meldungen über Suizidversuche von verzweifelten Menschen, die sich in Europa Schutz erhofft hatten – darunter auch Geflüchtete aus Kriegsländern wie Afghanistan und Syrien. So spricht etwa ein Syrer über die Gewalt, die er im Krieg erlebte, auch und vor allem durch Russland – und beschreibt, wie erschüttert er war, als er nach seiner Ankunft in Großbritannien erfuhr, dass er nach Ruanda deportiert werden solle. Ruanda ist ein autoritär regierter Staat, auch das BMZ sieht dort „erhebliche Defizite in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ und betont, dass politische Gegner immer wieder illegal verschleppt und inhaftiert werden. Berichte von Organisationen wie Human Rights Watch unterstreichen das. PRO ASYL dokumentiert seit Jahren, wie der Zugang zu Schutz in Europa durch Abkommen mit Transit- und Herkunftsstaaten verhindert wird. „Doch mit dem jüngsten Schritt der britischen Regierung ist eine neue, erschreckende Dimension erreicht, in der das Menschenrecht auf Asyl einfach ignoriert wird“, erklärt Burkhardt.“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 14. Juni 2022 externer Link
  • Der erste Abschiebeflug nach Ruanda startet am 14. Juni, Unterlassungsantrag abgewiesen – „Wir wurden von Schmugglern gefoltert. Jetzt foltert uns die Regierung.“
    • Deportation durchgewunken. Höchstgericht in Großbritannien weist Einspruch gegen ausgelagerte Asylverfahren in Ruanda ab. Umfassende Kritik lässt Regierung kalt
      Geht es nach der britischen Innenministerin Priti Patel, sollen ab Dienstag in Großbritannien lebende Asylsuchende mit dem Flugzeug in Flüchtlingslager in Ruanda abtransportiert werden. Dort sollen sie laut britischen Regierungsangaben ihren Asylantrag stellen können und »mit dem Neuaufbau ihres Lebens beginnen«. Zehntausende Flüchtlinge sollen so aus Großbritannien deportiert werden. 160 Millionen Pfund will sich der britische Staat die Sache kosten lassen. Das entsprechende Abkommen kam im Rahmen von Wirtschaftsverhandlungen mit Ruanda zustande. Gegen diesen Plan hatte ein Bündnis, bestehend aus der britischen Gewerkschaft für Staatsangestellte (PCS), verschiedenen flüchtlingspolitischen Initiativen sowie betroffenen Asylsuchenden, eine Verfassungsbeschwerde vor einem Londoner Höchstgericht eingereicht. Daneben wurde außerdem eine richterliche Unterlassungsanordnung angestrebt, um die Deportationsflüge nach Ruanda ab Dienstag zu verhindern. Am Freitag lehnte Höchstrichter Jonathan Swift den Unterlassungsantrag ab. Für die Deportationspläne des Innenministeriums gebe es ein »materielles öffentliches Interesse«, da dadurch »der Menschenschmuggel« über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien bekämpft werden könne, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. Damit folgte er der Argumentation des Innenministeriums. Ein abschließendes Urteil über die Verfassungsbeschwerde soll in spätestens sechs Wochen erfolgen. (…) Die PCS-Gewerkschaft ging umgehend in Berufung. An diesem Montag soll darüber entschieden werden. In einer ersten Stellungnahme forderte PCS-Generalsekretär Mark Serwotka dringende Gespräche mit der Innenministerin. »Viele unserer Mitglieder haben starke Bedenken wegen der Arbeit, die sie als Staatsangestellte bald gezwungen sein könnten auszuführen. Wir fordern legale Fluchtrouten nach Großbritannien.« Doch nichts liegt dem britischen Staat ferner, als legale Einreisemöglichkeiten für Asylsuchende zu ermöglichen…“ Artikel von Christian Bunke in der jungen Welt vom 13.06.2022 externer Link
    • „Wir wurden von Schmugglern gefoltert. Jetzt foltert uns die Regierung.“
      Der erste Abschiebeflug des Vereinigten Königreichs nach Ruanda startet am Dienstag. Flüchtlinge und Aktivisten versuchen, ihn zu verhindern
