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Der griechische Journalist Moisis Litsis wird zur Zielscheibe der faschistischen „Goldenen Morgenröte“
Erklärung zu Moisis von Manfred Klingele vom 13.3.2013 und Solidaritätsadresse der IG Metall-Vertreterversammlung Berlin vom 12.3.2013 an Moisis Litsis und die Journalistengewerkschaft ESIEA
„Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als wir uns im September letzten Jahres in Griechenland aufhielten, trafen wir auch Moisis Litsis. Er hat uns sehr engagiert und kenntnisreich über die soziale und politische Lage in Griechenland informiert. In unseren Gesprächen wies Moisis immer wieder auf die Gefahren durch die „Goldene Morgenröte“ hin – einer Partei, die sich offen zum Nationalsozialismus bekennt. Diese hat damit begonnen, eine faschistische Massenbewegung in Griechenland aufzubauen. Dabei verfügt sie über erhebliche Unterstützung aus der Polizei. In Athen haben beispielsweise 50 Prozent der Polizisten bei der letzten Wahl dieser faschistischen Partei ihre Stimme gegeben. Bei Übergriffen auf Flüchtlinge und Andersdenkende können die Schlägertrupps der „Goldenen Morgenröte“ auf das Wohlwollen der Polizei und in vielen Fällen auf deren direkte Unterstützung bauen.
Jetzt wurde Moisis Litsis zur Zielscheibe der griechischen Faschisten. Moisis Litsis ist auch Gründungsmitglied des CAMDT (Comité pour l’Annulation de la Dette du Tiers Monde / Ausschuss für die Abschaffung der Schulden der Dritten Welt). Diese Organisation arbeitet in zahlreichen Staaten Europas (Belgien, Frankreich, Schweiz, Spanien, Portugal) sowie in Asien, Afrika uns Südamerika.
Aus einer Erklärung der CAMDT: Griechenland: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ (Brecht, Arturo Ui)
Das Neonazi-Magazin „Stohos“ veröffentlichte eine „biographische Notiz“ zu Moisis Litsis, in der alle seine gewerkschaftlichen und politischen Aktivitäten in den letzten beiden Jahrzehnten aufgeführt werden. Unter der Überschrift „ESIEA (die Journalistengewerkschaft) hat einen Juden als Schatzmeister“ behauptet das rassistische Pamphlet weiter: „Er spricht perfekt Hebräisch, er liebt Israel, obwohl er behauptet Antizionist zu sein (aber wer würde ihm glauben) …Auf Generalversammlungen von ESIEA verbreitet sich Moisis Litsis – anstatt über Probleme zu sprechen, die griechische Journalisten betreffen – über den Holocaust und die Notwendigkeit die Goldene Morgenröte zu verurteilen…“
Unser Kollege Moisis Litsis wurde öffentlich an den Pranger gestellt und wird damit direkt bedroht. Aber der Angriff gilt nicht nur ihm:
- Getroffen werden sollen alle Journalisten, die sich kritisch mit dem wachsenden politischen Einfluss von rassistischem und faschistischem Gedankengut auseinandersetzen.
- Getroffen werden sollen auch die Ärzte und Ärztinnen, die in den sozialen Gesundheitszentren nicht nur verarmte griechische Bürger, sondern auch mittellose Flüchtlinge umsonst behandeln.
- Getroffen werden sollen Lehrer und Lehrerinnen, die den Aktivitäten der „Goldenen Morgenröte“ an den Schulen entgegentreten.
Wie ihr Vorbild, die NSDAP, bekämpft die „Goldene Morgenröte“ die kollektive, gewerkschaftliche Interessenvertretung der Lohnabhängigen. Am 2. Mai vor 80 Jahren stürmte die SA die Gewerkschaftshäuser – das Ende freier und unabhängiger Gewerkschaften in Deutschland.
