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Starke Mobilisierung in Frankreich: Und jetzt?

CGT Plakat gegen SNCF Privatisierung Februar 2018„… Gegen 17 Uhr ging, nach rund zwei Stunden, das Demonstrationsgeschehen auf der Place de la Bastille allmählich zu Ende. Zuvor hatte es auf der von Norden her kommenden Route auf der Höhe der Demonstrationsspitze zeitweilig heftige Auseinandersetzungen mit – autonom orientierten – jüngeren Demonstrationsteilen gegeben. An jeder Straßenkreuzung standen stärkere Polizeikräfte Spalier, an mehreren Stellen (wie auf der Höhe der Métrostation Chemin-Vert) waren Wasserwerfer stationiert. An der Kreuzung Boulevard Beaumarchais / rue Saint-Gilles wurde eine Filiale der Bank LCL (früher Crédit Lyonnais) nahezu vollständig demoliert. Die Methoden sowohl seitens der Polizei als auch autonomer Kräfte, die seit dem Winter 2015/16 erstmals das Pariser Demonstrationsgeschehen prägten, scheinen weiterhin nachhaltig präsent zu bleiben…“ – aus dem Beitrag „Starker Auftakt für Eisenbahnstreiks und die Mobilisierung in öffentlichen Diensten. Was folgt nun?“ von Bernard Schmid am 23. März 2018, ein erster Bilanzierungsversuch des 22. März:

Frankreich: Starker Auftakt für Eisenbahnstreiks und Mobilisierung in den öffentlichen Diensten.
Was folgt nun?

Der gewerkschaftliche Aktionstag am gestrigen Donnerstag, den 22. März 18 zählt auf jeden Fall zu den stärkeren Mobilisierungserfolgen einer sozialen Protestbewegung in Frankreich in den letzten anderthalb Jahren.

Medien hatten „unabhängige Messungen“ – jenseits derer von Polizei und Innenministerium einerseits, und der von Gewerkschaftsführungen herausgegebenen Zahlen andererseits – angegeben. Bezogen auf die Hauptstadt Paris sprach das öffentlich-rechtliche Fernsehen daraufhin am gestrigen Abend von 47.800 Teilnehmenden an der doppelten Protestdemonstration. Diese mobilisierte auf der einen Seite (von Südwesten her in Richtung Bastille-Platz eintreffend) Beschäftigte der öffentlichen Dienste und auf der anderen Seite Eisenbahner/innen – die von Norden her (von der Gare de l’Est aus startend) in Richtung Bastille-Platz zog. Die CGT, als mit Abstand am stärksten vertretene Gewerkschaftsorganisation, sprach ihrerseits von 40.000 Eisenbahner/inne/n in Paris und 110.000 Demonstrierenden insgesamt.

Gegen 17 Uhr ging, nach rund zwei Stunden, das Demonstrationsgeschehen auf der Place de la Bastille allmählich zu Ende. Zuvor hatte es auf der von Norden her kommenden Route auf der Höhe der Demonstrationsspitze zeitweilig heftige Auseinandersetzungen mit – autonom orientierten – jüngeren Demonstrationsteilen gegeben. An jeder Straßenkreuzung standen stärkere Polizeikräfte Spalier, an mehreren Stellen (wie auf der Höhe der Métrostation Chemin-Vert) waren Wasserwerfer stationiert. An der Kreuzung Boulevard Beaumarchais / rue Saint-Gilles wurde eine Filiale der Bank LCL (früher Crédit Lyonnais) nahezu vollständig demoliert. Die Methoden sowohl seitens der Polizei als auch autonomer Kräfte, die seit dem Winter 2015/16 erstmals das Pariser Demonstrationsgeschehen prägten, scheinen weiterhin nachhaltig präsent zu bleiben.

Auf dem Bastille-Platz tröpfelten unterdessen die Demoblöcke bei Musik und guter Laune ein. Einige Transparente hatten Wiedererkennungswert, etwa das streikender Beschäftigter der Nationalbibliothek (Bibliothèque François Mitterrand), das bereits bei den Streiks gegen die Renten“reform“ im Mai / Juni 2003 im mehrwöchigen Einsatz war.

Die entscheidende Frage wird nun lauten, was in den kommenden Wochen folgt. Der Bahnstreik wird am 03. April wieder aufgenommen, jedoch eingezwängt in einen Aktionskalender mit aufeinander folgenden Aktionstagen im Sinne eines Stop-and-Go-Streiks mit je zwei Tagen Streik (am 03. Und 04. April, am 08./09. April, am 13./14. April); vgl. hier den genauen Kalender: „SNCF : découvrez quelles sont les 36 journées où les cheminots prévoient d’être en grève“ externer Link (beim FranceTVinfo)).

Anders als etwa beim „historischen“ Bahnstreiks im November / Dezember 1995 bleibt dieser Aktionskalender zwar einerseits ausgedehnt, andererseits jedoch vorhersehbar. Welche Dynamik er eventuell doch entfalten kann, wird sich ab der zweiten Aprilwoche analysieren lassen.

Im Vorfeld war vielfach über eine, von Seiten der extremen Rechten angekündigte Teilnahme debattiert worden. Diese fand nicht statt. Lediglich die Sekte UPR (Stichwort: Alles Boese resultiert aus der EU), deren Gesamtprogramm nicht rechtsextrem, jeoch nationalistisch ist, schmuggelte sich in mehreren Städten in die Demonstrationszüge. I.d.R. konnte sie kein Material verteilen.

(Ausführlicheres folgt am Montag, da unser Korrespondent einen Flieger um 06.40 Uhr von Orly nach Berlin erwischen musste).

Bernard Schmid, 23. März 2018

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=129707
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