      Bahram* floh vor Folter und Verfolgung im Iran und erreichte das Vereinigte Königreich letzten Monat per Schiff. „Ich musste eine gefährliche Route nehmen. Ich habe mein Leben in die Hände von Schmugglern gelegt, aber ich hatte keine andere Wahl“, sagte er gegenüber openDemocracy. Doch sobald er britischen Boden berührte, alarmierte der Schmuggler die britische Polizei, die ihn in das Einwanderungsgefängnis Brook House einwies. Das Innenministerium teilte Bahram am 31. Mai mit, dass er nach Ruanda abgeschoben werden würde. Er ist einer von Hunderten, die im Rahmen des umstrittenen neuen Programms von Priti Patel, das die Bearbeitung von Asylanträgen in dem ostafrikanischen Land vorsieht, auf den ersten Abschiebeflug geschickt werden. „Ich wusste nichts von dem Plan, Menschen wie mich nach Ruanda zu schicken, und ich kann nicht beschreiben, wie erschüttert ich war, als ich die Nachricht erhielt“, sagte er. „Wenn das Vereinigte Königreich keine Flüchtlinge aufnehmen will, dann sollten sie es einfach offen sagen. Ich bin nach Großbritannien gekommen, um Asyl zu beantragen – und nicht nach Ruanda, einem Land, in dem es Bürgerkriege und Menschenrechtsverletzungen gab und in das ich nicht als Asylbewerber geschickt werden möchte.“ Bahram war Polizeikommandant im Iran, wurde aber verfolgt und gefoltert, nachdem er den Befehl, auf Demonstranten zu schießen, im November 2019 missachtet hatte. „Sein Fall ist ein Beispiel dafür, dass man nach seinem Gewissen handelt und dafür bestraft wird“, sagte Shadi Sadr, Geschäftsführer der NGO Justice for Iran und einer der Organisatoren des Iran Atrocities Tribunal, das Beweise für Menschenrechtsverletzungen im Iran untersucht. Sadr sagt, dass sie entschlossen sind, seinen Fall zu gewinnen: „Wir haben jeden einzelnen Versuch unternommen, ihn vor der Überstellung nach Ruanda zu bewahren“, erklärt sie, „unter anderem haben wir uns an die Medien, Menschenrechtsorganisationen und Politiker gewandt. Außerdem haben wir ihm eines der besten Anwaltsteams zur Seite gestellt, das an der gerichtlichen Überprüfung arbeiten und alle weiteren rechtlichen Schritte einleiten wird, die erforderlich sein könnten. Wie Bahram ist auch der 23-jährige Zoran* aus dem Irak seit seiner Ankunft im Vereinigten Königreich am 14. Mai inhaftiert. Er sagt, dass sich sein psychischer Zustand in der Haft verschlechtert. „Ich will nur ein normales, friedliches Leben. Ich weiß nicht, warum man mich hierher gebracht hat und warum man mir drohte, mich in ein Land zu schicken, aus dem die Menschen selbst fliehen“, so Zoran gegenüber openDemocracy. Er sollte auf denselben Flug wie Bahram gesetzt werden, aber sein Ticket wurde nach der Intervention seines Anwalts storniert, obwohl es unklar ist, was das Innenministerium letztendlich überzeugt hat. (…)  Aktivisten und Anwälte sind nach wie vor der Meinung, dass sich der Flug aufgrund ihrer Klagen verzögern könnte. Die Gewerkschaften Public and Commercial Services Union (PCS), Care4Calais und Detention Action hatten zusammen mit vier von Abschiebung bedrohten Asylbewerbern vor dem High Court eine gerichtliche Überprüfung beantragt. Am Freitag lehnte ein Richter ihre einstweilige Verfügung zum Stopp des Fluges ab, aber die Gruppen sagen, dass ihrem Antrag auf Berufung gegen die Entscheidung bereits stattgegeben wurde. Die Berufungsverhandlung findet am Montag statt, und in den kommenden Wochen wird ein größerer Rechtsstreit gegen die Regelung verhandelt werden. Moseley ist der Ansicht, dass diese Politik gegen die Flüchtlings- und Menschenrechtsgesetze verstößt. Sie sagt, dass Flüchtlinge nicht dafür bestraft werden können, dass sie unrechtmäßig ins Land gekommen sind, und dass sie ein Recht auf ein faires Verfahren, eine angemessene Anhörung und Zugang zu Anwälten haben. „Wir müssen mehr darüber wissen, ob Asylsuchende Zugang zu diesen wichtigen Rechten [in Ruanda] haben, bevor wir sie einfach dorthin schicken.“ Doyle vom MFJ forderte die an dem Programm beteiligten Unternehmen auf, sich zurückzuziehen, und die Gewerkschaften, Arbeitnehmer zu unterstützen, die sich weigern, mitzuarbeiten. Dies ist die Grundlage für die PCS-Klage, da die Gewerkschaft die Mitarbeiter des Innenministeriums vertritt…“ Maschinenübersetzung aus dem engl. Artikel von Nandini Archer vom 11.6.2022 bei openDemocracy externer Link