Mit deutschen Neonazis hält die „Goldene Morgenröte“ enge Beziehungen. Führende Kader der „Freien Kameradschaften“ aus Franken waren im Januar 2013 auf dem Parteitag der „Morgenröte“ in Athen und nahmen an deren „Imia-Marsch“ teil. Im Stile der SA zogen sie durch die Straßen Athens. Auf der Internetseite der fränkischen Neo-Nazis „Freies Netz Süd“ schreiben sie: „Den deutschen Nationalisten, welche der Einladung der Partei nach Athen folgen durften, wurde an diesem Wochenende mehr als bewusst, dass sich Chrysi Avgi durchaus als Speerspitze eines nationalen Erwachens in ganz Europa verstehen darf.“
Leider haben die deutschen Neo-Nazis in diesem Punkt Recht. Die Spardiktate der Troika haben große Teile der griechischen Bevölkerung in die Verelendung getrieben. Mit fortschreitender Dauer und Intensität der Krise wächst die Hoffnungslosigkeit – verstärkt durch eine Regierungspolitik, in der zunächst soziale und tarifliche Rechte beseitigt wurden und nun der gewerkschaftliche Widerstand mittels Notverordnungen, Streikverboten und Zwangsverpflichtungen unterdrückt werden soll. Die Hoffnungslosigkeit bildet den Nährboden für die rassistischen und faschistischen Demagogen.
Wir bitten unsre Kolleginnen und Kollegen: Unterstützt den gewerkschaftlichen Widerstand in Griechenland gegen die Diktate der Troika und die entsprechenden Sparbeschlüsse der griechischen Regierung und solidarisiert euch mit dem antifaschistischen Widerstand!
Solidaritätserklärungen für die griechische Journalistengewerkschaft ESIEA und für Moisis Litsis (bitte möglichst in englischer Übersetzung) an: litsism@ath.forthnet.gr und rinfo@esiea.gr, Bitte Cc. an Manfred.Klingele@t-online.de
Erklärung zu Moisis von Manfred Klingele vom 13.3.2013
Solidarität mit Moisis Litsis und der ESIEA (Verband der Journalisten/Redakteure der Athener Tageszeitungen)
Lieber Moisis Litsis, liebe Kolleginnen und Kollegen der ESIEA,
wir, die Mitglieder der Delegiertenversammlung der IG Metall Verwaltungsstelle Berlin, wollen euch unsere solidarische Unterstützung übermitteln.
Mit Bestürzung müssen wir Kenntnis nehmen von den Angriffen der „Chrysi Avgi“(Goldene Morgenröte) auf Moisis Litsis und auf eure Gewerkschaft.
Das Neonazi-Magazin „Stohos“ hatte eine „biographische Notiz“ zu Moisis Litsis veröffentlicht, in der alle seine gewerkschaftlichen und politischen Aktivitäten in den letzten beiden Jahrzehnten aufgeführt werden.
Unter der Überschrift „ESIEA (die Journalistengewerkschaft) hat einen Juden als Schatzmeister“ greift das rassistische Pamphlet Moisis an und hetzt in antisemitischer Manier gegen ihn.
Das Auftreten und die Sprache dieser faschistischen Partei erinnern uns an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte. Zum Ende der Weimarer Republik, während der großen Weltwirtschaftskrise, nutzten die Nationalsozialisten Not und Hoffnungslosigkeit von Millionen Erwerbslosen zu ihren Angriffen auf die Arbeiterorganisationen und die Weimarer Demokratie.
Die Arbeiterbewegung in Deutschland konnte vor 80 Jahren den Aufstieg der faschistischen Partei und die politische Machtübertragung an Hitler durch den Reichspräsidenten von Hindenburg nicht verhindern. Aus der Geschichte lernen heißt für uns heute, den Anfängen zu wehren.
Die „Chrysi Avgi“ unterhält enge Verbindungen zu deutschen Neo-Nazis. Wie vor 80 Jahren versuchen sie die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa zur Durchsetzung ihrer autoritären und menschenverachtenden Ziele zu nutzen. Gemeinsam müssen wir gegen Spardiktate, nationalistische Demagogen und deren faschistische Nutznießer Stellung beziehen.
Solidarische Grüße von der Vertreterversammlung der IG Metall, Ortsverwaltung Berlin
12.03.2013
Siehe auch: Brief von Moisis Litsis vom 8. November 2012 , erschienen in der Arbeiterpolitik Nr .4 vom 20. Dezember 2012 (Materialheft zur Krise in Griechenland) in der Rubrik Briefe an die Reisegruppe: Generalstreik vom 6./7. November