  • Großbritannien: „Lieber Tod als lebend nach Ruanda“ – Asylsuchende im Hungerstreik vor Deportation 
    „Lieber Tod als lebend nach Ruanda – Flüchtlinge in Großbritannien sind wenige Tage vor ihrer Deportation nach Ruanda in den Hungerstreit getreten. (…) Die Deportation nach Ruanda sei schlimmer als der Tod, sagten die Betroffenen nach Berichten des britischen Senders BBC. Einige von ihnen, darunter Geflüchtete aus Ägypten, Syrien und dem Sudan, hätten sich deshalb entschieden, die Nahrung zu verweigern. Hintergrund ist ein umstrittenes Abkommen der britischen Regierung mit Ruanda, wonach „illegal“ nach Großbritannien eingereiste Personen in das ostafrikanische Land ausgeflogen werden können. Dafür erhält Ruanda von Großbritannien Geld. Der erste Flug wurde für den 14. Juni angegeben. Die britische Regierung erklärte laut BBC, die Behörden unternähmen alle Maßnahmen, um Selbstgefährdung oder Suizid in den Abschiebezentren zu vermeiden. Gegen den Überführungsbeschluss kann kein Widerspruch eingelegt werden. (…) Nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen verstößt ein solches Vorgehen gegen die internationale Flüchtlingskonvention. Den Kritikern zufolge handelt sich um den Versuch eines reichen Landes, das Migrationsmanagement an ein ärmeres Land auszulagern. Damit würde sehr wohl gegen die Verpflichtungen des internationalen Flüchtlingsrechts verstoßen. Kritik erntete Großbritannien auch vom Weltkirchenrat, der eine Neuausrichtung des Migrationspaktes mit Ruanda gefordert hat. (…) Bereits 2019 hatte Ruanda mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der Afrikanischen Union vereinbart, in Libyen gestrandete Migranten aufzunehmen. Am Dienstag landete ein Flugzeug mit weiteren 132 Flüchtlingen und Asylbewerbern aus Libyen in der ruandischen Hauptstadt Kigali. Es war die neunte Gruppe von Geflüchteten, die bislang im Zuge dieses Abkommens in dem ostafrikanischen Land angekommen ist. Die meisten der Menschen stammen aus Eritrea und dem Sudan.“ Meldung vom 8. Juni 2022 von und bei MiGAZIN externer Link („Großbritannien: Asylsuchende im Hungerstreik vor Abflug nach Ruanda“)
  • Die Tür geht zu: Briten schicken Asylbewerber nach Ruanda 
    „… Wer künftig per Boot versucht, illegal in Großbritannien einzureisen, soll nach Ruanda umgesiedelt werden. So sieht im Kern der Asyldeal aus, den die Regierungen von Ruanda und Großbritannien im April der Öffentlichkeit vorgestellt haben. Inzwischen hat Ruanda medienwirksam eine Unterkunft für die Asylsuchenden präsentiert, die erste Gruppe soll schon in den kommenden Wochen dort aufgenommen werden. Das neue Abkommen zwischen Großbritannien und dem ostafrikanischen Land erinnert an die australische Verfahrensweise: Seit 2013 hat Australien einen generellen Aufnahmestopp für Bootsflüchtlinge verhängt. Die, die dennoch kommen, werden in Internierungslagern in Nauru oder Papua-Neuguinea untergebracht. Eine umstrittene Methode, doch die Zahl der Bootsflüchtlinge ist in den vergangenen Jahren nach Angaben der australischen Regierung praktisch auf null zurückgegangen. (…) Aufwand und Kosten des australischen Modells sind enorm, hinzu kommen Berichte über menschenunwürdige Lebenszustände in den Lagern. (…) Und Dänemark soll Medienberichten zufolge bereits einen ähnlichen Deal wie Großbritannien mit der Regierung in Kigali planen. (…) Ruanda bekommt so politische Anerkennung und eine kräftige Finanzspritze. Dass dem autokratischen Regime vorgeworfen wird, Oppositionelle zu verfolgen, verblasst vor diesem Hintergrund. (…) Aus Großbritannien berichten Hilfsorganisationen derweil, dass nach der Ankündigung des Deals schon etliche Asylsuchende aus Angst vor der Abschiebung nach Ruanda untergetaucht seien.“ Beitrag von Helena Kreiensiek vom 31. Mai 2022 bei MiGAZIN externer Link, siehe dazu auch:

    • Was uns der britische Deal mit Ruanda lehrt: Es geht im globalen Flüchtlingsregime nicht primär um Schutz von Menschen.
      „… Die moralische Entrüstung über diesen Deal ist groß – und das zu Recht. Migrationsforscher:innen haben die Konsequenzen dieses Deals bereits ausgemalt. Es wird teuer. Sehr teuer. Vergleichbare Versuche der australischen Regierung, hunderte von Flüchtlingen weit entfernt vom Festland in Camps unterzubringen, haben die ungeheuren Kosten dieser unrechtmäßigen Zwangsinternierung sichtbar gemacht. Im Schnitt kostet die Zwangsinternierung die australische Regierung 358,646 US Dollar im Monat – pro Flüchtling. Das sind 4.3 Millionen US-Dollar pro Flüchtling pro Jahr. Die Kosten für Unterbringung, sprich Internierung, und Versorgung von Flüchtlingen in einem solch abgeschlossenen System werden im Falle des Deals mit Ruanda ähnlich ausfallen. Dazu kommen Transportkosten. Da diese mit Abschiebungsaktionen verglichen werden können, wissen wir, dass sich die Kosten in einer Größenordnung von rund 10,000 Euro pro Person und Abschiebung bewegen. Die exorbitanten Kosten eines solchen Deals sind natürlich nicht die Hauptgründe für den moralischen Abgrund, der sich damit auftut. Wissenschaftler:innen haben nicht nur betont, dass der Deal wahrscheinlich das ausgegebene Ziel der Abschreckung von Flüchtlingen verfehlen würde. Hierfür gibt es genügend Belege. Sie warnen auch vor den Konsequenzen. Was der Deal bewirkt, wird zu einem von zwei Szenarien (und möglicherweise beiden) führen. (…) Das zweite Szenario ist moralisch kaum besser zu verteidigen. Wenn Flüchtlinge nicht bleiben wollen und man sie nicht gehen lassen möchte, dann sperrt man sie ein. Die Errichtung von Flüchtlingslagern im globalen Süden, die Internierungs- und Foltergefängnisse in Australien und Libyen sind allemal als Konsequenz einer solchen Abschottungspolitik des globalen Nordens entstanden – entweder durch direkte Internierung durch die Staaten im globalen Norden, oder als (oft finanziell unterstützte) Konsequenz dieser Abschottungspolitik. Beide Szenarien sind moralisch nicht vertretbar. Und doch sind sie wenig überraschend. Wieso? (…) Was Staaten und ihr Handeln antreibt, lässt sich eindrücklich durch Rückgriff auf Staatsinteressen erklären. Teils liegt es im Staatsinteresse, Migration zu fördern, teils steht es diesem entgegen. Wir beobachten ein solches Verhalten nicht nur, wenn Staaten Flüchtlinge und andere Migranten zu ihren Zwecken instrumentalisieren, oder Immigration im Kontext einer erwünschten wirtschaftsnotwendigen Arbeitsmigration fördern, sondern auch in der Aufnahme und Abschiebung von Flüchtlingen…“ Kommentar von Felix Bender vom 31. Mai 2022 bei MiGAZIN externer Link
  • Asylsuche illegalisiert. Geplantes Gesetz kriminalisiert Flucht und Hilfe. Gewalt an Grenze wird in Kauf genommen 
    go home or face arrestLaut Regierungsstatistiken haben sich im Jahr 2021 bislang 17.000 Menschen in Schlauchbooten auf die Seereise von Frankreich nach Großbritannien gemacht. Sie suchen dort Asyl, weil sie in Großbritannien bereits Verwandtschaft haben, die Sprache sprechen oder anderweitige kulturelle Verbindungen mit Großbritannien aufgrund dessen kolonialer Vergangenheit haben. Immer wieder kommt es dabei zu Todesfällen, zuletzt am 24. November, als 27 Menschen im Ärmelkanal ertranken.
    Oft eilen in Seenot befindlichen Flüchtlingen die mit ehrenamtlichen Helfern besetzten Boote der britischen Seenotrettung zur Hilfe. Deren Arbeit könnte durch die geplante »Nationalities und Borders Bill« illegalisiert werden. Denn im Gesetzestext befinden sich Paragraphen, die es verbieten, bei »illegaler« Einwanderung zu »assistieren«. Bis November war im Gesetz noch die »gewerbsmäßige Assistenz illegaler Einwanderung« verboten. Dann kam ein Abänderungsantrag von Tory-Innenministerin Priti Patel – der Begriff »gewerbsmäßig« wurde gestrichen. Als mögliche Höchststrafe ist lebenslange Haft vorgesehen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen wie »Sea Watch« soll dadurch erschwert werden, denn der britische Staat schafft mit dem neuen Gesetz die Möglichkeit, »durch Spendengelder finanzierte Schiffe, die verdächtigt werden, Flüchtlinge zu transportieren, festzusetzen und zu zerstören«.
    Dem steht gegenüber, dass mit dem neuen Gesetz sogenannte Pushbacks – also das gewaltsame Zurückdrängen Flüchtender – legalisiert und institutionalisiert werden sollen. So heißt es im zum besseren Verständnis des Gesetzentwurfs vom Innenministerium veröffentlichten Begleittext: »Das Gesetz wird den Grenzschutz mit weitergehenden Ermächtigungen ausstatten, um Boote, die möglicherweise illegale Migranten transportieren, anzuhalten und umzuleiten.« Da das meistens nicht ohne Gewalt abgehen wird, sichert der Gesetzentwurf britischen Grenzbeamten Straffreiheit zu, sollten im Zuge ihrer Einsätze Flüchtlinge verletzt oder getötet werden.
    Die Höchststrafe für den sogenannten Versuch illegaler Einwanderung soll von bislang sechs Monaten Haft auf vier Jahre Haft ausgeweitet werden. Wer nach bereits erfolgter Abschiebung versucht, noch einmal nach Großbritannien einzuwandern, soll zukünftig für bis zu fünf Jahre ins Gefängnis wandern.
    Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Frankreich ist der Versuch, mit dem Gesetz eine Drittstaatenregelung einzuführen…“ Artikel von Christian Bunke in der jungen Welt vom 17.12.2021 externer Link, siehe auch:

    • Endgültig Staatsbürger zweiter Klasse. Neues Gesetz in Großbritannien verschärft nicht nur Abschottung, sondern erhöht auch Druck auf Menschen mit Migrationsgeschichte
      Die Konservative Partei Großbritanniens hat mittlerweile zwei Premierministerinnen gestellt, zunehmend befinden sich Menschen mit Migrationsgeschichte in Führungspositionen. Ein Beispiel ist Finanzminister Rishi Sunak, dessen Vater in Kenia und dessen Mutter in Tansania geboren wurden. Oder Innenministerin Priti Patel, deren Familie ihre Wurzeln in Indien hat und über einen Umweg via Uganda schließlich in der britischen Hauptstadt London landete. Die Tories sind an ihrer Spitze somit wesentlich diverser, als es die sozialdemokratische Labour-Partei jemals war und ist. Eine Karriere bei den Tories hat jedoch ihren Preis. Sie bedingt absolute Skrupellosigkeit und die Bereitschaft, jede Unmenschlichkeit mitzutragen, sei sie auch noch so groß. Und so propagiert Patel derzeit ein Gesetz, welches das klare Ziel verfolgt, in Großbritannien ein Zweiklassensystem der Staatsbürgerschaft zu zementieren und legale Einwanderung faktisch zu verunmöglichen…“ Artikel von Christian Bunke in der jungen Welt vom 17.12.2021 externer Link
  • Migranten in Großbritannien: London plant neues Gesetz für einfachere Abschiebungen 
    »Typisch britische Rechte stärken«: Justizminister Dominic Raab hat Maßnahmen angekündigt, um ausländische Straftäter leichter ausweisen zu können. Kritiker fürchten eine Aushöhlung des unabhängigen Rechtssystems. Nach dem Brexit will Großbritannien sich auch juristisch stärker von der EU abkoppeln und in einem umstrittenen Schritt ein Gesetz zu Menschenrechten reformieren. (…) Das Justizministerium teilte am Dienstag mit, die Maßnahmen stärkten die Möglichkeit, ausländische Kriminelle abzuschieben, »die allzu oft die Menschenrechtsgesetze missbrauchen, um einer Abschiebung zu entgehen«. (…) Die konservative Regierung macht das 1998 erlassene Gesetz Human Rights Act, das Großbritannien an die Europäische Menschenrechtskonvention bindet, dafür verantwortlich, dass Menschen, die illegal einreisen, nicht einfach abgeschoben werden können. (…) Mit den Maßnahmen werde die Rolle des britischen Parlaments als letztem Entscheidungsträger für Gesetze wiederhergestellt und »mehr Entscheidungsspielraum« bei der Auslegung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg geschaffen, hieß es aus dem Justizministerium weiter…“ Beitrag vom 14. Dezember 2021 beim Spiegel online externer Link
  • London zieht durch. Britisches Unterhaus stimmt für völkerrechtswidriges Asylgesetz: Kriminalisierung von Flüchtlingen und Bedrohung für Migranten im Königreich 
    „Großbritanniens konservative Innenministerin Priti Patel hat sich durchgesetzt: Trotz aller Kritik hat das britische Unterhaus am Mittwoch ihr »Nationality and Borders Bill« mit 298 zu 231 Stimmen in dritter und letzter Lesung durchgewunken. Die Befürworter einer radikalen Abschottung nach außen wie nach innen haben sich also durchgesetzt. Jetzt muss das Gesetz im neuen Jahr lediglich das Oberhaus passieren, um in Kraft zu treten. Damit wird das britische Asylsystem weitgehend außer Kraft gesetzt und es werden diejenigen kriminalisiert und bestraft, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, sowie jene, die Flüchtende aus Seenot retten. Asylverfahren sollen in andere Länder ausgelagert, Schutzsuchende für die Dauer der Antragsbearbeitung weggesperrt und das illegale Zurückdrängen von Booten auf See – sogenannte Pushbacks – legitimiert werden. Darüber hinaus sollen Grenzbeamte, die das umsetzen, straffrei bleiben, sollten Flüchtende dabei sterben. In den Worten des Innenministeriums: »Schaffung eines schnelleren und gerechteren Systems, das die Schwächsten unterstützt«, und »kriminelle Banden daran hindern, aus menschlichem Elend Profit zu schlagen«. Den möchte London nämlich selbst generieren: Am Tag des bislang schrecklichsten Fluchtunfalls vor zwei Wochen (mit 27 Toten), veröffentlichte London eine neue Hochglanzbroschüre, in der »potentiellen Kunden die vielfältigen Möglichkeiten des Vereinigten Königreichs im Bereich der Grenzsicherung« vorgestellt werden. Mit einem neuen Zusatz sind zudem auch Bürger mit Migrationsgeschichte bedroht, die über die doppelte Staatsbürgerschaft verfügen. Ihnen könnte ohne Vorwarnung ihre britische Staatsangehörigkeit entzogen werden. Diese Möglichkeit gibt es bereits seit 2006. Jetzt soll die Regierung jedoch von der Pflicht befreit werden, einen solchen Entzug mitzuteilen, wenn die Behörden nicht über die Kontaktdaten verfügten, es nicht »vernünftig praktikabel« sei oder aber nicht im Interesse der nationalen Sicherheit, der diplomatischen Beziehungen oder sonst im öffentlichen Interesse liege. De facto also die Abschaffung des Rechts auf Einspruch. Bereits im September hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk angeprangert, welche internationalen Verpflichtungen London missachten würde, sollte das Gesetz durchkommen. Der darin postulierte Grundsatz – auf den sich London derzeit auch im Streit mit Paris beruft –, Menschen sollten in dem ersten sicheren Land, in dem sie ankommen, Asyl beantragen, »findet sich nicht in der Flüchtlingskonvention, und auch das Völkerrecht enthält keine derartige Vorschrift«. Im Gegenteil liege gemäß dem Völkerrecht die Hauptverantwortung »bei dem Staat, in dem ein Asylsuchender ankommt und um diesen Schutz ersucht«…“ Artikel von Ina Sembdner in der jungen Welt vom 9. Dezember 2021 externer Link
  • Kein Entkommen aus Calais: In der nordfranzösischen Stadt sitzen viele Geflüchtete fest, die eigentlich nach Großbritannien weiterreisen wollen  „… Calais wurde in den vergangenen Jahren im Kampf gegen Flüchtende hochgerüstet. Eine hohe Polizeipräsenz rund um die Autobahnen, meterhohe Grenzzäune, Kameraüberwachung in der ganzen Stadt und Wärmebildkameras im Hafen machen die Flucht im Lastwagen oder Auto inzwischen nahezu unmöglich. (…) Finanziert wird diese Abschottungspolitik unter anderem durch die britische RegierungSie hat in den vergangenen Jahren umgerechnet mehr als 130 Millionen Euro für die Verbesserung der Grenzsicherung in Frankreich gezahlt. Im Juli dieses Jahres sind weitere 50 Million Euro nach Frankreich geflossen. Seit dem Brexit steht die britische Regierung unter Zugzwang. Sie hatte nämlich unter anderem versprochen, dass nach dem Austritt aus der Europäischen Union auch die »illegale Einwanderung« nach Großbritannien deutlich reduziert werden könne. Der Ausstieg der Briten aus der EU bedeutete auch den Ausstieg aus dem Dublin-Verfahren. Dieses sieht vor, dass jeweils das erste europäische Land, in dem ein Mensch registriert wurde, für das Asylverfahren verantwortlich ist. Die britischen Abschottungsmaßnahmen sind aber nur bedingt erfolgreich. Alleine bis August sollen in diesem Jahr nach Angaben des Innenministeriums in London 10 711 Menschen mit Booten britisches Festland erreicht haben. Im gesamten Jahr zuvor waren es noch etwas mehr als 8000 Geflüchtete. Als Reaktion auf diesen Anstieg hat die britische Innenministerin Priti Patel im März einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der bis zu vier Jahre Haft vorsieht, wenn Menschen illegal nach Großbritannien einreisen. Noch befindet sich das Gesetz auf dem Weg ins britische Oberhaus. Es wurde noch nicht verabschiedet. Aber kurzfristig zieht die Regierung des konservativen Premierministers Boris Johnson verschiedene Maßnahmen zur Flüchtlingsabwehr in Erwägung. Diese reichen von Lagern für Geflüchtete im Südatlantik bis hin zu Rückführungen in französische Gewässer. Diese sogenannten Pushbacks nach EU- und internationalem Recht illegal. Trotzdem wurden diese Maßnahmen vor einigen Wochen vom britischen Grenzschutz auf dem Ärmelkanal trainiert. Das geplante Antiasyl-Gesetz der britischen Regierung wird nicht nur von linken Oppositionellen kritisiert. Ende September befand das UN-Flüchtlingswerk UNHCR darüber, dass nach den Vorhaben der Regierung in London Asylsuchende mit »ungerechtfertigten Strafen« belegt und illegal Einreisende als »unwürdig und unerwünscht« stigmatisiert würden. In Calais zeigt sich symbolisch der europäische Umgang mit Geflüchteten…“ Bericht von Iván Furlan Cano vom 4. Oktober 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Pläne in Großbritannien: Wie London Flüchtlinge abschrecken will 
    Flüchtlinge zurückschicken, mit Wellenmaschinen an der Überfahrt hindern – die britische Innenministerin Patel hat viele Vorschläge, um Migranten zu stoppen. Ihr Problem: Die meisten Ideen verstoßen gegen internationales Recht.
    Luftlinie sind es nur rund 50 Kilometer von der englischen Küste bis Calais, an klaren Tagen kann man Frankreich sogar vom Hafen in Folkestone sehen. Knapp 2000 Flüchtlinge, oft ohne Schwimmwesten, sind deshalb allein in den letzten zwei Wochen mit Schlauchbooten von der französischen Küste Richtung England aufgebrochen. Das sind mehr als doppelt so viele wie in den vergangenen Jahren. Bislang werden die Boote, sobald sie englische Gewässer erreicht haben, von englischen Seenotrettern in Sicherheit gebracht. Das aber will die britische Innenministerin jetzt unterbinden. Priti Patel hat seit Beginn ihrer Amtszeit immer wieder versucht, sich als rechte Hardlinerin zu profilieren, vor allem wenn es um die Asylpolitik ging. War doch das Credo der überzeugten Brexit-Befürworterin, man werde ab jetzt wieder die Kontrolle über die eigenen Grenzen übernehmen. Die Ironie dabei: Der Brexit hat das deutlich schwieriger gemacht. Denn für die Briten gilt seit dem EU-Austritt das Dublin-Abkommen nicht mehr. Wo zuvor Frankreich als sicheres Drittland noch verpflichtet war, Flüchtlinge und Migranten, die von der französischen Küste kamen, automatisch zurückzunehmen, entfällt das jetzt. Die Briten sind damit jetzt im wesentlichen auf den „Goodwill“ der Franzosen angewiesen. Umgerechnet mehr als 50 Millionen Euro zahlte die britische Regierung dafür im Juli an die Franzosen. Da die Zahl der Schlauchboote von deren Küste aber dennoch über den Sommer weiter zunahmen, entwickelte Patel in ihrem Ministerium zusätzlich noch ganz andere kühne Ideen, wie man die ankommenden Migranten am besten abwehren kann. Da war von Wellenmaschinen die Rede, die ein sicheres Anlanden an der englischen Küste unmöglich gemacht hätten, und von Immigrationszentren im fernen Südatlantik. Alles Ideen, die dann wieder verworfen werden mussten, da sie gegen internationale Flüchtlingsabkommen verstießen. Die neueste Idee ist jetzt, die Flüchtlingsboote durch den britischen Grenzschutz einfach zurückzuschieben in französische Gewässer. Erste Übungen dazu fanden in dieser Woche statt. Eine Idee, die nicht nur gefährlich und unmenschlich, sondern auch wieder illegal nach internationalem Seerecht ist, sagt Bridget Chapman vom Kent Refugee Action Network. (…) Weil damit auch diese Übungen vorerst wohl Übungen bleiben müssen, legte Patel jetzt auf der Gesetzesebene nach. Mit einem Gesetzesentwurf, der bereits Ende Juli im Unterhaus von der Regierungsmehrheit durchgewunken wurde, sollen ab sofort Flüchtlinge, die übers Meer kommen, wie Kriminelle behandelt werden. Der Entwurf ist derzeit auf dem Weg ins Oberhaus…“ Beitrag von Annette Dittert, ARD-Studio London, zzt. Folkestone, vom 18.09.2021 bei tagesschau.de externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=191672
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